Michael Reiß* Die Rolle der Personalführung im Lean Management ...
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2.3 Motivationssysteme für das schlanke Unternehmen<br />
Unternehmens-Fitneß resultiert nicht pr<strong>im</strong>är aus Fleiß und Ehrgeiz <strong>der</strong><br />
Mitarbeiter. Sie geht vornehmlich auf das Konto des kooperativen<br />
Verhaltens (Projektarbeit, KV-Prozeß) und des unternehmerischen<br />
Verhaltens (in "business teams" und Centern) aller<br />
Unternehmensmitglie<strong>der</strong>. Eben diese Verhaltensweisen müssen folglich durch<br />
das Motivationssystem st<strong>im</strong>uliert werden. Bei <strong>der</strong> Gestaltung von fitneßför<strong>der</strong>lichen<br />
Anreizsystemen geht es deshalb pr<strong>im</strong>är um<br />
- erfolgsabhängige Einkommensbestandteile von Führungskräften, die<br />
als echte Unternehmer anteilig ein Residualeinkommen beziehen und damit<br />
an den Chancen, aber auch den Risiken des Unternehmenserfolgs zu<br />
beteiligen sind (wie z.B. bei <strong>der</strong> "Unternehmerbeteiligung" <strong>der</strong><br />
Bertelsmann AG)<br />
- neue Kriterien in Mitarbeiterbeurteilungssystemen (För<strong>der</strong>ung von<br />
Teamgeist, Iniative u.ä.)<br />
- die Aufwertung des Vorschlagswesen (Anzahl <strong>der</strong><br />
Vorschläge/Mitarbeiter)<br />
- Gruppenprämien (Aktionsprämien, Aufteilungsmodus usw.)<br />
- materielle versus <strong>im</strong>materielle Incentives (etwa symbolische versus<br />
finanzielle Honorierung von Verbesserungsvorschlägen)<br />
- intrinsisches Motivationspotential ganzheitlicher Arbeitsformen<br />
(Komplettbearbeitung in <strong>der</strong> Inselfertigung, Rundumsachbearbeitung usw.).<br />
Traditionelle Anreizsysteme versagen bei <strong>der</strong> Unterstützung von Fitneß,<br />
weil sie einseitig auf die Erfüllung von routinemäßigen<br />
Abwicklungsaufgaben (vgl. Routine in Abb. 4) ausgelegt sind und nicht auf<br />
die För<strong>der</strong>ung von Motivation für permanente Anpassung (Lernen) und<br />
intensive Kooperation (Übernahme von persönlicher Verantwortung für<br />
Prozesse, die über das eigene Aufgabengebiet hinausreichen) - genau die<br />
für den Schlankheitserfolg kritischen Prozesse (vgl. auch die Beiträge in<br />
Wun<strong>der</strong>er 1990).<br />
Im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Konzeption von schlankheitsför<strong>der</strong>nden Motivationssystemen<br />
(vgl. Abb. 4) wird die <strong>Personalführung</strong> mit zwei<br />
Herausfor<strong>der</strong>ungen konfrontiert, die das fundamentale Konstruktionsprinzip<br />
von Anreizsystemen betreffen:<br />
Leistung versus Kooperation: Zum einen zeichnet sich ein Spannungsfeld ab<br />
zwischen <strong>der</strong> Motivierung <strong>der</strong> individuellen Einzelleistung (Ich-<br />
Orientierung) einerseits und <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung einer kooperativen<br />
Mannschaftsleistung (Wir-Orientierung) an<strong>der</strong>erseits (vgl. Reiß 1992c).<br />
Lange Zeit ist man hier von einer vermeintlichen Harmonievorstellung<br />
ausgegangen. <strong>Die</strong> berüchtigte unsichtbare Hand sorgt angeblich dafür, daß<br />
<strong>der</strong> gesunde Egoismus des einzelnen Mitarbeiter stets auch <strong>der</strong> Gemeinschaft<br />
zugute kommt. Spätestens die Erfahrungen mit<br />
Kooperationsverhalten <strong>im</strong> Rahmen des S<strong>im</strong>ultanen Engineering machen<br />
hingegen klar, daß <strong>der</strong> Produktentstehungprozeß nur dann opt<strong>im</strong>iert werden<br />
kann, wenn einige Funktionsbereiche ihren Ressortegoismus zugunsten des<br />
Gesamterfolgs zähmen. Als Kompromiß zwischen Wir- und Ich-Orientierung<br />
bieten sich Anreizsysteme an, bei denen <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> kollektiv<br />
erwirtschafteten Leistungen (Gruppen-, Center- bzw. Spartenleistung) <strong>im</strong><br />
Beitragsmix erhöht wird, ohne daß die Individualisierungsmöglichkeiten <strong>im</strong><br />
Anreizmix (vgl. Kolb 1992, S. 44f.) geschmälert würden. <strong>Die</strong>se Spielart<br />
eines kooperationsför<strong>der</strong>lichen Anreizsystems verletzt nicht die<br />
westlichen Kulturbedingungen ("Individualismus") und schwächt auch nicht<br />
die westlichen Stärken ("Olympische Wettkampfmentalität").