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Bernd Grass Die Rolle der Betriebsräte in der Aus - Rainer Hampp ...

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140 <strong>Grass</strong>: <strong>Die</strong> <strong>Rolle</strong> <strong>der</strong> <strong>Betriebsräte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Aus</strong>- und Weiterbildung (ZfP 2/97)<br />

<strong>Bernd</strong> <strong>Grass</strong> *<br />

<strong>Die</strong> <strong>Rolle</strong> <strong>der</strong> <strong>Betriebsräte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Aus</strong>- und Weiterbildung:<br />

Erhebungen zur Mitbestimmungspraxis **<br />

<strong>Die</strong> formal-rechtlichen Regeln <strong>der</strong> Betriebsverfassung spielen für das Handeln <strong>der</strong><br />

<strong>Betriebsräte</strong> bei <strong>der</strong> <strong>Aus</strong>- und Weiterbildung <strong>der</strong> Bescchäftigten nur am Rande e<strong>in</strong>e<br />

<strong>Rolle</strong>. Sie s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> diesem Bereich jedoch nicht ohne E<strong>in</strong>fluß auf Unternehmensentscheidungen,<br />

weil sie sich e<strong>in</strong> Instrumentarium <strong>in</strong>formeller Methoden geschaffen haben, mit<br />

denen sie regulierend e<strong>in</strong>greifen können. <strong>Die</strong> <strong>Betriebsräte</strong> haben Probleme bei <strong>der</strong><br />

Wahrnehmung <strong>der</strong> strategischen <strong>Aus</strong>richtung <strong>der</strong> Personalpolitik. Ihr Handlungsspielraum<br />

erstreckt sich häufig nur auf die Konsequenzen <strong>der</strong> Personalpolitik – auf die personellen<br />

E<strong>in</strong>zelmaßnahmen. <strong>Die</strong> Forschung über die personalpolitische Bedeutung <strong>der</strong><br />

Mitbestimmung kann sich nicht mit <strong>der</strong> Analyse von Defiziten <strong>der</strong> <strong>Betriebsräte</strong> im formal-rechtlichen<br />

Bereich erschöpfen. <strong>Die</strong> <strong>in</strong>formellen Beziehungen auf <strong>der</strong> betrieblichen<br />

Ebene müssen e<strong>in</strong>bezogen werden, um die Prozesse zureichend erkennen zu können.<br />

From a purely legal po<strong>in</strong>t of view the rules laid down <strong>in</strong> the „Betriebsverfassung“<br />

(by which the relations between management and works council are regulated) play only<br />

a marg<strong>in</strong>al role for the activities of works councils <strong>in</strong> the field of vocational<br />

tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g, both <strong>in</strong>itial and ongo<strong>in</strong>g, of employed persons. Nevertheless works councils<br />

are not completely without <strong>in</strong>fluence when the issue is to affect decisions to be made by<br />

bus<strong>in</strong>ess enterprises, because they have obta<strong>in</strong>ed <strong>in</strong>struments and <strong>in</strong>formal methods<br />

which they can use to control and maybe <strong>in</strong>fluence management decisions. Works<br />

councils sometimes have certa<strong>in</strong> problems recogniz<strong>in</strong>g and realiz<strong>in</strong>g long-term goals<br />

of personnel management policy. In most cases they can only react to the consequences<br />

of such decisions already made by personnel management – and that they can do only<br />

when deal<strong>in</strong>g with <strong>in</strong>dividual and personal decisions. Research of long-term personnel<br />

management policy and of the role of co-determ<strong>in</strong>ation might play, cannot stop at just<br />

analyz<strong>in</strong>g the legal shortcom<strong>in</strong>gs of the <strong>in</strong>stitution of works councils. Members of works<br />

councils take <strong>in</strong>to account and <strong>in</strong>dulge <strong>in</strong> <strong>in</strong>formal relations with management <strong>in</strong> or<strong>der</strong><br />

to make proceed<strong>in</strong>gs transparent and to take adequate actions.<br />

______________________________________________________________________<br />

* Dr. <strong>Bernd</strong> <strong>Grass</strong>, Jahrgang 1945, Diplom-Soziologe, Studium an <strong>der</strong> Johann-Wolfgang-<br />

Goethe Universität <strong>in</strong> Frankfurt, Promotion zum Dr. rer. pol. an <strong>der</strong> Universität Oldenburg;<br />

Forschungsschwerpunkte: Medien, Jugend, Gewerkschaften, Militär, neue Technologien;<br />

Berufstätigkeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> empirischen Sozialforschung: Institut für angewandte Sozialwissenschaft<br />

(<strong>in</strong>fas) und Forschungsgruppe SALSS, beide Bonn; seit 1989 Tätigkeit als Technologieberater<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> „Beratungsstelle für sozialverträgliche Technologiegestaltung e.V.“<br />

(BEST) <strong>in</strong> Saarbrücken.<br />

** Artikel e<strong>in</strong>gegangen: 25.6.1995 / revidierte Fassung e<strong>in</strong>gegangen und akzeptiert: 27.1.97.<br />

<strong>Die</strong> personalpolitische Bedeutung <strong>der</strong> Mitbestimmung ist Gegenstand dieses Heftes.<br />

Der Schwerpunkt dieses Beitrags liegt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Aufbereitung und Analyse empiri-


<strong>Grass</strong>: <strong>Die</strong> <strong>Rolle</strong> <strong>der</strong> <strong>Betriebsräte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Aus</strong>- und Weiterbildung (ZfP 2/97) 141<br />

scher Daten, die e<strong>in</strong>en Sektor aus dem Gesamtthema hervorheben: <strong>Die</strong> Mitbestimmung<br />

<strong>der</strong> <strong>Betriebsräte</strong> bei <strong>der</strong> <strong>Aus</strong>- und Weiterbildung. <strong>Die</strong> <strong>Aus</strong>- und Weiterbildung von<br />

Fachkräften spielt für die Personalpolitik <strong>der</strong> Betriebe e<strong>in</strong>e zentrale <strong>Rolle</strong>. Sie beschreibt<br />

e<strong>in</strong>en wichtigen Weg, auf dem Fachkräfte gewonnen werden. An<strong>der</strong>e Strategien,<br />

die diesen Zweck erfüllen, bestehen <strong>in</strong> <strong>der</strong> E<strong>in</strong>stellungen von Fachkräften über<br />

den Arbeitsmarkt o<strong>der</strong> von Absolventen aus <strong>Aus</strong>bildungs<strong>in</strong>stitutionen, die nicht zum<br />

dualen <strong>Aus</strong>bildungssystem zählen (z.B. Berufsfachschulen, Hochschulen). <strong>Die</strong>se Problemstellungen<br />

werden <strong>in</strong> den hier vorgelegten Erhebungen nicht berührt.<br />

<strong>Die</strong> rechtliche Basis für die Mitbestimmung <strong>der</strong> <strong>Betriebsräte</strong> bieten die §§ 96 bis<br />

98 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG). Dort werden die Rechte <strong>der</strong> <strong>Betriebsräte</strong><br />

bei <strong>der</strong> betrieblichen <strong>Aus</strong>- und Weiterbildung festgeschrieben. 1 Unter den Beiträgen zu<br />

diesem Thema sei an dieser Stelle lediglich Thomas Breisig angeführt, <strong>der</strong> <strong>in</strong> dieser<br />

Zeitschrift ausführlich zur Problematik <strong>der</strong> Mitbestimmung unter personalpolitischen<br />

Aspekten Stellung genommen hat (Breisig 1993, S. 7ff.). 2 Er lenkt den Blick auf e<strong>in</strong>ige<br />

empirische Studien, die zu dem Ergebnis kommen, daß die <strong>Betriebsräte</strong> ihre rechtlichen<br />

Möglichkeiten bezüglich <strong>der</strong> <strong>Aus</strong>- und Weiterbildung nicht ausschöpfen.<br />

Auch <strong>in</strong> den hier vorgestellten Erhebungen spielt die Zurückhaltung <strong>der</strong> <strong>Betriebsräte</strong><br />

bei <strong>der</strong> Umsetzung <strong>der</strong> §§ 96 bis 98 BetrVG e<strong>in</strong>e wichtige <strong>Rolle</strong>. <strong>Die</strong> entsprechenden Regelungen<br />

<strong>der</strong> Betriebsverfassung beschreiben aber nur e<strong>in</strong>es von mehreren Instrumenten<br />

beim Umgang mit Fragen <strong>der</strong> <strong>Aus</strong>- und Weiterbildung. Neben den formalen Handlungsmöglichkeiten<br />

<strong>der</strong> §§ 96 bis 98 BetrVG existieren formale und <strong>in</strong>formelle Informationskanäle,<br />

auf denen Mitbestimmungs<strong>in</strong>itiativen <strong>in</strong> puncto <strong>Aus</strong>- und Weiterbildung auf den<br />

Weg gebracht werden können. Im übrigen ist es ratsam, den Stellenwert, den Fragen <strong>der</strong><br />

<strong>Aus</strong>- und Weiterbildung für die <strong>Betriebsräte</strong> haben, im Kanon <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Aufgaben <strong>der</strong><br />

Arbeitnehmervertretung zu betrachten. <strong>Die</strong>se werden den <strong>Betriebsräte</strong>n als Handlungsparameter<br />

von <strong>der</strong> konkreten betrieblichen und generell von <strong>der</strong> branchenspezifischen Entwicklung<br />

vorgegeben. Weiterh<strong>in</strong> ist es für die personalpolitische Bedeutung <strong>der</strong> Mitbestimmung<br />

bei <strong>der</strong> <strong>Aus</strong>- und Weiterbildung ausschlaggebend, ob die Betriebe Personalpolitik<br />

betreiben o<strong>der</strong> relativ planlos und spontan auf die Anfor<strong>der</strong>ungen von Verän<strong>der</strong>ungen<br />

ihres Umfeldes reagieren. Schließlich bieten sich den Betrieben an<strong>der</strong>e Handlungsmöglichkeiten<br />

im Umgang mit Verän<strong>der</strong>ungen des Umfeldes, die ke<strong>in</strong>e explizite Bildungsoffensive<br />

voraussetzen – z.B. arbeitsorganisatorische Maßnahmen. Daß auch <strong>in</strong> diesem Kontext<br />

Weiterbildung e<strong>in</strong>e <strong>Rolle</strong> spielt, soll allerd<strong>in</strong>gs nicht bestritten werden. Es kommt aber<br />

auf die Gewichtung <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Strategien im betrieblichen Kontext an. <strong>Die</strong> Problemsicht<br />

– lediglich durch die Brille <strong>der</strong> Umsetzung formaler Mitbestimmungstatbestände<br />

nach den §§ 96 bis 98 BetrVG betrachtet – ist zwangsläufig verengt.<br />

1<br />

Auf die rechtliche Würdigung dieser Paragraphen wird hier verzichtet, da e<strong>in</strong>e entsprechende<br />

<strong>Aus</strong>arbeitung den Rahmen sprengen würde.<br />

2<br />

<strong>Die</strong> von Breisig ausführlich zitierte Untersuchung von Kühnle<strong>in</strong>/Paul-Kohlhoff konnte auf<br />

das Instrumentarium <strong>der</strong> <strong>in</strong> diesem Beitrag vorgestellten Erhebungen zugreifen, da es sich<br />

auch bei <strong>der</strong> Studie <strong>der</strong> Sozialforschungsstelle Dortmund um e<strong>in</strong> von <strong>der</strong> Hans-Böckler-<br />

Stiftung geför<strong>der</strong>tes Projekt handelte.


142 <strong>Grass</strong>: <strong>Die</strong> <strong>Rolle</strong> <strong>der</strong> <strong>Betriebsräte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Aus</strong>- und Weiterbildung (ZfP 2/97)<br />

Ziele <strong>der</strong> Untersuchungen<br />

Vom Sommer 1989 bis zum Frühjahr 1994 wurden von <strong>der</strong> Hans-Böckler-Stiftung<br />

<strong>in</strong> Zusammenarbeit mit <strong>der</strong> IG Metall, <strong>der</strong> IG Medien, <strong>der</strong> IG Chemie-Papier-Keramik,<br />

<strong>der</strong> IG Bau-Ste<strong>in</strong>e-Erden sowie <strong>der</strong> Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen<br />

<strong>in</strong> verschiedenen Branchen (s.u.) Erhebungen unter <strong>Betriebsräte</strong>n zur Praxis <strong>der</strong> <strong>Aus</strong>und<br />

Weiterbildung <strong>in</strong> den Betrieben durchgeführt. <strong>Die</strong> Erhebungen wurden vom Autor<br />

konzipiert, ausgewertet und analysiert.<br />

Das Forschungs<strong>in</strong>teresse <strong>der</strong> Hans-Böckler-Stiftung und <strong>der</strong> beteiligten E<strong>in</strong>zelgewerkschaften<br />

des DGB begründet sich mit <strong>der</strong> zunehmenden Bedeutung <strong>der</strong> betrieblichen<br />

Weiterbildung für die wirtschaftliche Entwicklung <strong>der</strong> Betriebe. Hierfür mögen<br />

nur e<strong>in</strong>ige Stichpunkte angeführt werden:<br />

<strong>Die</strong> rasante technologische Entwicklung, die ständig Qualifizierungsmaßnahmen<br />

<strong>in</strong> den Belegschaften erfor<strong>der</strong>t. E<strong>in</strong>erseits s<strong>in</strong>d die <strong>Aus</strong>bildungssysteme nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage,<br />

e<strong>in</strong>e zureichende Zahl von Absolventen zur Verfügung zu stellen. An<strong>der</strong>erseits zeigt<br />

sich immer deutlicher, daß trotz aller Technologisierung <strong>der</strong> Arbeitsprozesse <strong>der</strong><br />

menschliche Faktor an Bedeutung zunimmt (Stichworte: Berufserfahrung, Flexibilität).<br />

