1-2013 - Public Security
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3. Jahrgang <strong>2013</strong>, EVP 10,- €
3 Inhaltsverzeichnis / Inserentenverzeichnis<br />
4 Editorial / Impressum<br />
6 Die „Nordische Kooperation“<br />
Fünf Lektionen über Smart Defence<br />
10 Exportieren oder sterben?<br />
Die Verteidigungsindustrie an der Wegscheide<br />
12 Zwischen Verunsicherung und Zuversicht<br />
Eurosatory 2012 mit neuen Waffen, Fahrzeugen,<br />
Technologien und Themen<br />
14 Kompetenzgerangel um die Flughäfen<br />
Die 5. Luftsicherheitstage in Potsdam<br />
16 Lufttransporte in der Humanitären Hilfe - quo vadis?<br />
Effizienzsteigerungen durch neue zivil-militärische<br />
Betreibermöglichkeiten<br />
19 Effektive Sendeleistung für große Entfernung<br />
Thales liefert Squire Radare nach Norwegen<br />
20 Fort Knox der Kommunen<br />
Datenschutz und Datensicherheit im Bereich der<br />
Bürgerservices<br />
24 Gefahr vorm Tor<br />
Sicherheit bei Großveranstaltungen - nicht erst<br />
seit Duisburg 2010 ein Thema<br />
27 Professional Services Company in Bonn für<br />
Defense & Intelligence<br />
Geosecure Informatik GmbH - die jüngste Firmengründung<br />
in der Esri Deutschland Unternehmensgruppe<br />
28 Brennt´s bei der Feuerwehr?<br />
Nachwuchsentwicklung bei den Freiwilligen Feuerwehren<br />
30 Wie Personal und Technik enger zu verzahnen sind<br />
Berliner Fachtagung 2012 Nationale Sicherheit<br />
und Bevölkerungsschutz<br />
6 14 16<br />
20 24 28 30<br />
38 42<br />
46 49 50 58<br />
36 IT-Unterstützung für den Kommissar:<br />
Mit Datenanalyse zu einer sichereren Gesellschaft<br />
38 „Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß“<br />
Jamming: Die Störanfälligkeit des Digitalfunks<br />
wird unterschätzt<br />
41 Open Day<br />
30jähriges Jubiläum des E-3A-Verbands auf der<br />
NATO Air Base Geilenkirchen<br />
42 „Tu Gutes und rede darüber“<br />
Das THW-Informationszentrum in Berlin<br />
45 Innovative Ideen – Neue Projekte<br />
Projekte für Behörden und Organisationen mit<br />
Sicherheitsaufgaben<br />
46 Everybodys Darling<br />
Neue Entwicklungen beim Einsatz von Drohnen,<br />
Teil 2<br />
58 Einstufig hergestellte 3D-Gewebe als Ballistikschutz<br />
RTWH Aachen – neue Materialien und Fertigungsmethoden<br />
für Sicherheitswesten<br />
62 Industrie / Personalia<br />
49 Supplement ENERGIE & ROHSTOFFE<br />
50 Die Lithium-Initiative<br />
Freiberger Wissenschaftler wenden neue Verfahren<br />
zur Lithiumgewinnung aus Salzseen an<br />
55 Erneuerbare Energien in der Systemintegration<br />
Die steep GmbH - Service, Training, Engineering,<br />
Energy, Products<br />
56 Strom aus Wasserkraft mit neuem Konzept<br />
Mobile Kleinstwasserturbine als Treibstoff für<br />
E-Mobility<br />
Inserentenverzeichnis Seite<br />
Air Cargo 17<br />
AM-<strong>Security</strong> 25<br />
BDSW 33<br />
DUCON 23<br />
ESRI U4<br />
GSW-NRW e. V. 58<br />
Intergraph U2<br />
Lifelight 59<br />
Kärcher U3<br />
Rohde & Schwarz 21<br />
Steep 55<br />
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Katastrophenhilfe und<br />
Kritischen Infrastrukturen sowie<br />
Energie & Rohstoffe?<br />
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PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong> 3
Editorial<br />
Liebe Leser!<br />
Ein Weg, um<br />
beispielsweise<br />
militärische Effizienz<br />
zu steigern,<br />
ist die GemeinsameSicherheits-undVerteidigungspolitik<br />
(ESVP). Die<br />
skandinavischen<br />
Staaten<br />
arbeiten schon<br />
lange bei ihrer<br />
Verteidigung zusammen<br />
und haben<br />
zu realistischen Erwartungen gefunden.<br />
Wenn dies nur von finanziellen Nöten getrieben<br />
wird, ist es kurzsichtig. Einsparungen und Effizienzgewinne<br />
ergeben sich erst mittelfristig über<br />
Legislaturperioden hinaus. Pool-Fähigkeiten, die<br />
Flexibilität und Kostenersparnis dienen, beruhen<br />
allerdings auf dem politischen Willen der<br />
Mitgliedstaaten. Eine seit Jahren in Aussicht gestellte<br />
Europäische Armee - meist aus der Opposition<br />
heraus: Mehr als Lippenbekenntnisse<br />
sind daraus bisher nicht entstanden.<br />
„Macht ist mit dem Privileg verbunden, nicht<br />
lernen zu müssen“, schrieb der große Soziologe<br />
Karl Otto Hondrich. Der Anpassungsdruck<br />
Impressum<br />
Norbert Ziegert (v.i.S.d.P.)<br />
Herausgeber, Redaktion Bonn (zi)<br />
Matthias Köhler<br />
Chef- und Hauptstadtredaktion (kö)<br />
Anke Schmidt<br />
Verantwortl. Redaktion Energie & Rohstoffe (as)<br />
Wolfgang Denkel<br />
Wissenschaftliche Beratung E&R, Marketing (dd)<br />
Hanswilm Rodewald<br />
Freie redaktionelle Mitarbeit (hwr)<br />
Hans-Herbert Schulz<br />
Freie redaktionelle Mitarbeit (hhs)<br />
PUBLIC SECURITY und Energie & Rohstoffe sind<br />
Publikationen von<br />
Ziegert Concept<br />
Telegrafstaße 72, 53842 Troisdorf<br />
Tel.: 0 22 41 – 94 61 88<br />
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E-Mail: verlag@public-security.de<br />
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4 PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong><br />
Matthias Köhler,<br />
Chefredakteur<br />
Vviele Köche verderben den Brei. Das gilt aber nur dann,<br />
wenn sie alle in derselben Schüssel rühren und sich nicht<br />
für ein mehrgängiges und aufeinander abgestimmtes Menü<br />
koordinieren. Auch in dieser Ausgabe von <strong>Public</strong> <strong>Security</strong> werden<br />
verschiedene Ansätze vertiefter Zusammenarbeit thematisiert.<br />
Fast immer zeigt sich dabei, wie schwer Modelle zu entwickeln<br />
sind, die für alle Beteiligten vorteilhaft sind. Man benötigt Geduld<br />
und mehrere Versuche, bis die Abläufe harmonieren. Deshalb sollte<br />
man im Kleinen beginnen.<br />
steigt aber quer durch alle Bereiche. So wollen<br />
unsere Autoren etwa zeigen, dass es möglich<br />
ist, auch beim Cloud Computing eine vertrauenswürdige<br />
Bewirtschaftung großer Datenmengen<br />
zu gewährleisten. Sie wollen zeigen, dass<br />
nicht für jede (sportliche) Großveranstaltung<br />
Sicherheitskonzepte völlig neu erfunden werden<br />
müssen.<br />
Die Weiterentwicklung der Technik hat Konsequenzen.<br />
Die US-Streitkräfte haben nicht nur<br />
weniger Schiffe als 1916, sondern auch weniger<br />
Pferde und Bajonette. Mit seiner gelungenen<br />
Replik auf Mitt Romneys Vorwurf in der zweiten<br />
TV-Debatte des US-Wahlkampfs brachte Präsident<br />
Obama ein ganzes Jahrhundert in Erinnerung.<br />
Neue, überlegene Fähigkeiten werden regelmäßig<br />
von ethischen Diskussionen begleitet.<br />
Schwer gepanzerte Schwertkämpfer empfanden<br />
es natürlich als unritterlich, wenn ihnen<br />
der Gegner auf einmal mit Schusswaffen gegenübertrat.<br />
Automobile und Flugzeuge wurden zunächst<br />
auch mit Misstrauen betrachtet. So ist es verständlich,<br />
wenn unbemannte Systeme im<br />
Sicherheitsbereich auf Bedenken treffen. Vielfach<br />
werden die landläufig „Drohnen“ genannten<br />
UAS auf gezielte militärische Attacken reduziert.<br />
Das robotische Einsatzspektrum ist<br />
Erscheinungsweise:<br />
4 x jährlich<br />
Einzelbezugspreis: 10,- Euro (inkl. Versand)<br />
Jahresabonnement: 36,- Euro (inkl. Versand)<br />
Druckauflage: 7.000 Expl. (2/2012)<br />
Verbreitete Auflage: 6.802 Expl. (2/2012)<br />
Bildnachweis:<br />
Titelbild/Titelbild E&R: Ziegert-Concept<br />
Andreas Kling, Anke Schmidt, BBK, Beate Coellen, BMVg,<br />
Bundesakademie für Sicherheitspolitik, Bundesamt für Sicherheit<br />
in der Informationstechnik, Bundesministerium<br />
des Innern, Bundespolizei, Bundesverband der Sicherheitswirtschaft<br />
e.V., Bundeswehr, Confederation of European<br />
<strong>Security</strong> Services, Deutsche Universität für Weiterbildung,<br />
Deutscher Bundestag, Deutscher Feuerwehrverband, Dieter<br />
Franke, , Dipl.-Ing. Benedikt Wendland, Dipl.-Ing Ulrich<br />
Skubsch, Dr. Bernhard Schulz , Dr. Gernot Wittling, DRK,<br />
EADS, ESRI, Eurocopter, EUROFORUM Deutschland SE,<br />
weit breiter. Ferngesteuerte oder teilautonome<br />
Helfer werden auch weiterhin vor allem den<br />
zivilen Alltag prägen.<br />
All dies benötigt eine materielle Grundlage.<br />
Nicht nur die seltenen Erden sind rar und schwer<br />
zu gewinnen. Auch Rohstoffe wie Lithium sind<br />
ein knappes und begehrtes Gut. Und für die Energiegewinnung<br />
aus Sonnen- und Wasserkraft<br />
werden immer raffiniertere Methoden entwickelt.<br />
Beispiele dafür finden sich in unserem<br />
Supplement Energie & Rohstoffe.<br />
Europa ist nach wie vor führend in der Entwicklung<br />
von Zukunftsperpsektiven. Es erlebt<br />
freilich eine Krise. Aber die gerade in Südeuropa<br />
gewaltige wirtschaftliche Unsicherheit hat<br />
sich bisher kaum in anderen Lebensbereichen<br />
niedergeschlagen. Das muss nicht so bleiben.<br />
Die europäischen Gesellschaften sollten zeigen,<br />
dass sie zumindest in der Lage sind,<br />
sichere Rahmenbedingungen für eine wirtschaftliche<br />
Erholung zu gewährleisten. In dieser<br />
Ausgabe bieten wir Ihnen keine fertigen Rezepte,<br />
aber vielleicht Hinweise, in welche Richtungen<br />
auch außerhalb Ihres jeweiligen Tätigkeitsbereichs<br />
gedacht wird.<br />
Ihr<br />
FIRMITAS, Green Defense @ KRS GmbH, GSW-NRW e.V.,<br />
IBM, Institut für Textiltechnik der RWTH Aachen, Ir. Geert<br />
De Clercq, Israel Aerospace Industries (IAI), KMW, Matthias<br />
Köhler, Microdrones, NATO, Norbert Ziegert, Northrop<br />
Grumman, Oliver Arning/BDSW, Parrot, Prof. Dr. rer. nat.<br />
habil. Wolfgang Voigt, Prof. Dr. Volker Schmidtchen, Reinhold<br />
Harnisch, Ryan Mol, SAAB GROUP, Sebastian Hertle,<br />
Smart Hydro Power GmbH, Stadtwerke Bonn, Steep, THW,<br />
TU Bergakademie Freiberg, Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dipl.-Wirt.<br />
Ing. Thomas Gries,<br />
Eine Verwertung der urheberrechtlich geschützten Publikation oder aller<br />
in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen, insbesondere durch<br />
Vervielfältigung oder Verbreitung, ist ohne vorherige schriftliche Zustimmung<br />
von Ziegert Concept unzulässig und strafbar, soweit sich<br />
aus dem Urheberrechtsgesetz nichts anderes ergibt. Insbesondere<br />
ist eine Einspeicherung oder Verarbeitung in Datensystemen ohne Zustimmung<br />
des Verlages unzulässig. Trotz sorgfältiger inhaltlicher Kontrolle<br />
übernehmen wir keine Verantwortung für die Inhalte aller durch<br />
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der Berichterstattung<br />
zu politischen,technischen<br />
und anderen<br />
aktuellen<br />
Themen in den Bereichen<br />
Innere und<br />
Äußere Sicherheit, Bevölkerungs-/<br />
Katastrophenschutz, Kritische Infrastrukturen<br />
widmet. Das Supplement<br />
Energie & Rohstoffe beleuchtet die ausreichende<br />
und dauerhafte Versorgung.<br />
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Herausgeber: Norbert Ziegert • Tel. 0 22 41 PUBLIC - 94 61 88 SECURITY • Fax 0 22 1-2011 41 - 40 51 5 98<br />
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✁<br />
✁
Die „Nordische Ryan Mol<br />
Kooperation“von<br />
Sie beruht auf drei Säulen: Kooperation, Priorisierung<br />
und Spezialisierung. Wenn die Partnerstaaten<br />
Smart Defence als Gelegenheit<br />
wahrnehmen und richtig umsetzen, führt dies zu<br />
einer Transformation der Art und Weise, wie militärische<br />
Fähigkeiten entwickelt, beschafft und<br />
genutzt werden. Smart Defence ist möglich,<br />
aber nur wenn mit den Erwartungen aller Beteiligten<br />
effektiv umgegangen wird.<br />
Die skandinavischen Staaten arbeiten in<br />
der Verteidigungspolitik bereits seit einigen<br />
Jahrzehnten zusammen. Diese Zusammenar-<br />
6 PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong><br />
Fünf Lektionen über Smart Defence<br />
Verringerte Verteidigungsausgaben, zugleich gewachsene Ansprüche an die<br />
Streitkräfte und die Tatsache, dass sich die Vereinigten Staaten zunehmend<br />
nach Asien orientieren, haben die Europäische Verteidigungspolitik in ein<br />
neues Stadium überführt. Auf ihrem Gipfeltreffen vom Mai 2012 in Chicago haben<br />
die Staats- und Regierungschefs der NATO erklärt, dass „Smart Defence“ künftig ihr<br />
Handeln bestimmen werde. Durch die gemeinsame Initiative sollen Fähigkeitslücken<br />
effizienter und kostenbewusster als bislang geschlossen werden.<br />
beit erteilt wichtige Lektionen und zeigt, wie<br />
kompliziert es werden wird, ein Programm zu<br />
Smart Defence umzusetzen. Im Kern handelte<br />
es sich bei der „Nordischen Kooperation“ - der<br />
Zusammenarbeit von Dänemark, Finnland,<br />
Schweden und Norwegen im Verteidigungsbereich<br />
- immer schon um Smart Defence.<br />
Ungeachtet ihrer langjährigen Zusammenarbeit<br />
im Rüstungsbereich und bei internationalen<br />
friedensschaffenden Maßnahmen wurde<br />
diese Kooperation von den skandinavischen<br />
Staaten aber erst 2010 institutionalisiert. Die<br />
vielschichtige Zusammenarbeit firmiert seither<br />
unter der Bezeichnung „Nordic Defence Cooperation“<br />
(NORDEFCO). Auch Island ist daran beteiligt,<br />
obwohl es weder über Streitkräfte noch<br />
Verteidigungsindustrie verfügt. Im Rahmen von<br />
NORDEFCO werden politische Debatten geführt,<br />
die Initiative umfasst gemeinsame Planungen<br />
und koordiniertes Vorgehen. Weitere Felder<br />
möglicher Zusammenarbeit werden untersucht.<br />
Skandinavien kooperiert seit Langem<br />
Die skandinavischen Staaten verfügen über<br />
eine gewachsene Tradition vertrauensvoller Zusammenarbeit.<br />
Nun kooperieren sie in einem<br />
breiten Spektrum, das von der Militärstrategie<br />
und gemeinsamen Übungen über Ausbildung<br />
und Beschaffung bis hin zur Teilnahme an Auslandseinsätzen<br />
reicht, um ihre militärische Lei-
stungsfähigkeit zu erhöhen. Hinsichtlich finanzieller<br />
Aspekte und in puncto Fähigkeiten lassen<br />
sich einige Erfolge verzeichnen. Schwedischen<br />
Angaben zufolge konnten etwa bei der gemeinsamen<br />
Beschaffung des Artilleriesystems AR-<br />
CHER mit Norwegen 40 Millionen Euro über den<br />
gesamten Produktzyklus eingespart werden.<br />
Derartige Erfolge sind durchaus hervorzuheben,<br />
doch nicht alle Kooperationsprojekte versprechen<br />
ähnliche quantifizierbare Vorteile. Die<br />
skandinavischen Erfahrungen lehren also, wie<br />
bedeutsam realistische Erwartungen sind.<br />
Aus den skandinavischen Erfahrungen können<br />
fünf Lehren gezogen werden: Erstens erfordert<br />
eine engere Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich,<br />
dass sie sowohl zur Chefsache<br />
erklärt als auch auf Arbeitsebene eng koordiniert<br />
wird. Zweitens ist die Kunst der langfristigen<br />
Perspektive gefragt - es handelt sich dabei<br />
nicht um ein rasch wirkendes Heilmittel für<br />
Haushaltszwänge. Drittens sollten die Partner<br />
nicht vor heiklen Fragen wie den Auswirkungen<br />
engerer Koordination auf die heimische Verteidigungsindustrie<br />
zurückschrecken. Viertens<br />
sollten die zwischenstaatlichen Institutionen<br />
genutzt werden, ein Klima von Transparenz und<br />
Informationsaustausch zu schaffen, um das gegenseitige<br />
Vertrauen zu fördern. Der wichtigste<br />
Punkt ist vielleicht schließlich, dass die Bereitschaft<br />
zu Souveränitätsverzichten bestehen<br />
muss.<br />
Top-Down und Bottom-Up<br />
Um Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich<br />
von der Ausnahme zur Regel zu machen,<br />
muss man eine übernationale Perspektive einnehmen.<br />
Internationales Denken und Kooperation<br />
bedingen und befördern sich gegenseitig.<br />
Und wenn diese Kooperation wie NORDEFCO<br />
mehrdimensional angelegt ist, wird solches<br />
Denken auf allen Ebenen der Verwaltung unterstützt.<br />
Die skandinavischen Verteidigungsminister<br />
haben eine gemeinschaftliche Erklärung<br />
veröffentlicht. Darin bekräftigen sie ihr Vorhaben,<br />
die Zusammenarbeit in permanente Strukturen<br />
zu überführen und weiter zu entwickeln.<br />
Derart deutliche Signale auf Ministerebene<br />
vermitteln Zuversicht und versetzen den militärischen<br />
Apparat in die Lage, sich um praxisbezogene<br />
Angelegenheiten zum Beispiel im<br />
Fähigkeits-, Ausbildungs- oder Übungsbereich<br />
usw. zu kümmern. In Gesprächen auf Fachebene<br />
können Kooperationsprojekte begleitend auf<br />
ihren konkreten Nutzen hin bewertet werden.<br />
Kooperatives Denken kann sich so mittels gemeinsamer<br />
Waffensysteme, Übungen und<br />
Einsätze auf allen Führungsebenen als normative<br />
Praxis durchsetzen. Norwegen, Schweden<br />
und Finnland sind bereits mit internationalen<br />
Stäben in ihren jeweiligen Führungskommandos<br />
oder Verteidigungsministerien vertreten. Im Zuge<br />
von NORDEFCO wurde außerdem eine Software<br />
für den Informationsaustausch unterhalb<br />
von Verschlusssachen eingeführt. Auch ge-<br />
Norwegen, Finnland und Schweden arbeiten beim Leopard 2 Kampfpanzer in den Bereichen gemeinsamer<br />
Beschaffung von Ersatzteilen, Bildung und Ausbildung, gemeinsamer Wartung und Upgrades<br />
zusammen.<br />
Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen bei der abschließenden Pressekonferenz im Anschluss<br />
an die Sitzungen des NATO-Staats-und Regierungschefs in Chicago<br />
meinsame Standards für die Kostenrechnung<br />
und Richtlinien bei Militäreinsätzen wurden entwickelt.<br />
Eine langfristige Perspektive<br />
Beziehungen von neuer Qualität benötigen<br />
immer Zeit. Die skandinavische Zusammenarbeit<br />
hat über Jahre auf Einzelarrangements basiert,<br />
statt das Große und Ganze in den Blick zu<br />
nehmen: Beispiele sind die Rüstungskooperation<br />
(NORDAC), die Zusammenarbeit bei friedenserhaltenden<br />
Maßnahmen (NORDCAPS) und die<br />
gemeinsame Fähigkeitssteigerung (NORDSUP).<br />
Hauptsächlich sind diese Vereinbarungen ent-<br />
standen, weil sie sachlich geboten waren, ohne<br />
mit politischen Implikationen verbunden zu sein.<br />
Für das nun strategischer angelegte und zielgerichtetere<br />
Projekt NORDEFCO haben sie sich allerdings<br />
als geeigneter Ausgangspunkt und<br />
Wegbereiter erwiesen.<br />
Obwohl sich die Skandinavische Zusammenarbeit<br />
offenbar eher organisch entwickelt<br />
hat, verdeutlicht dieser Entwicklungsprozess<br />
doch, wie nützlich es ist, einen langfristigen Ansatz<br />
zu verfolgen. Im Rahmen von NORDAC, der<br />
Nordic Armaments Cooperation zwischen 1994<br />
und 2009, sind diverse potenzielle Kooperationsfelder<br />
untersucht worden. Mit diesen Unter-<br />
PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong> 7
Verbesserte biologische Verteidigung: Norwegen, Schweden und Filnnland erforschen die Möglichkeiten<br />
für die Zusammenarbeit im Feld der biologischen Aufklärung und Identifikation.<br />
suchungen gelang es, bereits vorhandene Synergien<br />
einzugrenzen und weitere Synergiepotenziale<br />
auszumachen. Als 117 NORDAC-Kooperationsprojekte<br />
evaluiert wurden, stellte<br />
sich heraus, dass etwa die Hälfte fortgesetzt,<br />
ca. ein Drittel dagegen eingestellt wurde. (Resultate<br />
der übrigen Projekte stehen nicht zur<br />
Ver fügung, u.a. weil mit NORDEFCO neue Bewertungsmaßstäbe<br />
angelegt und Projekte restrukturiert<br />
wurden). Die konkreten Einspareffekte<br />
durch diese Projekte können zwar nur<br />
schwer ermittelt werden, gleichwohl haben offiziellen<br />
Angaben zufolge nur 20 Prozent der weiter<br />
verfolgten Initiativen zu eindeutigen Kostensenkungen<br />
geführt.<br />
Wenn man die langfristige Perspektive<br />
berücksichtigt, sind dies aber sehr ermutigende<br />
Ergebnisse, insbesondere im Kontext anderweitiger,<br />
nicht-monetärer Vorteile. Solche Vorteile<br />
sind in der erweiterten Möglichkeit für die<br />
künftige Kooperation zu sehen. Dazu zählen gemeinsame<br />
Übungen und Versuchsreihen ebenso<br />
wie die Verständigung auf multinationale Interessen<br />
und die Harmonisierung des militärischen<br />
Bedarfs. Lehrreiche Einsichten bieten<br />
auch die Gründe, warum Projekte eingestellt<br />
wurden. Deren vorzeitiges Ende schließt eine<br />
künftige Zusammenarbeit nämlich keineswegs<br />
aus. Es ist beispielsweise zeitaufwendig, Beschaffungs-<br />
und Betriebsprozesse aufeinander<br />
abzustimmen. Weitere Gründe, dass Projekte<br />
nicht fortgeführt wurden, lagen darin, dass der<br />
künftige Bedarf nicht klar festgestellt werden<br />
konnte oder in innenpolitischen Widerständen.<br />
Und beim sicheren Umgang mit Sprengstoffen<br />
kamen die skandinavischen Staaten zu der<br />
Überzeugung, dass eine Zusammenarbeit im<br />
NATO-Rahmen praktikabler sei.<br />
8 PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong><br />
Heikle Angelegenheit: Die Verteidigungswirtschaft<br />
Smart Defence hat auch Auswirkungen auf<br />
die Industrie. Die NATO-Mitglieder stimmen offiziell<br />
überein, dass es gilt Doppelstrukturen zu<br />
vermeiden und nach den besten Lösungen zu<br />
den vertretbarsten Kosten Ausschau zu halten.<br />
Dennoch treten immer wieder Spannungen auf,<br />
sobald sich die Politik darum bemüht, vor allem<br />
die heimische Industrie zu unterstützen. Skandinavien<br />
ist hier keine Ausnahme. So empfand<br />
es Schweden als Vertrauensbruch, als sich<br />
Norwegen entschied, den F-35 Joint Strike Fighter<br />
von Lockheed Martin anstelle des schwedischen<br />
Gripen zu beschaffen. Norwegen kann<br />
ökonomisch wahrscheinlich signifikant profitieren,<br />
nachdem ihm Unterstützung bei der Entwicklung<br />
und Integration seiner „Joint Strike<br />
Missile“ (JSM) in die F-35 zugesichert worden<br />
ist. Darüber stellte Norwegen den Ausbau gemeinsamer<br />
Entwicklungen im Rahmen der skandinavischen<br />
Zusammenarbeit zurück. Diese Entscheidung<br />
verkörpert die politischen und wirtschaftlichen<br />
Konflikte, die auftreten, wenn die<br />
„alte“ und die „neue“ Herangehensweise aufeinander<br />
treffen. Derartige Hindernisse stehen<br />
einer intensiveren Zusammenarbeit dennoch<br />
nicht zwingend im Weg. Vielmehr müssen Streitigkeiten<br />
ausgetragen werden, um sie mit den<br />
proklamierten Ansprüchen in Einklang bringen<br />
zu können.<br />
Sowohl Schweden als auch Norwegen verfügen<br />
über eine relevante Verteidigungsindustrie,<br />
während die finnische und dänische bedeutend<br />
kleiner sind. Zusammengenommen<br />
würden diese vier Absatzmärkte den viertgrößten<br />
in der Europäischen Union repräsentieren.<br />
Doch trotz der erheblichen Erfolge in der skan-<br />
dinavischen Zusammenarbeit verbleibt die gemeinsame<br />
Beschaffung insgesamt auf relativ<br />
niedrigem und unausgewogenem Niveau. Zwischen<br />
Schwedens überwiegend privat geführter<br />
Industrie und den zahlreichen staatseigenen Unternehmen<br />
in Norwegen und Finnland bestehen<br />
große Unterschiede. Es gibt wenige Anzeichen,<br />
die eine baldige industrielle Konsolidierung nahelegen.<br />
Andererseits wird die Industrie wohl in<br />
diese Richtung gedrängt werden, je mehr das<br />
politische Ziel einer vertieften Kooperation verfolgt<br />
wird und sich die globalen Gewichte verschieben.<br />
Daher haben die skandinavischen Minister<br />
und Industrievertreter auch damit begonnen, ihre<br />
Zusammenarbeit nicht mehr nur als bloße<br />
Möglichkeit, sondern als Realität der Zukunft zu<br />
begrüßen. Grete Faremo, die ehemalige norwegische<br />
Verteidigungsministerin, hat unter Verweis<br />
auf die zahlreichen neuen Chancen, die<br />
NORDEFCO eröffnet, anerkannt, dass Konsolidierung<br />
durchaus den Verlust von Arbeitsplätzen<br />
bedeuten kann. Jan Pie, der an der Spitze der<br />
schwedischen Sicherheits- und Verteidigungswirtschaft<br />
steht, hat angemerkt, dass sich die<br />
Industrie bereits seit einigen Jahren auf diese<br />
Entwicklungen einstellt. Er bestätigt zudem,<br />
dass die Industrie aus der skandinavischen Zusammenarbeit<br />
außerordentlichen Nutzen ziehen<br />
kann. Allerdings sei sie weiterhin ein „dynamischer<br />
Prozess“ mit „ökonomischen Realitäten“.<br />
Für Führungspersönlichkeiten in Politik,<br />
Militär und Wirtschaft bleibe viel zu tun, den<br />
Prozess voran zu treiben. Regierungen und Wirtschaft<br />
in Skandinavien unterstützen einen intensiveren<br />
Dialog, regelmäßig werden Workshops<br />
und Seminare abgehalten. Mit der ‘Joint<br />
Industry Reference Group’, in der Industrievertreter<br />
aus dem NORDEFCO-Raum zusammenkommen,<br />
besteht Gelegenheit, sowohl gemeinsame<br />
praktische Projekte als auch die weiterführenden<br />
Aussichten zu erörtern. Nur auf diesem<br />
