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1-2013 - Public Security

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3. Jahrgang <strong>2013</strong>, EVP 10,- €


3 Inhaltsverzeichnis / Inserentenverzeichnis<br />

4 Editorial / Impressum<br />

6 Die „Nordische Kooperation“<br />

Fünf Lektionen über Smart Defence<br />

10 Exportieren oder sterben?<br />

Die Verteidigungsindustrie an der Wegscheide<br />

12 Zwischen Verunsicherung und Zuversicht<br />

Eurosatory 2012 mit neuen Waffen, Fahrzeugen,<br />

Technologien und Themen<br />

14 Kompetenzgerangel um die Flughäfen<br />

Die 5. Luftsicherheitstage in Potsdam<br />

16 Lufttransporte in der Humanitären Hilfe - quo vadis?<br />

Effizienzsteigerungen durch neue zivil-militärische<br />

Betreibermöglichkeiten<br />

19 Effektive Sendeleistung für große Entfernung<br />

Thales liefert Squire Radare nach Norwegen<br />

20 Fort Knox der Kommunen<br />

Datenschutz und Datensicherheit im Bereich der<br />

Bürgerservices<br />

24 Gefahr vorm Tor<br />

Sicherheit bei Großveranstaltungen - nicht erst<br />

seit Duisburg 2010 ein Thema<br />

27 Professional Services Company in Bonn für<br />

Defense & Intelligence<br />

Geosecure Informatik GmbH - die jüngste Firmengründung<br />

in der Esri Deutschland Unternehmensgruppe<br />

28 Brennt´s bei der Feuerwehr?<br />

Nachwuchsentwicklung bei den Freiwilligen Feuerwehren<br />

30 Wie Personal und Technik enger zu verzahnen sind<br />

Berliner Fachtagung 2012 Nationale Sicherheit<br />

und Bevölkerungsschutz<br />

6 14 16<br />

20 24 28 30<br />

38 42<br />

46 49 50 58<br />

36 IT-Unterstützung für den Kommissar:<br />

Mit Datenanalyse zu einer sichereren Gesellschaft<br />

38 „Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß“<br />

Jamming: Die Störanfälligkeit des Digitalfunks<br />

wird unterschätzt<br />

41 Open Day<br />

30jähriges Jubiläum des E-3A-Verbands auf der<br />

NATO Air Base Geilenkirchen<br />

42 „Tu Gutes und rede darüber“<br />

Das THW-Informationszentrum in Berlin<br />

45 Innovative Ideen – Neue Projekte<br />

Projekte für Behörden und Organisationen mit<br />

Sicherheitsaufgaben<br />

46 Everybodys Darling<br />

Neue Entwicklungen beim Einsatz von Drohnen,<br />

Teil 2<br />

58 Einstufig hergestellte 3D-Gewebe als Ballistikschutz<br />

RTWH Aachen – neue Materialien und Fertigungsmethoden<br />

für Sicherheitswesten<br />

62 Industrie / Personalia<br />

49 Supplement ENERGIE & ROHSTOFFE<br />

50 Die Lithium-Initiative<br />

Freiberger Wissenschaftler wenden neue Verfahren<br />

zur Lithiumgewinnung aus Salzseen an<br />

55 Erneuerbare Energien in der Systemintegration<br />

Die steep GmbH - Service, Training, Engineering,<br />

Energy, Products<br />

56 Strom aus Wasserkraft mit neuem Konzept<br />

Mobile Kleinstwasserturbine als Treibstoff für<br />

E-Mobility<br />

Inserentenverzeichnis Seite<br />

Air Cargo 17<br />

AM-<strong>Security</strong> 25<br />

BDSW 33<br />

DUCON 23<br />

ESRI U4<br />

GSW-NRW e. V. 58<br />

Intergraph U2<br />

Lifelight 59<br />

Kärcher U3<br />

Rohde & Schwarz 21<br />

Steep 55<br />

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PUBLIC SECURITY mit aktuellen Themen:<br />

Innere und Äußere Sicherheit, Bevölkerungsschutz,<br />

Katastrophenhilfe und<br />

Kritischen Infrastrukturen sowie<br />

Energie & Rohstoffe?<br />

www.public-security.de<br />

PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong> 3


Editorial<br />

Liebe Leser!<br />

Ein Weg, um<br />

beispielsweise<br />

militärische Effizienz<br />

zu steigern,<br />

ist die GemeinsameSicherheits-undVerteidigungspolitik<br />

(ESVP). Die<br />

skandinavischen<br />

Staaten<br />

arbeiten schon<br />

lange bei ihrer<br />

Verteidigung zusammen<br />

und haben<br />

zu realistischen Erwartungen gefunden.<br />

Wenn dies nur von finanziellen Nöten getrieben<br />

wird, ist es kurzsichtig. Einsparungen und Effizienzgewinne<br />

ergeben sich erst mittelfristig über<br />

Legislaturperioden hinaus. Pool-Fähigkeiten, die<br />

Flexibilität und Kostenersparnis dienen, beruhen<br />

allerdings auf dem politischen Willen der<br />

Mitgliedstaaten. Eine seit Jahren in Aussicht gestellte<br />

Europäische Armee - meist aus der Opposition<br />

heraus: Mehr als Lippenbekenntnisse<br />

sind daraus bisher nicht entstanden.<br />

„Macht ist mit dem Privileg verbunden, nicht<br />

lernen zu müssen“, schrieb der große Soziologe<br />

Karl Otto Hondrich. Der Anpassungsdruck<br />

Impressum<br />

Norbert Ziegert (v.i.S.d.P.)<br />

Herausgeber, Redaktion Bonn (zi)<br />

Matthias Köhler<br />

Chef- und Hauptstadtredaktion (kö)<br />

Anke Schmidt<br />

Verantwortl. Redaktion Energie & Rohstoffe (as)<br />

Wolfgang Denkel<br />

Wissenschaftliche Beratung E&R, Marketing (dd)<br />

Hanswilm Rodewald<br />

Freie redaktionelle Mitarbeit (hwr)<br />

Hans-Herbert Schulz<br />

Freie redaktionelle Mitarbeit (hhs)<br />

PUBLIC SECURITY und Energie & Rohstoffe sind<br />

Publikationen von<br />

Ziegert Concept<br />

Telegrafstaße 72, 53842 Troisdorf<br />

Tel.: 0 22 41 – 94 61 88<br />

Fax: 0 22 41 – 40 51 98<br />

E-Mail: verlag@public-security.de<br />

www.public-security.de<br />

4 PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong><br />

Matthias Köhler,<br />

Chefredakteur<br />

Vviele Köche verderben den Brei. Das gilt aber nur dann,<br />

wenn sie alle in derselben Schüssel rühren und sich nicht<br />

für ein mehrgängiges und aufeinander abgestimmtes Menü<br />

koordinieren. Auch in dieser Ausgabe von <strong>Public</strong> <strong>Security</strong> werden<br />

verschiedene Ansätze vertiefter Zusammenarbeit thematisiert.<br />

Fast immer zeigt sich dabei, wie schwer Modelle zu entwickeln<br />

sind, die für alle Beteiligten vorteilhaft sind. Man benötigt Geduld<br />

und mehrere Versuche, bis die Abläufe harmonieren. Deshalb sollte<br />

man im Kleinen beginnen.<br />

steigt aber quer durch alle Bereiche. So wollen<br />

unsere Autoren etwa zeigen, dass es möglich<br />

ist, auch beim Cloud Computing eine vertrauenswürdige<br />

Bewirtschaftung großer Datenmengen<br />

zu gewährleisten. Sie wollen zeigen, dass<br />

nicht für jede (sportliche) Großveranstaltung<br />

Sicherheitskonzepte völlig neu erfunden werden<br />

müssen.<br />

Die Weiterentwicklung der Technik hat Konsequenzen.<br />

Die US-Streitkräfte haben nicht nur<br />

weniger Schiffe als 1916, sondern auch weniger<br />

Pferde und Bajonette. Mit seiner gelungenen<br />

Replik auf Mitt Romneys Vorwurf in der zweiten<br />

TV-Debatte des US-Wahlkampfs brachte Präsident<br />

Obama ein ganzes Jahrhundert in Erinnerung.<br />

Neue, überlegene Fähigkeiten werden regelmäßig<br />

von ethischen Diskussionen begleitet.<br />

Schwer gepanzerte Schwertkämpfer empfanden<br />

es natürlich als unritterlich, wenn ihnen<br />

der Gegner auf einmal mit Schusswaffen gegenübertrat.<br />

Automobile und Flugzeuge wurden zunächst<br />

auch mit Misstrauen betrachtet. So ist es verständlich,<br />

wenn unbemannte Systeme im<br />

Sicherheitsbereich auf Bedenken treffen. Vielfach<br />

werden die landläufig „Drohnen“ genannten<br />

UAS auf gezielte militärische Attacken reduziert.<br />

Das robotische Einsatzspektrum ist<br />

Erscheinungsweise:<br />

4 x jährlich<br />

Einzelbezugspreis: 10,- Euro (inkl. Versand)<br />

Jahresabonnement: 36,- Euro (inkl. Versand)<br />

Druckauflage: 7.000 Expl. (2/2012)<br />

Verbreitete Auflage: 6.802 Expl. (2/2012)<br />

Bildnachweis:<br />

Titelbild/Titelbild E&R: Ziegert-Concept<br />

Andreas Kling, Anke Schmidt, BBK, Beate Coellen, BMVg,<br />

Bundesakademie für Sicherheitspolitik, Bundesamt für Sicherheit<br />

in der Informationstechnik, Bundesministerium<br />

des Innern, Bundespolizei, Bundesverband der Sicherheitswirtschaft<br />

e.V., Bundeswehr, Confederation of European<br />

<strong>Security</strong> Services, Deutsche Universität für Weiterbildung,<br />

Deutscher Bundestag, Deutscher Feuerwehrverband, Dieter<br />

Franke, , Dipl.-Ing. Benedikt Wendland, Dipl.-Ing Ulrich<br />

Skubsch, Dr. Bernhard Schulz , Dr. Gernot Wittling, DRK,<br />

EADS, ESRI, Eurocopter, EUROFORUM Deutschland SE,<br />

weit breiter. Ferngesteuerte oder teilautonome<br />

Helfer werden auch weiterhin vor allem den<br />

zivilen Alltag prägen.<br />

All dies benötigt eine materielle Grundlage.<br />

Nicht nur die seltenen Erden sind rar und schwer<br />

zu gewinnen. Auch Rohstoffe wie Lithium sind<br />

ein knappes und begehrtes Gut. Und für die Energiegewinnung<br />

aus Sonnen- und Wasserkraft<br />

werden immer raffiniertere Methoden entwickelt.<br />

Beispiele dafür finden sich in unserem<br />

Supplement Energie & Rohstoffe.<br />

Europa ist nach wie vor führend in der Entwicklung<br />

von Zukunftsperpsektiven. Es erlebt<br />

freilich eine Krise. Aber die gerade in Südeuropa<br />

gewaltige wirtschaftliche Unsicherheit hat<br />

sich bisher kaum in anderen Lebensbereichen<br />

niedergeschlagen. Das muss nicht so bleiben.<br />

Die europäischen Gesellschaften sollten zeigen,<br />

dass sie zumindest in der Lage sind,<br />

sichere Rahmenbedingungen für eine wirtschaftliche<br />

Erholung zu gewährleisten. In dieser<br />

Ausgabe bieten wir Ihnen keine fertigen Rezepte,<br />

aber vielleicht Hinweise, in welche Richtungen<br />

auch außerhalb Ihres jeweiligen Tätigkeitsbereichs<br />

gedacht wird.<br />

Ihr<br />

FIRMITAS, Green Defense @ KRS GmbH, GSW-NRW e.V.,<br />

IBM, Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen, Ir. Geert<br />

De Clercq, Israel Aerospace Industries (IAI), KMW, Matthias<br />

Köhler, Microdrones, NATO, Norbert Ziegert, Northrop<br />

Grumman, Oliver Arning/BDSW, Parrot, Prof. Dr. rer. nat.<br />

habil. Wolfgang Voigt, Prof. Dr. Volker Schmidtchen, Reinhold<br />

Harnisch, Ryan Mol, SAAB GROUP, Sebastian Hertle,<br />

Smart Hydro Power GmbH, Stadtwerke Bonn, Steep, THW,<br />

TU Bergakademie Freiberg, Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dipl.-Wirt.<br />

Ing. Thomas Gries,<br />

Eine Verwertung der urheberrechtlich geschützten Publikation oder aller<br />

in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen, insbesondere durch<br />

Vervielfältigung oder Verbreitung, ist ohne vorherige schriftliche Zustimmung<br />

von Ziegert Concept unzulässig und strafbar, soweit sich<br />

aus dem Urheberrechtsgesetz nichts anderes ergibt. Insbesondere<br />

ist eine Einspeicherung oder Verarbeitung in Datensystemen ohne Zustimmung<br />

des Verlages unzulässig. Trotz sorgfältiger inhaltlicher Kontrolle<br />

übernehmen wir keine Verantwortung für die Inhalte aller durch<br />

Angabe einer Linkadresse genannten Internetseiten.<br />

Die Gastbeiträge stellen nicht unbedingt die Meinung der Redaktion<br />

dar.


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PUBLIC SECURITY<br />

ist eine Fachzeitschrift,<br />

die sich in<br />

deutscher Sprache<br />

der Berichterstattung<br />

zu politischen,technischen<br />

und anderen<br />

aktuellen<br />

Themen in den Bereichen<br />

Innere und<br />

Äußere Sicherheit, Bevölkerungs-/<br />

Katastrophenschutz, Kritische Infrastrukturen<br />

widmet. Das Supplement<br />

Energie & Rohstoffe beleuchtet die ausreichende<br />

und dauerhafte Versorgung.<br />

PUBLIC SECURITY erscheint mit 4 Ausgaben<br />

pro Jahr und wird per Post im Standardversand<br />

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Die Berechnung erfolgt im ersten Abonnementsjahr<br />

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Herausgeber: Norbert Ziegert • Tel. 0 22 41 PUBLIC - 94 61 88 SECURITY • Fax 0 22 1-2011 41 - 40 51 5 98<br />

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✁<br />


Die „Nordische Ryan Mol<br />

Kooperation“von<br />

Sie beruht auf drei Säulen: Kooperation, Priorisierung<br />

und Spezialisierung. Wenn die Partnerstaaten<br />

Smart Defence als Gelegenheit<br />

wahrnehmen und richtig umsetzen, führt dies zu<br />

einer Transformation der Art und Weise, wie militärische<br />

Fähigkeiten entwickelt, beschafft und<br />

genutzt werden. Smart Defence ist möglich,<br />

aber nur wenn mit den Erwartungen aller Beteiligten<br />

effektiv umgegangen wird.<br />

Die skandinavischen Staaten arbeiten in<br />

der Verteidigungspolitik bereits seit einigen<br />

Jahrzehnten zusammen. Diese Zusammenar-<br />

6 PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong><br />

Fünf Lektionen über Smart Defence<br />

Verringerte Verteidigungsausgaben, zugleich gewachsene Ansprüche an die<br />

Streitkräfte und die Tatsache, dass sich die Vereinigten Staaten zunehmend<br />

nach Asien orientieren, haben die Europäische Verteidigungspolitik in ein<br />

neues Stadium überführt. Auf ihrem Gipfeltreffen vom Mai 2012 in Chicago haben<br />

die Staats- und Regierungschefs der NATO erklärt, dass „Smart Defence“ künftig ihr<br />

Handeln bestimmen werde. Durch die gemeinsame Initiative sollen Fähigkeitslücken<br />

effizienter und kostenbewusster als bislang geschlossen werden.<br />

beit erteilt wichtige Lektionen und zeigt, wie<br />

kompliziert es werden wird, ein Programm zu<br />

Smart Defence umzusetzen. Im Kern handelte<br />

es sich bei der „Nordischen Kooperation“ - der<br />

Zusammenarbeit von Dänemark, Finnland,<br />

Schweden und Norwegen im Verteidigungsbereich<br />

- immer schon um Smart Defence.<br />

Ungeachtet ihrer langjährigen Zusammenarbeit<br />

im Rüstungsbereich und bei internationalen<br />

friedensschaffenden Maßnahmen wurde<br />

diese Kooperation von den skandinavischen<br />

Staaten aber erst 2010 institutionalisiert. Die<br />

vielschichtige Zusammenarbeit firmiert seither<br />

unter der Bezeichnung „Nordic Defence Cooperation“<br />

(NORDEFCO). Auch Island ist daran beteiligt,<br />

obwohl es weder über Streitkräfte noch<br />

Verteidigungsindustrie verfügt. Im Rahmen von<br />

NORDEFCO werden politische Debatten geführt,<br />

die Initiative umfasst gemeinsame Planungen<br />

und koordiniertes Vorgehen. Weitere Felder<br />

möglicher Zusammenarbeit werden untersucht.<br />

Skandinavien kooperiert seit Langem<br />

Die skandinavischen Staaten verfügen über<br />

eine gewachsene Tradition vertrauensvoller Zusammenarbeit.<br />

Nun kooperieren sie in einem<br />

breiten Spektrum, das von der Militärstrategie<br />

und gemeinsamen Übungen über Ausbildung<br />

und Beschaffung bis hin zur Teilnahme an Auslandseinsätzen<br />

reicht, um ihre militärische Lei-


stungsfähigkeit zu erhöhen. Hinsichtlich finanzieller<br />

Aspekte und in puncto Fähigkeiten lassen<br />

sich einige Erfolge verzeichnen. Schwedischen<br />

Angaben zufolge konnten etwa bei der gemeinsamen<br />

Beschaffung des Artilleriesystems AR-<br />

CHER mit Norwegen 40 Millionen Euro über den<br />

gesamten Produktzyklus eingespart werden.<br />

Derartige Erfolge sind durchaus hervorzuheben,<br />

doch nicht alle Kooperationsprojekte versprechen<br />

ähnliche quantifizierbare Vorteile. Die<br />

skandinavischen Erfahrungen lehren also, wie<br />

bedeutsam realistische Erwartungen sind.<br />

Aus den skandinavischen Erfahrungen können<br />

fünf Lehren gezogen werden: Erstens erfordert<br />

eine engere Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich,<br />

dass sie sowohl zur Chefsache<br />

erklärt als auch auf Arbeitsebene eng koordiniert<br />

wird. Zweitens ist die Kunst der langfristigen<br />

Perspektive gefragt - es handelt sich dabei<br />

nicht um ein rasch wirkendes Heilmittel für<br />

Haushaltszwänge. Drittens sollten die Partner<br />

nicht vor heiklen Fragen wie den Auswirkungen<br />

engerer Koordination auf die heimische Verteidigungsindustrie<br />

zurückschrecken. Viertens<br />

sollten die zwischenstaatlichen Institutionen<br />

genutzt werden, ein Klima von Transparenz und<br />

Informationsaustausch zu schaffen, um das gegenseitige<br />

Vertrauen zu fördern. Der wichtigste<br />

Punkt ist vielleicht schließlich, dass die Bereitschaft<br />

zu Souveränitätsverzichten bestehen<br />

muss.<br />

Top-Down und Bottom-Up<br />

Um Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich<br />

von der Ausnahme zur Regel zu machen,<br />

muss man eine übernationale Perspektive einnehmen.<br />

Internationales Denken und Kooperation<br />

bedingen und befördern sich gegenseitig.<br />

Und wenn diese Kooperation wie NORDEFCO<br />

mehrdimensional angelegt ist, wird solches<br />

Denken auf allen Ebenen der Verwaltung unterstützt.<br />

Die skandinavischen Verteidigungsminister<br />

haben eine gemeinschaftliche Erklärung<br />

veröffentlicht. Darin bekräftigen sie ihr Vorhaben,<br />

die Zusammenarbeit in permanente Strukturen<br />

zu überführen und weiter zu entwickeln.<br />

Derart deutliche Signale auf Ministerebene<br />

vermitteln Zuversicht und versetzen den militärischen<br />

Apparat in die Lage, sich um praxisbezogene<br />

Angelegenheiten zum Beispiel im<br />

Fähigkeits-, Ausbildungs- oder Übungsbereich<br />

usw. zu kümmern. In Gesprächen auf Fachebene<br />

können Kooperationsprojekte begleitend auf<br />

ihren konkreten Nutzen hin bewertet werden.<br />

Kooperatives Denken kann sich so mittels gemeinsamer<br />

Waffensysteme, Übungen und<br />

Einsätze auf allen Führungsebenen als normative<br />

Praxis durchsetzen. Norwegen, Schweden<br />

und Finnland sind bereits mit internationalen<br />

Stäben in ihren jeweiligen Führungskommandos<br />

oder Verteidigungsministerien vertreten. Im Zuge<br />

von NORDEFCO wurde außerdem eine Software<br />

für den Informationsaustausch unterhalb<br />

von Verschlusssachen eingeführt. Auch ge-<br />

Norwegen, Finnland und Schweden arbeiten beim Leopard 2 Kampfpanzer in den Bereichen gemeinsamer<br />

Beschaffung von Ersatzteilen, Bildung und Ausbildung, gemeinsamer Wartung und Upgrades<br />

zusammen.<br />

Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen bei der abschließenden Pressekonferenz im Anschluss<br />

an die Sitzungen des NATO-Staats-und Regierungschefs in Chicago<br />

meinsame Standards für die Kostenrechnung<br />

und Richtlinien bei Militäreinsätzen wurden entwickelt.<br />

Eine langfristige Perspektive<br />

Beziehungen von neuer Qualität benötigen<br />

immer Zeit. Die skandinavische Zusammenarbeit<br />

hat über Jahre auf Einzelarrangements basiert,<br />

statt das Große und Ganze in den Blick zu<br />

nehmen: Beispiele sind die Rüstungskooperation<br />

(NORDAC), die Zusammenarbeit bei friedenserhaltenden<br />

Maßnahmen (NORDCAPS) und die<br />

gemeinsame Fähigkeitssteigerung (NORDSUP).<br />

Hauptsächlich sind diese Vereinbarungen ent-<br />

standen, weil sie sachlich geboten waren, ohne<br />

mit politischen Implikationen verbunden zu sein.<br />

Für das nun strategischer angelegte und zielgerichtetere<br />

Projekt NORDEFCO haben sie sich allerdings<br />

als geeigneter Ausgangspunkt und<br />

Wegbereiter erwiesen.<br />

Obwohl sich die Skandinavische Zusammenarbeit<br />

offenbar eher organisch entwickelt<br />

hat, verdeutlicht dieser Entwicklungsprozess<br />

doch, wie nützlich es ist, einen langfristigen Ansatz<br />

zu verfolgen. Im Rahmen von NORDAC, der<br />

Nordic Armaments Cooperation zwischen 1994<br />

und 2009, sind diverse potenzielle Kooperationsfelder<br />

untersucht worden. Mit diesen Unter-<br />

PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong> 7


Verbesserte biologische Verteidigung: Norwegen, Schweden und Filnnland erforschen die Möglichkeiten<br />

für die Zusammenarbeit im Feld der biologischen Aufklärung und Identifikation.<br />

suchungen gelang es, bereits vorhandene Synergien<br />

einzugrenzen und weitere Synergiepotenziale<br />

auszumachen. Als 117 NORDAC-Kooperationsprojekte<br />

evaluiert wurden, stellte<br />

sich heraus, dass etwa die Hälfte fortgesetzt,<br />

ca. ein Drittel dagegen eingestellt wurde. (Resultate<br />

der übrigen Projekte stehen nicht zur<br />

Ver fügung, u.a. weil mit NORDEFCO neue Bewertungsmaßstäbe<br />

angelegt und Projekte restrukturiert<br />

wurden). Die konkreten Einspareffekte<br />

durch diese Projekte können zwar nur<br />

schwer ermittelt werden, gleichwohl haben offiziellen<br />

Angaben zufolge nur 20 Prozent der weiter<br />

verfolgten Initiativen zu eindeutigen Kostensenkungen<br />

geführt.<br />

Wenn man die langfristige Perspektive<br />

berücksichtigt, sind dies aber sehr ermutigende<br />

Ergebnisse, insbesondere im Kontext anderweitiger,<br />

nicht-monetärer Vorteile. Solche Vorteile<br />

sind in der erweiterten Möglichkeit für die<br />

künftige Kooperation zu sehen. Dazu zählen gemeinsame<br />

Übungen und Versuchsreihen ebenso<br />

wie die Verständigung auf multinationale Interessen<br />

und die Harmonisierung des militärischen<br />

Bedarfs. Lehrreiche Einsichten bieten<br />

auch die Gründe, warum Projekte eingestellt<br />

wurden. Deren vorzeitiges Ende schließt eine<br />

künftige Zusammenarbeit nämlich keineswegs<br />

aus. Es ist beispielsweise zeitaufwendig, Beschaffungs-<br />

und Betriebsprozesse aufeinander<br />

abzustimmen. Weitere Gründe, dass Projekte<br />

nicht fortgeführt wurden, lagen darin, dass der<br />

künftige Bedarf nicht klar festgestellt werden<br />

konnte oder in innenpolitischen Widerständen.<br />

Und beim sicheren Umgang mit Sprengstoffen<br />

kamen die skandinavischen Staaten zu der<br />

Überzeugung, dass eine Zusammenarbeit im<br />

NATO-Rahmen praktikabler sei.<br />

8 PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong><br />

Heikle Angelegenheit: Die Verteidigungswirtschaft<br />

Smart Defence hat auch Auswirkungen auf<br />

die Industrie. Die NATO-Mitglieder stimmen offiziell<br />

überein, dass es gilt Doppelstrukturen zu<br />

vermeiden und nach den besten Lösungen zu<br />

den vertretbarsten Kosten Ausschau zu halten.<br />

Dennoch treten immer wieder Spannungen auf,<br />

sobald sich die Politik darum bemüht, vor allem<br />

die heimische Industrie zu unterstützen. Skandinavien<br />

ist hier keine Ausnahme. So empfand<br />

es Schweden als Vertrauensbruch, als sich<br />

Norwegen entschied, den F-35 Joint Strike Fighter<br />

von Lockheed Martin anstelle des schwedischen<br />

Gripen zu beschaffen. Norwegen kann<br />

ökonomisch wahrscheinlich signifikant profitieren,<br />

nachdem ihm Unterstützung bei der Entwicklung<br />

und Integration seiner „Joint Strike<br />

Missile“ (JSM) in die F-35 zugesichert worden<br />

ist. Darüber stellte Norwegen den Ausbau gemeinsamer<br />

Entwicklungen im Rahmen der skandinavischen<br />

Zusammenarbeit zurück. Diese Entscheidung<br />

verkörpert die politischen und wirtschaftlichen<br />

Konflikte, die auftreten, wenn die<br />

„alte“ und die „neue“ Herangehensweise aufeinander<br />

treffen. Derartige Hindernisse stehen<br />

einer intensiveren Zusammenarbeit dennoch<br />

nicht zwingend im Weg. Vielmehr müssen Streitigkeiten<br />

ausgetragen werden, um sie mit den<br />

proklamierten Ansprüchen in Einklang bringen<br />

zu können.<br />

Sowohl Schweden als auch Norwegen verfügen<br />

über eine relevante Verteidigungsindustrie,<br />

während die finnische und dänische bedeutend<br />

kleiner sind. Zusammengenommen<br />

würden diese vier Absatzmärkte den viertgrößten<br />

in der Europäischen Union repräsentieren.<br />

Doch trotz der erheblichen Erfolge in der skan-<br />

dinavischen Zusammenarbeit verbleibt die gemeinsame<br />

Beschaffung insgesamt auf relativ<br />

niedrigem und unausgewogenem Niveau. Zwischen<br />

Schwedens überwiegend privat geführter<br />

Industrie und den zahlreichen staatseigenen Unternehmen<br />

in Norwegen und Finnland bestehen<br />

große Unterschiede. Es gibt wenige Anzeichen,<br />

die eine baldige industrielle Konsolidierung nahelegen.<br />

Andererseits wird die Industrie wohl in<br />

diese Richtung gedrängt werden, je mehr das<br />

politische Ziel einer vertieften Kooperation verfolgt<br />

wird und sich die globalen Gewichte verschieben.<br />

Daher haben die skandinavischen Minister<br />

und Industrievertreter auch damit begonnen, ihre<br />

Zusammenarbeit nicht mehr nur als bloße<br />

Möglichkeit, sondern als Realität der Zukunft zu<br />

begrüßen. Grete Faremo, die ehemalige norwegische<br />

Verteidigungsministerin, hat unter Verweis<br />

auf die zahlreichen neuen Chancen, die<br />

NORDEFCO eröffnet, anerkannt, dass Konsolidierung<br />

durchaus den Verlust von Arbeitsplätzen<br />

bedeuten kann. Jan Pie, der an der Spitze der<br />

schwedischen Sicherheits- und Verteidigungswirtschaft<br />

steht, hat angemerkt, dass sich die<br />

Industrie bereits seit einigen Jahren auf diese<br />

Entwicklungen einstellt. Er bestätigt zudem,<br />

dass die Industrie aus der skandinavischen Zusammenarbeit<br />

außerordentlichen Nutzen ziehen<br />

kann. Allerdings sei sie weiterhin ein „dynamischer<br />

Prozess“ mit „ökonomischen Realitäten“.<br />

Für Führungspersönlichkeiten in Politik,<br />

Militär und Wirtschaft bleibe viel zu tun, den<br />

Prozess voran zu treiben. Regierungen und Wirtschaft<br />

in Skandinavien unterstützen einen intensiveren<br />

Dialog, regelmäßig werden Workshops<br />

und Seminare abgehalten. Mit der ‘Joint<br />

Industry Reference Group’, in der Industrievertreter<br />

aus dem NORDEFCO-Raum zusammenkommen,<br />

besteht Gelegenheit, sowohl gemeinsame<br />

praktische Projekte als auch die weiterführenden<br />

Aussichten zu erörtern. Nur auf diesem<br />

Weg können potenzielle Risiken für die<br />

Unternehmen reduziert und kreative Lösungen<br />

vorangebracht werden.<br />

Vom Wert der Institutionen: Transparenz<br />

und Vertrauen<br />

Eine alte Weisheit für Manager lautet: „You<br />

cannot manage what you don’t measure.“ Die<br />

skandinavischen Staaten stellen Informationen<br />

und Neuigkeiten zu gemeinsamen Projekten auf<br />

ziemlich hohem Niveau zur Verfügung,<br />

hauptsächlich weil Informationen transparent<br />

ausgetauscht, bewertet und veröffentlicht werden<br />

und dieser Prozess institutionalisiert ist.<br />

Durch diese Offenheit, sich auch Details der Zusammenarbeit<br />

mitzuteilen, erlangt der Prozess<br />

eine besondere Intensität. Gegenseitiges Verständnis,<br />

Vertrauen und auch Geduld werden<br />

begünstigt. Alle Beteiligten können klar erkennen,<br />

wo es Fortschritte gegeben hat und wie mit<br />

Unzulänglichkeiten umgegangen wird. Da eine<br />

zentrale Beschaffungsbehörde aber weiterhin


fehlt, sind die einzelnen Ministerien für den Austausch<br />

von finanziellen Kennzahlen verantwortlich.<br />

Die Transparenz könnte noch erhöht werden,<br />

wenn im Rahmen von NORDEFCO ein System<br />

zur Erhebung und Analyse dieser Daten<br />

entwickelt würde. Damit würde der Gesamtnutzen<br />

der Zusammenarbeit veranschaulicht, inner-<br />

und zwischenstaatliche Standards und Orientierungswerte<br />

würden erleichtert.<br />

Sicherheit und Souveränität<br />

Man muss sich außerdem darüber im Klaren<br />

sein, dass international ausgerichtetes Denken<br />

nicht unbedingt eine Gefahr für die nationale<br />

Souveränität darstellt. Die an der skandinavischen<br />

Zusammenarbeit beteiligten Staaten<br />

sind ganz unterschiedlichen Organisationen zugehörig<br />

und verpflichtet. Schweden und Finnland<br />

sind zum Beispiel Mitglieder der EU, nicht<br />

aber der NATO. Norwegen und Island gehören<br />

der NATO dagegen an, nicht aber der EU. Dänemark<br />

ist zwar Mitglied beider Organisationen,<br />

verweigert sich jedoch der Gemeinsamen Sicherheits-<br />

und Verteidigungspolitik (GSVP). Diese<br />

Unterschiede können die Kooperation durchaus<br />

behindern und polarisierend wirken. Die<br />

Strukturen von NORDEFCO gehen mit ihnen allerdings<br />

flexibel um und konzentrieren sich auf<br />

das gemeinsame Ziel, die Sicherheit der Mitgliedsstaaten<br />

zu erhöhen, indem Synergieeffekte<br />

genutzt werden.<br />

Bei NORDEFCO handelt es sich nicht um einen<br />

weiteren Führungsstab, sondern schlicht<br />

um eine Konstruktion, die die Zusammenarbeit<br />

zwischen nationalen Kommandobehörden erleichtert.<br />

Beispielsweise kann ein gemeinsames<br />

Projekt zwar auch gemeinsam untersucht<br />

und vorbereitet werden. Aber alle Entscheidun-<br />

Die Grundidee des NORDEFCO ist, dass Schwedische Heer durch die Zusammenarbeit mit anderen<br />

nordischen Ländern die Einsatzfähigkeit so strukturiert, dass Ressourcen eingespart werden.<br />

Allerdings ist die Zusammenarbeit kein Verteidigungsbündnis. Dennoch haben wir einzigartige Einsatzkräfte<br />

mit national definierter Einsatzfähigkeit. Verlag Framsyn Media haben im Frühjahr 2010<br />

etwa 50 Bilder verwendet, um Ideen über das Konzept zu verdeutlichen.<br />

gen, das Management und Beschaffungen obliegen<br />

alleine den nationalen Behörden. Die Beteiligung<br />

an dem Projekt kann jederzeit beendet<br />

werden. Diese Struktur wirkt der Bürokratie entgegen,<br />

sie erlaubt den Teilnehmern, ganz nach<br />

Belieben alle sich international bietenden Gelegenheiten<br />

zu prüfen.<br />

Um das Potenzial von Smart Defence allmählich<br />

auszuweiten, müssen kontroverse<br />

Punkte behandelt und Effizienzhindernisse beseitigt<br />

werden. Unter diesem Druck, mit gesetzlichen<br />

und bürokratischen Schranken für die<br />

Zusammenarbeit aufzuräumen, haben die Verantwortlichen<br />

beschlossen, dass skandinavische<br />

Kampfjets mittlerweile von ihren jeweiligen<br />

Basen abheben und über den Luftraum hinweg<br />

gemeinsam trainieren können. Eine besondere<br />

Genehmigung ist nicht mehr erforderlich.<br />

Was daraus folgt<br />

Unter den veränderten globalen Rahmenbedingungen<br />

erweist sich Smart Defence als<br />

unausweichlicher Weg, um die Herausforderungen<br />

für die Sicherheit Europas zu meistern.<br />

Dafür bieten zahlreiche Kooperationsansätze -<br />

wie „pooling and sharing“ - die von NATO und Europäischer<br />

Verteidigungsagentur initiiert wurden,<br />

eine solide Basis, auf der aufgebaut werden<br />

kann. Um diesen Rückenwind zu erhalten<br />

und voranzukommen, müssen die Erwartungen<br />

realistisch sein. Niemand kann heute wissen,<br />

welches Entwicklungspotenzial die Zusammenarbeit<br />

im Verteidigungsbereich hat. Doch einmal<br />

eingeführte, flexible und transparente Strukturen<br />

erscheinen als geeigneter Ausgangspunkt<br />

das Zusammenwirken voran zu treiben. Man<br />

kann von den skandinavischen Erfahrungen profitieren,<br />

wenn Strukturen einer wirksamen europäischen<br />

Kooperation beschleunigt errichtet<br />

werden und bestehende Risiken entschärft werden<br />

sollen. Ohne Zweifel sollte die Entwicklungsgeschichte<br />

der skandinavischen Zusammenarbeit<br />

den Rest Europas motivieren. (Übersetzung:<br />

Matthias Köhler) ➛<br />

Der Autor: Ryan Mol, Bachelor-Abschluss<br />

in Internationaler Politik an der Malone University<br />

sowie<br />

einen Master<br />

of Science im<br />

Studiengang<br />

"Violence,<br />

Conflict and<br />

Development"<br />

an der<br />

Universität<br />

von London<br />

(SOAS =<br />

School of Oriental<br />

and African<br />

Studies),<br />

ist ehemaligerAufklärungsoffizier<br />

der US Navy und gegenwärtig<br />

in einem Forschungsprojekt des „Smart<br />

Defence Teams“ bei der stiftung neue verantwortung<br />

in Berlin tätig.<br />

PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong> 9


Die Verteidigungsindustrie<br />

an der<br />

Wegscheide<br />

Die deutsche wehrtechnische Industrie konzentriert<br />

sich vielmehr noch stärker auf Kooperationen<br />

und vor allem den Export. Dabei erhält<br />

sie zunehmend fraktionsübergreifend Unterstützung.<br />

Doch auch Thoma räumt die Bedeutung<br />

ausländischer Märkte ein. Zugleich kritisiert<br />

er Widerstände gegen Sicherheitstechno-<br />

10 PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong><br />

Exportieren<br />

oder sterben?<br />

Ein wenig wie ein Rufer in der Wüste klingt Prof. Dr. Klaus Thoma, wenn er die<br />