Ohne die Anwendung neuer Technologien s<strong>in</strong>d die Betriebe jedoch nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Lage, am Markt bestehen zu können. <strong>Die</strong>s setzt aber auch voraus, daß die Beschäftigten<br />

kont<strong>in</strong>uierlich mit den sich rasch verän<strong>der</strong>nden Arbeitsverfahren <strong>in</strong> Produktion und<br />

<strong>Die</strong>nstleistung vertraut gemacht werden. Allgeme<strong>in</strong> ist diese Entwicklung dadurch gekennzeichnet,<br />

daß es branchen- und betriebsspezifische Mischungsverhältnisse beim<br />

E<strong>in</strong>satz von Menschen und Technik <strong>in</strong> den Arbeitsprozessen gibt.<br />

Zwar gibt es bei den technischen Rationalisierungsmaßnahmen schon lange nicht<br />

mehr den „one best way“. E<strong>in</strong>e säkulare Tendenz ist jedoch ungebrochen: <strong>Die</strong> Ersetzung<br />

repetitiver Arbeitsprozesse durch technische Verfahren. Im Effekt werden dabei<br />

weniger Beschäftigte <strong>in</strong> den entsprechenden Berufen benötigt.<br />

<strong>Die</strong> demografische Entwicklung bed<strong>in</strong>gt darüber h<strong>in</strong>aus <strong>in</strong> <strong>der</strong> Perspektive <strong>in</strong> den<br />

nächsten Jahrzehnten zunächst e<strong>in</strong>e „Veralterung“ <strong>der</strong> Erwerbspopulation. <strong>Die</strong>s ist hervorgerufen<br />

durch die relativ schwachen Jahrgangsstärken <strong>der</strong> neu <strong>in</strong>s Erwerbsleben e<strong>in</strong>tretenden<br />

Beschäftigten. In <strong>der</strong> Konsequenz erfor<strong>der</strong>t diese Entwicklung verstärkte<br />

Qualifizierung <strong>der</strong> bereits im Erwerbsleben bef<strong>in</strong>dlichen Beschäftigten.<br />

Neben diesem Interesse, das im Forschungskontext künftiger Arbeits- und Beschäftigungsstrukturen<br />

steht, wurde – zumal von den E<strong>in</strong>zelgewerkschaften – mit den<br />

Untersuchungen auch die Fragestellung verbunden, wie die Mitbestimmung <strong>in</strong> diesem<br />

Bereich von den Arbeitnehmervertretungen gestaltet wird. Damit ist e<strong>in</strong>e zentrale Strategie<br />

bei <strong>der</strong> Steuerung und Umsetzung gewerkschaftlicher Politik wie auch <strong>der</strong> personalpolitischen<br />

Bedeutung <strong>der</strong> Mitbestimmung angesprochen. Um die Interdependenz<br />

e<strong>in</strong>zelner Faktoren bewerten zu können, bedurfte es e<strong>in</strong>es Forschungskonzeptes, das e<strong>in</strong>en<br />

verläßlichen Überblick über die Gesamtlage <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen Betrieben e<strong>in</strong>er Branchen<br />

bietet. <strong>Die</strong> Forschungsstrategie mußte daher breitflächig ausgelegt werden, was<br />

zur Konsequenz hatte, daß mit dem – notwendigerweise – groben Raster quantitativer<br />

empirischer Methoden gearbeitet wurde. Der Überblick über die wichtigsten Problem-


<strong>Grass</strong>: <strong>Die</strong> <strong>Rolle</strong> <strong>der</strong> <strong>Betriebsräte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Aus</strong>- und Weiterbildung (ZfP 2/97) 143<br />

fel<strong>der</strong> ist für strategische Entscheidungen ausschlaggebend. E<strong>in</strong>zelne Maßnahmen, die<br />

an diesen Entscheidungen ansetzen, müssen mit an<strong>der</strong>en sozialwissenschaftlichen Erhebungsmethoden<br />

ergründet und abgesichert werden. Zu denken ist <strong>in</strong> diesem Zusammenhang<br />

an das breite Feld qualitativer Methoden, die freilich nur begrenzte <strong>Aus</strong>sagekraft<br />

haben, wenn es um die relative Bedeutung <strong>der</strong> Problemfel<strong>der</strong> im Kontext alternativer<br />

Lösungen geht.<br />

Erhebungsdesign und Felde<strong>in</strong>satz<br />

<strong>Die</strong> pr<strong>in</strong>zipielle Entscheidung für repräsentative empirische Erhebungen war freilich<br />

nur <strong>der</strong> erste, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e auch von <strong>der</strong> organisationspolitischen Bedeutung geprägte<br />

Schritt im Forschungsdesign. Weitere Überlegungen waren anzustellen. Den<br />

sechs Untersuchungen waren zwei weitere vorangegangen, die sich <strong>in</strong> zweifacher H<strong>in</strong>sicht<br />

von dem seit dem Sommer 1989 gewählten Erhebungsdesign unterschieden. 3 Wegen<br />

<strong>der</strong> Unvollständigkeit des Zahlenmaterials bei den mündlichen Varianten (<strong>in</strong> dessen<br />

Erhebung bestand das Hauptmotiv <strong>der</strong> mündlichen Umfragen) und <strong>der</strong> erheblichen<br />

Kosten e<strong>in</strong>er mündlichen Erhebung fiel die Entscheidung für die weiteren Untersuchungen<br />

zugunsten von schriftlichen Umfragen. Schriftliche Umfragen haben unter folgenden<br />

Voraussetzungen ihren festen Platz im Repertoire <strong>der</strong> empirischen Sozialforschung:<br />

� Es muß sich um e<strong>in</strong>e klar abgrenzbare, relativ homogene Gruppe von Befragten<br />

handeln.<br />

� <strong>Die</strong> Gruppe muß e<strong>in</strong> beson<strong>der</strong>es Interesse am Thema haben, soll aber ke<strong>in</strong>e starken<br />

emotionalen Hürden überw<strong>in</strong>den müssen.<br />

� <strong>Die</strong> Gruppe muß über beson<strong>der</strong>e B<strong>in</strong>dungen zu <strong>der</strong> erhebenden Institution verfügen.<br />

� <strong>Die</strong> Gruppe muß vergleichsweise geübt im Umgang mit Schriftgut se<strong>in</strong>.<br />

<strong>Die</strong>se Bed<strong>in</strong>gungen s<strong>in</strong>d bei <strong>Betriebsräte</strong>n – im Gegensatz etwa zur gesamten Bevölkerung<br />

– vorhanden. 4<br />

<strong>Die</strong> sechs Untersuchungen wurden vom Sommer 1989 bis zum Frühjahr 1994 jeweils<br />

von <strong>der</strong> Hans-Böckler-Stiftung <strong>in</strong> Kooperation mit den Vorständen <strong>der</strong> zuständigen<br />

E<strong>in</strong>zelgewerkschaften des DGB auf <strong>der</strong> Ebene ausgewählter Branchen durchgeführt.<br />

Dabei wurden von den jeweiligen Partnern mehrere Ziele verfolgt. Im Zentrum<br />

3<br />

Es handelte sich um mündliche Umfragen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Automobil<strong>in</strong>dustrie und <strong>der</strong> chemischen<br />

Industrie. <strong>Die</strong> Erhebungen sahen – neben den auch später verwendeten Fragebatterien – umfängliche<br />

Erhebungen zur zahlenmäßigen Bestimmung <strong>der</strong> betrieblichen Erstausbildung und<br />

<strong>der</strong> Weiterbildungsmaßnahmen vor. Obwohl die Erhebung von Interviewern (geschulte Stipendiaten<br />

<strong>der</strong> Hans-Böckler-Stiftung) durchgeführt wurden, konnte e<strong>in</strong>e lückenlose Erhebung<br />

des umfangreichen Zahlemmaterials nicht garantiert werden.<br />

4<br />

In <strong>der</strong> Kritik an schriftlichen Umfragen werden diese Voraussetzungen häufig unterschlagen.<br />

<strong>Die</strong>s zeugt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel von Unkenntnis des Instrumentes. Daß schriftliche Erhebungen<br />

unter speziellen Bed<strong>in</strong>gungen e<strong>in</strong> angemessenes Erhebungsverfahren darstellen, wird von<br />

<strong>der</strong> Fachwelt auch gar nicht bestritten (vgl. Scheuch 1964, S. 184 ff., S. 194.


144 <strong>Grass</strong>: <strong>Die</strong> <strong>Rolle</strong> <strong>der</strong> <strong>Betriebsräte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Aus</strong>- und Weiterbildung (ZfP 2/97)<br />

des Interesses stand <strong>der</strong> Stellenwert <strong>der</strong> betrieblichen Maßnahmen zur Weiterbildung<br />

aus <strong>der</strong> Sicht <strong>der</strong> Arbeitnehmervertretung. Dabei g<strong>in</strong>g es um:<br />

� die Entwicklung von Beschäftigung und <strong>Aus</strong>bildung,<br />

� die Beziehung <strong>der</strong> Weiterbildungsmaßnahmen zur betrieblichen Erstausbildung,<br />

� die betrieblichen Modalitäten bei <strong>der</strong> Durchführung <strong>der</strong> Weiterbildungsmaßnahmen<br />

(begünstigte Gruppen, Zugang zu den Maßnahmen, E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung <strong>in</strong> die Arbeit,<br />

die Qualität <strong>der</strong> Maßnahmen),<br />

� die Praxis <strong>der</strong> Mitbestimmung seitens <strong>der</strong> Arbeitnehmervertretung,<br />

� die E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung <strong>der</strong> Weiterbildungsmaßnahmen <strong>in</strong> das betriebliche Konzept <strong>der</strong><br />

Personalgew<strong>in</strong>nung und Personalstrategie,<br />

� den Zusammenhang <strong>der</strong> Weiterbildungsmaßnahmen mit <strong>der</strong> Reaktion <strong>der</strong> Betriebe<br />

auf die technologische Entwicklung.<br />

<strong>Die</strong> Erhebungen wurden mit e<strong>in</strong>em schriftlichen Fragebogen durchgeführt, <strong>der</strong> <strong>in</strong><br />

wesentlichen Teilen identisch war und lediglich auf die Beson<strong>der</strong>heiten <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen<br />

Branchen angepaßt wurde. <strong>Die</strong> Fragen wurden fast ausschließlich „geschlossen“ vorgegeben.<br />

5<br />

<strong>Die</strong> Fragebögen wurden von den beteiligten Gewerkschaften verschickt, von den<br />

<strong>Betriebsräte</strong>n ausgefüllt und zur <strong>Aus</strong>wertung an den Autor zurückgeschickt. <strong>Die</strong> folgende<br />

Übersicht gibt <strong>Aus</strong>kunft über den Felde<strong>in</strong>satz <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen Branchen im Organisationsbereich<br />

<strong>der</strong> beteiligten Gewerkschaften (Tab. 1).<br />

<strong>Die</strong>se Statistik läßt deutlich werden, daß die Beteiligung an den Erhebungen umso<br />

erfolgreicher war, je kle<strong>in</strong>er die Zahl <strong>der</strong> angeschriebenen <strong>Betriebsräte</strong> war. 6 Abgesehen<br />

von dem <strong>Aus</strong>reißer im Bereich <strong>der</strong> Zeitungs- und Zeitschriftenverlage war <strong>der</strong> Rücklauf<br />

jedoch befriedigend bis gut – gemessen an dem Instrument <strong>der</strong> schriftlichen Umfrage.<br />

H<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Repräsentativität ist <strong>der</strong> Rücklauf <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen Umfragen von unterschiedlicher<br />

Qualität. Als Maß dient die Betriebsgröße. Ke<strong>in</strong>e Probleme mit den Abweichungen<br />

von <strong>der</strong> Grundgesamtheit s<strong>in</strong>d bei den Erhebungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Druck<strong>in</strong>dustrie,<br />

<strong>der</strong> Elektro<strong>in</strong>dustrie und <strong>der</strong> fe<strong>in</strong>keramischen Industrie zu beobachten. Im Baugewerbe<br />

s<strong>in</strong>d die kle<strong>in</strong>eren und mittleren Betriebe leicht unterrepräsentiert. Im Bankgewerbe war<br />

5<br />

Schon bei den beiden mündlichen Erhebungen wurden ausführliche Pretests durchgeführt –<br />

teils vor Ort <strong>in</strong> Betrieben, teils auf <strong>Betriebsräte</strong>sem<strong>in</strong>aren. <strong>Die</strong> gesamte Konstruktion des<br />

Erhebungs<strong>in</strong>struments wurde von e<strong>in</strong>em Kreis von Experten aus dem Bereich <strong>der</strong> beruflichen<br />

Bildung begleitet, <strong>der</strong> sich aus Mitarbeitern <strong>der</strong> Hans-Böckler-Stiftung, des DGB und<br />

<strong>der</strong> beteiligten Gewerkschaften sowie des Bundes<strong>in</strong>stituts für Berufsbildung zusammensetzte.<br />

6<br />

<strong>Die</strong>s belegt die Erfahrung aus <strong>der</strong> empirischen Sozialforschung mit schriftlichen Umfragen,<br />

daß die Homogenität <strong>der</strong> befragten Gruppe e<strong>in</strong> wichtiger Faktor für die Anwendbarkeit des<br />

Instrumentes ist.