Weg können potenzielle Risiken für die<br />
Unternehmen reduziert und kreative Lösungen<br />
vorangebracht werden.<br />
Vom Wert der Institutionen: Transparenz<br />
und Vertrauen<br />
Eine alte Weisheit für Manager lautet: „You<br />
cannot manage what you don’t measure.“ Die<br />
skandinavischen Staaten stellen Informationen<br />
und Neuigkeiten zu gemeinsamen Projekten auf<br />
ziemlich hohem Niveau zur Verfügung,<br />
hauptsächlich weil Informationen transparent<br />
ausgetauscht, bewertet und veröffentlicht werden<br />
und dieser Prozess institutionalisiert ist.<br />
Durch diese Offenheit, sich auch Details der Zusammenarbeit<br />
mitzuteilen, erlangt der Prozess<br />
eine besondere Intensität. Gegenseitiges Verständnis,<br />
Vertrauen und auch Geduld werden<br />
begünstigt. Alle Beteiligten können klar erkennen,<br />
wo es Fortschritte gegeben hat und wie mit<br />
Unzulänglichkeiten umgegangen wird. Da eine<br />
zentrale Beschaffungsbehörde aber weiterhin
fehlt, sind die einzelnen Ministerien für den Austausch<br />
von finanziellen Kennzahlen verantwortlich.<br />
Die Transparenz könnte noch erhöht werden,<br />
wenn im Rahmen von NORDEFCO ein System<br />
zur Erhebung und Analyse dieser Daten<br />
entwickelt würde. Damit würde der Gesamtnutzen<br />
der Zusammenarbeit veranschaulicht, inner-<br />
und zwischenstaatliche Standards und Orientierungswerte<br />
würden erleichtert.<br />
Sicherheit und Souveränität<br />
Man muss sich außerdem darüber im Klaren<br />
sein, dass international ausgerichtetes Denken<br />
nicht unbedingt eine Gefahr für die nationale<br />
Souveränität darstellt. Die an der skandinavischen<br />
Zusammenarbeit beteiligten Staaten<br />
sind ganz unterschiedlichen Organisationen zugehörig<br />
und verpflichtet. Schweden und Finnland<br />
sind zum Beispiel Mitglieder der EU, nicht<br />
aber der NATO. Norwegen und Island gehören<br />
der NATO dagegen an, nicht aber der EU. Dänemark<br />
ist zwar Mitglied beider Organisationen,<br />
verweigert sich jedoch der Gemeinsamen Sicherheits-<br />
und Verteidigungspolitik (GSVP). Diese<br />
Unterschiede können die Kooperation durchaus<br />
behindern und polarisierend wirken. Die<br />
Strukturen von NORDEFCO gehen mit ihnen allerdings<br />
flexibel um und konzentrieren sich auf<br />
das gemeinsame Ziel, die Sicherheit der Mitgliedsstaaten<br />
zu erhöhen, indem Synergieeffekte<br />
genutzt werden.<br />
Bei NORDEFCO handelt es sich nicht um einen<br />
weiteren Führungsstab, sondern schlicht<br />
um eine Konstruktion, die die Zusammenarbeit<br />
zwischen nationalen Kommandobehörden erleichtert.<br />
Beispielsweise kann ein gemeinsames<br />
Projekt zwar auch gemeinsam untersucht<br />
und vorbereitet werden. Aber alle Entscheidun-<br />
Die Grundidee des NORDEFCO ist, dass Schwedische Heer durch die Zusammenarbeit mit anderen<br />
nordischen Ländern die Einsatzfähigkeit so strukturiert, dass Ressourcen eingespart werden.<br />
Allerdings ist die Zusammenarbeit kein Verteidigungsbündnis. Dennoch haben wir einzigartige Einsatzkräfte<br />
mit national definierter Einsatzfähigkeit. Verlag Framsyn Media haben im Frühjahr 2010<br />
etwa 50 Bilder verwendet, um Ideen über das Konzept zu verdeutlichen.<br />
gen, das Management und Beschaffungen obliegen<br />
alleine den nationalen Behörden. Die Beteiligung<br />
an dem Projekt kann jederzeit beendet<br />
werden. Diese Struktur wirkt der Bürokratie entgegen,<br />
sie erlaubt den Teilnehmern, ganz nach<br />
Belieben alle sich international bietenden Gelegenheiten<br />
zu prüfen.<br />
Um das Potenzial von Smart Defence allmählich<br />
auszuweiten, müssen kontroverse<br />
Punkte behandelt und Effizienzhindernisse beseitigt<br />
werden. Unter diesem Druck, mit gesetzlichen<br />
und bürokratischen Schranken für die<br />
Zusammenarbeit aufzuräumen, haben die Verantwortlichen<br />
beschlossen, dass skandinavische<br />
Kampfjets mittlerweile von ihren jeweiligen<br />
Basen abheben und über den Luftraum hinweg<br />
gemeinsam trainieren können. Eine besondere<br />
Genehmigung ist nicht mehr erforderlich.<br />
Was daraus folgt<br />
Unter den veränderten globalen Rahmenbedingungen<br />
erweist sich Smart Defence als<br />
unausweichlicher Weg, um die Herausforderungen<br />
für die Sicherheit Europas zu meistern.<br />
Dafür bieten zahlreiche Kooperationsansätze -<br />
wie „pooling and sharing“ - die von NATO und Europäischer<br />
Verteidigungsagentur initiiert wurden,<br />
eine solide Basis, auf der aufgebaut werden<br />
kann. Um diesen Rückenwind zu erhalten<br />
und voranzukommen, müssen die Erwartungen<br />
realistisch sein. Niemand kann heute wissen,<br />
welches Entwicklungspotenzial die Zusammenarbeit<br />
im Verteidigungsbereich hat. Doch einmal<br />
eingeführte, flexible und transparente Strukturen<br />
erscheinen als geeigneter Ausgangspunkt<br />
das Zusammenwirken voran zu treiben. Man<br />
kann von den skandinavischen Erfahrungen profitieren,<br />
wenn Strukturen einer wirksamen europäischen<br />
Kooperation beschleunigt errichtet<br />
werden und bestehende Risiken entschärft werden<br />
sollen. Ohne Zweifel sollte die Entwicklungsgeschichte<br />
der skandinavischen Zusammenarbeit<br />
den Rest Europas motivieren. (Übersetzung:<br />
Matthias Köhler) ➛<br />
Der Autor: Ryan Mol, Bachelor-Abschluss<br />
in Internationaler Politik an der Malone University<br />
sowie<br />
einen Master<br />
of Science im<br />
Studiengang<br />
"Violence,<br />
Conflict and<br />
Development"<br />
an der<br />
Universität<br />
von London<br />
(SOAS =<br />
School of Oriental<br />
and African<br />
Studies),<br />
ist ehemaligerAufklärungsoffizier<br />
der US Navy und gegenwärtig<br />
in einem Forschungsprojekt des „Smart<br />
Defence Teams“ bei der stiftung neue verantwortung<br />
in Berlin tätig.<br />
PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong> 9
Die Verteidigungsindustrie<br />
an der<br />
Wegscheide<br />
Die deutsche wehrtechnische Industrie konzentriert<br />
sich vielmehr noch stärker auf Kooperationen<br />
und vor allem den Export. Dabei erhält<br />
sie zunehmend fraktionsübergreifend Unterstützung.<br />
Doch auch Thoma räumt die Bedeutung<br />
ausländischer Märkte ein. Zugleich kritisiert<br />
er Widerstände gegen Sicherheitstechno-<br />
10 PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong><br />
Exportieren<br />
oder sterben?<br />
Ein wenig wie ein Rufer in der Wüste klingt Prof. Dr. Klaus Thoma, wenn er die<br />
Chancen der zivilen Sicherheitswirtschaft hevorhebt. Man habe doch bereits<br />
2002, nach 9/11, „gesehen, dass das Thema Sicherheitstechnik ganz groß<br />
kommen wird“. Thoma ist Vorsitzender des „Fraunhofer-Verbunds Verteidigungs- und<br />
Sicherheitsforschung“. Die enormen Summen, die Berlin und Brüssel Jahr für Jahr<br />
dafür bereitstellen, geben ihm Recht. Allein: Es hapert an der Beschaffung der resultierenden<br />
Produkte. Auf der 9. „Handelsblatt-Konferenz Sicherheitspolitik und<br />
Verteidigungsindustrie“ stieß er denn auch auf taube Ohren. Die Veranstalter hatten<br />
- im Gegensatz zum Vorjahr - erst gar keinen entsprechenden Themenblock vorgesehen.<br />
logie an sich, „ganz speziell die Universitäten“.<br />
Schließlich handle es sich um angewandte Forschung<br />
zum Nutzen der Industrie und der Gesellschaft,<br />
„zur Sicherheit unserer Bürger“. Im<br />
militärischen Bereich sei wiederum der Haushalt<br />
des Bundesverteidigungsministeriums für<br />
den Bereich Forschung und Technologie viel zu<br />
Die Politik solle klarere Bedarfssignale aussenden,<br />
fordert Joachim Hofbauer vom Think-<br />
Tank CSIS. Grundsätzlich erfreue sich die Verteidigungsindustrie<br />
aber immer noch einer robusten<br />
finanziellen Gesundheit.<br />
klein. Das über reichlich Mittel verfügende Bundesforschungsministerium<br />
andererseits scheue<br />
das Thema „wie der Teufel das Weihwasser“, so<br />
der Fraunhofer-Experte.<br />
Freihandel erwünscht<br />
Die allerorten schrumpfenden Verteidigungsbudgets<br />
rücken andere Konsequenzen in<br />
den Blick. Kleinere Armeen bedeuten kleinere<br />
Stückzahlen der Beschaffung und höhere Kosten.<br />
„Wir alleine können in kleinen Stückzahlen<br />
gar nicht mehr bestellen“, so der FDP-Haushaltsexperte<br />
Jürgen Koppelin. Auch der CDU-<br />
Wirtschaftspolitiker Michael Fuchs tritt deshalb<br />
für mehr Exporte ein. „Unsere Diplomaten sollten<br />
nicht alles mit spitzen Fingern anfassen“,<br />
pflichtet ihm der SPD-Verteidigungsexperte Rainer<br />
Arnold bei. Allerdings solle man nach Indien,<br />
Südamerika, Südkorea oder Südafrika „vielleicht<br />
nicht jedes System liefern“. Und wenn an<br />
Ausbildungshilfe wie in Mali gedacht werde, sei<br />
dort „auch eine vernünftige Ausrüstung“ erforderlich.<br />
Eine Änderung der geltenden Praxis<br />
mahnt Arnold jedoch an: Geheime Entscheidungsprozesse<br />
- wie im zuständigen Bundessicherheitsrat<br />
- seien nicht mehr tragfähig. Dabei<br />
bedürfe es politisch gar keines Konsenses, sondern<br />
einer Mehrheit.<br />
Zwei weitere Voraussetzungen für eine erfolgreiche<br />
Exportpolitik gibt Rainer Arnold zu bedenken:<br />
„Kleine und mittlere Unternehmen werden<br />
am globalen Markt nur reüssieren können,<br />
wenn die Bundeswehr Referenzkunde ist.“ Die<br />
Bundeswehr solle auch helfen, Partnern ihre<br />
Produkte zu präsentieren. Und Großvorhaben<br />
hätten nur dann einen ausreichenden Markt,<br />
wenn im Gegenzug auch in den USA beschafft<br />
werde. Von der Alternative, die Industrie zu subventionieren,<br />
hält der CDU-Parlamentarier Fuchs<br />
wenig: „Ohne Wettbewerbsfähigkeit bewirkt<br />
auch ein einmaliger Auftrag nichts.“ Das für Exportgenehmigungen<br />
zuständige Bundesamt für<br />
Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) müsse<br />
aber schneller werden. Dem tritt BAFA-Präsident<br />
Arnold Wallraff entgegen: Ein durchschnittlicher<br />
Antrag werde in ca. 14 Tagen beschieden, da die<br />
Prozesse inzwischen voll elektronisch abliefen.<br />
Die beteiligten Ressorts der Bundesregierung<br />
benötigten freilich teilweise viel Zeit für eine
Entscheidung, räumt Wallraff ein. Auch andere<br />
Vor würfe weist er zurück: „Zwei Prozent der<br />
deutschen Exporte gehen über unsere Bücher.<br />
Die Versagungen liegen im Promillebereich.“ Dabei<br />
würden die Richtlinien selbstverständlich angewendet,<br />
kommentiert Rüdiger Wolf, Staatssekretär<br />
im BMVg, den viel diskutierten „Graubereich<br />
dual use“. Doch die Abgrenzung, was<br />
Rüstungsgüter seien, werde immer schwieriger<br />
werden.<br />
Globale Verschiebungen<br />
Doch wo sind die Märkte und wo steht die<br />
Industrie? Aufschluss über die globalen Rüstungstrends<br />
gibt Joachim Hofbauer von der<br />
„Defense-Industrial Initiatives Group at the Center<br />
for Strategic and International Studies<br />
(CSIS)“. Die europäischen Verteidigungsausgaben<br />
seien seit 2001 um über acht Prozent gesunken,<br />
so Hofbauer. Obwohl das US-Budget<br />
nach rasantem Anstieg seit 2008 tendenziell<br />
wieder sinke, seien die Vorjahre auch für europäische<br />
Firmen interessant gewesen. Für die<br />
Zukunft spornt sie Hofbauer an: „Das US-Marktvolumen<br />
ist immer noch wahnsinnig groß. Es<br />
lohnt sich auf alle Fälle, aber es wird schwieriger<br />
werden.“ Bei weiter sinkenden Ausgaben<br />
komme das Argument „buy american first“ zum<br />
Tragen. Dennoch habe sich das transatlatische<br />
Exportverhältnis von 6:1 auf nur noch 2:1 angenähert.<br />
Es sei weiterhin aber der „bessere<br />
Weg, sich als Subunternehmer US-Firmen anzudienen<br />
- „die kennen die richtigen Gesprächspartner“.<br />
Wachstumsmärkte sieht Joachim Hofbauer<br />
neben dem Nahen und Mittleren Osten, Südamerika<br />
und Australien vor allem in Asien (siehe<br />
Grafik). Seine Zahlen belegen das aber nur bedingt.<br />
Da das EU-Waffenembargo gegen die<br />
Volksrepublik China weiterhin besteht, verzeichnen<br />
lediglich Japan und Indien in den vergangenen<br />
Jahren signifikante Anstiege ihrer Verteidigungsbudgets.<br />
Im Kontext des jeweiligen<br />
Wirtschaftswachstums relativiert sich das jedoch,<br />
räumt Hofbauer ein. Vergleichbar mit Europa<br />
geben auch zahlreiche asiatische Staaten<br />
unter zwei Prozent ihres BIP für Verteidigung<br />
aus. Rüstungskooperationen mit Japan hält der<br />
CSIS-Fachmann für durchaus interessant, „aber<br />
noch sehr verfrüht“. Die japanische wehrtechnische<br />
Industrie bewege sich „immer noch auf<br />
Subsystem-Level“. Um die industrielle Basis in<br />
Europa trotz sinkender Etats zu erhalten, empfiehlt<br />
Hofbauer langfristige Partnerschaften<br />
mit anderen Regionen, die Rolle von „offset-Geschäften<br />
werde künftig zunehmen.<br />
Der Gruß des Kaufmanns<br />
Besonders auffällig sind indes die strukturellen<br />
Unterschiede zwischen der europäischen<br />
und der amerikanischen Branche. US-Unternehmen<br />
seien zunehmend profitabler als europäische<br />
und verfügten über deutlich mehr Liquidität,<br />
so Hofbauer. Einen Grund sieht er in<br />
Große Teile der Handelsblatt-Konferenz wurden von aktuellen sicherheitspolitischen Entwicklungen<br />
wie im Nahen Osten bestimmt. Auch die Berichterstattung kreiste um laufende oder bevorstehende<br />
Auslandseinsätze.<br />
den EU-weit hohen Ausgaben für Forschung und<br />
Entwicklung. In den USA werde dies zu großen<br />
Teilen durch staatliche Subventionen geleistet.<br />
Während europäische Firmen kontinuierlich etwa<br />
sieben Prozent ihres Umsatzes investierten,<br />
seien es in den USA seit 2003 nur noch ca. zwei<br />
Prozent. Gleichwohl schlagen diese geringen<br />
Entwicklungsinvestitionen Joachim Hofbauer zufolge<br />
in den USA mit der sechsfachen Rendite<br />
der europäischen zu Buche. Der Marktwert der<br />
Unternehmen entwickle sich allerdings im<br />
Gleichschritt - und zwar negativ.<br />
Relativ einhellig weisen die Experten auf<br />
der Handelsblatt-Tagung dennoch übertriebene<br />
Klagen der Industrie zurück. Hilmar Linnenkamp,<br />
ehemaliger Vize-Chef der Europäischen<br />
Verteidigungsagentur und jetzt bei der Stiftung<br />
Wissenschaft und Politik, plädiert „ein wenig<br />
für die Entdramatisierung der Knappheit des<br />
Verteidigungshaushaltes“. Auch der FDP-Politiker<br />
Jürgen Koppelin hält den Etat für „sehr auskömmlich“.<br />
Das Geld sei schlecht verplant worden,<br />
räumt der Befehlshaber des Einsatzführungskommandos,<br />
Generalleutnant Rainer<br />
Glatz, ein: „Die mittelfristige Finanzplanung der<br />
Vergangenheit war in Teilen eine Ansammlung<br />
ungedeckter Schecks.“ Eine nachhaltige Finanzierung<br />
macht auch seinem Staatssekretär<br />
Wolf Sorgen. Die demographische Entwicklung<br />
werde sich in Deutschland vor allem hier auswirken.<br />
Der gesellschaftliche Streit werde künftig<br />
nicht um die Ressource Mensch, sondern<br />
um Geld geführt werden, befürchtet Rüdiger<br />
Wolf. (kö) ➛<br />
PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong> 11
Eurosatory 2012<br />
mit neuen Waffen, Fahrzeugen,<br />
Technologien und Themen<br />
Sinkende Verteidigungshaushalte in Europa<br />
und der Umstrukturierung der europäischen<br />
Streitkräfte, davon war auch die Eurosatory<br />
2012 zum Teil betroffen. Bevorstehender Haushaltskürzungen<br />
in den Verteidigungsetats sorgte<br />
für genügend Diskussionsstoff und Verunsicherung<br />
bei den Herstellern. Jedoch stellt hinter<br />
den USA Deutschland mit 123 Ständen das<br />
zweitgrößte Kontingent.<br />
Auf der anderen Seite aber kennt die Rüstungsindustrie<br />
offenbar keine Krise, weltweit<br />
sind die Rüstungsverkäufe gestiegen. 2010<br />
setzten die 100 weltgrößten Rüstungskonzerne<br />
rund 305 Millarden Euro um. Zwar müssen viele<br />
westliche Länder im Bereich Rüstung<br />
12 PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong><br />
schmerzliche Einsparungen vornehmen, dafür<br />
rüsten Staaten wie China und Russland gewaltig<br />
auf: Allein Russland will in den kommenden<br />
Jahren fast 600 Milliarden in die Modernisierung<br />
der Armee investiern. Auch die europäische<br />
Verteidigungsindustrie scheint bestens<br />
gerüstet. Hoffnung hierfür machen die Exportmärkte<br />
im Nahen- und Mittleren Osten, Südamerika<br />
und Asien. Die Etats dieser Käufer bleiben<br />
von Krisen und Kürzungen nahezu unberührt.<br />
In Übersee besitzt die Verteidigung einen<br />
anderen Stellenwert als in Europa. So<br />
nutzten zahlreiche Delegationen aus diesen Teilen<br />
der Welt die Gelegenheit, sich vor Ort über<br />
neueste Technologien zu informieren.<br />
Zwischen<br />
Verunsicherung<br />
und Zuversicht<br />
Die alle zwei Jahre stattfindende Eurosatory war wieder internationaler<br />
Pflichttermin von über 150 Delegationen aus 84 Ländern unter anderem der<br />
Nato, dem US-Verteidigungsministerium und der Europäische Union in Paris<br />
Nord Villepinte vom 11.-15. Juni 2012. Mit 1.432 Ausstellern aus 53 Ländern auf<br />
163.523 qm Ausstellungsfläche und weit über 53.000 internationalen Besuchern<br />
gilt die Messe als Weltforum für Heer- und Luftverteidigung sowie als interessante<br />
Innovationsplattform und spannender Technologiegipfel.<br />
Dass 2012 noch mehr Gewinn mit dem Export<br />
von Wehrtechnik gemacht werden könne,<br />
teilten die USA auf der Messe mit. Laut US-<br />
Außenministerium konnte die US-Verteidigungsindustrie<br />
im laufenden Geschäftsjahr weit<br />
über 50 Milliarden US-Dollar Gewinn verzeichnen,<br />
20 Milliarden US-Dollar mehr, als im Geschäftsjahr<br />
2011. Zu den besten Exportkunden<br />
der USA gehören zurzeit Saudi Arabien und Japan.<br />
Auf der EUROSATORY finden die Rüstungskonzerne<br />
hier bei den Militärs eine exzellente<br />
Zielgruppe.<br />
Cyber-Sicherheit sowie die militärischen<br />
Nutzung des Internets waren die herausragenden<br />
Themen in diesem Jahr. Mit dem Stand der<br />
Technik in Sachen militärischen Übungssimulationen<br />
am Computer (SimDef) befasst sich sogar<br />
ein eigenes Symposium. "Land Operations<br />
Forum" (LOF) ist ein weiterer Schwerpunkt für<br />
Anforderungen, die militärische Einsätze von Bodentruppen<br />
an Ausrüstung, Taktik und Einsatzplanung<br />
stellen. Den schrumpfenden Verteidi-
gungsetats vor allem in Deutschland geschuldet,<br />
ist ein Umdenken der einheimischen Wehrund<br />
Sicherheitsindustrie in Richtung zivile Sicherheit,<br />
Bevölkerungsschutz und Energieprojekte.<br />
Hier konnte man vor allem bei deutschen<br />
Ausstellern einen weiteren Schwerpunkt ausmachen.<br />
Unter dem Motto "mobile solutions"<br />
präsentierte z. B. die Serco GmbH, jetzt steep<br />
GmbH, auf der EUROSATORY neben neuen Produkten,<br />
wie dem LinearSpiegel – eine Weltneuheit<br />
der Solarthermie, ein mobiles Feldlager gemeinsam<br />
mit der Westerwälder Eisenwerk<br />
GmbH und der FHF-GmbH Bremen.<br />
Auf der Liste der Aussteller erscheinen neben<br />
den Großkonzernen wie EADS und Dassault<br />
auch einige Namen aus China, Indien, Pakistan<br />
und Russland auf, selbst das "kleine Libyen"<br />
und Jordanien sind mit einem eigenen Stand<br />
vertreten. Die Ausstellerliste belegt, welche<br />
wirtschaftliche Bedeutung dem Geschäft mit<br />
der "Verteidigung" in vielen Staaten zukommt.<br />
Auch eine Delegation der Gesellschaft der<br />
sicherheits- und wehrtechnischen Wirtschaft in<br />
Nordrhein-Westfalen e. V. (GSW-NRW e. V.) war<br />
auf der EUROSATORY unterwegs und besuchte<br />
dort den großen Gemeinschaftsstand der französischen<br />
Partnerorganisation EDEN. EDEN (European<br />
Defense Economic Network), aus der<br />
französischen Region Rhône-Alpes, 2008 gegründet,<br />
ist der erste Verteidigungs- und Si-<br />
Die Delegation der GSW-NRW e. V. besuchte<br />
auf der EUROSATORY den großen Gemeinschaftsstand<br />
der französischen Partnerorganisation<br />
EDEN (Bild oben links) und wurde von Vice<br />
President Ludovic Ouvry und Project Managerin<br />
Manon Moreau herzlich begrüßt (Bild<br />
unten, v.l.n.r.: Manon Moreau, Hanswilm Rodewald,<br />
Ludovic Ouvry, Hans-Herbert Schulz).<br />
Der Präsident des Wiesbadener AUSA-Chapter,<br />
Eric Lien, mit einem der stellvertretenden<br />
Vorsitzenden der GSW, Dr. Dirk Schönenborn<br />
(Bild oben rechts).<br />
Auch mittelständische Unternehmen, wie<br />
SCHROTH Safety Products aus Arnsberg waren<br />
auf der EUROSATORY 2012 vertreten (Bild links<br />
mitte).<br />
cherheitscluster in Frankreich, und dient der internationalen<br />
Entwicklung von Unternehmen,<br />
insbesondere KMUs aus diesen Bereichen. Die<br />
Delegation, angeführt vom jetztigen GSW-NRW<br />
e. V. Vorsitzenden Brigadegeneral a. D. Hans<br />
Herbert Schulz und Geschäftsführer Oberst a.<br />
D. Hanswilm Rodewald wurde auf dem EDEN-<br />
Cluster-Stand von Jean-Luc Logel, Präsident und<br />
CEO von EDEN CENTRALP Automation sowie<br />
von Manon Moreau, Project Managerin, herzlich<br />
begrüßt. EDENs Vice President Ludovic Ouvry<br />
konnte bei einem ausgedehnten Rundgang über<br />
den großen Gemeinschaftsstand von EDEN die<br />
umfangreiche Palette und Leistungsfähigkeit<br />
der französischen Verteidigungsindustrie vorstellen.<br />
EDEN wird gemeinsam mit der GSW-<br />
NRW e. V. einen Gemeinschaftsstand auf der<br />
Berlin <strong>Security</strong> Conference 2012 (27. bis 28 November<br />
2012) stellen.<br />
Danach nahm die GSW-Delegation eine<br />
Einladung des Präsidenten des Wiesbadener<br />
AUSA-Chapter (AUSA = Association of the US<br />
Army), Eric Lien, auf dem Gemeinschaftsstand<br />
der USA wahr. Begrüßt wurden sie von Generalleutnant<br />
a. D. Theodore G. Stroup, der über<br />
die Beziehungen zwischen AUSA, dem Institut<br />
für Landkriegsordnung und der US-Regierung<br />
referierte. Stroup lud deutsche Firmen ein, mit<br />
der AUSA-Veteranen-Vertretung zusammen zu<br />
arbeiten, da sich bei einer Kooperation einfache<br />
und somit erfolgreichere Wege für einen<br />
Markteinstieg in den USA ergäben. Ebenso<br />
könnte die Teilnahme von KMUs auf der AUSA-<br />
Military-Messe vom 22. bis 24. Oktober 2012<br />
in Washington zusammen mit der GSW-NRW e.<br />
V. ermöglicht werden, wenn sich genügend<br />
Partner fänden. (zi/hwr) ➛<br />
PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong> 13
Kompetenzgerangel<br />
um die Flughäfen<br />
Die 5. Luftsicherheitstage in Potsdam<br />
In ihrer Tour d'Horizon über „Luftsicherheit aus der Perspektive der Politik“ kommt<br />
Kirsten Lühmann gleich mehrmals auf die mangelhafte Zusammenarbeit der<br />
zuständigen Bundesministerien zu sprechen. Die Thesen der Innen- und Verkehrsexpertin<br />
der SPD sind natürlich auch eine „Sicht der Opposition“. Doch auch<br />
Wolfgang Waschulewski, Präsident des Bundesverbands der Sicherheitswirtschaft<br />
(BDSW), beklagt das „Kompetenzgerangel“, das von der EU über Bund und Länder<br />
bis hin zu den Kommunen bestehe.<br />
Beim aktuellen Thema der Transferfrachtkontrolle<br />
verlangt die EU eine sichere Lieferkette<br />
über mehrere Länder und Stationen hinweg. Luftfrachtversender<br />
müssen sich zertifizieren oder<br />
strikt kontrollieren lassen. Für solche Zulassungsfragen<br />
ist das Luftfahrt-Bundesamt - also<br />
das Bundesverkehrsministerium zuständig. Die<br />
Ende April <strong>2013</strong> endende Frist wurde von den Unternehmen<br />
offenbar lange ignoriert. Trotz stark<br />
divergierender Zahlen über den tatsächlichen Bedarf<br />
hinken die Zulassungen den Erfordernissen<br />
jedenfalls deutlich hinterher. An den eigentlichen<br />
Kontrollen beteiligt sind durch den Zoll sowohl<br />
das Bundesfinanzministerium als auch das Bundesinnenministerium<br />
durch die Bundespolizei.<br />
„Die beiden reden nicht miteinander“, befindet<br />
die Abgeordnete Kirsten Lühmann.<br />
Kirsten Lühmann (MdB, SPD) beschäftigt<br />
sich mit vielen Aspekten von Luftsicherheit. Dazu<br />
gehören auch kontaminierte Kabinenluft,<br />
Lenk- und Ruhezeiten für Piloten und der Zielkonflikt<br />
zwischen Sicherheit und der Reduzierung<br />
von Fluglärm.<br />
14 PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong><br />
„Wenn keiner fliegt, dann ist jedenfalls der<br />
Luftverkehr sicher!“, so Dr. Steffen Richter (r.,<br />
hier mit Waldemar Marks, dem Vorsitzenden<br />
des Fachausschusses Aviation des BDSW). Der<br />
Experte aus dem Bundespolizeipräsidium fordert<br />
seit Jahren intelligentere Lösungen für<br />
Mensch und Technik.