Chancen der zivilen Sicherheitswirtschaft hevorhebt. Man habe doch bereits<br />

2002, nach 9/11, „gesehen, dass das Thema Sicherheitstechnik ganz groß<br />

kommen wird“. Thoma ist Vorsitzender des „Fraunhofer-Verbunds Verteidigungs- und<br />

Sicherheitsforschung“. Die enormen Summen, die Berlin und Brüssel Jahr für Jahr<br />

dafür bereitstellen, geben ihm Recht. Allein: Es hapert an der Beschaffung der resultierenden<br />

Produkte. Auf der 9. „Handelsblatt-Konferenz Sicherheitspolitik und<br />

Verteidigungsindustrie“ stieß er denn auch auf taube Ohren. Die Veranstalter hatten<br />

- im Gegensatz zum Vorjahr - erst gar keinen entsprechenden Themenblock vorgesehen.<br />

logie an sich, „ganz speziell die Universitäten“.<br />

Schließlich handle es sich um angewandte Forschung<br />

zum Nutzen der Industrie und der Gesellschaft,<br />

„zur Sicherheit unserer Bürger“. Im<br />

militärischen Bereich sei wiederum der Haushalt<br />

des Bundesverteidigungsministeriums für<br />

den Bereich Forschung und Technologie viel zu<br />

Die Politik solle klarere Bedarfssignale aussenden,<br />

fordert Joachim Hofbauer vom Think-<br />

Tank CSIS. Grundsätzlich erfreue sich die Verteidigungsindustrie<br />

aber immer noch einer robusten<br />

finanziellen Gesundheit.<br />

klein. Das über reichlich Mittel verfügende Bundesforschungsministerium<br />

andererseits scheue<br />

das Thema „wie der Teufel das Weihwasser“, so<br />

der Fraunhofer-Experte.<br />

Freihandel erwünscht<br />

Die allerorten schrumpfenden Verteidigungsbudgets<br />

rücken andere Konsequenzen in<br />

den Blick. Kleinere Armeen bedeuten kleinere<br />

Stückzahlen der Beschaffung und höhere Kosten.<br />

„Wir alleine können in kleinen Stückzahlen<br />

gar nicht mehr bestellen“, so der FDP-Haushaltsexperte<br />

Jürgen Koppelin. Auch der CDU-<br />

Wirtschaftspolitiker Michael Fuchs tritt deshalb<br />

für mehr Exporte ein. „Unsere Diplomaten sollten<br />

nicht alles mit spitzen Fingern anfassen“,<br />

pflichtet ihm der SPD-Verteidigungsexperte Rainer<br />

Arnold bei. Allerdings solle man nach Indien,<br />

Südamerika, Südkorea oder Südafrika „vielleicht<br />

nicht jedes System liefern“. Und wenn an<br />

Ausbildungshilfe wie in Mali gedacht werde, sei<br />

dort „auch eine vernünftige Ausrüstung“ erforderlich.<br />

Eine Änderung der geltenden Praxis<br />

mahnt Arnold jedoch an: Geheime Entscheidungsprozesse<br />

- wie im zuständigen Bundessicherheitsrat<br />

- seien nicht mehr tragfähig. Dabei<br />

bedürfe es politisch gar keines Konsenses, sondern<br />

einer Mehrheit.<br />

Zwei weitere Voraussetzungen für eine erfolgreiche<br />

Exportpolitik gibt Rainer Arnold zu bedenken:<br />

„Kleine und mittlere Unternehmen werden<br />

am globalen Markt nur reüssieren können,<br />

wenn die Bundeswehr Referenzkunde ist.“ Die<br />

Bundeswehr solle auch helfen, Partnern ihre<br />

Produkte zu präsentieren. Und Großvorhaben<br />

hätten nur dann einen ausreichenden Markt,<br />

wenn im Gegenzug auch in den USA beschafft<br />

werde. Von der Alternative, die Industrie zu subventionieren,<br />

hält der CDU-Parlamentarier Fuchs<br />

wenig: „Ohne Wettbewerbsfähigkeit bewirkt<br />

auch ein einmaliger Auftrag nichts.“ Das für Exportgenehmigungen<br />

zuständige Bundesamt für<br />

Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) müsse<br />

aber schneller werden. Dem tritt BAFA-Präsident<br />

Arnold Wallraff entgegen: Ein durchschnittlicher<br />

Antrag werde in ca. 14 Tagen beschieden, da die<br />

Prozesse inzwischen voll elektronisch abliefen.<br />

Die beteiligten Ressorts der Bundesregierung<br />

benötigten freilich teilweise viel Zeit für eine


Entscheidung, räumt Wallraff ein. Auch andere<br />

Vor würfe weist er zurück: „Zwei Prozent der<br />

deutschen Exporte gehen über unsere Bücher.<br />

Die Versagungen liegen im Promillebereich.“ Dabei<br />

würden die Richtlinien selbstverständlich angewendet,<br />

kommentiert Rüdiger Wolf, Staatssekretär<br />

im BMVg, den viel diskutierten „Graubereich<br />

dual use“. Doch die Abgrenzung, was<br />

Rüstungsgüter seien, werde immer schwieriger<br />

werden.<br />

Globale Verschiebungen<br />

Doch wo sind die Märkte und wo steht die<br />

Industrie? Aufschluss über die globalen Rüstungstrends<br />

gibt Joachim Hofbauer von der<br />

„Defense-Industrial Initiatives Group at the Center<br />

for Strategic and International Studies<br />

(CSIS)“. Die europäischen Verteidigungsausgaben<br />

seien seit 2001 um über acht Prozent gesunken,<br />

so Hofbauer. Obwohl das US-Budget<br />

nach rasantem Anstieg seit 2008 tendenziell<br />

wieder sinke, seien die Vorjahre auch für europäische<br />

Firmen interessant gewesen. Für die<br />

Zukunft spornt sie Hofbauer an: „Das US-Marktvolumen<br />

ist immer noch wahnsinnig groß. Es<br />

lohnt sich auf alle Fälle, aber es wird schwieriger<br />

werden.“ Bei weiter sinkenden Ausgaben<br />

komme das Argument „buy american first“ zum<br />

Tragen. Dennoch habe sich das transatlatische<br />

Exportverhältnis von 6:1 auf nur noch 2:1 angenähert.<br />

Es sei weiterhin aber der „bessere<br />

Weg, sich als Subunternehmer US-Firmen anzudienen<br />

- „die kennen die richtigen Gesprächspartner“.<br />

Wachstumsmärkte sieht Joachim Hofbauer<br />

neben dem Nahen und Mittleren Osten, Südamerika<br />

und Australien vor allem in Asien (siehe<br />

Grafik). Seine Zahlen belegen das aber nur bedingt.<br />

Da das EU-Waffenembargo gegen die<br />

Volksrepublik China weiterhin besteht, verzeichnen<br />

lediglich Japan und Indien in den vergangenen<br />

Jahren signifikante Anstiege ihrer Verteidigungsbudgets.<br />

Im Kontext des jeweiligen<br />

Wirtschaftswachstums relativiert sich das jedoch,<br />

räumt Hofbauer ein. Vergleichbar mit Europa<br />

geben auch zahlreiche asiatische Staaten<br />

unter zwei Prozent ihres BIP für Verteidigung<br />

aus. Rüstungskooperationen mit Japan hält der<br />

CSIS-Fachmann für durchaus interessant, „aber<br />

noch sehr verfrüht“. Die japanische wehrtechnische<br />

Industrie bewege sich „immer noch auf<br />

Subsystem-Level“. Um die industrielle Basis in<br />

Europa trotz sinkender Etats zu erhalten, empfiehlt<br />

Hofbauer langfristige Partnerschaften<br />

mit anderen Regionen, die Rolle von „offset-Geschäften<br />

werde künftig zunehmen.<br />

Der Gruß des Kaufmanns<br />

Besonders auffällig sind indes die strukturellen<br />

Unterschiede zwischen der europäischen<br />

und der amerikanischen Branche. US-Unternehmen<br />

seien zunehmend profitabler als europäische<br />

und verfügten über deutlich mehr Liquidität,<br />

so Hofbauer. Einen Grund sieht er in<br />

Große Teile der Handelsblatt-Konferenz wurden von aktuellen sicherheitspolitischen Entwicklungen<br />

wie im Nahen Osten bestimmt. Auch die Berichterstattung kreiste um laufende oder bevorstehende<br />

Auslandseinsätze.<br />

den EU-weit hohen Ausgaben für Forschung und<br />

Entwicklung. In den USA werde dies zu großen<br />

Teilen durch staatliche Subventionen geleistet.<br />

Während europäische Firmen kontinuierlich etwa<br />

sieben Prozent ihres Umsatzes investierten,<br />

seien es in den USA seit 2003 nur noch ca. zwei<br />

Prozent. Gleichwohl schlagen diese geringen<br />

Entwicklungsinvestitionen Joachim Hofbauer zufolge<br />

in den USA mit der sechsfachen Rendite<br />

der europäischen zu Buche. Der Marktwert der<br />

Unternehmen entwickle sich allerdings im<br />

Gleichschritt - und zwar negativ.<br />

Relativ einhellig weisen die Experten auf<br />

der Handelsblatt-Tagung dennoch übertriebene<br />

Klagen der Industrie zurück. Hilmar Linnenkamp,<br />

ehemaliger Vize-Chef der Europäischen<br />

Verteidigungsagentur und jetzt bei der Stiftung<br />

Wissenschaft und Politik, plädiert „ein wenig<br />

für die Entdramatisierung der Knappheit des<br />

Verteidigungshaushaltes“. Auch der FDP-Politiker<br />

Jürgen Koppelin hält den Etat für „sehr auskömmlich“.<br />

Das Geld sei schlecht verplant worden,<br />

räumt der Befehlshaber des Einsatzführungskommandos,<br />

Generalleutnant Rainer<br />

Glatz, ein: „Die mittelfristige Finanzplanung der<br />

Vergangenheit war in Teilen eine Ansammlung<br />

ungedeckter Schecks.“ Eine nachhaltige Finanzierung<br />

macht auch seinem Staatssekretär<br />

Wolf Sorgen. Die demographische Entwicklung<br />

werde sich in Deutschland vor allem hier auswirken.<br />

Der gesellschaftliche Streit werde künftig<br />

nicht um die Ressource Mensch, sondern<br />

um Geld geführt werden, befürchtet Rüdiger<br />

Wolf. (kö) ➛<br />

PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong> 11


Eurosatory 2012<br />

mit neuen Waffen, Fahrzeugen,<br />

Technologien und Themen<br />

Sinkende Verteidigungshaushalte in Europa<br />

und der Umstrukturierung der europäischen<br />

Streitkräfte, davon war auch die Eurosatory<br />

2012 zum Teil betroffen. Bevorstehender Haushaltskürzungen<br />

in den Verteidigungsetats sorgte<br />

für genügend Diskussionsstoff und Verunsicherung<br />

bei den Herstellern. Jedoch stellt hinter<br />

den USA Deutschland mit 123 Ständen das<br />

zweitgrößte Kontingent.<br />

Auf der anderen Seite aber kennt die Rüstungsindustrie<br />

offenbar keine Krise, weltweit<br />

sind die Rüstungsverkäufe gestiegen. 2010<br />

setzten die 100 weltgrößten Rüstungskonzerne<br />

rund 305 Millarden Euro um. Zwar müssen viele<br />

westliche Länder im Bereich Rüstung<br />

12 PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong><br />

schmerzliche Einsparungen vornehmen, dafür<br />

rüsten Staaten wie China und Russland gewaltig<br />

auf: Allein Russland will in den kommenden<br />

Jahren fast 600 Milliarden in die Modernisierung<br />

der Armee investiern. Auch die europäische<br />

Verteidigungsindustrie scheint bestens<br />

gerüstet. Hoffnung hierfür machen die Exportmärkte<br />

im Nahen- und Mittleren Osten, Südamerika<br />

und Asien. Die Etats dieser Käufer bleiben<br />

von Krisen und Kürzungen nahezu unberührt.<br />

In Übersee besitzt die Verteidigung einen<br />

anderen Stellenwert als in Europa. So<br />

nutzten zahlreiche Delegationen aus diesen Teilen<br />

der Welt die Gelegenheit, sich vor Ort über<br />

neueste Technologien zu informieren.<br />

Zwischen<br />

Verunsicherung<br />

und Zuversicht<br />

Die alle zwei Jahre stattfindende Eurosatory war wieder internationaler<br />

Pflichttermin von über 150 Delegationen aus 84 Ländern unter anderem der<br />

Nato, dem US-Verteidigungsministerium und der Europäische Union in Paris<br />

Nord Villepinte vom 11.-15. Juni 2012. Mit 1.432 Ausstellern aus 53 Ländern auf<br />

163.523 qm Ausstellungsfläche und weit über 53.000 internationalen Besuchern<br />

gilt die Messe als Weltforum für Heer- und Luftverteidigung sowie als interessante<br />

Innovationsplattform und spannender Technologiegipfel.<br />

Dass 2012 noch mehr Gewinn mit dem Export<br />

von Wehrtechnik gemacht werden könne,<br />

teilten die USA auf der Messe mit. Laut US-<br />

Außenministerium konnte die US-Verteidigungsindustrie<br />

im laufenden Geschäftsjahr weit<br />

über 50 Milliarden US-Dollar Gewinn verzeichnen,<br />

20 Milliarden US-Dollar mehr, als im Geschäftsjahr<br />

2011. Zu den besten Exportkunden<br />

der USA gehören zurzeit Saudi Arabien und Japan.<br />

Auf der EUROSATORY finden die Rüstungskonzerne<br />

hier bei den Militärs eine exzellente<br />

Zielgruppe.<br />

Cyber-Sicherheit sowie die militärischen<br />

Nutzung des Internets waren die herausragenden<br />

Themen in diesem Jahr. Mit dem Stand der<br />

Technik in Sachen militärischen Übungssimulationen<br />

am Computer (SimDef) befasst sich sogar<br />

ein eigenes Symposium. "Land Operations<br />

Forum" (LOF) ist ein weiterer Schwerpunkt für<br />

Anforderungen, die militärische Einsätze von Bodentruppen<br />

an Ausrüstung, Taktik und Einsatzplanung<br />

stellen. Den schrumpfenden Verteidi-


gungsetats vor allem in Deutschland geschuldet,<br />

ist ein Umdenken der einheimischen Wehrund<br />

Sicherheitsindustrie in Richtung zivile Sicherheit,<br />

Bevölkerungsschutz und Energieprojekte.<br />

Hier konnte man vor allem bei deutschen<br />

Ausstellern einen weiteren Schwerpunkt ausmachen.<br />

Unter dem Motto "mobile solutions"<br />

präsentierte z. B. die Serco GmbH, jetzt steep<br />

GmbH, auf der EUROSATORY neben neuen Produkten,<br />

wie dem LinearSpiegel – eine Weltneuheit<br />

der Solarthermie, ein mobiles Feldlager gemeinsam<br />

mit der Westerwälder Eisenwerk<br />

GmbH und der FHF-GmbH Bremen.<br />

Auf der Liste der Aussteller erscheinen neben<br />

den Großkonzernen wie EADS und Dassault<br />

auch einige Namen aus China, Indien, Pakistan<br />

und Russland auf, selbst das "kleine Libyen"<br />

und Jordanien sind mit einem eigenen Stand<br />

vertreten. Die Ausstellerliste belegt, welche<br />

wirtschaftliche Bedeutung dem Geschäft mit<br />

der "Verteidigung" in vielen Staaten zukommt.<br />

Auch eine Delegation der Gesellschaft der<br />

sicherheits- und wehrtechnischen Wirtschaft in<br />

Nordrhein-Westfalen e. V. (GSW-NRW e. V.) war<br />

auf der EUROSATORY unterwegs und besuchte<br />

dort den großen Gemeinschaftsstand der französischen<br />

Partnerorganisation EDEN. EDEN (European<br />

Defense Economic Network), aus der<br />

französischen Region Rhône-Alpes, 2008 gegründet,<br />

ist der erste Verteidigungs- und Si-<br />

Die Delegation der GSW-NRW e. V. besuchte<br />

auf der EUROSATORY den großen Gemeinschaftsstand<br />

der französischen Partnerorganisation<br />

EDEN (Bild oben links) und wurde von Vice<br />

President Ludovic Ouvry und Project Managerin<br />

Manon Moreau herzlich begrüßt (Bild<br />

unten, v.l.n.r.: Manon Moreau, Hanswilm Rodewald,<br />

Ludovic Ouvry, Hans-Herbert Schulz).<br />

Der Präsident des Wiesbadener AUSA-Chapter,<br />

Eric Lien, mit einem der stellvertretenden<br />

Vorsitzenden der GSW, Dr. Dirk Schönenborn<br />

(Bild oben rechts).<br />

Auch mittelständische Unternehmen, wie<br />

SCHROTH Safety Products aus Arnsberg waren<br />

auf der EUROSATORY 2012 vertreten (Bild links<br />

mitte).<br />

cherheitscluster in Frankreich, und dient der internationalen<br />

Entwicklung von Unternehmen,<br />

insbesondere KMUs aus diesen Bereichen. Die<br />

Delegation, angeführt vom jetztigen GSW-NRW<br />

e. V. Vorsitzenden Brigadegeneral a. D. Hans<br />

Herbert Schulz und Geschäftsführer Oberst a.<br />

D. Hanswilm Rodewald wurde auf dem EDEN-<br />

Cluster-Stand von Jean-Luc Logel, Präsident und<br />

CEO von EDEN CENTRALP Automation sowie<br />

von Manon Moreau, Project Managerin, herzlich<br />

begrüßt. EDENs Vice President Ludovic Ouvry<br />

konnte bei einem ausgedehnten Rundgang über<br />

den großen Gemeinschaftsstand von EDEN die<br />

umfangreiche Palette und Leistungsfähigkeit<br />

der französischen Verteidigungsindustrie vorstellen.<br />

EDEN wird gemeinsam mit der GSW-<br />

NRW e. V. einen Gemeinschaftsstand auf der<br />

Berlin <strong>Security</strong> Conference 2012 (27. bis 28 November<br />

2012) stellen.<br />

Danach nahm die GSW-Delegation eine<br />

Einladung des Präsidenten des Wiesbadener<br />

AUSA-Chapter (AUSA = Association of the US<br />

Army), Eric Lien, auf dem Gemeinschaftsstand<br />

der USA wahr. Begrüßt wurden sie von Generalleutnant<br />

a. D. Theodore G. Stroup, der über<br />

die Beziehungen zwischen AUSA, dem Institut<br />

für Landkriegsordnung und der US-Regierung<br />

referierte. Stroup lud deutsche Firmen ein, mit<br />

der AUSA-Veteranen-Vertretung zusammen zu<br />

arbeiten, da sich bei einer Kooperation einfache<br />

und somit erfolgreichere Wege für einen<br />

Markteinstieg in den USA ergäben. Ebenso<br />

könnte die Teilnahme von KMUs auf der AUSA-<br />

Military-Messe vom 22. bis 24. Oktober 2012<br />

in Washington zusammen mit der GSW-NRW e.<br />

V. ermöglicht werden, wenn sich genügend<br />

Partner fänden. (zi/hwr) ➛<br />

PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong> 13


Kompetenzgerangel<br />

um die Flughäfen<br />

Die 5. Luftsicherheitstage in Potsdam<br />

In ihrer Tour d'Horizon über „Luftsicherheit aus der Perspektive der Politik“ kommt<br />

Kirsten Lühmann gleich mehrmals auf die mangelhafte Zusammenarbeit der<br />

zuständigen Bundesministerien zu sprechen. Die Thesen der Innen- und Verkehrsexpertin<br />

der SPD sind natürlich auch eine „Sicht der Opposition“. Doch auch<br />

Wolfgang Waschulewski, Präsident des Bundesverbands der Sicherheitswirtschaft<br />

(BDSW), beklagt das „Kompetenzgerangel“, das von der EU über Bund und Länder<br />

bis hin zu den Kommunen bestehe.<br />

Beim aktuellen Thema der Transferfrachtkontrolle<br />

verlangt die EU eine sichere Lieferkette<br />

über mehrere Länder und Stationen hinweg. Luftfrachtversender<br />

müssen sich zertifizieren oder<br />

strikt kontrollieren lassen. Für solche Zulassungsfragen<br />

ist das Luftfahrt-Bundesamt - also<br />

das Bundesverkehrsministerium zuständig. Die<br />

Ende April <strong>2013</strong> endende Frist wurde von den Unternehmen<br />

offenbar lange ignoriert. Trotz stark<br />

divergierender Zahlen über den tatsächlichen Bedarf<br />

hinken die Zulassungen den Erfordernissen<br />

jedenfalls deutlich hinterher. An den eigentlichen<br />

Kontrollen beteiligt sind durch den Zoll sowohl<br />

das Bundesfinanzministerium als auch das Bundesinnenministerium<br />

durch die Bundespolizei.<br />

„Die beiden reden nicht miteinander“, befindet<br />

die Abgeordnete Kirsten Lühmann.<br />

Kirsten Lühmann (MdB, SPD) beschäftigt<br />

sich mit vielen Aspekten von Luftsicherheit. Dazu<br />

gehören auch kontaminierte Kabinenluft,<br />

Lenk- und Ruhezeiten für Piloten und der Zielkonflikt<br />

zwischen Sicherheit und der Reduzierung<br />

von Fluglärm.<br />

14 PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong><br />

„Wenn keiner fliegt, dann ist jedenfalls der<br />

Luftverkehr sicher!“, so Dr. Steffen Richter (r.,<br />

hier mit Waldemar Marks, dem Vorsitzenden<br />

des Fachausschusses Aviation des BDSW). Der<br />

Experte aus dem Bundespolizeipräsidium fordert<br />

seit Jahren intelligentere Lösungen für<br />

Mensch und Technik.


Und alle Fragen offen...<br />

Bisher konnten Unternehmen sich durch eine<br />

Selbstverpflichtung den Status eines „Bekannten<br />

Versenders“ verleihen. Die gelernte Polizistin<br />

Lühmann findet das „zum Haare sträuben“.<br />

Da aber immer noch nicht über die Höhe<br />

der Gebühren für die Zertifizierung entschieden<br />

ist, wird sie momentan umsonst vergeben -<br />

möglicherweise eine Wettbewerbsverzerrung.<br />

Schließlich ist auch strittig, welche Kontrollmethoden<br />

überhaupt erlaubt und ausreichend<br />

sind. Neben dem Röntgen kommen Sprengstoffdetektionsgeräte<br />

(Sniffer) und die bloße Sichtkontrolle<br />

infrage - doch jeweils nicht alleine.<br />

Je nach Größe und Art der Fracht bestehen<br />

Schwierigkeiten. So ist ein verpacktes Kraftfahrzeug<br />

kaum zu röntgen und die Sichtkontrolle<br />

für Kirsten Lühmann hier ein Placebo. Man<br />

werde „wohl kaum eine Bombe blinkend auf<br />

dem Dach“ vorfinden, amüsiert sie sich. Über<br />

den Einsatz von Spürhunden besteht noch keine<br />

Einigkeit. Es gibt ohnehin zu wenige und sie<br />

müssen nach kurzer Zeit abgelöst werden.<br />

Sicherheitsrisiko Luftfracht<br />

Die gescheiterten Anschlagsversuche der<br />

vergangenen Jahre- u.a. mit präpaierten Sprengstoff-“Druckern“<br />

aus dem Jemen - haben all<br />

diese gravierenden Lücken offengelegt.<br />

Während Passagiere und deren Gepäck akribisch<br />

durchleuchtet werden, ist dasbei der Luftfracht<br />

auch jetzt noch allenfalls stichprobenartig<br />

machbar. Zwar wurden 2012 schon etwa<br />

100.000 Frachtstücke kontrolliert, aber nur an<br />

den Flughäfen Köln/Bonn, Leipzig und Frankfurt/M.<br />

Die Hälfte der Luftfracht wird außerdem<br />

in Passagiermaschinen transportiert. Als erstaunlich<br />

erscheint daher, dass Terrorgruppen<br />

erst seit relativ kurzer Zeit versuchen, solche<br />

Schwachstellen auszunutzen. Eine Novellierung<br />

des Luftsicherheitsgesetzes ist wegen der Bundestagswahl<br />

nicht vor dem Frühjahr 2014 zu erwarten.<br />

Kein Fortschritt bei Arbeitszeiten<br />

Dies gilt freilich für die meisten politischen<br />

Vorhaben. Dennoch verzeichnet die vom Branchenverband<br />

BDSW und der Bundespolizei ausgerichtete<br />

Fachtagung <strong>2013</strong> eine Rekordteilnahme<br />

- innerhalb und außerhalb des Potsdamer<br />

Kongresshotels. Überlagert werden die<br />

Luftsicherheitstage von den gleichzeitigen<br />

Streiks des Kontrollpersonals an den Flughäfen.<br />

Zahlreiche Luftsicherheitsassistenten folgen<br />

dem Aufruf der Gewerkschaft ver.di und demonstrieren<br />

lautstark vor dem Gebäude für<br />

höhere Stundenlöhne und geregelte Arbeitszeiten.<br />

Gefordert wird ein Stundenlohn von 14,50<br />

Euro, für BDSW-Hauptgeschäftsführer Dr. Harald<br />

Olschok „völlig unrealistische Lohnforderungen<br />

von 30 Prozent und mehr“.<br />

Das strukturelle Problem der Kontrollen<br />

wird von den Arbeitgebervertretern seit Jahren<br />

eingeräumt und selbst kritisiert: Morgens und<br />

Deutlich wurde bei den Luftsicherheitstagen, dass Kosten und Nutzen von Privatisierungen in<br />

diesem Bereich wieder intensiver diskutiert werden.<br />

Angestellte privater Dienstleister sind in vielen Bereichen tätig. Die Kongresshostessen werden<br />

in Potsdam regelmäßig von den Branchengrößen gestellt.<br />

abends werden doppelt so viele Mitarbeiter<br />

benötigt wie im Tagesverlauf. Festgelegt wird<br />

der Bedarf von der Bundespolizei. In der Folge<br />

gebe es „mehr Pausen als bezahlte Arbeitszeit“,<br />

so BDSW-Präsident Waschulewski. Der<br />

Verband hat deshalb eine Tarifgemeinschaft mit<br />

anderen gegründet, die für ein garantiertes Monatsvolumen<br />

von 160 Stunden eintritt.<br />

Schon jetzt fällt es den Sicherheitsdienstleistern<br />

gerade in prosperierenden Regionen<br />

schwer, geignetes Personal zu gewinnen und zu<br />

halten: „Die geforderte Sicherheit kann nicht von<br />

Hausfrauen, Rentnern und Studenten geleistet<br />

werden“, so Waschulewski. Doch bei den Verhandlungen<br />

mit dem Bundesinnenministerium<br />

seien bislang kaum Fortschritte erzielt worden.<br />

Die DPolG schwenkt zurück<br />

Rainer Wendt, der Vorsitzende der Deutschen<br />

Polizeigewerkschaft (DPolG), korrigiert<br />

daher seine Position der vergangenen Jahre.<br />

Die Sicherheit an Flughäfen solle wieder in<br />

staatliche Hand gegeben werden. 2012 hatte<br />

die Gewerkschaft noch auf ein neues Reservoir<br />

an Mitgliedern bei den privaten Dienstleistern<br />

spekuliert. Diese Strategie war in der DPolG<br />

aber immer umstritten gewesen. Wendt plädiert<br />

nun für einen staatseigenen Betrieb oder Beschäftigte,<br />

die dem öffentlichen Dienst angehören.<br />

Eng wird es an den Flughäfen ohnehin. Ungeachtet<br />

wirtschaftlicher Krisen erwarten verschiedene<br />

Prognosen, dass der Luftverkehr bis<br />

2030 auch weiterhin stark ansteigt. Das ist mit<br />

der demografischen Entwicklung und der Konkurrenz<br />

um Mitarbeiter schwer vereinbar. Auch<br />

die derzeitige Auslegung der Infrastruktur wäre<br />

völlig unterdimensioniert, nicht nur bei Flugbahnen,<br />

sondern auch bei Kontrollstellen oder<br />

Frachtabfertigung. Angesichts dessen und der<br />

Streiks ändern die Veranstalter denn auch das<br />

Thema ihrer Podiumsdiskussion. Es lautet nun:<br />

„Wieviel ist uns die Sicherheit im Luftverkehr<br />

wert?“(kö) ➛<br />

PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong> 15


von Andreas Kling<br />

In den vergangenen Jahren lässt sich vielfach eine verstärkte Beachtung des<br />

Forschungsfeldes Humanitäre Logistik feststellen. Dieser Anstieg manifestiert<br />

sich international unter anderem in der Einrichtung eines Studiengangs Humanitäre<br />

Logistik an der Universität der italienischen Schweiz in Lugano als auch an der<br />

Gründung des englischsprachigen „Journal of Humanitarian Logistics and Supply<br />

Chain Management“. In Deutschland widmet sich zum Beispiel Maximilian Mueller<br />

vom Brandenburger Institut für Gesellschaft und Sicherheit (BIGS) dem Einsatz von<br />

Flugzeugen in der Humanitären Hilfe. In zwei Studien zeigt Mueller die Möglichkeiten<br />

neuer zivil-militärischer Betreibermodelle auf.<br />

Basis dafür sind seine Beobachtungen,<br />

dass trotz aller Bemühungen in internationalen<br />

Katastrophen immer wieder Defizite in der Hilfsgüterlogistik<br />

zum Vorschein kommen. Betroffene<br />

Katastrophengebiete werden über Zeiträume<br />

von Wochen nicht oder nicht ausreichend ver-<br />

16 PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong><br />

Lufttransporte<br />

in der<br />

Humanitären Hilfe -<br />

quo vadis?<br />

Effizienzsteigerungen durch<br />

neue zivil-militärische<br />

Betreibermöglichkeiten.<br />

sorgt, weil Mittel noch nicht freigegeben sind,<br />

die Katastrophenregion nicht erreicht werden<br />

kann oder der Zugang zur Region nicht sicher<br />

ist. Ein allgemein gültiges, sofort abrufbares<br />

Transportkonzept für die Luftfracht, das klar die<br />

Kompetenzen zuweist, die Mittelzuweisung und<br />

den Organisationsablauf regelt, gibt es bislang<br />

nicht.<br />

Als Ergebnisse seiner Forschungstätigkeit<br />

hinsichtlich der Realisierung und Finanzierungbarkeit<br />

von Lufttransporten in der Humanitären<br />

Hilfe entstanden die beiden Studien, die auf<br />

über 20 verschiedenen Expertengesprächen mit<br />

Vertretern von Hilfsorganisationen, Streitkräften<br />

und kommerziellen Anbietern sowie entsprechenden<br />

Literaturanalysen basieren. Im<br />

Rahmen der ersten Studie wurde untersucht,<br />

wie geeignete Lufttransportkapazitäten für Katastrophenfälle<br />

bereitgestellt werden können<br />

und wie sich die Interessenlage der verschiedenen<br />

Akteure (Hilfsorganisationen, Staat und


Gegenwärtig sind noch veraltete Flugzeugtypen wie die Transall C 160 im Einsatz. Der Erstflug<br />

des Transporters erfolgte 1963. (Bild oben)<br />

Die Serienproduktion des neuen Airbus A400M hat - reichlich verspätet - mittlerweile begonnen.<br />

Entscheidend für Einsätze gerade in Katastrophengebieten ist die Start- und Landefähigkeit<br />

auch auf sehr rudimentären Pisten.“<br />

Der Autor: Andreas Kling ist Diplom-Kaufmann<br />

und Master in Humanitarian Assistance.<br />

Nach Einsätzen während des Bürgerkriegs<br />

in Bosnien als Logistiker in der<br />

Katastrophen-Hilfe<br />

und als Wahlbeobachter<br />

für das Auswärtige<br />

Amt absolvierte<br />

er den AufbaustudiengangHumanitäre<br />

Hilfe an den<br />

Universitäten Bochum<br />

und Oxford.<br />

Danach arbeitete er<br />

in verschiedenen<br />

Positionen im Bereich<br />

der Auslandsarbeit<br />

für Krisen- und<br />

Katastrophengebiete. Einsatzländer waren<br />

bisher u.a. Kroatien, Bosnien, Kosovo, Sudan<br />

und Afghanistan. Seit 2010 ist er<br />

selbstständiger Berater für Business Continuity<br />

Management und Bevölkerungsschutz.<br />

Seine Arbeitsschwerpunkte sind Logistik,<br />

Krisenstabsarbeit sowie temporäre<br />

Infrastrukturen im Katastrophenfall. Zudem<br />

hält er an der Ruhr-Universität-Bochum Vorlesungen<br />

zu „Logistik in Krisengebieten“.<br />

18 PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong><br />

Politik, private Transportunternehmen und letztendlich<br />

auch die Bevölkerung als Spender und<br />

Steuerzahler) darstellt.<br />

Optimierungsansätze<br />

Im Fokus stand dabei eine Bereitstellungsvariante,<br />

die quantitative und auch qualitative<br />

Vorteile gegenüber dem Status quo verspricht.<br />

In der Folgestudie zeigt der Autor auf, wie Lufttransportkapazitäten<br />

für Katastrophenfälle optimal<br />

bereitgestellt werden können und damit<br />

die Organisation von Hilfsgütertransporten effizient<br />

und effektiver gestaltet werden kann. Der<br />

Schwerpunkt der Betrachtung liegt auf der Beschreibung<br />

der deutschen Akteure, wenngleich<br />

auch der Ordnungsrahmen auf europäischer<br />

Ebene erklärt wird und potenzielle Betreibermodelle<br />

auf europäischer Ebene entwickelt<br />

werden. Auch bei der Beschreibung von bereits<br />

existierenden öffentlich-privaten Partnerschaften<br />

geht der Blick über die Landesgrenzen hinaus<br />

zur Civil Reserve Air Fleet der US-Airforce<br />

oder auch zum britischen FSTA-(Tanker)Programm<br />

der Royal Air Force.<br />

Die beiden Studien von Maximilian Mueller<br />

zeigen sehr gut den Ordnungsrahmen und den<br />

Ist-Zustand für die Bereitstellung von Lufttransportkapazitäten<br />

auf, geben Spezifikationen für<br />

geeignete Transportflugzeuge vor und prüfen<br />

verschiedene Bereitstellungsvarianten und Organisationsmodelle.<br />

Dabei limitiert die Notwendigkeit<br />

von Flugzeugtypen mit einer Roll-on-Rolloff-Fähigkeit<br />

(Laderampe) und der Fähigkeit von<br />

kurzen Pisten starten und landen zu können, die<br />

Auswahl der zur Verfügung stehenden Flugzeugtypen<br />

für ein Betreibermodell sehr stark. So<br />

beschränkt sich die Prüfung im Endeffekt auf einen<br />

direkten Vergleich zwischen der Iljuschin IL-<br />

76 und dem Airbus 400M mit annähernd vergleichbaren<br />

Nutzlasten und Reichweite.<br />

Konzentration auf den Airbus 400M<br />

Diese Konzentration auf die IL-76 und ihr europäisches<br />

Vergleichsprodukt, den Airbus<br />

400M, der zukünftig von mehreren europäischen<br />

Streitkräften eingesetzt werden soll und<br />

die veralteten Flugzeugtypen Transall C-160 und<br />

Hercules C-130 ersetzen wird, ergibt sich aus<br />

der Festlegung auf den A 400M und einer möglichen<br />

Beteiligung der Luftwaffe an einem Betreibermodell.<br />

Insgesamt werden vier verschiedene<br />

Organisationsmodelle für die Organisation<br />

gemeinsam genutzter Lufttransportkapaziäten<br />

beschrieben. Zwei der Modelle sehen eine aktive<br />

Beteiligung der öffentlichen Hand in den Bereichen<br />

Finanzierung und Betrieb durch die Luftwaffe<br />

vor, während die anderen beiden Modelle<br />

sich auf private Geldgeber und Betreiber stützen.<br />

Leider fehlen für den Bereich der Humanitären<br />

Logistik vielfach belastbare Zahlen, was<br />

die Kosten für Hilfseinsätze allgemein, aber<br />

auch die tatsächlichen Logistikkosten betrifft.<br />

Man behilft sich oft mit groben Schätzungen, die<br />

aber als Basis für eine Modellierung kaum geeignet<br />

sind. Dazu kommt noch, dass sich humanitäre<br />

Katastrophen, was Eintreten, Ausmaß<br />

und Ort angeht, selten „planen lassen“, so<br />

dass auch Vorhaltekosten, und jedes Betreibermodell<br />

ist letztendlich ein Vorhaltemodell,<br />

auch nur sehr schlecht planbar oder kalkulierbar<br />

sind. Es lässt sich daher nur wünschen, dass<br />

die angesprochenen neuen Forschungsaktivitäten<br />

Erkenntnisse und eine gute Zahlenbasis für<br />

die Optimierung von Lufttransporten für Katastropheneinsätze<br />

hervorbringen. Denn letztendlich<br />

tragen gut koordinierte und effizient gestaltete<br />

Hilfseinsätze dazu bei, Menschenleben<br />

zu retten und Leid zu lindern. ➛<br />

Literaturhinweise:<br />

* Brandenburger Institut für Gesellschaft<br />

und Sicherheit, Maximilian Mueller: Die<br />

Bereitstellung von Lufttransportkapazitäten<br />

im Katastrophenfall (Nummer 1 /<br />

November 2010)<br />

Brandenburger Institut für Gesellschaft<br />

und Sicherheit, Maximilian Mueller: Organisationsmodelle<br />

gemeinsam genutzter<br />

Lufttransportkapazitäten für die internationale<br />

Katastrophenhilfe (Nummer 3 /<br />

September 2011)