<strong>Grass</strong>: <strong>Die</strong> <strong>Rolle</strong> <strong>der</strong> <strong>Betriebsräte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Aus</strong>- und Weiterbildung (ZfP 2/97) 145<br />

e<strong>in</strong>e Überprüfung nach Betriebsgrößen nicht möglich. 7 Der vergleichsweise ger<strong>in</strong>ge<br />

Rücklauf bei Zeitungs- und Zeitschriftenverlagen erübrigte die entsprechende Prüfung.<br />

Tab. 1 Übersicht über den Felde<strong>in</strong>satz <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen Branchen<br />

Gewerkschaft Branche(n) Zeitraum Angeschriebene<br />

Betriebe<br />

Rücklauf<br />

abs. %<br />

IG Medien Druck<strong>in</strong>dustrie Sommer 1989 120* 68 57<br />

IG Metall Elektro<strong>in</strong>dustrie Herbst 1989 464* 173 37<br />

IG CPK Fe<strong>in</strong>keramische<br />

Industrie<br />

Herbst 1990 60 33 55<br />

IG Medien Zeitungs- und<br />

Zeitschriftenverlage<br />

sowie<br />

Nachrichtenagenturen<br />

Frühjahr 1991 210 41 20<br />

IG BSE Baugewerbe Frühjahr 1993 950** 315 33<br />

HBV Bankgewerbe Frühjahr 1994 935 257 27<br />

*) Betriebe mit mehr als 300 Beschäftigten **) Geschichtete Stichprobe 8<br />

Ergebnisse im Überblick<br />

<strong>Die</strong> im Anhang dokumentierte Synopse <strong>der</strong> hochverdichteten Ergebnisse aus den<br />

Untersuchungen zeigt Unterschiede <strong>in</strong> <strong>der</strong> beschäftigungspolitischen Situation und <strong>der</strong><br />

Breite, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Weiterbildungsmaßnahmen zum Tragen kommen: <strong>Die</strong>s bezeichnet die<br />

branchenspezifischen Unterschiede. Es zeigte sich jedoch auch, daß die Mitbestimmungspraxis<br />

häufig noch rudimentär entwickelt ist. <strong>Die</strong> Mitbestimmungsrechte – <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

des § 98 BetrVG – werden nur von M<strong>in</strong><strong>der</strong>heiten ausgeschöpft. <strong>Die</strong> personalpolitischen<br />

Entscheidungen und Strategien <strong>der</strong> Unternehmen gehen an <strong>der</strong> Mehrzahl <strong>der</strong><br />

<strong>Betriebsräte</strong> vorbei – dies ist auch e<strong>in</strong> Problem <strong>der</strong> Wahrnehmung und teilweise auch<br />

<strong>der</strong> Prioritäten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Betriebsratsarbeit. Über alle Branchen h<strong>in</strong>weg betrachtet, dom<strong>in</strong>ieren<br />

<strong>in</strong> den Unternehmen Maßnahmen zur Verbesserung <strong>der</strong> Arbeitsorganisation gegenüber<br />

(fast) allen an<strong>der</strong>en Strategien, wenn es darum geht, sich unter verän<strong>der</strong>ten Bed<strong>in</strong>gungen<br />

am Markt zu behaupten.<br />

Insgeamt betrachtet sche<strong>in</strong>t die Problematik <strong>der</strong> Weiterbildung für die <strong>Betriebsräte</strong><br />

ke<strong>in</strong> beson<strong>der</strong>es Thema zu se<strong>in</strong>. <strong>Die</strong> Wirklichkeit ist freilich differenzierter, als es <strong>in</strong><br />

7<br />

<strong>Die</strong> Adressendatei <strong>der</strong> Gewerkschaft HBV hat dieses Merkmal nicht gespeichert. E<strong>in</strong>e<br />

Überprüfung nach den Sparten ergab, daß <strong>in</strong> <strong>der</strong> Umfrage die Genossenschaftsbanken stärker<br />

und die Privatbanken schwächer als <strong>in</strong> <strong>der</strong> Grundgesamtheit vertreten s<strong>in</strong>d.<br />

8<br />

Von den Betrieben mit bis zu 600 Beschäftigten wurde je<strong>der</strong> Fünfte ausgewählt. <strong>Die</strong> größeren<br />

Betriebe wurden komplett angeschrieben. Mit dieser Schichtung sollte bewirkt werden,<br />

daß e<strong>in</strong>e für die Analyse ausreichende Zahl <strong>der</strong> Großbetriebe <strong>in</strong> <strong>Aus</strong>wahl gelangt.


146 <strong>Grass</strong>: <strong>Die</strong> <strong>Rolle</strong> <strong>der</strong> <strong>Betriebsräte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Aus</strong>- und Weiterbildung (ZfP 2/97)<br />

dieser knappen Zusammenfassung dargestellt wird. 9 <strong>Die</strong> „klassischen“ Faktoren wie<br />

beispielsweise Betriebsgröße, gewerkschaftlicher Organisationsgrad, Anteile von Arbeitern<br />

und Angestellten sowie betriebspolitische Erfahrungen des Gremiums spielen<br />

selbstverständlich auch e<strong>in</strong>e wichtige <strong>Rolle</strong>. 10 Daß sich <strong>in</strong> den sechs Untersuchungen<br />

zahlreiche, das Gesamtbild erweiternde Differenzierungen ergeben, soll an <strong>der</strong> Analyse<br />

<strong>der</strong> Mitbestimmungspraxis verdeutlicht werden.<br />

Vor dem nun folgenden E<strong>in</strong>stieg <strong>in</strong> die Analyse <strong>der</strong> Mitbestimmung ist es angebracht,<br />

auf die <strong>Rolle</strong> <strong>der</strong> Gewerkschaften <strong>in</strong> diesem Kontext e<strong>in</strong>zugehen. Zunächst ist<br />

festzustellen, daß die Arbeitnehmervertretung als betrieblicher Akteur <strong>in</strong> eigener Regie<br />

mit <strong>der</strong> jeweiligen Unternehmensleitung Betriebsvere<strong>in</strong>barungen zu den mitbestimmungspflichtigen<br />

Tatbeständen abschließen kann. Voraussetzung ist neben den e<strong>in</strong>schlägigen<br />

Bestimmungen <strong>der</strong> Betriebsverfassung – es muß e<strong>in</strong> zur Mitbestimmung def<strong>in</strong>ierter<br />

Regelungsbereich se<strong>in</strong> (die Weiterbildung ist dies) –, daß ke<strong>in</strong> Tarifvorbehalt<br />

besteht. Es dürfen auf betrieblicher Ebene ke<strong>in</strong>e Regelungen abgeschlossen werden,<br />

über die schon Tarifverträge bestehen – wenn das Unternehmen e<strong>in</strong>em Verband angehört,<br />

<strong>der</strong> den Tarifvertrag unterzeichnet hat. <strong>Die</strong>s bedeutet jedoch nicht, daß <strong>Betriebsräte</strong><br />

<strong>in</strong> allen Bereichen, <strong>in</strong> denen Tarifverträge gelten, Abst<strong>in</strong>enz bei Betriebsvere<strong>in</strong>barungen<br />

üben müssen. Häufig s<strong>in</strong>d nämlich <strong>in</strong> den Tarifverträgen Öffnungsklauseln für die<br />

betriebliche Ebene vorgesehen. <strong>Die</strong>s ist plausibel, da die weit verbreiteten Flächentarifverträge<br />

nicht alle betrieblichen Eventualitäten regeln können – zumal auf e<strong>in</strong>em diffizilen<br />

Gebiet, wie es die Weiterbildung darstellt.<br />

<strong>Die</strong> Gewerkschaften s<strong>in</strong>d aber über diese tarifvertragliche E<strong>in</strong>flußnahme h<strong>in</strong>aus<br />

auch aus e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en Grund für die Gestaltung <strong>der</strong> betrieblichen Mitbestimmung –<br />

und damit auch für <strong>der</strong>en personalpolitische Funktion – von beson<strong>der</strong>er Bedeutung. Da<br />

die überwiegende Zahl <strong>der</strong> <strong>Betriebsräte</strong> gewerkschaftlich organisiert ist – von Branche<br />

zu Branche schwanken die Anteile; im Schnitt s<strong>in</strong>d es etwa dreiviertel aller <strong>Betriebsräte</strong><br />

– haben die Gewerkschaften e<strong>in</strong>en beson<strong>der</strong>en E<strong>in</strong>fluß auf die Gestaltung <strong>der</strong> betrieblichen<br />

Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen. <strong>Die</strong>ser E<strong>in</strong>fluß gründet sich nicht alle<strong>in</strong> auf die Mitgliedschaft<br />

<strong>der</strong> <strong>Betriebsräte</strong> <strong>in</strong> den Gewerkschaften, son<strong>der</strong>n <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie auf die Bildungsmaßnahmen,<br />

die von den Gewerkschaften für die <strong>Betriebsräte</strong> angeboten und<br />

durchgeführt werden. Man kann davon ausgehen, daß die <strong>Betriebsräte</strong>schulung, das<br />

heißt die Vorbereitung <strong>der</strong> Arbeitnehmervertretungen für ihre betrieblichen Aufgaben,<br />

fast ausschließlich von den Gewerkschaften organisiert wird. Damit gew<strong>in</strong>nen sie auf<br />

9<br />

In den ausführlichen Berichten, die von <strong>der</strong> Hans-Böckler-Stiftung herausgegeben wurden,<br />

wird dies deutlich: Druck<strong>in</strong>dustrie Manuskripte 10<br />

Elektro<strong>in</strong>dustrie Manuskripte 15<br />

Fe<strong>in</strong>keramische Industrie Manuskripte 44<br />

Verlage Manuskripte 51<br />

Baugewerbe Manuskripte 113<br />

Bankgewerbe Manuskripte 164<br />

10<br />

Im Kontext <strong>der</strong> hier zitierten Untersuchungen wurde von den „Klassikern“ die Betriebsgröße<br />

erhoben.


<strong>Grass</strong>: <strong>Die</strong> <strong>Rolle</strong> <strong>der</strong> <strong>Betriebsräte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Aus</strong>- und Weiterbildung (ZfP 2/97) 147<br />

betriebliche Strategien entscheidenden E<strong>in</strong>fluß. <strong>Die</strong>ser wird noch verstärkt durch die<br />

regional organisierte Beratung <strong>der</strong> <strong>Betriebsräte</strong> durch die Gewerkschaften.<br />

<strong>Aus</strong> diesen Gründen macht es S<strong>in</strong>n, im Zusammenhang mit <strong>der</strong> personalpoltischen<br />

Bedeutung <strong>der</strong> Mitbestimmung auf die <strong>Rolle</strong> <strong>der</strong> Gewerkschaften und <strong>der</strong>en strategische<br />

Optionen aufmerksam zu machen.<br />

Zur Mitbestimmungspraxis <strong>in</strong> ausgewählten Branchen<br />

Bei den folgenden Analysen wurde e<strong>in</strong>e <strong>Aus</strong>wahl unter allen, <strong>in</strong> den sechs Untersuchungen<br />

e<strong>in</strong>bezogenen <strong>Betriebsräte</strong>n getroffen. Es handelt sich um<br />

� Arbeitnehmervertretungen, <strong>in</strong> <strong>der</strong>en Betrieben Weiterbildungsmaßnahmen durchgeführt<br />

wurden. 11 <strong>Die</strong>se <strong>Aus</strong>wahl bedarf e<strong>in</strong>er näheren Begründung. Zwar stehen<br />

betriebliche Weiterbildungsmaßnahmen im Zentrum des Interesses. In den Erhebungen<br />

s<strong>in</strong>d daher die Fragen zur Anwendung des § 98 BetrVG ausschließlich <strong>Betriebsräte</strong>n<br />

gestellt worden, <strong>in</strong> <strong>der</strong>en Betriebe auch Weiterbildungsmaßnahmen<br />

durchgeführt wurden. <strong>Die</strong> übrigen Fragen zur Praxis <strong>der</strong> Mitbestimmung <strong>in</strong> <strong>Aus</strong>und<br />

Weiterbildungsfragen wurden allen Befragten präsentiert. Allerd<strong>in</strong>gs werden<br />

mit dieser <strong>Aus</strong>wahl jene Betriebe ausgegrenzt, die sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> betrieblichen Erstausbildung<br />

engagieren, aber ke<strong>in</strong>e Weiterbildungsaktivitäten entfaltet haben.<br />

� <strong>Betriebsräte</strong> aus <strong>der</strong> fe<strong>in</strong>keramischen Industrie, dem Bankgewerbe sowie Zeitungs-,<br />

Zeitschriftenverlagen und Nachrichtenagenturen wurden ebenfalls von <strong>der</strong> Analyse<br />

ausgeschlossen. 12 <strong>Die</strong>s begründet sich <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie mit dem personellen Zuschnitt<br />

<strong>der</strong> Gremien. Es handelt sich um <strong>Betriebsräte</strong>, die sich fast ausschließlich<br />

aus Angestellten zusammen setzen. Damit würde <strong>der</strong> relativen Inhomogenität, die<br />

sich aus <strong>der</strong> Zusammensetzung von <strong>Betriebsräte</strong>n aus unterschiedlichen Branchen<br />

ergibt, e<strong>in</strong>e weitere, die des beruflichen Status <strong>der</strong> Befragten, h<strong>in</strong>zugefügt. 13 Es<br />

11<br />

Der Begriff „Weiterbildungsmaßnahmen“ wurde „weich“ def<strong>in</strong>iert. <strong>Die</strong>s bedeutet, daß es<br />

dem Urteil <strong>der</strong> Befragten überlassen wurde, was sie noch unter Weiterbildung verstehen<br />

wollen. <strong>Die</strong>s hat zum e<strong>in</strong>en mit Erfahrungen aus den beiden Vorstudien <strong>in</strong> <strong>der</strong> Automobil<strong>in</strong>dustrie<br />

und <strong>der</strong> chemischen Industrie zu tun. In diesen Befragungen haben sich die <strong>Betriebsräte</strong><br />

an e<strong>in</strong>en präziser gefaßten Begriff (z.B. Maßnahmen, die e<strong>in</strong>en Tag o<strong>der</strong> länger dauern)<br />

nicht gehalten. <strong>Die</strong>s ist umso schwerwiegen<strong>der</strong>, als es sich bei diesen Erhebungen um<br />

mündliche Befragungen handelte, bei denen e<strong>in</strong>e Korrektur durch Interviewer noch möglich<br />

war. <strong>Die</strong>se Korrektur scheidet bei schriftlichen Umfragen aus. Zum an<strong>der</strong>en sollte <strong>der</strong> Bogen<br />

weit gespannt werden, um möglichst viele Erfahrungen mit <strong>der</strong> Thematik e<strong>in</strong>fangen zu<br />

können. <strong>Die</strong>s führt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Konsequenz dazu, daß auch Maßnahmen von den <strong>Betriebsräte</strong>n<br />

angegeben werden, die nach e<strong>in</strong>em streng gefaßten begrifflichen Instrumentarium nicht beachtet<br />

würden, z.B. E<strong>in</strong>weisungen an e<strong>in</strong>er Masch<strong>in</strong>e.<br />

12<br />

<strong>Die</strong> <strong>Betriebsräte</strong> aus <strong>der</strong> fe<strong>in</strong>keramischen Industrie wurden <strong>in</strong> dieser <strong>Aus</strong>wahl ausgeschlossen,<br />

weil nur 13 Befragte die gestellte Bed<strong>in</strong>gung (betriebliche Weiterbildungsmaßnahmen)<br />

erfüllt haben. Mit dieser ger<strong>in</strong>gen Zahl können ke<strong>in</strong>e verläßlichen <strong>Aus</strong>sagen getroffen werden.<br />

13<br />

Zwar mag es aus sozialwissenschaftlicher Sicht <strong>in</strong>teressant se<strong>in</strong>, Gremien mit unterschiedlichen<br />

beruflichen Status zu vergleichen. <strong>Die</strong>se Fragestellung würde aber den Rahmen dieses<br />

Beitrages sprengen.