Und alle Fragen offen...<br />
Bisher konnten Unternehmen sich durch eine<br />
Selbstverpflichtung den Status eines „Bekannten<br />
Versenders“ verleihen. Die gelernte Polizistin<br />
Lühmann findet das „zum Haare sträuben“.<br />
Da aber immer noch nicht über die Höhe<br />
der Gebühren für die Zertifizierung entschieden<br />
ist, wird sie momentan umsonst vergeben -<br />
möglicherweise eine Wettbewerbsverzerrung.<br />
Schließlich ist auch strittig, welche Kontrollmethoden<br />
überhaupt erlaubt und ausreichend<br />
sind. Neben dem Röntgen kommen Sprengstoffdetektionsgeräte<br />
(Sniffer) und die bloße Sichtkontrolle<br />
infrage - doch jeweils nicht alleine.<br />
Je nach Größe und Art der Fracht bestehen<br />
Schwierigkeiten. So ist ein verpacktes Kraftfahrzeug<br />
kaum zu röntgen und die Sichtkontrolle<br />
für Kirsten Lühmann hier ein Placebo. Man<br />
werde „wohl kaum eine Bombe blinkend auf<br />
dem Dach“ vorfinden, amüsiert sie sich. Über<br />
den Einsatz von Spürhunden besteht noch keine<br />
Einigkeit. Es gibt ohnehin zu wenige und sie<br />
müssen nach kurzer Zeit abgelöst werden.<br />
Sicherheitsrisiko Luftfracht<br />
Die gescheiterten Anschlagsversuche der<br />
vergangenen Jahre- u.a. mit präpaierten Sprengstoff-“Druckern“<br />
aus dem Jemen - haben all<br />
diese gravierenden Lücken offengelegt.<br />
Während Passagiere und deren Gepäck akribisch<br />
durchleuchtet werden, ist dasbei der Luftfracht<br />
auch jetzt noch allenfalls stichprobenartig<br />
machbar. Zwar wurden 2012 schon etwa<br />
100.000 Frachtstücke kontrolliert, aber nur an<br />
den Flughäfen Köln/Bonn, Leipzig und Frankfurt/M.<br />
Die Hälfte der Luftfracht wird außerdem<br />
in Passagiermaschinen transportiert. Als erstaunlich<br />
erscheint daher, dass Terrorgruppen<br />
erst seit relativ kurzer Zeit versuchen, solche<br />
Schwachstellen auszunutzen. Eine Novellierung<br />
des Luftsicherheitsgesetzes ist wegen der Bundestagswahl<br />
nicht vor dem Frühjahr 2014 zu erwarten.<br />
Kein Fortschritt bei Arbeitszeiten<br />
Dies gilt freilich für die meisten politischen<br />
Vorhaben. Dennoch verzeichnet die vom Branchenverband<br />
BDSW und der Bundespolizei ausgerichtete<br />
Fachtagung <strong>2013</strong> eine Rekordteilnahme<br />
- innerhalb und außerhalb des Potsdamer<br />
Kongresshotels. Überlagert werden die<br />
Luftsicherheitstage von den gleichzeitigen<br />
Streiks des Kontrollpersonals an den Flughäfen.<br />
Zahlreiche Luftsicherheitsassistenten folgen<br />
dem Aufruf der Gewerkschaft ver.di und demonstrieren<br />
lautstark vor dem Gebäude für<br />
höhere Stundenlöhne und geregelte Arbeitszeiten.<br />
Gefordert wird ein Stundenlohn von 14,50<br />
Euro, für BDSW-Hauptgeschäftsführer Dr. Harald<br />
Olschok „völlig unrealistische Lohnforderungen<br />
von 30 Prozent und mehr“.<br />
Das strukturelle Problem der Kontrollen<br />
wird von den Arbeitgebervertretern seit Jahren<br />
eingeräumt und selbst kritisiert: Morgens und<br />
Deutlich wurde bei den Luftsicherheitstagen, dass Kosten und Nutzen von Privatisierungen in<br />
diesem Bereich wieder intensiver diskutiert werden.<br />
Angestellte privater Dienstleister sind in vielen Bereichen tätig. Die Kongresshostessen werden<br />
in Potsdam regelmäßig von den Branchengrößen gestellt.<br />
abends werden doppelt so viele Mitarbeiter<br />
benötigt wie im Tagesverlauf. Festgelegt wird<br />
der Bedarf von der Bundespolizei. In der Folge<br />
gebe es „mehr Pausen als bezahlte Arbeitszeit“,<br />
so BDSW-Präsident Waschulewski. Der<br />
Verband hat deshalb eine Tarifgemeinschaft mit<br />
anderen gegründet, die für ein garantiertes Monatsvolumen<br />
von 160 Stunden eintritt.<br />
Schon jetzt fällt es den Sicherheitsdienstleistern<br />
gerade in prosperierenden Regionen<br />
schwer, geignetes Personal zu gewinnen und zu<br />
halten: „Die geforderte Sicherheit kann nicht von<br />
Hausfrauen, Rentnern und Studenten geleistet<br />
werden“, so Waschulewski. Doch bei den Verhandlungen<br />
mit dem Bundesinnenministerium<br />
seien bislang kaum Fortschritte erzielt worden.<br />
Die DPolG schwenkt zurück<br />
Rainer Wendt, der Vorsitzende der Deutschen<br />
Polizeigewerkschaft (DPolG), korrigiert<br />
daher seine Position der vergangenen Jahre.<br />
Die Sicherheit an Flughäfen solle wieder in<br />
staatliche Hand gegeben werden. 2012 hatte<br />
die Gewerkschaft noch auf ein neues Reservoir<br />
an Mitgliedern bei den privaten Dienstleistern<br />
spekuliert. Diese Strategie war in der DPolG<br />
aber immer umstritten gewesen. Wendt plädiert<br />
nun für einen staatseigenen Betrieb oder Beschäftigte,<br />
die dem öffentlichen Dienst angehören.<br />
Eng wird es an den Flughäfen ohnehin. Ungeachtet<br />
wirtschaftlicher Krisen erwarten verschiedene<br />
Prognosen, dass der Luftverkehr bis<br />
2030 auch weiterhin stark ansteigt. Das ist mit<br />
der demografischen Entwicklung und der Konkurrenz<br />
um Mitarbeiter schwer vereinbar. Auch<br />
die derzeitige Auslegung der Infrastruktur wäre<br />
völlig unterdimensioniert, nicht nur bei Flugbahnen,<br />
sondern auch bei Kontrollstellen oder<br />
Frachtabfertigung. Angesichts dessen und der<br />
Streiks ändern die Veranstalter denn auch das<br />
Thema ihrer Podiumsdiskussion. Es lautet nun:<br />
„Wieviel ist uns die Sicherheit im Luftverkehr<br />
wert?“(kö) ➛<br />
PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong> 15
von Andreas Kling<br />
In den vergangenen Jahren lässt sich vielfach eine verstärkte Beachtung des<br />
Forschungsfeldes Humanitäre Logistik feststellen. Dieser Anstieg manifestiert<br />
sich international unter anderem in der Einrichtung eines Studiengangs Humanitäre<br />
Logistik an der Universität der italienischen Schweiz in Lugano als auch an der<br />
Gründung des englischsprachigen „Journal of Humanitarian Logistics and Supply<br />
Chain Management“. In Deutschland widmet sich zum Beispiel Maximilian Mueller<br />
vom Brandenburger Institut für Gesellschaft und Sicherheit (BIGS) dem Einsatz von<br />
Flugzeugen in der Humanitären Hilfe. In zwei Studien zeigt Mueller die Möglichkeiten<br />
neuer zivil-militärischer Betreibermodelle auf.<br />
Basis dafür sind seine Beobachtungen,<br />
dass trotz aller Bemühungen in internationalen<br />
Katastrophen immer wieder Defizite in der Hilfsgüterlogistik<br />
zum Vorschein kommen. Betroffene<br />
Katastrophengebiete werden über Zeiträume<br />
von Wochen nicht oder nicht ausreichend ver-<br />
16 PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong><br />
Lufttransporte<br />
in der<br />
Humanitären Hilfe -<br />
quo vadis?<br />
Effizienzsteigerungen durch<br />
neue zivil-militärische<br />
Betreibermöglichkeiten.<br />
sorgt, weil Mittel noch nicht freigegeben sind,<br />
die Katastrophenregion nicht erreicht werden<br />
kann oder der Zugang zur Region nicht sicher<br />
ist. Ein allgemein gültiges, sofort abrufbares<br />
Transportkonzept für die Luftfracht, das klar die<br />
Kompetenzen zuweist, die Mittelzuweisung und<br />
den Organisationsablauf regelt, gibt es bislang<br />
nicht.<br />
Als Ergebnisse seiner Forschungstätigkeit<br />
hinsichtlich der Realisierung und Finanzierungbarkeit<br />
von Lufttransporten in der Humanitären<br />
Hilfe entstanden die beiden Studien, die auf<br />
über 20 verschiedenen Expertengesprächen mit<br />
Vertretern von Hilfsorganisationen, Streitkräften<br />
und kommerziellen Anbietern sowie entsprechenden<br />
Literaturanalysen basieren. Im<br />
Rahmen der ersten Studie wurde untersucht,<br />
wie geeignete Lufttransportkapazitäten für Katastrophenfälle<br />
bereitgestellt werden können<br />
und wie sich die Interessenlage der verschiedenen<br />
Akteure (Hilfsorganisationen, Staat und
Gegenwärtig sind noch veraltete Flugzeugtypen wie die Transall C 160 im Einsatz. Der Erstflug<br />
des Transporters erfolgte 1963. (Bild oben)<br />
Die Serienproduktion des neuen Airbus A400M hat - reichlich verspätet - mittlerweile begonnen.<br />
Entscheidend für Einsätze gerade in Katastrophengebieten ist die Start- und Landefähigkeit<br />
auch auf sehr rudimentären Pisten.“<br />
Der Autor: Andreas Kling ist Diplom-Kaufmann<br />
und Master in Humanitarian Assistance.<br />
Nach Einsätzen während des Bürgerkriegs<br />
in Bosnien als Logistiker in der<br />
Katastrophen-Hilfe<br />
und als Wahlbeobachter<br />
für das Auswärtige<br />
Amt absolvierte<br />
er den AufbaustudiengangHumanitäre<br />
Hilfe an den<br />
Universitäten Bochum<br />
und Oxford.<br />
Danach arbeitete er<br />
in verschiedenen<br />
Positionen im Bereich<br />
der Auslandsarbeit<br />
für Krisen- und<br />
Katastrophengebiete. Einsatzländer waren<br />
bisher u.a. Kroatien, Bosnien, Kosovo, Sudan<br />
und Afghanistan. Seit 2010 ist er<br />
selbstständiger Berater für Business Continuity<br />
Management und Bevölkerungsschutz.<br />
Seine Arbeitsschwerpunkte sind Logistik,<br />
Krisenstabsarbeit sowie temporäre<br />
Infrastrukturen im Katastrophenfall. Zudem<br />
hält er an der Ruhr-Universität-Bochum Vorlesungen<br />
zu „Logistik in Krisengebieten“.<br />
18 PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong><br />
Politik, private Transportunternehmen und letztendlich<br />
auch die Bevölkerung als Spender und<br />
Steuerzahler) darstellt.<br />
Optimierungsansätze<br />
Im Fokus stand dabei eine Bereitstellungsvariante,<br />
die quantitative und auch qualitative<br />
Vorteile gegenüber dem Status quo verspricht.<br />
In der Folgestudie zeigt der Autor auf, wie Lufttransportkapazitäten<br />
für Katastrophenfälle optimal<br />
bereitgestellt werden können und damit<br />
die Organisation von Hilfsgütertransporten effizient<br />
und effektiver gestaltet werden kann. Der<br />
Schwerpunkt der Betrachtung liegt auf der Beschreibung<br />
der deutschen Akteure, wenngleich<br />
auch der Ordnungsrahmen auf europäischer<br />
Ebene erklärt wird und potenzielle Betreibermodelle<br />
auf europäischer Ebene entwickelt<br />
werden. Auch bei der Beschreibung von bereits<br />
existierenden öffentlich-privaten Partnerschaften<br />
geht der Blick über die Landesgrenzen hinaus<br />
zur Civil Reserve Air Fleet der US-Airforce<br />
oder auch zum britischen FSTA-(Tanker)Programm<br />
der Royal Air Force.<br />
Die beiden Studien von Maximilian Mueller<br />
zeigen sehr gut den Ordnungsrahmen und den<br />
Ist-Zustand für die Bereitstellung von Lufttransportkapazitäten<br />
auf, geben Spezifikationen für<br />
geeignete Transportflugzeuge vor und prüfen<br />
verschiedene Bereitstellungsvarianten und Organisationsmodelle.<br />
Dabei limitiert die Notwendigkeit<br />
von Flugzeugtypen mit einer Roll-on-Rolloff-Fähigkeit<br />
(Laderampe) und der Fähigkeit von<br />
kurzen Pisten starten und landen zu können, die<br />
Auswahl der zur Verfügung stehenden Flugzeugtypen<br />
für ein Betreibermodell sehr stark. So<br />
beschränkt sich die Prüfung im Endeffekt auf einen<br />
direkten Vergleich zwischen der Iljuschin IL-<br />
76 und dem Airbus 400M mit annähernd vergleichbaren<br />
Nutzlasten und Reichweite.<br />
Konzentration auf den Airbus 400M<br />
Diese Konzentration auf die IL-76 und ihr europäisches<br />
Vergleichsprodukt, den Airbus<br />
400M, der zukünftig von mehreren europäischen<br />
Streitkräften eingesetzt werden soll und<br />
die veralteten Flugzeugtypen Transall C-160 und<br />
Hercules C-130 ersetzen wird, ergibt sich aus<br />
der Festlegung auf den A 400M und einer möglichen<br />
Beteiligung der Luftwaffe an einem Betreibermodell.<br />
Insgesamt werden vier verschiedene<br />
Organisationsmodelle für die Organisation<br />
gemeinsam genutzter Lufttransportkapaziäten<br />
beschrieben. Zwei der Modelle sehen eine aktive<br />
Beteiligung der öffentlichen Hand in den Bereichen<br />
Finanzierung und Betrieb durch die Luftwaffe<br />
vor, während die anderen beiden Modelle<br />
sich auf private Geldgeber und Betreiber stützen.<br />
Leider fehlen für den Bereich der Humanitären<br />
Logistik vielfach belastbare Zahlen, was<br />
die Kosten für Hilfseinsätze allgemein, aber<br />
auch die tatsächlichen Logistikkosten betrifft.<br />
Man behilft sich oft mit groben Schätzungen, die<br />
aber als Basis für eine Modellierung kaum geeignet<br />
sind. Dazu kommt noch, dass sich humanitäre<br />
Katastrophen, was Eintreten, Ausmaß<br />
und Ort angeht, selten „planen lassen“, so<br />
dass auch Vorhaltekosten, und jedes Betreibermodell<br />
ist letztendlich ein Vorhaltemodell,<br />
auch nur sehr schlecht planbar oder kalkulierbar<br />
sind. Es lässt sich daher nur wünschen, dass<br />
die angesprochenen neuen Forschungsaktivitäten<br />
Erkenntnisse und eine gute Zahlenbasis für<br />
die Optimierung von Lufttransporten für Katastropheneinsätze<br />
hervorbringen. Denn letztendlich<br />
tragen gut koordinierte und effizient gestaltete<br />
Hilfseinsätze dazu bei, Menschenleben<br />
zu retten und Leid zu lindern. ➛<br />
Literaturhinweise:<br />
* Brandenburger Institut für Gesellschaft<br />
und Sicherheit, Maximilian Mueller: Die<br />
Bereitstellung von Lufttransportkapazitäten<br />
im Katastrophenfall (Nummer 1 /<br />
November 2010)<br />
Brandenburger Institut für Gesellschaft<br />
und Sicherheit, Maximilian Mueller: Organisationsmodelle<br />
gemeinsam genutzter<br />
Lufttransportkapazitäten für die internationale<br />
Katastrophenhilfe (Nummer 3 /<br />
September 2011)
Effektive<br />
Sendeleistung für<br />
große Entfernung<br />
Thales und Vinhøg AS, eine norwegische Niederlassung von Rheinmetall Defence, haben<br />
einen Vertrag über die Lieferung von 44 Squire Radaren zur Gefechtsfeld-Überwachung für<br />
den Einsatz bei den norwegischen Streitkräften unterzeich¬net. Die ersten zehn Systeme<br />
werden im zweiten Halbjahr <strong>2013</strong> geliefert; die letzte Lieferung ist für Anfang 2017 geplant.<br />
Die norwegischen Streitkräfte erhalten eine<br />
modernisierte Version von Squire, die eine neue<br />
Prozessorplatine enthält, die es ermöglicht, eine<br />
Vielzahl neuer Funktionen in das System zu<br />
integrieren. Der Kunde hat Squire für verschiedene<br />
Einsatzbereiche ausgewählt. Die Mehrzahl<br />
dieser Radare wird an Vingtaqs II, einem Fernüberwachungs-,<br />
Beobachtungs- und Aufklärungssystem<br />
für lange Distanzen, montiert,<br />
welches auf gepanzerten Fahrzeugen zum Einsatz<br />
kommt.<br />
Peter Obermark, CEO von Thales Deutschland<br />
ist stolz auf diesen Vertrag: „Mit unseren<br />
Radaren BOR-A, Squire und GO12 ist Thales der<br />
weltweit erfolgreichste Lieferant für Radare zur<br />
Gefechtsfeld-Überwachung. Mit diesem Vertrag<br />
Thales liefert Squire Radare nach<br />
Norwegen<br />
hat Thales über 400 Squire verkauft, die im niederländischen<br />
Hengelo hergestellt werden und<br />
über 300 BOR-A. Bodenüberwachungsradare<br />
von Thales sind auf der ganzen Welt im Einsatz.“<br />
Über Squire<br />
Squire ist ein tragbares Bodenüberwachungsradar<br />
für mittlere Reichweiten, das bewegliche<br />
Ziele auf oder nahe über dem Boden<br />
in Entfernungen bis zu 48 km aufspüren und<br />
klassifizieren kann. Squire besteht aus kompakten<br />
Komponenten, die im Rucksack transportiert<br />
werden. Squire ist leicht, kompakt und<br />
gestattet aufgrund der eingesetzten FMCW-<br />
Technologie (Frequency Modulate Continous<br />
Wave) eine sehr geringe Sendeleistung, gepaart<br />
Peter Obermark, CEO von Thales Deutschland<br />
ist stolz auf diesen Vertrag mit Vinhøg AS<br />
mit einer sehr geringen Wahrscheinlichkeit,<br />
selbst aufgeklärt zu werden. Mit nur einem Watt<br />
Sendeleistung kann Squire Personen in 10 km<br />
Entfernung aufspüren. Die geringe Sendeleistung<br />
macht das System praktisch unauffindbar.<br />
Squire verfügt über eine Einrichtung zur<br />
automatischen Klassifizierung von Personen,<br />
Kettenfahrzeugen, Radfahrzeugen und Hubschraubern.<br />
Die eingesetzte Solid State-Technologie<br />
bürgt für hohe Zuverlässigkeit und geringe<br />
Lebenslaufkosten. ➛<br />
PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong> 19
Fort Knox der<br />
Kommunen<br />
von Reinhold Harnisch<br />
Der Bürgerservice in den Kommunalverwaltungen besteht aus einer Vielzahl von<br />
Komponenten. Allein im Bereich Finanzwesen kommen die unterschiedlichsten<br />
Fachverfahren zum Einsatz: Das zentrale Buchungsverfahren, Vorverfahren für<br />
die Erhebung von Kindergartenbeiträgen, Musikschulgebühren, Steuern oder auch<br />
Nutzungsentgelte, um hier nur einige zu nennen. Im Bereich Sicherheit und Ordnung<br />
werden das Meldewesen, das Ausländerwesen, die Verkehrsüberwachung, Wahlen<br />
und das Standesamt technisch unterstützt. Im Bereich Schulen gibt es verschiedene<br />
Verfahren für die Verwaltung der Schülerdaten sowie Software, die in der<br />
Schulverwaltung genutzt wird. Es gibt Applikationen für die Sozial- und Jugendämter,<br />
für die Bau- und Liegenschaftsverwaltung und auch für die Personalverwaltung und<br />
die Ratsarbeit.<br />
In den meisten Kommunen werden die Aufgaben,<br />
die mit dem Einsatz einer derart großen<br />
Zahl von unterschiedlichen Fachanwendungen<br />
einhergehen, nicht im eigenen Hause wahrgenommen.<br />
Hier wird sich eines IT-Dienstleisters<br />
bedient, der sich auf diese Bereiche spezialisiert<br />
hat. So werden zum Bespiel Schulungen,<br />
technische Dienste und Programmprüfungen<br />
zentral von kommunalen Rechenzentren angeboten.<br />
Auch die Servertechnik, Speichersysteme<br />
und die Netzwerktechnik werden zentral zur<br />
Verfügung gestellt. Der Vorteil dieser Vorge-<br />
20 PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong><br />
Datenschutz und Datensicherheit<br />
im Bereich der Bürgerservices<br />
hensweise liegt auf der Hand: Sowohl fachliches<br />
Know-how als auch technische Hardware<br />
können optimal genutzt werden mit der Konsequenz,<br />
dass sich der entstehende Aufwand für<br />
jede einzelne Kommune auf niedrigstem Niveau<br />
bewegt.<br />
Risiken beim Cloud Computing<br />
Aber wo Licht ist, ist auch Schatten: Dadurch,<br />
dass die Rechenzentren eine immense<br />
Datenmenge speichern, sind sie auch bevorzugte<br />
Ziele von Hackern, Online-Betrügern, Spio-<br />
Laut Reinhold Harnisch „sollte über den Aufbau<br />
eines föderalen verwaltungsinternen Warnund<br />
Informationsdienstes nachgedacht werden.<br />
Ein solcher Dienst wäre für die IT-Sicherheit von<br />
immenser Bedeutung.“<br />
nen und Saboteuren. Diese treiben einen erheblichen<br />
Aufwand, um an die begehrten personenbezogenen<br />
Informationen zu kommen,<br />
über die die Kommunalverwaltungen in großer<br />
Zahl verfügen. Je sensibler die Information ist,<br />
desto wertvoller ist sie auch für Angreifer.<br />
Am sichtbarsten werden die Probleme, die<br />
durch große Datensammlungen entstehen,<br />
beim Megathema Cloud-Computing: Hier ist<br />
zwischen <strong>Public</strong> Clouds und Private Clouds zu<br />
unterscheiden. <strong>Public</strong> Clouds, die sowohl für privatrechtlich<br />
organisierte Unternehmen als auch<br />
für private Nutzer angeboten werden, haben aktuell<br />
ihre Standorte unter anderem in den USA,<br />
Hong Kong, Singapur, und Irland. Diese Standorte<br />
weisen darauf hin, dass die unterschiedlichsten<br />
Regelungen zu Datenschutz und Datensicherheit<br />
bestehen können, über die der
Nutzer in den seltensten Fällen informiert wird.<br />
Keine der <strong>Public</strong> Clouds unterliegt den strengen<br />
deutschen gesetzlichen Anforderungen an Datenschutz<br />
und Datensicherheit. Thilo Weichert,<br />
Leiter des Unabhängigen Landeszentrums für<br />
Datenschutz (ULD) Schleswig Holstein, geht sogar<br />
so weit, zu sagen: „Wer heute in einer <strong>Public</strong><br />
Cloud Personendaten verarbeitet, handelt<br />
regelmäßig unverantwortlich und rechtswidrig.“<br />
Nun ist aber auch die Nutzung eines Rechenzentrums<br />
nichts anderes als Cloud-Computing.<br />
Genau genommen haben die kommunalen<br />
Rechenzentren das Cloud-Computing „erfunden“.<br />
Im Gegensatz zur <strong>Public</strong> Cloud wissen<br />
die Nutzer der verschiedenen Rechenzentren<br />
genau, wo sich ihre Daten tatsächlich befinden.<br />
Zudem können sie sich darauf verlassen, dass<br />
die gesetzlichen Regelungen des Bundes- und<br />
der Landesdatenschutzgesetze eingehalten<br />
werden.<br />
Zertifizieren lassen<br />
Das Kommunale Rechenzentrum Minden-<br />
Ravensberg/Lippe (krz) mit Sitz in Lemgo (siehe<br />
Info) geht sogar noch einen Schritt weiter: Es<br />
lässt sich von unabhängiger Stelle in Bezug auf<br />
Datenschutz und Datensicherheit überprüfen.<br />
Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik<br />
(BSI) bestätigt dem krz in jährlich<br />
wiederkehrenden Audits, dass es durch den Einsatz<br />
modernster technischer und ausgefeilter<br />
organisatorischer Maßnahmen das Optimum an<br />
„Nach Eugen Kaspersky sprechen die meisten Schadprogramme chinesisch“, so Harnisch. Der<br />
russische Experte Kaspersky ist seit über 20 Jahren im Virenschutz tätig.<br />
Sicherheit für die Daten seiner Kunden und Eigentümer<br />
gewährleistet. Das BSI-Zertifikat nach<br />
ISO 27001 auf Basis von IT-Grundschutz besteht<br />
seit dem 01.04.2007 ununterbrochen.<br />
Sowohl Verbands- als auch Vertragskunden<br />
des krz betrachten das Zertifikat und damit die<br />
Erfüllung der sicherheitstechnischen Standards<br />
„ihres Rechenzentrums“ als selbstverständlich.<br />
Datensicherheit ist allerdings kein Zustand sondern<br />
ein sich ständig weiterentwickelnder Pro-<br />
zess. So, wie sich die Motivation der Angreifer<br />
vom Spieltrieb über wirtschaftliche und politische<br />
Interessen zu Frust und Rache entwickelt<br />
hat, schreitet auch die Entwicklung geeigneter<br />
Abwehrsysteme stetig voran, wobei sich die Abwehrsysteme<br />
nicht nur auf die reinen IT-Komponenten<br />
beschränken. Auch die Organisation,<br />
die räumliche Infrastruktur und die Betriebsabläufe<br />
kommen immer wieder auf den Prüfstand.<br />
Nicht zuletzt erfahren Arbeitsplätze ein Upgrade
und das Personal wird in regelmäßigen Abständen<br />
geschult und sensibilisiert.<br />
Mobile Devices als Einfallstor<br />
Im Hinblick auf die rasche Etablierung der<br />
Mobile Devices und der damit verbundenen Öffnung<br />
eines neuen Einfallstores für Angreifer, ist<br />
ebenso schnelles wie konsequentes Handeln in<br />
Bezug auf die IT-Sicherheit absolut unumgänglich.<br />
Wer nur reagiert, agiert schon zu spät.<br />
Nach Eugen Kaspersky sprechen die meisten<br />
Schadprogramme chinesisch. Vielleicht ist<br />
dies der Grund dafür, dass China im großen Stil<br />
die Entnetzung seiner IT betreibt. Dort wird dieser<br />
Rückschritt als Fortschritt propagiert und<br />
zielstrebig umgesetzt. Für die Bundesrepublik<br />
Deutschland ist diese Vorgehensweise keine Alternative.<br />
In geheimen Arbeitskreisen sollen<br />
stattdessen Möglichkeiten ausgelotet werden,<br />
wie die Kontrolle über die wichtigsten IT-Komponenten<br />
zurückgewonnen werden kann. Derzeit<br />
entstehen diese Komponenten, wie Betriebssysteme,<br />
Internet-Router und Computerchips<br />
überwiegend im Ausland.<br />
Kommunale Ebene unterrepräsentiert<br />
Darüber hinaus richtet das BSI eine eigene<br />
Abteilung ein, die sich speziell mit der Abwehr<br />
von Cyber-Angriffen beschäftigen soll; der Bund<br />
baut Kompetenzzentren für IT-Sicherheit in<br />
Saarbrücken, Darmstadt und Karlsruhe auf und<br />
stellt 30 Millionen Euro für Forschung im Bereich<br />
der IT-Sicherheit zur Verfügung; das Land<br />
Nordrhein Westfalen hat im Landeskriminalamt<br />
ein Cybercrime-Kompetenzzentrum mit 100 Mitarbeitern<br />
etabliert; im privaten Sektor, der drei<br />
Viertel der Kritischen Infrastrukturen beinhaltet,<br />
wurde eine Task-Force „IT-Sicherheit in der<br />
Wirtschaft“ eingerichtet. Alles in Allem engagieren<br />
sich öffentliche und nichtöffentliche Stellen<br />
sehr für Datenschutz und Datensicherheit<br />
im Bereich der Bundesrepublik Deutschland.<br />
22 PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong><br />
Personendaten in Hong Kong oder Singapur? <strong>Public</strong> Cloud Computing werde bisher weltweit nur an<br />
wenigen Standorten mit ganz unterschiedlichem Niveau bei Datenschutz und -sicherheit angeboten,<br />
sagt VITAKO-Vorstand Harnisch und empfiehlt Alternativen.<br />
Und wie wirken sich diese Anstrengungen<br />
nun auf die Kommunen und die Sicherheit der<br />
Bürgerdaten aus? Zunächst einmal gar nicht.<br />
Die kommunale Ebene ist an der Umsetzung von<br />
Maßnahmen gegen Cyber-Kriminalität nur insoweit<br />
vertreten, als ihre Städtetage und der Städte-<br />
und Gemeindebund gehört werden. Handlungsempfehlungen,<br />
die auf Bundesebene beschlossen<br />
wurden und dementsprechend vorwiegend<br />
den Belangen der Bundesbehörden<br />
Rechnung tragen, werden 1:1 an die Kommu-<br />
nalverwaltungen weitergegeben und dann mit<br />
der Umsetzung allein gelassen.<br />
Initiativen der VITAKO<br />
In dieser Situation haben die Kommunalverwaltungen,<br />
vertreten durch ihre kommunalen<br />
Rechenzentren, zur Selbsthilfe gegriffen: Die<br />
Bundesgemeinschaft der kommunalen IT-<br />
Dienstleister (VITAKO) hat eine Facharbeitsgruppe<br />
„IT-Sicherheit und Datenschutz“ ins Leben<br />
gerufen. Diese Arbeitsgruppe, die bereits<br />
Zahlen, Daten, Fakten<br />
Das Kommunale Rechenzentrum Minden-Ravensberg/ Lippe (krz) in Lemgo wurde 1971 gegründet<br />
und ist somit seit über 40 Jahren der Informatik-Dienstleister der hiesigen Kommunen.<br />
Einführung und Wartung klassischer Kommunalanwendungen sowie professioneller Rechenzentrumsbetrieb<br />
bilden die traditionellen Schwerpunkte. Durch die sich immer rasanter verändernde<br />
IT-Landschaft und die zunehmende Kundenorientierung des krz steht heutzutage verstärkt die Erbringung<br />
von Dienstleistungen im Vordergrund.<br />
Um diesen Ansprüchen gerecht zu werden, hält das krz für seine Kunden ein reichhaltiges Angebot<br />
an Software-Applikationen (Verfahren), Netz- und PC-Hardware und Dienstleistungen (Beratung,<br />
Schulung, Installation, Wartung und Support) bereit. Das krz ist bekannt für einen ausgeprägten<br />
Datenschutz sowie eine höchstmögliche Datensicherheit. Das krz ist der erste kommunale<br />
Service-Provider in Deutschland, der durch das BSI zertifiziert und in diesem Jahr bereits<br />
zum zweiten Mal rezertifiziert wurde. Über 200 hochmotivierte und durch ständige Weiterbildung<br />
qualifizierte Mitarbeiter - von der Verwaltungsfachkraft bis hin zum „Technik-Freak“ - sind Garant<br />
für die Umsetzung der Unternehmensziele.<br />
In den Verwaltungen des Verbandsgebietes selber werden derzeit ca. 7.000 PC-Arbeitsplätze<br />
mit ca. 10.000 Endgeräten durch das KRZ unterstützt. Der Servicedienst und die Hotline sorgen<br />
für eine Datenverfügbarkeit von nahezu 100 Prozent. Zugriffe auf die Datenbestände sind durch<br />
die Kunden ganzjährig und „rund um die Uhr“ möglich. Das schätzen auch viele weitere Verwaltungen,<br />
die sich der Dienste des krz bedienen. Bereits heute werden rund 30 Prozent aller Einwohner<br />
in NRW durch Kommunen betreut, die komplett oder in Teilbereichen Verfahren einsetzen,<br />
die vom krz bereitgestellt werden.<br />
Rechtsform: Das krz ist eine Körperschaft des Öffentlichen Rechts in der Form eines kommunalen<br />
Zweckverbandes. Der Sitz ist in Lemgo. Die Träger des Zweckverbandes sind die drei<br />
Kreise Minden-Lübbecke, Herford und Lippe sowie 34 Städte und Gemeinden aus diesen Kreisgebieten.<br />
Die Organe des Zweckverbandes sind die Verbandsversammlung, der Verwaltungsrat<br />
und der Verbandsvorsteher.