Effektive<br />

Sendeleistung für<br />

große Entfernung<br />

Thales und Vinhøg AS, eine norwegische Niederlassung von Rheinmetall Defence, haben<br />

einen Vertrag über die Lieferung von 44 Squire Radaren zur Gefechtsfeld-Überwachung für<br />

den Einsatz bei den norwegischen Streitkräften unterzeich¬net. Die ersten zehn Systeme<br />

werden im zweiten Halbjahr <strong>2013</strong> geliefert; die letzte Lieferung ist für Anfang 2017 geplant.<br />

Die norwegischen Streitkräfte erhalten eine<br />

modernisierte Version von Squire, die eine neue<br />

Prozessorplatine enthält, die es ermöglicht, eine<br />

Vielzahl neuer Funktionen in das System zu<br />

integrieren. Der Kunde hat Squire für verschiedene<br />

Einsatzbereiche ausgewählt. Die Mehrzahl<br />

dieser Radare wird an Vingtaqs II, einem Fernüberwachungs-,<br />

Beobachtungs- und Aufklärungssystem<br />

für lange Distanzen, montiert,<br />

welches auf gepanzerten Fahrzeugen zum Einsatz<br />

kommt.<br />

Peter Obermark, CEO von Thales Deutschland<br />

ist stolz auf diesen Vertrag: „Mit unseren<br />

Radaren BOR-A, Squire und GO12 ist Thales der<br />

weltweit erfolgreichste Lieferant für Radare zur<br />

Gefechtsfeld-Überwachung. Mit diesem Vertrag<br />

Thales liefert Squire Radare nach<br />

Norwegen<br />

hat Thales über 400 Squire verkauft, die im niederländischen<br />

Hengelo hergestellt werden und<br />

über 300 BOR-A. Bodenüberwachungsradare<br />

von Thales sind auf der ganzen Welt im Einsatz.“<br />

Über Squire<br />

Squire ist ein tragbares Bodenüberwachungsradar<br />

für mittlere Reichweiten, das bewegliche<br />

Ziele auf oder nahe über dem Boden<br />

in Entfernungen bis zu 48 km aufspüren und<br />

klassifizieren kann. Squire besteht aus kompakten<br />

Komponenten, die im Rucksack transportiert<br />

werden. Squire ist leicht, kompakt und<br />

gestattet aufgrund der eingesetzten FMCW-<br />

Technologie (Frequency Modulate Continous<br />

Wave) eine sehr geringe Sendeleistung, gepaart<br />

Peter Obermark, CEO von Thales Deutschland<br />

ist stolz auf diesen Vertrag mit Vinhøg AS<br />

mit einer sehr geringen Wahrscheinlichkeit,<br />

selbst aufgeklärt zu werden. Mit nur einem Watt<br />

Sendeleistung kann Squire Personen in 10 km<br />

Entfernung aufspüren. Die geringe Sendeleistung<br />

macht das System praktisch unauffindbar.<br />

Squire verfügt über eine Einrichtung zur<br />

automatischen Klassifizierung von Personen,<br />

Kettenfahrzeugen, Radfahrzeugen und Hubschraubern.<br />

Die eingesetzte Solid State-Technologie<br />

bürgt für hohe Zuverlässigkeit und geringe<br />

Lebenslaufkosten. ➛<br />

PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong> 19


Fort Knox der<br />

Kommunen<br />

von Reinhold Harnisch<br />

Der Bürgerservice in den Kommunalverwaltungen besteht aus einer Vielzahl von<br />

Komponenten. Allein im Bereich Finanzwesen kommen die unterschiedlichsten<br />

Fachverfahren zum Einsatz: Das zentrale Buchungsverfahren, Vorverfahren für<br />

die Erhebung von Kindergartenbeiträgen, Musikschulgebühren, Steuern oder auch<br />

Nutzungsentgelte, um hier nur einige zu nennen. Im Bereich Sicherheit und Ordnung<br />

werden das Meldewesen, das Ausländerwesen, die Verkehrsüberwachung, Wahlen<br />

und das Standesamt technisch unterstützt. Im Bereich Schulen gibt es verschiedene<br />

Verfahren für die Verwaltung der Schülerdaten sowie Software, die in der<br />

Schulverwaltung genutzt wird. Es gibt Applikationen für die Sozial- und Jugendämter,<br />

für die Bau- und Liegenschaftsverwaltung und auch für die Personalverwaltung und<br />

die Ratsarbeit.<br />

In den meisten Kommunen werden die Aufgaben,<br />

die mit dem Einsatz einer derart großen<br />

Zahl von unterschiedlichen Fachanwendungen<br />

einhergehen, nicht im eigenen Hause wahrgenommen.<br />

Hier wird sich eines IT-Dienstleisters<br />

bedient, der sich auf diese Bereiche spezialisiert<br />

hat. So werden zum Bespiel Schulungen,<br />

technische Dienste und Programmprüfungen<br />

zentral von kommunalen Rechenzentren angeboten.<br />

Auch die Servertechnik, Speichersysteme<br />

und die Netzwerktechnik werden zentral zur<br />

Verfügung gestellt. Der Vorteil dieser Vorge-<br />

20 PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong><br />

Datenschutz und Datensicherheit<br />

im Bereich der Bürgerservices<br />

hensweise liegt auf der Hand: Sowohl fachliches<br />

Know-how als auch technische Hardware<br />

können optimal genutzt werden mit der Konsequenz,<br />

dass sich der entstehende Aufwand für<br />

jede einzelne Kommune auf niedrigstem Niveau<br />

bewegt.<br />

Risiken beim Cloud Computing<br />

Aber wo Licht ist, ist auch Schatten: Dadurch,<br />

dass die Rechenzentren eine immense<br />

Datenmenge speichern, sind sie auch bevorzugte<br />

Ziele von Hackern, Online-Betrügern, Spio-<br />

Laut Reinhold Harnisch „sollte über den Aufbau<br />

eines föderalen verwaltungsinternen Warnund<br />

Informationsdienstes nachgedacht werden.<br />

Ein solcher Dienst wäre für die IT-Sicherheit von<br />

immenser Bedeutung.“<br />

nen und Saboteuren. Diese treiben einen erheblichen<br />

Aufwand, um an die begehrten personenbezogenen<br />

Informationen zu kommen,<br />

über die die Kommunalverwaltungen in großer<br />

Zahl verfügen. Je sensibler die Information ist,<br />

desto wertvoller ist sie auch für Angreifer.<br />

Am sichtbarsten werden die Probleme, die<br />

durch große Datensammlungen entstehen,<br />

beim Megathema Cloud-Computing: Hier ist<br />

zwischen <strong>Public</strong> Clouds und Private Clouds zu<br />

unterscheiden. <strong>Public</strong> Clouds, die sowohl für privatrechtlich<br />

organisierte Unternehmen als auch<br />

für private Nutzer angeboten werden, haben aktuell<br />

ihre Standorte unter anderem in den USA,<br />

Hong Kong, Singapur, und Irland. Diese Standorte<br />

weisen darauf hin, dass die unterschiedlichsten<br />

Regelungen zu Datenschutz und Datensicherheit<br />

bestehen können, über die der


Nutzer in den seltensten Fällen informiert wird.<br />

Keine der <strong>Public</strong> Clouds unterliegt den strengen<br />

deutschen gesetzlichen Anforderungen an Datenschutz<br />

und Datensicherheit. Thilo Weichert,<br />

Leiter des Unabhängigen Landeszentrums für<br />

Datenschutz (ULD) Schleswig Holstein, geht sogar<br />

so weit, zu sagen: „Wer heute in einer <strong>Public</strong><br />

Cloud Personendaten verarbeitet, handelt<br />

regelmäßig unverantwortlich und rechtswidrig.“<br />

Nun ist aber auch die Nutzung eines Rechenzentrums<br />

nichts anderes als Cloud-Computing.<br />

Genau genommen haben die kommunalen<br />

Rechenzentren das Cloud-Computing „erfunden“.<br />

Im Gegensatz zur <strong>Public</strong> Cloud wissen<br />

die Nutzer der verschiedenen Rechenzentren<br />

genau, wo sich ihre Daten tatsächlich befinden.<br />

Zudem können sie sich darauf verlassen, dass<br />

die gesetzlichen Regelungen des Bundes- und<br />

der Landesdatenschutzgesetze eingehalten<br />

werden.<br />

Zertifizieren lassen<br />

Das Kommunale Rechenzentrum Minden-<br />

Ravensberg/Lippe (krz) mit Sitz in Lemgo (siehe<br />

Info) geht sogar noch einen Schritt weiter: Es<br />

lässt sich von unabhängiger Stelle in Bezug auf<br />

Datenschutz und Datensicherheit überprüfen.<br />

Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik<br />

(BSI) bestätigt dem krz in jährlich<br />

wiederkehrenden Audits, dass es durch den Einsatz<br />

modernster technischer und ausgefeilter<br />

organisatorischer Maßnahmen das Optimum an<br />

„Nach Eugen Kaspersky sprechen die meisten Schadprogramme chinesisch“, so Harnisch. Der<br />

russische Experte Kaspersky ist seit über 20 Jahren im Virenschutz tätig.<br />

Sicherheit für die Daten seiner Kunden und Eigentümer<br />

gewährleistet. Das BSI-Zertifikat nach<br />

ISO 27001 auf Basis von IT-Grundschutz besteht<br />

seit dem 01.04.2007 ununterbrochen.<br />

Sowohl Verbands- als auch Vertragskunden<br />

des krz betrachten das Zertifikat und damit die<br />

Erfüllung der sicherheitstechnischen Standards<br />

„ihres Rechenzentrums“ als selbstverständlich.<br />

Datensicherheit ist allerdings kein Zustand sondern<br />

ein sich ständig weiterentwickelnder Pro-<br />

zess. So, wie sich die Motivation der Angreifer<br />

vom Spieltrieb über wirtschaftliche und politische<br />

Interessen zu Frust und Rache entwickelt<br />

hat, schreitet auch die Entwicklung geeigneter<br />

Abwehrsysteme stetig voran, wobei sich die Abwehrsysteme<br />

nicht nur auf die reinen IT-Komponenten<br />

beschränken. Auch die Organisation,<br />

die räumliche Infrastruktur und die Betriebsabläufe<br />

kommen immer wieder auf den Prüfstand.<br />

Nicht zuletzt erfahren Arbeitsplätze ein Upgrade


und das Personal wird in regelmäßigen Abständen<br />

geschult und sensibilisiert.<br />

Mobile Devices als Einfallstor<br />

Im Hinblick auf die rasche Etablierung der<br />

Mobile Devices und der damit verbundenen Öffnung<br />

eines neuen Einfallstores für Angreifer, ist<br />

ebenso schnelles wie konsequentes Handeln in<br />

Bezug auf die IT-Sicherheit absolut unumgänglich.<br />

Wer nur reagiert, agiert schon zu spät.<br />

Nach Eugen Kaspersky sprechen die meisten<br />

Schadprogramme chinesisch. Vielleicht ist<br />

dies der Grund dafür, dass China im großen Stil<br />

die Entnetzung seiner IT betreibt. Dort wird dieser<br />

Rückschritt als Fortschritt propagiert und<br />

zielstrebig umgesetzt. Für die Bundesrepublik<br />

Deutschland ist diese Vorgehensweise keine Alternative.<br />

In geheimen Arbeitskreisen sollen<br />

stattdessen Möglichkeiten ausgelotet werden,<br />

wie die Kontrolle über die wichtigsten IT-Komponenten<br />

zurückgewonnen werden kann. Derzeit<br />

entstehen diese Komponenten, wie Betriebssysteme,<br />

Internet-Router und Computerchips<br />

überwiegend im Ausland.<br />

Kommunale Ebene unterrepräsentiert<br />

Darüber hinaus richtet das BSI eine eigene<br />

Abteilung ein, die sich speziell mit der Abwehr<br />

von Cyber-Angriffen beschäftigen soll; der Bund<br />

baut Kompetenzzentren für IT-Sicherheit in<br />

Saarbrücken, Darmstadt und Karlsruhe auf und<br />

stellt 30 Millionen Euro für Forschung im Bereich<br />

der IT-Sicherheit zur Verfügung; das Land<br />

Nordrhein Westfalen hat im Landeskriminalamt<br />

ein Cybercrime-Kompetenzzentrum mit 100 Mitarbeitern<br />

etabliert; im privaten Sektor, der drei<br />

Viertel der Kritischen Infrastrukturen beinhaltet,<br />

wurde eine Task-Force „IT-Sicherheit in der<br />

Wirtschaft“ eingerichtet. Alles in Allem engagieren<br />

sich öffentliche und nichtöffentliche Stellen<br />

sehr für Datenschutz und Datensicherheit<br />

im Bereich der Bundesrepublik Deutschland.<br />

22 PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong><br />

Personendaten in Hong Kong oder Singapur? <strong>Public</strong> Cloud Computing werde bisher weltweit nur an<br />

wenigen Standorten mit ganz unterschiedlichem Niveau bei Datenschutz und -sicherheit angeboten,<br />

sagt VITAKO-Vorstand Harnisch und empfiehlt Alternativen.<br />

Und wie wirken sich diese Anstrengungen<br />

nun auf die Kommunen und die Sicherheit der<br />

Bürgerdaten aus? Zunächst einmal gar nicht.<br />

Die kommunale Ebene ist an der Umsetzung von<br />

Maßnahmen gegen Cyber-Kriminalität nur insoweit<br />

vertreten, als ihre Städtetage und der Städte-<br />

und Gemeindebund gehört werden. Handlungsempfehlungen,<br />

die auf Bundesebene beschlossen<br />

wurden und dementsprechend vorwiegend<br />

den Belangen der Bundesbehörden<br />

Rechnung tragen, werden 1:1 an die Kommu-<br />

nalverwaltungen weitergegeben und dann mit<br />

der Umsetzung allein gelassen.<br />

Initiativen der VITAKO<br />

In dieser Situation haben die Kommunalverwaltungen,<br />

vertreten durch ihre kommunalen<br />

Rechenzentren, zur Selbsthilfe gegriffen: Die<br />

Bundesgemeinschaft der kommunalen IT-<br />

Dienstleister (VITAKO) hat eine Facharbeitsgruppe<br />

„IT-Sicherheit und Datenschutz“ ins Leben<br />

gerufen. Diese Arbeitsgruppe, die bereits<br />

Zahlen, Daten, Fakten<br />

Das Kommunale Rechenzentrum Minden-Ravensberg/ Lippe (krz) in Lemgo wurde 1971 gegründet<br />

und ist somit seit über 40 Jahren der Informatik-Dienstleister der hiesigen Kommunen.<br />

Einführung und Wartung klassischer Kommunalanwendungen sowie professioneller Rechenzentrumsbetrieb<br />

bilden die traditionellen Schwerpunkte. Durch die sich immer rasanter verändernde<br />

IT-Landschaft und die zunehmende Kundenorientierung des krz steht heutzutage verstärkt die Erbringung<br />

von Dienstleistungen im Vordergrund.<br />

Um diesen Ansprüchen gerecht zu werden, hält das krz für seine Kunden ein reichhaltiges Angebot<br />

an Software-Applikationen (Verfahren), Netz- und PC-Hardware und Dienstleistungen (Beratung,<br />

Schulung, Installation, Wartung und Support) bereit. Das krz ist bekannt für einen ausgeprägten<br />

Datenschutz sowie eine höchstmögliche Datensicherheit. Das krz ist der erste kommunale<br />

Service-Provider in Deutschland, der durch das BSI zertifiziert und in diesem Jahr bereits<br />

zum zweiten Mal rezertifiziert wurde. Über 200 hochmotivierte und durch ständige Weiterbildung<br />

qualifizierte Mitarbeiter - von der Verwaltungsfachkraft bis hin zum „Technik-Freak“ - sind Garant<br />

für die Umsetzung der Unternehmensziele.<br />

In den Verwaltungen des Verbandsgebietes selber werden derzeit ca. 7.000 PC-Arbeitsplätze<br />

mit ca. 10.000 Endgeräten durch das KRZ unterstützt. Der Servicedienst und die Hotline sorgen<br />

für eine Datenverfügbarkeit von nahezu 100 Prozent. Zugriffe auf die Datenbestände sind durch<br />

die Kunden ganzjährig und „rund um die Uhr“ möglich. Das schätzen auch viele weitere Verwaltungen,<br />

die sich der Dienste des krz bedienen. Bereits heute werden rund 30 Prozent aller Einwohner<br />

in NRW durch Kommunen betreut, die komplett oder in Teilbereichen Verfahren einsetzen,<br />

die vom krz bereitgestellt werden.<br />

Rechtsform: Das krz ist eine Körperschaft des Öffentlichen Rechts in der Form eines kommunalen<br />

Zweckverbandes. Der Sitz ist in Lemgo. Die Träger des Zweckverbandes sind die drei<br />

Kreise Minden-Lübbecke, Herford und Lippe sowie 34 Städte und Gemeinden aus diesen Kreisgebieten.<br />

Die Organe des Zweckverbandes sind die Verbandsversammlung, der Verwaltungsrat<br />

und der Verbandsvorsteher.


seit einigen Jahren tätig ist, hat unter anderem<br />

einen generellen Fahrplan für die Einführung eines<br />

Informationsmanagementsystems (ISMS)<br />

nach BSI-Standard erarbeitet. Darüber hinaus<br />

tauschen sich Vertreter der Rechenzentren regelmäßig<br />

aus, um das Beratungsangebot für ihre<br />

jeweiligen angeschlossenen Kommunen optimieren<br />

zu können.<br />

Das krz bietet sogar ein Basis-Workshop-<br />

Paket IT-Grundschutz an. Dieses Angebot richtet<br />

sich an Kommunen, die den Einstieg in ein<br />

rechtssicheres Informations-Sicherheits-Management-System<br />

suchen. Die Facharbeitsgruppe<br />

der VITAKO ist überzeugt: Das Vorgehen nach<br />

BSI-Grundschutz ist der richtige Weg für ein<br />

Mindestsicherheitsniveau. Daneben sollte über<br />

den Aufbau eines föderalen verwaltungsinternen<br />

Warn- und Informationsdienstes nachgedacht<br />

werden. Ein solcher Dienst wäre für die IT-<br />

Sicherheit von immenser Bedeutung. Eine Zertifizierung<br />

nach ISO 27001 auf Basis von IT-<br />

Grundschutz, wie sie das krz erreicht hat, stellt<br />

somit für Rechenzentren ein wichtiges Qualitätsmerkmal<br />

dar. Darüber hinaus kann diese<br />

Zertifizierung ausschlaggebend sein für die Lizenz<br />

zum Betrieb eines eID-Servers. Dieser ist<br />

nötig um die Identifikationsfunktion des neuen<br />

Personalausweises, zum Beispiel in einem Portal,<br />

nutzen zu können.<br />

Eine Kommune, die ihre Bürger wertschätzt,<br />

sorgt für eine sichere Datenhaltung. Eine öko-<br />

nomische Datenhaltung findet vorzugsweise in<br />

einem kommunalen Rechenzentrum statt. Eine<br />

sichere und ökonomische Datenhaltung ist<br />

Der Autor: Reinhold Harnisch ist Dipl.-Verwaltungs-Betriebswirt<br />

(VWA). Nach Abschluss<br />

seines Studiums setzte sich der gebürtige<br />

Paderborner und gelernte Kaufmann besonders<br />

für die Themen IT, Organisation und<br />

Neue Steuerungsmodelle ein: Zunächst in<br />

verschiedenen Behörden des Landes Nordrhein-Westfalen<br />

und zuletzt bis 2000 in der<br />

Kommunalaufsicht bei der Bezirksregierung<br />

in Detmold.<br />

Mit Beginn des Milleniums ist Reinhold Harnisch<br />

beim Kommunalen Rechenzentrum<br />

Minden-Ravensberg/Lippe (krz) in Lemgo<br />

tätig. Der Aufgabe als Abteilungsleiter Marketing<br />

und Vertrieb folgte im April 2001 die Bestellung<br />

zum Geschäftsführer des krz, dem<br />

Informatik-Dienstleister der drei Kreise Lippe,<br />

Herford und Minden-Lübbecke und deren 34<br />

Städte und Gemeinden. Der Name Reinhold<br />

Harnisch ist mit der kommunalen IT in<br />

Deutschland durch die Mitbegründung von VI-<br />

TAKO, der Bundes-Arbeitsgemeinschaft der<br />

Kommunalen IT-Dienstleister e. V., eng verbunden,<br />

dessen stellvertretender Vorsitzender<br />

er seit 2011 ist. Darüber hinaus unterstehen<br />

unterschiedliche IT-Facharbeitsgruppen<br />

mit den Schwerpunkten IT-Sicherheit, e-Government<br />

und interkommunaler Kooperation<br />

seiner Leitung.<br />

dann gegeben, wenn das Rechenzentrum ein<br />

Zertifikat nach ISO 27001 auf Basis von IT-<br />

Grundschutz besitzt. ➛<br />

Ehrenamtlich<br />

nimmt er die<br />

Aufgaben des<br />

stellvertretendenAufsichtsratsvorsitzenden<br />

der ProVI-<br />

TAKO sowie einen<br />

Sitz im<br />

Beirat von D-<br />

NRW wahr.<br />

Personalentwicklung<br />

im<br />

kommunalen<br />

Umfeld unter<br />

Berücksichtigung<br />

der demographischen Entwicklung und<br />

Breitbandprojekte insbesondere im ländlichen<br />

Bereich sind aktuelle Projektthemen<br />

seiner Arbeit.<br />

Er unterrichtete als Dozent in den Bereichen<br />

Informatik, Betriebswirtschaft, Controlling,<br />

NKF und Verwaltungsmodernisierung an verschiedenen<br />

Fortbildungsakademien und Landesinstituten<br />

sowie im kommunalen Sektor.<br />

Reinhold Harnisch ist Mitglied im Institut für<br />

Verwaltungswissenschaft e. V. in Gelsenkirchen,<br />

bei ISPRAT und im Innovators- Club des<br />

Deutschen Städte- und Gemeindebundes.


Sicherheit<br />

bei Großveranstaltungen -<br />

nicht erst seit<br />

Duisburg 2010 ein Thema<br />

Von Beate Coellen<br />

und Dieter Franke,<br />

BBK<br />

Das Unglück bei der Loveparade 2010 in Duisburg hat eine bis heute anhaltende<br />

öffentliche Diskussion über die Sicherheit bei Großveranstaltungen ausgelöst.<br />

Ob das Oktoberfest auf der Münchener Theresienwiese, die Silvesterparty<br />

am Brandenburger Tor oder die traditionsreiche Kirmes „Pützchens Markt“<br />

in der Bundesstadt Bonn, viele, auch weniger bekannte Veranstaltungen wurden mit<br />

strengeren Sicherheitsauflagen neu konzipiert. Was jahrelang problemlos funktionierte,<br />

musste vor dem Hintergrund von 21 Toten und über 500 Verletzten den<br />

Stresstest bestehen. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe<br />

(BBK) hat die Risiken, die mit Großveranstaltungen verbunden sein können, schon<br />

früh in den Blick genommen. Die zur Fußballweltmeisterschaft (WM) 2006 in<br />

Deutschland entwickelten Sicherheitskonzepte sind ein Exportschlager: Denn die<br />

Gastgeberländer der Europameisterschaft (EURO) 2008 in der Schweiz und Österreich,<br />

der WM 2010 in Südafrika, der EURO 2012 in Polen und der Ukraine und<br />

auch der WM 2014 in Brasilien baten Deutschland in Puncto Sicherheit bei<br />

Großveranstaltungen um Unterstützung und Erfahrungsaustausch.<br />

24 PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong><br />

Gefahr<br />

vorm Tor<br />

Bei der WM 2006 in Deutschland waren,<br />

wie es von der Fédération Internationale de<br />

Football Association (FIFA) als Ausrichter verlangt<br />

wird, seitens der Bundesregierung umfangreiche<br />

Regierungsgarantien auch für den<br />

Bereich Sicherheit gegeben worden. Grund genug<br />

für das BBK, mit verschiedenen Aktivitäten<br />

diese Zusagen zu unterstützen.<br />

Eines der Ziele war die Schaffung einheitlicher<br />

Standards in allen Austragungsstädten.<br />

Dies galt für die Relation zwischen Zuschauern<br />

in den Stadien und Einsatzkräften im Umfeld<br />

ebenso wie für den Umfang und den Bereitschaftsstand<br />

der Reservekräfte. Auch die Frage<br />

der Reaktionsfähigkeit und -strategie auf einen


möglichen Einsatz von radiologischen, biologischen<br />

oder chemischen Stoffen wurde abgestimmt.<br />

So entstand u. a. ein Konzept zur Dekontamination<br />

verletzter Personen. Die Schwierigkeiten,<br />

die die Einsatzkräfte von Feuerwehr<br />

und Rettungs-/Sanitätsdienst gerade bei dieser<br />

Arbeit zu bewältigen haben, sind bekannt. Lange<br />

schon waren Möglichkeiten diskutiert worden.<br />

Die bevorstehende Weltmeisterschaft gab<br />

schließlich den Anstoß, von einer Arbeitsgruppe<br />

einen Vorgehensentwurf erarbeiten zu lassen,<br />

der die Zustimmung der Beteiligten fand.<br />

An der Akademie für Krisenmanagement,<br />

Notfallplanung und Zivilschutz (AKNZ) des BBK<br />

wurden die Voraussetzungen für ein einheitliches<br />

Krisenmanagement auf administrativer als<br />

auch operativer Seite geschaffen. Die Verwaltungs-<br />

und Führungsstäbe der WM-Städte wurden<br />

geschult, die Oberbürgermeister und die für<br />

die Öffentlichkeitsarbeit Zuständigen absolvierten<br />

ein speziell auf die möglichen Anforderungen<br />

einer internationalen Großveranstaltung zugeschnittenes<br />

Training. Nicht zuletzt hatten der<br />

Bund und die Länder mit ihren Kreisen und Gemeinden<br />

Gelegenheit, in der länderübergreifenden<br />

strategischen Krisenmanagementübung<br />

LÜKEX 2006 Gedachtes und Gelerntes in simulierter<br />

Praxis zu testen.<br />

Die Quintessenz aus diesem umfangreichen<br />

WM-Vorbereitungspakt des BBK ist, dass<br />

Großveranstaltungen jeweils unter ihren ganz<br />

spezifischen Randbedingungen hinsichtlich ih-<br />

rer Risiken analysiert werden müssen. Neben<br />

den Besuchern und dem Veranstaltungsort<br />

gehören u. a. das Umfeld, die politische Bedeutung,<br />

die Art der Veranstaltung und zunehmend<br />

wichtig das Wetter dazu. Die Loveparade<br />

hatte als Techno-Festival beispielsweise eine<br />

eher geringe politische Bedeutung. Anders verhält<br />

es sich bei dem Beispiel Fußballweltmeisterschaft.<br />

Stadien, die alle zwei Wochen dem<br />

Ansturm der Bundesligafans gewachsen sind,<br />

sind verkehrsmäßig darauf eingerichtet. Das internationale<br />

Ereignis mit Live-Berichterstattung<br />

quasi rund um die Uhr muss aber sehr wohl in<br />

einem anderen Licht gesehen werden. Die mediale<br />

Attraktivität könnte Anlass für terroristische<br />

Anschläge sein.<br />

Die Akribie, mit der sich das BBK der Vorbereitung<br />

auf die WM 2006 angenommen hat,<br />

wurde international registriert. Anlässlich der<br />

nachfolgenden Fußballgroßereignisse (EURO<br />

2008, WM 2010, EURO 2012) erreichten<br />

Deutschland Bitten um Erfahrungsaustausch<br />

und Unterstützung. Insbesondere Südafrika<br />

zeigte sich sehr interessiert. Verschiedene Aktivitäten<br />

von Informationsveranstaltungen bis<br />

zu Planübungen wurden in Kooperation mit der<br />

Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren<br />

(AGBF) vor Ort durchgeführt. Mit Verantwortlichen<br />

der brasilianischen Austragungsorte<br />

der WM 2014 ist im Herbst 2012 an der<br />

AKNZ ein Workshop geplant. Im Mittelpunkt<br />

steht dabei die Weitergabe der Erfahrungen in<br />

der Planung und Durchführung der Turniere. Hier<br />

kann inzwischen der Plural gesetzt werden, da<br />

die Unterstützungen in den verschiedenen Ländern<br />

natürlich auch zu einem Erfahrungsrückfluss<br />

in die Arbeit des BBK geführt haben.<br />

Unterstützung bei Erfahrenen suchen<br />

Als eine Konsequenz aus den Aktivitäten<br />

rund um die Fußballmeisterschaften ergab sich<br />

die Frage nach den Standards bei anderen<br />

Großveranstaltungen. Im BBK wurde zum 1. Januar<br />

2012 die Arbeitsgruppe „Bevölkerungsschutzrelevante<br />

Aspekte von Großveranstaltungen“<br />

(AG BAG) eingerichtet, die sich unabhängig<br />

von Sportgroßveranstaltungen mit dieser Frage<br />

beschäftigt und zur Harmonisierung und Standardisierung<br />

der bevölkerungsschutzrelevanten<br />

Strukturen von Großveranstaltungen im Verbund<br />

mit den betroffenen Institutionen beitragen soll.<br />

Ein Schritt dazu ist die Bestandsaufnahme der<br />

nationalen und internationalen Forschungsvorhaben<br />

zum Thema Großveranstaltungen. Unter<br />

verschiedenen Zielsetzungen laufen derzeit wissenschaftliche<br />

Projekte. So werden Möglichkeiten<br />

zur Entfluchtung von Gebäuden, zur Stauprognose<br />

bei einem hohen Aufkommen an Menschen<br />

oder zur Analyse von Informationen in sozialen<br />

Netzwerken untersucht.<br />

Zu einem ersten Symposium trafen sich bereits<br />

im Herbst 2011 rund 100 Personen, die in<br />

unterschiedlichen Funktionen mit Großveranstaltungen<br />

befasst sind. Veranstalter waren<br />

PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong> 25


Die Ausbildung der Einsatzkräfte muss um die speziellen psychologischen Aspekte von Großveranstaltungen,<br />

von Demonstrationen bis zu Rockkonzerten, ergänzt werden.<br />

Sicherheit bei Großveranstaltungen ist so deutlich in die Schlagzeilen gekommen, dass kein Veranstalter<br />

und keine Genehmigungsbehörde mehr ohne fundierte Risikoanalyse und Sicherheitskonzept<br />

Veranstaltungen ab einer bestimmten Größenordnung durchführen kann. Sicherheit kostet<br />

Geld und muss letztendlich über die Eintrittspreise bezahlt werden.<br />

ebenso vertreten wie Mitarbeiter aus Genehmigungsbehörden,<br />

Einsatzleiter von Feuerwehr<br />

und Polizei ebenso wie Wissenschaftler. Neben<br />

Veranstaltern, die eher nebenbei eine Großveranstaltung<br />

zum Beispiel anlässlich eines Vereinsjubiläums<br />

stemmen wollen, zeichnet sich eine<br />

zunehmende Professionalität bei den Veranstaltern<br />

ab, die dies zu ihrem Beruf gemacht haben.<br />

Ausbildung im Veranstaltungsmanagement<br />

gab es schon länger; Studiengänge, die speziell<br />

darauf ausgerichtet sind, etablieren sich, teils<br />

nach internationalem Vorbild, zunehmend. Auf<br />

der anderen Seite zeigte das Symposium die<br />

Probleme beispielsweise von Verwaltungsmitarbeitern,<br />

die zum ersten Mal einen Genehmigungsantrag<br />

für eine Großveranstaltung bewerten<br />

und bescheiden sollen. Kleinere Gemeinden<br />

und Städte stoßen da schnell an ihre Grenzen.<br />

26 PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong><br />

In den Foren der Veranstaltung, die sich mit Risikomanagement,<br />

mit Führung/Leitung/Koordination,<br />

mit Ausbildung und mit Krisenkommuni-<br />

Die Autoren:<br />

Beate Coellen, ist Referatsleiterin<br />

für Gesundheitlichen Bevölkerungsschutz<br />

und Leiterin der<br />

AG BAG (Bevölkerungsschutzrelevante<br />

Aspekte von Großveranstaltungen)<br />

im BBK.<br />

Dieter Franke, ist Lehrbereichsleiter<br />

für Strategische Führungsausbildung,Notfallvorsorge/-planung<br />

an der Akademie für Krisenmanagement,<br />

Notfallplanung<br />

und Zivilschutz (AKNZ) und stellvertretender<br />

Leiter der AG BAG<br />

im BBK.<br />

kation befassten, stand die Frage nach dem<br />

Wie immer wieder im Zentrum: Wie beurteilt<br />

man das Risiko einer Veranstaltung? Wie misst<br />

man den Bedarf an Einsatzkräften? Wie regelt<br />

man die Zusammenarbeit der zu beteiligenden<br />

öffentlichen und privaten Stellen?<br />

Über Sicherheit als Werbeeffekt<br />

nachdenken<br />

Die aufgeworfenen Fragen weisen deutlich<br />

auf das Fehlen von Leitfäden hin, die eine Richtschnur<br />

geben könnten. Diese beginnt bei der Definition<br />

der Veranstaltungsarten, geht über das<br />

Baurecht und die weiteren landesrechtlichen Regelungen<br />

zur öffentlichen Sicherheit und Ordnung,<br />

muss die polizeilichen Aufgaben berücksichtigen<br />

und Umweltauflagen zur Lärmemission<br />

und zum Landschaftsschutz. Zu entwickeln sind<br />

auch neue bzw. fortgeschriebene Algorithmen<br />

zur Kalkulation des personellen und materiellen<br />

Bedarfs. Die Ausbildung der Einsatzkräfte muss<br />

um die speziellen psychologischen Aspekte von<br />

Großveranstaltungen, von Demonstrationen bis<br />

zu Rockkonzerten, ergänzt werden.<br />

Sicherheit bei Großveranstaltungen ist - das<br />

bleibt als nachhaltiger Ausfluss des tragischen<br />

Duisburger Loveparade-Sonntags festzuhalten -<br />

so deutlich in die Schlagzeilen gekommen, dass<br />

sich kein Veranstalter und keine Genehmigungsbehörde<br />

mehr hinter dem Artikel 3 des<br />

Kölschen Grundgesetzes „Et hät noch emmer<br />

joot jejange“ verstecken kann. Eine fundierte Risikoanalyse<br />

und ein sich daraus stringent ableitendes<br />

Sicherheitskonzept sind verpflichtend.<br />

Es gibt nur wenige kommunale Verwaltungen,<br />

die Erfahrungen haben mit dem Genehmigungsverfahren<br />

von Großveranstaltungen. Wer<br />

eine solche Aufgabe zum ersten Mal auf seinen<br />

Schreibtisch bekommt, sollte keine Scheu haben<br />

und dort nachfragen, wo er Rat bekommen<br />

kann. Auch wenn die Spezifika der Veranstaltungen<br />

unterschiedlich sind, so lassen sich die<br />

Strukturen für den administrativen Ablauf doch<br />

übertragen.<br />

Sicherheit kostet Geld und muss letztendlich<br />

über die Eintrittspreise bezahlt werden.<br />

Statt über hohe Auflagen zu klagen, wäre es vielleicht<br />

einmal nachdenkenswert, über Sicherheit<br />

als Werbeeffekt nachdenken. ➛


Professional Services<br />

Company in Bonn für<br />

Defense & Intelligence<br />

Geosecure Informatik GmbH - die jüngste Firmengründung<br />

in der Esri Deutschland Unternehmensgruppe<br />

Am bekannten Esri Standort Bonn ist<br />

eine zusätzliche Geschäftsstelle entstanden.<br />

In dem ehemaligen Botschaftsgebäude<br />

ist neben der Esri Deutschland<br />

Niederlassung Bonn für Behörden und<br />

Organisationen mit Sicherheitsaufgaben<br />

(BOS) auch die Geosecure Informatik GmbH<br />

untergebracht.<br />

Die Geosecure Informatik GmbH ist das<br />

neueste Mitglied in der Esri Unternehmensgruppe<br />

und ergänzt mit ihrem Dienstleistungsportfolio<br />

das Leistungsspektrum innerhalb der<br />

Esri Deutschland Unternehmensgruppe. Geosecure<br />

versteht sich als Partner für Projektmanagement,<br />

Consulting, Entwicklung und Support<br />

im militärischen und zivilen Umfeld - national wie<br />

international. Als Professional Services Company<br />

fokussiert sich Geosecure speziell auf die<br />

Bedürfnisse dieses Marktes.<br />

Ein großer Teil der<br />

Esri BOS Mitarbeiter<br />

wurde in die Geosecure<br />

Informatik GmbH überführt.<br />

Damit ist gewährleistet,<br />

dass ein kompetentes<br />

und branchenerfahrenes<br />

Expertenteam<br />

die Kunden nahtlos bei<br />

der Umsetzung ihrer Geschäftsprozesseunterstützt.<br />

Esri Deutschland<br />

bleibt für den militärischen<br />

Kunden weiterhin<br />

als kompetenter Partner<br />

für die GIS-relevanten,<br />

allgemeinen Basisthemen<br />

bestehen.<br />

„Aus nunmehr<br />

11jähriger Erfahrung im<br />

BOS Bereich wissen wir,<br />

dass die militärischen<br />

und BOS relevanten Fragestellungen<br />

und Anforderungen<br />

exzellent mit<br />

der Esri Technologie umgesetzt<br />

werden können,<br />

darüber hinaus aber der Dialog mit dem Anwender<br />

ein sehr tiefgehendes Verständnis und<br />

Kenntnis der angestrebten Lösungen erfordert“,<br />

erläutert Reinhold Stephan, einer der beiden<br />

Geschäftsführer des Unternehmens. „Die<br />

Mitarbeiter der Geosecure werden diese Aufgabe<br />

mit GIS-Knowhow und zusätzlich mit speziellem<br />

Markt-Knowhow erfüllen.“<br />

Damit setzt die Esri Deutschland Unternehmensgruppe<br />

konsequent ihre Strategie um,<br />

marktspezifische GIS-Themen auf eigenständige,<br />

schnell und unabhängig agierende Einheiten<br />

zu verlagern. ➛<br />

Geosecure Informatik GmbH<br />

Rheinallee 24<br />

53173 Bonn<br />

Telefon +49 89 207 005 4800<br />

info@geosecure.de<br />

PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong> 27


Brennt´s bei der<br />

Feuerwehr?<br />

Prof. Dr. Volker Schmidtchen,<br />

FIRMITAS<br />

Vor zwei Jahren bereits sagte mir ein Kreisbrandmeister am Rande einer Übung,<br />

die wir für den Krisenstab seiner Kreisverwaltung einschließlich der in die<br />