148 <strong>Grass</strong>: <strong>Die</strong> <strong>Rolle</strong> <strong>der</strong> <strong>Betriebsräte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Aus</strong>- und Weiterbildung (ZfP 2/97)<br />

handelt sich bei den folgenden Analysen um Gremien, die sich personell überwiegend<br />

aus <strong>der</strong> Arbeiterschaft zusammensetzen; also um Befragte, die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel<br />

gute Erfahrungen mit e<strong>in</strong>er gewerblichen <strong>Aus</strong>bildung haben.<br />

In den für die Analyse ausgewählten Branchen stellt sich <strong>der</strong> Umfang <strong>der</strong> Weiterbildungsaktivitäten<br />

<strong>der</strong> Betriebe wie folgt dar: Druck<strong>in</strong>dustrie (69%), Elektro<strong>in</strong>dustrie<br />

(95%) und Baugewerbe (63%). <strong>Die</strong>s bedeutet, daß von den 556 befragten <strong>Betriebsräte</strong>n<br />

<strong>der</strong> ausgewählten Branchen 410 <strong>in</strong> die Analyse e<strong>in</strong>bezogen werden. <strong>Die</strong>s entspricht e<strong>in</strong>em<br />

Anteil von 74%. <strong>Die</strong>ser Anteil beschreibt zugleich das Volumen <strong>der</strong> Weiterbildungsaktivitäten<br />

über die ausgewählten Branchen h<strong>in</strong>weg. <strong>Die</strong> Verteilung <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen<br />

Anteile auf Branchenebene verdeutlich, daß die Druck<strong>in</strong>dustrie nahe am mittleren Wert<br />

liegt; h<strong>in</strong>gegen s<strong>in</strong>d die Anteile <strong>der</strong> Betriebe mit Weiterbildungsmaßnahmen <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Elektro<strong>in</strong>dustrie extrem hoch und im Baugewerbe deutlich niedriger als im Mittel <strong>der</strong><br />

ausgewählten Branchen. <strong>Die</strong> auf diese Weise gewonnene Gruppe von befragten <strong>Betriebsräte</strong>n<br />

weist folgende Verteilung nach Branche und Betriebsgröße auf (Tab. 2). 14<br />

Tab. 2: Verteilung nach Branche und Betriebsgröße<br />

Branche Prozent Betriebsgröße Prozent<br />

Druck<strong>in</strong>dustrie 12 bis 99 12<br />

Elektro<strong>in</strong>dustrie 40 100 – 299 17<br />

Baugewerbe 48 300 – 999 41<br />

1000 u.m. 29<br />

<strong>Die</strong>s bedeutet, daß <strong>in</strong> <strong>der</strong> getroffenen <strong>Aus</strong>wahl von befragten <strong>Betriebsräte</strong>n jene<br />

aus dem Baugewerbe und <strong>der</strong> Elektro<strong>in</strong>dustrie dom<strong>in</strong>ieren – wie es auch schon bei <strong>der</strong><br />

<strong>Aus</strong>gangsstichprobe <strong>der</strong> Fall war. Kle<strong>in</strong>- und Mittelbetriebe (bis 99 Beschäftigte bzw.<br />

100-299) s<strong>in</strong>d anteilsmäßig ausreichend genug vertreten, um auch über sie <strong>Aus</strong>sagen<br />

treffen zu können. Bei den Analysen wird deshalb stets darauf geachtet werden müssen,<br />

ob die beobachteten Zusammenhänge aus sich selbst heraus erklärbar s<strong>in</strong>d o<strong>der</strong> ob sie<br />

Folge <strong>der</strong> strukturellen Zusammensetzung <strong>der</strong> Gruppe von Befragten s<strong>in</strong>d.<br />

Zur Umsetzung <strong>der</strong> Betriebsverfassung<br />

Selbstverständlich kann man alle Handlungen <strong>der</strong> <strong>Betriebsräte</strong> im Rahmen <strong>der</strong> Betriebsverfassung<br />

<strong>in</strong>terpretieren. In diesem Abschnitt geht es freilich um die e<strong>in</strong>schlägigen<br />

§§ 96 bis 98 BetrVG, die sich speziell mit <strong>der</strong> Regelung <strong>der</strong> beruflichen Bildung befassen.<br />

<strong>Die</strong> Umsetzungsaktivitäten <strong>der</strong> <strong>Betriebsräte</strong> werden <strong>in</strong> drei Bereichen untersucht: Der Nutzung<br />

des Vorschlagsrechts nach § 96 BetrVG, <strong>der</strong> Mitbestimmung <strong>der</strong> Modalitäten <strong>der</strong><br />

Weiterbildung nach § 98 BetrVG und <strong>der</strong> Abschluß von Betriebsvere<strong>in</strong>barungen.<br />

14 <strong>Die</strong> Strukturmerkmale dienen nur <strong>der</strong> Deskription. Es ist nicht möglich, die ausgewählte<br />

Gruppe mit e<strong>in</strong>er „Eichgröße“ zu vergleichen, um die Schiefe <strong>der</strong> Verteilung zu bestimmen.


<strong>Grass</strong>: <strong>Die</strong> <strong>Rolle</strong> <strong>der</strong> <strong>Betriebsräte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Aus</strong>- und Weiterbildung (ZfP 2/97) 149<br />

<strong>Die</strong> Initiative zur Weiterbildung<br />

<strong>Die</strong> Initiative zur Weiterbildung ist den <strong>Betriebsräte</strong>n mit den Bestimmungen des<br />

§ 96 (1) BetrVG eröffnet. Demnach können sie <strong>der</strong> Geschäftsleitung Vorschläge zur beruflichen<br />

Bildung machen und haben den Anspruch, daß diese mit ihnen beraten werden.<br />

Dabei handelt es sich zwar um ke<strong>in</strong> echtes Mitbestimmungsrecht. Den <strong>Betriebsräte</strong>n<br />

ist jedoch auch vom Gesetz ke<strong>in</strong> Weg verbaut, aus eigener Initiative Anstöße für betriebliche<br />

Regelungen zu geben. In den Umfragen wurden die Befragten gebeten anzugeben,<br />

wer <strong>in</strong> Weiterbildungsfragen die Initiative ergreift. 15 <strong>Die</strong>s wurde für vier „Parteien“<br />

erhoben: Geschäftsleitung, Vorgesetzte, die Beschäftigten selbst und Betriebsrat.<br />

Tab. 3: Schwerpunkte <strong>der</strong> betrieblichen Initiativen zur Weiterbildung<br />

Analysemerkmale<br />

Branche<br />

Geschäftsleitung<br />

%<br />

Vorgesetzte<br />

%<br />

Beschäftigte<br />

%<br />

Betriebsrat<br />

%<br />

Druck<strong>in</strong>dustrie 28 17 23 28<br />

Elektro<strong>in</strong>dustrie 26 33 25 6<br />

Baugewerbe 44 14 15 25<br />

Betriebsgröße <strong>in</strong> Beschäftigten<br />

bis 99 48 8 4 26<br />

100 – 299 47 16 24 29<br />

300 -999 34 27 20 16<br />

1000 u.m. 25 25 24 10<br />

Alle <strong>Betriebsräte</strong><br />

35 22 20 18<br />

In Tabelle 3 wird dokumentiert, wo – nach Strukturmerkmalen verteilt – Schwerpunkte<br />

<strong>der</strong> betrieblichen Initiativen zur Weiterbildung zu f<strong>in</strong>den s<strong>in</strong>d. Es wird nur die<br />

Antwortmöglichkeit „<strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel“ dokumentiert.<br />

<strong>Die</strong> Initiative zu Weiterbildungsmaßnahmen geht eher vom Management aus: Geschäfstleitung<br />

<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>eren Betrieben; Vorgesetzte <strong>in</strong> größeren Betrieben. Beschäftigte<br />

und <strong>Betriebsräte</strong> – quasi die „Arbeitnehmerbank“ <strong>in</strong> dieser Frage – spielen erst <strong>in</strong> zweiter<br />

L<strong>in</strong>ie e<strong>in</strong>e <strong>Rolle</strong>. Erstaunlich ist beson<strong>der</strong>s, daß die Arbeitnehmervertretung <strong>in</strong> den<br />

Kle<strong>in</strong>- und Mittelbetrieben (bis 299 Beschäftigte) e<strong>in</strong>e aktivere <strong>Rolle</strong> zu spielen sche<strong>in</strong>t<br />

als ihre Kolleg<strong>in</strong>nen und Kollegen <strong>in</strong> den größeren Betrieben. <strong>Die</strong>s mag damit zusammenhängen,<br />

daß <strong>in</strong> den kle<strong>in</strong>eren Betrieben seltener als <strong>in</strong> den größeren Betriebsvere<strong>in</strong>barungen<br />

bestehen (s.u.), die die Weiterbildung regeln. <strong>Die</strong> Initiative <strong>der</strong> <strong>Betriebsräte</strong><br />

ist eher gefor<strong>der</strong>t, damit überhaupt etwas zustande kommt. Auffällig auch, daß <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Elektro<strong>in</strong>dustrie – also im Organisationsbereich <strong>der</strong> IG Metall – die Initiative <strong>der</strong> <strong>Betriebsräte</strong><br />

<strong>in</strong> puncto <strong>in</strong>tensiver Betreuung <strong>der</strong> betrieblichen Weiterbildung verschw<strong>in</strong>-<br />

15 <strong>Die</strong> Antwortkategorien sahen als Rat<strong>in</strong>g „selten/nie“, „teils-teils“ und „<strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel“ vor.


150 <strong>Grass</strong>: <strong>Die</strong> <strong>Rolle</strong> <strong>der</strong> <strong>Betriebsräte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Aus</strong>- und Weiterbildung (ZfP 2/97)<br />

dend ger<strong>in</strong>g ist. <strong>Die</strong> Arbeitnehmervertretungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Druck<strong>in</strong>dustrie und im Baugewerbe<br />

beschäftigen sich offensichtlich ausführlicher mit dem Thema <strong>der</strong> betrieblichen<br />

Weiterbildung. <strong>Die</strong>s mag auch damit zusammenhängen, daß die Erhebungen <strong>in</strong> diesen<br />

Branchen jeweils im Vorfeld bzw. während <strong>der</strong> Verhandlungen um e<strong>in</strong>en Tarifvertrag<br />

zur Weiterbildung durchgeführt wurden. Das Thema stand also – von den Gewerkschaften<br />

vorgetragen – häufiger auf <strong>der</strong> Tagesordnung <strong>der</strong> Betriebsratssitzungen. Der<br />

Tarifvertrag hatte e<strong>in</strong>e mobilisierende Wirkung. 16 <strong>Die</strong>s bedeutet auch, daß die Gewerkschaften<br />

mit spezifischen Aktionen das sche<strong>in</strong>bare Des<strong>in</strong>teresse <strong>der</strong> <strong>Betriebsräte</strong> an <strong>der</strong><br />

Weiterbildung aufbrechen können. <strong>Die</strong> mobilisierende Wirkung ist <strong>der</strong> entscheidende<br />

Faktor: Es muß nicht immer e<strong>in</strong> Tarifvertrag se<strong>in</strong>. <strong>Die</strong> Gewerkschaften sollten über ihr<br />

Mobilisierungsrepertoire <strong>in</strong> diesen Fragen nachdenken. <strong>Die</strong>ser Zusammenhang kann als<br />

erster H<strong>in</strong>weis gewertet werden, daß neben den formalen Rechten und Möglichkeiten<br />

<strong>der</strong> Betriebsverfassung auch an<strong>der</strong>e Gesichtspunkte bei <strong>der</strong> Umsetzung von Mitbestimmungstatbeständen<br />

e<strong>in</strong>e <strong>Rolle</strong> spielen.<br />

<strong>Die</strong> Branche ist als Unterscheidungsmerkmal bei <strong>der</strong> Initiative für Weiterbildungsmaßnahmen<br />

jedoch nicht so bedeutend wie die Betriebsgröße. <strong>Die</strong> relative Zurückhaltung<br />

<strong>der</strong> <strong>Betriebsräte</strong> aus den größeren Betrieben läßt sich mit <strong>der</strong> Geltung von<br />

Betriebsvere<strong>in</strong>barungen erklären. <strong>Die</strong>s wirft freilich auch e<strong>in</strong> Licht auf die Qualität <strong>der</strong><br />

Regelungswerke bzw. auf <strong>der</strong>en Umsetzung durch die Arbeitnehmervertretung. Jedenfalls<br />

sche<strong>in</strong>en die Regelungswerke die Initiative <strong>der</strong> <strong>Betriebsräte</strong> bei <strong>der</strong> Weiterbildung<br />

nicht geför<strong>der</strong>t zu haben.<br />

Mitbestimmung bei den Modalitäten <strong>der</strong> Weiterbildung<br />

Bei den Bestimmungen des § 98 BetrVG handelt es sich um Mitbestimmungstatbestände,<br />

die den <strong>Betriebsräte</strong>n mehr Rechte e<strong>in</strong>räumen, als dies beim § 96 BetrVG <strong>der</strong><br />

Fall ist. An die Mitbestimmung bei <strong>der</strong> <strong>Aus</strong>wahl <strong>der</strong> Teilnehmer von Maßnahmen ist<br />

beispielsweise im Falle <strong>der</strong> Nichte<strong>in</strong>igung die E<strong>in</strong>igungsstelle gebunden.<br />

<strong>Die</strong> Bestimmungen des § 98 BetrVG wurden <strong>in</strong> den Erhebungen <strong>in</strong> folgende Dimensionen<br />

umgesetzt: Themen, Teilnehmer, Referenten, Inhalte und Methoden. In je<strong>der</strong><br />

von diesen Dimensionen wurde gefragt, ob die Arbeitnehmervertretung im Jahr vor <strong>der</strong><br />

Erhebung mitbestimmt hat (Tab. 4). 17<br />

Tab. 4: Mitbestimmung nach § 98 BetrVG<br />

Analysemerkmale<br />

Branche<br />

Themen<br />

%<br />

Teilnehmer<br />

%<br />

Referenten<br />

%<br />

Inhalte<br />

%<br />

Methoden<br />

%<br />

16<br />

Für diese Interpretation sprechen auch die Ergebnisse <strong>der</strong> hier nicht zitierten Studien <strong>in</strong> den<br />

Zeitungsverlagen und dem Bankgewerbe. In diesen Branchen ist die Initiative <strong>der</strong> <strong>Betriebsräte</strong><br />

ähnlich schwach (3 bzw. 5%) wie bei den Arbeitnehmervertretungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Elektro<strong>in</strong>dustrie.<br />

Es fand auch ke<strong>in</strong>e Kampagne für e<strong>in</strong>en Tarifvertrag statt.<br />

17<br />

Das Rat<strong>in</strong>g bestand aus „ja“, „teils-teils“ und „ne<strong>in</strong>“.