seit einigen Jahren tätig ist, hat unter anderem<br />
einen generellen Fahrplan für die Einführung eines<br />
Informationsmanagementsystems (ISMS)<br />
nach BSI-Standard erarbeitet. Darüber hinaus<br />
tauschen sich Vertreter der Rechenzentren regelmäßig<br />
aus, um das Beratungsangebot für ihre<br />
jeweiligen angeschlossenen Kommunen optimieren<br />
zu können.<br />
Das krz bietet sogar ein Basis-Workshop-<br />
Paket IT-Grundschutz an. Dieses Angebot richtet<br />
sich an Kommunen, die den Einstieg in ein<br />
rechtssicheres Informations-Sicherheits-Management-System<br />
suchen. Die Facharbeitsgruppe<br />
der VITAKO ist überzeugt: Das Vorgehen nach<br />
BSI-Grundschutz ist der richtige Weg für ein<br />
Mindestsicherheitsniveau. Daneben sollte über<br />
den Aufbau eines föderalen verwaltungsinternen<br />
Warn- und Informationsdienstes nachgedacht<br />
werden. Ein solcher Dienst wäre für die IT-<br />
Sicherheit von immenser Bedeutung. Eine Zertifizierung<br />
nach ISO 27001 auf Basis von IT-<br />
Grundschutz, wie sie das krz erreicht hat, stellt<br />
somit für Rechenzentren ein wichtiges Qualitätsmerkmal<br />
dar. Darüber hinaus kann diese<br />
Zertifizierung ausschlaggebend sein für die Lizenz<br />
zum Betrieb eines eID-Servers. Dieser ist<br />
nötig um die Identifikationsfunktion des neuen<br />
Personalausweises, zum Beispiel in einem Portal,<br />
nutzen zu können.<br />
Eine Kommune, die ihre Bürger wertschätzt,<br />
sorgt für eine sichere Datenhaltung. Eine öko-<br />
nomische Datenhaltung findet vorzugsweise in<br />
einem kommunalen Rechenzentrum statt. Eine<br />
sichere und ökonomische Datenhaltung ist<br />
Der Autor: Reinhold Harnisch ist Dipl.-Verwaltungs-Betriebswirt<br />
(VWA). Nach Abschluss<br />
seines Studiums setzte sich der gebürtige<br />
Paderborner und gelernte Kaufmann besonders<br />
für die Themen IT, Organisation und<br />
Neue Steuerungsmodelle ein: Zunächst in<br />
verschiedenen Behörden des Landes Nordrhein-Westfalen<br />
und zuletzt bis 2000 in der<br />
Kommunalaufsicht bei der Bezirksregierung<br />
in Detmold.<br />
Mit Beginn des Milleniums ist Reinhold Harnisch<br />
beim Kommunalen Rechenzentrum<br />
Minden-Ravensberg/Lippe (krz) in Lemgo<br />
tätig. Der Aufgabe als Abteilungsleiter Marketing<br />
und Vertrieb folgte im April 2001 die Bestellung<br />
zum Geschäftsführer des krz, dem<br />
Informatik-Dienstleister der drei Kreise Lippe,<br />
Herford und Minden-Lübbecke und deren 34<br />
Städte und Gemeinden. Der Name Reinhold<br />
Harnisch ist mit der kommunalen IT in<br />
Deutschland durch die Mitbegründung von VI-<br />
TAKO, der Bundes-Arbeitsgemeinschaft der<br />
Kommunalen IT-Dienstleister e. V., eng verbunden,<br />
dessen stellvertretender Vorsitzender<br />
er seit 2011 ist. Darüber hinaus unterstehen<br />
unterschiedliche IT-Facharbeitsgruppen<br />
mit den Schwerpunkten IT-Sicherheit, e-Government<br />
und interkommunaler Kooperation<br />
seiner Leitung.<br />
dann gegeben, wenn das Rechenzentrum ein<br />
Zertifikat nach ISO 27001 auf Basis von IT-<br />
Grundschutz besitzt. ➛<br />
Ehrenamtlich<br />
nimmt er die<br />
Aufgaben des<br />
stellvertretendenAufsichtsratsvorsitzenden<br />
der ProVI-<br />
TAKO sowie einen<br />
Sitz im<br />
Beirat von D-<br />
NRW wahr.<br />
Personalentwicklung<br />
im<br />
kommunalen<br />
Umfeld unter<br />
Berücksichtigung<br />
der demographischen Entwicklung und<br />
Breitbandprojekte insbesondere im ländlichen<br />
Bereich sind aktuelle Projektthemen<br />
seiner Arbeit.<br />
Er unterrichtete als Dozent in den Bereichen<br />
Informatik, Betriebswirtschaft, Controlling,<br />
NKF und Verwaltungsmodernisierung an verschiedenen<br />
Fortbildungsakademien und Landesinstituten<br />
sowie im kommunalen Sektor.<br />
Reinhold Harnisch ist Mitglied im Institut für<br />
Verwaltungswissenschaft e. V. in Gelsenkirchen,<br />
bei ISPRAT und im Innovators- Club des<br />
Deutschen Städte- und Gemeindebundes.
Sicherheit<br />
bei Großveranstaltungen -<br />
nicht erst seit<br />
Duisburg 2010 ein Thema<br />
Von Beate Coellen<br />
und Dieter Franke,<br />
BBK<br />
Das Unglück bei der Loveparade 2010 in Duisburg hat eine bis heute anhaltende<br />
öffentliche Diskussion über die Sicherheit bei Großveranstaltungen ausgelöst.<br />
Ob das Oktoberfest auf der Münchener Theresienwiese, die Silvesterparty<br />
am Brandenburger Tor oder die traditionsreiche Kirmes „Pützchens Markt“<br />
in der Bundesstadt Bonn, viele, auch weniger bekannte Veranstaltungen wurden mit<br />
strengeren Sicherheitsauflagen neu konzipiert. Was jahrelang problemlos funktionierte,<br />
musste vor dem Hintergrund von 21 Toten und über 500 Verletzten den<br />
Stresstest bestehen. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe<br />
(BBK) hat die Risiken, die mit Großveranstaltungen verbunden sein können, schon<br />
früh in den Blick genommen. Die zur Fußballweltmeisterschaft (WM) 2006 in<br />
Deutschland entwickelten Sicherheitskonzepte sind ein Exportschlager: Denn die<br />
Gastgeberländer der Europameisterschaft (EURO) 2008 in der Schweiz und Österreich,<br />
der WM 2010 in Südafrika, der EURO 2012 in Polen und der Ukraine und<br />
auch der WM 2014 in Brasilien baten Deutschland in Puncto Sicherheit bei<br />
Großveranstaltungen um Unterstützung und Erfahrungsaustausch.<br />
24 PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong><br />
Gefahr<br />
vorm Tor<br />
Bei der WM 2006 in Deutschland waren,<br />
wie es von der Fédération Internationale de<br />
Football Association (FIFA) als Ausrichter verlangt<br />
wird, seitens der Bundesregierung umfangreiche<br />
Regierungsgarantien auch für den<br />
Bereich Sicherheit gegeben worden. Grund genug<br />
für das BBK, mit verschiedenen Aktivitäten<br />
diese Zusagen zu unterstützen.<br />
Eines der Ziele war die Schaffung einheitlicher<br />
Standards in allen Austragungsstädten.<br />
Dies galt für die Relation zwischen Zuschauern<br />
in den Stadien und Einsatzkräften im Umfeld<br />
ebenso wie für den Umfang und den Bereitschaftsstand<br />
der Reservekräfte. Auch die Frage<br />
der Reaktionsfähigkeit und -strategie auf einen
möglichen Einsatz von radiologischen, biologischen<br />
oder chemischen Stoffen wurde abgestimmt.<br />
So entstand u. a. ein Konzept zur Dekontamination<br />
verletzter Personen. Die Schwierigkeiten,<br />
die die Einsatzkräfte von Feuerwehr<br />
und Rettungs-/Sanitätsdienst gerade bei dieser<br />
Arbeit zu bewältigen haben, sind bekannt. Lange<br />
schon waren Möglichkeiten diskutiert worden.<br />
Die bevorstehende Weltmeisterschaft gab<br />
schließlich den Anstoß, von einer Arbeitsgruppe<br />
einen Vorgehensentwurf erarbeiten zu lassen,<br />
der die Zustimmung der Beteiligten fand.<br />
An der Akademie für Krisenmanagement,<br />
Notfallplanung und Zivilschutz (AKNZ) des BBK<br />
wurden die Voraussetzungen für ein einheitliches<br />
Krisenmanagement auf administrativer als<br />
auch operativer Seite geschaffen. Die Verwaltungs-<br />
und Führungsstäbe der WM-Städte wurden<br />
geschult, die Oberbürgermeister und die für<br />
die Öffentlichkeitsarbeit Zuständigen absolvierten<br />
ein speziell auf die möglichen Anforderungen<br />
einer internationalen Großveranstaltung zugeschnittenes<br />
Training. Nicht zuletzt hatten der<br />
Bund und die Länder mit ihren Kreisen und Gemeinden<br />
Gelegenheit, in der länderübergreifenden<br />
strategischen Krisenmanagementübung<br />
LÜKEX 2006 Gedachtes und Gelerntes in simulierter<br />
Praxis zu testen.<br />
Die Quintessenz aus diesem umfangreichen<br />
WM-Vorbereitungspakt des BBK ist, dass<br />
Großveranstaltungen jeweils unter ihren ganz<br />
spezifischen Randbedingungen hinsichtlich ih-<br />
rer Risiken analysiert werden müssen. Neben<br />
den Besuchern und dem Veranstaltungsort<br />
gehören u. a. das Umfeld, die politische Bedeutung,<br />
die Art der Veranstaltung und zunehmend<br />
wichtig das Wetter dazu. Die Loveparade<br />
hatte als Techno-Festival beispielsweise eine<br />
eher geringe politische Bedeutung. Anders verhält<br />
es sich bei dem Beispiel Fußballweltmeisterschaft.<br />
Stadien, die alle zwei Wochen dem<br />
Ansturm der Bundesligafans gewachsen sind,<br />
sind verkehrsmäßig darauf eingerichtet. Das internationale<br />
Ereignis mit Live-Berichterstattung<br />
quasi rund um die Uhr muss aber sehr wohl in<br />
einem anderen Licht gesehen werden. Die mediale<br />
Attraktivität könnte Anlass für terroristische<br />
Anschläge sein.<br />
Die Akribie, mit der sich das BBK der Vorbereitung<br />
auf die WM 2006 angenommen hat,<br />
wurde international registriert. Anlässlich der<br />
nachfolgenden Fußballgroßereignisse (EURO<br />
2008, WM 2010, EURO 2012) erreichten<br />
Deutschland Bitten um Erfahrungsaustausch<br />
und Unterstützung. Insbesondere Südafrika<br />
zeigte sich sehr interessiert. Verschiedene Aktivitäten<br />
von Informationsveranstaltungen bis<br />
zu Planübungen wurden in Kooperation mit der<br />
Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren<br />
(AGBF) vor Ort durchgeführt. Mit Verantwortlichen<br />
der brasilianischen Austragungsorte<br />
der WM 2014 ist im Herbst 2012 an der<br />
AKNZ ein Workshop geplant. Im Mittelpunkt<br />
steht dabei die Weitergabe der Erfahrungen in<br />
der Planung und Durchführung der Turniere. Hier<br />
kann inzwischen der Plural gesetzt werden, da<br />
die Unterstützungen in den verschiedenen Ländern<br />
natürlich auch zu einem Erfahrungsrückfluss<br />
in die Arbeit des BBK geführt haben.<br />
Unterstützung bei Erfahrenen suchen<br />
Als eine Konsequenz aus den Aktivitäten<br />
rund um die Fußballmeisterschaften ergab sich<br />
die Frage nach den Standards bei anderen<br />
Großveranstaltungen. Im BBK wurde zum 1. Januar<br />
2012 die Arbeitsgruppe „Bevölkerungsschutzrelevante<br />
Aspekte von Großveranstaltungen“<br />
(AG BAG) eingerichtet, die sich unabhängig<br />
von Sportgroßveranstaltungen mit dieser Frage<br />
beschäftigt und zur Harmonisierung und Standardisierung<br />
der bevölkerungsschutzrelevanten<br />
Strukturen von Großveranstaltungen im Verbund<br />
mit den betroffenen Institutionen beitragen soll.<br />
Ein Schritt dazu ist die Bestandsaufnahme der<br />
nationalen und internationalen Forschungsvorhaben<br />
zum Thema Großveranstaltungen. Unter<br />
verschiedenen Zielsetzungen laufen derzeit wissenschaftliche<br />
Projekte. So werden Möglichkeiten<br />
zur Entfluchtung von Gebäuden, zur Stauprognose<br />
bei einem hohen Aufkommen an Menschen<br />
oder zur Analyse von Informationen in sozialen<br />
Netzwerken untersucht.<br />
Zu einem ersten Symposium trafen sich bereits<br />
im Herbst 2011 rund 100 Personen, die in<br />
unterschiedlichen Funktionen mit Großveranstaltungen<br />
befasst sind. Veranstalter waren<br />
PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong> 25
Die Ausbildung der Einsatzkräfte muss um die speziellen psychologischen Aspekte von Großveranstaltungen,<br />
von Demonstrationen bis zu Rockkonzerten, ergänzt werden.<br />
Sicherheit bei Großveranstaltungen ist so deutlich in die Schlagzeilen gekommen, dass kein Veranstalter<br />
und keine Genehmigungsbehörde mehr ohne fundierte Risikoanalyse und Sicherheitskonzept<br />
Veranstaltungen ab einer bestimmten Größenordnung durchführen kann. Sicherheit kostet<br />
Geld und muss letztendlich über die Eintrittspreise bezahlt werden.<br />
ebenso vertreten wie Mitarbeiter aus Genehmigungsbehörden,<br />
Einsatzleiter von Feuerwehr<br />
und Polizei ebenso wie Wissenschaftler. Neben<br />
Veranstaltern, die eher nebenbei eine Großveranstaltung<br />
zum Beispiel anlässlich eines Vereinsjubiläums<br />
stemmen wollen, zeichnet sich eine<br />
zunehmende Professionalität bei den Veranstaltern<br />
ab, die dies zu ihrem Beruf gemacht haben.<br />
Ausbildung im Veranstaltungsmanagement<br />
gab es schon länger; Studiengänge, die speziell<br />
darauf ausgerichtet sind, etablieren sich, teils<br />
nach internationalem Vorbild, zunehmend. Auf<br />
der anderen Seite zeigte das Symposium die<br />
Probleme beispielsweise von Verwaltungsmitarbeitern,<br />
die zum ersten Mal einen Genehmigungsantrag<br />
für eine Großveranstaltung bewerten<br />
und bescheiden sollen. Kleinere Gemeinden<br />
und Städte stoßen da schnell an ihre Grenzen.<br />
26 PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong><br />
In den Foren der Veranstaltung, die sich mit Risikomanagement,<br />
mit Führung/Leitung/Koordination,<br />
mit Ausbildung und mit Krisenkommuni-<br />
Die Autoren:<br />
Beate Coellen, ist Referatsleiterin<br />
für Gesundheitlichen Bevölkerungsschutz<br />
und Leiterin der<br />
AG BAG (Bevölkerungsschutzrelevante<br />
Aspekte von Großveranstaltungen)<br />
im BBK.<br />
Dieter Franke, ist Lehrbereichsleiter<br />
für Strategische Führungsausbildung,Notfallvorsorge/-planung<br />
an der Akademie für Krisenmanagement,<br />
Notfallplanung<br />
und Zivilschutz (AKNZ) und stellvertretender<br />
Leiter der AG BAG<br />
im BBK.<br />
kation befassten, stand die Frage nach dem<br />
Wie immer wieder im Zentrum: Wie beurteilt<br />
man das Risiko einer Veranstaltung? Wie misst<br />
man den Bedarf an Einsatzkräften? Wie regelt<br />
man die Zusammenarbeit der zu beteiligenden<br />
öffentlichen und privaten Stellen?<br />
Über Sicherheit als Werbeeffekt<br />
nachdenken<br />
Die aufgeworfenen Fragen weisen deutlich<br />
auf das Fehlen von Leitfäden hin, die eine Richtschnur<br />
geben könnten. Diese beginnt bei der Definition<br />
der Veranstaltungsarten, geht über das<br />
Baurecht und die weiteren landesrechtlichen Regelungen<br />
zur öffentlichen Sicherheit und Ordnung,<br />
muss die polizeilichen Aufgaben berücksichtigen<br />
und Umweltauflagen zur Lärmemission<br />
und zum Landschaftsschutz. Zu entwickeln sind<br />
auch neue bzw. fortgeschriebene Algorithmen<br />
zur Kalkulation des personellen und materiellen<br />
Bedarfs. Die Ausbildung der Einsatzkräfte muss<br />
um die speziellen psychologischen Aspekte von<br />
Großveranstaltungen, von Demonstrationen bis<br />
zu Rockkonzerten, ergänzt werden.<br />
Sicherheit bei Großveranstaltungen ist - das<br />
bleibt als nachhaltiger Ausfluss des tragischen<br />
Duisburger Loveparade-Sonntags festzuhalten -<br />
so deutlich in die Schlagzeilen gekommen, dass<br />
sich kein Veranstalter und keine Genehmigungsbehörde<br />
mehr hinter dem Artikel 3 des<br />
Kölschen Grundgesetzes „Et hät noch emmer<br />
joot jejange“ verstecken kann. Eine fundierte Risikoanalyse<br />
und ein sich daraus stringent ableitendes<br />
Sicherheitskonzept sind verpflichtend.<br />
Es gibt nur wenige kommunale Verwaltungen,<br />
die Erfahrungen haben mit dem Genehmigungsverfahren<br />
von Großveranstaltungen. Wer<br />
eine solche Aufgabe zum ersten Mal auf seinen<br />
Schreibtisch bekommt, sollte keine Scheu haben<br />
und dort nachfragen, wo er Rat bekommen<br />
kann. Auch wenn die Spezifika der Veranstaltungen<br />
unterschiedlich sind, so lassen sich die<br />
Strukturen für den administrativen Ablauf doch<br />
übertragen.<br />
Sicherheit kostet Geld und muss letztendlich<br />
über die Eintrittspreise bezahlt werden.<br />
Statt über hohe Auflagen zu klagen, wäre es vielleicht<br />
einmal nachdenkenswert, über Sicherheit<br />
als Werbeeffekt nachdenken. ➛
Professional Services<br />
Company in Bonn für<br />
Defense & Intelligence<br />
Geosecure Informatik GmbH - die jüngste Firmengründung<br />
in der Esri Deutschland Unternehmensgruppe<br />
Am bekannten Esri Standort Bonn ist<br />
eine zusätzliche Geschäftsstelle entstanden.<br />
In dem ehemaligen Botschaftsgebäude<br />
ist neben der Esri Deutschland<br />
Niederlassung Bonn für Behörden und<br />
Organisationen mit Sicherheitsaufgaben<br />
(BOS) auch die Geosecure Informatik GmbH<br />
untergebracht.<br />
Die Geosecure Informatik GmbH ist das<br />
neueste Mitglied in der Esri Unternehmensgruppe<br />
und ergänzt mit ihrem Dienstleistungsportfolio<br />
das Leistungsspektrum innerhalb der<br />
Esri Deutschland Unternehmensgruppe. Geosecure<br />
versteht sich als Partner für Projektmanagement,<br />
Consulting, Entwicklung und Support<br />
im militärischen und zivilen Umfeld - national wie<br />
international. Als Professional Services Company<br />
fokussiert sich Geosecure speziell auf die<br />
Bedürfnisse dieses Marktes.<br />
Ein großer Teil der<br />
Esri BOS Mitarbeiter<br />
wurde in die Geosecure<br />
Informatik GmbH überführt.<br />
Damit ist gewährleistet,<br />
dass ein kompetentes<br />
und branchenerfahrenes<br />
Expertenteam<br />
die Kunden nahtlos bei<br />
der Umsetzung ihrer Geschäftsprozesseunterstützt.<br />
Esri Deutschland<br />
bleibt für den militärischen<br />
Kunden weiterhin<br />
als kompetenter Partner<br />
für die GIS-relevanten,<br />
allgemeinen Basisthemen<br />
bestehen.<br />
„Aus nunmehr<br />
11jähriger Erfahrung im<br />
BOS Bereich wissen wir,<br />
dass die militärischen<br />
und BOS relevanten Fragestellungen<br />
und Anforderungen<br />
exzellent mit<br />
der Esri Technologie umgesetzt<br />
werden können,<br />
darüber hinaus aber der Dialog mit dem Anwender<br />
ein sehr tiefgehendes Verständnis und<br />
Kenntnis der angestrebten Lösungen erfordert“,<br />
erläutert Reinhold Stephan, einer der beiden<br />
Geschäftsführer des Unternehmens. „Die<br />
Mitarbeiter der Geosecure werden diese Aufgabe<br />
mit GIS-Knowhow und zusätzlich mit speziellem<br />
Markt-Knowhow erfüllen.“<br />
Damit setzt die Esri Deutschland Unternehmensgruppe<br />
konsequent ihre Strategie um,<br />
marktspezifische GIS-Themen auf eigenständige,<br />
schnell und unabhängig agierende Einheiten<br />
zu verlagern. ➛<br />
Geosecure Informatik GmbH<br />
Rheinallee 24<br />
53173 Bonn<br />
Telefon +49 89 207 005 4800<br />
info@geosecure.de<br />
PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong> 27
Brennt´s bei der<br />
Feuerwehr?<br />
Prof. Dr. Volker Schmidtchen,<br />
FIRMITAS<br />
Vor zwei Jahren bereits sagte mir ein Kreisbrandmeister am Rande einer Übung,<br />
die wir für den Krisenstab seiner Kreisverwaltung einschließlich der in die<br />
Übung einbezogenen Feuerwehrleute angelegt und durchgeführt hatten, dass<br />
ihm die Nachwuchsentwicklung bei den Freiwilligen Feuerwehren große Sorgen<br />
mache. Das gelte sowohl für die Gewinnung neuer junger Anwärter wie noch viel<br />
stärker für deren Aus- und Weiterbildung.<br />
Mittlerweile ist diese Befürchtung amtlich<br />
geworden: Das Problem hat am 31. Januar<br />
2012 mit einer Konferenz von 620 Feuerwehrleuten<br />
im nordrhein-westfälischen Landtag auch<br />
die politische Ebene erreicht. Ob die damit beabsichtigte<br />
öffentliche Sensibilisierung schon<br />
bald den Einstieg in die Entwicklung von sachgerechten<br />
Lösungen bewirken kann, bleibt abzuwarten.<br />
Angebracht erscheint daher zunächst<br />
eine nüchterne Analyse des Problems, und das<br />
schließt erst einmal den Verzicht auf die üblichen<br />
Floskeln und Beteuerungen, die allfällige<br />
„politisch korrekte“ Lobhudelei über das Ehrenamt<br />
und ähnliche Phraseologie ein. So rich-<br />
28 PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong><br />
Nachwuchsentwicklung bei den Freiwilligen Feuerwehren<br />
tig und auch wichtig die immer wieder erforderliche<br />
Würdigung ehrenamtlichen Engagements<br />
auch ist, wenn da nicht mehr kommt als das übliche<br />
und oft schon peinliche verbale Schulterklopfen,<br />
dann ist absehbar, wann auch die letzten<br />
Engagierten die Lust am eigenen Einsatz für<br />
das Gemeinwohl verlieren.<br />
Zu diesem Problembereich zählen in besonderer<br />
Weise die freiwilligen Feuerwehren,<br />
von denen es in Deutschland ca. 24.000 gibt.<br />
Dieser Zahl gegenüber nehmen sich die gerade<br />
einmal 100 Berufsfeuerwehren sowie die etwa<br />
300 Betriebs- und 900 Werksfeuerwehren, zu<br />
denen übrigens auch die Wehren an den Flug-<br />
häfen zählen, eher bescheiden aus. Noch deutlicher<br />
wird dieses ungleiche Verhältnis, wenn<br />
man auf Städte und Gemeinden blickt, deren<br />
Brandschutz Aufgabe der Feuerwehren ist:<br />
Die schon erwähnten Berufsfeuerwehren<br />
leisten ihren Dienst in gerade einmal 100 von<br />
insgesamt 2074 deutschen Städten. Das sind<br />
keine 5 %, und daraus ergibt sich, dass mehr<br />
als 95 % aller Feuerwehraufgaben in unserem<br />
Staat durch ehrenamtliche Kräfte geleistet werden.<br />
Vergleichbares gilt auch für die sich sogar<br />
zu 99 % auf die ehrenamtlichen Helfer stützende<br />
Bundesanstalt Technisches Hilfswerk (THW)<br />
und das bayerische Rote Kreuz mit 95 % Freiwilligen,<br />
beide Körperschaften öffentlichen<br />
Rechts.<br />
Nicht wesentlich anders steht es mit den<br />
privatrechtlichen Hilfsorganisationen auf Basis<br />
des Vereinsgesetzes wie dem Deutschen Roten<br />
Kreuz, der DLRG, dem Arbeiter-Samariter-Bund,<br />
der Johanniter-Unfallhilfe und dem Malteser-<br />
Hilfsdienst, die sich bei ihrer Arbeit in weit überwiegendem<br />
Maße auf das Engagement ihrer ehrenamtlich<br />
tätigen Mitglieder verlassen müssen.<br />
Vor diesem Hintergrund nehmen erkennbare<br />
Nachwuchssorgen im Gesamtbereich des<br />
öffentlichen wie des privat organisierten Bevölkerungsschutzes<br />
eine zunehmend bedrohlicher<br />
wirkende Dimension an.<br />
Allein im bevölkerungsreichsten Bundesland<br />
Nordrhein-Westfalen verlieren nach offiziellen<br />
Angaben die Freiwilligen Feuerwehren, die<br />
hier 80 % des Personals für den Brandschutz<br />
stellen, jedes Jahr 2000 Leute. Damit ist absehbar<br />
ist, wann und wo die Garantie einer entsprechenden<br />