Übung einbezogenen Feuerwehrleute angelegt und durchgeführt hatten, dass<br />

ihm die Nachwuchsentwicklung bei den Freiwilligen Feuerwehren große Sorgen<br />

mache. Das gelte sowohl für die Gewinnung neuer junger Anwärter wie noch viel<br />

stärker für deren Aus- und Weiterbildung.<br />

Mittlerweile ist diese Befürchtung amtlich<br />

geworden: Das Problem hat am 31. Januar<br />

2012 mit einer Konferenz von 620 Feuerwehrleuten<br />

im nordrhein-westfälischen Landtag auch<br />

die politische Ebene erreicht. Ob die damit beabsichtigte<br />

öffentliche Sensibilisierung schon<br />

bald den Einstieg in die Entwicklung von sachgerechten<br />

Lösungen bewirken kann, bleibt abzuwarten.<br />

Angebracht erscheint daher zunächst<br />

eine nüchterne Analyse des Problems, und das<br />

schließt erst einmal den Verzicht auf die üblichen<br />

Floskeln und Beteuerungen, die allfällige<br />

„politisch korrekte“ Lobhudelei über das Ehrenamt<br />

und ähnliche Phraseologie ein. So rich-<br />

28 PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong><br />

Nachwuchsentwicklung bei den Freiwilligen Feuerwehren<br />

tig und auch wichtig die immer wieder erforderliche<br />

Würdigung ehrenamtlichen Engagements<br />

auch ist, wenn da nicht mehr kommt als das übliche<br />

und oft schon peinliche verbale Schulterklopfen,<br />

dann ist absehbar, wann auch die letzten<br />

Engagierten die Lust am eigenen Einsatz für<br />

das Gemeinwohl verlieren.<br />

Zu diesem Problembereich zählen in besonderer<br />

Weise die freiwilligen Feuerwehren,<br />

von denen es in Deutschland ca. 24.000 gibt.<br />

Dieser Zahl gegenüber nehmen sich die gerade<br />

einmal 100 Berufsfeuerwehren sowie die etwa<br />

300 Betriebs- und 900 Werksfeuerwehren, zu<br />

denen übrigens auch die Wehren an den Flug-<br />

häfen zählen, eher bescheiden aus. Noch deutlicher<br />

wird dieses ungleiche Verhältnis, wenn<br />

man auf Städte und Gemeinden blickt, deren<br />

Brandschutz Aufgabe der Feuerwehren ist:<br />

Die schon erwähnten Berufsfeuerwehren<br />

leisten ihren Dienst in gerade einmal 100 von<br />

insgesamt 2074 deutschen Städten. Das sind<br />

keine 5 %, und daraus ergibt sich, dass mehr<br />

als 95 % aller Feuerwehraufgaben in unserem<br />

Staat durch ehrenamtliche Kräfte geleistet werden.<br />

Vergleichbares gilt auch für die sich sogar<br />

zu 99 % auf die ehrenamtlichen Helfer stützende<br />

Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW)<br />

und das bayerische Rote Kreuz mit 95 % Freiwilligen,<br />

beide Körperschaften öffentlichen<br />

Rechts.<br />

Nicht wesentlich anders steht es mit den<br />

privatrechtlichen Hilfsorganisationen auf Basis<br />

des Vereinsgesetzes wie dem Deutschen Roten<br />

Kreuz, der DLRG, dem Arbeiter-Samariter-Bund,<br />

der Johanniter-Unfallhilfe und dem Malteser-<br />

Hilfsdienst, die sich bei ihrer Arbeit in weit überwiegendem<br />

Maße auf das Engagement ihrer ehrenamtlich<br />

tätigen Mitglieder verlassen müssen.<br />

Vor diesem Hintergrund nehmen erkennbare<br />

Nachwuchssorgen im Gesamtbereich des<br />

öffentlichen wie des privat organisierten Bevölkerungsschutzes<br />

eine zunehmend bedrohlicher<br />

wirkende Dimension an.<br />

Allein im bevölkerungsreichsten Bundesland<br />

Nordrhein-Westfalen verlieren nach offiziellen<br />

Angaben die Freiwilligen Feuerwehren, die<br />

hier 80 % des Personals für den Brandschutz<br />

stellen, jedes Jahr 2000 Leute. Damit ist absehbar<br />

ist, wann und wo die Garantie einer entsprechenden<br />

Gefahrenabwehr nicht mehr gegeben<br />

sein wird.<br />

Hinzu kommen noch Probleme bei der<br />

Nachwuchsgewinnung für die Berufsfeuer-wehren.<br />

Einen Grund dafür hat die Dienstleistungsgewerkschaft<br />

ver.di schon deutlich angesprochen:<br />

mangelnde finanzielle Attraktivität verglichen<br />

mit den sehr hohen Anforderungen in Ausbildung<br />

wie Berufspraxis der Feuerwehrleute.<br />

Theo Schu-macher von der Tageszeitung Westfalenpost<br />

hat in Nordrhein-Westfalen hier einmal<br />

nachgefragt und Antworten erhalten, welche<br />

die Kalamität der ganzen Sache gut verdeutlichen:<br />

So erhält z.B. ein Feuerwehranwärter<br />

trotz einer anderen bereits vorher erfolgreich<br />

abgeschlossenen und seitens der Berufsfeuerwehr<br />

eigentlich gern gesehenen Berufsausbildung<br />

während der ersten 18 Monate im Feuer-


wehrdienst gerade einmal 960 im Monat.<br />

Zwar besteht in NRW vom Besoldungsrecht her<br />

die Möglichkeit, den Anwärtern einen zusätzlichen<br />

Aufschlag von 35 % zu zahlen, doch nur<br />

sehr wenige Städte machen davon Gebrauch.<br />

Außerdem muss festgestellt werden, dass es<br />

mit den Beförderungsmöglichkeiten nicht zum<br />

Besten steht, auch dies ein Grund dafür, dass<br />

sich der Ansturm auf einen Ausbildungsplatz<br />

bei der Berufsfeuerwehr in Grenzen hält.<br />

Nicht vergessen werden dürfen in diesem<br />

Zusammenhang die über den Brandschutz hinausgehenden<br />

und ebenfalls unverzichtbaren<br />

Leistungen von Berufs- wie von Freiwilligen Feuerwehren<br />

bei Krisenlagen aller Größenordnungen<br />

einschließlich Naturkatastrophen. Selbst in<br />

Städten mit Berufsfeuerwehren reichen bei<br />

größeren Schadensereignissen deren Kräfte erfahrungsgemäß<br />

zur Schadensbewältigung meistens<br />

nicht aus, so dass auf die Kapazitäten der<br />

Freiwilligen Feuerwehren und auf andere Hilfsorganisationen<br />

zurückgegriffen werden muss.<br />

Noch bedrohlicher erscheint die Lage in den<br />

meisten Landkreisen, in denen der gesamte Bereich<br />

der nicht-polizeilichen Gefahrenabwehr auf<br />

dem ehrenamtlichen Engagement in den entsprechenden<br />

Organisationen fußt. Deswegen<br />

führen Nachwuchsprobleme hier zwangsläufig<br />

zu einer Bedrohung der gesamten Gefahrenabwehr<br />

in den jeweiligen Gebietskörperschaften.<br />

Schon in Heft 1/2011 von „<strong>Public</strong> <strong>Security</strong>“<br />

hatte Björn Stahlhut als Grundsatzreferent im<br />

Team Rettungsdienst des DRK-Generalsekretariats<br />

im Hinblick auf die erwartbar prekäre Nachwuchslage<br />

bei den Rettungsdiensten hingewiesen<br />

und die Gründe genannt, die auch auf die<br />

Freiwilligen Feuerwehren und andere Hilfsorganisationen<br />

sowie darüber hinaus auf weitere Institutionen<br />

wie Kirchen, Sozialdienste und sogar<br />

Vereine zutreffen. Mit der 2011 erfolgten Aussetzung<br />

der Wehrpflicht war und bleibt der Wegfall<br />

aller Ersatzdienste verbunden, und dabei geht<br />

es um ein jährliches Defizit an Personal in fünfstelliger<br />

Höhe. Im Bereich Bevölkerungsschutz<br />

und Katastrophenhilfe sind die ersten Auswirkungen<br />

bei den Freiwilligen Feuerwehren, den<br />

Rettungsdiensten und beim THW bereits erkennbar<br />

und geben hinreichend Anlass zur Sorge.<br />

Ein nicht zu unterschätzendes Reservoir für<br />

diverse ehrenamtliche Dienste boten in der Vergangenheit<br />

Schüler und Studierende, doch gerade<br />

hier sind die jüngsten bildungspolitischen<br />

Maßnahmen nicht ohne nachteilige Wirkungen<br />

für freiwilliges Engagement geblieben. Die Reduzierung<br />

der gymnasialen Schulzeit von 9 auf<br />

nur noch acht Jahre schränkt bei vielen<br />

Schülern aufgrund des komprimierten Lernstoffs<br />

die freie Zeit für umfangreichere außerschulische<br />

Aktivitäten ebenso ein wie die an<br />

den deutschen Universitäten eingeführten Bachelor-<br />

und Masterstudiengänge mit ihren verkürzten<br />

Studienzeiten.<br />

Darüber hinaus gibt es einen deutlichen Unterschied<br />

zwischen Bereitschaft zum Engage-<br />

Nicht nur bei Bränden ist man auf die Hilfe der freiwilligen Helfer angewiesen<br />

ment und tatsächlichem aktiven Einsatz für eine<br />

gute Sache: Der bislang jüngste, vom Bundesministerium<br />

für Familie, Senioren, Frauen<br />

und Jugend im Jahr 2009 veröffentlichte<br />

Überblick über Freiwilliges Engagement in<br />

Deutschland hatte auf Basis einschlägiger Untersuchungen<br />

festgestellt, dass 49 % der Jugendlichen<br />

sich ehrenamtlich irgendwie gern<br />

einbringen wollen, dies aber nur 35 % wirklich<br />

tun.<br />

Doch selbst wenn es gelingen könnte, diesen<br />

Wert erheblich zu steigern, wären damit die<br />

Probleme für die Nachwuchsgewinnung bei Feuerwehren,<br />

Rettungsdien-sten und anderen Hilfsorganisationen<br />

noch längst nicht behoben.<br />

Schon in der Ausbildung für diese ehrenamtlichen<br />

Tätigkeiten geht es um den Erwerb unverzicht-barer<br />

fachlicher Kompetenzen, die in der<br />

Folge auch intensiviert und erweitert werden<br />

müssen. Die hierfür erforderlichen Weiterbildungsmaßnahmen<br />

in Gestalt von Kursen und<br />

Übungen lassen sich aber nicht in allen Fällen<br />

im Rahmen von Wochen-endveranstaltungen absolvieren.<br />

Länger dauernde Lehrgänge setzen<br />

bei den Freiwilligen jedoch die Bereitschaft der<br />

jeweiligen Arbeitgeber voraus, sie für den<br />

benötigten Zeitraum freizustellen. Ein solches<br />

Verständnis und Entgegenkommen hält sich bei<br />

den meisten Betrieben und auch bei Verwaltungen<br />

mittlerweile doch sehr in Grenzen.<br />

Was ist zu tun? Erste Vorschläge reichen<br />

von zusätzlichen finanziellen Anreizen in Form<br />

von Bonussystemen und „Ehrenrenten“ bis zu<br />

sachwerten Vergünstigungen in den Kommunen,<br />

lösen aber keineswegs die strukturellen<br />

Probleme wie die weniger verfügbare Zeit für ein<br />

ehrenamtliches Engagement oder wie die Frage<br />

nach der erforderlichen Zustimmung der Arbeitgeber.<br />

Hinzu kommen die Auswirkungen des demographischen<br />

Wandels in unserer Gesellschaft.<br />

In den nächsten Jahren werden immer<br />

mehr Angehörige der sog. Baby-Boomer Generation,<br />

d.h. der Jahrgänge 1950 bis 1965, in<br />

Rente gehen. Das bedeutet nicht nur einen Verlust<br />

an Erfahrungswissen, sondern im Zusammenhang<br />

mit den Problemen bei der Nachwuchsgewinnung<br />

eine gravierende Gefährdung<br />

der Funktionsfähigkeit von Einsatzkräften und<br />

Stäben aller Ebenen im Bevölkerungsschutz.<br />

Ja, es brennt bei der Feuerwehr und nicht<br />

nur dort. Wo sind Ideen und realistische Lösungsvorschläge?<br />

Es ist höchste Zeit, die Probleme<br />

konkret anzugehen. Dazu sind alle aufgerufen,<br />

und damit eben auch die letztlich von<br />

den allfälligen Gefahren betroffenen Bürger. Es<br />

reicht nicht, den „Experten vom Bevölkerungsschutz“<br />

die Arbeit an Konzepten und Maßnahmen<br />

zu überlassen und auf Ergebnisse zu warten.<br />

Jeder darf und muss sich engagieren, und<br />

alle sollten akzeptieren, dass es dafür auch der<br />

Bereitstellung erheblicher finanzieller Mittel bedarf.<br />

Gefahrenabwehr kostet einiges, und das<br />

gilt in besonderer Weise schon für die Prävention.<br />

Hierzu zählen neben Beschaffung und Bereitstellung<br />

geeigneten Materials vor allem<br />

ideelle wie finanzielle Investitionen im Personalbereich<br />

für Ausbildung, Übung und die Sicher-stellung<br />

der erforderlichen Kapazitäten<br />

durch erfolgreiche Nachwuchsgewinnung.<br />

Sicherheit gibt es nicht zum Nulltarif, und<br />

wirkungsvolle ehrenamtliche Arbeit lässt sich<br />

mit Lob und Appellen allein nicht garantieren.<br />

Wie hieß es vor vielen Jahren in einer bekannten<br />

Werbeaktion? „Es gibt viel zu tun. Packen<br />

wir es an!“ Dieser Forderung kann man sich nur<br />

anschließen. ➛<br />

Der Autor:<br />

Prof. Dr. phil.<br />

habil. Volker<br />

Schmidtchen<br />

ist Institutsleiter<br />

und<br />

Wissenschaftlicher<br />

Direktor von<br />

Firmitas - Institut<br />

für Wirtschafts-<br />

und<br />

Sicherheitsstudien.<br />

PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong> 29


Wie Personal und<br />

Technik enger zu<br />

verzahnen sind<br />

Berlins Innensenator Frank Henkel bedauerte, dass er nur über ein enges<br />

Zeitfenster verfüge. Denn gleich nach seinem Grußwort musste er zu einer<br />

Sondersitzung des Innenausschusses eilen. Es hatte Querelen um das für drei<br />

Monate geplante „BMW Guggenheim Lab“ gegeben. Einige Bewohner Kreuzbergs<br />

hatten das Kulturprojekt nicht dulden wollen und in den Stadtteil Prenzlauer Berg<br />

vertrieben. Für sein Wort vom „Standortrisiko“ war Senator Henkel anschließend<br />

von der Opposition gescholten worden. Doch nach wie vor handele es sich vielmehr<br />

beim islamistischen Terrorismus um eine herausragende Bedrohung, so Henkel zur<br />

Eröffnung der traditionellen „Berliner Fachtagung 2012 - Nationale Sicherheit und<br />

Bevölkerungsschutz“. Moderiert wurde sie von dem bekannten Sicherheitsexperten<br />

Dr. Markus Hellenthal.<br />

„Insbesondere die Ballungszentren können<br />

schnell in den Fokus geraten.“ Senator Henkel<br />

hatte wie bereits regelmäßig sein Vorgänger Dr.<br />

Erhart Körting die Schirmherrschaft im Berliner<br />

„Roten“ Rathaus übernommen. Veranstaltet<br />

wurde sie von der Green Defense @ KRS GmbH<br />

in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz<br />

und Katastrophenhilfe (BBK)<br />

und der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk<br />

(THW). Etwa 150 Teilnehmer diskutierten zwei<br />

Tage lang über die ständig notwendige Fortentwicklung<br />

der Sicherheitskonzepte.<br />

Für eine „nachhaltige Gefahrenabwehr“<br />

sind nicht zuletzt „neue Wege für eine effizien-<br />

30 PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong><br />

te Ausbildung“ und der Bereich „IT-Sicherheit<br />

und Cyber-War“ einschlägig. In diese drei Themenblöcke<br />

gliederte sich die Fachtagung folgerichtig.<br />

Senator Henkel begrüßte diese Themenwahl<br />

ausdrücklich. Das Internet werde auch<br />

zur Mobilisierung und Rekrutierung von Extremisten<br />

genutzt. Der Kriminalität ergäben sich<br />

neue, anonyme Wirkungsmöglichkeiten. Berlin<br />

sei zwar nur in geringem Maße durch Naturkatastrophen<br />

bedroht. Verwundbar seien aber besonders<br />

Versorgung und Verkehrswege der größten<br />

deutschen Stadt. Daher unterstütze man<br />

die Forschung zur Früherkennung von Katastrophen.<br />

Berlins Innensenator Frank Henkel, Schirmherr der<br />

Fachtagung, setzt neben der Gefahrenabwehr auch<br />

auf Vertrauensbildung und Dialog.<br />

Kompetent und eloquent wurde die Fachtagung<br />

von Dr. Markus Hellenthasl moderiert<br />

Vollkaskomentalität<br />

Konkretisiert wurde dies durch Bernd Palenda<br />

aus der Innenverwaltung. Er stellte eine<br />

nachhaltige Gefahrenabwehr in Berlin aus Sicht<br />

der Abteilung III - Öffentliche Sicherheit und Ordnung<br />

dar. Die Abteilung beteiligt sich im Rahmen<br />

des Sicherheitsforschungsprogramms der Bun-


Informationen über den Rechtsextremismus würden<br />

hauptsächlich regional gewonnen, beim Islamismus<br />

hingegen viel über befreundete Nachrichtendienste,<br />

so Claudia Schmid, die Leiterin des Berliner Verfassungsschutzes<br />

bis Ende 2012. Immer stelle sich<br />

aber die Frage, wann man zugreifen solle: „Zu früh<br />

reicht es nicht für einen Haftbefehl“.<br />

„Ganz egal, welche Lösung am Ende gefunden wird:<br />

Wir sind in der zweiten Stufe eines Vertragsverletzungsverfahrens“,<br />

appellierte Michael Hartmann,<br />

SPD-Innenexperte, eine Einigung bei der von der EU<br />

geforderten Vorratsdatenspeicherung zu erzielen.s<br />

desregierung seit 2007 regelmäßig an verschiedenen<br />

Projekten. Die Hauptstadtregion<br />

soll auch auf den wachsenden Märkten für zivile<br />

Sicherheit etabliert werden. Um die Selbsthilfefähigkeit<br />

der Bevölkerung zu verbessern,<br />

sollten auch neue und einfache Kommunikationswege<br />

wie Handys, Apps und ein effektives<br />

Warn- und Wecksystem genutzt werden, so Palenda.<br />

Große Teile der Bevölkerung hätten eine<br />

Vollkaskomentalität entwickelt. Dabei benutzen<br />

im Jahr auf 900 Quadratkilometern Landesfläche<br />

allein 1,4 Milliarden Menschen den ÖP-<br />

NV. Das Straßennetz beträgt 5.400 Kilometer.<br />

„Es ist eine schier unlösbare Aufgabe, jedes Auto<br />

zu bewachen“, sagte Palenda auch hinsichtlich<br />

der ausufernden KFZ-Brandstiftungen der<br />

vergangenen Jahre.<br />

Bernd Palenda betonte die enge Koordination<br />

der BOS mit Wirtschaft und Betreibern Kritischer<br />

Infrastrukturen. Diese Aufgabe sei als<br />

„Gesamtkunstwerk“ nur durch Zusammenarbeit<br />

erreichbar. Maximale Sicherheit mit minimalen<br />

Einschränkungen zu vereinbaren sei eine Besonderheit<br />

Berlins. Einschränkungen für den<br />

Einzelnen müssten als transparent wahrge-<br />

Verkehrssicherheit habe für das Sicherheitsempfinden<br />

der Bürger eine große Bedeutung, so Bernd Palenda,<br />

Innenbehörde Berlin. Eine wesentliche Aufgabe<br />

sei es auch, „Radfahrer daran zu erinnern, was<br />

normgerechtes Verhalten im Straßenverkehr ist.“<br />

2011 waren nur 2 von 54 Berliner Verkehrstoten<br />

PKW-Insassen.<br />

Olaf Lindner, Kommandeur der GSG 9, stellte ATLAS<br />

vor, das Projekt der europäischen polizeilichen Spezialeinheiten<br />

im Einsatz. Deutschland leitet die Projektgruppen<br />

Maritim, Command and Control sowie<br />

Medizinische Erstversorgung. Der Gesamthaushalt<br />

beträgt bislang nur eine Million Euro.<br />

nommen werden, um ein normales Leben trotz<br />

immer mehr Großveranstaltungen, Demonstrationen<br />

und Staatsbesuchen zu gewährleisten.<br />

Prävention sei ein entscheidender Standortfaktor<br />

und wichtig für die wirtschaftliche Stabilität.<br />

„Berlin ist eine normale Großstadt mit ein paar<br />

Extras“, so Bernd Palendas Resümee.<br />

Mehr Mittel für die Bundespolizei<br />

Die bundespolitische Ebene beleuchtete<br />

Michael Hartmann, innenpolitischer Sprecher<br />

der SPD-Bundestagsfraktion. Deutschland sei<br />

zwar eines der sichersten Länder der Welt, „allerdings<br />

wird uns das dauerhaft nichts nutzen,<br />

wenn die Welt außenherum immer unsicherer<br />

wird.“ Hartmann hob auch die soziale Dimension<br />

von Sicherheit hervor. Wenn zudem angesichts<br />

allgemeiner Krisenerfahrungen die Zweifel<br />

an der Steuerungsfähigkeit von Politik wüchsen,<br />

nehme auch die Rechtstreue rapide ab.<br />

Die grundsätzlich bewährte Sicherheitsarchitektur<br />

bedürfe andererseits der Bereitschaft<br />

zur Veränderung. Dies falle einigen Behörden<br />

wie der Bundespolizei leichter, weil sie immer<br />

„Zu glauben, dass bei Katastrophenfällen auch in<br />

unserem Land die Trinkwasserversorgung gesichert<br />

sei, ist Wunschdenken“, mahnte Oberst a.D. Manfred<br />

Heydeck, WEW Westerwälder Eisenwerk GmbH.<br />

Das Verständnis hinsichtlich präventiver Sicherheitspolitik<br />

müsse angesichts der globalen Konkurrenzsituation<br />

weiterentwickelt werden, so Bernd Liske,<br />

Liske Informationsmanagementsysteme in Magdeburg.<br />

Dies gelte gerade vor dem Hintergrund geringer<br />

werdender finanzieller Mittel. Nutzer seien<br />

zunehmend überfordert, Informationen auf elektronischen<br />

Medien zu verwalten.<br />

schon Veränderungsprozessen unterlegen seien,<br />

so der Innenexperte. Dort seien schon drei<br />

Großreformen vollzogen worden. Sie müsse<br />

technisch und personell besser ausgestattet<br />

werden, so Hartmann. Ganz anders sehe es bei<br />

allen drei Nachrichtendiensten aus, „nicht nur<br />

im Lichte aktueller Fehlentwicklungen“. Hier<br />

sollten Doppelstrukturen abgebaut und föderale<br />

Strukturen überdacht werden.<br />

Michael Hartmann trat - abweichend von<br />

der Parteilinie - dafür ein, das verfassungsrechtlich<br />

umstrittene Trennungsgebot von Polizei<br />

und Diensten zwar ernst, aber nicht zu ernst<br />

zu nehmen. Außerdem forderte er eine Meldepflicht<br />

für Unternehmen, die Cyber-Opfer geworden<br />

sind. Die Kapazität des neuen Cyber-Abwehrzentrums<br />

sei nicht ausreichend. Auch angesichts<br />

des Fachkräftemangels im IT-Bereich<br />

sei dies kostenfrei und mit den Gehaltsstrukturen<br />

des Öffentlichen Dienstes freilich nicht zu<br />

haben.<br />

THW unter Druck<br />

Nachwuchssorgen plagen auch THW-Präsident<br />

Albrecht Broemme. Allein als Folge des<br />

PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong> 31


Noch aktiver um Helfer werben will THW-Präsident<br />

Albrecht Broemme. Er hofft, den Frauenanteil auf<br />

20 Prozent verdoppeln zu können.<br />

Aussetzens der Wehrpflicht fehlen nun dem als<br />

Alternative beliebten THW jährlich 2.000 - 3.000<br />

junge Männer. „Viele, die dann studiert haben,<br />

brauchen wir“, so Broemme. Durch die Bologna-<br />

Reform stünden Studenten heute aber unter<br />

großem Zeitdruck. Neue Medien müssten gezielt<br />

genutzt werden, „aber ganz wichtig ist auch<br />

die Kameradschaft“. Mundpropaganda hält der<br />

THW-Präsident für den effektivsten Weg, gleichwohl<br />

sehe er der Zukunft mit einer gewissen<br />

Skepsis entgegen.<br />

Für die 40.000 tatsächlich aktiven ehrenamtlichen<br />

Helfer des THW sei die Ausbildung ein<br />

wesentlicher Motivationsfaktor. Durch die Anerkennung<br />

bereits vorhandener Qualifikationen<br />

soll ihre Verwendung künftig beschleinigt werden.<br />

Die Einsatzfähigkeit soll durch Fortbildung<br />

für Arbeiten in besonderen Gefahrenlagen erhöht<br />

werden. Hemmnis sei, dass immer Menschen<br />

im Schichtdienst arbeiteten, so Broemme:<br />

„Das ist nicht gut für die Teambildung“ und<br />

erfordere immer feinere Module. Doch auch extern<br />

zertifizierte Lehrgänge könnten für das<br />

THW und den Beruf der Helfer einen Doppelnutzen<br />

entfalten.<br />

Transferlücke in der Ausbildung<br />

Dieter Franke, Leiter Lehre an der Akademie<br />

für Krisenmanagement, Notfallplanung und Zi-<br />

Zeitgemäßere Formen der Ausbildung würden an<br />

der AKNZ entwickelt, sagt Dieter Franke, Leiter Lehre<br />

der Akademie.<br />

32 PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong><br />

„Ausbildung sollte gerade im ehrenamtlichen Bereich<br />

attraktiv sein“, erinnerte Ralf Kaschow von<br />

CAE Elektronik GmbH, einem renommierten Hersteller<br />

und Betreiber von Simulationstechnologie. Die<br />

Software SIRA wird seit Jahren von der Bundeswehr<br />

und Behörden in ganz Europa verwendet.<br />

vilschutz (AKNZ) beim BBK, erläuterte, dass die<br />

Zielgruppe der Akademie ein sehr heterogenes<br />

Potenzial von an die zwei Millionen im Bevölkerungsschutz<br />

Tätigen sei. Nicht die Inhalte der<br />

Ausbildung, sondern die Formen müssten sich<br />

ändern. Die Erfahrung zeige nämlich, dass 70<br />

bis 80 Prozent der Seminarteilnehmer das Gelernte<br />

nicht in die Praxis umsetzen könnten - eine<br />

Transferlücke. Bei solcher Erwachsenenbildung<br />

sei zu berücksichtigen, dass die Teilnehmer<br />

bereits Routinen entwickelt hätten. Statt<br />

konkreter Lehrziele sei anzustreben, dass alle<br />

im je eigenen Zusammenhang an ihrer Entwicklung<br />

arbeiten könnten: ein handlungsorientierter<br />

Unterricht.<br />

Dabei rücke die Übung vom Abschluss in<br />

den Mittelpunkt, so Franke: „IT-Simulation passt<br />

zu unseren pädagogischen Ansätzen.“ Die Erfahrungen<br />

mit dem von der Bundeswehr genutzten<br />

und für zivile Zwecke angepassten Simulationsprogramm<br />

SIRA seien überaus positiv. Da<br />

die Helfer überwiegend ehrenamtlich tätig seien,<br />

könne man die individuellen Rahmenbedingungen<br />

von Arbeitsplatz und Familie durch selbstgesteuertes<br />

Lernen über das Internet berücksichtigen,<br />

doch: „Wenn der Computer lediglich<br />

den früher mit der Post versandten Studienbrief<br />

Prof. Dr. Schmidtchen, Firmitas, kritisiert, dass die<br />

vorhandenen Gefahrenabwehrpläne oft unvollständig<br />

seien.<br />

„Simulation kann auf die Realität allenfalls vorbereiten“,<br />

schränkt Dr. Uwe Katzky, Managing Director<br />

der szenaris GmbH, ein. Die Kosten sänken allerdings<br />

dramatisch und der Funktionsumfang steige.<br />

Die Ausbildungszeit an realen Fahrzeugen könne so<br />

verkürzt und Unfall- und Verschleißrisiken vermieden<br />

werden.<br />

ersetzt, ist die Motivation schnell dahin.“ Lernen<br />

sei auch ein sozialer Prozess mit Präsenzphasen.<br />

Die AKNZ strebe auch möglichst homogene<br />

Teilnehmergruppen sowie mehrstufige Seminare<br />

statt Kompaktveranstaltungen an.<br />

Ausbildung in der Praxis<br />

Speziell mit dem Training von Krisenstäben<br />

für Katastrophenlagen beschäftigten sich Prof.<br />

Dr. Volker Schmidtchen und Dr. Hans-Walter Borries<br />

vom Institut für Wirtschafts- und Sicherheitsstudien<br />

FIRMITAS. Die Versicherungswirtschaft<br />

rechne mit einer drastischen Zunahme<br />

von katastrophalen Naturereignissen - auch<br />

solchen, die nie für möglich gehalten worden<br />

wären. Problematisch sei, dass immer nur<br />

geübt werde, „was tatsächlich anderswo passiert<br />

ist“. Auch die Auswertung von Übungen<br />

werde häufig nicht ehrlich vorgenommen. Die<br />

Experten fordern mehrtägige Übungen unter<br />

echten Rahmenbedingungen und mit Nutzung<br />

aller Kommunikationsmittel, die in der Praxis<br />

nicht zuverlässig seien: „Bei der Loveparade in<br />

Duisburg war die Handy-Kommunikation das erste,<br />

das ausfiel.“ Auch die Durchhaltefähigkeit<br />

der Stäbe werde meist überschätzt.<br />

„Im höheren Dienst sieht es noch ganz gut aus“, so<br />

Berlins Landesbranddirektor Wilfried Gräfling zur<br />

Personalsituation der Berufsfeuerwehr.


Seit geraumer Zeit gebe es zahlreiche Bestrebungen,<br />

das Katastrophenrisikomanagement in China<br />

zu reformieren, berichtete Christof Johnen (DRK),<br />

der die Regierung für die GIZ beriet.<br />

Berlins Landesbrandirektor Wilfried Gräfling<br />

zeigte auf, welche Konsequenzen die größte<br />

deutsche Feuerwehr daraus zieht, dass die<br />

Einsätze bei zugleich wachsender Personalknappheit<br />

zunehmen. Es gebe eine starken<br />

Rückgang der Bewerbungen und hohe Personalabgänge.<br />

Deshalb sei die dreigeteilte Laufbahn<br />

auf Dauer nicht mehr praktikabel, so Gräfling.<br />

Mit dem Projekt „Einsatz Berlin“ wird auch<br />

Bewerbern mit nur mittlerem Schulabschluss<br />

die Feuerwehrperspektive ermöglicht. Gräfling<br />

erinnerte daran, dass gerade in Berlin sehr viele<br />

junge Menschen, zumal Migranten, keine abgeschlossene<br />

Berufsausbildung haben: „Auch<br />

andere Kommunen gehen diesen Weg.“<br />

Balance zwischen Austausch und Sicherheit:<br />

„Wir haben natürlich kein Interesse, den Angreifern<br />

unsere Informationen bereit zu stellen“,<br />

so BSI-Vizepräsident Horst Flätgen.<br />

Die Mängel sollen durch eine 18-monatige<br />

Stufenausbildung in Zusammenarbeit mit der<br />

Handwerkskammer kompensiert werden. Zwar<br />

gebe es bei gestandenen Feuerwehrleuten Kritik<br />

an einer „Schnellbesohlung“, räumte Gräfling<br />

ein, und man habe es tatsächlich mit noch<br />

relativ unfertigen Menschen zu tun. Er sieht<br />

aber positive Ansätze. Kritischer sieht Berlins<br />

Landesbranddirektor die einschlägigen neuen<br />

Studiengänge: „Alle die da heraus gekommen<br />

sind, sind in der Industrie gelandet.“ Insgesamt<br />

hält er eine „große Recruiting-Kampagne“ für<br />

nötig. Man arbeite eng mit der Bundeswehr zusammen,<br />

um ausscheidende Zeitsoldaten zu<br />

gewinnen.<br />

Helko Kögel, IABG, sprach über Risikomanagement<br />

für den Betrieb komplexer ICT-Infrastrukturen. Er<br />

empfiehlt einen Ansatz, der sich sowohl an konkreten<br />

Risiken orientiert als auch auf allgemeinen Kriterien<br />

basiert.<br />

IT-Sicherheit in Bewegung<br />

Horst Flätgen leitete vom Personal zur Technik<br />

über. Der Vizepräsident des Bundesamts für<br />

Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) stellte<br />

die Bedrohung der IT-Strukturen bis hin zu Cyber-Angriffen<br />

dar. Weiterhin gebe es das ganze<br />

Spektrum vom „edlen Hacker“ über Aktivisten<br />

und Kriminelle bis hin zu fremden Nachrichtendiensten,<br />

aber: „Die Staaten haben ein enormes<br />

Know-how aufgebaut“. Für die Bundesverwaltung<br />

gelte bereits eine Meldepflicht über IT-<br />

Angriffe, für die Privatwirtschaft werde dies intensiv<br />

diskutiert.<br />

Attacken erfolgten nicht mehr auf einzelne<br />

Endgeräte, sondern auf ganze Infrastrukturen.