<strong>Grass</strong>: <strong>Die</strong> <strong>Rolle</strong> <strong>der</strong> <strong>Betriebsräte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Aus</strong>- und Weiterbildung (ZfP 2/97) 151<br />

Druck<strong>in</strong>dustrie 23 47 9 23 9<br />

Elektro<strong>in</strong>d. 21 17 7 12 7<br />

Baugewerbe 17 32 4 14 8<br />

Betriebsgröße <strong>in</strong> Beschäftigten<br />

bis 99 18 22 8 16 8<br />

100 – 299 19 35 0 4 6<br />

300 -999 17 30 7 13 7<br />

1000 u.m. 23 23 6 19 10<br />

Alle <strong>Betriebsräte</strong> 19 28 6 14 8<br />

<strong>Die</strong> Anwendung <strong>der</strong> Mitbestimmung seitens <strong>der</strong> Arbeitnehmervertretung bei den<br />

Modalitäten <strong>der</strong> Weiterbildungsmaßnahmen ist nicht sehr ausgeprägt. Allenfalls bei <strong>der</strong><br />

<strong>Aus</strong>wahl <strong>der</strong> Teilnehmer bewegt sich bei größeren M<strong>in</strong><strong>der</strong>heiten etwas. Themenstellung,<br />

Inhalte, Methoden und Referenten s<strong>in</strong>d nur für „Spezialisten“ unter den <strong>Betriebsräte</strong>n<br />

Anlaß für Aktivitäten. Der Mobilisierungseffekt <strong>der</strong> Verhandlungen um e<strong>in</strong>en Tarifvertrag<br />

kommt wie<strong>der</strong>um zum Tragen, vergleicht man die unterschiedlichen Branchen.<br />

Allerd<strong>in</strong>g spielt dieser Effekt nur bezüglich <strong>der</strong> Mitbestimmung bei <strong>der</strong> <strong>Aus</strong>wahl<br />

<strong>der</strong> Teilnehmer e<strong>in</strong>e etwas hervorgehobene <strong>Rolle</strong>. Das Engagement <strong>der</strong> <strong>Betriebsräte</strong> erschöpft<br />

sich häufig schon damit, bei <strong>der</strong> <strong>Aus</strong>wahl <strong>der</strong> Beschäftigten für die Weiterbildungsmaßnahmen<br />

regulierend e<strong>in</strong>zugreifen. Gestaltend auf die Maßnahmen wirken nur<br />

M<strong>in</strong><strong>der</strong>heiten unter den Arbeitnehmervertretungen. <strong>Die</strong> <strong>Betriebsräte</strong> betreiben Personalpolitik<br />

und kümmern sich weniger um die Qualität <strong>der</strong> Maßnahmen. Mag se<strong>in</strong>, daß<br />

dieses Verhaltensmuster durch Erfahrungen mit ihrer Arbeit geprägt wird.<br />

Erstaunlicherweise spielt die Betriebsgröße als Differenzierungsmerkmal ke<strong>in</strong>e<br />

hervorgehobene <strong>Rolle</strong>. Es kommt gar zu wi<strong>der</strong>sprüchlichen Ergebnissen. So s<strong>in</strong>d die<br />

<strong>Betriebsräte</strong> <strong>in</strong> Betrieben mit 100 bis 299 Beschäftigten beson<strong>der</strong>s aktiv bei <strong>der</strong> <strong>Aus</strong>wahl<br />

<strong>der</strong> Teilnehmer – vermutlich e<strong>in</strong>e Folge <strong>der</strong> Dom<strong>in</strong>anz von <strong>Betriebsräte</strong>n <strong>der</strong><br />

Druck<strong>in</strong>dustrie <strong>in</strong> dieser Größenklasse. H<strong>in</strong>sichtlich des weniger im Vor<strong>der</strong>grund stehenden<br />

E<strong>in</strong>flusses auf die Inhalte <strong>der</strong> Maßnahmen wirkt sich die Betriebsgröße <strong>in</strong> erwarteter<br />

Richtung. In den größeren Betrieben haben die Arbeitnehmervertreter häufiger<br />

E<strong>in</strong>fluß genommen als <strong>in</strong> den kle<strong>in</strong>eren Betrieben. <strong>Die</strong>s mag auch e<strong>in</strong>e Folge <strong>der</strong> Freistellung<br />

von <strong>der</strong> Arbeit se<strong>in</strong>. 18 Sich mit den Inhalten von Weiterbildungsmaßnahmen zu<br />

beschäftigen erfor<strong>der</strong>t Zeit und Infrastruktur im Betriebsratsbüro.<br />

Abschluß von Betriebsvere<strong>in</strong>barungen<br />

18 Ab e<strong>in</strong>er Betriebsgröße von 300 Beschäftigten kann <strong>der</strong> Betriebsrat e<strong>in</strong>e wachsende Zahl<br />

se<strong>in</strong>er Mitglie<strong>der</strong> von <strong>der</strong> Arbeit im Betrieb für die Arbeit im Betriebsrat freistellen lassen.


152 <strong>Grass</strong>: <strong>Die</strong> <strong>Rolle</strong> <strong>der</strong> <strong>Betriebsräte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Aus</strong>- und Weiterbildung (ZfP 2/97)<br />

Spezielle Betriebsvere<strong>in</strong>barungen, die sich ausschließlich <strong>der</strong> Thematik <strong>der</strong> Weiterbildung<br />

widmen, s<strong>in</strong>d ausgesprochen selten. 19 Deutlich häufiger haben die <strong>Betriebsräte</strong><br />

Vere<strong>in</strong>barungen mit ihren Geschäftsleitungen verabschiedet, <strong>in</strong> denen unter an<strong>der</strong>em<br />

auch Tatbestände <strong>der</strong> Weiterbildung geregelt s<strong>in</strong>d. Nach <strong>der</strong> Beschaffenheit und<br />

Qualität <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen Regelungen wurde <strong>in</strong> den Erhebungen nicht gefragt. Darüber<br />

könnten quantitative Inhaltsanalysen und betriebliche Fallstudien Aufschluß geben. Es<br />

<strong>in</strong>teressierte <strong>in</strong> den vorliegenden Untersuchungen alle<strong>in</strong> die Tatsache, ob das Thema <strong>in</strong><br />

den Regelungswerken überhaupt angesprochen wurde.<br />

Tab. 5: Betriebsvere<strong>in</strong>barungen zur Weiterbildung<br />

Branche Prozent<br />

Druck<strong>in</strong>dustrie 49<br />

Elektro<strong>in</strong>dustrie 49<br />

Baugewerbe 30<br />

Betriebsgröße <strong>in</strong> Beschäftigten<br />

bis 99 20<br />

100 – 299 15<br />

300 – 999 44<br />

1000 u.m. 56<br />

Alle <strong>Betriebsräte</strong> 40<br />

In Tabelle 5 s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>fache Häufigkeitsverteilungen über alle <strong>in</strong> die Untersuchungen<br />

e<strong>in</strong>bezogenen Branchen h<strong>in</strong>weg und die Größen <strong>der</strong> Betriebe <strong>der</strong> Arbeitnehmervertretung<br />

dargestellt. <strong>Die</strong> Differenzierung nach Branchen ergibt weniger deutliche Unterschiede<br />

als die nach Betriebsgrößen. Letztlich ist die betont kle<strong>in</strong>betriebliche Struktur<br />

im Baugewerbe maßgebend für den ger<strong>in</strong>geren Anteil gelten<strong>der</strong> Betriebsvere<strong>in</strong>barungen.<br />

Es zeigt sich e<strong>in</strong> erwartetes Muster: Mit zunehmen<strong>der</strong> Betriebsgröße steigt <strong>der</strong> Anteil<br />

<strong>der</strong> Arbeitnehmervertretungen, die Regelungen abgeschlossen haben. <strong>Die</strong> entscheidende<br />

Schwelle wird wie<strong>der</strong>um von <strong>der</strong> Grenze <strong>der</strong> Freistellung <strong>der</strong> Arbeitnehmervertreter<br />

von <strong>der</strong> Arbeit im Betrieb markiert (ab 300 Beschäftigte). H<strong>in</strong>zu kommt die<br />

Komplexität großbetrieblicher E<strong>in</strong>heiten, die seitens aller Beteiligten dazu drängt, den<br />

Zufall <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regelung von Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen auszuschließen. Dennoch ist bemerkenswert,<br />

daß auch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Vielzahl <strong>der</strong> größeren Betriebe ke<strong>in</strong>e Vere<strong>in</strong>barungen zur<br />

Weiterbildung abgeschlossen wurden.<br />

<strong>Die</strong> Abhängigkeiten von überbetrieblichen Vertretungsorganen (Gesamtbetriebsräte),<br />

die Bedeutung <strong>der</strong> Weiterbildung für das Unternehmen, Erfahrungen mit <strong>der</strong> Regelung<br />

von Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen (e<strong>in</strong>geübte Praxis) o<strong>der</strong> die Kenntnis von Regelungen<br />

gehen <strong>in</strong> diesem Punkt e<strong>in</strong> Mischungsverhältnis e<strong>in</strong>.<br />

19 In <strong>der</strong> <strong>in</strong> diesem Punkt beson<strong>der</strong>s fortgeschrittenen Elektro<strong>in</strong>dustrie s<strong>in</strong>d es lediglich 25%<br />

unter den <strong>Betriebsräte</strong>n, die davon berichten. In den an<strong>der</strong>en Branchen liegt <strong>der</strong> Anteil noch<br />

niedriger. Deshalb wurde an dieser Stelle auf e<strong>in</strong>e Analyse verzichtet.


<strong>Grass</strong>: <strong>Die</strong> <strong>Rolle</strong> <strong>der</strong> <strong>Betriebsräte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Aus</strong>- und Weiterbildung (ZfP 2/97) 153<br />

Als Zwischenergebnis kann man festhalten, daß die Mitbestimmung <strong>der</strong> Arbeitnehmervertretung<br />

bei <strong>der</strong> betrieblichen Weiterbildung <strong>in</strong> den unmittelbar dafür vorgesehenen<br />

Bereichen <strong>der</strong> Betriebsverfassung erst noch auf breiter Front durchgesetzt werden<br />

muß. <strong>Die</strong> Aktivitäten <strong>der</strong> <strong>Betriebsräte</strong> s<strong>in</strong>d eher situationsabhängig, beschränken<br />

sich allenfalls auf Personalauswahl und s<strong>in</strong>d noch längst nicht überall <strong>in</strong> Regelungswerke<br />

gefaßt. 20 <strong>Die</strong> rechtliche Seite <strong>der</strong> betriebsrätlichen Aktivitäten erschließt nur e<strong>in</strong>en<br />

Bruchteil des Musters an Verhaltensweisen und E<strong>in</strong>flußnahmen. Wenigstens ebenso<br />

wichtig ist es zu untersuchen, welche Instrumente sich die <strong>Betriebsräte</strong> zunutze machen<br />

bzw. geschaffen haben, um auf diesen Bereich <strong>der</strong> Gestaltung von Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen<br />

E<strong>in</strong>fluß nehmen zu können. G<strong>in</strong>ge man lediglich nach den formal-rechtlichen Mitbestimmungstatbeständen<br />

vor, wäre das Urteil über die Materie „Weiterbildung“ auch <strong>in</strong><br />

personalpolitischer H<strong>in</strong>sicht schnell gefällt: <strong>Die</strong> Betriebsverfassung muß erst noch umgesetzt<br />

werden. <strong>Die</strong> Mitbestimmung <strong>der</strong> <strong>Betriebsräte</strong> ist nicht sehr weit gediehen; <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Reihe von Aktionsfel<strong>der</strong>n bewegen sich die Arbeitnehmervertretungen häufig nur<br />

am Rande ihrer Möglichkeiten. <strong>Die</strong> betriebliche Wirklichkeit ist aber bekanntermaßen<br />

komplexer als es die Analysen <strong>der</strong> formal-rechtlichen Handlungsmöglichkeiten erkennen<br />

lassen. Davon wird <strong>der</strong> folgende Abschnitt handeln.<br />

Formale und <strong>in</strong>formelle E<strong>in</strong>flußnahme auf die Weiterbildung<br />