Gefahrenabwehr nicht mehr gegeben<br />
sein wird.<br />
Hinzu kommen noch Probleme bei der<br />
Nachwuchsgewinnung für die Berufsfeuer-wehren.<br />
Einen Grund dafür hat die Dienstleistungsgewerkschaft<br />
ver.di schon deutlich angesprochen:<br />
mangelnde finanzielle Attraktivität verglichen<br />
mit den sehr hohen Anforderungen in Ausbildung<br />
wie Berufspraxis der Feuerwehrleute.<br />
Theo Schu-macher von der Tageszeitung Westfalenpost<br />
hat in Nordrhein-Westfalen hier einmal<br />
nachgefragt und Antworten erhalten, welche<br />
die Kalamität der ganzen Sache gut verdeutlichen:<br />
So erhält z.B. ein Feuerwehranwärter<br />
trotz einer anderen bereits vorher erfolgreich<br />
abgeschlossenen und seitens der Berufsfeuerwehr<br />
eigentlich gern gesehenen Berufsausbildung<br />
während der ersten 18 Monate im Feuer-
wehrdienst gerade einmal 960 im Monat.<br />
Zwar besteht in NRW vom Besoldungsrecht her<br />
die Möglichkeit, den Anwärtern einen zusätzlichen<br />
Aufschlag von 35 % zu zahlen, doch nur<br />
sehr wenige Städte machen davon Gebrauch.<br />
Außerdem muss festgestellt werden, dass es<br />
mit den Beförderungsmöglichkeiten nicht zum<br />
Besten steht, auch dies ein Grund dafür, dass<br />
sich der Ansturm auf einen Ausbildungsplatz<br />
bei der Berufsfeuerwehr in Grenzen hält.<br />
Nicht vergessen werden dürfen in diesem<br />
Zusammenhang die über den Brandschutz hinausgehenden<br />
und ebenfalls unverzichtbaren<br />
Leistungen von Berufs- wie von Freiwilligen Feuerwehren<br />
bei Krisenlagen aller Größenordnungen<br />
einschließlich Naturkatastrophen. Selbst in<br />
Städten mit Berufsfeuerwehren reichen bei<br />
größeren Schadensereignissen deren Kräfte erfahrungsgemäß<br />
zur Schadensbewältigung meistens<br />
nicht aus, so dass auf die Kapazitäten der<br />
Freiwilligen Feuerwehren und auf andere Hilfsorganisationen<br />
zurückgegriffen werden muss.<br />
Noch bedrohlicher erscheint die Lage in den<br />
meisten Landkreisen, in denen der gesamte Bereich<br />
der nicht-polizeilichen Gefahrenabwehr auf<br />
dem ehrenamtlichen Engagement in den entsprechenden<br />
Organisationen fußt. Deswegen<br />
führen Nachwuchsprobleme hier zwangsläufig<br />
zu einer Bedrohung der gesamten Gefahrenabwehr<br />
in den jeweiligen Gebietskörperschaften.<br />
Schon in Heft 1/2011 von „<strong>Public</strong> <strong>Security</strong>“<br />
hatte Björn Stahlhut als Grundsatzreferent im<br />
Team Rettungsdienst des DRK-Generalsekretariats<br />
im Hinblick auf die erwartbar prekäre Nachwuchslage<br />
bei den Rettungsdiensten hingewiesen<br />
und die Gründe genannt, die auch auf die<br />
Freiwilligen Feuerwehren und andere Hilfsorganisationen<br />
sowie darüber hinaus auf weitere Institutionen<br />
wie Kirchen, Sozialdienste und sogar<br />
Vereine zutreffen. Mit der 2011 erfolgten Aussetzung<br />
der Wehrpflicht war und bleibt der Wegfall<br />
aller Ersatzdienste verbunden, und dabei geht<br />
es um ein jährliches Defizit an Personal in fünfstelliger<br />
Höhe. Im Bereich Bevölkerungsschutz<br />
und Katastrophenhilfe sind die ersten Auswirkungen<br />
bei den Freiwilligen Feuerwehren, den<br />
Rettungsdiensten und beim THW bereits erkennbar<br />
und geben hinreichend Anlass zur Sorge.<br />
Ein nicht zu unterschätzendes Reservoir für<br />
diverse ehrenamtliche Dienste boten in der Vergangenheit<br />
Schüler und Studierende, doch gerade<br />
hier sind die jüngsten bildungspolitischen<br />
Maßnahmen nicht ohne nachteilige Wirkungen<br />
für freiwilliges Engagement geblieben. Die Reduzierung<br />
der gymnasialen Schulzeit von 9 auf<br />
nur noch acht Jahre schränkt bei vielen<br />
Schülern aufgrund des komprimierten Lernstoffs<br />
die freie Zeit für umfangreichere außerschulische<br />
Aktivitäten ebenso ein wie die an<br />
den deutschen Universitäten eingeführten Bachelor-<br />
und Masterstudiengänge mit ihren verkürzten<br />
Studienzeiten.<br />
Darüber hinaus gibt es einen deutlichen Unterschied<br />
zwischen Bereitschaft zum Engage-<br />
Nicht nur bei Bränden ist man auf die Hilfe der freiwilligen Helfer angewiesen<br />
ment und tatsächlichem aktiven Einsatz für eine<br />
gute Sache: Der bislang jüngste, vom Bundesministerium<br />
für Familie, Senioren, Frauen<br />
und Jugend im Jahr 2009 veröffentlichte<br />
Überblick über Freiwilliges Engagement in<br />
Deutschland hatte auf Basis einschlägiger Untersuchungen<br />
festgestellt, dass 49 % der Jugendlichen<br />
sich ehrenamtlich irgendwie gern<br />
einbringen wollen, dies aber nur 35 % wirklich<br />
tun.<br />
Doch selbst wenn es gelingen könnte, diesen<br />
Wert erheblich zu steigern, wären damit die<br />
Probleme für die Nachwuchsgewinnung bei Feuerwehren,<br />
Rettungsdien-sten und anderen Hilfsorganisationen<br />
noch längst nicht behoben.<br />
Schon in der Ausbildung für diese ehrenamtlichen<br />
Tätigkeiten geht es um den Erwerb unverzicht-barer<br />
fachlicher Kompetenzen, die in der<br />
Folge auch intensiviert und erweitert werden<br />
müssen. Die hierfür erforderlichen Weiterbildungsmaßnahmen<br />
in Gestalt von Kursen und<br />
Übungen lassen sich aber nicht in allen Fällen<br />
im Rahmen von Wochen-endveranstaltungen absolvieren.<br />
Länger dauernde Lehrgänge setzen<br />
bei den Freiwilligen jedoch die Bereitschaft der<br />
jeweiligen Arbeitgeber voraus, sie für den<br />
benötigten Zeitraum freizustellen. Ein solches<br />
Verständnis und Entgegenkommen hält sich bei<br />
den meisten Betrieben und auch bei Verwaltungen<br />
mittlerweile doch sehr in Grenzen.<br />
Was ist zu tun? Erste Vorschläge reichen<br />
von zusätzlichen finanziellen Anreizen in Form<br />
von Bonussystemen und „Ehrenrenten“ bis zu<br />
sachwerten Vergünstigungen in den Kommunen,<br />
lösen aber keineswegs die strukturellen<br />
Probleme wie die weniger verfügbare Zeit für ein<br />
ehrenamtliches Engagement oder wie die Frage<br />
nach der erforderlichen Zustimmung der Arbeitgeber.<br />
Hinzu kommen die Auswirkungen des demographischen<br />
Wandels in unserer Gesellschaft.<br />
In den nächsten Jahren werden immer<br />
mehr Angehörige der sog. Baby-Boomer Generation,<br />
d.h. der Jahrgänge 1950 bis 1965, in<br />
Rente gehen. Das bedeutet nicht nur einen Verlust<br />
an Erfahrungswissen, sondern im Zusammenhang<br />
mit den Problemen bei der Nachwuchsgewinnung<br />
eine gravierende Gefährdung<br />
der Funktionsfähigkeit von Einsatzkräften und<br />
Stäben aller Ebenen im Bevölkerungsschutz.<br />
Ja, es brennt bei der Feuerwehr und nicht<br />
nur dort. Wo sind Ideen und realistische Lösungsvorschläge?<br />
Es ist höchste Zeit, die Probleme<br />
konkret anzugehen. Dazu sind alle aufgerufen,<br />
und damit eben auch die letztlich von<br />
den allfälligen Gefahren betroffenen Bürger. Es<br />
reicht nicht, den „Experten vom Bevölkerungsschutz“<br />
die Arbeit an Konzepten und Maßnahmen<br />
zu überlassen und auf Ergebnisse zu warten.<br />
Jeder darf und muss sich engagieren, und<br />
alle sollten akzeptieren, dass es dafür auch der<br />
Bereitstellung erheblicher finanzieller Mittel bedarf.<br />
Gefahrenabwehr kostet einiges, und das<br />
gilt in besonderer Weise schon für die Prävention.<br />
Hierzu zählen neben Beschaffung und Bereitstellung<br />
geeigneten Materials vor allem<br />
ideelle wie finanzielle Investitionen im Personalbereich<br />
für Ausbildung, Übung und die Sicher-stellung<br />
der erforderlichen Kapazitäten<br />
durch erfolgreiche Nachwuchsgewinnung.<br />
Sicherheit gibt es nicht zum Nulltarif, und<br />
wirkungsvolle ehrenamtliche Arbeit lässt sich<br />
mit Lob und Appellen allein nicht garantieren.<br />
Wie hieß es vor vielen Jahren in einer bekannten<br />
Werbeaktion? „Es gibt viel zu tun. Packen<br />
wir es an!“ Dieser Forderung kann man sich nur<br />
anschließen. ➛<br />
Der Autor:<br />
Prof. Dr. phil.<br />
habil. Volker<br />
Schmidtchen<br />
ist Institutsleiter<br />
und<br />
Wissenschaftlicher<br />
Direktor von<br />
Firmitas - Institut<br />
für Wirtschafts-<br />
und<br />
Sicherheitsstudien.<br />
PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong> 29
Wie Personal und<br />
Technik enger zu<br />
verzahnen sind<br />
Berlins Innensenator Frank Henkel bedauerte, dass er nur über ein enges<br />
Zeitfenster verfüge. Denn gleich nach seinem Grußwort musste er zu einer<br />
Sondersitzung des Innenausschusses eilen. Es hatte Querelen um das für drei<br />
Monate geplante „BMW Guggenheim Lab“ gegeben. Einige Bewohner Kreuzbergs<br />
hatten das Kulturprojekt nicht dulden wollen und in den Stadtteil Prenzlauer Berg<br />
vertrieben. Für sein Wort vom „Standortrisiko“ war Senator Henkel anschließend<br />
von der Opposition gescholten worden. Doch nach wie vor handele es sich vielmehr<br />
beim islamistischen Terrorismus um eine herausragende Bedrohung, so Henkel zur<br />
Eröffnung der traditionellen „Berliner Fachtagung 2012 - Nationale Sicherheit und<br />
Bevölkerungsschutz“. Moderiert wurde sie von dem bekannten Sicherheitsexperten<br />
Dr. Markus Hellenthal.<br />
„Insbesondere die Ballungszentren können<br />
schnell in den Fokus geraten.“ Senator Henkel<br />
hatte wie bereits regelmäßig sein Vorgänger Dr.<br />
Erhart Körting die Schirmherrschaft im Berliner<br />
„Roten“ Rathaus übernommen. Veranstaltet<br />
wurde sie von der Green Defense @ KRS GmbH<br />
in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz<br />
und Katastrophenhilfe (BBK)<br />
und der Bundesanstalt Technisches Hilfswerk<br />
(THW). Etwa 150 Teilnehmer diskutierten zwei<br />
Tage lang über die ständig notwendige Fortentwicklung<br />
der Sicherheitskonzepte.<br />
Für eine „nachhaltige Gefahrenabwehr“<br />
sind nicht zuletzt „neue Wege für eine effizien-<br />
30 PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong><br />
te Ausbildung“ und der Bereich „IT-Sicherheit<br />
und Cyber-War“ einschlägig. In diese drei Themenblöcke<br />
gliederte sich die Fachtagung folgerichtig.<br />
Senator Henkel begrüßte diese Themenwahl<br />
ausdrücklich. Das Internet werde auch<br />
zur Mobilisierung und Rekrutierung von Extremisten<br />
genutzt. Der Kriminalität ergäben sich<br />
neue, anonyme Wirkungsmöglichkeiten. Berlin<br />
sei zwar nur in geringem Maße durch Naturkatastrophen<br />
bedroht. Verwundbar seien aber besonders<br />
Versorgung und Verkehrswege der größten<br />
deutschen Stadt. Daher unterstütze man<br />
die Forschung zur Früherkennung von Katastrophen.<br />
Berlins Innensenator Frank Henkel, Schirmherr der<br />
Fachtagung, setzt neben der Gefahrenabwehr auch<br />
auf Vertrauensbildung und Dialog.<br />
Kompetent und eloquent wurde die Fachtagung<br />
von Dr. Markus Hellenthasl moderiert<br />
Vollkaskomentalität<br />
Konkretisiert wurde dies durch Bernd Palenda<br />
aus der Innenverwaltung. Er stellte eine<br />
nachhaltige Gefahrenabwehr in Berlin aus Sicht<br />
der Abteilung III - Öffentliche Sicherheit und Ordnung<br />
dar. Die Abteilung beteiligt sich im Rahmen<br />
des Sicherheitsforschungsprogramms der Bun-
Informationen über den Rechtsextremismus würden<br />
hauptsächlich regional gewonnen, beim Islamismus<br />
hingegen viel über befreundete Nachrichtendienste,<br />
so Claudia Schmid, die Leiterin des Berliner Verfassungsschutzes<br />
bis Ende 2012. Immer stelle sich<br />
aber die Frage, wann man zugreifen solle: „Zu früh<br />
reicht es nicht für einen Haftbefehl“.<br />
„Ganz egal, welche Lösung am Ende gefunden wird:<br />
Wir sind in der zweiten Stufe eines Vertragsverletzungsverfahrens“,<br />
appellierte Michael Hartmann,<br />
SPD-Innenexperte, eine Einigung bei der von der EU<br />
geforderten Vorratsdatenspeicherung zu erzielen.s<br />
desregierung seit 2007 regelmäßig an verschiedenen<br />
Projekten. Die Hauptstadtregion<br />
soll auch auf den wachsenden Märkten für zivile<br />
Sicherheit etabliert werden. Um die Selbsthilfefähigkeit<br />
der Bevölkerung zu verbessern,<br />
sollten auch neue und einfache Kommunikationswege<br />
wie Handys, Apps und ein effektives<br />
Warn- und Wecksystem genutzt werden, so Palenda.<br />
Große Teile der Bevölkerung hätten eine<br />
Vollkaskomentalität entwickelt. Dabei benutzen<br />
im Jahr auf 900 Quadratkilometern Landesfläche<br />
allein 1,4 Milliarden Menschen den ÖP-<br />
NV. Das Straßennetz beträgt 5.400 Kilometer.<br />
„Es ist eine schier unlösbare Aufgabe, jedes Auto<br />
zu bewachen“, sagte Palenda auch hinsichtlich<br />
der ausufernden KFZ-Brandstiftungen der<br />
vergangenen Jahre.<br />
Bernd Palenda betonte die enge Koordination<br />
der BOS mit Wirtschaft und Betreibern Kritischer<br />
Infrastrukturen. Diese Aufgabe sei als<br />
„Gesamtkunstwerk“ nur durch Zusammenarbeit<br />
erreichbar. Maximale Sicherheit mit minimalen<br />
Einschränkungen zu vereinbaren sei eine Besonderheit<br />
Berlins. Einschränkungen für den<br />
Einzelnen müssten als transparent wahrge-<br />
Verkehrssicherheit habe für das Sicherheitsempfinden<br />
der Bürger eine große Bedeutung, so Bernd Palenda,<br />
Innenbehörde Berlin. Eine wesentliche Aufgabe<br />
sei es auch, „Radfahrer daran zu erinnern, was<br />
normgerechtes Verhalten im Straßenverkehr ist.“<br />
2011 waren nur 2 von 54 Berliner Verkehrstoten<br />
PKW-Insassen.<br />
Olaf Lindner, Kommandeur der GSG 9, stellte ATLAS<br />
vor, das Projekt der europäischen polizeilichen Spezialeinheiten<br />
im Einsatz. Deutschland leitet die Projektgruppen<br />
Maritim, Command and Control sowie<br />
Medizinische Erstversorgung. Der Gesamthaushalt<br />
beträgt bislang nur eine Million Euro.<br />
nommen werden, um ein normales Leben trotz<br />
immer mehr Großveranstaltungen, Demonstrationen<br />
und Staatsbesuchen zu gewährleisten.<br />
Prävention sei ein entscheidender Standortfaktor<br />
und wichtig für die wirtschaftliche Stabilität.<br />
„Berlin ist eine normale Großstadt mit ein paar<br />
Extras“, so Bernd Palendas Resümee.<br />
Mehr Mittel für die Bundespolizei<br />
Die bundespolitische Ebene beleuchtete<br />
Michael Hartmann, innenpolitischer Sprecher<br />
der SPD-Bundestagsfraktion. Deutschland sei<br />
zwar eines der sichersten Länder der Welt, „allerdings<br />
wird uns das dauerhaft nichts nutzen,<br />
wenn die Welt außenherum immer unsicherer<br />
wird.“ Hartmann hob auch die soziale Dimension<br />
von Sicherheit hervor. Wenn zudem angesichts<br />
allgemeiner Krisenerfahrungen die Zweifel<br />
an der Steuerungsfähigkeit von Politik wüchsen,<br />
nehme auch die Rechtstreue rapide ab.<br />
Die grundsätzlich bewährte Sicherheitsarchitektur<br />
bedürfe andererseits der Bereitschaft<br />
zur Veränderung. Dies falle einigen Behörden<br />
wie der Bundespolizei leichter, weil sie immer<br />
„Zu glauben, dass bei Katastrophenfällen auch in<br />
unserem Land die Trinkwasserversorgung gesichert<br />
sei, ist Wunschdenken“, mahnte Oberst a.D. Manfred<br />
Heydeck, WEW Westerwälder Eisenwerk GmbH.<br />
Das Verständnis hinsichtlich präventiver Sicherheitspolitik<br />
müsse angesichts der globalen Konkurrenzsituation<br />
weiterentwickelt werden, so Bernd Liske,<br />
Liske Informationsmanagementsysteme in Magdeburg.<br />
Dies gelte gerade vor dem Hintergrund geringer<br />
werdender finanzieller Mittel. Nutzer seien<br />
zunehmend überfordert, Informationen auf elektronischen<br />
Medien zu verwalten.<br />
schon Veränderungsprozessen unterlegen seien,<br />
so der Innenexperte. Dort seien schon drei<br />
Großreformen vollzogen worden. Sie müsse<br />
technisch und personell besser ausgestattet<br />
werden, so Hartmann. Ganz anders sehe es bei<br />
allen drei Nachrichtendiensten aus, „nicht nur<br />
im Lichte aktueller Fehlentwicklungen“. Hier<br />
sollten Doppelstrukturen abgebaut und föderale<br />
Strukturen überdacht werden.<br />
Michael Hartmann trat - abweichend von<br />
der Parteilinie - dafür ein, das verfassungsrechtlich<br />
umstrittene Trennungsgebot von Polizei<br />
und Diensten zwar ernst, aber nicht zu ernst<br />
zu nehmen. Außerdem forderte er eine Meldepflicht<br />
für Unternehmen, die Cyber-Opfer geworden<br />
sind. Die Kapazität des neuen Cyber-Abwehrzentrums<br />
sei nicht ausreichend. Auch angesichts<br />
des Fachkräftemangels im IT-Bereich<br />
sei dies kostenfrei und mit den Gehaltsstrukturen<br />
des Öffentlichen Dienstes freilich nicht zu<br />
haben.<br />
THW unter Druck<br />
Nachwuchssorgen plagen auch THW-Präsident<br />
Albrecht Broemme. Allein als Folge des<br />
PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong> 31
Noch aktiver um Helfer werben will THW-Präsident<br />
Albrecht Broemme. Er hofft, den Frauenanteil auf<br />
20 Prozent verdoppeln zu können.<br />
Aussetzens der Wehrpflicht fehlen nun dem als<br />
Alternative beliebten THW jährlich 2.000 - 3.000<br />
junge Männer. „Viele, die dann studiert haben,<br />
brauchen wir“, so Broemme. Durch die Bologna-<br />
Reform stünden Studenten heute aber unter<br />
großem Zeitdruck. Neue Medien müssten gezielt<br />
genutzt werden, „aber ganz wichtig ist auch<br />
die Kameradschaft“. Mundpropaganda hält der<br />
THW-Präsident für den effektivsten Weg, gleichwohl<br />
sehe er der Zukunft mit einer gewissen<br />
Skepsis entgegen.<br />
Für die 40.000 tatsächlich aktiven ehrenamtlichen<br />
Helfer des THW sei die Ausbildung ein<br />
wesentlicher Motivationsfaktor. Durch die Anerkennung<br />
bereits vorhandener Qualifikationen<br />
soll ihre Verwendung künftig beschleinigt werden.<br />
Die Einsatzfähigkeit soll durch Fortbildung<br />
für Arbeiten in besonderen Gefahrenlagen erhöht<br />
werden. Hemmnis sei, dass immer Menschen<br />
im Schichtdienst arbeiteten, so Broemme:<br />
„Das ist nicht gut für die Teambildung“ und<br />
erfordere immer feinere Module. Doch auch extern<br />
zertifizierte Lehrgänge könnten für das<br />
THW und den Beruf der Helfer einen Doppelnutzen<br />
entfalten.<br />
Transferlücke in der Ausbildung<br />
Dieter Franke, Leiter Lehre an der Akademie<br />
für Krisenmanagement, Notfallplanung und Zi-<br />
Zeitgemäßere Formen der Ausbildung würden an<br />
der AKNZ entwickelt, sagt Dieter Franke, Leiter Lehre<br />
der Akademie.<br />
32 PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong><br />
„Ausbildung sollte gerade im ehrenamtlichen Bereich<br />
attraktiv sein“, erinnerte Ralf Kaschow von<br />
CAE Elektronik GmbH, einem renommierten Hersteller<br />
und Betreiber von Simulationstechnologie. Die<br />
Software SIRA wird seit Jahren von der Bundeswehr<br />
und Behörden in ganz Europa verwendet.<br />
vilschutz (AKNZ) beim BBK, erläuterte, dass die<br />
Zielgruppe der Akademie ein sehr heterogenes<br />
Potenzial von an die zwei Millionen im Bevölkerungsschutz<br />
Tätigen sei. Nicht die Inhalte der<br />
Ausbildung, sondern die Formen müssten sich<br />
ändern. Die Erfahrung zeige nämlich, dass 70<br />
bis 80 Prozent der Seminarteilnehmer das Gelernte<br />
nicht in die Praxis umsetzen könnten - eine<br />
Transferlücke. Bei solcher Erwachsenenbildung<br />
sei zu berücksichtigen, dass die Teilnehmer<br />
bereits Routinen entwickelt hätten. Statt<br />
konkreter Lehrziele sei anzustreben, dass alle<br />
im je eigenen Zusammenhang an ihrer Entwicklung<br />
arbeiten könnten: ein handlungsorientierter<br />
Unterricht.<br />
Dabei rücke die Übung vom Abschluss in<br />
den Mittelpunkt, so Franke: „IT-Simulation passt<br />
zu unseren pädagogischen Ansätzen.“ Die Erfahrungen<br />
mit dem von der Bundeswehr genutzten<br />
und für zivile Zwecke angepassten Simulationsprogramm<br />
SIRA seien überaus positiv. Da<br />
die Helfer überwiegend ehrenamtlich tätig seien,<br />
könne man die individuellen Rahmenbedingungen<br />
von Arbeitsplatz und Familie durch selbstgesteuertes<br />
Lernen über das Internet berücksichtigen,<br />
doch: „Wenn der Computer lediglich<br />
den früher mit der Post versandten Studienbrief<br />
Prof. Dr. Schmidtchen, Firmitas, kritisiert, dass die<br />
vorhandenen Gefahrenabwehrpläne oft unvollständig<br />
seien.<br />
„Simulation kann auf die Realität allenfalls vorbereiten“,<br />
schränkt Dr. Uwe Katzky, Managing Director<br />
der szenaris GmbH, ein. Die Kosten sänken allerdings<br />
dramatisch und der Funktionsumfang steige.<br />
Die Ausbildungszeit an realen Fahrzeugen könne so<br />
verkürzt und Unfall- und Verschleißrisiken vermieden<br />
werden.<br />
ersetzt, ist die Motivation schnell dahin.“ Lernen<br />
sei auch ein sozialer Prozess mit Präsenzphasen.<br />
Die AKNZ strebe auch möglichst homogene<br />
Teilnehmergruppen sowie mehrstufige Seminare<br />
statt Kompaktveranstaltungen an.<br />
Ausbildung in der Praxis<br />
Speziell mit dem Training von Krisenstäben<br />
für Katastrophenlagen beschäftigten sich Prof.<br />
Dr. Volker Schmidtchen und Dr. Hans-Walter Borries<br />
vom Institut für Wirtschafts- und Sicherheitsstudien<br />
FIRMITAS. Die Versicherungswirtschaft<br />
rechne mit einer drastischen Zunahme<br />
von katastrophalen Naturereignissen - auch<br />
solchen, die nie für möglich gehalten worden<br />
wären. Problematisch sei, dass immer nur<br />
geübt werde, „was tatsächlich anderswo passiert<br />
ist“. Auch die Auswertung von Übungen<br />
werde häufig nicht ehrlich vorgenommen. Die<br />
Experten fordern mehrtägige Übungen unter<br />
echten Rahmenbedingungen und mit Nutzung<br />
aller Kommunikationsmittel, die in der Praxis<br />
nicht zuverlässig seien: „Bei der Loveparade in<br />
Duisburg war die Handy-Kommunikation das erste,<br />
das ausfiel.“ Auch die Durchhaltefähigkeit<br />
der Stäbe werde meist überschätzt.<br />
„Im höheren Dienst sieht es noch ganz gut aus“, so<br />
Berlins Landesbranddirektor Wilfried Gräfling zur<br />
Personalsituation der Berufsfeuerwehr.
