Bewusstseinsstörungen – Diagnose und Prognose - Coma Science ...
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Restfunktion des Gehirns<br />
wesentlich reduzierteren (40<strong>–</strong>50% des Normwertes),<br />
aber keinen komplett fehlenden kortikalen<br />
Metabolismus. Bei einigen vegetativen Patienten,<br />
die anschließend das Bewusstsein wiedererlangt<br />
haben, zeigte der Glukose-Metabolismus keine wesentlichen<br />
Veränderungen (⊡ Abb. 1.3). Folglich ist<br />
das Verhältnis zwischen den verschiedenen Ebenen<br />
des Bewusstseins <strong>und</strong> das Vorhandensein oder<br />
Fehlen der bewussten Wahrnehmung nicht absolut.<br />
Es scheint eher so, dass einige Gehirnregionen<br />
wichtiger als andere für die bewusste Wahrnehmung<br />
sind.<br />
Anatomisch-pathologische Merkmale in anoxischem<br />
VS umfassen multifokale laminare kortikale<br />
Nekrosen, eine diffuse Leukoenzephalopathie <strong>und</strong><br />
Nekrosen der Thalami. Bei VS nach offener Schädelverletzung<br />
beobachtet man einen diffusen Schaden<br />
der weißen Substanz mit neuronalem Verlust<br />
in Thalamus <strong>und</strong> Hippocampus. Jedoch erlauben<br />
es diese Post-mortem-Studien nicht, eine detaillierte<br />
regionale Topographie für den VS-typischen<br />
zerebralen Schaden zu erhalten. Analysen des Typs<br />
»voxel-based-morphometry« von metabolischen<br />
PET-Daten haben eine metabolische Dysfunktion<br />
in einem umfassenden frontoparietalen Netzwerk<br />
identifiziert: betroffen sind bilaterale laterale frontale<br />
Regionen, parieto-temporale <strong>und</strong> posteriorparietale<br />
Areale, mesofrontale Areale <strong>und</strong> der<br />
Praecuneus (⊡ Abb. 1.5), bekannt als die Regionen<br />
die im Ruhezustand beim ges<strong>und</strong>en Gehirn am<br />
aktivsten sind.<br />
Bei einigen anderen Zuständen zeigen Patienten<br />
nur eine reflexartige oder automatische<br />
motorische Aktivität, während sie wach zu sein<br />
scheinen. Bei vorübergehenden Trübungen der<br />
bewussten Wahrnehmung (charakterisiert durch<br />
kurze Episoden der Reaktionslosigkeit <strong>und</strong> des<br />
Starrens, häufig begleitet von ziellosem Augenblinzeln<br />
<strong>und</strong> Schmatzen) haben funktionelle<br />
MRT-Studien eine Abnahme der Blutsauerstoffkonzentration<br />
in einem umfassenden frontoparietalen<br />
Netzwerk, ähnlich wie bei VS-Patienten<br />
gezeigt. Bei Epilepsien im Bereich der Temporallappen,<br />
»komplex-partielle« Anfälle, die das<br />
Bewusstsein beeinträchtigen <strong>–</strong> während automatische<br />
Aktivitäten wie Herumnesteln, Herumtasten<br />
oder Augenrollen erhalten sind <strong>–</strong> haben Single<br />
Photon Emission CTs ähnliche ausgeprägte De-<br />
13 1<br />
⊡ Abb. 1.5. Das Kennzeichen des vegetativen Status ist eine<br />
metabolische Dysfunktion eines weitgespannten kortikalen<br />
Netzwerkes, welches mediale <strong>und</strong> laterale präfrontale <strong>und</strong><br />
parietale multimodale assoziative Areale umfasst. Dies beruht<br />
entweder auf einem direkten kortikalen Schaden oder auf<br />
einer thalamo-kortikalen Unterbrechung (dargestellt anhand<br />
der Pfeile). Ebenso charakteristisch für den vegetativen Status<br />
ist der herabgesetzte Metabolismus des Hirnstamms (die<br />
pedunculopontine retikulare Formation, den Hypothalamus<br />
<strong>und</strong> das basale Vorderhirn einschließend, T in der oberen<br />
Abbildung), die erhaltene Erweckbarkeit <strong>und</strong> die erhaltenen<br />
autonomen Funktionen des Patienten. Nach Laureys, S. (2005).<br />
The neural correlate of (un)awareness: lessons from the vegetative<br />
state. Trends Cogn Sci 9, 556<strong>–</strong>559<br />
aktivierungen im frontalen <strong>und</strong> parietalen assoziativen<br />
Cortex gezeigt. Im Gegensatz dazu ist eine<br />
Temporallapenepilepsie mit mehr oder weniger<br />
erhaltenem Bewusstsein (genannt »einfach partiell«)<br />
nicht von solchen frontoparietalen Dysfunktionen<br />
begleitet.<br />
Ein anderes Beispiel einer vorübergehenden<br />
Reaktionslosigkeit mit erhaltenem automatischem<br />
Verhalten kann man bei Schlafwandlern beobachten.<br />
Wiederholt wurden Deaktivierungen in großen<br />
Arealen der frontalen <strong>und</strong> parietalen Assoziationsrinde<br />
mittels SPECT-Bildgebung während<br />
des Schlafwandelns beobachtet. Insgesamt weisen<br />
diese Untersuchungen auf die kritische Rolle des<br />
frontoparietalen assoziativen Cortex bei der Generierung<br />
der bewussten Wahrnehmung hin.<br />
Jedoch scheint eine bewusste Wahrnehmung<br />
nicht nur an die Aktivität in diesem globalen kortikalen<br />
Netzwerk, sondern auch an die funktionellen<br />
Verbindungen innerhalb dieses Systems<br />
<strong>und</strong> mit dem Thalamus gekoppelt zu sein. Lang-