<strong>Die</strong> Unterscheidung zwischen formalen und <strong>in</strong>formellen Beziehungen am Arbeitsplatz<br />

ist e<strong>in</strong>e Erkenntnis, die auf grundlegende Forschungen <strong>der</strong> Industriesoziologie <strong>der</strong><br />

20er und 30er Jahre zurückgeht. 21 In dieser begrifflichen Tradition kann man die Verhaltensweisen<br />

<strong>der</strong> <strong>Betriebsräte</strong> differenzieren (Tab. 6).<br />

Tab. 6: Formen <strong>der</strong> E<strong>in</strong>flußnahme<br />

formal Prozent <strong>in</strong>formell Prozent<br />

Betriebsvere<strong>in</strong>barung 40 Gespräche mit Arbeitgeber 80<br />

<strong>Aus</strong>schuß im Betriebsrat 44 Gespräche mit <strong>Aus</strong>bil<strong>der</strong>n 47<br />

<strong>Aus</strong>schuß mit Arbeitgeber 18 E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung <strong>der</strong> JAV* 58<br />

* Jugend- und <strong>Aus</strong>zubildenden-Vertretung<br />

Auf den ersten Blick wird deutlich, daß die formalen Formen <strong>der</strong> E<strong>in</strong>flußnahme<br />

nicht so ausgeprägt s<strong>in</strong>d wie die <strong>in</strong>formellen. <strong>Die</strong>s ist nicht verwun<strong>der</strong>lich, bedarf es<br />

doch bei formalen Formen <strong>der</strong> E<strong>in</strong>flußnahme e<strong>in</strong>es gewissen Maßes an Verb<strong>in</strong>dlichkeit,<br />

die zudem noch <strong>in</strong> zwei <strong>der</strong> untersuchten Bereiche mit <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Betriebspartei abgestimmt<br />

werden muß. An<strong>der</strong>erseits wird schon hier deutlich, daß die betriebliche Wirklichkeit<br />

über das häufig untersuchte Maß des rechtlich-formalen Regelungskreises hi-<br />

20<br />

Mit diesen Befunden bewegen sich die Erhebungen durchaus im Spektrum <strong>der</strong> von Breisig<br />

(1993) zitierten an<strong>der</strong>en Studien.<br />

21<br />

Er<strong>in</strong>nert sei an die Forschung von Elton Mayo <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hawthorne-Werken <strong>in</strong> den 20er und<br />

30er Jahren (s.a. Lepsius 1964, S. 125).


154 <strong>Grass</strong>: <strong>Die</strong> <strong>Rolle</strong> <strong>der</strong> <strong>Betriebsräte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Aus</strong>- und Weiterbildung (ZfP 2/97)<br />

nausgeht. <strong>Die</strong> Wirksamkeit <strong>der</strong> <strong>in</strong>formellen Beziehungen steht selbstverständlich <strong>in</strong> Frage.<br />

Bei <strong>der</strong> Wirksamkeit ist allerd<strong>in</strong>gs zu beachten, daß alle <strong>in</strong> die Analyse e<strong>in</strong>bezogenen<br />

Arbeitnehmervertretungen auf Weiterbildungsmaßnahmen im Betrieb verweisen.<br />

Auch wenn die Initiative zu den Maßnahmen eher vom Management ausgeht und die<br />

Umsetzung <strong>der</strong> Betriebsverfassung bezüglich Weiterbildung <strong>in</strong> vielen Arbeitnehmervertretungen<br />

noch vorangetrieben werden muß, geschieht doch wahrsche<strong>in</strong>lich e<strong>in</strong>iges an<br />

Aktivitäten unterhalb <strong>der</strong> Ebene formaler Regelungen. <strong>Die</strong> Wirksamkeit dieser <strong>in</strong>formellen<br />

Beziehungen ist schwer zu überprüfen. Informelle Beziehungen strukturieren<br />

jedoch auch den betrieblichen Alltag.<br />

In e<strong>in</strong>em weiteren Ansatz soll <strong>der</strong> Instrumentcharakter <strong>der</strong> E<strong>in</strong>flußnahme unter den<br />

<strong>Betriebsräte</strong>n untersucht werden. Dazu wird e<strong>in</strong> Analyseverfahren angewendet, das beson<strong>der</strong>s<br />

ähnliche Fälle zu Gruppen zusammenfaßt: die Clusteranalyse (Tab. 7). 22<br />

Tab. 7: Instrumente <strong>der</strong> E<strong>in</strong>flußnahme<br />

Gruppe<br />

Form <strong>der</strong> E<strong>in</strong>flußnahme 1 2 3<br />

Betriebsvere<strong>in</strong>barung + -- ++<br />

Gespräche mit <strong>der</strong> Geschäftsleitung + - +<br />

<strong>Aus</strong>schuß im Betriebsrat ++ -- ++<br />

Geme<strong>in</strong>samer <strong>Aus</strong>schuß mit <strong>der</strong> Geschäftsleitung -- -- ++<br />

E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung <strong>der</strong> JAV ++ -- ++<br />

Gespräche mit <strong>der</strong> <strong>Aus</strong>bildungsleitung + -- ++<br />

Legende: ++ = 15 u.m. Prozentpunkte über dem Durchschnitt aller Befragter<br />

+ = bis zu 15 Prozentpunkte über dem Durchschnitt<br />

- = bis zu 15 Prozentpunkte unter dem Durchschnitt<br />

-- = 15 u.m. Prozentpunkte unter dem Durchschnitt<br />

Mit <strong>der</strong> Clusteranalyse werden Gruppen gebildet, die sich h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> e<strong>in</strong>gebrachten<br />

Variablen mehr o<strong>der</strong> weniger deutlich unterscheiden. <strong>Die</strong>se Gruppen von <strong>Betriebsräte</strong>n<br />

zeichnen sich durch typische Verhaltensweisen bei <strong>der</strong> E<strong>in</strong>flußnahme <strong>in</strong><br />

Fragen <strong>der</strong> Weiterbildung aus:<br />

� <strong>Die</strong> Gruppe 1 setzt sich aus 185 „Mitglie<strong>der</strong>n“ zusammen, was 45% <strong>der</strong> <strong>in</strong> die<br />

Analyse e<strong>in</strong>bezogenen <strong>Betriebsräte</strong>n entspricht. <strong>Die</strong>se Gruppe von Arbeitnehmervertretern<br />

praktiziert extrem überdurchschnittlich jene Formen <strong>der</strong> E<strong>in</strong>flußnahme,<br />

die sie selbst organisieren kann: Bildung e<strong>in</strong>es <strong>Aus</strong>schusses/Benennung e<strong>in</strong>es Beauftragten<br />

für Weiterbildung im Betriebsratsgremium und E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung <strong>der</strong> JAV <strong>in</strong><br />

die Entscheidungsgänge des Gremiums. Bei Formen <strong>der</strong> E<strong>in</strong>flußnahme, die Kon-<br />

22 Bei <strong>der</strong> Clusteranalyse handelt es sich um e<strong>in</strong> statistisches Verfahren, bei dem aus e<strong>in</strong>em vorgegebenen<br />

Kreis von Variablen die jeweils ähnlichsten Fälle – bezogen auf das Antwortverhalten<br />

– zu Gruppen zusammengefaßt werden. Für die anstehende Fragestellung wurden die Variablen<br />

<strong>der</strong> formalen und <strong>in</strong>formellen E<strong>in</strong>flußnahme als Kreis von Variablen ausgewählt.


<strong>Grass</strong>: <strong>Die</strong> <strong>Rolle</strong> <strong>der</strong> <strong>Betriebsräte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Aus</strong>- und Weiterbildung (ZfP 2/97) 155<br />

takte mit dem Arbeitgeber o<strong>der</strong> se<strong>in</strong>en Beauftragten erfor<strong>der</strong>n, liegt die Gruppe leicht<br />

über dem Durchschnitt unter allen Befragten, die <strong>in</strong> die Analyse e<strong>in</strong>bezogen wurden.<br />

<strong>Die</strong> Bildung e<strong>in</strong>es geme<strong>in</strong>samen <strong>Aus</strong>schusses mit dem Arbeitgeber bildet <strong>in</strong><br />

diesem Muster e<strong>in</strong>e <strong>Aus</strong>nahme; es wird von <strong>der</strong> Gruppe so gut wie gar nicht praktiziert.<br />

<strong>Die</strong>s bedeutet, daß sich die Gruppe <strong>in</strong>tern (im Gremium) durchaus <strong>in</strong>tensiv<br />

mit <strong>der</strong> betrieblichen Weiterbildung beschäftigt – sich quasi auf dem Laufenden<br />

hält. Aber mit <strong>der</strong> Umsetzung <strong>der</strong> Erkenntnisse ist es noch nicht so weit gediehen<br />

wie unter den „Mitglie<strong>der</strong>n“ <strong>der</strong> Gruppe 3. <strong>Die</strong> <strong>Betriebsräte</strong> kommen überdurchschnittlich<br />

häufig aus <strong>der</strong> Elektro<strong>in</strong>dustie (55 gegenüber 40% im Durchschnitt). Mehr<br />

als die Hälfte von ihnen (52%) arbeitet <strong>in</strong> Betrieben mit 300 – 999 Beschäftigten.<br />

� <strong>Die</strong> Gruppe 2 ist h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Formen ihrer E<strong>in</strong>flußnahme relativ leicht beschrieben:<br />

In nahezu allen Bereichen liegt sie extrem unter dem Durchschnitt von<br />

allen Befragten, die <strong>in</strong> die Analyse e<strong>in</strong>bezogen wurden. <strong>Die</strong>se Gruppe von <strong>Betriebsräte</strong>n<br />

(38% von allen <strong>in</strong> die Analyse e<strong>in</strong>bezogenen) kann das Spektrum <strong>der</strong><br />

E<strong>in</strong>flußmöglichkeiten nur unvollständig nutzen. Sowohl im Gremium selbst als<br />

auch bei den Kontakten mit <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite zeigen sich nur M<strong>in</strong><strong>der</strong>heiten unter<br />

den „Mitglie<strong>der</strong>n“ <strong>der</strong> Gruppe aktiv. <strong>Die</strong> Gruppe setzt sich zum überwiegenden<br />

Teil (77 gegenüber 48% im Durchschnitt) aus <strong>Betriebsräte</strong>n aus dem Baugewerbe<br />

zusammen und kommt <strong>in</strong>folgedessen extrem häufig (61 gegenüber 29% im Durchschnitt)<br />

aus Betrieben mit bis zu 299 Beschäftigten – also den kle<strong>in</strong>eren Unternehmen.<br />

� <strong>Die</strong> Gruppe 3 bietet h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> Nutzung von E<strong>in</strong>flußmöglichkeiten e<strong>in</strong> Gegenbild<br />

zur Gruppe 2. <strong>Die</strong> <strong>Betriebsräte</strong>, die zu allen Kontaktformen e<strong>in</strong> eher ungebrochenes<br />

Verhältnis zeigen, haben e<strong>in</strong>en Anteil von 17% unter allen <strong>Betriebsräte</strong>n<br />

<strong>der</strong> Analyse. Sie s<strong>in</strong>d es im überwiegenden Teil gewohnt, die Register des formalen<br />

und <strong>in</strong>formellen E<strong>in</strong>flusses zu ziehen – Profis <strong>der</strong> Betriebsratsarbeit <strong>in</strong> Sachen<br />

Weiterbildung. Mehr als die Hälfte von ihnen (53%) kommt aus Betrieben mit<br />

mehr als 1000 Beschäftigten (gegenüber 29% im Durchschnitt). Am häufigsten<br />

s<strong>in</strong>d sie <strong>in</strong> <strong>der</strong> Elektro<strong>in</strong>dustrie (59%) vertreten.<br />

Es soll jedoch nicht <strong>der</strong> E<strong>in</strong>druck entstehen, daß die <strong>Betriebsräte</strong> aus dem Organisationsbereich<br />

<strong>der</strong> IG Metall und/o<strong>der</strong> aus den Großbetrieben quasi von selbst o<strong>der</strong> ausschließlich<br />

die „Elite“ unter den <strong>Betriebsräte</strong>n bilden. Unter den <strong>Betriebsräte</strong>n <strong>der</strong><br />

Gruppe 1, die sich vor allem durch gute <strong>in</strong>terne Gremienarbeit mit beschränkter <strong>Aus</strong>wirkung<br />

auszeichnen, bilden die „Metaller“ auch die Mehrheit. In <strong>der</strong> Gruppe 2, die mit<br />

relativer Zurückhaltung <strong>in</strong> allen Formen <strong>der</strong> E<strong>in</strong>flußnahme gekennzeichnet ist, stammen<br />

immerh<strong>in</strong> 9% <strong>der</strong> „Mitglie<strong>der</strong>“ aus Betrieben mit 1000 und mehr Beschäftigten – können<br />

also auf mehrere Freistellungen von <strong>der</strong> Arbeit im Betrieb blicken. <strong>Die</strong>se „schlafenden<br />

Riesen“ s<strong>in</strong>d das Gegenstück zu jenen „Aktivisten“ (Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Gruppe 3),<br />

die aus Betrieben mit bis zu 299 Beschäftigten kommen. Daraus wird deutlich, daß die<br />

Clusteranalyse zwar auch nach Strukturmerkmalen differenziert, aber nicht total.<br />

Betrachtet man die <strong>Betriebsräte</strong> <strong>der</strong> h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> E<strong>in</strong>flußnahme herausragenden<br />

Gruppe 3 bezüglich ihrer Praxis im Bereich <strong>der</strong> formal-rechtlichen Mitbestimmung (Initiative<br />

zur Weiterbildung und Mitbestimmung nach § 98 BetrVG, s.o.) fällt auf, daß


156 <strong>Grass</strong>: <strong>Die</strong> <strong>Rolle</strong> <strong>der</strong> <strong>Betriebsräte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Aus</strong>- und Weiterbildung (ZfP 2/97)<br />

diese <strong>Betriebsräte</strong> sich durchaus im Spektrum <strong>der</strong> durchschnittlich schlechten Umsetzung<br />