Seit geraumer Zeit gebe es zahlreiche Bestrebungen,<br />
das Katastrophenrisikomanagement in China<br />
zu reformieren, berichtete Christof Johnen (DRK),<br />
der die Regierung für die GIZ beriet.<br />
Berlins Landesbrandirektor Wilfried Gräfling<br />
zeigte auf, welche Konsequenzen die größte<br />
deutsche Feuerwehr daraus zieht, dass die<br />
Einsätze bei zugleich wachsender Personalknappheit<br />
zunehmen. Es gebe eine starken<br />
Rückgang der Bewerbungen und hohe Personalabgänge.<br />
Deshalb sei die dreigeteilte Laufbahn<br />
auf Dauer nicht mehr praktikabel, so Gräfling.<br />
Mit dem Projekt „Einsatz Berlin“ wird auch<br />
Bewerbern mit nur mittlerem Schulabschluss<br />
die Feuerwehrperspektive ermöglicht. Gräfling<br />
erinnerte daran, dass gerade in Berlin sehr viele<br />
junge Menschen, zumal Migranten, keine abgeschlossene<br />
Berufsausbildung haben: „Auch<br />
andere Kommunen gehen diesen Weg.“<br />
Balance zwischen Austausch und Sicherheit:<br />
„Wir haben natürlich kein Interesse, den Angreifern<br />
unsere Informationen bereit zu stellen“,<br />
so BSI-Vizepräsident Horst Flätgen.<br />
Die Mängel sollen durch eine 18-monatige<br />
Stufenausbildung in Zusammenarbeit mit der<br />
Handwerkskammer kompensiert werden. Zwar<br />
gebe es bei gestandenen Feuerwehrleuten Kritik<br />
an einer „Schnellbesohlung“, räumte Gräfling<br />
ein, und man habe es tatsächlich mit noch<br />
relativ unfertigen Menschen zu tun. Er sieht<br />
aber positive Ansätze. Kritischer sieht Berlins<br />
Landesbranddirektor die einschlägigen neuen<br />
Studiengänge: „Alle die da heraus gekommen<br />
sind, sind in der Industrie gelandet.“ Insgesamt<br />
hält er eine „große Recruiting-Kampagne“ für<br />
nötig. Man arbeite eng mit der Bundeswehr zusammen,<br />
um ausscheidende Zeitsoldaten zu<br />
gewinnen.<br />
Helko Kögel, IABG, sprach über Risikomanagement<br />
für den Betrieb komplexer ICT-Infrastrukturen. Er<br />
empfiehlt einen Ansatz, der sich sowohl an konkreten<br />
Risiken orientiert als auch auf allgemeinen Kriterien<br />
basiert.<br />
IT-Sicherheit in Bewegung<br />
Horst Flätgen leitete vom Personal zur Technik<br />
über. Der Vizepräsident des Bundesamts für<br />
Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) stellte<br />
die Bedrohung der IT-Strukturen bis hin zu Cyber-Angriffen<br />
dar. Weiterhin gebe es das ganze<br />
Spektrum vom „edlen Hacker“ über Aktivisten<br />
und Kriminelle bis hin zu fremden Nachrichtendiensten,<br />
aber: „Die Staaten haben ein enormes<br />
Know-how aufgebaut“. Für die Bundesverwaltung<br />
gelte bereits eine Meldepflicht über IT-<br />
Angriffe, für die Privatwirtschaft werde dies intensiv<br />
diskutiert.<br />
Attacken erfolgten nicht mehr auf einzelne<br />
Endgeräte, sondern auf ganze Infrastrukturen.
Jeder USB-Stick wird durch einen „Schleusen-PC“<br />
geprüft. Oberst Gerd Weiß vom IT-Zentrum der Bundeswehr<br />
erläuterte die neue Sicherheitsstrategie.<br />
Der Virus stuxnet habe den Aberglauben beendet,<br />
dass es vom Internet entkoppelte Systeme<br />
gebe, so Flätgen: „Wir haben USB-Sticks auf Besuchertische<br />
gelegt und es hat gut zwei Stunden<br />
gedauert, bis der erste Mitarbeiter den in<br />
seinen Computer gesteckt hat, um einfach einmal<br />
zu sehen, was sich darauf befindet.“ Die<br />
hoch entwickelten Angriffe ausländischer Dienste<br />
bezeichnete er als „Riesenproblem“. Das<br />
BSI versuche, zumindest die Erkennungsrate zu<br />
erhöhen.<br />
Auch verlässliche IT im eigenen Lande zu<br />
kaufen, sei heute nur noch in ganz wenigen Bereichen<br />
möglich. Als unverzichtbar sieht Horst<br />
Flätgen dennoch Cloud Computing: „Im Moment<br />
wird für die Bundesbehörden eine unter unserer<br />
Hoheit aufgebaut.“ Auch die frühere Praxis Verwaltungsbeamte<br />
zur Verwaltung großer IT-Systeme<br />
anzulernen, funktioniere nicht mehr,<br />
„man braucht Informatiker“. Die nötigen Vorkehrungen<br />
zu treffen, sei allerdings mit Kosten<br />
verbunden: „Es gibt noch keine Kennzahlen, wie<br />
viel man für Sicherheit ausgeben muss“, gab<br />
der BSI-Vize zu.<br />
Hohe militärische Priorität<br />
Über die Erfahrungen mit Cyber Defence im<br />
militärischen Bereich berichtete Oberst Gerd<br />
Weiß vom Zentrum für Informationstechnik der<br />
Bundeswehr. Die Streitkräfte sind hier nämlich<br />
nur für ihre eigenen Systeme zuständig. Das<br />
Computer Emergency Response Team der Bundeswehr<br />
(CERTBw) wurde 1992 eingerichtet,<br />
34 PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong><br />
Laut Volker Lippmann verzeichnet T-Systems täglich<br />
ca. 150.000 IT-Alarmrufe und 800 verschiedeneAngriffsquellen.<br />
Der Konzern arbeitet an der Sicherheit<br />
von Cloud-Lösungen und mobiler Endgeräte.<br />
ständig weiterentwickelt und nimmt seit 2003<br />
an multinationalen Übungen teil: „Wir stellen<br />
natürlich auch Kräfte für die Angriffsteams“, so<br />
Oberst Weiß. In den Verteidigungspolitischen<br />
Richtlinien von 2011 stehen Cyber-Angriffe an<br />
zweiter Stelle der Risikopriorität. Schon seit der<br />
umfassenden Attacke auf Estland 2007 konzentriere<br />
sich auch die NATO darauf.<br />
Es habe sich gezeigt, so Gerd Weiß, dass es<br />
am wichtigsten sei, die Nutzer zu sensibilisieren.<br />
Dieser sei in der Regel der Türöffner, dem<br />
man sich mit „social engineering“, also über seine<br />
Umstände und Gewohnheiten nähere. So<br />
werde etwa durch scheinbar bekannte Namen<br />
und Adressen zu „Kongressen“ eingeladen, bis<br />
hin zu Fällen, in denen der Generalinspekteur<br />
der Bundeswehr angeblich Mails von seinem<br />
persönlichen Account verschicke. Über 75 Prozent<br />
der festgestellten Schadsoftware befinde<br />
sich aber auf mobilen Datenträgern. Cyber-Module<br />
werden laut Weiß auch in die allgemeine<br />
soldatische Ausbildung eingebaut.<br />
Technische Überwachung müsse auch innerhalb<br />
des eigenen IT-Netzwerks stattfinden.<br />
Da vollständige IT-Sicherheit dennoch nicht ereichbar<br />
sei, müsse man zur Strategie des Risikomanagements<br />
wechseln. Erfolgreich könne<br />
dies nur sein, wenn national und international<br />
mit Verwaltungen, Militär, Wirtschaft und Wissenschaft<br />
kooperiert werde. Um Vertrauen aufzubauen,<br />
hält Weiß den persönlichen Kontakt für<br />
zwingend. Und der Informationsaustausch versiege,<br />
wenn er nicht auf Gegenseitigkeit beruhe.<br />
„Konventionelle IT-Sicherheit ist sehr ingenieurslastig“,<br />
stellte Dr. Sandro Gaycken von der FU Berlin<br />
fest.<br />
Veranstalter Brigadegeneral a.D. Hans Herbert<br />
Schulz, Green Defense @ KRS GmbH, kündigte an,<br />
die Tagungsreihe auch <strong>2013</strong> fortzusetzen.<br />
Umdenken in der IT-Sicherheit<br />
Vor unproportionalen Reaktionen in unklaren<br />
Situationen warnte jedoch Dr. Sandro<br />
Gaycken, Cyber-War-Forscher an der Freien Universität<br />
Berlin. Über 120 Länder schafften Kapazitäten<br />
an, „die Offensiveinheiten sind im Aufbau<br />
begriffen“. Dies sei auch für die jeweils nationale<br />
Wirtschaft nutzbar, für Industriespionage<br />
oder zur Finanzmarktmanipulation. Ein<br />
aktiver Schutz gegen Angriffe sei unmöglich.<br />
Zwar habe es bei der Verfolgbarkeit von Spuren<br />
einige Fortschritte gegeben, dies sei aber ein<br />
sehr mühsames Geschäft: „Ein Dienst macht<br />
das nicht vom Ministerium aus.“ Auch passive<br />
Schutzmaßnahmen hält Gaycken schon aus<br />
technischen Gründen für kaum erfolgreich.<br />
Überdies seien die politischen Entscheidungsträger<br />
Laien, die Wissenschaft, Presse<br />
und Industrie aber unzuverlässige Ratgeber. Positiv<br />
hob er jedoch das BSI als „neutralen Vermittler“<br />
hervor. Am zielführendsten sei, sich um<br />
die IT-Hochsicherheit noch mehr zu kümmern,<br />
so Sandro Gaycken. Die Kernsysteme der Kritischen<br />
Infrastrukturen seien bereits relativ gut<br />
gehärtet. Er schlägt internationale Übereinkünfte<br />
vor. Mit einer „Zero-Day-Governance“<br />
könne man eine gemeinsame Entdeckungsoffensive<br />
von Verwundbarkeiten starten.<br />
Die Berliner Fachtagung <strong>2013</strong> findet voraussichtlich<br />
am 09./10. April statt. (kö) ➛
10. und 11. April <strong>2013</strong><br />
Berliner Rathaus<br />
Unter der Schirmherrschaft von Frank Henkel,<br />
Senator für Inneres und Sport, Berlin<br />
Moderation:<br />
BrigGen a.D. Dipl.-Ing Hans-Herbert Schulz<br />
m Am 10./11.April findet erneut die Berliner<br />
AFachtagung „Nationale Sicherheit und Bevölkerungsschutz“,<br />
begleitet von einer Ausstellung, im<br />
Berliner Rathaus statt. In der Vergangenheit wurde<br />
sie bereits siebenmal erfolgreich durchgeführt insbesondere<br />
dank eines offenen und intensiven Informations-<br />
und Erfahrungsaustausches der beteiligten<br />
Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben,<br />
den Hilfsorganisationen sowie der einschlägigen<br />
Privatwirtschaft. Die Berliner Fachtagung <strong>2013</strong> „Nationale<br />
Sicherheit und Bevölkerungsschutz“ wird unter<br />
der Schirmherrschaft des Senators für Inneres<br />
und Sport, Frank Henkel und wieder in enger Zusam-<br />
Mittwoch, 10. April <strong>2013</strong><br />
10.00 Registrierung, Kaffee, Beginn der<br />
Ausstellung<br />
10.30 Begrüßung, Einführung in die Thematik<br />
10.45 Key-Note: (zur Lage der Inneren<br />
Sicherheit in Deutschland)<br />
Lorenz Caffier, Innenminister MVP<br />
11.15 Migranten als Nachwuchskräfte<br />
Dirk Würger, Abteilung III, Senator für<br />
Inneres und Sport<br />
11.45 Kaffeepause<br />
12.15 Technisch-humanitäre Hilfe - ein<br />
Betätigungsfeld für das Technische<br />
Hilfswerk nicht nur im Ausland<br />
Albrecht Broemme, Präsident (THW), Bonn<br />
12.45 Key-Note: Zukünftige Herausforderungen<br />
an die nationale Sicherheit<br />
Michael Hartmann, MdB<br />
13.15 Mittagspause, Besuch der Ausstellung<br />
14.45 Cyberangriffe erfolgreich abwehren und<br />
den Datenklau sicher verhindern<br />
Ramon Mörl, Geschäftsführer itWatch<br />
GmbH, München<br />
15.15 Von der Infrastruktur zur Information:<br />
24-Std-Verfügbarkeit im<br />
Katastrophenfall<br />
Jürgen A. Krebs, Mitglied der Geschäftsleitung<br />
Hitachi Data Systems, Deutschland<br />
15.45 Diskussion<br />
15.55 Grußwort des Schirmherrn/Key-Note zur<br />
Lage der Inneren Sicherheit in der<br />
Bundeshauptstadt: Was hält die<br />
Gesellschaft zusammen?<br />
Frank Henkel, Senator für Inneres und<br />
Sport, Berlin<br />
16.25 Kaffeepause<br />
16.55 Das Verhalten unserer Mitarbeiter und<br />
Mitarbeiterinnen in sozialen Netzwerken<br />
unter dem Aspekt der IT-Sicherheit<br />
Dir BAAINBw Hans Ulrich Schade, SdBea<br />
Cyber <strong>Security</strong>, Bundesamt für Ausrüstung,<br />
IT und Nutzung, Koblenz<br />
17.25 Virtualisierungen realer Umgebungen:<br />
„R2VR: Reality to Virtual Reality“<br />
Dr. Uwe Katzky, Managing Director,<br />
szenaris GmbH, Bremen<br />
17.55 Social Media als Schnittstelle zur Bevölkerung<br />
- Strategische Nutzung und Herausforderungen<br />
Hendrik Stange, Fraunhofer-Institut (IAIS),<br />
Sankt Augustin<br />
18.25 Diskussion<br />
Anschließend Büffet/ Empfang<br />
menarbeit mit dem Technischen Hilfswerk (THW)<br />
durchgeführt und durch Brigadegeneral a.D. Hans-<br />
Herbert Schulz moderiert. Unter dem Leitthema<br />
„Zukünftige Herausforderungen an die nationale<br />
Sicherheit“ untersucht die Berliner Fachtagung<br />
•Die Lage der Inneren Sicherheit in Deutschland,<br />
einschließlich der demographischen Entwicklung<br />
und ihre Auswirkungen auf die freiwilligen Dienste,<br />
die verschiedenen Aspekte der Immigration<br />
und des Bevölkerungsschutzes<br />
•Technologietrends für eine Erhöhung der Sicherheit<br />
der Gesellschaft, mit denen sich zukünftige<br />
Herausforderungen begegnen lassen<br />
Donnerstag, 11. April <strong>2013</strong><br />
08.30 Registrierung, Kaffee, Beginn der<br />
Ausstellung<br />
08.45 Key-Note: Zukünftige Herausforderungen<br />
an die Nationale Sicherheit aus der Sicht<br />
des Bundeskriminalamtes<br />
Prof.Dr. Jürgen Stock, Vizepräsident BKA,<br />
Wiesbaden*<br />
09.15 Illegale Immigration und Smarter Borders<br />
(dabei: Einsatz von Vorfeldbeamten, technische<br />
Lösungen, intelligentes Grenzkontrollsystem<br />
Jürgen Schubert, Vizepräsident Bundespolizeipräsidium<br />
Potsdam<br />
09.45 Zukünftige Herausforderungen an die<br />
Bereitschaftspolizei des Bundes und der<br />
Länder<br />
Jürgen Jakobs, Inspekteur der Bereitschaftspolizei<br />
Brandenburg, Innenministerium des<br />
Landes Brandenburg, Potsdam *<br />
10.15 Kaffeepause, Besuch der Ausstellung<br />
10.45 Bevölkerungsschutz und ehrenamtliches<br />
Engagement aus Sicht des Bundes<br />
Norbert Seitz, AL Krisenmanagement und<br />
Bevölkerungsschutz, BMI<br />
11.15 Tagesalarmsicherheit im Ehrenamt<br />
Landesbranddirektor Wilfried Gräfling,<br />
Leiter Berliner Feuerwehr<br />
11.45 Key-Note: Neue Herausforderungen für<br />
den Bevölkerungsschutz in einer globalisierten<br />
Welt"<br />
Christoph Unger, Präsident Bundesamt für<br />
Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe<br />
12.15 Kaffee, Besuch der Ausstellung<br />
12.45 Ausfall kritischer Infrastruktur -<br />
Bedeutung von autarken Kraftstoff-und<br />
Wasserversorgungssystemen<br />
Dr. Bernhardt, Geschäftsführer WEW<br />
Westerwälder Eisenwerk GmbH, Weitefeld<br />
13.15 Key-Note: Governance und politische<br />
Konsequenz<br />
Dr. Hans-Peter Uhl, Mitglied des Deutschen<br />
Bundestages*<br />
13.45 Diskussion<br />
14.00 Zusammenfassung und Schlusswort<br />
Moderator<br />
Änderungen: Die Aktualisierung des Programms<br />
erfolgt regelmäßig, siehe auch www.greendefense.de<br />
Änderungen vorbehalten * Referenten angefragt<br />
Zukünftige Herausforderungen<br />
an die nationale Sicherheit<br />
Mit begleitender Fachausstellung<br />
In Zusammenarbeit mit der<br />
Bundesanstalt<br />
Technisches Hilfswerk (THW)<br />
• Folgen der Nutzung der „Social Media“ und ihre<br />
Auswirkungen auf die Cyber <strong>Security</strong><br />
Durch eine wirkungsvolle Kombination grundlegender<br />
Fachreferate sowie Debatten zu tagesaktuellen<br />
Herausforderungen an die Sicherheit sowie industrieller<br />
Beiträge zu neuen Technologien wird die Tagung<br />
auch in diesem Jahr wiedereine vielbeachtete Plattform<br />
zur nachhaltigen Stärkung der öffentlichen Sicherheit<br />
bieten.<br />
Weitere Informationen finden Sie unter:<br />
www.green-defense.de<br />
Veranstalter<br />
Green Defense at KRS GmbHi.L.<br />
Hofgartenstr. 21, 53840 Troisdorf<br />
Tel.: +49 2241 943 8596<br />
E-Mail: info@green-defense.de<br />
Internet: www.green-defense.de<br />
Tagungsort<br />
Berliner Rathaus, Rathausstraße 15, 10178<br />
Berlin, U- und S-Bahn „Alexanderplatz"<br />
Teilnahmegebühr<br />
€ 690,00 für Firmen und € 210,00 für Behörden<br />
und Organisationen, darin eingeschlossen:<br />
Tagungsteilnahme, Tagungsunterlagen<br />
und Tagungsgetränke, Abendempfang.<br />
(alle Preise jeweils zzgl. MwSt.)<br />
Preisnachlässe für Angehörige von GSW-NRW<br />
e.V. und KOMZET e.V. sowie bei mehreren<br />
Teilnehmern<br />
Anmeldung<br />
Schriftlich per Post, Fax oder E-Mail an<br />
Green Defense at KRS GmbH<br />
(Faxanmeldeformular unter www.greendefense.de,<br />
Fax-Nr. 02237-591364)<br />
Rücktritt<br />
Ein Rücktritt für Teilnehmer von der<br />
Anmeldung ist bis zum 27. März <strong>2013</strong><br />
(schriftlich) bei Zahlung einer Bearbeitungsgebühr<br />
von € 35,00 + MwSt. möglich,<br />
danach wird die volle Teilnahmegebühr erhoben.<br />
Aussteller siehe Anmeldeformular.<br />
Ein Ersatzteilnehmer kann jederzeit benannt<br />
werden.<br />
Haftung<br />
Bei Absage einer Veranstaltung aus unvorhergesehenen<br />
Gründen werden die angemeldeten<br />
Teilnehmer sofort benachrichtigt und bereits<br />
bezahlte Teilnahmegebühren zurückerstattet.<br />
Die Haftung des Veranstalters beschränkt sich<br />
auf die Teilnahmegebühr.<br />
Es gelten die AGB der Green Defense at KRS<br />
GmbH.<br />
Zimmerbuchung<br />
Informationen zur Unterkunft werden auf der<br />
Webseite von Green Defense zur Verfügung<br />
gestellt werden.<br />
PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong> 35
IT-Unterstützung<br />
für den Kommissar:<br />
Mit Datenanalyse<br />
zu einer sichereren Gesellschaft<br />
Seit der Aufdeckung der Zwickauer Terrorzelle im November 2011 und der von ihr verübten<br />
Neonazi-Morde ist viel über die Versäumnisse der verschiedenen Ämter für Verfassungsschutz<br />
und der Landeskriminalämter diskutiert worden. Hauptkritikpunkte waren<br />
vor allem die fehlende Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden und der mangelnde Informationsaustausch<br />
zwischen den Polizeibehörden der Länder und des Bundes. In Zukunft wird<br />
auch die Ermittlungsarbeit der Polizei ganz wesentlich durch intelligente Software-Lösungen<br />
unterstützt werden: Mit der Crime Information Platform wurde eine Analyse-Lösung entwickelt,<br />
die die Ermittlungsarbeit durch die Auswertung von Dokumentationen, Protokollen und Akten<br />
maßgeblich beschleunigen kann. In Zusammenarbeit mit dem Centre for <strong>Security</strong> and Society<br />
der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg stellt eine Forschungsgruppe aus Wissenschaftlern und<br />
IBM-Vertretern sicher, dass die Lösung den verfassungsrechtlichen Vorgaben der föderal organisierten<br />
Polizeistruktur der Bundesrepublik Deutschland und den geltenden Datenschutzrichtlinien<br />
entspricht und darüber hinaus auch gesellschaftlich und ethisch akzeptiert wird.<br />
Polizeiliche Ermittlungsarbeit besteht nicht<br />
nur daraus, den Täter durch spitzfindige Fragen<br />
à la Columbo in Widersprüche zu verwickeln,<br />
sondern zunächst aus dem langwierigen Lesen<br />
von Ermittlungsakten, Verhörprotokollen, Berichten<br />
und Aktennotizen. Dabei muss jedoch<br />
nicht nur der einzelne Fall betrachtet werden: genau<br />
so entscheidend sind mögliche Verbindungen<br />
zu anderen Fällen. Deshalb stellt sich die<br />
viel schwieriger zu beantwortende Frage: wie<br />
können diese Verbindungen zu anderen Fällen<br />
36 PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong><br />
erkannt werden? Die Komplexität dieser Fragestellung<br />
wird besonders deutlich, wenn man<br />
sich die Vielzahl von Kriminalermittlungen vor<br />
Augen führt, die in Deutschland durchgeführt<br />
werden und die dabei berücksichtigt werden<br />
müssten. Der europäische oder internationale<br />
Kontext wird dabei noch gar nicht betrachtet,<br />
spielt aber z.B. bei Europol im offenen Europa<br />
aber eine zunehmende Rolle.<br />
Der entscheidende Erfolgsfaktor ist gegenwärtig<br />
der Ermittler, der alle Texte zu einem Fall<br />
und idealerweise auch zu ähnlichen Fällen so<br />
aufmerksam lesen muss, dass ihm auch vermeintliche<br />
„Nebensächlichkeiten“, wie beispielsweise<br />
der „dunkle Lieferwagen“ auffällt,<br />
der von zwei verschiedenen Zeugen am Rande<br />
erwähnt wurde. Völlig offen ist dabei, wie ein Ermittler<br />
aus der Masse der Ermittlungsakten in<br />
Deutschland gezielt an Informationen gelangen<br />
kann, die z.B. im Zusammenhang mit einer anderen<br />
Straftat ermittelt wurden, die aber wichtig<br />
für die Lösung seines konkretes Falles sind.<br />
Mehr sehen mit der digitalen Lesebrille<br />
Die Crime Information Platform kann die Polizei<br />
bei ihrer Ermittlungsarbeit nun wesentlich<br />
unterstützen: Anders als herkömmliche statistische<br />
oder Business Intelligence Technologien<br />
ist sie in der Lage, unstrukturierte Daten - und<br />
damit alle Arten unstrukturierter Informationen<br />
wie Berichte, Falldokumenationen, aber auch<br />
Videobilder, die zusammen immerhin 80 Prozent<br />
aller Informationen in einem Ermittlungsfall<br />
ausmachen - zu analysieren. Ihre Stärke liegt<br />
nicht nur darin, dass sie riesige Text- und Dokumentenmengen<br />
in Echtzeit erfasst, sie deckt
IBM und Universität Freiburg - Industrie und Forschung gemeinsam gegen das Verbrechen<br />
Datenschutz und Privatsphäre sind in Deutschland hohe Güter und im Grundgesetz verankert.<br />
Bei der polizeilichen Ermittlung spielen die strengen Datenschutzgesetze und die föderale Struktur<br />
der Bundesrepublik mit den eigenständigen Länderpolizeibehörden eine wichtige Rolle bei der<br />
Verbrechensbekämpfung.<br />
IBM arbeitet seit 2011 mit dem Centre for <strong>Security</strong> and Society der Universität Freiburg zusammen,<br />
um gesellschaftspolitische und rechtliche Fragen zu klären, die bei der Entwicklung von<br />
Sicherheitstechnologien wie der Crime Information Plattform berücksichtigt werden müssen. Ziel<br />
ist es, eine intelligente Lösung zu entwicklen, die den besonderen juristischen Anforderungen der<br />
Datenschutzgesetze und der föderalen Struktur in Deutschland gerecht wird.<br />
Die IBM entwickelt Technologien, die dabei helfen, die polizeiliche Ermittlungsarbeit effizienter<br />
zu gestalten. Der Gesetzgeber macht strickte Vorgaben zum Schutz der Persönlichkeitsrechte der<br />
Bürgerinnen und Bürger und für die Verwertbarkeit der Beweise im Gerichtsverfahren. An dieser Stel-<br />
le setzt das Centre for <strong>Security</strong> and Society der Universität Freiburg an: Gemeinsam mit der<br />
IBM identifizieren die Forscher die rechtlichen Vorgaben, konfigurieren die Plattform, so dass<br />
die rechtlichen Vorgaben eingehalten werden und erforschen aktuelle gesellschaftliche Veränderungen<br />
und deren Auswirkungen auf polizeiliche Ermittlungsmethoden, wie z.B. die zunehmende<br />
Virtualisierung des öffentlichen Raumes durch Plattformen wie Facebook und Co.<br />
Ein aktuelles Beispiel stellt der Datenaustausch zwischen den Bundesländern dar: Um<br />
Phänomene bundesweit identifizieren zu können, das heißt überregionale Delikte, die sich<br />
ähneln, miteinander in Verbindung bringen zu können, prüfen beide Partner gerade die Möglichkeiten<br />
eines automatisierten Datenaustausches. Es wird geprüft, inwieweit durch den Einsatz<br />
von Anonymisierungs- und Pseudonomisierungsmechanismen oder anderen Technologien<br />
die Datenschutzrechtlichen und föderalen Vorgaben des Gesetzgebers erfüllt und der<br />
Datenaustausch selbst somit beschleunigt werden kann. Die Erwartungen an die elektronische<br />
Unterstützung sind hoch: sie soll nicht nur für einen schnelleren Datenfluss sorgen,<br />
sondern sie muss letztlich die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben garantieren. Diese Garantie<br />
ersetzt ein Stück weit das Vertrauen, das man den Beamten bisher bei der Weitergabe<br />
von Aktenordnern und Faxnachrichten entgegenbringen muss.<br />
