Copyright by Brigitta Helbig-Mischewski - Helbig-mischewski.de
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<strong>Brigitta</strong> <strong>Helbig</strong>-<strong>Mischewski</strong>: Ein Mantel aus Sternenstaub, Nor<strong>de</strong>rstedt 2005<br />
Ausbruchs sieht die Forscherin die zeittypische ‚Mo<strong>de</strong>’ für seelische Lei<strong>de</strong>n an. 38 An<br />
Komornickas frühen Prosastücken interessiert Podraza-Kwiatkowska vor allem <strong>de</strong>r<br />
Konflikt zwischen Künstler und Philister. Komornicka sei die erste ernst zu nehmen<strong>de</strong><br />
‚Deka<strong>de</strong>ntin’ in <strong>de</strong>r polnischen Belletristik gewesen. 39 Ihre Originalität sieht Podraza-<br />
Kwiatkowska darin, dass sie nicht nur die neurotischen Zustän<strong>de</strong> ihrer lebensmü<strong>de</strong>n<br />
Figuren dargestellt, son<strong>de</strong>rn auch nach ihren Grün<strong>de</strong>n gesucht habe (kulturelle<br />
Übersättigung, philosophische Skepsis, gesellschaftliche Umwälzungen). Neu und<br />
erfrischend in diesem Beitrag erscheint mir die Beschäftigung mit <strong>de</strong>n<br />
Geschlechterkonstrukten in <strong>de</strong>n frühen Prosatexten Komornickas. Zum einen betont<br />
Podraza-Kwiatkowska nicht ganz zutreffend, dass Komornicka keineswegs<br />
emanzipatorisch tätig war:<br />
Jedoch gehörte Komornicka – dies muss ausdrücklich betont wer<strong>de</strong>n – nicht zu <strong>de</strong>n<br />
Emanzipierten, die für das Frauenwahlrecht o<strong>de</strong>r für die eine o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re Art <strong>de</strong>r Bildung junger<br />
Mädchen kämpften. (Podraza-K. 1973, 397) 40<br />
Zum an<strong>de</strong>ren räumt sie ein, dass sich die weiblichen Figuren Komornickas, analog zu<br />
<strong>de</strong>nen Ibsens, durch innere Stärke, tragische Vitalität, Unbotmäßigkeit und<br />
dominieren<strong>de</strong>s Verhalten auszeichnen. Resignation und Erschöpfung liege auf <strong>de</strong>r<br />
Seite <strong>de</strong>r Männer. All diese Ten<strong>de</strong>nzen in Komornickas Texten registriert Podraza-<br />
Kwiatkowska zwar interessiert, bescheinigt ihnen aber gleichzeitig einen krankhaften<br />
Zug: „Das pathologische Bedürfnis nach Männlichkeit ist bei Komornicka mit<br />
matriarchalen Ten<strong>de</strong>nzen verbun<strong>de</strong>n.“ 41 (Ebd.) Unter ästhetischen Gesichtspunkten<br />
seien die frühen Prosastücke Komornickas nicht allzu wertvoll. Ihr künstlerisches<br />
38<br />
Damit meint sie u.a. Glorifizierung <strong>de</strong>s Wahnsinns, Gleichsetzung <strong>de</strong>s Genialen mit <strong>de</strong>m<br />
Pathologischen, Verachtung <strong>de</strong>r spießbürgerlichen Normalität, die sich in Publikationen wie Lombrosos<br />
(1887) „Geniusz i obłąkanie“ (Genie und Wahnsinn) manifestiert haben sollen.<br />
39<br />
Die ‚Deka<strong>de</strong>nz’ drücke sich in <strong>de</strong>r <strong>de</strong>struktiven Lebenseinstellung <strong>de</strong>r Protagonisten, ihrer krankhaften<br />
Übersensibilität, psychischen Labilität, ihrer Neigung zur Selbstanalyse und Flucht vor <strong>de</strong>r Gesellschaft<br />
aus.<br />
40<br />
Polnisch: „Jednakże – trzeba ten fakt wyraźnie podkreślić – Komornicka nie należała do emancypantek<br />
walczących o prawo wyborcze dla kobiet czy o taki lub inny sposób edukowania młodych panien.“<br />
41<br />
Polnisch: „Patologiczne pragnienie i<strong>de</strong>ntyfikacji z mężczyzną łączy się u Komornickiej z ten<strong>de</strong>ncjami<br />
matriarchalnymi.“<br />
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