<strong>der</strong> §§ 96 bis 98 BetrVG bewegen. Man kann daraus folgern, daß die aktive Gruppe<br />

von <strong>Betriebsräte</strong>n zwar auch nicht über den Schatten <strong>der</strong> mangelnden Inanspruchnahme<br />

<strong>der</strong> Rechte nach <strong>der</strong> Betriebsverfassung spr<strong>in</strong>gt, daß sie aber den Rahmen jenseits<br />

dieser formal-rechtlichen Möglichkeiten konsequenter nutzt als alle übrigen <strong>Betriebsräte</strong>.<br />

Fragt sich im übrigen, wie die formal-rechtlichen Möglichkeiten <strong>der</strong> Betriebsverfassung<br />

zu bewerten s<strong>in</strong>d, wenn nicht e<strong>in</strong>mal die „Profis“ unter den <strong>Betriebsräte</strong>n mehr<br />

als durchschnittliche Aktivitäten zeigen? <strong>Die</strong>sen Befund gilt es zu <strong>in</strong>terpretieren.<br />

<strong>Die</strong> <strong>Betriebsräte</strong> können mit den formal-rechtlichen Möglichkeiten <strong>der</strong> Betriebsverfassung<br />

bei <strong>der</strong> Weiterbildung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mehrzahl nicht viel anfangen. Sie schaffen sich<br />

e<strong>in</strong> Instrumentarium <strong>der</strong> E<strong>in</strong>flußmöglichkeiten, das zum Teil unterhalb rechtlicher Absicherung<br />

durch die Betriebsverfassung angesiedelt ist. Um die Betriebsverfassung zur<br />

Geltung zu br<strong>in</strong>gen, s<strong>in</strong>d erhebliche Anstrengungen <strong>der</strong> Gewerkschaften nötig. <strong>Die</strong>s<br />

müßte sich vor allem <strong>in</strong> Richtung auf mehr Kenntnisse und Fertigkeiten im Umgang mit<br />

den e<strong>in</strong>schlägigen Paragraphen <strong>der</strong> Betriebsverfassung bewegen. Dennoch sche<strong>in</strong>en<br />

sich die <strong>Betriebsräte</strong> ke<strong>in</strong>eswegs aus <strong>der</strong> E<strong>in</strong>flußnahme auf Weiterbildungsmaßnahmen<br />

verabschiedet zu haben. Sie gehen freilich an<strong>der</strong>e als die vorgezeichneten Wege. E<strong>in</strong><br />

gut Teil <strong>der</strong> E<strong>in</strong>flußnahme wird auf <strong>in</strong>formellem Wege erledigt. <strong>Die</strong>s muß auch nicht<br />

bedeuten, daß die getroffenen Regelungen für die Beschäftigten und die Unternehmen<br />

nachteilig gestaltet s<strong>in</strong>d. Das Problem besteht im wesentlichen <strong>in</strong> <strong>der</strong> ger<strong>in</strong>geren Verb<strong>in</strong>dlichkeit<br />

<strong>der</strong> <strong>in</strong>formellen Regelungen.<br />

Betriebliche Personalpolitik aus <strong>der</strong> Sicht <strong>der</strong> <strong>Betriebsräte</strong><br />

<strong>Die</strong> Planungsrationalität <strong>der</strong> Betriebe <strong>in</strong> puncto Personal konnten die Arbeitnehmervertretungen<br />

<strong>in</strong> zwei Punkten bewerten: Ob es vorausschauende Bildungs- und Personalpolitik<br />

gibt und ob <strong>der</strong> Zusammenhang zwischen Bildungs- und Investitionsplanung<br />

im Betrieb diskutiert wird.<br />

Bei beiden Fragen können nur jeweils große M<strong>in</strong><strong>der</strong>heiten unter den <strong>Betriebsräte</strong>n,<br />

die <strong>in</strong> die Analyse e<strong>in</strong>bezogen wurden, positive Antworten geben (jeweils 45%). <strong>Die</strong>se<br />

Bewertung wird <strong>in</strong> Kle<strong>in</strong>- und Mittelbetrieben (bis 299 Beschäftigte) weniger ausgesprochen<br />

als <strong>in</strong> den größeren Betrieben. <strong>Die</strong>s mag durchaus <strong>der</strong> Realität entsprechen.<br />

<strong>Die</strong> kle<strong>in</strong>eren Betriebe s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel den Verän<strong>der</strong>ungen des Marktes schärfer ausgesetzt<br />

und verfügen seltener über das Instrumentarium und die Infrastruktur, die Voraussetzung<br />

für rationelles, planerisches Verhalten ist. Dennoch erstaunt es, daß auch <strong>in</strong><br />

den Großbetrieben (1000 und mehr Beschäftigte) jeweils auch nur knapp etwas mehr<br />

als die Hälfte aller <strong>Betriebsräte</strong> (53 bzw. 55%) von vorausschauen<strong>der</strong> Personalplanung<br />

bzw. <strong>der</strong> Diskussion des Zusammenhangs von Investitionen und Bildung reden. Was<br />

f<strong>in</strong>det – fragt man sich – <strong>in</strong> den übrigen Großbetrieben statt?<br />

In diesem Zusammenhang muß von e<strong>in</strong>er Wahrnehmungslücke <strong>der</strong> <strong>Betriebsräte</strong><br />

ausgegangen werden. <strong>Die</strong>se Lücke mag im wesentlichen zwei Ursachen haben:<br />

� Den <strong>Betriebsräte</strong>n werden die entsprechenden Informationen vorenthalten.<br />

� <strong>Die</strong> <strong>Betriebsräte</strong> <strong>in</strong>teressieren sich so wenig für die Thematik, daß sie erreichbare<br />

Informationen nicht recht e<strong>in</strong>ordnen können.


<strong>Grass</strong>: <strong>Die</strong> <strong>Rolle</strong> <strong>der</strong> <strong>Betriebsräte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Aus</strong>- und Weiterbildung (ZfP 2/97) 157<br />

In beiden Erklärungsvarianten funktioniert das Regulativ <strong>der</strong> Betriebsverfassung<br />

nur unzureichend. Im übrigen ist zu bemerken, daß die <strong>Betriebsräte</strong> <strong>in</strong>s Leere laufen,<br />

wenn sie Mitbestimmung bei <strong>der</strong> Weiterbildung reklamieren und die an<strong>der</strong>e Betriebspartei<br />

(Arbeitgeber) muß mangels vorhandener Daten und Absichten passen. Dennoch<br />

kann man davon ausgehen, daß – zum<strong>in</strong>dest <strong>in</strong> den größeren Betrieben – <strong>in</strong> dem Punkt<br />

<strong>der</strong> Planungsrationalität <strong>in</strong> <strong>der</strong> Personalpolitik eher die Erklärung <strong>der</strong> Wahrnehmungslücke<br />

auf Seiten <strong>der</strong> Arbeitnehmervertretung zutrifft.<br />

Für diese Interpretation spricht die Differenzierung nach <strong>der</strong> Typologie <strong>der</strong> E<strong>in</strong>flußnahme<br />

auf die Weiterbildungsmaßnahmen, die im Zusammenhang <strong>der</strong> Darstellung<br />

formaler und <strong>in</strong>formeller Aktivitäten <strong>der</strong> <strong>Betriebsräte</strong> entwickelt wurde (s.o.). <strong>Die</strong> <strong>Betriebsräte</strong>,<br />

die es gewohnt s<strong>in</strong>d, die Register <strong>der</strong> E<strong>in</strong>flußnahme unterhalb <strong>der</strong> Regelungen<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Betriebsverfassung professionell zu ziehen, stellen <strong>in</strong> extrem höherem Umfang<br />

als alle übrigen Arbeitnehmervertretungen <strong>der</strong> Planungsrationalität ihrer Unternehmen<br />

bessere Noten aus. 56% <strong>in</strong> dieser Gruppe von <strong>Betriebsräte</strong>n (gegenüber 45%<br />

im Durchschnitt) gehen von e<strong>in</strong>er vorausschauenden Bildungs- und Personalplanung im<br />

Betrieb aus; 69% <strong>in</strong> <strong>der</strong> „Aktivistengruppe“ berichten, daß im Betrieb <strong>der</strong> Zusammenhang<br />

von Bildung und Investitionen dargestellt wird. <strong>Betriebsräte</strong>, die es gewohnt s<strong>in</strong>d,<br />

vorwiegend auf <strong>in</strong>formellem Wege E<strong>in</strong>fluß auf die Weiterbildungsmaßnahmen im Betrieb<br />

auszuüben, können die Rahmenbed<strong>in</strong>gungen und die Zielsetzungen dieser Maßnahmen<br />

auch eher registrieren.<br />

Fazit<br />

<strong>Die</strong> Möglichkeiten <strong>der</strong> Betriebsverfassung <strong>in</strong> puncto Mitbestimmung <strong>in</strong> <strong>der</strong> betrieblichen<br />

Weiterbildung werden – wenn sie denn professionell betrieben wird – häufiger<br />

auf an<strong>der</strong>en als den vorgezeichneten Bahnen <strong>der</strong> §§ 96 bis 98 BetrVG genutzt. <strong>Die</strong><br />

Mehrzahl unter den <strong>Betriebsräte</strong>n kann mit dem Instrumentarium dieser Paragraphen<br />

nicht recht umgehen. <strong>Die</strong> Mehrheit unter den <strong>Betriebsräte</strong>n hat sich e<strong>in</strong> Instrumentarium<br />

geschaffen, das eher ihren übrigen betriebsrätlichen Erfahrungen entspricht: <strong>Die</strong> Arbeit<br />

<strong>in</strong>tern gut organisieren und mit <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Betriebspartei Gespräche über die Thematik<br />

<strong>der</strong> Weiterbildung führen. <strong>Betriebsräte</strong>, die diese Strategie wählen, s<strong>in</strong>d auch eher als<br />

die an<strong>der</strong>en <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage sich mit den Planungsaktivitäten <strong>der</strong> Betriebe im Personalbereich<br />

ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>zusetzen. <strong>Die</strong> mangelnde Anwendung <strong>der</strong> Betriebsverfassung im Sektor<br />

betrieblicher Weiterbildung seitens <strong>der</strong> Arbeitnehmervertretung bedeutet nicht, daß<br />

diese Vorgehensweise ohne Erfolg wäre. Immerh<strong>in</strong> f<strong>in</strong>den <strong>in</strong> allen Betrieben <strong>der</strong> <strong>in</strong> die<br />

Analyse e<strong>in</strong>bezogenen Arbeitnehmervertretungen Weiterbildungsmaßnahmen statt.<br />

Auf die peronalpolitische Bedeutung <strong>der</strong> Mitbestimmung <strong>in</strong> puncto Weiterbildung<br />

bezogen, kann man folgende Thesen aufstellen:<br />

� <strong>Die</strong> formal-rechtliche Anwendung und Umsetzung <strong>der</strong> Mitbestimmung nach <strong>der</strong><br />

Betriebsverfassung hat <strong>in</strong> <strong>der</strong> betrieblichen Praxis nur e<strong>in</strong>e Bedeutung am Rande.<br />

� <strong>Die</strong> <strong>Betriebsräte</strong> üben ihre Funktion als Regulativ im Unternehmen – wenn sie es<br />

mit Erfolg betreiben – überwiegend mit an<strong>der</strong>en Methoden aus, <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie auf<br />

<strong>in</strong>formellem Wege.


158 <strong>Grass</strong>: <strong>Die</strong> <strong>Rolle</strong> <strong>der</strong> <strong>Betriebsräte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Aus</strong>- und Weiterbildung (ZfP 2/97)<br />

� Personalpolitik <strong>in</strong> ihrer strategischen Orientierung ist für die <strong>Betriebsräte</strong> <strong>in</strong>sgesamt<br />

mit Wahrnehmungsproblemen behaftet. Sie s<strong>in</strong>d eher mit den <strong>Aus</strong>wirkungen<br />

bzw. den unmittelbaren Folgen <strong>der</strong> Personalpolitik beschäftigt – im Bereich <strong>der</strong><br />

personellen Maßnahmen.<br />

� <strong>Die</strong> Forschung über die personalpolitische Bedeutung <strong>der</strong> Mitbestimmung kann<br />

sich nicht auf die Ermittlung des Defizits im formal-rechtlichen Bereich beschränken.<br />

Es gilt die tatsächlichen Verhaltensweisen <strong>der</strong> <strong>Betriebsräte</strong>n zun ergünden.<br />

Literatur<br />

Breisig, Thomas (1993): Personalentwicklung <strong>in</strong> mitbestimmungspolitischer Perspektive. In: ZfP<br />

1/93, S. 7-24.<br />

<strong>Grass</strong>, <strong>Bernd</strong> (1990): Noch <strong>in</strong> den K<strong>in</strong><strong>der</strong>schuhen: Mitbestimmung bei Weiterbildungsmaßnahmen<br />

nicht ausgeschöpft – Ergebnisse e<strong>in</strong>er Befragung von <strong>Betriebsräte</strong>n <strong>der</strong> Druck<strong>in</strong>dustrie<br />

sowie <strong>der</strong> Metall- und Elektro<strong>in</strong>dustrie. In: Mitbestimmung 8/90<br />

Hans-Böckler-Stiftung, (Hg.) (1989): Zur Situation <strong>der</strong> <strong>Aus</strong>- und Weiterbildung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Druck<strong>in</strong>dustrie<br />

– Umfrage unter <strong>Betriebsräte</strong>n, Reihe Manuskripte Band 10<br />

Hans-Böckler-Stiftung (Hg.) (1990): Zur Situation <strong>der</strong> <strong>Aus</strong>- und Weiterbildung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Elektro<strong>in</strong>dustrie<br />

– Umfrage unter <strong>Betriebsräte</strong>n, Reihe Manuskripte Band 15<br />

Hans-Böckler-Stiftung (Hg.) (1991): Zur Situation <strong>der</strong> <strong>Aus</strong>- und Weiterbildung <strong>in</strong> <strong>der</strong> fe<strong>in</strong>keramischen<br />

Industrie, Reihe Manuskripte Band 44<br />

Hans-Böckler-Stiftung (Hg.) (1991): Zur Situation <strong>der</strong> <strong>Aus</strong>- und Weiterbildung <strong>in</strong> den Zeitungsund<br />

Zeitschriftenverlagen sowie Nachrichtenagenturen – Umfrage unter <strong>Betriebsräte</strong>n, Reihe<br />

Manuskripte Band 51<br />

Hans-Böckler-Stiftung (Hg.) (1992): Zur Situation <strong>der</strong> <strong>Aus</strong>- und Weiterbildung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Druck<strong>in</strong>dustrie,<br />

<strong>der</strong> Elektro<strong>in</strong>dustrie, <strong>der</strong> fe<strong>in</strong>keramischen Industrie sowie im Verlagswesen, Reihe<br />

Manuskripte Band 75<br />

Hans-Böckler-Stiftung (Hg.) (1993): Zur Situation <strong>der</strong> <strong>Aus</strong>- und Weiterbildung im Baugewerbe –<br />

Bericht über e<strong>in</strong>e Umfrage unter <strong>Betriebsräte</strong>n, Reihe Manuskripte Band 113<br />

Hans-Böckler-Stiftung (Hg.) (1994): Zur Situation <strong>der</strong> <strong>Aus</strong>- und Weiterbildung im Bankgewerbe<br />

– Umfrage unter Betriebs- und Personalräten, Reihe Manuskripte Band 164<br />

Lepsius, Ra<strong>in</strong>er M. (1964): Industrie und Betrieb. In: König, René (Hg.): Soziologie, Frankfurt<br />

1964, S. 122 ff.<br />

Scheuch, Erw<strong>in</strong> K. (1964): Methoden. In: König, René (Hg.): Soziologie, Frankfurt 1964, S. 184 ff.


