DIE WELLE
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<strong>DIE</strong> <strong>WELLE</strong><br />
A. BEGRIFFE : Herrschaftsformen<br />
A1. Mündlicher Austausch : Was fällt Ihnen zu diesen Begriffen ein ? Formulieren Sie kurze Definitionen.<br />
A2. Leseverstehen : Welcher Begriff passt zu welcher Definition ? (nach dem Politiklexikon, Bpb, 2008)<br />
Anarchie / Anarchismus ( > anarchisch / > anarchistisch) - Aufklärung ( > aufgeklärt) - Autokratie ( ><br />
autokratisch) - Diktatur ( > diktatorisch) - Faschismus ( > faschistisch / > faschistoid) - Nationalsozialismus ( ><br />
nationalsozialistisch, nazistisch) - Totalitarismus ( > totalitär)<br />
………………………………………………………………… :<br />
Bezeichnet Regierungsformen, bei denen alle Staatsgewalt unkontrolliert in den Händen eines Herrschers liegt und<br />
von diesem selbstherrlich ausgeübt wird.<br />
………………………………………………………………… :<br />
Bezeichnet eine politische Herrschaft, die die uneingeschränkte Verfügung über die Beherrschten und ihre völlige<br />
Unterwerfung unter ein (diktatorisch vorgegebenes) politisches Ziel verlangt. Totalitäre Herrschaft, erzwungene<br />
Gleichschaltung und unerbittliche Härte werden oft mit existenzbedrohenden (inneren oder äußeren) Gefahren<br />
begründet, wie sie zunächst vom Faschismus und vom Nationalsozialismus, nicht zuletzt auch im<br />
Sowjetkommunismus Stalins von den Herrschenden behauptet wurden.<br />
………………………………………………………………… :<br />
Bezeichnet eine Herrschaftsform, bei der die demokratischen Rechte abgeschafft sind und die Macht über Volk und<br />
Staat von einer Einzelperson oder einer Gruppe uneingeschränkt ausgeübt wird. In der Regel berufen sich solche<br />
Regime auf einen äußeren oder inneren Staatsnotstand, der die Etablierung nichtlegitimer Herrschaft rechtfertigen<br />
soll; sie dienen aber nur der (unkontrollierten) Durchsetzung der Interessen und Überzeugungen weniger zu Lasten<br />
und zum Schaden aller. Sie werden hinsichtlich der Dauer, der Anzahl der Herrschenden, des politischen<br />
Hintergrunds, des Ausmaßes der ausgeübten Gewalt, etc. unterschieden.<br />
………………………………………………………………… :<br />
- Ursprünglich aus sozialrevolutionären Zusammenschlüssen entstandene Bewegung, die sich Anfang der 1920er<br />
Jahre in Italien entwickelte. Ihr Symbol, das Rutenbündel (ital.: fascio), bedeutet die Stärke und Überlegenheit des<br />
Bundes gegenüber dem einzelnen. Mit zunehmender Radikalisierung, dem Einsatz von Gewalt und Terror und der<br />
Übernahme des Führerprinzips zielte die Bewegung unter B. Mussolini auf die Übernahme der Macht im Staat und<br />
versuchte auch gegenüber der italienischen Gesellschaft, ihren totalen Machtanspruch geltend zu machen.<br />
- Bezeichnet ein totalitäres Regime.<br />
………………………………………………………………… :<br />
Bezeichnet eine politische Bewegung, die in Deutschland in den Krisenjahren nach dem Ersten Weltkrieg entstand,<br />
1933 die Weimarer Demokratie beendete und eine Diktatur (das sog. Dritte Reich) errichtete. Sie lehnte die<br />
demokratischen Prinzipien grundsätzlich ab und verfolgte extrem nationalistische, antisemitische, rassistische und<br />
imperialistische Ziele. Im Mittelpunkt ihrer "Weltanschauung" stand die Idee des "arischen Herrenvolkes", das sich<br />
aller Mittel zu bedienen hat, um sich "Lebensraum" zu schaffen, andere (angeblich minderwertige) Völker und<br />
Nationen zu unterdrücken und die Welt vom (angeblich einzig Schuldigen, dem) Judentum zu befreien.<br />
