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Einführung in die Indische Philosophie - Amerbauer Martin

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<strong>Amerbauer</strong> Mart<strong>in</strong>: <strong>E<strong>in</strong>führung</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong>Indische</strong> <strong>Philosophie</strong> 24<br />

5 Der Ja<strong>in</strong>ismus<br />

Diese Richtung der <strong>in</strong>dischen <strong>Philosophie</strong> geht auf Vardhamana Kashyapa (ca. 550-477)<br />

zurück, der so wie se<strong>in</strong> Zeitgenosse Buddha der Kriegerkaste entstammte. Nach 12 Jahren<br />

strengster Diszipl<strong>in</strong> erlangte er Erleuchtung und wurde so zu e<strong>in</strong>em Allwissenden und deshalb<br />

J<strong>in</strong>a 39 (‚Der Sieger‘) oder Mahavira (‚Der große Held‘) genannt. Se<strong>in</strong>e Anhänger wie etwa<br />

Candragupta Maurya, der <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Orden e<strong>in</strong>trat, werden auch Ja<strong>in</strong>as (‚J<strong>in</strong>a-Verehrer‘) oder<br />

Ja<strong>in</strong>isten genannt. 40<br />

Mahavira behauptet nicht, e<strong>in</strong>e neue Lehre geschaffen zu haben, sondern beansprucht, der<br />

letzte <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Reihe von 24 Tirthankaras (‚Furtbereiter‘) zu se<strong>in</strong>, <strong>die</strong> e<strong>in</strong>e seit Ewigkeit<br />

bestehende Lehre verkünden. Der 23. Tirthankara, Parshva (8. Jhdt. v.u.Z.), sche<strong>in</strong>t e<strong>in</strong>e<br />

historische Gestalt gewesen zu se<strong>in</strong>. Wie der Buddhismus (und der Materialismus) anerkennt<br />

der Ja<strong>in</strong>ismus <strong>die</strong> Autorität der Veden nicht, und gehört somit zu den heterodoxen Systemen<br />

der <strong>in</strong>dischen <strong>Philosophie</strong>.<br />

Zentral für <strong>die</strong> Ethik des Ja<strong>in</strong>ismus s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> fünf Pflichten (Gelübde, Gebote), <strong>die</strong><br />

wortwörtlich mit den fünf Pflichten (Yama) der ersten Stufe des klassischen Yoga<br />

übere<strong>in</strong>stimmen, und zwar jeweils <strong>in</strong> Wort, Gedanke und Tat:<br />

1 Nichtverletzen (Ahimsa).<br />

2 Wahrhaftigkeit (Satya).<br />

3 Nichtstehlen (Asteya).<br />

4 Keuschheit (Brahmacarya).<br />

5 Bedürfnislosigkeit (Aparigraha).<br />

Diese Gelübde, <strong>die</strong> es als große (strenge) Gelübde für Mönche und Nonnen, und als kle<strong>in</strong>e<br />

(abgeschwächte) Gelübde für Laienanhänger gibt, s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> Voraussetzungen für den strengen<br />

Weg der Askese, den <strong>die</strong> Ja<strong>in</strong>as beschreiten. Vor allem Ahimsa (Nichtverletzen) spielt dabei<br />

e<strong>in</strong>e große Rolle, und zwar nicht nur auf praktischem Gebiet, sondern auch auf theoretischer<br />

Ebene. Die Ja<strong>in</strong>as bemühen sich um Toleranz anderen gegenüber und um das Geltenlassen<br />

fremder Überzeugungen. Während <strong>die</strong> Buddhisten ke<strong>in</strong>en Standpunkt e<strong>in</strong>nehmen, anerkennen<br />

<strong>die</strong> Ja<strong>in</strong>as als Maximallösung jeden Standpunkt, und suchen nach den unausgesprochenen<br />

Voraussetzungen e<strong>in</strong>er Lehre, bzw. nach den Prämissen, unter denen e<strong>in</strong> Argument gültig ist.<br />

Diese Lehre der Ja<strong>in</strong>as wird als Anekantavada (‚Lehre vom nicht-e<strong>in</strong>seitigen [Standpunkt]‘)<br />

bezeichnet und ist grundlegend für e<strong>in</strong> Verständnis der ja<strong>in</strong>istischen <strong>Philosophie</strong>.<br />

39<br />

Nebenbemerkung: Grammatikalisch korrekt wäre folgende Verwendungsweise: Ja<strong>in</strong>ismus & Bauddhismus<br />

bzw. J<strong>in</strong>ismus & Buddhismus.<br />

40<br />

Für Ja<strong>in</strong>ismus siehe etwa: Bätz, Franz: Heilige Berge, Tempelstädte und Asketen. Der Ja<strong>in</strong>ismus - e<strong>in</strong>e<br />

lebendige Kultur In<strong>die</strong>ns. Gnas 1997; Dixit, K.K.: Early ja<strong>in</strong>ism. Ahmedabad 1978; Dundas, Paul: The ja<strong>in</strong>s.<br />

London 1992; Glasenapp, Helmuth von: Der Ja<strong>in</strong>ismus. Berl<strong>in</strong> 1925, Neudruck Hildesheim 1984; Humphrey,<br />

Carol<strong>in</strong>e / Carrithers, Michael (Hg.): The assembly of listeners. Ja<strong>in</strong>s <strong>in</strong> society. Cambridge 1991; Ja<strong>in</strong>a Sutras<br />

(Übers. von Hermann Jacobi). 2 Bde. Delhi 1989; Matilal, B. K.: The central philosophy of ja<strong>in</strong>ism (Anekanta-<br />

Vada). Ahmedabad 1981; Mette, Adelheid (Hg.): Durch Entsagung zum Heil. Zürich 1991; Schubr<strong>in</strong>g, Walther:<br />

Die Ja<strong>in</strong>as. Tüb<strong>in</strong>gen 1927; Schubr<strong>in</strong>g, Walther: Worte Mahaviras. Leipzig 1927; Schubr<strong>in</strong>g, Walther: Die Lehre<br />

der Ja<strong>in</strong>as. Berl<strong>in</strong>, Leipzig 1935; Tiffen, Nicole: Der Dscha<strong>in</strong>ismus <strong>in</strong> In<strong>die</strong>n. Genf 1987; Titze, Kurt (Hg.):<br />

Ke<strong>in</strong>e Gewalt gegen Mensch, Tier, Pflanze. Worte des Furtbereiters Mahavira. Berl<strong>in</strong> 1993.

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