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Einführung in die Indische Philosophie - Amerbauer Martin

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<strong>Amerbauer</strong> Mart<strong>in</strong>: <strong>E<strong>in</strong>führung</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong>Indische</strong> <strong>Philosophie</strong> 6<br />

2 Die Vedische Literatur<br />

Das Wort ‚Veda‘ bedeutet im Sanskrit ‚Wissen‘, <strong>in</strong>sb. religiöses Wissen. Dieses ‚Wissen‘ hat<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em gewaltigen literarischen Corpus, ebenfalls Veda oder Veden genannt, se<strong>in</strong>en<br />

Niederschlag gefunden.<br />

Mit Ausnahme der Sutren und andere späterer Texte gilt der orthodoxen Tradition <strong>die</strong><br />

vedische Literatur als Offenbarung (Shruti); sie sei von den Dichtern der vedischen Zeit (den<br />

Rishis) ‚erschaut‘ bzw. von der Weltseele (Brahman) ‚ausgehaucht‘ worden. Nur <strong>die</strong> Sutren<br />

und <strong>die</strong> ihnen zeitlich folgenden Texte werden zur (von Menschen herrührenden) Tradition<br />

(Smriti) gerechnet. 7<br />

Die Veden bestehen aus vier Abteilungen: Rigveda, Samaveda, Yajurveda, Atharvaveda.<br />

Diese vier Veden <strong>die</strong>nten den Hauptpriestern als Handbücher beim Opferkult: der Rufer<br />

(Hotar) rezitiert <strong>die</strong> Verse der Hymnen, um dadurch <strong>die</strong> Götter zum Genuß des Opfers<br />

e<strong>in</strong>zuladen, und benutzt den Rigveda (Veda der Verse); der Sänger (Udgatar) begleitet das<br />

Opfer mit se<strong>in</strong>em Gesang und benutzt den Samaveda (Veda der Lieder); der ausübende<br />

Priester (Adhvaryu) vollzieht das Opfer, spricht <strong>die</strong> Opferformeln und benutzt den Yajurveda<br />

(Veda der Opfersprüche); der Oberpriester leitet <strong>die</strong> Opferhandlung.<br />

Man kann nun <strong>die</strong> umfangreiche Literatur der Veden <strong>in</strong> mehrere Schichten e<strong>in</strong>teilen, <strong>die</strong> – mit<br />

Vorbehalten – auch als zeitlich aufe<strong>in</strong>anderfolgend angesehen werden dürfen: Samhita,<br />

Brahmana, Aranyaka, Upanishad.<br />

Die älteste Schicht wird von den Samhitas gebildet, <strong>die</strong> <strong>die</strong> vier Grundabteilungen der Veden<br />

konstituieren. Die Samhita des Rigveda enthält Hymnen, <strong>die</strong> des Samaveda <strong>die</strong> Elemente des<br />

liturgischen Gesanges. Die Opfersprüche s<strong>in</strong>d im Yajurveda enthalten. Rig-, Sama- und<br />

Yajurveda bildeten den eigentlichen Ausgangspunkt der vedischen Literatur. Die vierte<br />

Samhita, der meist Zaubersprüche enthaltende Atharvaveda, erhielt, da <strong>in</strong> alter Folklore<br />

wurzelnd, erst später kanonisches Ansehen.<br />

Die auf <strong>die</strong> Samhitas folgende Schicht ist <strong>die</strong> der Brahmanas. Bei <strong>die</strong>sen handelt es sich um<br />

Prosawerke mit Ritualvorschriften, dogmatischen Kommentaren und <strong>in</strong> <strong>die</strong>se e<strong>in</strong>gebetteten<br />

Erzählungen, Legenden, philosophischen und kosmogonischen Spekulationen. Jede Samhita<br />

hat bestimmte, ihr zugeordnete Brahmanas.<br />

E<strong>in</strong>e besondere Stellung <strong>in</strong>nerhalb der Brahmana-Literatur nehmen <strong>die</strong> sogenannten<br />

Aranyakas e<strong>in</strong>, bestimmte Texte, <strong>die</strong> ihres Geheimcharakters wegen im Walde (Aranya)<br />

stu<strong>die</strong>rt werden mußten.<br />

Teils den Brahmanas unmittelbar angeschlossen, teils als selbständige Werke setzen <strong>die</strong><br />

Upanishaden <strong>die</strong> Schichtenfolge der vedischen Literatur fort. Während jedoch <strong>in</strong> den<br />

Brahmanas e<strong>in</strong> magisches Weltbild zutage tritt und dem Opfer noch kosmische Macht<br />

beigemessen wird, identifizieren <strong>die</strong> Upanishaden (vorwiegend) bereits <strong>die</strong> Individual- mit<br />

der Weltseele. Die Upanishaden s<strong>in</strong>d vorwiegend philosophisch orientiert und oft – auch<br />

h<strong>in</strong>sichtlich ihres qualitativen Niveaus – sehr heterogen zusammengesetzt. Die Qu<strong>in</strong>tessenz<br />

ihrer Lehren wird häufig als Vedanta (‚Ende des Veda‘) bezeichnet.<br />

Den Abschluß der vedischen Literatur bilden <strong>die</strong> unter dem Namen Vedanga (‚Glieder des<br />

Veda‘) Schriften über Ritualistik, Metrik, Phonetik und e<strong>in</strong>ige andere Gebiete. Sie s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der<br />

Form mnemotechnischer Leitfäden (Sutra) abgefaßt.<br />

7 In Wahrheit s<strong>in</strong>d alle vedischen Texte von Dichterfamilien bzw. e<strong>in</strong>zelnen Denkern, Asketen und Philosophen<br />

hervorgebracht worden. Auch Frauen s<strong>in</strong>d als Hymnenverfasser überliefert.

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