Jeder USB-Stick wird durch einen „Schleusen-PC“<br />

geprüft. Oberst Gerd Weiß vom IT-Zentrum der Bundeswehr<br />

erläuterte die neue Sicherheitsstrategie.<br />

Der Virus stuxnet habe den Aberglauben beendet,<br />

dass es vom Internet entkoppelte Systeme<br />

gebe, so Flätgen: „Wir haben USB-Sticks auf Besuchertische<br />

gelegt und es hat gut zwei Stunden<br />

gedauert, bis der erste Mitarbeiter den in<br />

seinen Computer gesteckt hat, um einfach einmal<br />

zu sehen, was sich darauf befindet.“ Die<br />

hoch entwickelten Angriffe ausländischer Dienste<br />

bezeichnete er als „Riesenproblem“. Das<br />

BSI versuche, zumindest die Erkennungsrate zu<br />

erhöhen.<br />

Auch verlässliche IT im eigenen Lande zu<br />

kaufen, sei heute nur noch in ganz wenigen Bereichen<br />

möglich. Als unverzichtbar sieht Horst<br />

Flätgen dennoch Cloud Computing: „Im Moment<br />

wird für die Bundesbehörden eine unter unserer<br />

Hoheit aufgebaut.“ Auch die frühere Praxis Verwaltungsbeamte<br />

zur Verwaltung großer IT-Systeme<br />

anzulernen, funktioniere nicht mehr,<br />

„man braucht Informatiker“. Die nötigen Vorkehrungen<br />

zu treffen, sei allerdings mit Kosten<br />

verbunden: „Es gibt noch keine Kennzahlen, wie<br />

viel man für Sicherheit ausgeben muss“, gab<br />

der BSI-Vize zu.<br />

Hohe militärische Priorität<br />

Über die Erfahrungen mit Cyber Defence im<br />

militärischen Bereich berichtete Oberst Gerd<br />

Weiß vom Zentrum für Informationstechnik der<br />

Bundeswehr. Die Streitkräfte sind hier nämlich<br />

nur für ihre eigenen Systeme zuständig. Das<br />

Computer Emergency Response Team der Bundeswehr<br />

(CERTBw) wurde 1992 eingerichtet,<br />

34 PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong><br />

Laut Volker Lippmann verzeichnet T-Systems täglich<br />

ca. 150.000 IT-Alarmrufe und 800 verschiedeneAngriffsquellen.<br />

Der Konzern arbeitet an der Sicherheit<br />

von Cloud-Lösungen und mobiler Endgeräte.<br />

ständig weiterentwickelt und nimmt seit 2003<br />

an multinationalen Übungen teil: „Wir stellen<br />

natürlich auch Kräfte für die Angriffsteams“, so<br />

Oberst Weiß. In den Verteidigungspolitischen<br />

Richtlinien von 2011 stehen Cyber-Angriffe an<br />

zweiter Stelle der Risikopriorität. Schon seit der<br />

umfassenden Attacke auf Estland 2007 konzentriere<br />

sich auch die NATO darauf.<br />

Es habe sich gezeigt, so Gerd Weiß, dass es<br />

am wichtigsten sei, die Nutzer zu sensibilisieren.<br />

Dieser sei in der Regel der Türöffner, dem<br />

man sich mit „social engineering“, also über seine<br />

Umstände und Gewohnheiten nähere. So<br />

werde etwa durch scheinbar bekannte Namen<br />

und Adressen zu „Kongressen“ eingeladen, bis<br />

hin zu Fällen, in denen der Generalinspekteur<br />

der Bundeswehr angeblich Mails von seinem<br />

persönlichen Account verschicke. Über 75 Prozent<br />

der festgestellten Schadsoftware befinde<br />

sich aber auf mobilen Datenträgern. Cyber-Module<br />

werden laut Weiß auch in die allgemeine<br />

soldatische Ausbildung eingebaut.<br />

Technische Überwachung müsse auch innerhalb<br />

des eigenen IT-Netzwerks stattfinden.<br />

Da vollständige IT-Sicherheit dennoch nicht ereichbar<br />

sei, müsse man zur Strategie des Risikomanagements<br />

wechseln. Erfolgreich könne<br />

dies nur sein, wenn national und international<br />

mit Verwaltungen, Militär, Wirtschaft und Wissenschaft<br />

kooperiert werde. Um Vertrauen aufzubauen,<br />

hält Weiß den persönlichen Kontakt für<br />

zwingend. Und der Informationsaustausch versiege,<br />

wenn er nicht auf Gegenseitigkeit beruhe.<br />

„Konventionelle IT-Sicherheit ist sehr ingenieurslastig“,<br />

stellte Dr. Sandro Gaycken von der FU Berlin<br />

fest.<br />

Veranstalter Brigadegeneral a.D. Hans Herbert<br />

Schulz, Green Defense @ KRS GmbH, kündigte an,<br />

die Tagungsreihe auch <strong>2013</strong> fortzusetzen.<br />

Umdenken in der IT-Sicherheit<br />

Vor unproportionalen Reaktionen in unklaren<br />

Situationen warnte jedoch Dr. Sandro<br />

Gaycken, Cyber-War-Forscher an der Freien Universität<br />

Berlin. Über 120 Länder schafften Kapazitäten<br />

an, „die Offensiveinheiten sind im Aufbau<br />

begriffen“. Dies sei auch für die jeweils nationale<br />

Wirtschaft nutzbar, für Industriespionage<br />

oder zur Finanzmarktmanipulation. Ein<br />

aktiver Schutz gegen Angriffe sei unmöglich.<br />

Zwar habe es bei der Verfolgbarkeit von Spuren<br />

einige Fortschritte gegeben, dies sei aber ein<br />

sehr mühsames Geschäft: „Ein Dienst macht<br />

das nicht vom Ministerium aus.“ Auch passive<br />

Schutzmaßnahmen hält Gaycken schon aus<br />

technischen Gründen für kaum erfolgreich.<br />

Überdies seien die politischen Entscheidungsträger<br />

Laien, die Wissenschaft, Presse<br />

und Industrie aber unzuverlässige Ratgeber. Positiv<br />

hob er jedoch das BSI als „neutralen Vermittler“<br />

hervor. Am zielführendsten sei, sich um<br />

die IT-Hochsicherheit noch mehr zu kümmern,<br />

so Sandro Gaycken. Die Kernsysteme der Kritischen<br />

Infrastrukturen seien bereits relativ gut<br />

gehärtet. Er schlägt internationale Übereinkünfte<br />

vor. Mit einer „Zero-Day-Governance“<br />

könne man eine gemeinsame Entdeckungsoffensive<br />

von Verwundbarkeiten starten.<br />

Die Berliner Fachtagung <strong>2013</strong> findet voraussichtlich<br />

am 09./10. April statt. (kö) ➛


10. und 11. April <strong>2013</strong><br />

Berliner Rathaus<br />

Unter der Schirmherrschaft von Frank Henkel,<br />

Senator für Inneres und Sport, Berlin<br />

Moderation:<br />

BrigGen a.D. Dipl.-Ing Hans-Herbert Schulz<br />

m Am 10./11.April findet erneut die Berliner<br />

AFachtagung „Nationale Sicherheit und Bevölkerungsschutz“,<br />

begleitet von einer Ausstellung, im<br />

Berliner Rathaus statt. In der Vergangenheit wurde<br />

sie bereits siebenmal erfolgreich durchgeführt insbesondere<br />

dank eines offenen und intensiven Informations-<br />

und Erfahrungsaustausches der beteiligten<br />

Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben,<br />

den Hilfsorganisationen sowie der einschlägigen<br />

Privatwirtschaft. Die Berliner Fachtagung <strong>2013</strong> „Nationale<br />

Sicherheit und Bevölkerungsschutz“ wird unter<br />

der Schirmherrschaft des Senators für Inneres<br />

und Sport, Frank Henkel und wieder in enger Zusam-<br />

Mittwoch, 10. April <strong>2013</strong><br />

10.00 Registrierung, Kaffee, Beginn der<br />

Ausstellung<br />

10.30 Begrüßung, Einführung in die Thematik<br />

10.45 Key-Note: (zur Lage der Inneren<br />

Sicherheit in Deutschland)<br />

Lorenz Caffier, Innenminister MVP<br />

11.15 Migranten als Nachwuchskräfte<br />

Dirk Würger, Abteilung III, Senator für<br />

Inneres und Sport<br />

11.45 Kaffeepause<br />

12.15 Technisch-humanitäre Hilfe - ein<br />

Betätigungsfeld für das Technische<br />

Hilfswerk nicht nur im Ausland<br />

Albrecht Broemme, Präsident (THW), Bonn<br />

12.45 Key-Note: Zukünftige Herausforderungen<br />

an die nationale Sicherheit<br />

Michael Hartmann, MdB<br />

13.15 Mittagspause, Besuch der Ausstellung<br />

14.45 Cyberangriffe erfolgreich abwehren und<br />

den Datenklau sicher verhindern<br />

Ramon Mörl, Geschäftsführer itWatch<br />

GmbH, München<br />

15.15 Von der Infrastruktur zur Information:<br />

24-Std-Verfügbarkeit im<br />

Katastrophenfall<br />

Jürgen A. Krebs, Mitglied der Geschäftsleitung<br />

Hitachi Data Systems, Deutschland<br />

15.45 Diskussion<br />

15.55 Grußwort des Schirmherrn/Key-Note zur<br />

Lage der Inneren Sicherheit in der<br />

Bundeshauptstadt: Was hält die<br />

Gesellschaft zusammen?<br />

Frank Henkel, Senator für Inneres und<br />

Sport, Berlin<br />

16.25 Kaffeepause<br />

16.55 Das Verhalten unserer Mitarbeiter und<br />

Mitarbeiterinnen in sozialen Netzwerken<br />

unter dem Aspekt der IT-Sicherheit<br />

Dir BAAINBw Hans Ulrich Schade, SdBea<br />

Cyber <strong>Security</strong>, Bundesamt für Ausrüstung,<br />

IT und Nutzung, Koblenz<br />

17.25 Virtualisierungen realer Umgebungen:<br />

„R2VR: Reality to Virtual Reality“<br />

Dr. Uwe Katzky, Managing Director,<br />

szenaris GmbH, Bremen<br />

17.55 Social Media als Schnittstelle zur Bevölkerung<br />

- Strategische Nutzung und Herausforderungen<br />

Hendrik Stange, Fraunhofer-Institut (IAIS),<br />

Sankt Augustin<br />

18.25 Diskussion<br />

Anschließend Büffet/ Empfang<br />

menarbeit mit dem Technischen Hilfswerk (THW)<br />

durchgeführt und durch Brigadegeneral a.D. Hans-<br />

Herbert Schulz moderiert. Unter dem Leitthema<br />

„Zukünftige Herausforderungen an die nationale<br />

Sicherheit“ untersucht die Berliner Fachtagung<br />

•Die Lage der Inneren Sicherheit in Deutschland,<br />

einschließlich der demographischen Entwicklung<br />

und ihre Auswirkungen auf die freiwilligen Dienste,<br />

die verschiedenen Aspekte der Immigration<br />

und des Bevölkerungsschutzes<br />

•Technologietrends für eine Erhöhung der Sicherheit<br />

der Gesellschaft, mit denen sich zukünftige<br />

Herausforderungen begegnen lassen<br />

Donnerstag, 11. April <strong>2013</strong><br />

08.30 Registrierung, Kaffee, Beginn der<br />

Ausstellung<br />

08.45 Key-Note: Zukünftige Herausforderungen<br />

an die Nationale Sicherheit aus der Sicht<br />

des Bundeskriminalamtes<br />

Prof.Dr. Jürgen Stock, Vizepräsident BKA,<br />

Wiesbaden*<br />

09.15 Illegale Immigration und Smarter Borders<br />

(dabei: Einsatz von Vorfeldbeamten, technische<br />

Lösungen, intelligentes Grenzkontrollsystem<br />

Jürgen Schubert, Vizepräsident Bundespolizeipräsidium<br />

Potsdam<br />

09.45 Zukünftige Herausforderungen an die<br />

Bereitschaftspolizei des Bundes und der<br />

Länder<br />

Jürgen Jakobs, Inspekteur der Bereitschaftspolizei<br />

Brandenburg, Innenministerium des<br />

Landes Brandenburg, Potsdam *<br />

10.15 Kaffeepause, Besuch der Ausstellung<br />

10.45 Bevölkerungsschutz und ehrenamtliches<br />

Engagement aus Sicht des Bundes<br />

Norbert Seitz, AL Krisenmanagement und<br />

Bevölkerungsschutz, BMI<br />

11.15 Tagesalarmsicherheit im Ehrenamt<br />

Landesbranddirektor Wilfried Gräfling,<br />

Leiter Berliner Feuerwehr<br />

11.45 Key-Note: Neue Herausforderungen für<br />

den Bevölkerungsschutz in einer globalisierten<br />

Welt"<br />

Christoph Unger, Präsident Bundesamt für<br />

Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe<br />

12.15 Kaffee, Besuch der Ausstellung<br />

12.45 Ausfall kritischer Infrastruktur -<br />

Bedeutung von autarken Kraftstoff-und<br />

Wasserversorgungssystemen<br />

Dr. Bernhardt, Geschäftsführer WEW<br />

Westerwälder Eisenwerk GmbH, Weitefeld<br />

13.15 Key-Note: Governance und politische<br />

Konsequenz<br />

Dr. Hans-Peter Uhl, Mitglied des Deutschen<br />

Bundestages*<br />

13.45 Diskussion<br />

14.00 Zusammenfassung und Schlusswort<br />

Moderator<br />

Änderungen: Die Aktualisierung des Programms<br />

erfolgt regelmäßig, siehe auch www.greendefense.de<br />

Änderungen vorbehalten * Referenten angefragt<br />

Zukünftige Herausforderungen<br />

an die nationale Sicherheit<br />

Mit begleitender Fachausstellung<br />

In Zusammenarbeit mit der<br />

Bundesanstalt<br />

Technisches Hilfswerk (THW)<br />

• Folgen der Nutzung der „Social Media“ und ihre<br />

Auswirkungen auf die Cyber <strong>Security</strong><br />

Durch eine wirkungsvolle Kombination grundlegender<br />

Fachreferate sowie Debatten zu tagesaktuellen<br />

Herausforderungen an die Sicherheit sowie industrieller<br />

Beiträge zu neuen Technologien wird die Tagung<br />

auch in diesem Jahr wiedereine vielbeachtete Plattform<br />

zur nachhaltigen Stärkung der öffentlichen Sicherheit<br />

bieten.<br />

Weitere Informationen finden Sie unter:<br />

www.green-defense.de<br />

Veranstalter<br />

Green Defense at KRS GmbHi.L.<br />

Hofgartenstr. 21, 53840 Troisdorf<br />

Tel.: +49 2241 943 8596<br />

E-Mail: info@green-defense.de<br />

Internet: www.green-defense.de<br />

Tagungsort<br />

Berliner Rathaus, Rathausstraße 15, 10178<br />

Berlin, U- und S-Bahn „Alexanderplatz"<br />

Teilnahmegebühr<br />

€ 690,00 für Firmen und € 210,00 für Behörden<br />

und Organisationen, darin eingeschlossen:<br />

Tagungsteilnahme, Tagungsunterlagen<br />

und Tagungsgetränke, Abendempfang.<br />

(alle Preise jeweils zzgl. MwSt.)<br />

Preisnachlässe für Angehörige von GSW-NRW<br />

e.V. und KOMZET e.V. sowie bei mehreren<br />

Teilnehmern<br />

Anmeldung<br />

Schriftlich per Post, Fax oder E-Mail an<br />

Green Defense at KRS GmbH<br />

(Faxanmeldeformular unter www.greendefense.de,<br />

Fax-Nr. 02237-591364)<br />

Rücktritt<br />

Ein Rücktritt für Teilnehmer von der<br />

Anmeldung ist bis zum 27. März <strong>2013</strong><br />

(schriftlich) bei Zahlung einer Bearbeitungsgebühr<br />

von € 35,00 + MwSt. möglich,<br />

danach wird die volle Teilnahmegebühr erhoben.<br />

Aussteller siehe Anmeldeformular.<br />

Ein Ersatzteilnehmer kann jederzeit benannt<br />

werden.<br />

Haftung<br />

Bei Absage einer Veranstaltung aus unvorhergesehenen<br />

Gründen werden die angemeldeten<br />

Teilnehmer sofort benachrichtigt und bereits<br />

bezahlte Teilnahmegebühren zurückerstattet.<br />

Die Haftung des Veranstalters beschränkt sich<br />

auf die Teilnahmegebühr.<br />

Es gelten die AGB der Green Defense at KRS<br />

GmbH.<br />

Zimmerbuchung<br />

Informationen zur Unterkunft werden auf der<br />

Webseite von Green Defense zur Verfügung<br />

gestellt werden.<br />

PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong> 35


IT-Unterstützung<br />

für den Kommissar:<br />

Mit Datenanalyse<br />

zu einer sichereren Gesellschaft<br />

Seit der Aufdeckung der Zwickauer Terrorzelle im November 2011 und der von ihr verübten<br />

Neonazi-Morde ist viel über die Versäumnisse der verschiedenen Ämter für Verfassungsschutz<br />

und der Landeskriminalämter diskutiert worden. Hauptkritikpunkte waren<br />

vor allem die fehlende Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden und der mangelnde Informationsaustausch<br />

zwischen den Polizeibehörden der Länder und des Bundes. In Zukunft wird<br />

auch die Ermittlungsarbeit der Polizei ganz wesentlich durch intelligente Software-Lösungen<br />

unterstützt werden: Mit der Crime Information Platform wurde eine Analyse-Lösung entwickelt,<br />

die die Ermittlungsarbeit durch die Auswertung von Dokumentationen, Protokollen und Akten<br />

maßgeblich beschleunigen kann. In Zusammenarbeit mit dem Centre for <strong>Security</strong> and Society<br />

der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg stellt eine Forschungsgruppe aus Wissenschaftlern und<br />

IBM-Vertretern sicher, dass die Lösung den verfassungsrechtlichen Vorgaben der föderal organisierten<br />

Polizeistruktur der Bundesrepublik Deutschland und den geltenden Datenschutzrichtlinien<br />

entspricht und darüber hinaus auch gesellschaftlich und ethisch akzeptiert wird.<br />

Polizeiliche Ermittlungsarbeit besteht nicht<br />

nur daraus, den Täter durch spitzfindige Fragen<br />

à la Columbo in Widersprüche zu verwickeln,<br />

sondern zunächst aus dem langwierigen Lesen<br />

von Ermittlungsakten, Verhörprotokollen, Berichten<br />

und Aktennotizen. Dabei muss jedoch<br />

nicht nur der einzelne Fall betrachtet werden: genau<br />

so entscheidend sind mögliche Verbindungen<br />

zu anderen Fällen. Deshalb stellt sich die<br />

viel schwieriger zu beantwortende Frage: wie<br />

können diese Verbindungen zu anderen Fällen<br />

36 PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong><br />

erkannt werden? Die Komplexität dieser Fragestellung<br />

wird besonders deutlich, wenn man<br />

sich die Vielzahl von Kriminalermittlungen vor<br />

Augen führt, die in Deutschland durchgeführt<br />

werden und die dabei berücksichtigt werden<br />

müssten. Der europäische oder internationale<br />

Kontext wird dabei noch gar nicht betrachtet,<br />

spielt aber z.B. bei Europol im offenen Europa<br />

aber eine zunehmende Rolle.<br />

Der entscheidende Erfolgsfaktor ist gegenwärtig<br />

der Ermittler, der alle Texte zu einem Fall<br />

und idealerweise auch zu ähnlichen Fällen so<br />

aufmerksam lesen muss, dass ihm auch vermeintliche<br />

„Nebensächlichkeiten“, wie beispielsweise<br />

der „dunkle Lieferwagen“ auffällt,<br />

der von zwei verschiedenen Zeugen am Rande<br />

erwähnt wurde. Völlig offen ist dabei, wie ein Ermittler<br />

aus der Masse der Ermittlungsakten in<br />

Deutschland gezielt an Informationen gelangen<br />

kann, die z.B. im Zusammenhang mit einer anderen<br />

Straftat ermittelt wurden, die aber wichtig<br />

für die Lösung seines konkretes Falles sind.<br />

Mehr sehen mit der digitalen Lesebrille<br />

Die Crime Information Platform kann die Polizei<br />

bei ihrer Ermittlungsarbeit nun wesentlich<br />

unterstützen: Anders als herkömmliche statistische<br />

oder Business Intelligence Technologien<br />

ist sie in der Lage, unstrukturierte Daten - und<br />

damit alle Arten unstrukturierter Informationen<br />

wie Berichte, Falldokumenationen, aber auch<br />

Videobilder, die zusammen immerhin 80 Prozent<br />

aller Informationen in einem Ermittlungsfall<br />

ausmachen - zu analysieren. Ihre Stärke liegt<br />

nicht nur darin, dass sie riesige Text- und Dokumentenmengen<br />

in Echtzeit erfasst, sie deckt


IBM und Universität Freiburg - Industrie und Forschung gemeinsam gegen das Verbrechen<br />

Datenschutz und Privatsphäre sind in Deutschland hohe Güter und im Grundgesetz verankert.<br />

Bei der polizeilichen Ermittlung spielen die strengen Datenschutzgesetze und die föderale Struktur<br />

der Bundesrepublik mit den eigenständigen Länderpolizeibehörden eine wichtige Rolle bei der<br />

Verbrechensbekämpfung.<br />

IBM arbeitet seit 2011 mit dem Centre for <strong>Security</strong> and Society der Universität Freiburg zusammen,<br />

um gesellschaftspolitische und rechtliche Fragen zu klären, die bei der Entwicklung von<br />

Sicherheitstechnologien wie der Crime Information Plattform berücksichtigt werden müssen. Ziel<br />

ist es, eine intelligente Lösung zu entwicklen, die den besonderen juristischen Anforderungen der<br />

Datenschutzgesetze und der föderalen Struktur in Deutschland gerecht wird.<br />

Die IBM entwickelt Technologien, die dabei helfen, die polizeiliche Ermittlungsarbeit effizienter<br />

zu gestalten. Der Gesetzgeber macht strickte Vorgaben zum Schutz der Persönlichkeitsrechte der<br />

Bürgerinnen und Bürger und für die Verwertbarkeit der Beweise im Gerichtsverfahren. An dieser Stel-<br />

le setzt das Centre for <strong>Security</strong> and Society der Universität Freiburg an: Gemeinsam mit der<br />

IBM identifizieren die Forscher die rechtlichen Vorgaben, konfigurieren die Plattform, so dass<br />

die rechtlichen Vorgaben eingehalten werden und erforschen aktuelle gesellschaftliche Veränderungen<br />

und deren Auswirkungen auf polizeiliche Ermittlungsmethoden, wie z.B. die zunehmende<br />

Virtualisierung des öffentlichen Raumes durch Plattformen wie Facebook und Co.<br />

Ein aktuelles Beispiel stellt der Datenaustausch zwischen den Bundesländern dar: Um<br />

Phänomene bundesweit identifizieren zu können, das heißt überregionale Delikte, die sich<br />

ähneln, miteinander in Verbindung bringen zu können, prüfen beide Partner gerade die Möglichkeiten<br />

eines automatisierten Datenaustausches. Es wird geprüft, inwieweit durch den Einsatz<br />

von Anonymisierungs- und Pseudonomisierungsmechanismen oder anderen Technologien<br />

die Datenschutzrechtlichen und föderalen Vorgaben des Gesetzgebers erfüllt und der<br />

Datenaustausch selbst somit beschleunigt werden kann. Die Erwartungen an die elektronische<br />

Unterstützung sind hoch: sie soll nicht nur für einen schnelleren Datenfluss sorgen,<br />

sondern sie muss letztlich die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben garantieren. Diese Garantie<br />

ersetzt ein Stück weit das Vertrauen, das man den Beamten bisher bei der Weitergabe<br />

von Aktenordnern und Faxnachrichten entgegenbringen muss.<br />

Für das Team der IBM und des Centre for <strong>Security</strong> and Society ist Deutschland durch seine<br />

föderale Struktur ein Sonderfall. Die restriktive Situation fordert die Partner allerdings<br />

nicht nur heraus, Lösungen unter besonderen Bedingungen zu optimieren, sondern rüstet<br />

sie gleichzeitig für potentielle Anfragen aus weiteren Ländern. Denn: Ein Trend zu einer höheren<br />

Sensitivität gegenüber den Persönlichkeitsrechten kann zunehmend beobachtet werden.<br />

Integrierte Analyse- und Auswerteplattform<br />

für Sicherheitsbehörden - „Crime Information<br />

Platform“<br />

Beziehungen zwischen den handelnden Personen<br />

auf, liefert Fakten zu einem Suchbegriff<br />

und hilft dem Ermittler somit Auffälligkeiten<br />

schneller zu erkennen. Dokumente und Fallakten<br />

müssen also nicht mehr in ihrer Gesamtheit<br />

gelesen werden, sondern können vom Analyseergebnis<br />

ausgehend faktenspezifisch erschlossen<br />

werden. Indem bei der automatischen<br />

Analyse jeder Sachverhalt farblich<br />

markiert wird, können Ermittler und Sachbearbeiter<br />

mit einem Blick erkennen, was wichtig ist.<br />

Sind beispielsweise alle Handelnden in roter<br />

Farbe markiert, lassen sich alle Beteiligte eines<br />

Falles relativ schnell mit den Beteiligten ähnlicher<br />

Vorgänge vergleichen.<br />

Gut vernetzt - schneller gelöst<br />

Da sich Täter nicht an Ländergrenzen halten,<br />

muss auch die Polizeiarbeit länderübergreifend<br />

funktionieren. Im föderalen Deutschland,<br />

in der das Polizeirecht Ländersache ist, ist<br />

der Datenaustausch zwischen den Bundesländern<br />

eine besondere Herausforderung. Durch<br />

die Verbindung verschiedenster Datenquellen in<br />

der Crime Information Platform kann der Täter<br />

schnell ermittelt werden, auch wenn die Tatorte<br />

in unterschiedlichen Bundesländern liegen.<br />

Auch hier ist es das Ziel der Zusammenarbeit<br />

zwischen dem Centre for <strong>Security</strong> and Society<br />

und IBM, rechtliche und gesellschaftliche<br />

Aspekte rund um die Sicherheitstechnologien in<br />

den Bundesländern zu untersuchen.<br />

Den Ermittler und seine Arbeit vor Ort wird<br />

die Crime Information Platform nicht ersetzen,<br />

aber als Analyse-Helfer an seiner Seite kann sie<br />

die Ermittlungsarbeit entscheidend unterstützen<br />

und beschleunigen. Denn Zeit ist der entscheidende<br />

Faktor, der eine heiße Spur letztlich zu einer<br />

erfolgreichen Ermittlung macht. ➛<br />

Die Autoren:<br />

Alexander M. Schmidt,<br />

ist bei IBM auf europäischer<br />

Ebene zuständig für Informationsmanagement<br />

und Datenanalyse-Projekte<br />

im Öffentlichen<br />

Sektor.<br />

Dr. Sebastian Höhn,<br />

ist Geschäftsführer des<br />

Instituts für Sicherheit<br />

und Gesellschaft an<br />

der Albert-Ludwigs-<br />

Universität Freiburg.<br />

PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong> 37


von Dipl.-Ing Ulrich Skubsch<br />

Jamming:<br />

Die Störanfälligkeit<br />

des Digitalfunks<br />

wird unterschätzt<br />

Es herrscht Ruhe! Stille kann so schön sein, so erholsam - nicht aber, wenn es<br />

um dringend notwendige Kommunikation geht, wenn es um Bereiche des<br />

behördlichen Einsatzes, der Sicherheit und den allerorts diskutierten Schutz<br />

Kritischer Infrastrukturen geht. Dann ist Kommunikation das Essentielle, die Basis<br />

aller Maßnahmen.<br />

Beim Thema Funk ist häufig zu hören: „Das<br />

hatten wir schon immer so, das funktioniert -<br />

das ist immer so und das wird immer so sein!“<br />

Damit dies dann aber auch der Zeit entspricht<br />

und sich auf neuestem Stand der Technik bewegt,<br />

leisten wir uns auch mal eben 14 Jahre<br />

Planungs- und Entwicklungszeit und sind dann<br />

auf so ein Produkt wie den „Digitalen Behördenfunk“<br />

mächtig stolz. Wen wundert es, wir haben<br />

doch eine Bundesanstalt extra dazu eingerichtet,<br />

dass alles im wahrsten Sinne regelge-<br />

38 PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong><br />

„Was ich<br />

nicht weiß,<br />

macht mich<br />

nicht heiß“<br />

recht eingerichtet wird und natürlich funktioniert.<br />

Nein, wir schauen nicht zurück: „in den<br />

Streifenwagen werden Sie das Bild des Bankräubers<br />

übertragen bekommen, auf Einsatzfahrt<br />

zur Bank werden Sie über die Räumlichkeiten<br />

informiert worden sein...“<br />

Lange übertriebene Versprechen<br />

Solche Industrie-Werbeaussagen aus dem<br />

Jahr2002, solche Erinnerungen führen wir nun<br />

nicht an, denn lange schon wissen wir: es wird<br />

technisch nicht möglich sein, derartige Ziele zu<br />

verwirklichen. Es heißt nun stattdessen: die Einrichtung<br />

diene der Sprachübertragung, maximal<br />

15 Prozent Datenübermittlung ist in der zur Verfügung<br />

stehenden Bandbreite hierfür reserviert.<br />

Wir fragen nun auch nicht danach, wie z.B. der<br />

unter Vollschutz eingesetzte Feuerwehrmann<br />

die dringend benötigte Unterstützung anfordern<br />

kann, wenn sich sein neues Digital Gerät gerade<br />

- mangels Feldstärke - ausgebucht hat und<br />

zum erneuten Einloggen etwa zwei Minuten<br />

wertvolle, evtl. lebensrettende Zeit verstreicht.<br />

Der Überbegriff „Trunked Radio“, eine Art<br />

Bündelfunk, die technologische Familie unseres<br />

Digitalen BOS-Funks, ist weltweit bewährt, lange<br />

im Einsatz und lebt von der Robustheit und Funk-


tionalität. Haben wir stattdessen nach 14 Jahren<br />

mit einem speziellen deutschen Entwurf des<br />

Trunked Radio immer noch Startprobleme? Mit<br />

diesem Fingerzeig auf die Baustelle und die Kommunikationsbeeinträchtigung<br />

an wichtiger Schaltstelle<br />

sei des Chronisten Pflicht Genüge getan.<br />

Vielmehr soll hier der Hinweis auf ein Problem,<br />

viel unangenehmer in der Auswirkung, aber gleich<br />

im Sachzusammenhang gegeben sein.<br />

Der BOS-Funk wird bereits gestört<br />

Vergleicht man diese Problematik mit den<br />

systemischen Startschwierigkeiten des Digitalen<br />

BOS-Funks, die vermutlich irgendwann behoben<br />

sein werden, so ist die Beeinträchtigung<br />

des Funkverkehrs durch Jamming um ein Vielfaches<br />

bedrohlicher. Handelt es sich doch um<br />

dahinter steckende kriminelle Energie, mit unkalkulierbaren<br />

Intensitäten und Auswirkungen.<br />

Man sollte dies nicht als Horrorszenario abtun.<br />

Das Problem existiert schon heute.<br />

1. Mai 2012, Kundgebung in Berlin-Kreuzberg:<br />

Der Digitalfunk ist derart mit „Artefakten“<br />

(zerhackten Sprachfetzen bis zum Übertragungsabbruch)<br />

versehen, dass eine Polizei-<br />

Kommunikation zur brisanten, jährlich stattfindenden<br />

DEMO der Alternativen gefährlich und<br />

„wirkungsvoll“ außer Kraft gesetzt wird. Vorbereitet<br />

auf die Störung ist niemand, weder mit<br />

Technik oder mit irgendeinem Plan B für den<br />

eventuellen Gesamt-Ausfall der Kommunikation.<br />

Es bedarf wenig Phantasie, um andere<br />

Szenarien zu beschreiben. Die Technik wird weltweit<br />

angeboten - und gekauft. Nach eigener Befragung<br />

eines Herstellers vor Ort in Israel gehen<br />

nicht alle Geräte an Kunden, die in einer Kundendatei<br />

dokumentiert sind. Ware gegen Geld -<br />

und das Gerät ist irgendwo einsatzbereit.<br />

Sender im Westentaschenformat<br />

Sogar der Aktentaschenraum (vom Kofferraum<br />

zu schweigen) eines smarten zweisitzigen<br />

Bild oben:<br />

Die Zeiten wandeln sich rasant: Franz-Josef Strauß fuhr noch unter<br />

Ausnutzung erheblichen Kofferraum-Volumens autotelefonierend<br />

durch die Gegend.:<br />

Der Aktentaschenraum (von Kofferraum bewusst nicht gesprochen)<br />

eines smarten 2 Sitzer Kleinfahrzeugs reicht vollkommen aus, um einen<br />

Radius von 5 Km um eine Funk-Basisstation herum jeglichen<br />

Kommunikationsnetzes zu blockieren.<br />

Um eine ganze Stadt mit mehreren Basisstationen zu beeinflussen<br />

geht´s dann auch mit etwas größerem Aufwand weiter.<br />

Bild links:<br />

Auszug der technischen Beschreibung eines Störsenders: „Portable<br />

Pelican attaché case, Wide frequency coverage (800-2500)MHz, 10<br />

– 20 Watts per band, Blocks all Cellular and SMS communication. …<br />

Excellent Blocking Range of nearby Base-stations … Easy, intuitive<br />

operation … Weight: approximately 6Kg (without battery)“<br />

Kleinfahrzeugs reicht vollkommen aus, um in einem<br />

Radius von fünf Kilometern um eine Funk-<br />

Basisstation herum jegliches Kommunikationsnetz<br />

zu blockieren. Um eine ganze Stadt mit<br />

mehreren Basisstationen zu beeinflussen, bedarf<br />

es eines etwas größeren Aufwandes. Aber<br />

auch schon das Gerät in der Jackentasche lässt<br />

des Polizisten Diensthandy und alle weiteren<br />

Handgeräte im Nahbereich verstummen.<br />

Man sollte nun nicht glauben, der Störer<br />

ließe sich peilen und in extremer Schnelle dingfest<br />

machen. Die hier anzusprechende Bundesnetzagentur<br />

ist zwar technisch darauf vorbereitet,<br />

hat nach aktuellem Wissensstand aber keine<br />

ad hoc-Möglichkeit und erst recht keine personellen<br />

Ressourcen, mit ihrer sowieso<br />

überfrachteten Aufgabenstruktur schnell tätig<br />

zu werden. Die einzige zivile Institution, die dazu<br />

perfekt in der Lage wäre, ist die ganz anders<br />

gelagerte und spendenfinanzierte Deutsche Gesellschaft<br />

zur Rettung Schiffbrüchiger mit ihren<br />

PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong> 39


Störsender aller Art sind weitgehend verboten, auf dem Weltmarkt aber relativ frei erhältlich.<br />

Schon das Gerät in der Jackentasche lässt des Polizisten Diensthandy und alle weiteren Handgeräte<br />

im Nahbereich verstummen<br />

diversen Küsten-/Schiffs-Peilstellen. Sie werden<br />

ergänzt durch ein gut durchdachtes Ortungssystem<br />

von Hilfsbedürftigen per GMDSS<br />

(Global Maritime Distress and Safety System).<br />

Diese technischen Einrichtungen, Dienststellen<br />

und Regeln wurden über Jahre eingerichtet<br />

und sogar in Sportbooten installiert. Sie<br />

sind extrem funktionell und haben sich bewährt.<br />

Aber sie dienen der Hilfe auf See bei manchmal<br />

ausbleibender Informationsübermittlung und einem<br />

eventuell noch übermittelten Burst aus einem<br />

Seefunkgerät - also einem kurzen Sendeimpuls,<br />

der zur Peilung und Ortung ausreicht,<br />

außerdem zu Wasser und nicht an Land. Kann<br />

das also wirklich damit enden, im Krisenfall den<br />

bewährten KRAD-Melder wieder zu reaktivieren?<br />

Aus jetziger Sicht ist diese Frage zunächst eindeutig<br />

mit ja zu beantworten.<br />

Ausweg Niederfrequenzen<br />

Allerdings gibt es doch eine weitere, schnell<br />

verfügbare und zeitgemäße technische Lösung.<br />

Bereits seit Jahren gibt es die allgemein formulierten<br />

Bestrebungen Militärtechnik in die zivile<br />

Nutzung zu migrieren. Für das hier einschlägige<br />

Beispiel ist ein kleiner Exkurs in die Technik notwendig:<br />

Die o.a. im Fokus befindlichen Kommunikationssysteme<br />

werden allgemein in einem<br />

Frequenzbereich weit über 30 MHz betrieben.<br />

Die Antennen sind von handhabbarer Länge, die<br />

Geräte klein und portabel und alles ist kontinuierlich<br />

enormen Innovationszyklen unterworfen.<br />

Die Größenentwicklung des Handys sei an dieser<br />

Stelle zitiert: Ein Franz-Josef Strauß fuhr<br />

noch unter Ausnutzung erheblichen Kofferraum-<br />

40 PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong><br />

Volumens autotelefonierend durch die Gegend.<br />

Heute passen intelligentere Geräte mit besserer<br />

Leistung und explodierender Nutzungsvielfalt<br />

in das Jacken-Täschchen, welches einst für<br />

Münz-Geld in die rechte Anzug-Tasche integriert<br />

worden ist.<br />

Der unvermeidliche Nachteil aus aktueller<br />

Sicht dabei ist: Diese minimierte Größe hat<br />

auch nur noch der Stör-Sender. Ein Ausweg ist<br />

durch die Frequenz vorgegeben. Die Vielfältigkeit<br />

der Frequenzwahl unterhalb 30 MHz ermöglicht<br />

zum Einen Reichweiten, die gerade im<br />

Einsatzfall alles momentan Übliche übertreffen.<br />

Zum Anderen kann der Störanfälligkeit automatisiert<br />

mit intelligentem Frequenzwechsel begegnet<br />

werden, sodass Kommunikation immer<br />

gewährleistet ist.<br />

Es fehlt an Problembewusstsein<br />

Selbst der Schutz Kritischer Infrastrukturen<br />

hat synergetische Effekte. Stromausfälle in regionalen<br />

Bereichen lassen sich durch Kommunikationsversorgung<br />

aus überregionalen Bereichen<br />

ad hoc kompensieren. Die hierzu notwendige<br />

Energie bezieht sich dabei nicht auf die<br />

Netz-Existenz, deren Betrieb und Struktur, sondern<br />

nur lokal auf das jeweilige Gerät. Diese Versorgungs-Infrastruktur<br />

bringen die Gerätschaften<br />

aber vom Akku bis zum Solarpaneel bereits<br />

komplett mit.<br />

Um unter solchen Bedingungen mobile<br />

Störungen zu ermöglichen, ist auch heute noch<br />

der aufgerüstete LKW erforderlich - und der ist<br />

nicht so eben im Internet zu bestellen. Kleine<br />

handliche Geräte in falscher Hand haben kein-<br />

Störsender - JAMMER<br />

Eine unter SecuPedia, der Plattform für<br />

Sicherheits-Informationen, zu findende Definition<br />

lautet: „Die oft auch mit dem englischen<br />

Fachbegriff Jammer bezeichneten<br />

Störsender geben ein meist breitbandiges<br />

Hochfrequenzsignal ab, mit dem Ziel, den<br />

Empfang von Funkübertragungen zu verhindern,<br />

indem sie deren elektromagnetische<br />

Wellen überlagern. Die Funktionsweise beruht<br />

darauf, dass das Störsignal einen potenziellen<br />

Empfänger auf seiner Betriebsfrequenz<br />

mit einer höheren Feldstärke erreicht<br />

als das zu unterdrückende Nutzsignal. Die<br />

Zulässigkeit einer Inbetriebnahme von Störsendern<br />

ist jeweils von der landesspezifischen<br />

Rechtslage abhängig. In den meisten<br />

Ländern ist der Öffentlichkeit eine legale Nutzung<br />

nicht möglich. Der praktische Einsatz erstreckt<br />

sich vom Personenschutz (z.B. zur<br />

Absicherung von Fahrzeugkonvois gegen<br />

funkferngezündete Sprengsätze) über Abhörschutz<br />

(zur Überlagerung illegaler Funkübertragungen,<br />

Abhörsicherheit) bis zur selektiven<br />

Unterdrückung von Funkfrequenzen oder<br />

Frequenzbändern im taktischen Bereich. Neben<br />

der Nutzung als Sicherheitseinrichtung<br />

werden Störsender auch zur Beeinträchtigung<br />

der Verfügbarkeit von Sprach-, Datenund<br />

Videoübertragungen eingesetzt. Bei<br />

GSM-, UMTS-, WLAN- (bzw. VoWLAN) und<br />

DECT-Infrastrukturen (DECT=Digital Enhanced<br />

Cordless Telecommunications) sowie<br />

GPS- (Satellitenortungssystem), Bluetooth<br />

und Telemetrie-Anwendungen wurden bereits<br />

Fälle gezielter Denial-of-Service-Attacken<br />

(DoS) bekannt.“ (www.secupedia.info)<br />

erlei Auswirkung, die Kommunikation bleibt sichergestellt<br />

und stabil. Entsprechende Geräte<br />

sind bereits verfügbar, das Konzept präsentationsreif.<br />

Es fehlen die richtigen Ansprechpartner.<br />

Viel schlimmer ist, dass die potenziellen Ansprechpartner<br />

davon oft noch gar nicht wissen<br />

oder wissen wollen: „Was ich nicht weiß, macht<br />

mich nicht heiß.“ Doch die Bedrohung ist vorhanden,<br />

intensiver und näher, als manche glauben.<br />

➛<br />

Der Autor:<br />

Dipl.Ing.<br />

Elektrotechnik<br />

Ulrich Skubsch<br />

ist öffentlich<br />

bestellter<br />

Sachverständiger<br />

für elektronischeAlarmsysteme<br />

und<br />

Funkübertragung<br />

sowie Sicherheitsberater<br />

seit 1977.