Sie etablierte ein Herrschaftssystem, in dem sich autoritäres Führerprinzip (Befehl und Unterwerfung),<br />
hemmungsloser Aktionismus, ein ungeregeltes Nebeneinander von Staat und Partei (NSDAP), planvolle<br />
Kriegswirtschaft und "perfekte Improvisationen" miteinander verbanden und durch eine Kombination von<br />
Überzeugung und Unterdrückung, Mitläufertum und Terror zusammengehalten wurden.<br />
………………………………………………………………… :<br />
- Politische Ordnungsvorstellung bzw. Utopie, die eine Herrschaft von Menschen über Menschen ablehnt und eine<br />
Gesellschaft ohne Autoritäten, staatliche Gewalt, Normen und Gesetze anstrebt, bzw. die uneingeschränkte Freiheit<br />
des Individuums in einer solidarischen Gesellschaft propagiert.<br />
- Zustand der Herrschaftslosigkeit, Gesetzlosigkeit; Chaos in rechtlicher, politischer, wirtschaftlicher,<br />
gesellschaftlicher Hinsicht.<br />
………………………………………………………………… :<br />
Bezeichnet eine ideengeschichtliche Epoche in Europa (17./18. Jahrhundert), in der sich die Vernunft<br />
(Rationalität), ihr richtiger Gebrauch und vernunftbegründete Ordnungen als Maßstab menschlichen Strebens und<br />
wissenschaftlicher Forschung durchsetzten. Politisch-philosophisch begann sich das Ideal des rational handelnden<br />
Subjektes gegen die (auf Tradition und Autorität begründeten) alten Mächte durchzusetzen.
B. DW-REPORTAGE : Die Welle - Ein Schulexperiment und die Folgen (DW-TV, Politik Direkt, 7.04.2008)<br />
B1. Wortschatz<br />
Verbinden Sie jedes Wort mit seinem Synonym oder seinem Gegensatz.<br />
1. der Gruppenzwang 2. wider/stehen (+ Dat.) 3. der Täter 4. der Widerstandskämpfer<br />
5. das Vorbild<br />
6. (wieder) in Ordnung<br />
kommen<br />
7. das Sagen haben 8. harmlos<br />
9. tödlich 10. die individuelle Freiheit 11. anfällig für + Akk. 12. die Leitfigur<br />
13. aus den Fugen geraten 14. die Gruppe anführen 15. der Mitläufer 16. sich frei bewegen<br />
17. das Opfer 18. der Außenseiter<br />
21. im Gleichschritt<br />
marschieren<br />
B2. Inhalt (Gruppenarbeit)<br />
22. verführt werden<br />
sich verführen lassen<br />
(> verführbar sein)<br />
19. widerstandsfähig /<br />
resistent<br />
20. der Konformist<br />
- Handlung des Films « Die Welle » (Dennis Gansel, Deutschland, 2008)<br />
Was erfahren wir in der DW-Reportage (Filmausschnitte + Bericht der Journalistin) über die Filmhandlung ?<br />
- Ausgangspunkt : Verhalten der Schüler, Reaktion des Lehrers, Beginn des Experiments<br />
- Entwicklung : Entstehung einer Diktatur in der Klasse (Parolen, « Übungen », Uniform, Logo,<br />
Zwischenfälle und Ausschreitungen)<br />
- Die Figuren (Rainer Wenger, Lehrer / Karo – Schülerin in Rot / Marco, Karos Freund / andere<br />
Schüler): Wie handeln sie ?<br />
- Ende : Wie endet vermutlich der Film ?<br />
- Meinung der Berliner Schüler, die DW interviewt :<br />
- Schüler 1 :<br />
- Schülerin 1 :<br />
- Schülerin 2:<br />
- Schülerin 3 :<br />
- Schüler 2 :<br />
- Analysen und Standpunkte der interviewten Erwachsenen :<br />
C. Diskussion<br />
- Dennis Gansel, Regisseur des Films :<br />
- Anita Mächler, Geschichtslehrerin :<br />
- Veronika Nahm, vom Anne Frank Zentrum (Berlin) :<br />
- Glauben Sie, dass Jugendliche heutzutage durch ein faschistisches System verführt werden könnten ?<br />
- Könnte eine Diktatur oder eine faschistoide Gesellschaft in einer « westlichen Demokratie » entstehen ?