Für das Team der IBM und des Centre for <strong>Security</strong> and Society ist Deutschland durch seine<br />
föderale Struktur ein Sonderfall. Die restriktive Situation fordert die Partner allerdings<br />
nicht nur heraus, Lösungen unter besonderen Bedingungen zu optimieren, sondern rüstet<br />
sie gleichzeitig für potentielle Anfragen aus weiteren Ländern. Denn: Ein Trend zu einer höheren<br />
Sensitivität gegenüber den Persönlichkeitsrechten kann zunehmend beobachtet werden.<br />
Integrierte Analyse- und Auswerteplattform<br />
für Sicherheitsbehörden - „Crime Information<br />
Platform“<br />
Beziehungen zwischen den handelnden Personen<br />
auf, liefert Fakten zu einem Suchbegriff<br />
und hilft dem Ermittler somit Auffälligkeiten<br />
schneller zu erkennen. Dokumente und Fallakten<br />
müssen also nicht mehr in ihrer Gesamtheit<br />
gelesen werden, sondern können vom Analyseergebnis<br />
ausgehend faktenspezifisch erschlossen<br />
werden. Indem bei der automatischen<br />
Analyse jeder Sachverhalt farblich<br />
markiert wird, können Ermittler und Sachbearbeiter<br />
mit einem Blick erkennen, was wichtig ist.<br />
Sind beispielsweise alle Handelnden in roter<br />
Farbe markiert, lassen sich alle Beteiligte eines<br />
Falles relativ schnell mit den Beteiligten ähnlicher<br />
Vorgänge vergleichen.<br />
Gut vernetzt - schneller gelöst<br />
Da sich Täter nicht an Ländergrenzen halten,<br />
muss auch die Polizeiarbeit länderübergreifend<br />
funktionieren. Im föderalen Deutschland,<br />
in der das Polizeirecht Ländersache ist, ist<br />
der Datenaustausch zwischen den Bundesländern<br />
eine besondere Herausforderung. Durch<br />
die Verbindung verschiedenster Datenquellen in<br />
der Crime Information Platform kann der Täter<br />
schnell ermittelt werden, auch wenn die Tatorte<br />
in unterschiedlichen Bundesländern liegen.<br />
Auch hier ist es das Ziel der Zusammenarbeit<br />
zwischen dem Centre for <strong>Security</strong> and Society<br />
und IBM, rechtliche und gesellschaftliche<br />
Aspekte rund um die Sicherheitstechnologien in<br />
den Bundesländern zu untersuchen.<br />
Den Ermittler und seine Arbeit vor Ort wird<br />
die Crime Information Platform nicht ersetzen,<br />
aber als Analyse-Helfer an seiner Seite kann sie<br />
die Ermittlungsarbeit entscheidend unterstützen<br />
und beschleunigen. Denn Zeit ist der entscheidende<br />
Faktor, der eine heiße Spur letztlich zu einer<br />
erfolgreichen Ermittlung macht. ➛<br />
Die Autoren:<br />
Alexander M. Schmidt,<br />
ist bei IBM auf europäischer<br />
Ebene zuständig für Informationsmanagement<br />
und Datenanalyse-Projekte<br />
im Öffentlichen<br />
Sektor.<br />
Dr. Sebastian Höhn,<br />
ist Geschäftsführer des<br />
Instituts für Sicherheit<br />
und Gesellschaft an<br />
der Albert-Ludwigs-<br />
Universität Freiburg.<br />
PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong> 37
von Dipl.-Ing Ulrich Skubsch<br />
Jamming:<br />
Die Störanfälligkeit<br />
des Digitalfunks<br />
wird unterschätzt<br />
Es herrscht Ruhe! Stille kann so schön sein, so erholsam - nicht aber, wenn es<br />
um dringend notwendige Kommunikation geht, wenn es um Bereiche des<br />
behördlichen Einsatzes, der Sicherheit und den allerorts diskutierten Schutz<br />
Kritischer Infrastrukturen geht. Dann ist Kommunikation das Essentielle, die Basis<br />
aller Maßnahmen.<br />
Beim Thema Funk ist häufig zu hören: „Das<br />
hatten wir schon immer so, das funktioniert -<br />
das ist immer so und das wird immer so sein!“<br />
Damit dies dann aber auch der Zeit entspricht<br />
und sich auf neuestem Stand der Technik bewegt,<br />
leisten wir uns auch mal eben 14 Jahre<br />
Planungs- und Entwicklungszeit und sind dann<br />
auf so ein Produkt wie den „Digitalen Behördenfunk“<br />
mächtig stolz. Wen wundert es, wir haben<br />
doch eine Bundesanstalt extra dazu eingerichtet,<br />
dass alles im wahrsten Sinne regelge-<br />
38 PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong><br />
„Was ich<br />
nicht weiß,<br />
macht mich<br />
nicht heiß“<br />
recht eingerichtet wird und natürlich funktioniert.<br />
Nein, wir schauen nicht zurück: „in den<br />
Streifenwagen werden Sie das Bild des Bankräubers<br />
übertragen bekommen, auf Einsatzfahrt<br />
zur Bank werden Sie über die Räumlichkeiten<br />
informiert worden sein...“<br />
Lange übertriebene Versprechen<br />
Solche Industrie-Werbeaussagen aus dem<br />
Jahr2002, solche Erinnerungen führen wir nun<br />
nicht an, denn lange schon wissen wir: es wird<br />
technisch nicht möglich sein, derartige Ziele zu<br />
verwirklichen. Es heißt nun stattdessen: die Einrichtung<br />
diene der Sprachübertragung, maximal<br />
15 Prozent Datenübermittlung ist in der zur Verfügung<br />
stehenden Bandbreite hierfür reserviert.<br />
Wir fragen nun auch nicht danach, wie z.B. der<br />
unter Vollschutz eingesetzte Feuerwehrmann<br />
die dringend benötigte Unterstützung anfordern<br />
kann, wenn sich sein neues Digital Gerät gerade<br />
- mangels Feldstärke - ausgebucht hat und<br />
zum erneuten Einloggen etwa zwei Minuten<br />
wertvolle, evtl. lebensrettende Zeit verstreicht.<br />
Der Überbegriff „Trunked Radio“, eine Art<br />
Bündelfunk, die technologische Familie unseres<br />
Digitalen BOS-Funks, ist weltweit bewährt, lange<br />
im Einsatz und lebt von der Robustheit und Funk-
tionalität. Haben wir stattdessen nach 14 Jahren<br />
mit einem speziellen deutschen Entwurf des<br />
Trunked Radio immer noch Startprobleme? Mit<br />
diesem Fingerzeig auf die Baustelle und die Kommunikationsbeeinträchtigung<br />
an wichtiger Schaltstelle<br />
sei des Chronisten Pflicht Genüge getan.<br />
Vielmehr soll hier der Hinweis auf ein Problem,<br />
viel unangenehmer in der Auswirkung, aber gleich<br />
im Sachzusammenhang gegeben sein.<br />
Der BOS-Funk wird bereits gestört<br />
Vergleicht man diese Problematik mit den<br />
systemischen Startschwierigkeiten des Digitalen<br />
BOS-Funks, die vermutlich irgendwann behoben<br />
sein werden, so ist die Beeinträchtigung<br />
des Funkverkehrs durch Jamming um ein Vielfaches<br />
bedrohlicher. Handelt es sich doch um<br />
dahinter steckende kriminelle Energie, mit unkalkulierbaren<br />
Intensitäten und Auswirkungen.<br />
Man sollte dies nicht als Horrorszenario abtun.<br />
Das Problem existiert schon heute.<br />
1. Mai 2012, Kundgebung in Berlin-Kreuzberg:<br />
Der Digitalfunk ist derart mit „Artefakten“<br />
(zerhackten Sprachfetzen bis zum Übertragungsabbruch)<br />
versehen, dass eine Polizei-<br />
Kommunikation zur brisanten, jährlich stattfindenden<br />
DEMO der Alternativen gefährlich und<br />
„wirkungsvoll“ außer Kraft gesetzt wird. Vorbereitet<br />
auf die Störung ist niemand, weder mit<br />
Technik oder mit irgendeinem Plan B für den<br />
eventuellen Gesamt-Ausfall der Kommunikation.<br />
Es bedarf wenig Phantasie, um andere<br />
Szenarien zu beschreiben. Die Technik wird weltweit<br />
angeboten - und gekauft. Nach eigener Befragung<br />
eines Herstellers vor Ort in Israel gehen<br />
nicht alle Geräte an Kunden, die in einer Kundendatei<br />
dokumentiert sind. Ware gegen Geld -<br />
und das Gerät ist irgendwo einsatzbereit.<br />
Sender im Westentaschenformat<br />
Sogar der Aktentaschenraum (vom Kofferraum<br />
zu schweigen) eines smarten zweisitzigen<br />
Bild oben:<br />
Die Zeiten wandeln sich rasant: Franz-Josef Strauß fuhr noch unter<br />
Ausnutzung erheblichen Kofferraum-Volumens autotelefonierend<br />
durch die Gegend.:<br />
Der Aktentaschenraum (von Kofferraum bewusst nicht gesprochen)<br />
eines smarten 2 Sitzer Kleinfahrzeugs reicht vollkommen aus, um einen<br />
Radius von 5 Km um eine Funk-Basisstation herum jeglichen<br />
Kommunikationsnetzes zu blockieren.<br />
Um eine ganze Stadt mit mehreren Basisstationen zu beeinflussen<br />
geht´s dann auch mit etwas größerem Aufwand weiter.<br />
Bild links:<br />
Auszug der technischen Beschreibung eines Störsenders: „Portable<br />
Pelican attaché case, Wide frequency coverage (800-2500)MHz, 10<br />
– 20 Watts per band, Blocks all Cellular and SMS communication. …<br />
Excellent Blocking Range of nearby Base-stations … Easy, intuitive<br />
operation … Weight: approximately 6Kg (without battery)“<br />
Kleinfahrzeugs reicht vollkommen aus, um in einem<br />
Radius von fünf Kilometern um eine Funk-<br />
Basisstation herum jegliches Kommunikationsnetz<br />
zu blockieren. Um eine ganze Stadt mit<br />
mehreren Basisstationen zu beeinflussen, bedarf<br />
es eines etwas größeren Aufwandes. Aber<br />
auch schon das Gerät in der Jackentasche lässt<br />
des Polizisten Diensthandy und alle weiteren<br />
Handgeräte im Nahbereich verstummen.<br />
Man sollte nun nicht glauben, der Störer<br />
ließe sich peilen und in extremer Schnelle dingfest<br />
machen. Die hier anzusprechende Bundesnetzagentur<br />
ist zwar technisch darauf vorbereitet,<br />
hat nach aktuellem Wissensstand aber keine<br />
ad hoc-Möglichkeit und erst recht keine personellen<br />
Ressourcen, mit ihrer sowieso<br />
überfrachteten Aufgabenstruktur schnell tätig<br />
zu werden. Die einzige zivile Institution, die dazu<br />
perfekt in der Lage wäre, ist die ganz anders<br />
gelagerte und spendenfinanzierte Deutsche Gesellschaft<br />
zur Rettung Schiffbrüchiger mit ihren<br />
PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong> 39
Störsender aller Art sind weitgehend verboten, auf dem Weltmarkt aber relativ frei erhältlich.<br />
Schon das Gerät in der Jackentasche lässt des Polizisten Diensthandy und alle weiteren Handgeräte<br />
im Nahbereich verstummen<br />
diversen Küsten-/Schiffs-Peilstellen. Sie werden<br />
ergänzt durch ein gut durchdachtes Ortungssystem<br />
von Hilfsbedürftigen per GMDSS<br />
(Global Maritime Distress and Safety System).<br />
Diese technischen Einrichtungen, Dienststellen<br />
und Regeln wurden über Jahre eingerichtet<br />
und sogar in Sportbooten installiert. Sie<br />
sind extrem funktionell und haben sich bewährt.<br />
Aber sie dienen der Hilfe auf See bei manchmal<br />
ausbleibender Informationsübermittlung und einem<br />
eventuell noch übermittelten Burst aus einem<br />
Seefunkgerät - also einem kurzen Sendeimpuls,<br />
der zur Peilung und Ortung ausreicht,<br />
außerdem zu Wasser und nicht an Land. Kann<br />
das also wirklich damit enden, im Krisenfall den<br />
bewährten KRAD-Melder wieder zu reaktivieren?<br />
Aus jetziger Sicht ist diese Frage zunächst eindeutig<br />
mit ja zu beantworten.<br />
Ausweg Niederfrequenzen<br />
Allerdings gibt es doch eine weitere, schnell<br />
verfügbare und zeitgemäße technische Lösung.<br />
Bereits seit Jahren gibt es die allgemein formulierten<br />
Bestrebungen Militärtechnik in die zivile<br />
Nutzung zu migrieren. Für das hier einschlägige<br />
Beispiel ist ein kleiner Exkurs in die Technik notwendig:<br />
Die o.a. im Fokus befindlichen Kommunikationssysteme<br />
werden allgemein in einem<br />
Frequenzbereich weit über 30 MHz betrieben.<br />
Die Antennen sind von handhabbarer Länge, die<br />
Geräte klein und portabel und alles ist kontinuierlich<br />
enormen Innovationszyklen unterworfen.<br />
Die Größenentwicklung des Handys sei an dieser<br />
Stelle zitiert: Ein Franz-Josef Strauß fuhr<br />
noch unter Ausnutzung erheblichen Kofferraum-<br />
40 PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong><br />
Volumens autotelefonierend durch die Gegend.<br />
Heute passen intelligentere Geräte mit besserer<br />
Leistung und explodierender Nutzungsvielfalt<br />
in das Jacken-Täschchen, welches einst für<br />
Münz-Geld in die rechte Anzug-Tasche integriert<br />
worden ist.<br />
Der unvermeidliche Nachteil aus aktueller<br />
Sicht dabei ist: Diese minimierte Größe hat<br />
auch nur noch der Stör-Sender. Ein Ausweg ist<br />
durch die Frequenz vorgegeben. Die Vielfältigkeit<br />
der Frequenzwahl unterhalb 30 MHz ermöglicht<br />
zum Einen Reichweiten, die gerade im<br />
Einsatzfall alles momentan Übliche übertreffen.<br />
Zum Anderen kann der Störanfälligkeit automatisiert<br />
mit intelligentem Frequenzwechsel begegnet<br />
werden, sodass Kommunikation immer<br />
gewährleistet ist.<br />
Es fehlt an Problembewusstsein<br />
Selbst der Schutz Kritischer Infrastrukturen<br />
hat synergetische Effekte. Stromausfälle in regionalen<br />
Bereichen lassen sich durch Kommunikationsversorgung<br />
aus überregionalen Bereichen<br />
ad hoc kompensieren. Die hierzu notwendige<br />
Energie bezieht sich dabei nicht auf die<br />
Netz-Existenz, deren Betrieb und Struktur, sondern<br />
nur lokal auf das jeweilige Gerät. Diese Versorgungs-Infrastruktur<br />
bringen die Gerätschaften<br />
aber vom Akku bis zum Solarpaneel bereits<br />
komplett mit.<br />
Um unter solchen Bedingungen mobile<br />
Störungen zu ermöglichen, ist auch heute noch<br />
der aufgerüstete LKW erforderlich - und der ist<br />
nicht so eben im Internet zu bestellen. Kleine<br />
handliche Geräte in falscher Hand haben kein-<br />
Störsender - JAMMER<br />
Eine unter SecuPedia, der Plattform für<br />
Sicherheits-Informationen, zu findende Definition<br />
lautet: „Die oft auch mit dem englischen<br />
Fachbegriff Jammer bezeichneten<br />
Störsender geben ein meist breitbandiges<br />
Hochfrequenzsignal ab, mit dem Ziel, den<br />
Empfang von Funkübertragungen zu verhindern,<br />
indem sie deren elektromagnetische<br />
Wellen überlagern. Die Funktionsweise beruht<br />
darauf, dass das Störsignal einen potenziellen<br />
Empfänger auf seiner Betriebsfrequenz<br />
mit einer höheren Feldstärke erreicht<br />
als das zu unterdrückende Nutzsignal. Die<br />
Zulässigkeit einer Inbetriebnahme von Störsendern<br />
ist jeweils von der landesspezifischen<br />
Rechtslage abhängig. In den meisten<br />
Ländern ist der Öffentlichkeit eine legale Nutzung<br />
nicht möglich. Der praktische Einsatz erstreckt<br />
sich vom Personenschutz (z.B. zur<br />
Absicherung von Fahrzeugkonvois gegen<br />
funkferngezündete Sprengsätze) über Abhörschutz<br />
(zur Überlagerung illegaler Funkübertragungen,<br />
Abhörsicherheit) bis zur selektiven<br />
Unterdrückung von Funkfrequenzen oder<br />
Frequenzbändern im taktischen Bereich. Neben<br />
der Nutzung als Sicherheitseinrichtung<br />
werden Störsender auch zur Beeinträchtigung<br />
der Verfügbarkeit von Sprach-, Datenund<br />
Videoübertragungen eingesetzt. Bei<br />
GSM-, UMTS-, WLAN- (bzw. VoWLAN) und<br />
DECT-Infrastrukturen (DECT=Digital Enhanced<br />
Cordless Telecommunications) sowie<br />
GPS- (Satellitenortungssystem), Bluetooth<br />
und Telemetrie-Anwendungen wurden bereits<br />
Fälle gezielter Denial-of-Service-Attacken<br />
(DoS) bekannt.“ (www.secupedia.info)<br />
erlei Auswirkung, die Kommunikation bleibt sichergestellt<br />
und stabil. Entsprechende Geräte<br />
sind bereits verfügbar, das Konzept präsentationsreif.<br />
Es fehlen die richtigen Ansprechpartner.<br />
Viel schlimmer ist, dass die potenziellen Ansprechpartner<br />
davon oft noch gar nicht wissen<br />
oder wissen wollen: „Was ich nicht weiß, macht<br />
mich nicht heiß.“ Doch die Bedrohung ist vorhanden,<br />
intensiver und näher, als manche glauben.<br />
➛<br />
Der Autor:<br />
Dipl.Ing.<br />
Elektrotechnik<br />
Ulrich Skubsch<br />
ist öffentlich<br />
bestellter<br />
Sachverständiger<br />
für elektronischeAlarmsysteme<br />
und<br />
Funkübertragung<br />
sowie Sicherheitsberater<br />
seit 1977.
30jähriges Jubiläum<br />
des E-3A-Verbands auf der<br />
NATO Air Base Geilenkirchen<br />
Open<br />
Day<br />
Der NATO E-3A Verband feierte am<br />
16.+17. Juni sein 30jähriges Jubiläum<br />
und öffnete für zwei Tage seine<br />
Tore für die Öffentlichkeit auf der Air Base<br />
Geilenkirchen. Konnten vor fünf Jahren noch<br />
100.000 Besucher zum 25jährigen Bestehen<br />
der Air Base kommen, durften diesmal<br />
wegen verschärfter Sicherheitsbestimmungen<br />
"nur" 20 000 pro Tag auf die sonst<br />
kaum zugängliche Air Base.<br />
Brigadegeneral Burkhard Pototzky, der<br />
Kommandeur der Air Base, wollte die Veranstaltung<br />
auch als es ein kleines Dankeschön an<br />
alle umliegenden Gemeinden verstehen. Seit<br />
dreißig Jahren besteht dieses verständnisvolle<br />
Miteinander, das sich kontinuierlich bewähren<br />
muss in Fragen zum Fluglärm, den Erfordernissen<br />
des militärischen Flugbetriebes und des<br />
Emmissionsschutzes. „Wir versuchen, konstruktiv<br />
in Zusammenarbeit mit der Zivilbevölkerung<br />
mit diesen Problemen umzugehen“, betonte<br />
der General. Immerhin lebt der Großteil<br />
der 3.000 Soldaten aus 16 Nationen im Umkreis<br />
von 50 Kilometern um die Air Base.<br />
Kampf- und Aufklärungsflugzeuge Hubschrauber<br />
sowie zivile Sportmaschinen lockten<br />
die Besucher nach Geilenkirchen-Teveren. Im<br />
Bereich des Vorfeldes konnte man neben einer<br />
Messerschmitt Me 262 auch einen Eurofighter<br />
auf dem Rollfeld bewundern, ein in der ehemaligen<br />
Sowjetunion entwickelter Jagdbomber mit<br />
polnischer Landesflagge stand neben einem<br />
F-4 Kampfflugzeug der Luftwaffe. Aber auch<br />
Transportmaschinen wie die C160 ‘Transall’<br />
oder die norwegische C130J ‘Hercules’ waren<br />
zu bewundern. Die längsten Schlangen gab es<br />
bei den AWACS-Maschinen, die von innen besichtigt<br />
werden konnten.<br />
Die 17 auf dem Flugplatz vertretenen NATO-<br />
Mitgliedstaaten präsentierten auf dem Vorfeld<br />
und in zwei Hangars ein abwechslungsreiches<br />
Programm mit mehr als 20 Musik- und Tanzgruppen<br />
und für das leibliche Wohl sorgte die<br />
„Nations Corner“ (landestypische Speisen und<br />
Getränke aus verschiedenen NATO-Ländern).<br />
Am Abend heizte dann die Hermes House Band<br />
zur Hangar-Party bis in die Morgenstunden den<br />
6.000 Besuchern ein. Ein Feuerwerk am Nachthimmel<br />
rundete das gelungene Jubiläum ab.<br />
1978 beschloss die NATO die Aufstellung<br />
einer Frühwarnflotte (NAEW&CF/ NATO Airborne<br />
Early Warning & Control Force) und die Einrichtung<br />
des NATO E-3A-Verbandes mit seinem<br />
Haupteinsatzflugplatz in Geilenkirchen. Am 24.<br />
Februar 1982 landete die erste E-3A AWACS-Maschine<br />
auf dem NATO-Flugplatz Geilenkirchen.<br />
Diese Landung läutete eine neue Ära im Bereich<br />
der Luftraumüberwachung ein.<br />
Die NAEW&C-Flotte besteht derzeit aus zwei<br />
operationellen Einsatzverbänden: dem multinationalen<br />
NATO E-3A-Verband in Geilenkirchen<br />
(Bundesrepublik Deutschland), dem 17 Boeing<br />
NATO E-3A-AWACS (luftgestütztes Frühwarn- und<br />
Leitsystem) -Luftfahrzeuge für den Einsatz zur<br />
Verfügung stehen, und der britischen E-3D Component<br />
mit 7 E-3D-AWACS-Luftfahrzeugen in<br />
Waddington (Großbritannien), deren Besatzungen<br />
ausschließlich aus Personal der Royal Air<br />
Force bestehen.<br />
Während am AWACS-Programm der NATO<br />
18 Nationen beteiligt sind (Belgien, Dänemark,<br />
Deutschland, Griechenland, Großbritannien, Italien,<br />
Kanada, Luxemburg, die Niederlande, Norwegen,<br />
Polen, Portugal, Rumänien, Spanien,<br />
die Tschechische Republik, die Türkei, Ungarn<br />
und die Vereinigten Staaten), wird das Militärpersonal<br />
des NATO E-3A-Verbands von 16 Nationen<br />
gestellt (Großbritannien betreibt sein eigenes<br />
E-3-System und Luxemburg stellt kein Militärpersonal).<br />
Die NATO E-3A-Luftfahrzeuge werden<br />
von ihrem Haupteinsatzflugplatz (Main<br />
Operating Base) in Geilenkirchen aus eingesetzt.<br />
Hinzu kommen vier vorgeschobene Einsatzflugplätze<br />
(Forward Operating Bases/Location).<br />
Diese befinden sich in Trapani (Italien),<br />
Aktion (Griechenland), Konya (Türkei) und Oerland<br />
(Norwegen).<br />
Der E-3A-Verband ist der erste multinationale<br />
fliegende Verband der NATO und damit einzigartig<br />
in der Militärgeschichte. Der Auftrag des<br />
E-3A-Verbands umfasst das gesamte Spektrum<br />
der taktischen Gefechtsführung zur Unterstützung<br />
wirkungsorientierter Operationen in der<br />
ganzen Welt im Auftrag der zuständigen NATO-<br />
Befehlshaber. Seit Januar 2011 sind die NATO-<br />
Besatzungen mit ihren AWACS Maschinen täglich<br />
im Einsatz über Afghanistan im Rahmen des<br />
ISAF-Mandates (International <strong>Security</strong> Assistance<br />
Force). Darüber hinaus unterstützen sie<br />
die NATO bei der Seeraumüberwachung im Mittelmeer<br />
bei der Operation ‘ACTIVE ENDEA-<br />
VOUR’. (zi) ➛<br />
PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong> 41
Dr. Gernot Wittling<br />
Das THW-<br />
Informationszentrum<br />
in Berlin<br />
So lautete der Titel eines im Jahre 1961 veröffentlichten Buches des PR-Fachmannes<br />
Georg-Volkmar Graf Zedtwitz von Arnim. Diesem in unserer heutigen<br />
Informationsgesellschaft geradezu zur Pflicht gewordenem Axiom folgend,<br />
stellte die Bundesanstalt Technisches Hilfswerk im Jahre 2007 das THW- Informationszentrum<br />
in Dienst. Beheimatet in der Dienststelle des Landesbeauftragten<br />
für Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt in Berlin, Soorstraße 84, erfüllt es die<br />
Aufgaben eines kommunikativen Hauptstadtbüros und führt hauptstadtbezogene<br />
Maßnahmen aller Art in den Bereichen Besucherdienst, Veranstaltungsorganisationund<br />
durchführung sowie Kontaktpflege auf Veranlassung der THW-Leitung und des<br />
Bundesministeriums des Innern durch.<br />
Warum fiel die Entscheidung für die Wahl<br />
des Standortes auf Berlin, schließlich hat die<br />
THW - Leitung selbst ihren Sitz nach wie vor in<br />
Bonn? Die Erklärung liefern die Entwicklungen,<br />
wie sie sich, ausgehend von den friedlichen Revolutionen<br />
des Jahres 1989 und dem nachfol-<br />
42 PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong><br />
„Tu Gutes<br />
und rede<br />
darüber“<br />
genden Ende des Ost - West - Gegensatzes, ab<br />
den frühen 1990er Jahren in Deutschland, Europa<br />
und der Welt vollzogen.<br />
Bereits seit dem Fall der Mauer - und mehr<br />
noch dem Umzug von Parlament und Regierung<br />
von Bonn nach Berlin - konnte in Berlin ein sig-<br />
Carole L . Cameron, Direktorin für Internationale<br />
Beziehungen der FEMA, und David Kaufman,<br />
Politischer Direktor folgen interessiert<br />
den Erläuterungen der ehrenamtlichen Helfer<br />
nifikanter Anstieg der Zahl von Gästen und Besuchern<br />
beobachtet werden, die sich für die Arbeit<br />
der Katastrophenschutzorganisation des<br />
Bundes interessierten. Zusammen mit der<br />
Hauptstadtfunktion Berlins waren es jedoch<br />
noch andere Faktoren, welche nicht nur zu einer<br />
massiven Steigerung des auf das THW gerichteten<br />
öffentlichen Interesses, sondern auch zur<br />
Notwendigkeit der Schaffung eines in der Bundeshauptstadt<br />
angesiedelten Informationszentrums<br />
führten.