Bankgewerbe<br />

Frühjahr 1994<br />

<strong>Die</strong> Beschäftigung hat<br />

<strong>in</strong> den letzten fünf Jahren<br />

zugenommen; es<br />

wird jedoch mit Rückgängen<br />

gerechnet. <strong>Die</strong><br />

Zahl <strong>der</strong> <strong>Aus</strong>zubildenden<br />

ist rückläufig, wird<br />

sich aber stabilisieren.<br />

Weiterbildung wird<br />

breitflächig betrieben.<br />

<strong>Die</strong> Maßnahmen werden<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel vom Management<br />

<strong>in</strong>itiiert. <strong>Die</strong><br />

Qualität <strong>der</strong> Weiterbildung<br />

wird durchweg als<br />

gut bewertet. <strong>Die</strong> Maßnahmen<br />

f<strong>in</strong>den zu etwa<br />

gleichen Teilen <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Arbeitszeit und <strong>der</strong><br />

Freizeit statt. Es werden<br />

mit Billigung <strong>der</strong> <strong>Betriebsräte</strong><br />

vor allem diejenigen<br />

Gruppen geför<strong>der</strong>t,<br />

von denen sich das<br />

Unternehmen am meisten<br />

erwartet.<br />

<strong>Grass</strong>: <strong>Die</strong> <strong>Rolle</strong> <strong>der</strong> <strong>Betriebsräte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Aus</strong>- und Weiterbildung (ZfP 2/97) 5<br />

Druck<strong>in</strong>dustrie Elektro<strong>in</strong>dustrie Fe<strong>in</strong>keramische Verlage<br />

Baugewerbe<br />

Industrie<br />

Sommer 1989 Herbst 1989 Herbst 1990 Frühjahr 1991 Frühjahr 1993<br />

Beschäftigung und <strong>Aus</strong>bildung<br />

<strong>Die</strong> relativ positive <strong>Die</strong> Beschäftigungslage <strong>Die</strong> Beschäftigungsent- Bei positiver Entwick- <strong>Die</strong> Beschäftigung ist<br />

Entwicklung <strong>der</strong> Be- hat sich <strong>in</strong> den letzten wicklung verlief positiv lung <strong>der</strong> Beschäfti- leicht rückläufig, was<br />

schäftigungslage wird fünf Jahren verbessert. und wird sich stabilisiegungslage wird <strong>in</strong> Zu- vor allem an <strong>der</strong> Ent-<br />

sich nach <strong>Aus</strong>kunft <strong>der</strong> <strong>Die</strong> <strong>Betriebsräte</strong> rechren. <strong>Die</strong> Zahl <strong>der</strong> <strong>Aus</strong>kunft e<strong>in</strong>e weitere Steiwicklung <strong>in</strong> den neuen<br />

<strong>Betriebsräte</strong> abschwänen jedoch mit e<strong>in</strong>em zubildenden hat damit gerung erwartet. <strong>Die</strong> Bundeslän<strong>der</strong>n liegt. In<br />

chen. <strong>Die</strong>se Tendenz leichten Rückgang <strong>in</strong> nicht Schritt gehalten. Zahl <strong>der</strong> <strong>Aus</strong>zubilden- <strong>der</strong> Zukunft wird sich<br />

gilt auch für die künfti- <strong>der</strong> Zukunft. <strong>Die</strong> Zahl E<strong>in</strong>e Än<strong>der</strong>ung wird den hat sich parallel da- die Lage stabilisieren.<br />

gen Zahlen <strong>der</strong> <strong>Aus</strong>zu- <strong>der</strong> <strong>Aus</strong>zubildenden hat nicht erwartet.<br />

zu entwickelt.<br />

<strong>Die</strong> Zahl <strong>der</strong> <strong>Aus</strong>zubilbildenden.<br />

sich nicht so gesteigert,<br />

denden ist rückläufig<br />

wird sich aber stabilisie-<br />

und wird es bleiben.<br />

ren<br />

Weiterbildung<br />

Maßnahmen im Wei- Weiterbildung wird <strong>in</strong> WeiterbildungsmaßWeiterbildungsmaß- Weiterbildung wird <strong>in</strong><br />

terbildungsbereich <strong>der</strong> überwiegenden nahmen s<strong>in</strong>d noch nicht nahmen werden <strong>in</strong> je- <strong>der</strong> Mehrzahl <strong>der</strong> Be-<br />

s<strong>in</strong>d ausgesprochen Mehrzahl <strong>der</strong> Betriebe sehr entfaltet. Sie werdem zweiten Betrieb triebe - vor allem jedoch<br />

praktiziert. Der Zugang den vor allem dort prak- praktiziert. Neuere For- <strong>in</strong> den großen - betrie-<br />

vere<strong>in</strong>zelt.<br />

zur Weiterbildung ist tiziert, wo es Beschäftimen <strong>der</strong> Weiterbildung ben. <strong>Die</strong> Initiative zu<br />

stark abhängig von <strong>der</strong> gungszuwachs gibt. s<strong>in</strong>d nicht weit verbrei- den Maßnahmen geht <strong>in</strong><br />

Stellung <strong>in</strong> <strong>der</strong> betriebtet.<br />

In Kle<strong>in</strong>betrieben erster L<strong>in</strong>ie vom Manalichen<br />

Hierarchie. <strong>Die</strong><br />

müssen sich die Begement aus. <strong>Die</strong> Quali-<br />

Qualität <strong>der</strong> Maßnahschäftigten<br />

häufig selbst tät <strong>der</strong> Weiterbildung<br />

men wird häufig kriti-<br />

um Weiterbildungsmaß- wird allgeme<strong>in</strong> gut besiert.nahmen<br />

kümmern. <strong>Die</strong> wertet - auch wenn neu-<br />

Qualität <strong>der</strong> Maßnahere Formen nur e<strong>in</strong>e<br />

men wird häufig kriti- Seltenheit s<strong>in</strong>d. Geförsiert.<strong>der</strong>t<br />

werden sollten vor<br />

allem Facharbeiter, Poliere<br />

und Meister..


<strong>Grass</strong>: <strong>Die</strong> <strong>Rolle</strong> <strong>der</strong> <strong>Betriebsräte</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Aus</strong>- und Weiterbildung (ZfP 2/97) 6<br />

Bankgewerbe<br />

Baugewerbe<br />

Fe<strong>in</strong>keramische Verlage<br />

Industrie<br />

Herbst 1990 Frühjahr 1991<br />

Mitbestimmung <strong>der</strong> <strong>Betriebsräte</strong><br />

<strong>Die</strong> Mitbestimmung <strong>Die</strong> Mitbestimmung <strong>der</strong><br />

nach <strong>der</strong> Betriebsverfas- <strong>Betriebsräte</strong> bei Weitersung<br />

wird nicht voll bildungsmaßnahmen<br />

Elektro<strong>in</strong>dustrie<br />

Druck<strong>in</strong>dustrie<br />

Frühjahr 1994<br />

Frühjahr 1993<br />

Herbst 1989<br />

Sommer 1989<br />

<strong>Die</strong> Mitbestimmung<br />

nach <strong>der</strong> Betriebsverfassung<br />

muß erst noch auf<br />

breiter Front durchgesetzt<br />

werden. Formale<br />

Regelungen wie z.B.<br />

Betriebsvere<strong>in</strong>barungen<br />

s<strong>in</strong>d seltener anzutreffen<br />

als <strong>in</strong>formelle Beziehungen<br />

zum Arbeitgeber.<br />

<strong>Die</strong> Mitbestimmung<br />

nach <strong>der</strong> Betriebsverfassung<br />

muß erst noch auf<br />

breiter Front umgesetzt<br />

werden. Informelle Regelungen<br />

s<strong>in</strong>d ausgeprägter<br />

als z.B. Betriebsvere<strong>in</strong>barungen.<br />

muß erst noch <strong>in</strong> breiter<br />

Front durchgesetzt werden.<br />

ausgeschöpft. Informelle<br />

Beziehungen zum<br />

Arbeitgeber s<strong>in</strong>d häufiger<br />

anzutreffen als formale<br />

Regelungen (z.B.<br />

<strong>Die</strong> Mitbestimmung<br />

nach <strong>der</strong> Betriebsverfassung<br />

wird von den <strong>Betriebsräte</strong>n<br />

nicht voll<br />

ausgeschöpft. Betriebsvere<strong>in</strong>barungen<br />

s<strong>in</strong>d seltener<br />

anzutreffen als<br />

Gespräche mit dem Arbeitgeber. <br />

Betriebsvere<strong>in</strong>barungen).<br />

<strong>Die</strong> Mitbestimmung<br />

nach <strong>der</strong> Betriebsverfassung<br />

muß auf breiter<br />

Front erst noch umgesetzt<br />

werden. Betriebsvere<strong>in</strong>barungen<br />

gelten<br />

nur <strong>in</strong> wenigen Betrieben.<br />

<strong>Aus</strong>bildungsfragen<br />

werden <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie <strong>in</strong><br />

den regelmäßigen Gesprächen<br />

mit dem Arbeitgeber<br />

erörtert.<br />

<strong>Die</strong> Planungsrationalität<br />

<strong>der</strong> Betriebe h<strong>in</strong>sichtlich<br />

<strong>der</strong> Personalpolitik wird<br />

als nicht sehr hoch e<strong>in</strong>geschätzt.<br />

<strong>Die</strong>s mag<br />

auch e<strong>in</strong> Wahrnehmungsproblem<br />

<strong>der</strong> <strong>Betriebsräte</strong><br />

se<strong>in</strong>. <strong>Die</strong> Unternehmen<br />

haben vor allem<br />

die Arbeitsorganisation<br />

verän<strong>der</strong>t. Weiterbildung<br />

spielt erst <strong>in</strong><br />

zweiter L<strong>in</strong>ie e<strong>in</strong>e <strong>Rolle</strong>.<br />

<strong>Die</strong> <strong>Betriebsräte</strong> schätzen<br />

die personalpolitische<br />

Planung <strong>in</strong> ihren<br />

Betrieben nicht sehr<br />

hoch e<strong>in</strong>, verfügen aber<br />

auch nicht über genügend<br />

Informationen.<br />

Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Arbeitsorganisationspielen<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Wahrnehmung<br />

<strong>der</strong> <strong>Betriebsräte</strong><br />

e<strong>in</strong>e größere <strong>Rolle</strong> als<br />

Weiterbildungsmaßnahmen.<br />

Personalpolitik und Unternehmensstrategien<br />

<strong>Die</strong> Personalplanung <strong>Die</strong> Planungsrationalität<br />

wird seitens <strong>der</strong> Be- <strong>der</strong> Betriebe ist im Pertriebsräte<br />

nicht <strong>in</strong> allen sonalsektor nach An-<br />

Fällen gut beurteilt. Unsicht <strong>der</strong> <strong>Betriebsräte</strong><br />

ternehmensstrategien, nicht sehr ausgeprägt.<br />

die auf Verän<strong>der</strong>ung Sie verfügen aber nur<br />

zielen setzen am Ar- über bruchstückhafte Inbeitsmarkt<br />

und bei <strong>der</strong> formationen. <strong>Die</strong> Ver-<br />

Arbeitsorganisation an. än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Arbeitsorganisation<br />

ist für die<br />

Arbeitnehmervertretungen<br />

bedeuten<strong>der</strong> als<br />

Weiterbildungsmaßnahmen.<br />

<strong>Die</strong> Personalplanung<br />

wird vor allem von <strong>Betriebsräte</strong>n<br />

aus Kle<strong>in</strong>und<br />

Mittelbetrieben kritisiert.<br />

Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />

Arbeitsorganisation ist<br />

die dom<strong>in</strong>ante Unternehmensstrategie.<br />

<strong>Die</strong> Planungsrationalität<br />

<strong>der</strong> Betriebe <strong>in</strong> Personalfragen<br />

läßt nach Ansicht<br />

<strong>der</strong> <strong>Betriebsräte</strong> zu<br />

wünschen übrig. <strong>Die</strong><br />

Unternehmen setzen<br />

strategisch vor allem auf<br />

die Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />

Arbeitsorganisation.

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