30jähriges Jubiläum<br />

des E-3A-Verbands auf der<br />

NATO Air Base Geilenkirchen<br />

Open<br />

Day<br />

Der NATO E-3A Verband feierte am<br />

16.+17. Juni sein 30jähriges Jubiläum<br />

und öffnete für zwei Tage seine<br />

Tore für die Öffentlichkeit auf der Air Base<br />

Geilenkirchen. Konnten vor fünf Jahren noch<br />

100.000 Besucher zum 25jährigen Bestehen<br />

der Air Base kommen, durften diesmal<br />

wegen verschärfter Sicherheitsbestimmungen<br />

"nur" 20 000 pro Tag auf die sonst<br />

kaum zugängliche Air Base.<br />

Brigadegeneral Burkhard Pototzky, der<br />

Kommandeur der Air Base, wollte die Veranstaltung<br />

auch als es ein kleines Dankeschön an<br />

alle umliegenden Gemeinden verstehen. Seit<br />

dreißig Jahren besteht dieses verständnisvolle<br />

Miteinander, das sich kontinuierlich bewähren<br />

muss in Fragen zum Fluglärm, den Erfordernissen<br />

des militärischen Flugbetriebes und des<br />

Emmissionsschutzes. „Wir versuchen, konstruktiv<br />

in Zusammenarbeit mit der Zivilbevölkerung<br />

mit diesen Problemen umzugehen“, betonte<br />

der General. Immerhin lebt der Großteil<br />

der 3.000 Soldaten aus 16 Nationen im Umkreis<br />

von 50 Kilometern um die Air Base.<br />

Kampf- und Aufklärungsflugzeuge Hubschrauber<br />

sowie zivile Sportmaschinen lockten<br />

die Besucher nach Geilenkirchen-Teveren. Im<br />

Bereich des Vorfeldes konnte man neben einer<br />

Messerschmitt Me 262 auch einen Eurofighter<br />

auf dem Rollfeld bewundern, ein in der ehemaligen<br />

Sowjetunion entwickelter Jagdbomber mit<br />

polnischer Landesflagge stand neben einem<br />

F-4 Kampfflugzeug der Luftwaffe. Aber auch<br />

Transportmaschinen wie die C160 ‘Transall’<br />

oder die norwegische C130J ‘Hercules’ waren<br />

zu bewundern. Die längsten Schlangen gab es<br />

bei den AWACS-Maschinen, die von innen besichtigt<br />

werden konnten.<br />

Die 17 auf dem Flugplatz vertretenen NATO-<br />

Mitgliedstaaten präsentierten auf dem Vorfeld<br />

und in zwei Hangars ein abwechslungsreiches<br />

Programm mit mehr als 20 Musik- und Tanzgruppen<br />

und für das leibliche Wohl sorgte die<br />

„Nations Corner“ (landestypische Speisen und<br />

Getränke aus verschiedenen NATO-Ländern).<br />

Am Abend heizte dann die Hermes House Band<br />

zur Hangar-Party bis in die Morgenstunden den<br />

6.000 Besuchern ein. Ein Feuerwerk am Nachthimmel<br />

rundete das gelungene Jubiläum ab.<br />

1978 beschloss die NATO die Aufstellung<br />

einer Frühwarnflotte (NAEW&CF/ NATO Airborne<br />

Early Warning & Control Force) und die Einrichtung<br />

des NATO E-3A-Verbandes mit seinem<br />

Haupteinsatzflugplatz in Geilenkirchen. Am 24.<br />

Februar 1982 landete die erste E-3A AWACS-Maschine<br />

auf dem NATO-Flugplatz Geilenkirchen.<br />

Diese Landung läutete eine neue Ära im Bereich<br />

der Luftraumüberwachung ein.<br />

Die NAEW&C-Flotte besteht derzeit aus zwei<br />

operationellen Einsatzverbänden: dem multinationalen<br />

NATO E-3A-Verband in Geilenkirchen<br />

(Bundesrepublik Deutschland), dem 17 Boeing<br />

NATO E-3A-AWACS (luftgestütztes Frühwarn- und<br />

Leitsystem) -Luftfahrzeuge für den Einsatz zur<br />

Verfügung stehen, und der britischen E-3D Component<br />

mit 7 E-3D-AWACS-Luftfahrzeugen in<br />

Waddington (Großbritannien), deren Besatzungen<br />

ausschließlich aus Personal der Royal Air<br />

Force bestehen.<br />

Während am AWACS-Programm der NATO<br />

18 Nationen beteiligt sind (Belgien, Dänemark,<br />

Deutschland, Griechenland, Großbritannien, Italien,<br />

Kanada, Luxemburg, die Niederlande, Norwegen,<br />

Polen, Portugal, Rumänien, Spanien,<br />

die Tschechische Republik, die Türkei, Ungarn<br />

und die Vereinigten Staaten), wird das Militärpersonal<br />

des NATO E-3A-Verbands von 16 Nationen<br />

gestellt (Großbritannien betreibt sein eigenes<br />

E-3-System und Luxemburg stellt kein Militärpersonal).<br />

Die NATO E-3A-Luftfahrzeuge werden<br />

von ihrem Haupteinsatzflugplatz (Main<br />

Operating Base) in Geilenkirchen aus eingesetzt.<br />

Hinzu kommen vier vorgeschobene Einsatzflugplätze<br />

(Forward Operating Bases/Location).<br />

Diese befinden sich in Trapani (Italien),<br />

Aktion (Griechenland), Konya (Türkei) und Oerland<br />

(Norwegen).<br />

Der E-3A-Verband ist der erste multinationale<br />

fliegende Verband der NATO und damit einzigartig<br />

in der Militärgeschichte. Der Auftrag des<br />

E-3A-Verbands umfasst das gesamte Spektrum<br />

der taktischen Gefechtsführung zur Unterstützung<br />

wirkungsorientierter Operationen in der<br />

ganzen Welt im Auftrag der zuständigen NATO-<br />

Befehlshaber. Seit Januar 2011 sind die NATO-<br />

Besatzungen mit ihren AWACS Maschinen täglich<br />

im Einsatz über Afghanistan im Rahmen des<br />

ISAF-Mandates (International <strong>Security</strong> Assistance<br />

Force). Darüber hinaus unterstützen sie<br />

die NATO bei der Seeraumüberwachung im Mittelmeer<br />

bei der Operation ‘ACTIVE ENDEA-<br />

VOUR’. (zi) ➛<br />

PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong> 41


Dr. Gernot Wittling<br />

Das THW-<br />

Informationszentrum<br />

in Berlin<br />

So lautete der Titel eines im Jahre 1961 veröffentlichten Buches des PR-Fachmannes<br />

Georg-Volkmar Graf Zedtwitz von Arnim. Diesem in unserer heutigen<br />

Informationsgesellschaft geradezu zur Pflicht gewordenem Axiom folgend,<br />

stellte die Bundesanstalt Technisches Hilfswerk im Jahre 2007 das THW- Informationszentrum<br />

in Dienst. Beheimatet in der Dienststelle des Landesbeauftragten<br />

für Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt in Berlin, Soorstraße 84, erfüllt es die<br />

Aufgaben eines kommunikativen Hauptstadtbüros und führt hauptstadtbezogene<br />

Maßnahmen aller Art in den Bereichen Besucherdienst, Veranstaltungsorganisationund<br />

durchführung sowie Kontaktpflege auf Veranlassung der THW-Leitung und des<br />

Bundesministeriums des Innern durch.<br />

Warum fiel die Entscheidung für die Wahl<br />

des Standortes auf Berlin, schließlich hat die<br />

THW - Leitung selbst ihren Sitz nach wie vor in<br />

Bonn? Die Erklärung liefern die Entwicklungen,<br />

wie sie sich, ausgehend von den friedlichen Revolutionen<br />

des Jahres 1989 und dem nachfol-<br />

42 PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong><br />

„Tu Gutes<br />

und rede<br />

darüber“<br />

genden Ende des Ost - West - Gegensatzes, ab<br />

den frühen 1990er Jahren in Deutschland, Europa<br />

und der Welt vollzogen.<br />

Bereits seit dem Fall der Mauer - und mehr<br />

noch dem Umzug von Parlament und Regierung<br />

von Bonn nach Berlin - konnte in Berlin ein sig-<br />

Carole L . Cameron, Direktorin für Internationale<br />

Beziehungen der FEMA, und David Kaufman,<br />

Politischer Direktor folgen interessiert<br />

den Erläuterungen der ehrenamtlichen Helfer<br />

nifikanter Anstieg der Zahl von Gästen und Besuchern<br />

beobachtet werden, die sich für die Arbeit<br />

der Katastrophenschutzorganisation des<br />

Bundes interessierten. Zusammen mit der<br />

Hauptstadtfunktion Berlins waren es jedoch<br />

noch andere Faktoren, welche nicht nur zu einer<br />

massiven Steigerung des auf das THW gerichteten<br />

öffentlichen Interesses, sondern auch zur<br />

Notwendigkeit der Schaffung eines in der Bundeshauptstadt<br />

angesiedelten Informationszentrums<br />

führten.


So sehen sich die für den Schutz der Bevölkerung<br />

Verantwortlichen in der Bundesrepublik<br />

Deutschland und weltweit seit dem Ende<br />

der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts vor eine<br />

Vielzahl neuer Herausforderungen gestellt.<br />

Terrorismus in einer neuen Qualität und militärische<br />

Konflikte asymmetrischen Charakters<br />

auf der einen, Katastrophen in wachsenden Dimensionen<br />

und immer kürzeren Abständen auf<br />

der anderen Seite, haben die Vulnerabilität unserer<br />

hoch technisierten und global vernetzten<br />

Welt auf dramatische Art und Weise verdeutlicht.<br />

Im Rahmen eines integrierten Hilfeleistungssystems<br />

stellt sich das THW aktiv den<br />

hieraus erwachsenden Anforderungen an ein<br />

komplexes Gefahrenmanagement, einschließlich<br />

einer verstärkten nationalen und internationalen,<br />

interdisziplinären Kooperation im Rahmen<br />

der Gefahrenabwehr.<br />

Zur Befriedigung des in diesem Zusammenhang<br />

permanent steigenden Interesses am<br />

THW bieten sich in der Bundeshauptstadt mit ihrer<br />

Konzentration von politischen Institutionen,<br />

Verbänden, Medien und Unternehmen hervorragende<br />

Möglichkeiten. So lag es nahe, die<br />

wichtige Stabsaufgabe eines Informationszentrums<br />

der Dienststelle des Landesbeauftragten<br />

in Berlin zu übertragen. Im Jahre 2004 wurde<br />

mit der Einrichtung begonnen. Drei Jahre darauf<br />

folgte die feierliche Einweihung. Zum Informationszentrum<br />

gehört ein klimatisierter, mit<br />

hochmoderner Präsentations-, Kommunikations-<br />

und Konferenztechnik ausgestatteter Tagungsraum<br />

für bis zu 80 Personen.<br />

Im Mittelpunkt der Arbeit des Informationszentrums<br />

steht ein breites Spektrum an Zielgruppen.<br />

Dieses umfasst zum einen politische<br />

Mandatsträger aller Ebenen, Entscheidungsträger<br />

aus Politik, Wirtschaft, Verwaltung und gesellschaftlichen<br />

Institutionen sowie Repräsentanten<br />

ausländischer Vertretungen in Deutschland.<br />

Hinzu kommen in- und ausländische Fachleute<br />

aus dem Bereich des Zivil- und<br />

Katastrophenschutzes, Angehörige von Partnerorganisationen,<br />

Bundespolizei, Bundeswehr<br />

sowie Presse- und Medienvertreter. Schließlich<br />

zählen auch Wirtschaftsverbände, Verbände mit<br />

Bezug zum THW bzw. zur Thematik Innere Sicherheit,<br />

Hochschulen und Wissenschaftsinstitutionen,<br />

Teilnehmer der durch die MdB - Wahlkreisbüros<br />

oder von der THW - Bundesvereinigung<br />

angebotenen Berlin - Reisen und am THW<br />

und interessierte Bürgerinnen und Bürger zu<br />

diesem Kreis.<br />

Entscheider aus dem In- und Ausland beeindruckt<br />

von der Arbeit des THW<br />

Die Aktivitäten beschränken sich hierbei keineswegs<br />

nur auf die Räumlichkeiten der Dienststelle.<br />

Auch Veranstaltungen , wie etwa der Auftritt<br />

des THW beim Bundesministerium des Innern<br />

während des Tages der offenen Tür der<br />

Bundesregierung oder „THW und MdB“ am und<br />

im Reichstag werden vorbereitet und aktiv be-<br />

Verstanstaltung „MdB und THW“: (v.l.n.r.) Michael Becker, THW-Bundesjugendleiter, THW-Präsident<br />

Albrecht Broemme, Stephan Mayer, Präsident der THW-Bundesvereinigung, Gerd Friedsam,<br />

heutiger THW-Vizepräsident, Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich, Rainer Schwierczinski,<br />

THW-Vizepräsident, Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner, Thomas Vogel, THW – Helfer<br />

im Ortsverband Berlin - Friedrichshain – Kreuzberg, Nicolas Hefner, THW – Pressesprecher<br />

Landesbeauftragter Manfred Metzger im Gespräch mit Direktor Willi Scholl (BABS Schweiz), Präsident<br />

Christoph Unger und Vizepräsident Ralph Tiesler (beide BBK),<br />

gleitet. Über die Information von MdB-Besuchergruppen<br />

und hochrangigen Fachbesuchern<br />

hinaus wird das Zentrum auch für Berlin-Seminare<br />

der THW - Bundesvereinigung sowie Konferenzen<br />

und Beratungen aller Organisationsebenen<br />

des THW und anderer Behörden genutzt.<br />

Neben den hauptstadtbezogenen Aufgaben<br />

gehören außerdem diejenigen der internen und<br />

externen Kommunikation des Landesverbandes<br />

Berlin, Brandenburg, Sachsen - Anhalt zum Aufgabenbereich.<br />

Eine weitere Hauptaufgabe der<br />

Öffentlichkeitsarbeit konzentriert sich vor allem<br />

auf externe Besucher. Vornehmlich durch einsatzerfahrene<br />

ehrenamtliche Helferinnen und<br />

Helfer als Referenten, wird ein modernes Image<br />

des THW vermittelt und dessen Bekannt-<br />

heitsgrad und öffentliche Akzeptanz gefördert.<br />

Bislang lag das Schwergewicht hierbei auf - in<br />

der Regel ca. fünfzig Personen umfassende -<br />

Gruppen aus den Wahlkreisen von Abgeordneten<br />

des Deutschen Bundestages (MdB). Organisiert<br />

werden derartige Reisen vom Bundespresseamt.<br />

Jeder dieser Besucher ist zugleich<br />

ein Multiplikator, der die Ideen des THW als zu<br />

neunundneunzig Prozent von ehrenamtlicher<br />

Tätigkeit getragener Katastrophenschutzbehörde<br />

transportiert und verbreitet, was gerade unter<br />

den - hohe Anforderungen an die Nachwuchsgewinnung<br />

stellenden - Bedingungen des<br />

demographischen Wandels und der Aussetzung<br />

der Wehrpflicht von kaum zu unterschätzender<br />

Bedeutung ist. Neben der Tatsache, dass diese<br />

PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong> 43


Eine Hauptaufgabe der Öffentlichkeitsarbeit konzentriert sich vor allem auf externe Besucher.<br />

Besuchergruppen, bedingt durch die THW -<br />

Einsätze im Rahmen von Naturkatastrophen im<br />

In - und Ausland seit 2010 (z.B. Hochwasser an<br />

Oder, Schwarzer Elster und Weichsel) ein vermehrtes<br />

Interesse für das THW entwickelten,<br />

gelang es speziell seit 2011 auch im wachsenden<br />

Maße, Funktionseliten und Entscheidungsträger<br />

aus dem In - und Ausland zu erreichen.<br />

Gerade ausländische Fachbesucher zeigen sich<br />

hierbei immer wieder fasziniert von der weltweit<br />

einmaligen, auf Ehrenamtlichkeit gegründeten<br />

Struktur des THW, wenn sie sich über dessen<br />

Stellung und Rolle im Bevölkerungsschutzsystem<br />

der Bundesrepublik Deutschland, Ausstattung,<br />

Anforderungswege sowie Potentiale<br />

und Einsatzmöglichkeiten im Auslandseinsatz<br />

informieren lassen. „Wir haben größten Respekt<br />

vor einem solchen langjährigen ehrenamtlichen<br />

Engagement“, sagte Jess Bratton,<br />

politischer Berater und bei der amerikanischen<br />

Federal Emergency Management Agency (FEMA)<br />

zuständig für Deutsch-Russische und Russische-US-Beziehungen<br />

zum Abschluss des Besuches<br />

einer hochrangigen FEMA - Delegation<br />

im Juni 2012. Besonderes geschätzt bei Besuchern<br />

aus den Wahlkreisen der MdB, hochrangigen<br />

Gästen und Fachbesuchern gleichermaßen<br />

ist dabei die durch den im gleichen Hause<br />

ansässigen THW - Ortsverband Berlin - Charlottenburg<br />

- Wilmersdorf gegebene Möglichkeit,<br />

sich über THW und Ehrenamt informieren und<br />

zugleich Technik und Ausstattung des THW vor<br />

Ort in Augenschein nehmen zu können.<br />

Insofern erwies sich die Entscheidung, das<br />

Informationszentrum nicht nur organisatorisch,<br />

sondern auch räumlich an die Dienststelle des<br />

Landesbeauftragten anzugliedern, als goldrich-<br />

44 PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong><br />

tig. Insgesamt fanden im Jahre 2011 annähernd<br />

4000 und bis Ende Juli 2012 bereits wieder circa<br />

2400 Gäste den Weg in das Informationszentrum.<br />

Die Entwicklung des Informationszentrums<br />

selbst ist, vor allem was dessen inhaltlich-konzeptionelle<br />

Ausrichtung anbetrifft, keineswegs<br />

abgeschlossen. Den weiter wachsenden Anforderungen<br />

an das THW entsprechend, unterliegt<br />

diese ebenfalls einer stetigen Fortschreibung.<br />

Gerade unter den weiter oben erläuterten<br />

Bedingungen neuer Herausforderungen ist eine<br />

noch festere Verankerung des THW im Bewusstsein<br />

von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft,<br />

besonders auch im Hinblick auf den Zusammenhang<br />

zwischen dessen Einsatzkraft und der<br />

Gewährleistung der für die ehrenamtliche Tätigkeit<br />

der Helferinnen und Helfer erforderlichen<br />

Akzeptanz, unbedingt erforderlich. Vorgesehen<br />

ist eine deutliche Erweiterung der Kontaktpflege<br />

, darunter der Akquise einer breiten Öffent-<br />

lichkeit über den Kreis der durch das Bundespressamt<br />

zu gewinnenden Gruppen hinaus.<br />

Weiterhin geplant sind etwa die Erstellung von<br />

Vortragsmodulen zum „Erlebnis THW“ mit persönlicher<br />

gehaltener Vortragsweise aus der Perspektive<br />

von THW - Helferinnen und Helfern und<br />

ein zielgruppenorientierter Einsatz der Referenten.<br />

Mittels einer neuen Veranstaltungsreihe<br />

sollen verstärkt Angehörige von Funktionseliten<br />

und Entscheidungsträger aus Politik, Wirtschaft,<br />

Verwaltung und Wissenschaft angesprochen<br />

werden.<br />

Mittels der in Kürze anstehenden Einrichtung<br />

eines eigenen Internetauftritts schließlich<br />

wird die angesichts des skizzierten Aufgabenspektrums<br />

dringend benötigte Erweiterung der<br />

Kommunikationskanäle des Informationszentrums<br />

realisiert werden. All dies zusammengenommen,<br />

ist das THW - Informationszentrum<br />

schon heute gut gerüstet, seinen Teil zur Erfüllung<br />

der anspruchsvollen Zukunftsaufgaben des<br />

THW zu leisten. ➛<br />

Der Autor: Dr. Gernot Wittling<br />

• Studium der Wirtschaftsgeschichte in Berlin<br />

• 1992 - 1997 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Geschichtswissenschaften<br />

der Humboldt- Universität zu Berlin<br />

• 1993 Promotion an der Humboldt - Universität zu Berlin<br />

• 1993 Visiting Fellow am St Antony’s College der Universität Oxford<br />

• 1994 - 2004 in herausgehobenen Funktionen der Kommunalpolitik<br />

ehrenamtlich auf dem Gebiet des Bevölkerungsschutzes tätig<br />

• 2000 - 2012 THW - Geschäftsführer, Geschäftsführerbereich<br />

Frankfurt (Oder)<br />

• Seit 1.Juni 2012 Leiter des THW - Informationszentrums<br />

• Lehrbeauftragter am Institut für Geschichtswissenschaften der<br />

Humboldt - Universität zu Berlin<br />

•Mitglied im Arbeitskreis Militärgeschichte e.V.<br />

• Herausgeber, Autor bzw. Mitautor zahlreicher Veröffentlichungen auf den Gebieten von Bevölkerungsschutz,<br />

öffentlicher Sicherheit und Geschichtswissenschaft


Innovative Ideen –<br />

Neue Projekte<br />

Projekte für Behörden und Organisationen<br />

mit Sicherheitsaufgaben<br />

Vor etwa 40 Unternehmerinnen und<br />

Unternehmern konnte der Projektleiter<br />

von SecuCity.EU - Volker Berwald<br />

- ein eindrucksvolles Leistungsangebot<br />

seines von den Firmen ERVO GmbH und<br />

Green Defense@ KRS GmbH getragenen Projekts<br />

darstellen. Alle Teilnehmer gehörten<br />

zum Kreis der Gesellschaft der sicherheitsund<br />

wehrtechnischen Wirtschaft e.V. aus<br />

Düsseldorf (GSW-NRW e. V.).<br />

Die GSW-NRW e.V. führte am 30.08.2012<br />

in den Räumen des Deutschen Verbandes der<br />

Gebrauchshundsportvereine in Hemer eines<br />

ihrer quartalsweise angesetzten Mitgliedertreffen<br />

durch. Dieses Treffen stand unter dem<br />

Thema „Innovative Ideen – Neue Projekte“. Das<br />

Kooperationsprojekt SecuCity.EU präsentiert<br />

sich bei dieser Veranstaltung und teilnehmenden<br />

Partnerfirmen.<br />

"SecuCity.EU" ist ein Projekt der erfolgreichen<br />

Kooperation der ERVO GmbH und Green<br />

Defense @ KRS GmbH. Ziel dieses Projekts ist<br />

es, für Behörden und Organisationen mit<br />

Sicherheitsaufgaben (BOS) sowie für selektierte<br />

Kunden aus der Wirtschaft ein breites<br />

Dispositiv zum Erwerb von eigenen Fähigkeiten<br />

und Unterstützungsleistungen aus den Bereichen<br />

anzubieten:<br />

• Bevölkerungsschutz<br />

•Sicherheit (Staatlich, betrieblich oder/und<br />

gesellschaftlich/privat)<br />

• Katastrophenvorsorge und -bewältigung<br />

•Verteidigung<br />

Projektleiter von SecuCity.EU, Volker Berwald,<br />

legte besonderen Wert auf die Fest-<br />

stellung, dass es sich beim Projekt SecuCity.EU<br />

nicht um eine weitere „Wach- und<br />

Schließgesellschaft“ handele sondern um ein<br />

Team von hochqualifizierten Spezialisten und<br />

Trainern sowie Firmen mit technisch herausragenden<br />

Produkten.<br />

Wohnraum für Polizeischüler.<br />

Den wachsenden Bedarf an Unterkünften<br />

für „Polizeischüler“ zu decken, haben sich<br />

SecuCity.EU und der Deutsche Verband der<br />

Gebrauchshundsportvereine (DVG) zum Thema<br />

gemacht.<br />

Mit der zufälligen Bezeichnung „K14“<br />

haben beide Organisationen das ehemalige<br />

Verwaltungsgebäude des DVG in Lünen Brambauer<br />

zu 17 komfortablen Schlafmöglichkeiten<br />

mit Küchen und Gemeinschaftsräumen entwickelt.<br />

Dieses Angebot traf auf so rege Nachfrage,<br />

dass sich die Beteiligten von<br />

SecuCity.EU entschlossen haben, dieses<br />

Vorhaben auszudehnen: In nächster Zukunft<br />

sollen noch weitere Objekte dieser Art entstehen.<br />

Im einem ehemaligen Wohnhaus entsteht<br />

nun mit angestrebten 22 Schlafplätzen und<br />

den dazugehörigen Gemeinschaftsräuen das<br />

nächste Projekt mit dem Namen K15. Es soll<br />

bis Ende 2012 fertiggestellt sein. Einige<br />

Mietverträge sind auch für dieses Projekt<br />

schon geschlossen. (zi/hwr) ➛<br />

PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong> 45


von Dr. Bernhard Schulz<br />

Teil 2:<br />

Neue<br />

Entwicklungen<br />

beim Einsatz von<br />

Drohnen<br />

Drohnen gehören im militärischen und zivilen Bereich zu den am stärksten sich<br />

entwickelnden Märkten mit immer neuen Anwendungsgebieten und interessanten<br />

Entwicklungen..<br />

Aufklärungs- und Kampfdrohnen werden<br />

weltweit massiv forciert<br />

Der militärische Einsatz von Aufklärungsund<br />

Kampfdrohnen gehört derzeit zu den dynamischsten<br />

Entwicklungen weltweit.<br />

•Der US-Kongress bewilligte Anfang 2012 den<br />

Einsatz von bis zu 30.000 Aufklärungsdrohnen<br />

bis zum Jahre 2020. Die US-Heimatschutzbehörde<br />

will hiermit u.a. Bewegungen<br />

im öffentlichen Raum verfolgen.<br />

• Russland will bis 2020 rund 10 Mrd. Euro in<br />

den Bau von Aufklärungs- und Kampfdrohnen<br />

investieren.<br />

• Die NATO-Staaten sind derzeit dabei ihre<br />

Drohnenflotte massiv auszuweiten.<br />

Aktuell hat der CIA und das US-Militär über<br />

800 Drohnen im Einsatz. Die US-Luftwaffe trainiert<br />

mittlerweile mehr Piloten für die unbemannten<br />

Flieger als für die Kampfjets.<br />

Anfang 2012 verfügte die Bundeswehr über<br />

330 Drohnen in verschiedenen Gewichtsklassen,<br />

davon waren rund 70 Drohnen in Afghanistan<br />

im Einsatz. In Deutschland besteht vor allem<br />

bei den Langstreckendrohnen und Kampfdrohnen<br />

ein Nachholbedarf.<br />

Für die Aufklärung wurden Heron-Aufklärungsdrohnen<br />

von Israel geleast und der<br />

Langstreckenaufklärer „Euro Hawk“ bestellt. Allerdings<br />

verzögert sich beim Euro Hawk die Auslieferung<br />

um 1 Jahr.<br />

46 PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong><br />

Everybodys<br />

Darling<br />

Ein ganz heißes Eisen ist derzeit die Entwicklung<br />

und der Einsatz von Kampfdrohnen.<br />

Präsident Obama setzt diese mit großem Erfolg<br />

im Kampf gegen Terroristen ein, wobei hiermit<br />

inzwischen über 2300 Qaida-Kämpfer getötet<br />

wurden.<br />

Ganz oben auf der Wunschliste vieler Staaten<br />

steht daher die Beschaffung von Kampfdrohnen:<br />

• Deutschland und Frankreich unterzeichneten<br />

im Juni 2012 in Paris eine Absichtserklärung,<br />

um eine eigene Kampfdrohne zu entwickeln.<br />

• Das Verteidigungsministerium holte aktuell<br />

ein Angebot für die Beschaffung der Reaper-<br />

Drohne (Nachfolger vom Predator) ein. Der<br />

Kaufentscheidung wird voraussichtlich im<br />

3. Quartal 2012 getroffen, wobei u.a. noch<br />

unklar ist, ob und wie die Drohne bewaffnet<br />

wird.<br />

• Russland entwickelt eine eigene Angriffsdrohne,<br />

die 2014 getestet werden soll.<br />

Bei den Aufklärungs- und Kampfdrohnen<br />

zeichnen sich verschiedene Entwicklungen ab:<br />

• Drohneneinsatz bei der kämpfenden<br />

Truppe: Das Pentagon bestellte im Oktober<br />

2011 für 4,9 Mio. $ die günstig herzustellende<br />

Mini-Aufklärungs- und Kampfdrohne<br />

Switchblade. Die 70 cm große und 3 kg<br />

schwere Drohne in der Größe eines Modellflugzeugs<br />

kann rund 40 Minuten fliegen und<br />

erreicht eine Geschwindigkeit von 130 bis<br />

170 km/h. Sie ist mit zwei Kameras sowie<br />

mit kleinen Sprengsätzen ausgestattet. Mit<br />

der Kamikaze-Drohne können Scharfschützen<br />

bzw. Angreifer bei einem Hinterhalt ausgeschaltet<br />

werden.<br />

• Bessere Tarnung und Minitarisierung<br />

von Spionagedrohnen: Israel entwickelt<br />

Drohnen in der Größe eines Schmetterlings.<br />

Forscher an der amerikanischen Luftwaffenbasis<br />

Wright-Patterson gaben Erkundungsdrohnen<br />

das Aussehen von Libellen oder Fledermäuse.<br />

• Autonome Flüge: Großbritannien plant mit<br />

der Drohne „Mantis“ zukünftig den Luftraum<br />

zu überwachen. Sie soll rund um die Uhr fliegen<br />

und die Flugroute selbständig berechnen.<br />

• Minitarisierung der Waffen: Zur Steigerung<br />

der Wirkungskraft von Kampfdrohnen<br />

gibt es in mehreren Ländern Programme kleinere<br />

und präzisere Raketen und Bomben einzusetzen.<br />

Hiermit könnten auch ältere bzw.<br />

kleinere Aufklärungsdrohnen ausgestattet<br />

werden.<br />

• Transport von Fracht: Ferngelenkte Hubschrauber<br />

können genutzt werden, um die<br />

kämpfende Truppe mit dringend benötigten<br />

Materialien zu versorgen.<br />

• Verlängerung der Flugzeit: Die Aufklärungs-<br />

und Überwachungsdrohnen sollen


eine immer längere Zeit in der Luft bleiben.<br />

Boeing entwickelt eine 45 m große Flugdrohne,<br />

die mit Flüssigwasserstoff betrieben wird<br />

und bis zu 4 Tage in der Luft bleiben kann. Im<br />

Juli 2010 flog das Solarflugzeug Zephyr 14<br />

Tage bis zu 21 km hoch. Es ist einsetzbar als<br />

Späh- und Kommunikationsplattform sowie<br />

für die Kartographie und Höhenforschung.<br />

Drohneneinsatz bei Polizei, Feuerwehr und<br />

Katastrophenschutz<br />

Der Einsatz von Aufklärungsdrohnen zur<br />

schnellen Ermittlung eines Lagebildes bei Unfällen<br />

und Katastrophen ist ein sich rasch entwickelndes<br />

Einsatzfeld. Die Flugdrohnen können<br />

mit Kameras (z.B. Video- bzw. Infrarotkameras)<br />

und Sensoren zur Aufklärung und Überwachung<br />

ausgestattet werden. Die Übertragung<br />

der Daten erfolgt dabei oftmals in Echtzeit.<br />

Für diese Flugdrohnen gibt es vielfältige Anwendungsgebiete:<br />

• Überwachung von größeren Demonstrationen,<br />

Menschenansammlungen bzw. des regulären<br />

Verkehrs oder Staus durch die Polizei<br />

• Suche nach Verdächtigen oder Vermissten<br />

(z.B. in der Dunkelheit mit Infrarotkameras)<br />

•Sicherung von Bahnanlagen (z.B. Schutz vor<br />

Kupferdiebstahl)<br />

• Überwachung von schwer zugänglichen Gebieten,<br />

im Grenzschutz (u.a. um illegale Einwanderer<br />

zu erkennen) bzw. gefährdeten Gebieten<br />

(z.B. Überwachung der Deiche)<br />

•Vermittlung eines Lagebildes bei größeren<br />

Bränden in einem Hafen bzw. bei Waldbränden<br />

• Analyse von Umweltschäden (z.B. Identifikation<br />

von Ölteppichen auf dem Meer, Analyse<br />

von Schadstoffwolken, Messung von Strahlung<br />

bei havarierten Atomkraftwerken)<br />

• Einsatz bei größeren Katastrophen, um<br />

schnell in Echtzeit einen aktuellen Überblick<br />

zu erhalten und die Lagebewertung der Einsatzkräfte<br />

zu verbessern. Ferner wird daran<br />

geforscht, dass Drohnen nach einer Katastrophe<br />

die Handy-Kommunikation gewährleisten.<br />

• Ein ferngesteuertes Modellflugzeug mit einer<br />

Spezialkamera wurde auch schon erfolgreich<br />

von Vogelschützern auf Malta zur Identifikation<br />

von illegalen Fanganlagen eingesetzt.<br />

Die Drohnen sind derzeit noch relativ teuer<br />

und haben eine Flugzeit von rund 15 bis 60 Minuten.<br />

Die aktuellen Weiterentwicklungen gehen in folgende<br />

Richtungen:<br />

• Entwicklung kostengünstiger Drohnen:<br />

Open Relief entwickelt derzeit eine Aufklärungsdrohne<br />

für Rettungseinsätze, die aus<br />

Open-Source-Komponenten und einem handelsüblichen<br />

Bausatz besteht. Sie sammelt<br />

Daten (z.B. Aufnahmen, Wetterdaten, Strahlungsdaten)<br />

in einem Katastrophengebiet<br />

und leitet diese an die Rettungskräfte weiter.<br />

Die Aufklärungsdrohne soll rund 20 bis 30 Mi-<br />

Drohnen finden heute in allen nur vorstellbaren Einsatzgebieten ihren Platz: Militärisch werden<br />