TRANSKRIPT: Die Welle - Ein Schulexperiment und die Folgen (DW-TV, Politik Direkt, 7.04.2008)<br />
Moderator Udo Bauer :<br />
Ein deutscher Kinofilm sorgt seit seiner Premiere hier für Schlagzeilen und Diskussionsstoff. Es geht darin um das<br />
Wesen der Diktatur und um die Frage, ob jeder Mensch verführt werden kann von einem autoritären System.<br />
« Kann mir nicht passieren », sagen Sie ? Nun, den meisten Teilnehmern an einem entsprechenden Experiment in<br />
Amerika ist es passiert. Sie sind verführt worden, sie wurden langsam aber sicher zu Rädchen in einem<br />
faschistischen System. Der deutsche Film Die Welle dreht sich um genau dieses Experiment, das in den 1960er<br />
Jahren tatsächlich stattgefunden hat. Politik Direkt hat mit Berliner Schülern und mit dem Regisseur gesprochen.<br />
Journalistin Bettina Stehkämper :<br />
Geschichtsunterricht in einem ganz normalen Gymnasium. Thema : Wie entsteht Faschismus ? Die Schüler :<br />
gelangweilt. Die Nazi-Herrschaft : für sie längst Vergangenheit.<br />
(Filmausschnitt)<br />
Lehrer : Autokratie, was ist es ?<br />
Schüler : Rainer, können wir bitte mal was anderes machen ?<br />
Lehrer : Was ?<br />
Jens (Schüler) : Lass uns über die Bush-Regierung sprechen !<br />
Leher : Warte mal … Aber ich finde das gerade interessant. Ihr seid also der Meinung, dass die Diktatur in<br />
Deutschland nicht mehr möglich wäre, ja ?<br />
Jens (Schüler) : Auf keinen Fall ! Jetzt sind wir viel zu aufgeklärt.<br />
Journalistin Bettina Stehkämper :<br />
Der junge Lehrer will den Schülern zeigen, dass auch sie anfällig für faschistoides Denken und Handeln sind. Der<br />
Film Die Welle zeigt ein ungewöhnliches Experiment. Aus Individuen formt der Lehrer eine Klasse im<br />
Gleichschritt.<br />
(Filmausschnitt)<br />
Ein Schüler : Disziplin, Herr Wenger.<br />
Lehrer : Macht durch Disziplin.<br />
Journalistin Bettina Stehkämper :<br />
Die Klasse nennt sich nun « Die Welle ». Ihre Uniform : weiße Hemden. Wer nicht mitmacht, wird zum<br />
Außenseiter. Wichtigste Werte : Gleichheit, Disziplin, Macht als Gruppe. In der Klasse entsteht eine Diktatur.<br />
Regisseur Dennis Gansel :<br />
Ich möchte, dass man versteht, wie das funktioniert. Ich möchte, dass man selber mitverführt wird, weil es ist<br />
immer so einfach zu sagen : « Ah, ich hätte nie mitgemacht, und es wäre überhaupt nicht möglich, und ich bin ja<br />
völlig frei von diesen Sachen ». Und ich glaube, das ist zu … das stimmt einfach nicht.<br />
Journalistin Bettina Stehkämper :<br />
Die Welle schauen wir uns mit Berliner Schülern an. Das Buch hat den meisten gefallen. Der Film, der die<br />
Geschichte in einer fiktiven deutschen Kleinstadt erzählt, beeindruckt die meisten. Keiner der Schüler sagt danach,<br />
dass er sich nicht für verführbar hält.<br />
Schüler 1: Ich war selber Mitläufer und ich kann mir vorstellen, dass es heutzutage sowas immer noch gibt, dass<br />
sich Leute davon einfach von irgendwelch… , von ihren Freunden also beeinflussen lassen und dann so im<br />
Gruppenzwang mit eintreten.<br />
Schülerin 1 :<br />
Na, man hat es ja da gesehen, dass die erst alle gesagt haben, es könnte auf keinen Fall passieren, und am Ende war<br />
es dann doch halt die Wirklichkeit und … ich kann mir das schon vorstellen.<br />
Schülerin 2 :<br />
Also, wenn da ein Mensch ist, der das richtig den beibringt und die dazu überredet, und die vielleicht noch nicht<br />
genug Selbstbewusstsein haben, dann schon.