Aufklärungs- und Kampfdrohnen weltweit massiv forciert, Der Drohneneinsatz bei Polizei, Feuerwehr<br />

und Katastrophenschutz ist ein sich rasch entwickelndes Einsatzfeld aber auch beim kommerziellen<br />

Einsatz von Drohnen gibt es vielfältige Anwendungsgebiete.<br />

nuten fliegen und bis Ende 2012 serienreif<br />

sein.<br />

• Verlängerung der Flugzeit mittels leistungsstärkerer<br />

Akkus bzw. über die Zuführung<br />

von externer Energie<br />

• Einsatz von leistungsstarken Drohnen zum<br />

Transport von Hilfsgüter<br />

• Erste texanische Sheriffs überlegen schon,<br />

ob sie ihre Drohnen mit Waffen ausrüsten.<br />

• Fähigkeit selbständig autonom zu steuern<br />

und Hindernisse zu erkennen<br />

Kommerzieller Einsatz von Drohnen<br />

Der Einsatz von Flugdrohnen in der Wirtschaft<br />

entwickelt sich ebenfalls rasant. In zahlreichen<br />

Branchen gibt es vielfältige Anwendungsgebiete<br />

für Aufklärungs- bzw. Arbeitsdrohnen:<br />

• Die Verwendung von Videodrohnen in der<br />

Filmproduktion liefert oftmals bessere und<br />

günstigere Bilder als mit einem Hubschrauber<br />

oder Kamerakran.<br />

• Einsatz von Foto- bzw. Videodrohnen durch<br />

Makler bzw. Fotografen, um bspw. ein Anwesen<br />

vorteilhaft zu präsentieren bzw. Luftaufnahmen<br />

von Gebäuden, Landschaften, Konzerten<br />

oder Sportereignissen zu erstellen.<br />

• Inspektion von Öl- und Gaspipelines, Hochspannungsleitungen,<br />

Photovoltaikanlagen,<br />

Brücken, Windparks oder Gebäudefassaden<br />

• Das Deutsche Institut für Raumfahrt, die TU<br />

München und der Maschinenhersteller Claas<br />

forschen am Einsatz von Flugdrohnen in der<br />

Landwirtschaft. Sie sollen dabei vor der<br />

Ernte die Felder absuchen, um so den Tod von<br />

Kitzen durch Mähdrescher zu reduzieren.<br />

• Das Logistikunternehmen FedEx prüft den<br />

Einsatz von Drohnen als Frachtflieger.<br />

• In Gegenden mit einer unterentwickelten Infrastruktur,<br />

in entlegenen Gebieten bzw. auf<br />

Inseln könnten Medikamente, Ersatzteile, eilige<br />

Lieferungen, etc. transportiert werden.<br />

• Erste Drohnen konstruierten in kleinerem Maßstab<br />

meterhohe Türme. Leistungsfähigere<br />

Drohnen könnten auch ganze Häuser bauen.<br />

PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong> 47


Die Bundeswehr setzt die unbewaffnete Aufklärungsdrohne Heron 1 in Afghanistan ein, Verteidigungsminister<br />

Thomas de Maizière möchte die Drohnen nun auch bewaffnen.<br />

Der große Vorteil ist, dass die Drohnen überall<br />

dort einsetzbar sind, wo die Nutzung normaler<br />

Hubschrauber zu teuer bzw. zu gefährlich<br />

ist. Sie sind zudem schneller und flexibler einsetzbar.<br />

Im privaten Bereich werden ferngesteuerte<br />

Quadrocopter bzw. Hubschrauber mit Kameras<br />

auch immer beliebter:<br />

• Die im Mai 2012 in Deutschland auf dem<br />

Markt gekommene Parrot AR.Drone 2.0 hat<br />

eine HD-Kamera an Bord mit der man seine<br />

Bilder bzw. Videos sofort mit anderen teilen<br />

bzw. auch auf Youtube hochladen kann.<br />

• Ferngesteuerte Mini Hubschrauber mit eingebauter<br />

Kamera und SD-Karte kosten dabei<br />

nur noch 50-100 Euro.<br />

Im Internet erschien das erste Video einer<br />

Drohnen-Band. Mehrere Mini Quadrocopter<br />

spielten auf verschiedenen Musikinstrumenten<br />

(Schlagzeug, Keyboard, Gitarre) eine James-<br />

Bond-Titelmelodie.<br />

Neue Risiken und Abstimmungsbedarf<br />

beim Einsatz von Drohnen<br />

Im Zusammenhang mit dem zunehmenden<br />

Einsatz von Flugdrohnen entstehen neue Risiken,<br />

die diskutiert und abgestimmt werden<br />

müssen:<br />

• Abstürze von Drohnen: In den vergangenen<br />

5 Jahren verlor Deutschland rund 5 % der<br />

Drohnen durch Abstürze.<br />

• Feindliche Übernahme: Die feindliche<br />

Übernahme von Flugdrohnen mit gefälschten<br />

GPS-Signalen durch externe Staaten bzw. Terroristen<br />

ist eine neue Gefahrenquelle.<br />

– Nach eigenem Bekunden gelang es dem<br />

Iran im Dezember 2011 eine US-Aufklärungsdrohne<br />

mit einem Cyberangriff (gefälschte<br />

GPS-Signale) zu übernehmen und<br />

sicher zu landen. Diese High-Tech-Drohne<br />

will der Iran nun 1:1 nachbauen.<br />

– Im Juni 2012 konnten Studenten an der<br />

Universität von Texas mit einem Aufwand<br />

48 PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong><br />

von unter 1000 $ eine zivile Drohne mittels<br />

gefälschter (unverschlüsselter) GPS-Signale<br />

auf einen neuen Kurs bringen.<br />

• Virenbefall: Seit mehreren Monaten<br />

bekämpft das US-Militär einen hartnäckigen<br />

Virenbefall, der einen Teil ihrer militärischen<br />

Drohnen heimsuchte.<br />

• Autonomer Flug: Die derzeitigen Drohnen<br />

fliegen in der Regel ferngesteuert bzw. auf einen<br />

vorher programmierten Kurs. In der nahen<br />

Zukunft gibt es jedoch Flugdrohnen, die<br />

autonom ihren Flugkurs berechnen. Hier besteht<br />

ein Abstimmungsbedarf mit der normalen<br />

Luftfahrt.<br />

• Umfang der Datensammlung: Bei den Aufklärungsdrohnen<br />

fallen umfangreiche Informationen<br />

an. Regelungsbedarf besteht hier<br />

in welchem Umfang Daten gesammelt und<br />

gespeichert werden dürfen.<br />

Es ist davon auszugehen, dass die Minidrohnen<br />

immer günstiger, leistungsfähiger und<br />

verfügbarer werden. Dies birgt das Risiko, dass<br />

diese Technologie in die falsche Hände (Terroristen,<br />

Verbrechersyndikate, Stalker, Paparazzi,<br />

...) gerät und die Privatsphäre ausgespäht wird.<br />

Was ist in der nahen Zukunft noch zu erwarten<br />

?<br />

Es gibt zwei wesentliche Schlüsseltechnologien,<br />

wo in naher Zukunft entscheidende Fortschritte<br />

zu erwarten sind und die den ganzen<br />

Drohneneinsatz enorm forcieren werden:<br />

a) autonomer Flug und Interaktion zwischen<br />

den Drohnen bzw. mit der Umgebung<br />

Das Ziel der Forschung ist hier u.a., dass<br />

Drohnen autonom fliegen, Gefahren selbständig<br />

erkennen und Hindernissen ausweichen.<br />

In Forschungseinrichtungen stimmen sich<br />

Drohnen mittlerweile untereinander ab und fliegen<br />

Kunstflugfiguren in Formation. Ebenso erfassen<br />

Drohnen auch externe Informationen<br />

und richten daran den Flug aus. So spielen Qua-<br />

drocopter an der ETH Zürich bspw. miteinander<br />

Ball.<br />

b) Bereitstellung von mehr Energie – leistungsfähigere<br />

Akkus<br />

Eine weitere Schlüsseltechnologie ist die<br />

Bereitstellung von mehr Energie zur Erhöhung<br />

der Leistungsfähigkeit und Flugdauer. Die Forschungen<br />

und Entwicklungen sind dabei vielfältig:<br />

• Schnellere Energieaufnahme: Die normalen<br />

Lithium-Akkus benötigten einige Zeit bis<br />

sie wieder aufgeladen sind. In der Forschung<br />

wurden spezielle Lithium-Akkus entwickelt,<br />

die eine Energieaufnahme innerhalb weniger<br />

Sekunden ermöglichen.<br />

• Externe Energiezufuhr:<br />

– In den USA stellte im November 2010 ein<br />

akkubetriebener Quadrocopter von Ascending<br />

Technologies einen neuen Flugzeit-<br />

Weltrekord auf, wobei der Flug nach über<br />

12 Stunden abgebrochen wurde. Der Quadrocopter<br />

bezog die Energie aus dem eigenen<br />

Akku sowie einem Bodenlaser, der eine<br />

unter der Drohne angebrachte Solarzelle<br />

mit Energie versorgte. Aktuell fliegen die<br />

mit Bodenlaser betriebenen Flugdrohnen<br />

auch schon mehrere Tage in einem Windkanal.<br />

– Sehr interessant ist ebenfalls die Nutzung<br />

von Solarenergie.<br />

• Erhöhung der Akku-Leistungsfähigkeit:<br />

Viele Universitäten forschen weltweit intensiv<br />

an der Steigerung der Energiedichte der Akkus.<br />

Hier ist zu erwarten, dass in den nächsten<br />

Jahren leistungsfähigere Akkus auf den<br />

Markt kommen.<br />

Für den militärischen Gebrauch wurden inzwischen<br />

auch Wasserstoff-Brennstoffzellen<br />

entwickelt, die eine Flugzeit von mehreren<br />

Stunden ermöglichen.<br />

Der Einsatz von leistungsfähigeren Akkus<br />

wird zu einem zusätzlichen Wachstumsschub<br />

bei der Verbreitung von Drohnen im zivilen Bereich<br />

führen. ➛<br />

Der Autor:<br />

Dr. Bernhard Schulz ist Inhaber und Geschäftsführer<br />

von Dr. Schulz Infomarketing<br />

e.K. und betreibt u. a. die Webseite<br />

www.quadrocopter-drohnenshop.de.<br />

Nach dem<br />

BWL-Studium<br />

und der<br />

Promotion<br />

war er bei<br />

der Quelle<br />

GmbH als<br />

Leiter Aktiver<br />

Verkauf<br />

& CRM<br />

tätig.


TOP-Thema:<br />

Die Lithiuminitiative<br />

Neue Verfahren der Lithiumgewinnung<br />

aus Salzseen<br />

Strom aus Wasserkraft mit neuem Konzept<br />

Erneuerbare Energien in der Systemintegration


Die Lithium-<br />

Init iative<br />

Ist Lithium, das "Öl von morgen" wie es genannt wird, der Rohstoff der Zukunft?<br />

Der Lithiumbedarf ist in den letzten Jahren stark gestiegen und wird<br />

auch in der kommenden Zeit weltweit weiter steigen. Lithium ist wichtiger<br />

Bestandteil von Mobiltelefonen und Flachbildschirmen und wird künftig auch in<br />

Elektrofahrzeugen Verwendung finden, denn damit können leistungsfähige Batterien<br />

gebaut werden. Es herrscht eine weltweite Aufbruchstimmung in der Automobilbranche.<br />

Um dem derzeitigen "Lithium-Fieber" der Industrie zu begegnen, entwickeln<br />

Freiberger Wissenschaftler neue Verfahren, wie das seltene Metall in<br />

Bolivien aber auch im Erzgebirge gewonnen werden kann. Die TU Bergakademie<br />

verfügt als Ressourcenuniversität über eine einmalige Infrastruktur, um alle Schritte<br />

- von der Erkundung über die Aufbereitung bis zur Gewinnung des Lithiums - zu erforschen.<br />

Freiberger Chemiker um Professor Voigt haben 2009 mit der Universität von<br />

Potosi in Bolivien ein gemeinsames Forschungsprogramm gestartet, um effektive<br />

Methoden der Gewinnung von Lithiumsalz aus Salzseen zu entwickeln. Mit Professor<br />

Voigt sprach unser wissenschaftliche Mitarbeiter Dirk Denkel.<br />

PubSec: Herr Professor Voigt, warum sucht<br />

man auf der ganzen Welt nach Lithium-Vorkommen?<br />

Voigt: Lithium ist keine Seltene Erde, wie viele<br />

annehmen, es ist ein Element, was halt nicht so<br />

häufig vorkommt. Ungefähr so wie Kobalt oder<br />

Blei, nur nicht so konzentriert. Es kommt immer<br />

50 ENERGIE & ROHSTOFFE 2-2012 / 1-<strong>2013</strong><br />

verdünnt vor, das ist der Unterschied. Aber verteilt<br />

über die ganze Erde ist es gar nicht so selten.<br />

PubSec: Aber warum hat dann die Industrie<br />

Angst, nicht genügend von dem Rohstoff zu<br />

bekommen?<br />

Voigt: Nun, die Angst ist schon seit etwa zwei<br />

Jahren vorbei! Inzwischen hat man jedoch zum<br />

einen sehr viel neue Funde gemacht und zum<br />

anderen bekannte Vorkommen wieder reaktiviert.<br />

Zurzeit laufen weltweit um die 60 verschiedene<br />

Explorations- und Ausbeutungsprojekte,<br />

davon werden natürlich nicht alle in Produktion<br />

gehen, aber es gibt keinerlei Mangel an<br />

Lithium.<br />

PubSec: Auch nicht bei der zu erwartenden<br />

Entwicklung seitens der Industrie?<br />

Voigt: Es ist nur eine Frage der Geschwindigkeit<br />

zwischen Nachfrage und Angebot, wie damals<br />

bei dem Hype auf Silizium, korrekter gesagt Solarsilizium<br />

- aber das pegelt sich ein. Es ist letztendlich<br />

nur eine Frage des Preises. Der Preis für<br />

Lithiumkarbonat sollte pro Tonne nicht unter<br />

4.000 Dollar sinken, sollte aber auch nicht über<br />

8.000 Dollar gehen.<br />

PubSec: Wo liegt er denn zurzeit?<br />

Voigt: So um die 6.000 Dollar


Interview mit<br />

Prof. Dr. rer. nat. habil.<br />

Wolfgang Voigt<br />

Mit mehr als 10.000<br />

Quadratkilometern ist<br />

der Salar de Uyuni der<br />

größte Salzsee der<br />

Welt. Freiberger<br />

Wissenschaftler<br />

wendeten dort neue<br />

Verfahren zur Lithiumgewinnung<br />

aus<br />

Salzseen an.<br />

PubSec: Nun ist es Ihnen ja gelungen, ein<br />

neues Verfahren zur Gewinnung von Lithium<br />

aus Salzseen in Bolivien zu entwickeln.<br />

Würden Sie dies bitte unseren Lesern kurz<br />

beschreiben?<br />

Voigt: Dazu muss ich aber zunächst ausführen,<br />

welche Schritte man machen muss, um Lithium<br />

aus Salzseen zu gewinnen. Das Lithium ist in<br />

diesen Salzseen als die am leichtesten lösliche<br />

Komponente enthalten. Diese Salzseen enthalten<br />

aber andere Salz-Komponenten wie normales<br />

Speisesalz, fast gesättigt, dann Magnesium,<br />

in chloridischer Form, Sulfate, teilweise<br />

auch Kalisalze, die man direkt dort gewinnt.<br />

Die Salze müssen zuerst einmal alle abgeschieden<br />

werden. Das macht man üblicherweise<br />

durch einen Verdunstungsprozess unter solarer<br />

Eindampfung. Wasser verdampft in großen<br />

Becken, wobei auch der Wind eine Rolle spielt.<br />

Dabei scheiden sich die Salze ab und das Lithiumsalz<br />

wird in gelöster Form dabei aufkonzentriert.<br />

Das ist eine wichtige Phase, wenn man<br />

die nicht richtig macht, hat man hohe Verluste<br />

an Lithium. Dieses Verfahren erfordert aber<br />

auch, dass klimatisch gesehen nur Sonnenschein<br />

und kein Niederschlag auftreten. Das ist<br />

nicht in allen Regionen der Fall. Der zweite<br />

Schritt ist dann, diese konzentrierte Lösung,<br />

die aber insbesondere noch Magnesiumsalze<br />

enthält, chemisch aufzubereiten und daraus Lithiumcarbonat<br />

als Ausgangsstoff z. B. für Batterien<br />

zu gewinnen.<br />

PubSec: Kann man Lithium nicht auch aus<br />

dem Toten Meer gewinnen?<br />

Voigt: Nein, dort ist kaum Lithium enthalten. In<br />

der Endstufe nach der Eindampfung am Toten<br />

Meer sind das in etwa 17 ppm (Milligramm) – also<br />

ganz wenig – ein solches Projekt würde niemand<br />

in Angriff nehmen. Zurück zu Bolivien: Wir<br />

haben also in beiden wesentlichen Schritten<br />

neue Vorschläge entwickelt, einmal für den Verdampfungsschritt,<br />

die Eindampfkegel, die ursprünglich<br />

für die bolivianischen Verhältnisse<br />

konzipiert waren. Wir haben dabei vor allem an<br />

Arbeiter aus der Umgebung gedacht, die so an<br />

der Wertstoffgewinnung teilhaben könnten..<br />

Das Projekt war dezentral angelegt, so dass eine<br />

kleine Produktion aufgezogen werden kann.<br />

Die Kegel sind billig, damit sie sich im Prinzip jeder<br />

anschaffen kann. Diese Lösung kann dann<br />

an einen potenziellen Produzenten verkauft werden,<br />

der damit das Endprodukt herstellt. Dann<br />

folgt in einem zweiten Schritt, und das ist das<br />

Entscheidende, die Abtrennung des Lithiums<br />

vom Magnesium. Das ist der eigentlich schwierige<br />

Schritt. Wir haben zudem einen Verfahrensvorschlag<br />

gemacht, der von der Grundidee<br />

her, an ein Prinzip aus der Kaliproduktion anknüpft<br />

aber eben für die Lithiumabtrennung genutzt<br />

werden kann.<br />

PubSec: Was führte denn dazu, dass in Bolivien<br />

bis heute immer noch nichts produziert<br />

wird?<br />

Voigt: Um es vorsichtig zu umschreiben: Das<br />

sind in erster Linie die politischen Umstände<br />

und die Gegebenheiten der Hochlandbevölkerung.<br />

Das betrifft nicht nur Lithium, sondern<br />

auch andere Bereiche. Die bolivianische Bevölkerung<br />

ist immer wieder in ihrer Geschichte ausgebeutet<br />

worden durch den Raubbau an Silber,<br />

Gold und so weiter. Wo tausende von Indios gearbeitet<br />

haben ist nichts an Wert in der Region<br />

geblieben. Das ist in den Köpfen der Bevölkerung<br />

fest verankert. Bolivien ist sich aber seines<br />

Reichtums an Bodenschätzen wohl bewusst,<br />

nicht nur an Lithium. Daraus will man jetzt Kapital<br />

schlagen, natürlich auch bei Lithium, aber<br />

es fehlt das Eigenengagement. Wir haben uns<br />

dort von Freiberg aus zweieinhalb Jahre mit unserer<br />

Partneruniversität, der Universidad Autónoma<br />

de Tomás Frías (UATF) in Potosí, engagiert,<br />

haben entsprechend Schritte zur Überführung<br />

der Ideen in die praktische Nutzung eingeleitet,<br />

haben ein Studententeam aufgebaut,<br />

das sich Fachwissen angeeignet hat aber dies<br />

alles ist praktisch seit September 2010 zum Erliegen<br />

gekommen aufgrund von Streitigkeiten in<br />

der dortigen Universität. Das beobachtet auch<br />

die bolivianische Gesellschaft. Grade wieder<br />

stand im El Potosí, das ist eine regionale Zeitung<br />

der Region Potosí, dass es einen Hüttenbetrieb<br />

(Blei, Zink) in Karachipampa gibt, der vor<br />

25 Jahren gebaut wurde aber jetzt immer noch<br />

nicht produziert. Vor zwei Jahren war dort ein<br />

großer Streik, weil die regionale Bevölkerung<br />

endlich hier produzieren wollte. Daraufhin hat<br />

die Regierung Zugeständnisse gemacht und versprochen,<br />

dass die Hütte wieder aktiviert wird.<br />

Jetzt streiten sie sich, ob dieses Gebiet nun<br />

überhaupt Industriegebiet wird oder nicht. Wieder<br />

sind zwei Jahre vergangen - also es geht nirgendwo<br />

richtig vorwärts. Ein anderes Beispiel<br />

wäre ein Eisenvorkommen, welches der indische<br />

Konzern Jindal nutzen will - aber da gibt es<br />

die gleichen Probleme. Also die Situation ist<br />

wirklich schwierig, das hat auch nichts mit sozialistisch<br />

oder kapitalistisch zu tun, es ist einfach<br />

so: die Bolivianer gehen einfach auf die<br />

Straße und blockieren alles, wenn ihnen etwas<br />

nicht passt. Wir erklärten das Konzept, dass einige<br />

Kegel aufgebaut werden und wie dort Lithiumkarbonat<br />

gewonnen werden kann. Wir waren<br />

draußen am Salar de Uyuni und haben die<br />

Bevölkerung zu vielen Vorträgen eingeladen,<br />

sind in den Schulen gewesen und vieles mehr.<br />

Am Anfang haben alle zugehört und es war eine<br />

Art von Begeisterung in den Gesichtern zu lesen.<br />

Als es jedoch konkret werden sollte, ist die<br />

erste Frage: Was verdiene ich jetzt. Und wenn<br />

nicht sofort Geld gezahlt wird, passiert gar<br />

nichts mehr. Es geht dabei nicht um viel Geld,<br />

aber nur arbeiten auf Verdacht, dass die Zukunft<br />

etwas bringt geht nicht. Andererseits war es für<br />

uns schwierig diese relativ geringen Summen<br />

kontinuierlich aufzubringen.<br />

PubSec: Wie viel Lithiumkarbonat könnte<br />

man denn aus dieser Lagerstätte gewinnen?<br />

Voigt: Mit diesem Vorkommen könnte man die<br />

ganze Welt versorgen. Das ist belegt. Die Vorkommen<br />

können meiner Meinung nach nicht<br />

überschätzt sondern nur unterschätzt werden.<br />

Dies bestätigt der Kollege Prof. Ballivian, das ist<br />

derjenige, der die Seen dort alle am besten<br />

kennt und die Franzosen (Gruppe Bollore) damals<br />

beraten hatte. Die Schätzung, die jetzt<br />

durch die USGS (Anm. d. R.: USGS = United States<br />

Geological Survey ist eine wissenschaftliche<br />

Behörde im Geschäftsbereich des Innenministeriums<br />

der Vereinigten Staaten) verbreitet<br />

wird, liegt so zwischen fünfeinhalb bis neun Millionen<br />

Tonnen Lithium. Das müssen Sie mal<br />

fünf nehmen, dann haben sie Lithiumkarbonat,<br />

d. h. also zwischen 25 rund 45 Millionen Tonnen<br />

– das ist aber wahrscheinlich die aller unterste<br />

Grenze – es kann also durchaus ein Faktor zehn<br />

mehr sein. Dies ist absolut der größte Vorrat,<br />

den wir auf der Welt haben. Aber aufgrund der<br />

ENERGIE & ROHSTOFFE 2-2012 / 1-<strong>2013</strong> 51


Bedingungen sehe ich in den nächsten 10 bis<br />

15 Jahren nicht wirklich eine erhebliche Produktion.<br />

Nun, das ist aber nicht so schlimm,<br />

weil weltweit viele andere Projekte laufen.<br />

PubSec: Wissen Sie denn, wie hoch der<br />

weltweite Bedarf in den kommenden Jahren<br />

an Lithium oder Lithiumkarbonat sein<br />

wird?<br />

Voigt: Das kann ich Ihnen wirklich nicht sagen.<br />

Es wird einen steilen Anstieg geben, nicht nur<br />

wegen der Batterien. Es gibt ja auch andere<br />

Zweige, wie die Keramik-Industrie, die ständig<br />

mehr Lithium brauchen, die Schmierfett-Industrie<br />

mit ihren Spezialschmierfetten brauchen<br />

immer mehr Lithium, auch Spezialaluminium-<br />

Legierungen haben einen Lithiumgehalt. Also<br />

der Lithiumverbrauch steigt in vielen Bereichen.<br />

Zudem hängt der Batteriesektor wiederum nicht<br />

nur von der Automobilindustrie ab, sondern da<br />

kommen auch ganz andere Aspekte hinzu, wie<br />

solare Energienetze, Speichernetze und unzählige<br />

Kleinverbraucher.<br />

PubSec: Es gibt ja nun lithiumhaltige Feldspäte,<br />

die z. B. Spodumen oder Petalit enthalten,<br />

die man in Australien, Simbabwe<br />

oder Kanada findet. Warum hat man nicht<br />

versucht, diese Vorkommen zu fördern?<br />

Voigt: Doch hat man schon! Aber Sie müssen<br />

die Geschichte betrachten: Die von Ihnen angesprochenen<br />

Vorkommen waren ungefähr bis<br />

52 ENERGIE & ROHSTOFFE 2-2012 / 1-<strong>2013</strong><br />

Bevor die Eindampfungskegel aufgestellt werden können, müssen die Mitarbeiter der TU Bergakademie<br />

Freiberg aufwendige Bohrarbeiten durchführen<br />

1970 die wichtigsten Quellen für Lithium. Man<br />

muss unterscheiden zwischen der Lithiumgewinnung<br />

für die keramische und die Glasindustrie,<br />

das hat man nur als Spodumenkonzentrat<br />

gemacht und hat dies dann direkt eingesetzt<br />

und der Lithiumgewinnung als Herstellung von<br />

Lithiumkarbonat. Die Gewinnung aus lithiumhaltigen<br />

Feldspäten ist aber recht aufwendig<br />

und unter einer Kostenmarge von 4.000 Dollar<br />

pro Tonne Lithium nicht zu machen. Deswegen<br />

erwähnte ich das mit dem Preis, also, wenn der<br />

Lithiumpreis über 4.000 Dollar liegt, dann werden<br />

diese Vorkommen für Lithiumkarbonat zunehmend<br />

genutzt werden. Genau dies ist jetzt<br />

im Gange, sowohl in Kanada, in den USA als<br />

auch in Australien, sehr, sehr stark auch in China.<br />

Hier gibt es wirklich konkrete Projekte. Übrigens<br />

auch in Österreich, in der Koralpe (Anm. d.<br />

R.: die Koralpe ist ein Gebirgszug der Lavanttaler<br />

oder Norischen Alpen in Österreich zwischen<br />

Mur und Lavant) denkt man auch drüber nach<br />

und es stehen auch bald Invest-Entscheidungen<br />

an.<br />

PubSec: In Österreich?<br />

Voigt: Dort gibt es die so genannte Koralpe, das<br />

ist neben dem Erzgebirge das größte Vorkommen<br />

in Europa. Wir haben in der Türkei sogar<br />

noch in einem Salzsee entdeckt, den Tuz Gölü,<br />

ca. 150 Kilometer südlich von Ankara, der auch<br />

Lithium enthält. Das wusste bislang niemand,<br />

zumindest nicht von dem Ausmaß, wie wir es<br />

dort vorgefunden haben. Dieser Salzsee ist<br />

auch nicht grade klein, er hat so um die 60 km<br />

Länge und einige km Breite - das wäre ein Salzseevorkommen<br />

praktisch vor den Toren Europas.<br />

PubSec: Ist unsere Regierung über Ihre Arbeiten<br />

informiert und kennt sie die Schwierigkeiten,<br />

denen Sie unterliegen? Werden<br />

Sie nicht mögliche Weise auch politisch unterstützt?<br />

Voigt: Wie meinen Sie politische Unterstützung?<br />

PubSec: Nun ja, dass unsere Regierung da<br />

mit eingreift, dass sich unser Wirtschaftsminister<br />

einschaltet oder dass das deutsche<br />

Entwicklungshilfeministerium unterstützend<br />

mitwirkt?<br />

Voigt: Nein, das ist mir so jetzt nicht bekannt.<br />

PubSec: Aber wir pumpen ja schon Gelder<br />

in Erschließungsmaßnahmen jetzt in Kenia<br />

für ein neues Zirkonvorkommen.<br />

Voigt: Bei Lithium nicht. Ich sehe das so:<br />

Deutschland hat den Weltmarktführer für Lithium-Verbindungen,<br />

die ehemalige Chemmetall,<br />

die jetzige „ Rockwood Lithium“, die einer amerikanischen<br />

Holding gehört. Die haben ihre Quel-


len in Chile und in den USA. Damit sind sie gut<br />

eingedeckt. In Deutschland besteht im Prinzip<br />

nicht der Bedarf, unbedingt eine weitere Absicherung<br />

zu machen. Was wir in Bolivien gemacht<br />

haben, war mehr oder weniger eine interuniversitäre<br />

Unterstützung/Kooperation, die,<br />

wie ich jetzt erkennen muss, in so kurzer Zeit<br />

nicht zum Erfolg geführt werden kann. Ich weiß,<br />

dass die Außenhandelskammer irgendwann im<br />

Herbst eine so genannte Markterkennungsreise<br />

an den Salar de Uyuni macht aber mehr läuft da<br />

Gewinnung von Wertstoffen aus Bergbauhalden<br />

Die Gewinnung mineralischer Wertstoffe<br />

aus Bergbauhalden steht im Mittelpunkt eines<br />

weiteren Projektes aus der Fördermaßnahme<br />

"r 3 - Innovative Technologien für Ressourceneffizienz<br />

- Strategische Metalle und Mineralien"<br />

des Bundesministeriums für Bildung und Forschung.<br />

Im von Prof. Jens Gutzmer vom Lehrstuhl<br />

für Lagerstättenlehre und Petrologie geleiteten<br />

Projekt "SMSB - Gewinnung strategischer<br />

Metalle und anderer Mineralien aus<br />

sächsischen Bergbauhalden" werden Aufschüttungen<br />

auf sächsischem Gebiet auf ihren<br />

Inhalt an strategischen Metallen untersucht.<br />

Die TU Bergakademie Freiberg erhält für das<br />

Projekt 910.000 Euro Fördermittel vom Bund.<br />

Neben einem interdisziplinären Team aus<br />

Geowissenschaftlern, Verfahrenstechnikern,<br />

Chemikern und Metallurgen der TU Bergakademie<br />

Freiberg beteiligen sich mehrere Firmen<br />

als Verbundpartner an dem Projekt. Dabei wird<br />

das Team um Prof. Jens Gutzmer auch bei der<br />

Koordination des Projektes durch das Helmholtz-Institut<br />

Freiberg für Ressourcentechnolo-<br />

Die Eindampfungskegel – eine Erfindung der TU Bergakademie Freiberg, um kostengünstig,<br />