Journalistin Bettina Stehkämper :<br />
35 Jahre arbeitete Anita Mächler als Geschichtslehrerin an Gymnasien. Sie vermutet, dass sich die Schüler für<br />
anfällig halten, weil sie keine Erfahrung mit Leitfiguren haben.<br />
Anita Mächler (Verband der Geschichtslehrer) :<br />
Wir haben heutzutage kaum noch Vorbilder. Schüler wollen aber Vorbilder, sie wollen Ideale. Wir haben eine<br />
Gesellschaft, in der fast alle, die früher Vorbilder sein konnten, destruiert werden. Also, zu meiner Zeit gab es<br />
einen Albert Schweizer. Ja … Lambarene … Der ging in den Urwald, und der war ein großes Vorbild an<br />
Menschlichkeit. Solche Personen gibt es nicht mehr.<br />
(Filmausschnitt)<br />
Das ist unser Zeichen. Wie eine Welle werden wir die Stadt überrollen.<br />
Journalistin Bettina Stehkämper :<br />
Der Gruppenzwang wird immer stärker. Die jungen Kinobesucher können sich identifizieren, weil sie diesen Druck<br />
auch aus eigener Erfahrung kennen.<br />
Schülerin 3 :<br />
Dieser Gruppenzwang einfach, der da auch jetzt ist an den Schulen, allein schon an den Kleidungen, wer das tollste<br />
Handy hat, die neuesten Klamotten trägt, und allein - denke ich - daran kann man das schon festmachen.<br />
Schüler 2 :<br />
Es gibt ja immer so unter Jugendlichen Gruppen, und da gibt’s immer so ein paar, die ja … so … das Sagen haben<br />
und dann die Gruppe anführen.<br />
Journalistin Bettina Stehkämper :<br />
Im Anne Frank Zentrum beschäftigt man sich schon lange mit den Ursachen des Faschismus. Dass Schüler<br />
nochmals im Gleichschritt marschieren könnten, glauben sie hier nicht.<br />
Veronika Nahm (Anne Frank Zentrum Berlin) :<br />
Heute haben die Jugendlichen viel mehr Auswahl, sie haben auch … sind viel besser informiert, haben viel mehr<br />
Möglichkeiten, (sich) zu informieren, und zum dritten sind sie auch - denke ich - unabhängiger von ihren Eltern.<br />
Sie machen nicht irgendwo mit, nur weil ihre Eltern sagen : « Geh dorthin ! »<br />
Journalistin Bettina Stehkämper :<br />
Solche Bilder soll es also nicht mehr geben. Dennoch, die Schüler können sich vorstellen, zu einer Diktatur<br />
verführt zu werden. Politikverdrossenheit, der Grund.<br />
Anita Mächler (Verband der Geschichtslehrer) :<br />
Sie haben zu wenig positive Beispiele für Funktionieren von Demokratie. Man kann sehr schwer allein durch<br />
Rechtspositionen überzeugen. Man muss durch Glaubwürdigkeit, durch Vormachen, durch Vorbild überzeugen,<br />
und Schüler haben häufig das Gefühl, dass das alles sehr fern von ihnen, aber auch von ihren Eltern abläuft.<br />
Journalistin Bettina Stehkämper :<br />
Das Experiment gerät aus den Fugen. Was scheinbar harmlos begann, endet tödlich. Der Lehrer kann die<br />
Gruppendynamik nicht mehr stoppen.<br />
Die Welle verzichtet auf Pädagogik und Antwort. Das will der Film auch nicht. Aber die jungen Kinobesucher<br />
stellen sich anschließend die Frage, ob sie als Täter, Mitläufer oder Widerstandskämpfer gehandelt hätten.