schnell und umweltverträglich Lithium zu gewinnen<br />

anscheinend nicht. Wir haben auch mit der<br />

deutschen Botschaft in Bolivien sehr guten Kontakt.<br />

Dort hatte ich Industrievertreter getroffen<br />

– aber bei Lithium ist man da sehr zurückhaltend.<br />

Auch in der nächsten Zeit glaube ich nicht,<br />

dass die deutsche Seite da etwas Intensiveres<br />

machen wird. Ich habe die ganzen Bemühungen<br />

der Franzosen mit der Gruppe Bolloré, der Südkoreaner,<br />

der Italiener, der Chinesen, der Japa-<br />

gie unterstützt. Jens Gutzmer ist Direktor des<br />

Instituts.<br />

„Ziel der gemeinsamen Forschung ist die<br />

Entwicklung eines Verfahrens für die wirtschaftliche<br />

und umweltschonende Gewinnung<br />

wirtschaftsstrategisch wichtiger Rohstoffe aus<br />

sächsischen Bergbau- und Hüttenhalden. Als<br />

erster Schritt auf diesem Weg sollen Probebohrungen<br />

noch im Herbst 2012 an vier Standorten<br />

durchgeführt werden. Ein Haldenkataster<br />

soll entstehen, in welchem Informationen<br />

über die geografische Lage, die Eigentumsverhältnisse,<br />

die Herkunft des Haldenmaterials,<br />

den Aufbau der Halde, den Wertstoffgehalt und<br />

das Potential der 20 größten Bergbauhalden<br />

Sachsens erfasst sind. Zusätzlich sollen Informationen<br />

über mögliche Abbau-, Aufbereitungs-<br />

, Gewinnungstechnologien und deren Kosten<br />

bereitgestellt werden.<br />

Das Kataster soll der Rohstoffwirtschaft<br />

als Grundlage für technische und wirtschaftliche<br />

Entscheidungen dienen. Es soll damit auch<br />

ein Transferinstrument für die entwickelten wissenschaftlichen<br />

Verfahren in Bergbauunternehmen<br />

werden.<br />

ner, die schon lange in Bolivien tätig sind, gesehen.<br />

Die Japaner haben dort Umweltlabore<br />

aufgebaut und machen dort schon lange eine<br />

intensive Arbeit – alle haben beim Lithium aufgegeben,<br />

weil man dieses Thema nicht so ganz<br />

klein angehen kann. Dass die Bundesrepublik<br />

dort etwas investieren wird, das glaube ich<br />

nicht. Wir haben uns mit unserer Botschaft so<br />

verständigt, dass es viel sinnvoller wäre, wenn<br />

Im Erzgebirge wurde über Jahrhunderte<br />

hinweg Erzbergbau betrieben. Die nach dem jeweiligen<br />

Stand der Technik nicht zu fördernden<br />

oder verwertbaren Bestandteile des geförderten<br />

Erzes wurden dabei auf einer Halde gelagert.<br />

Insbesondere aus dem Erzbergbau des<br />

vorigen Jahrhunderts existieren etliche große<br />

Bergehalden (von Berge - taubes Gestein),<br />

Spülhalden und Waschsandhalden (Halden von<br />

feinkörnigem Material, die durch Spülverfahren<br />

entstanden sind) aus der Aufbereitung (Zerkleinerungs-<br />

und Trennprozesse), sowie<br />

Schlacke- und Flugstaubablagerungen aus der<br />

Verhüttung. Diese Halden enthalten fein verwachsene<br />

Mineralien sowie geringere Konzentrationen<br />

der abgebauten Rohstoffe wie Zinn,<br />

Zink, Silber oder Wolfram, aber auch Begleitelemente<br />

wie Lithium oder Indium, die bei der<br />

Gewinnung in der Vergangenheit wirtschaftlich<br />

noch uninteressant waren. Viele dieser Elemente<br />

sind heute von wirtschaftsstrategischer<br />

Relevanz. Ihre Gewinnung wäre dann sinnvoll,<br />

wenn es gelänge die Wertkomponenten effizient<br />

und wirtschaftlich aufzukonzentrieren.<br />

ENERGIE & ROHSTOFFE 2-2012 / 1-<strong>2013</strong> 53


Lagerung der Bohrkerne<br />

wir eine andere Schiene bedienen: Aus deutscher<br />

Sicht her ist es sinnvoller, dass wir im Bereich<br />

Bildung aktiver werden. Wie ich weiß, läuft<br />

da schon einiges mit der FU-Berlin, in La Paz. Es<br />

könnte noch mehr laufen und die Bergakademie<br />

würde sich freuen, wenn wir Unterstützung bekommen<br />

könnten. Denn die einzige Unterstützung,<br />

die wir bisher bekommen haben, war die<br />

von der BGR in Hannover (Bundesanstalt für Geologie<br />

und Rohstoffe), die uns aktiv bei den<br />

Bohrarbeiten finanziell unterstützt hat – aber<br />

mehr können die in ihrem Rahmen nicht machen,<br />

das ist auch nicht deren Feld. Es wäre<br />

wirklich hilfreich, finanzielle Mittel zur Verfügung<br />

zu haben, um auf beiden Seiten mit Universitä-<br />

54 ENERGIE & ROHSTOFFE 2-2012 / 1-<strong>2013</strong><br />

ten einen Austausch<br />

zu realisieren und um<br />

dort kleinere Projekte<br />

zu realisieren. Größere<br />

Projekte an Unis machen<br />

keinen Sinn. Sie<br />

müssen sich vorstellen:<br />

Ich habe innerhalb<br />

eines Jahres sowohl<br />

Gelder von der bolivianischen<br />

Seite als auch<br />

Gelder unserer Universität<br />

in der Größenordnung,<br />

paritätisch waren<br />

das 200.000 Euro,<br />

umgesetzt, um ein<br />

Technikum aufzubauen.<br />

Aber bei der Bürokratie<br />

in Bolivien sind<br />

größere Projekte kaum<br />

zu realisieren. Also,<br />

man kann kleinere Projekte<br />

dort umsetzen,<br />

das sollte man möglichst<br />

vielgestaltig machen.Wasserwirtschaft<br />

wäre z. B. ein<br />

Thema und das ein<br />

oder andere Landnutzungs-Projekt.<br />

Bolivien<br />

braucht Fachpersonal,<br />

das weiß, wie man in<br />

eine Industrialisierung<br />

langfristig plant und arbeitet.<br />

Wir holen jetzt zwei Dozenten nach<br />

Deutschland und bezahlen sie ein viertel Jahr<br />

lang, damit sie hier eine Art Zertifikat erlangen,<br />

um in der Lage zu sein, mit solchen chemischen<br />

Lösungen zu arbeiten, sie zu analysieren und einen<br />

Prozess durchzuführen.<br />

Deswegen war einer meiner Vorschläge der,<br />

sich direkt finanziell an ein oder zwei Lehrstühlen<br />

zu beteiligen z. B. an unserer Partneruniversität,<br />

um auch eine Universität auf ein gewisses<br />

Niveau zu bringen. Zusätzlich kämen<br />

noch ein paar Mitarbeiter dazu, damit dort so eine<br />

Art Nukleus entstehen kann. Wir haben<br />

schon mit kleinen Mitteln, in der Größenordnung<br />

von 900 Dollar etwas bewegen können beispielsweise<br />

ein solares Wärmerohr aufgebaut,<br />

Prof. Dr. rer. nat. habil. Wolfgang Voigt<br />

1969-73 Chemiestudium an der TH Leuna-Merseburg<br />

1976 Promotion bei Prof. Dr. h.c. H.-H.<br />

Emons<br />

1978/79 Post-doc am Mendelejew-Institut Moskau<br />

bei Prof. Dr. Torotscheschnikow<br />

1984/85 Post-doc an der Universität Oslo bei<br />

Prof. Dr.-Ing. K. Grjotheim<br />

1986 Habilitation an der Bergakademie Freiberg<br />

1987-89 Hochschuldozent für Physikalische<br />

Chemie<br />

seit 1993 Professor für Anorganische Chemie<br />

an der TU Bergakademie Freiberg<br />

wo die Salzlösungen<br />

durch Sonnenenergie<br />

erhitzt werden<br />

können.<br />

Für dieses<br />

Projekt konnten<br />

wir vier<br />

Studenten<br />

begeistern.<br />

S o l c h e<br />

Größenordnungenkön-<br />

nen dort etwas bewegen. Comibol (Anm. d.<br />

Red.: Comibol ist die staatliche Bergbaugesellschaft)<br />

gibt ca. 20 Millionen aus und es passiert<br />

nicht wirklich etwas. Aber leider kommt man an<br />

diese Gelder nicht ran – ja, das ist schwierig ....<br />

In Afrika ist es ähnlich im Gegensatz zu Asien.<br />

Wir sind jetzt in China tätig und nutzen dieses<br />

Know-how, welches wir uns in Bolivien erarbeitet<br />

haben für chinesische Salzseen.<br />

PubSec: Und haben Sie dort auch Erfolg?<br />

Voigt: Ja, da geht es Schritt für Schritt ganz<br />

schnell vorwärts. In ca. zwei Jahren sind wir dort<br />

fertig – in drei Jahren steht die Fabrik.<br />

PubSec: Wie groß ist denn dort das Vorkommen?<br />

Voigt: Das ist etwas kleiner. Woran wir jetzt unter<br />

anderem arbeiten, ist eine Anlage mit<br />

15.000 Tonnen pro Jahr Lithium-Karbonat, kalkuliert<br />

für ungefähr 40 Jahre. Aus Salzseen gewinnen<br />

sie zurzeit nicht viel, weil die Verfahren,<br />

die dort bei den verschiedenen Salzseen vorher<br />

versucht wurden, wirklich eine Herausforderung<br />

sind und nicht funktionieren. Deswegen hoffen<br />

wir, mit unserem Verfahren dort weiter zu kommen.<br />

Folgendes muss ich jedoch erklären: Sie<br />

haben den chilenischen Salzsee in der Atacamawüste,<br />

der hat ein Magnesium-Lithium Massen-Verhältnis<br />

von 6:1 (6 Teile Magnesium abtrennen<br />

für 1 Teil Lithium). In Salar de Uyuni haben<br />

sie ein Verhältnis von ungefähr 10 bis 20:1<br />

in China ist es 100:1. Das ist schon eine<br />

Herausforderung.<br />

PubSec: Wie sieht die Situation dann aus,<br />

wenn die Chinesen in der Lage sind, selbst<br />

zu produzieren?<br />

Voigt: Mit den Vorkommen können sie sich mit<br />

eigenem Lithium selbst versorgen. Die Australier<br />

exportieren viel nach China aus ihren Spodumen-Lagerstätten<br />

und haben in China eine Lithium-Karbonat-Fabrik<br />

aufgebaut. Die Chinesen<br />

haben einen großen Eigenbedarf und wollen diesen<br />

mit eigenen Vorkommen decken. Es ist<br />

nicht damit zu rechnen, dass sie in nächster<br />

Zeit im großen Stil exportieren wollen. Zum<br />

großen Teil handelt es sich um staatliches Geld,<br />

was in die Erschließungsmaßnahmen geht. China<br />

hat aber noch ein weiteres Problem, im Zusammenhang<br />

mit diesen Salzseen: Sobald diese<br />

dort Kali enthalten, werden sie sowieso genutzt<br />

weil China für Düngemittel einen Kali-Mangel<br />

hat. China hat praktisch alles an<br />

Bodenschätzen aber nicht genug Kali.<br />

PubSec: Kali gibt es doch weltweit wie<br />

Sand am Meer.<br />

Voigt: Naja, nicht für die Mengen, die dort<br />

benötigt.<br />

PubSec: Herr Professor Voigt, das war ein<br />

hochinteressantes Interview mit vielen neuen<br />

Erkenntnissen – vielen Dank. ➛


Strom aus<br />

Wasserkraft<br />

mit neuem<br />

Kleinstwasserturbine<br />

KonzeptMobile als Treibstoff für E-Mobility<br />

SWB Energie und Wasser<br />

(Stadtwerke Bonn), die<br />

Firma MANN Naturenergie<br />

GmbH & Co. KG und die Firma Smart<br />

Hydro Power (SHP) aus Feldafing bei<br />

München entwickeln gemeinsam ein<br />

Pilotprojekt, um aus der Energie des<br />

Wassers nachhaltig sauberen und günstigen<br />

Strom zu gewinnen, der in eine E-<br />

Fahrzeug Ladestation eingespeist werden<br />

soll.<br />

Smart Hydro Power hat eine mobile Kleinstwasserturbine<br />

entwickelt. Gemeinsam mit SWB<br />

Energie und Wasser als Betreiber, soll eine Turbine<br />

in den Rhein vorläufig (für eine Probephase<br />

von einem Jahr) installiert werden, um dezentral<br />

und nachhaltigen Strom zu produzieren.<br />

Die Turbine gewinnt die gesamte Energie lediglich<br />

aus der Fließgeschwindigkeit des Wassers<br />

und funktioniert daher ohne Veränderung des<br />

natürlichen bzw. vorgegebenen Gewässerverlaufs.<br />

Insbesondere Aufstauungen des Gewässers<br />

oder ähnliche bauliche Veränderungen sind<br />

nicht notwendig.<br />

Sie verfügt über einen integrierten<br />

Schwimmkörper, so dass sie einfach in den<br />

56 ENERGIE & ROHSTOFFE 2-2012 / 1-<br />

<strong>2013</strong><br />

Standort der Turbine am Bonner Rheinufer


Fluss-Strom: Strom aus kinetischer Wasserkraft<br />

Anders als seine traditionellen Vorläufer wie die Hammermühlen, die an Elbe und<br />

Donau verbreitet waren, wandelt das Kleinst-Wasserkraftwerk kinetische Energie nicht<br />

in mechanische (Pump-) Energie, sondern in elektrischen Strom. Aufgrund zusätzlicher<br />

Kosten, aber insbesondere auch für eine kommerzielle Nutzung der elektrischen Energie,<br />

muss das Gerät eine Mindestleistung erbringen, um rentabel und sinnvoll arbeiten<br />

zu können. Die Rentabilität wurde über den Zielpreis von 24 € Cent / kWh und eine Amortisationsdauer<br />

von 4 Jahren definiert – unter der Annahme von Eigenleistung wurden Installationskosten<br />

nicht berücksichtigt. (24 Cent entsprechen aktuell auch den Kosten<br />

einer Kilowattstunde inkl. Netz und Steuern für einen Privathaushalt in Deutschland.)<br />

Die untere Leistungsgrenze von 1,5 kW ist zunächst nur über einen sinnvollen Anwendungsfall<br />

definiert. Es muss gezeigt werden, dass sich diese Leistung mit einer kostengünstigen<br />

Anlage auch bei „normalen“ Fließeigenschaften umsetzen lässt. Die kinetische<br />

Energie eines Flusses ergibt sich aus der durchströmten Fläche, der Dichte des<br />

Wassers und der Fließgeschwindigkeit. Die Fließgeschwindigkeit geht in diese Formel<br />

mit der dritten Potenz ein. Diese kinetische Energie kann nach der Betz‘schen Formel<br />

analog zum Wind nur zu knapp 60% genutzt werden. Bei einem Rotordurchmesser von<br />

1,0 m und einer mittleren Fließgeschwindigkeit von 1,5 m/s (5,4 km / h) ergibt sich eine<br />

nutzbare kinetische Energie von ca. 1 kW. Da selbst schiffbare Flüsse wie die Elbe<br />

oder der Rhein außerhalb der Schifffahrtsrinne bei Niedrigwasser oft nicht tiefer als 2<br />

m sind, kann der Rotordurchmesser nicht wesentlich größer als 1 m gewählt werden.<br />

Um die Ziel-Leistung auch bei möglichst geringen Fließgeschwindigkeiten trotzdem zu<br />

erreichen, muss also ein Diffusor, eine umgekehrte Düse, verwendet werden. Durch den<br />

erzeugten „Sog“ (siehe Grafik) wird die Kraft auf dem Rotor optimiert.<br />

Die Wirkung des Diffusors ist über das Verhältnis von Durchmesser an Eingangsund<br />

Ausgangsseite definiert. Da der Anstellwinkel im Diffusor 7% zur Vermeidung von<br />

Strömungsabriss nicht überschreiten soll, ist die Effizienz über die Länge limitiert. Mit<br />

Blick auf hohe Transportkosten sollte das Gerät kompakt gehalten werden, so dass zu<br />

einem technischen Trick gegriffen wurde: Der Diffusor ist in drei Teilen gebaut, die ineinander<br />

gesteckt sind und deren Übergang durchströmte Spalte bilden. Durch den Strömungsfluss<br />

im Übergang kann der Anstellwinkel erhöht und der Diffusor bei gleichem<br />

Durchmesser auf der Ausgangseite wesentlich kürzer gehalten werden. Zugleich erlaubt<br />

diese Bauweise, die drei Kunststoff-Teile des Diffusors kostengünstig aus einem Stück<br />

im Roto Guss Verfahren herzustellen.<br />

Auch wenn bei der Entwicklung die Empfehlungen der Internationalen Energieagentur<br />

bzgl. maximaler Rotorumdrehung und die Vorgaben des Deutschen Wasserrechtes<br />

bzgl. der verwendeten Materialien eingehalten wurden, so verlaufen die Genehmigungsverfahren<br />

in Deutschland (noch) sehr unterschiedlich. Die Dauer zur Erlangung einer<br />

Genehmigung (für einen befristeten Testbetrieb) variiert in Deutschland von vier Wochen<br />

bis aktuell vier Monate.<br />

Die kinetische Wasserkraft erlaubt wie Photovoltaik und Windenergie die Stromerzeugung<br />

aus erneuerbaren Quellen. Die Grundlast-Fähigkeit der Wasserkraft macht sie<br />

zu einer echten Alternative für dezentrale Energieerzeugung – nicht nur in den Ländern<br />

mit niedriger Elektrifizierungsquote. Seit September 2011 laufen erste Referenzanlagen.<br />

Peru hat diese Kleinst-Wasserkraftwerke im Mai 2012 als mögliche Technologie in seinen<br />

nationalen Energieplan aufgenommen hat. In Deutschland wurde im Juni 2012 eine<br />

erste kommerzielle Installation von 30 Turbinen im Rhein genehmigt.<br />

Vor der Turbine ist ein Fischabweiser monitert<br />

Rhein gesetzt und wie eine Boje oder ein Ponton verankert<br />

werden kann. Die Partner haben einen Standort im Rhein in<br />

Bonn identifiziert, an dem die gesamte gewonnene regenerative<br />

Energie in eine Ladestation für Elektrofahrzeuge und<br />

der Überschuss Strom in das lokale Stromnetz von SWB<br />

Energie und Wasser eingespeist werden.<br />

Die Turbine besteht aus einem aus Polyethylen gefertigten<br />

Schwimmkörper. Dieser ist 147 cm lang, 174 cm breit<br />

und 198 cm hoch. Das Gewicht der Turbine beträgt leer ca.<br />

340 kg. Zur Installation wird die Turbine auf das Wasser gehoben<br />

und dann wird der Schwimmkörper solange mit Wasser<br />

gefüllt bis Diffusor mit Rotor vollständig untergetaucht<br />

ist. Die optimale Schwimmlage ist damit erreicht.<br />

Die Turbine selbst benötigt keine externe Stromversorgung,<br />

so dass nur ein stromführendes Kabel an Land verlegt<br />

werden muss. Für den Fall, dass dieses Stromkabel<br />

reißt oder beschädigt wird, schaltet eine Sicherung den Generator<br />

ab. Die Rotorblätter drehen zwar weiter, aber es<br />

fließt kein Strom mehr, eine Überhitzung sowie die Gefahr<br />

des Stromschlags ist damit ausgeschlossen. Der Generator<br />

befindet sich auf der Rotorachse und liegt damit beim<br />

Betrieb der Turbine permanent unter Wasser. Durch diese<br />

Konstruktion wird erreicht, dass er vom vorbeifließenden<br />

Wasser des Rheins permanent gekühlt wird.<br />

Zweifache Dichtungen an der Achse schützen den Generator<br />

vor Wassereintritt. Der Rotor selbst besteht aus drei<br />

Flügeln. Im Interesse eines besseren Fischschutzes, dreht<br />

sich der Generator langsam. Bei voller Auslastung kommt<br />

er theoretisch auf eine maximale Drehzahl von 230 Umdrehungen<br />

pro Minute Bei einer Strömungsgeschwindigkeit<br />

des Rheins von 1 - 1,5 m/s ist dort mit einer Rotorgeschwindigkeit<br />

von maximal 67 bis 111 Umdrehungen pro Minute<br />

zu rechnen. Da sich alle beweglichen Teile der Turbine<br />

unter Wasser befinden, geht von der Turbine im ordnungsgemäßen<br />

Betrieb keine Lärmbelästigung aus.<br />

Die Partner streben an, die Turbine bis Ende des Jahres<br />

im Rhein zu installieren. Ab <strong>2013</strong> wird dieses Pilotprojekt<br />

das Zusammenspiel von Elektromobilität und lokal erzeugtem<br />

Strom aus Wasserkraft zeigen und auch untersuchen,<br />

wie kleine, dezentrale Erzeugungsanlagen ins Stromnetz<br />

integriert werden können. ➛<br />

ENERGIE & ROHSTOFFE 2-2012 / 1-<strong>2013</strong> 57


von *Benedikt Wendland,<br />

Geert de Clercq,<br />

*Sebastian Hertle,<br />

*Thomas Gries,<br />

*Institut für Textiltechnik der<br />

RWTH Aachen<br />

RTWH Aachen -<br />

neue Materialien und<br />

Fertigungsmethoden<br />

für Sicherheitswesten<br />

In einem internationalen Forschungsprojekt arbeiteten belgische und deutsche<br />

Partner gemeinsam an der Verbesserung von Schutzwesten. Forscher des<br />

Instituts für Textiltechnik Aachen (ITA) der RWTH Aachen haben in Zusammenarbeit<br />

mit der Universität und Fachhochschule Gent sowie Unternehmen aus der<br />

Industrie Gewebe für ballistische Anwendungen in einem einstufigen Herstellungsprozess<br />

entwickelt.<br />

58 PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong><br />

Einstufig<br />

hergestellte<br />

3D-Gewebe<br />

als<br />

Ballistikschutz<br />

Möglichst leicht, die Bewegungsfreiheit<br />

nicht einschränkend und dennoch sicher - dies<br />

sind unter anderem Anforderungen an ballistische<br />

Schutzwesten. Aus diesem Grund kommen<br />

heutzutage oftmals Textilien zum Einsatz.<br />

Sie sind leicht und nehmen die Energie von Pro-


jektilen und Splittern zuverlässig auf. Der bisherige<br />

Ansatz für ballistische Anwendungen<br />

sieht vor, Pakete aus mehreren, u.a. Gewebelagen<br />

aus Aramid aufeinander zu schichten und<br />

anschließen zu vernähen. Je nach Anwendungsfall<br />

können diese Pakete als kugelhemmende<br />

Weste, wie beispielsweise bei der Polizei<br />

genutzt, dienen oder auch als ballistischer<br />

Fahrzeugschutz zum Einsatz kommen.<br />

Bei dem Prozess des Mehrlagenwebens<br />

werden die Gewebelagen über die sogenannten<br />

Interlocking-Garne miteinander verbunden (Abbildung<br />

oben). Das Einbringen der Interlocking-<br />

Garne geschieht direkt während des Webprozesses.<br />

Es handelt sich also um einen einstufi-<br />

Gesellschaft der sicherheits-<br />

und wehrtechnischen Wirtschaft<br />

in Nordrhein-Westfalen e. V.<br />

gen Prozess. Dies stellt einen großen Vorteil gegenüber<br />

der bisherigen Produktion von Schutztextilien<br />

dar: dort müssen die z.B. 16 notwendigen<br />

Schichten (die Anzahl ist abhängig von der<br />

gewünschten Schutzklasse) verdreht und versetzt<br />

übereinander gelegt werden. Gegenüber<br />

dem konventionellen Verfahren wird auch das<br />

anschließende filamentschädigende Vernähen<br />

der Gewebe umgangen.<br />

Die Herstellung der 3D-Gewebe fand auf einer<br />

modifizierten Teppichwebmaschine statt.<br />

Teppichwebmaschinen sind in Europa, besonders<br />

in Belgien und der Türkei zahlreich vorhan-<br />

Vergleich Konventionelles Gewebe (links) - Mehrlagengewebe (rechts)<br />

den und sind durch Weben konventioneller Teppiche<br />

und Samt nicht ausgelastet. Neben einer<br />

hohen Wirtschaftlichkeit weist der Prozess<br />

ebenso eine hohe Reproduzierbarkeit der eingestellten<br />

Textilien auf. Aufgrund des zusätzlichen<br />

Interlocking-Garns können eine Vielzahl verschiedener<br />

Gewebetypen mit unterschiedlichsten<br />

Eigenschaften produziert werden. Das Interlocking-Garn<br />

kann unter anderem die Gewebelagen<br />

aus Kette und Schuss orthogonal („ortho“),<br />

als auch schräg („angle locked“)<br />

abbinden. Zudem kann variiert werden, ob das<br />

Interlocking-Garn durch alle Gewebelagen läuft<br />

Es lohnt sich Mitglied zu sein!<br />

❿ Interessenvertretung<br />

❿ Networking<br />

❿ Vertretung auf Messen<br />

❿ Unterstützung Ihrer Geschäftsinteressen<br />

❿ Angebotsscreening<br />

❿ Projektunterstützung<br />

❿ Fördermittelberatung<br />

www.gsw-nrw.de<br />

GSW NRW e. V.<br />

Gesellschaft der sicherheits-<br />

und wehrtechnischen Wirtschaft<br />

in Nordrhein-Westfalen e. V.<br />

Emanuel-Leutze-Straße 4<br />

40547 Düsseldorf<br />

T +49 (211) 74 96 86-15<br />

F +49 (211) 74 96 86-70<br />

info@gsw-nrw.de


Mehrlagengewebe im Mikro-CT und Polizist in Schutzweste nach der Anti-Terror Debatte 2001<br />

(„Throug-The-Thickness“) oder nur einzelne Lagen<br />

miteinander verbindet („Layer-By- Layer“).<br />

Durch die zusätzliche Variation und Kombination<br />

Orthogonal<br />

(Ortho)<br />

Angle locked<br />

(AL)<br />

60 PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong><br />

sind nahezu beliebige Einstellungen denkbar. In<br />

der unten abgebildeteen Tabelle sind die Grundverläufe<br />

der Interlocking-Garne abgebildet.<br />

Through the Thickness (TTT) Layer by Layer (LBL)<br />

Beschädigtes Gewebe nach dem Beschuss durch Norm-Splitter [Abschlussbericht Multirapier<br />

Fachhochschule Ghent]<br />

Von Mitgliedern der Forschungseinrichtungen<br />

und dem zusätzlichen Knowhow der beteiligten<br />

Unternehmen wurden verschiedene Gewebemuster<br />

entwickelt, anschließend hergestellt<br />

und ballistischen Tests, u.a. bei Seyntex<br />

in Tielt unterzogen. Beim durchgeführten Fragment-Test<br />

nach NATO-Norm STANAG 2920 (Projektil-Simulation,<br />

FSP) werden die Gewebe mit<br />

Norm-Splittern beschossen, um die v50 -Geschwindigkeiten<br />

des bisher genutzten Standardgewebes<br />

mit denen der 3D-Gewebe zu vergleichen.<br />

Die beschossenen Gewebeproben besaßen<br />

alle annähernd das gleiche Flächengewicht.<br />

Die v50-Werte sind dabei die<br />

Geschwindigkeit, bei der 50% der Splitter das<br />

Gewebe durchdringen. Sie geben Aufschluss<br />

welche Qualität der Schutz des getesteten Musters<br />

aufweist. In der Abbildung links ist ein beschädigtes<br />

Gewebe nach dem Test zu sehen.<br />

Da mit 3D-Geweben bisher nur negative Erfahrungen<br />

auf dem Gebiet der Ballistik gemacht<br />

wurden und die Eigenschaftsvoraussagen<br />

durchaus komplex sind, waren bei einigen Gewebetypen<br />

auch schlechte Ergebnisse zu verzeichnen.<br />

Speziell Gewebe mit orthogonal abbindenden<br />

Interlocking-Garnen lagen mit den<br />

gemessenen Durchtrittsgeschwindigkeiten<br />

deutlich unterhalb des konventionellen 2D-Ge-


webes. Eine weitere entscheidende Rolle spielt<br />

die Dichte des Textils. Hierauf nimmt auch das<br />

Interlocking-Garn einen gewissen Einfluss und<br />

„öffnet“ das Gewebe. Speziell für unidirektionale<br />

(UD) Gewebe ist dies stärker der Fall. Die<br />

drei UD-Gewebe schnitten dementsprechend<br />

schlecht ab.<br />

Die Ergebnisse des Forschungsprojektes<br />

zeigen aber, dass durch die geeignete Wahl der<br />

Interlocking-Garnabbindung die Ergebnisse der<br />

3D-Textilien in einem Bereich mit den vernähten<br />

konventionellen Gewebepaketen lagen, vor allem<br />

aber auch übertroffen wurden. Die Ergebnisse<br />

von vier Gewebetypen waren erreichen<br />

höhere v50-Werte als 2D-Gewebe.<br />

Die Ergebnisse des Projektes lassen erkennen,<br />

dass vor allem mit schräger Abbindung<br />

der Mehrlagengewebe bessere Ergebnisse erzielt<br />

wurden als mit dem konventionellen Gewebe.<br />

Durch den Einsatz der Mehrlagengewebe<br />

lässt sich bei gleichbleibendem Gewicht eine<br />

höhere Sicherheit gegen Splittergeschosse erreichen.<br />

Doch nicht nur in der Anwendung bieten<br />

sich positive Auswirkungen: das Handling<br />

während der Produktion wird durch den einstufigen<br />

Herstellungsprozess deutlich einfacher,<br />

da die einzelnen Lagen nicht mehr gedreht und<br />

übereinander geschichtet werden müssen. Zudem<br />

entfallen die Kosten für das Fügen der einzelnen<br />

Lagen. Der Einsatz von 3D-Geweben in<br />

ballistischen Anwendungen zeigt somit große<br />

Chancen für die Zukunft. ➛<br />

Der Autoren:<br />

Dipl.-Ing. Benedikt Wendland<br />

• Studium Maschinenbau an der<br />

RWTH Aachen, Vertiefungsrichtung<br />

Kunststoff- und Textiltechnik<br />

2010 Abschluss Dipl.-<br />

Ing.<br />

• SAMPE Innovationspreis 2010<br />

• Seit 2010 Promotion am Institut<br />

für Textiltechnik der RWTH<br />

Aachen<br />

PROJEKTTABELLE<br />

Titel Multirapier - Mehrgreifer-Technologie zur Herstellung von 3D-Geweben<br />

Laufzeit 15 Monate<br />

Forschungsinstitute Institut für Textiltechnik (ITA) RWTH Aachen, Aachen (DE)<br />

University College Ghent (UC Ghent), Ghent (BE)<br />

Ghent University (GU Ghent), Ghent (BE)<br />

Sirris SLC, Leuven (BE)<br />

Industriepartner Calcutta NV, Sleidinge (BE)<br />

De Clerq Gebr. -DECCA NV, Zottegem (BE)<br />

Devan Chemicals NV, Ronse (BE)<br />

DEVANTEX NV, Deerlijk (BE)<br />

DYNATEX S.A., Mouscron (BE)<br />

Helioscreen NV, Lokeren (BE)<br />

Pascha Velvet bvba, Deerlij (BE)<br />

Weverij Van Den Broucke NV, Anzegem (BE)<br />

VDS Weaving NV, Oudenarde (BE)<br />

Verbatex NV, Kortrijk (BE)<br />

NV Bekaert SA, Zwevegem (BE)<br />

Schelfhaut - Dessol NV, Dendermonde (BE)<br />

Sonorcontrol NV, Hooglede (BE)<br />

Miliken Europe NV, Ghent (BE)<br />

Sioen NV, Tielt (BE)<br />

Seyntex NV, Tielt (BE)<br />

Bonar NV, Zele (BE)<br />

Concordia Textiles NV, Waregem (BE)<br />

NV Michel Van de Wiele, Kortrijk (BE)<br />

BLÜCHER SYSTEMS ® GmbH, Lobberich (DE)<br />

Teijin Aramid GmbH, Wuppertal (DE)<br />

Ziel Durch den Bedarf an Mehrlagengeweben und einer hohen Kapazität auf Webmaschinen<br />

vor allem im belgischen und türkischen Raum, war es das Ziel Anwendungsmöglichkeiten<br />

für 3D-Gewebe zu entwickeln und den Technologietransfer<br />

umzusetzen. Dies bedeutete, dass eine Modifizierung konventioneller<br />

Teppichwebverfahren vorgenommen wurde, um die Produktion von Geweben für<br />

ballistische Anwendungen zu realisieren.<br />

Ir. Geert De Clercq<br />

• 1985 MSc Textilingenieur,<br />

Ghent Universität<br />

• Weltweite Erfahrung als Projektingenieur,Produktionsmanager<br />

und Berater in der Textilindustrie<br />

• Seit 2003 Dozent für Textiltechnik<br />

an der Fachhochschule<br />

Ghent<br />

Sebastian Hertle<br />

• Studium Maschinenbau an der<br />

RWTH Aachen, Vertiefungsrichtung<br />

Konstruktionstechnik<br />

(B.Sc.), seit 2012 Studium allgemeiner<br />

Maschinenbau<br />

(M.Sc.)<br />

• SAMPE Innovationspreis 2012<br />

• Seit 2012 Studentische Hilfskraft<br />

am Institut für Textiltechnik<br />

der RWTH Aachen<br />

Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dipl.-Wirt. Ing.<br />

Thomas Gries<br />

• Studium Maschinenbau an der<br />

RWTH Aachen 1984-1988<br />

• Zusatzstudium Wirtschaftswissenschaften<br />

1989-1992<br />

• 1990-1995 Promotion am Institut<br />

für Textiltechnik der<br />

RWTH Aachen<br />

• 1995-2001 bei der Lurgi Zimmer<br />

AG, Frankfurt am Main;<br />

zuletzt Hauptabteilungsleiter<br />

Technologien Fasern und Textilien<br />

• Seit 2001 Professor der<br />

RWTH Aachen für Textiltechnik/Textilmaschinenbau<br />

• Direktor des Instituts für Textiltechnik<br />

der RWTH Aachen<br />

PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong> 61


Industrie/Personalia<br />

Saab, führender Luftfahrt- und Rüstungskonzern<br />

aus Schweden, beliefert den Weltmarkt<br />

mit Lösungen, Produkten und Dienstleistungen<br />

in den Bereichen Luftfahrt, Verteidigung und zivile<br />

Sicherheit, feiert in diesem Jahr seinen 75.<br />

Geburtstag.<br />

Etwa 20 % des Umsatzes setzt Saab in Forschung<br />

und Entwicklung ein, ca. 50 % der Mitarbeiter<br />

sind Ingenieure, kooperiert in vielen Bereichen<br />

mit der deutschen Industrie, wie Geschäftsführer<br />

von Saab International Deutschland<br />

GmbH, Micael Malmberg (Foto), in einem<br />

Gespräch mit <strong>Public</strong> <strong>Security</strong> betonte. Bei zahlreichen<br />

Projekten arbeitet Saab mit führenden<br />

Unternehmen bei der Entwicklung und Fertigung<br />

zusammen.<br />

62 PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong><br />

SAAB sieht sich als Partner der deutschen Industrie<br />

Zudem entwickelt Saab für die Bereiche Öffentliche<br />

Sicherheit und Verkehrsregelung zukunftsorientierte<br />

Produkte: Luftverkehrsregelung/Air<br />

Traffic Management (ATM), Seeüberwachung<br />

& Sicherheit/Maritime Surveillance &<br />

Safety, Öffentliche Sicherheit und Sicherheits- &<br />

Sicherheitsverwaltungssysteme/National <strong>Security</strong><br />

und <strong>Security</strong> & Safety Management Systems.<br />

Durch den Vertrieb und auf Basis des<br />

US-amerikanischen SENIS bietet Saab ein umfassendes<br />

Programm an ATM-Produkten, einschließlich<br />

neuester Weiterentwicklungen,<br />

Flugüberwachungssystemen, Flugdienstleistungen,<br />

Bodenüberwachung, Kontrollturm- und<br />

Flughafenautomatisierung sowie Automation<br />

bei Fluggesellschaften an.<br />

Auch Managementlösungen für den Bereich<br />

Notfallrufnummern (112), computergestützten<br />

Einsatz von Rettungs- und Krankentransport sowie<br />

Polizeidienstleistungen und Flughafen- Gefängnisüberwachungssysteme<br />

gehören zum Angebotsspektrum.<br />

Schiffs- und Informationssysteme<br />

zur Schiffsverkehrslenkung, Automatisierte<br />

Schiffsidentifizierungssysteme (AIS) sowie<br />

Küstenüberwachung runden das Portefeuille<br />

von Saab ab.Saab unterhält Niederlassungen<br />

auf allen Kontinenten und beschäftigt weltweit<br />

rund 12.500 Mitarbeiter. (zi) ➛<br />

Wechsel im Vorstand des GSW-NRW e. V. Neuer Geschäftsführer<br />

Der Vorstand der Gesellschaft der sicherheits- und wehrtechnischen Wirtschaft<br />

in Nordrhein-Westfalen e. V. (GSW-NRW e. V.) hat für den plötzlich verstorbenen<br />

Manfred Kisselbach Brig.General a.D. Dipl.-Ing Hans Herbert Schulz zum<br />

neuen Vorsitzenden gewählt. Dr. Dirk Schönenborn von der Firma LGM GmbH in<br />

Aachen wurde für Hans-Herbert Schulz zum neuen von fünf stellvertretenden Vorsitzenden<br />

berufen.<br />

Hans-Herbert Schulz ist Dipl.-Ing. Nachrichtentechnik und Kybernetik und Brigadegeneral<br />

a.D. der Bundeswehr mit besonderer Erfahrung auf dem Gebiet der<br />

IT und Organisation. Als stellvertretender Leiter der NATO CIS Operating and Support<br />

Agency (NACOSA) in Mons (Belgien), war er verantwortlich für den NATO-IT-<br />

Einsatz weltweit, Chef des Stabes des NATO-Hauptquartiers SFOR in Sarajewo,<br />

„Beauftragter Prozessorientierung SASPF Bw“ im BMVg, Bonn, verantwortlich für<br />

die Geschäftsprozessorientierung und Einführung von SAP-Software in die Bundeswehr.<br />

Seit seinem Ruhestand ist er geschäftsführender Gesellschafter der<br />

Schulz– Consulting Services GmbH, einer Beratungsfirma im Bereich Verteidigung,<br />

Organisation und IT, übt Vortragstätigkeit sowie Moderation von Veranstaltungen<br />

aus und ist Mitbegründer der Green Defense at KRS GmbH.<br />

Dr. Dirk Schönenborn trat nach dem Schulabschluss in den Polizeidienst ein<br />

und schloss ein Studium der Wirtschaftswissenschaften und Betriebswirtschaft<br />

erfolgreich ab. Danach schied er auf eigenen Wusch aus dem Polizeidienst aus<br />

und kam über das Beratungsunternehmen McKinsey zum Meerbuscher Unternehmen<br />

CLS-Consuling. 2007 wechselte er zur LGM GmbH in Aachen, ist dort als<br />

Director of Business Development für den Bereich Nordeuropa, inkl. GUS sowie<br />

die USA tätig und trägt die Verantwortung für über 40 Mitarbeiter und über 200<br />

Millionen EURO Umsatz. Im Januar 2009 promovierte er in International Business.<br />

Manfred Kisselbach, langjähriger Geschäftsführer der LOG GmbH, ist Anfang<br />

Juni 2012 überraschend im Alter von 65 Jahren verstorben. Seit 2008 Vorsitzender<br />

der GSW-NRW e. V. hat er entscheidend an der Gründung und Entwicklung der<br />

Gesellschaft mitgewirkt. Neben seiner beruflichen Tätigkeit, die für ihn eine enge<br />

Zusammenarbeit mit der Bundeswehr mit sich brachte, war er Präsidiumsmitglied<br />

im Förderkreis Heer und in der Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik e.V. Besonders<br />

lagen ihm Belange des Mittelstandes am Herzen. Außerdem war er einer<br />

der Gründungsväter der Green Defense at KRS GmbH, aus der er sich aber krankheitsbedingt<br />

Ende 2011 zurückgezogen hatte. (hhs/zi) ➛<br />

der Cyber Akademie<br />

(CAk)<br />

Seit Februar <strong>2013</strong> ist Ralf<br />

Kaschow neuer Geschäftsführer der<br />

Cyber Akademie (CAk). Die CAk ist<br />

ein neu etabliertes Ausbildungs- und<br />

Kompetenzzentrum für IT-Sicherheit.<br />

Die Ausbildungs- und Informationsveranstaltungen<br />

sind auf den spezifischen<br />

Bedarf von Landes- und<br />

Kommunalverwaltungen sowie Sicherheitsbehörden<br />

zugeschnitten. In<br />

der vorherigen Tätigkeit als Business<br />

Development Manager bei CAE<br />

Elektronik GmbH war Kaschow für<br />

das Neugeschäft von Simulationsund<br />

Ausbildungslösungen im Bereich<br />

<strong>Public</strong> Safety & <strong>Security</strong> verantwortlich.<br />


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