So sehen sich die für den Schutz der Bevölkerung<br />
Verantwortlichen in der Bundesrepublik<br />
Deutschland und weltweit seit dem Ende<br />
der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts vor eine<br />
Vielzahl neuer Herausforderungen gestellt.<br />
Terrorismus in einer neuen Qualität und militärische<br />
Konflikte asymmetrischen Charakters<br />
auf der einen, Katastrophen in wachsenden Dimensionen<br />
und immer kürzeren Abständen auf<br />
der anderen Seite, haben die Vulnerabilität unserer<br />
hoch technisierten und global vernetzten<br />
Welt auf dramatische Art und Weise verdeutlicht.<br />
Im Rahmen eines integrierten Hilfeleistungssystems<br />
stellt sich das THW aktiv den<br />
hieraus erwachsenden Anforderungen an ein<br />
komplexes Gefahrenmanagement, einschließlich<br />
einer verstärkten nationalen und internationalen,<br />
interdisziplinären Kooperation im Rahmen<br />
der Gefahrenabwehr.<br />
Zur Befriedigung des in diesem Zusammenhang<br />
permanent steigenden Interesses am<br />
THW bieten sich in der Bundeshauptstadt mit ihrer<br />
Konzentration von politischen Institutionen,<br />
Verbänden, Medien und Unternehmen hervorragende<br />
Möglichkeiten. So lag es nahe, die<br />
wichtige Stabsaufgabe eines Informationszentrums<br />
der Dienststelle des Landesbeauftragten<br />
in Berlin zu übertragen. Im Jahre 2004 wurde<br />
mit der Einrichtung begonnen. Drei Jahre darauf<br />
folgte die feierliche Einweihung. Zum Informationszentrum<br />
gehört ein klimatisierter, mit<br />
hochmoderner Präsentations-, Kommunikations-<br />
und Konferenztechnik ausgestatteter Tagungsraum<br />
für bis zu 80 Personen.<br />
Im Mittelpunkt der Arbeit des Informationszentrums<br />
steht ein breites Spektrum an Zielgruppen.<br />
Dieses umfasst zum einen politische<br />
Mandatsträger aller Ebenen, Entscheidungsträger<br />
aus Politik, Wirtschaft, Verwaltung und gesellschaftlichen<br />
Institutionen sowie Repräsentanten<br />
ausländischer Vertretungen in Deutschland.<br />
Hinzu kommen in- und ausländische Fachleute<br />
aus dem Bereich des Zivil- und<br />
Katastrophenschutzes, Angehörige von Partnerorganisationen,<br />
Bundespolizei, Bundeswehr<br />
sowie Presse- und Medienvertreter. Schließlich<br />
zählen auch Wirtschaftsverbände, Verbände mit<br />
Bezug zum THW bzw. zur Thematik Innere Sicherheit,<br />
Hochschulen und Wissenschaftsinstitutionen,<br />
Teilnehmer der durch die MdB - Wahlkreisbüros<br />
oder von der THW - Bundesvereinigung<br />
angebotenen Berlin - Reisen und am THW<br />
und interessierte Bürgerinnen und Bürger zu<br />
diesem Kreis.<br />
Entscheider aus dem In- und Ausland beeindruckt<br />
von der Arbeit des THW<br />
Die Aktivitäten beschränken sich hierbei keineswegs<br />
nur auf die Räumlichkeiten der Dienststelle.<br />
Auch Veranstaltungen , wie etwa der Auftritt<br />
des THW beim Bundesministerium des Innern<br />
während des Tages der offenen Tür der<br />
Bundesregierung oder „THW und MdB“ am und<br />
im Reichstag werden vorbereitet und aktiv be-<br />
Verstanstaltung „MdB und THW“: (v.l.n.r.) Michael Becker, THW-Bundesjugendleiter, THW-Präsident<br />
Albrecht Broemme, Stephan Mayer, Präsident der THW-Bundesvereinigung, Gerd Friedsam,<br />
heutiger THW-Vizepräsident, Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich, Rainer Schwierczinski,<br />
THW-Vizepräsident, Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner, Thomas Vogel, THW – Helfer<br />
im Ortsverband Berlin - Friedrichshain – Kreuzberg, Nicolas Hefner, THW – Pressesprecher<br />
Landesbeauftragter Manfred Metzger im Gespräch mit Direktor Willi Scholl (BABS Schweiz), Präsident<br />
Christoph Unger und Vizepräsident Ralph Tiesler (beide BBK),<br />
gleitet. Über die Information von MdB-Besuchergruppen<br />
und hochrangigen Fachbesuchern<br />
hinaus wird das Zentrum auch für Berlin-Seminare<br />
der THW - Bundesvereinigung sowie Konferenzen<br />
und Beratungen aller Organisationsebenen<br />
des THW und anderer Behörden genutzt.<br />
Neben den hauptstadtbezogenen Aufgaben<br />
gehören außerdem diejenigen der internen und<br />
externen Kommunikation des Landesverbandes<br />
Berlin, Brandenburg, Sachsen - Anhalt zum Aufgabenbereich.<br />
Eine weitere Hauptaufgabe der<br />
Öffentlichkeitsarbeit konzentriert sich vor allem<br />
auf externe Besucher. Vornehmlich durch einsatzerfahrene<br />
ehrenamtliche Helferinnen und<br />
Helfer als Referenten, wird ein modernes Image<br />
des THW vermittelt und dessen Bekannt-<br />
heitsgrad und öffentliche Akzeptanz gefördert.<br />
Bislang lag das Schwergewicht hierbei auf - in<br />
der Regel ca. fünfzig Personen umfassende -<br />
Gruppen aus den Wahlkreisen von Abgeordneten<br />
des Deutschen Bundestages (MdB). Organisiert<br />
werden derartige Reisen vom Bundespresseamt.<br />
Jeder dieser Besucher ist zugleich<br />
ein Multiplikator, der die Ideen des THW als zu<br />
neunundneunzig Prozent von ehrenamtlicher<br />
Tätigkeit getragener Katastrophenschutzbehörde<br />
transportiert und verbreitet, was gerade unter<br />
den - hohe Anforderungen an die Nachwuchsgewinnung<br />
stellenden - Bedingungen des<br />
demographischen Wandels und der Aussetzung<br />
der Wehrpflicht von kaum zu unterschätzender<br />
Bedeutung ist. Neben der Tatsache, dass diese<br />
PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong> 43
Eine Hauptaufgabe der Öffentlichkeitsarbeit konzentriert sich vor allem auf externe Besucher.<br />
Besuchergruppen, bedingt durch die THW -<br />
Einsätze im Rahmen von Naturkatastrophen im<br />
In - und Ausland seit 2010 (z.B. Hochwasser an<br />
Oder, Schwarzer Elster und Weichsel) ein vermehrtes<br />
Interesse für das THW entwickelten,<br />
gelang es speziell seit 2011 auch im wachsenden<br />
Maße, Funktionseliten und Entscheidungsträger<br />
aus dem In - und Ausland zu erreichen.<br />
Gerade ausländische Fachbesucher zeigen sich<br />
hierbei immer wieder fasziniert von der weltweit<br />
einmaligen, auf Ehrenamtlichkeit gegründeten<br />
Struktur des THW, wenn sie sich über dessen<br />
Stellung und Rolle im Bevölkerungsschutzsystem<br />
der Bundesrepublik Deutschland, Ausstattung,<br />
Anforderungswege sowie Potentiale<br />
und Einsatzmöglichkeiten im Auslandseinsatz<br />
informieren lassen. „Wir haben größten Respekt<br />
vor einem solchen langjährigen ehrenamtlichen<br />
Engagement“, sagte Jess Bratton,<br />
politischer Berater und bei der amerikanischen<br />
Federal Emergency Management Agency (FEMA)<br />
zuständig für Deutsch-Russische und Russische-US-Beziehungen<br />
zum Abschluss des Besuches<br />
einer hochrangigen FEMA - Delegation<br />
im Juni 2012. Besonderes geschätzt bei Besuchern<br />
aus den Wahlkreisen der MdB, hochrangigen<br />
Gästen und Fachbesuchern gleichermaßen<br />
ist dabei die durch den im gleichen Hause<br />
ansässigen THW - Ortsverband Berlin - Charlottenburg<br />
- Wilmersdorf gegebene Möglichkeit,<br />
sich über THW und Ehrenamt informieren und<br />
zugleich Technik und Ausstattung des THW vor<br />
Ort in Augenschein nehmen zu können.<br />
Insofern erwies sich die Entscheidung, das<br />
Informationszentrum nicht nur organisatorisch,<br />
sondern auch räumlich an die Dienststelle des<br />
Landesbeauftragten anzugliedern, als goldrich-<br />
44 PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong><br />
tig. Insgesamt fanden im Jahre 2011 annähernd<br />
4000 und bis Ende Juli 2012 bereits wieder circa<br />
2400 Gäste den Weg in das Informationszentrum.<br />
Die Entwicklung des Informationszentrums<br />
selbst ist, vor allem was dessen inhaltlich-konzeptionelle<br />
Ausrichtung anbetrifft, keineswegs<br />
abgeschlossen. Den weiter wachsenden Anforderungen<br />
an das THW entsprechend, unterliegt<br />
diese ebenfalls einer stetigen Fortschreibung.<br />
Gerade unter den weiter oben erläuterten<br />
Bedingungen neuer Herausforderungen ist eine<br />
noch festere Verankerung des THW im Bewusstsein<br />
von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft,<br />
besonders auch im Hinblick auf den Zusammenhang<br />
zwischen dessen Einsatzkraft und der<br />
Gewährleistung der für die ehrenamtliche Tätigkeit<br />
der Helferinnen und Helfer erforderlichen<br />
Akzeptanz, unbedingt erforderlich. Vorgesehen<br />
ist eine deutliche Erweiterung der Kontaktpflege<br />
, darunter der Akquise einer breiten Öffent-<br />
lichkeit über den Kreis der durch das Bundespressamt<br />
zu gewinnenden Gruppen hinaus.<br />
Weiterhin geplant sind etwa die Erstellung von<br />
Vortragsmodulen zum „Erlebnis THW“ mit persönlicher<br />
gehaltener Vortragsweise aus der Perspektive<br />
von THW - Helferinnen und Helfern und<br />
ein zielgruppenorientierter Einsatz der Referenten.<br />
Mittels einer neuen Veranstaltungsreihe<br />
sollen verstärkt Angehörige von Funktionseliten<br />
und Entscheidungsträger aus Politik, Wirtschaft,<br />
Verwaltung und Wissenschaft angesprochen<br />
werden.<br />
Mittels der in Kürze anstehenden Einrichtung<br />
eines eigenen Internetauftritts schließlich<br />
wird die angesichts des skizzierten Aufgabenspektrums<br />
dringend benötigte Erweiterung der<br />
Kommunikationskanäle des Informationszentrums<br />
realisiert werden. All dies zusammengenommen,<br />
ist das THW - Informationszentrum<br />
schon heute gut gerüstet, seinen Teil zur Erfüllung<br />
der anspruchsvollen Zukunftsaufgaben des<br />
THW zu leisten. ➛<br />
Der Autor: Dr. Gernot Wittling<br />
• Studium der Wirtschaftsgeschichte in Berlin<br />
• 1992 - 1997 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Geschichtswissenschaften<br />
der Humboldt- Universität zu Berlin<br />
• 1993 Promotion an der Humboldt - Universität zu Berlin<br />
• 1993 Visiting Fellow am St Antony’s College der Universität Oxford<br />
• 1994 - 2004 in herausgehobenen Funktionen der Kommunalpolitik<br />
ehrenamtlich auf dem Gebiet des Bevölkerungsschutzes tätig<br />
• 2000 - 2012 THW - Geschäftsführer, Geschäftsführerbereich<br />
Frankfurt (Oder)<br />
• Seit 1.Juni 2012 Leiter des THW - Informationszentrums<br />
• Lehrbeauftragter am Institut für Geschichtswissenschaften der<br />
Humboldt - Universität zu Berlin<br />
•Mitglied im Arbeitskreis Militärgeschichte e.V.<br />
• Herausgeber, Autor bzw. Mitautor zahlreicher Veröffentlichungen auf den Gebieten von Bevölkerungsschutz,<br />
öffentlicher Sicherheit und Geschichtswissenschaft
Innovative Ideen –<br />
Neue Projekte<br />
Projekte für Behörden und Organisationen<br />
mit Sicherheitsaufgaben<br />
Vor etwa 40 Unternehmerinnen und<br />
Unternehmern konnte der Projektleiter<br />
von SecuCity.EU - Volker Berwald<br />
- ein eindrucksvolles Leistungsangebot<br />
seines von den Firmen ERVO GmbH und<br />
Green Defense@ KRS GmbH getragenen Projekts<br />
darstellen. Alle Teilnehmer gehörten<br />
zum Kreis der Gesellschaft der sicherheitsund<br />
wehrtechnischen Wirtschaft e.V. aus<br />
Düsseldorf (GSW-NRW e. V.).<br />
Die GSW-NRW e.V. führte am 30.08.2012<br />
in den Räumen des Deutschen Verbandes der<br />
Gebrauchshundsportvereine in Hemer eines<br />
ihrer quartalsweise angesetzten Mitgliedertreffen<br />
durch. Dieses Treffen stand unter dem<br />
Thema „Innovative Ideen – Neue Projekte“. Das<br />
Kooperationsprojekt SecuCity.EU präsentiert<br />
sich bei dieser Veranstaltung und teilnehmenden<br />
Partnerfirmen.<br />
"SecuCity.EU" ist ein Projekt der erfolgreichen<br />
Kooperation der ERVO GmbH und Green<br />
Defense @ KRS GmbH. Ziel dieses Projekts ist<br />
es, für Behörden und Organisationen mit<br />
Sicherheitsaufgaben (BOS) sowie für selektierte<br />
Kunden aus der Wirtschaft ein breites<br />
Dispositiv zum Erwerb von eigenen Fähigkeiten<br />
und Unterstützungsleistungen aus den Bereichen<br />
anzubieten:<br />
• Bevölkerungsschutz<br />
•Sicherheit (Staatlich, betrieblich oder/und<br />
gesellschaftlich/privat)<br />
• Katastrophenvorsorge und -bewältigung<br />
•Verteidigung<br />
Projektleiter von SecuCity.EU, Volker Berwald,<br />
legte besonderen Wert auf die Fest-<br />
stellung, dass es sich beim Projekt SecuCity.EU<br />
nicht um eine weitere „Wach- und<br />
Schließgesellschaft“ handele sondern um ein<br />
Team von hochqualifizierten Spezialisten und<br />
Trainern sowie Firmen mit technisch herausragenden<br />
Produkten.<br />
Wohnraum für Polizeischüler.<br />
Den wachsenden Bedarf an Unterkünften<br />
für „Polizeischüler“ zu decken, haben sich<br />
SecuCity.EU und der Deutsche Verband der<br />
Gebrauchshundsportvereine (DVG) zum Thema<br />
gemacht.<br />
Mit der zufälligen Bezeichnung „K14“<br />
haben beide Organisationen das ehemalige<br />
Verwaltungsgebäude des DVG in Lünen Brambauer<br />
zu 17 komfortablen Schlafmöglichkeiten<br />
mit Küchen und Gemeinschaftsräumen entwickelt.<br />
Dieses Angebot traf auf so rege Nachfrage,<br />
dass sich die Beteiligten von<br />
SecuCity.EU entschlossen haben, dieses<br />
Vorhaben auszudehnen: In nächster Zukunft<br />
sollen noch weitere Objekte dieser Art entstehen.<br />
Im einem ehemaligen Wohnhaus entsteht<br />
nun mit angestrebten 22 Schlafplätzen und<br />
den dazugehörigen Gemeinschaftsräuen das<br />
nächste Projekt mit dem Namen K15. Es soll<br />
bis Ende 2012 fertiggestellt sein. Einige<br />
Mietverträge sind auch für dieses Projekt<br />
schon geschlossen. (zi/hwr) ➛<br />
PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong> 45
von Dr. Bernhard Schulz<br />
Teil 2:<br />
Neue<br />
Entwicklungen<br />
beim Einsatz von<br />
Drohnen<br />
Drohnen gehören im militärischen und zivilen Bereich zu den am stärksten sich<br />
entwickelnden Märkten mit immer neuen Anwendungsgebieten und interessanten<br />
Entwicklungen..<br />
Aufklärungs- und Kampfdrohnen werden<br />
weltweit massiv forciert<br />
Der militärische Einsatz von Aufklärungsund<br />
Kampfdrohnen gehört derzeit zu den dynamischsten<br />
Entwicklungen weltweit.<br />
•Der US-Kongress bewilligte Anfang 2012 den<br />
Einsatz von bis zu 30.000 Aufklärungsdrohnen<br />
bis zum Jahre 2020. Die US-Heimatschutzbehörde<br />
will hiermit u.a. Bewegungen<br />
im öffentlichen Raum verfolgen.<br />
• Russland will bis 2020 rund 10 Mrd. Euro in<br />
den Bau von Aufklärungs- und Kampfdrohnen<br />
investieren.<br />
• Die NATO-Staaten sind derzeit dabei ihre<br />
Drohnenflotte massiv auszuweiten.<br />
Aktuell hat der CIA und das US-Militär über<br />
800 Drohnen im Einsatz. Die US-Luftwaffe trainiert<br />
mittlerweile mehr Piloten für die unbemannten<br />
Flieger als für die Kampfjets.<br />
Anfang 2012 verfügte die Bundeswehr über<br />
330 Drohnen in verschiedenen Gewichtsklassen,<br />
davon waren rund 70 Drohnen in Afghanistan<br />
im Einsatz. In Deutschland besteht vor allem<br />
bei den Langstreckendrohnen und Kampfdrohnen<br />
ein Nachholbedarf.<br />
Für die Aufklärung wurden Heron-Aufklärungsdrohnen<br />
von Israel geleast und der<br />
Langstreckenaufklärer „Euro Hawk“ bestellt. Allerdings<br />
verzögert sich beim Euro Hawk die Auslieferung<br />
um 1 Jahr.<br />
46 PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong><br />
Everybodys<br />
Darling<br />
Ein ganz heißes Eisen ist derzeit die Entwicklung<br />
und der Einsatz von Kampfdrohnen.<br />
Präsident Obama setzt diese mit großem Erfolg<br />
im Kampf gegen Terroristen ein, wobei hiermit<br />
inzwischen über 2300 Qaida-Kämpfer getötet<br />
wurden.<br />
Ganz oben auf der Wunschliste vieler Staaten<br />
steht daher die Beschaffung von Kampfdrohnen:<br />
• Deutschland und Frankreich unterzeichneten<br />
im Juni 2012 in Paris eine Absichtserklärung,<br />
um eine eigene Kampfdrohne zu entwickeln.<br />
• Das Verteidigungsministerium holte aktuell<br />
ein Angebot für die Beschaffung der Reaper-<br />
Drohne (Nachfolger vom Predator) ein. Der<br />
Kaufentscheidung wird voraussichtlich im<br />
3. Quartal 2012 getroffen, wobei u.a. noch<br />
unklar ist, ob und wie die Drohne bewaffnet<br />
wird.<br />
• Russland entwickelt eine eigene Angriffsdrohne,<br />
die 2014 getestet werden soll.<br />
Bei den Aufklärungs- und Kampfdrohnen<br />
zeichnen sich verschiedene Entwicklungen ab:<br />
• Drohneneinsatz bei der kämpfenden<br />
Truppe: Das Pentagon bestellte im Oktober<br />
2011 für 4,9 Mio. $ die günstig herzustellende<br />
Mini-Aufklärungs- und Kampfdrohne<br />
Switchblade. Die 70 cm große und 3 kg<br />
schwere Drohne in der Größe eines Modellflugzeugs<br />
kann rund 40 Minuten fliegen und<br />
erreicht eine Geschwindigkeit von 130 bis<br />
170 km/h. Sie ist mit zwei Kameras sowie<br />
mit kleinen Sprengsätzen ausgestattet. Mit<br />
der Kamikaze-Drohne können Scharfschützen<br />
bzw. Angreifer bei einem Hinterhalt ausgeschaltet<br />
werden.<br />
• Bessere Tarnung und Minitarisierung<br />
von Spionagedrohnen: Israel entwickelt<br />
Drohnen in der Größe eines Schmetterlings.<br />
Forscher an der amerikanischen Luftwaffenbasis<br />
Wright-Patterson gaben Erkundungsdrohnen<br />
das Aussehen von Libellen oder Fledermäuse.<br />
• Autonome Flüge: Großbritannien plant mit<br />
der Drohne „Mantis“ zukünftig den Luftraum<br />
zu überwachen. Sie soll rund um die Uhr fliegen<br />
und die Flugroute selbständig berechnen.<br />
• Minitarisierung der Waffen: Zur Steigerung<br />
der Wirkungskraft von Kampfdrohnen<br />
gibt es in mehreren Ländern Programme kleinere<br />
und präzisere Raketen und Bomben einzusetzen.<br />
Hiermit könnten auch ältere bzw.<br />
kleinere Aufklärungsdrohnen ausgestattet<br />
werden.<br />
• Transport von Fracht: Ferngelenkte Hubschrauber<br />
können genutzt werden, um die<br />
kämpfende Truppe mit dringend benötigten<br />
Materialien zu versorgen.<br />
• Verlängerung der Flugzeit: Die Aufklärungs-<br />
und Überwachungsdrohnen sollen
eine immer längere Zeit in der Luft bleiben.<br />
Boeing entwickelt eine 45 m große Flugdrohne,<br />
die mit Flüssigwasserstoff betrieben wird<br />
und bis zu 4 Tage in der Luft bleiben kann. Im<br />
Juli 2010 flog das Solarflugzeug Zephyr 14<br />
Tage bis zu 21 km hoch. Es ist einsetzbar als<br />
Späh- und Kommunikationsplattform sowie<br />
für die Kartographie und Höhenforschung.<br />
Drohneneinsatz bei Polizei, Feuerwehr und<br />
Katastrophenschutz<br />
Der Einsatz von Aufklärungsdrohnen zur<br />
schnellen Ermittlung eines Lagebildes bei Unfällen<br />
und Katastrophen ist ein sich rasch entwickelndes<br />
Einsatzfeld. Die Flugdrohnen können<br />
mit Kameras (z.B. Video- bzw. Infrarotkameras)<br />
und Sensoren zur Aufklärung und Überwachung<br />
ausgestattet werden. Die Übertragung<br />
der Daten erfolgt dabei oftmals in Echtzeit.<br />
Für diese Flugdrohnen gibt es vielfältige Anwendungsgebiete:<br />
• Überwachung von größeren Demonstrationen,<br />
Menschenansammlungen bzw. des regulären<br />
Verkehrs oder Staus durch die Polizei<br />
• Suche nach Verdächtigen oder Vermissten<br />
(z.B. in der Dunkelheit mit Infrarotkameras)<br />
•Sicherung von Bahnanlagen (z.B. Schutz vor<br />
Kupferdiebstahl)<br />
• Überwachung von schwer zugänglichen Gebieten,<br />
im Grenzschutz (u.a. um illegale Einwanderer<br />
zu erkennen) bzw. gefährdeten Gebieten<br />
(z.B. Überwachung der Deiche)<br />
•Vermittlung eines Lagebildes bei größeren<br />
Bränden in einem Hafen bzw. bei Waldbränden<br />
• Analyse von Umweltschäden (z.B. Identifikation<br />
von Ölteppichen auf dem Meer, Analyse<br />
von Schadstoffwolken, Messung von Strahlung<br />
bei havarierten Atomkraftwerken)<br />
• Einsatz bei größeren Katastrophen, um<br />
schnell in Echtzeit einen aktuellen Überblick<br />
zu erhalten und die Lagebewertung der Einsatzkräfte<br />
zu verbessern. Ferner wird daran<br />
geforscht, dass Drohnen nach einer Katastrophe<br />
die Handy-Kommunikation gewährleisten.<br />
• Ein ferngesteuertes Modellflugzeug mit einer<br />
Spezialkamera wurde auch schon erfolgreich<br />
von Vogelschützern auf Malta zur Identifikation<br />
von illegalen Fanganlagen eingesetzt.<br />
Die Drohnen sind derzeit noch relativ teuer<br />
und haben eine Flugzeit von rund 15 bis 60 Minuten.<br />
Die aktuellen Weiterentwicklungen gehen in folgende<br />
Richtungen:<br />
• Entwicklung kostengünstiger Drohnen:<br />
Open Relief entwickelt derzeit eine Aufklärungsdrohne<br />
für Rettungseinsätze, die aus<br />
Open-Source-Komponenten und einem handelsüblichen<br />
Bausatz besteht. Sie sammelt<br />
Daten (z.B. Aufnahmen, Wetterdaten, Strahlungsdaten)<br />
in einem Katastrophengebiet<br />
und leitet diese an die Rettungskräfte weiter.<br />
Die Aufklärungsdrohne soll rund 20 bis 30 Mi-<br />
Drohnen finden heute in allen nur vorstellbaren Einsatzgebieten ihren Platz: Militärisch werden<br />
Aufklärungs- und Kampfdrohnen weltweit massiv forciert, Der Drohneneinsatz bei Polizei, Feuerwehr<br />
und Katastrophenschutz ist ein sich rasch entwickelndes Einsatzfeld aber auch beim kommerziellen<br />
Einsatz von Drohnen gibt es vielfältige Anwendungsgebiete.<br />
nuten fliegen und bis Ende 2012 serienreif<br />
sein.<br />
• Verlängerung der Flugzeit mittels leistungsstärkerer<br />
Akkus bzw. über die Zuführung<br />
von externer Energie<br />
• Einsatz von leistungsstarken Drohnen zum<br />
Transport von Hilfsgüter<br />
• Erste texanische Sheriffs überlegen schon,<br />
ob sie ihre Drohnen mit Waffen ausrüsten.<br />
• Fähigkeit selbständig autonom zu steuern<br />
und Hindernisse zu erkennen<br />
Kommerzieller Einsatz von Drohnen<br />
Der Einsatz von Flugdrohnen in der Wirtschaft<br />
entwickelt sich ebenfalls rasant. In zahlreichen<br />
Branchen gibt es vielfältige Anwendungsgebiete<br />
für Aufklärungs- bzw. Arbeitsdrohnen:<br />
• Die Verwendung von Videodrohnen in der<br />
Filmproduktion liefert oftmals bessere und<br />
günstigere Bilder als mit einem Hubschrauber<br />
oder Kamerakran.<br />
• Einsatz von Foto- bzw. Videodrohnen durch<br />
Makler bzw. Fotografen, um bspw. ein Anwesen<br />
vorteilhaft zu präsentieren bzw. Luftaufnahmen<br />
von Gebäuden, Landschaften, Konzerten<br />
oder Sportereignissen zu erstellen.<br />
• Inspektion von Öl- und Gaspipelines, Hochspannungsleitungen,<br />
Photovoltaikanlagen,<br />
Brücken, Windparks oder Gebäudefassaden<br />
• Das Deutsche Institut für Raumfahrt, die TU<br />
München und der Maschinenhersteller Claas<br />
forschen am Einsatz von Flugdrohnen in der<br />
Landwirtschaft. Sie sollen dabei vor der<br />
Ernte die Felder absuchen, um so den Tod von<br />
Kitzen durch Mähdrescher zu reduzieren.<br />
• Das Logistikunternehmen FedEx prüft den<br />
Einsatz von Drohnen als Frachtflieger.<br />
• In Gegenden mit einer unterentwickelten Infrastruktur,<br />
in entlegenen Gebieten bzw. auf<br />
Inseln könnten Medikamente, Ersatzteile, eilige<br />
Lieferungen, etc. transportiert werden.<br />
• Erste Drohnen konstruierten in kleinerem Maßstab<br />
meterhohe Türme. Leistungsfähigere<br />
Drohnen könnten auch ganze Häuser bauen.<br />
PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong> 47
Die Bundeswehr setzt die unbewaffnete Aufklärungsdrohne Heron 1 in Afghanistan ein, Verteidigungsminister<br />
Thomas de Maizière möchte die Drohnen nun auch bewaffnen.<br />
Der große Vorteil ist, dass die Drohnen überall<br />
dort einsetzbar sind, wo die Nutzung normaler<br />
Hubschrauber zu teuer bzw. zu gefährlich<br />
ist. Sie sind zudem schneller und flexibler einsetzbar.<br />
Im privaten Bereich werden ferngesteuerte<br />
Quadrocopter bzw. Hubschrauber mit Kameras<br />
auch immer beliebter:<br />
• Die im Mai 2012 in Deutschland auf dem<br />
Markt gekommene Parrot AR.Drone 2.0 hat<br />
eine HD-Kamera an Bord mit der man seine<br />
Bilder bzw. Videos sofort mit anderen teilen<br />
bzw. auch auf Youtube hochladen kann.<br />
• Ferngesteuerte Mini Hubschrauber mit eingebauter<br />
Kamera und SD-Karte kosten dabei<br />
nur noch 50-100 Euro.<br />
Im Internet erschien das erste Video einer<br />
Drohnen-Band. Mehrere Mini Quadrocopter<br />
spielten auf verschiedenen Musikinstrumenten<br />
(Schlagzeug, Keyboard, Gitarre) eine James-<br />
Bond-Titelmelodie.<br />
Neue Risiken und Abstimmungsbedarf<br />
beim Einsatz von Drohnen<br />
Im Zusammenhang mit dem zunehmenden<br />
Einsatz von Flugdrohnen entstehen neue Risiken,<br />
die diskutiert und abgestimmt werden<br />
müssen:<br />
• Abstürze von Drohnen: In den vergangenen<br />
5 Jahren verlor Deutschland rund 5 % der<br />
Drohnen durch Abstürze.<br />
• Feindliche Übernahme: Die feindliche<br />
Übernahme von Flugdrohnen mit gefälschten<br />
GPS-Signalen durch externe Staaten bzw. Terroristen<br />
ist eine neue Gefahrenquelle.<br />
– Nach eigenem Bekunden gelang es dem<br />
Iran im Dezember 2011 eine US-Aufklärungsdrohne<br />
mit einem Cyberangriff (gefälschte<br />
GPS-Signale) zu übernehmen und<br />
sicher zu landen. Diese High-Tech-Drohne<br />
will der Iran nun 1:1 nachbauen.<br />
– Im Juni 2012 konnten Studenten an der<br />
Universität von Texas mit einem Aufwand<br />
48 PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong><br />
von unter 1000 $ eine zivile Drohne mittels<br />
gefälschter (unverschlüsselter) GPS-Signale<br />
auf einen neuen Kurs bringen.<br />
• Virenbefall: Seit mehreren Monaten<br />
bekämpft das US-Militär einen hartnäckigen<br />
Virenbefall, der einen Teil ihrer militärischen<br />
Drohnen heimsuchte.<br />
• Autonomer Flug: Die derzeitigen Drohnen<br />
fliegen in der Regel ferngesteuert bzw. auf einen<br />
vorher programmierten Kurs. In der nahen<br />
Zukunft gibt es jedoch Flugdrohnen, die<br />
autonom ihren Flugkurs berechnen. Hier besteht<br />
ein Abstimmungsbedarf mit der normalen<br />
Luftfahrt.<br />
• Umfang der Datensammlung: Bei den Aufklärungsdrohnen<br />
fallen umfangreiche Informationen<br />
an. Regelungsbedarf besteht hier<br />
in welchem Umfang Daten gesammelt und<br />
gespeichert werden dürfen.<br />
Es ist davon auszugehen, dass die Minidrohnen<br />
immer günstiger, leistungsfähiger und<br />
verfügbarer werden. Dies birgt das Risiko, dass<br />
diese Technologie in die falsche Hände (Terroristen,<br />
Verbrechersyndikate, Stalker, Paparazzi,<br />
...) gerät und die Privatsphäre ausgespäht wird.<br />
Was ist in der nahen Zukunft noch zu erwarten<br />
?<br />
Es gibt zwei wesentliche Schlüsseltechnologien,<br />
wo in naher Zukunft entscheidende Fortschritte<br />
zu erwarten sind und die den ganzen<br />
Drohneneinsatz enorm forcieren werden:<br />
a) autonomer Flug und Interaktion zwischen<br />
den Drohnen bzw. mit der Umgebung<br />
Das Ziel der Forschung ist hier u.a., dass<br />
Drohnen autonom fliegen, Gefahren selbständig<br />
erkennen und Hindernissen ausweichen.<br />
In Forschungseinrichtungen stimmen sich<br />
Drohnen mittlerweile untereinander ab und fliegen<br />
Kunstflugfiguren in Formation. Ebenso erfassen<br />
Drohnen auch externe Informationen<br />
und richten daran den Flug aus. So spielen Qua-<br />
drocopter an der ETH Zürich bspw. miteinander<br />
Ball.<br />
b) Bereitstellung von mehr Energie – leistungsfähigere<br />
Akkus<br />
Eine weitere Schlüsseltechnologie ist die<br />
Bereitstellung von mehr Energie zur Erhöhung<br />
der Leistungsfähigkeit und Flugdauer. Die Forschungen<br />
und Entwicklungen sind dabei vielfältig:<br />
• Schnellere Energieaufnahme: Die normalen<br />
Lithium-Akkus benötigten einige Zeit bis<br />
sie wieder aufgeladen sind. In der Forschung<br />
wurden spezielle Lithium-Akkus entwickelt,<br />
die eine Energieaufnahme innerhalb weniger<br />
Sekunden ermöglichen.<br />
• Externe Energiezufuhr:<br />
– In den USA stellte im November 2010 ein<br />
akkubetriebener Quadrocopter von Ascending<br />
Technologies einen neuen Flugzeit-<br />
Weltrekord auf, wobei der Flug nach über<br />
12 Stunden abgebrochen wurde. Der Quadrocopter<br />
bezog die Energie aus dem eigenen<br />
Akku sowie einem Bodenlaser, der eine<br />
unter der Drohne angebrachte Solarzelle<br />
mit Energie versorgte. Aktuell fliegen die<br />
mit Bodenlaser betriebenen Flugdrohnen<br />
auch schon mehrere Tage in einem Windkanal.<br />
– Sehr interessant ist ebenfalls die Nutzung<br />
von Solarenergie.<br />
• Erhöhung der Akku-Leistungsfähigkeit:<br />
Viele Universitäten forschen weltweit intensiv<br />
an der Steigerung der Energiedichte der Akkus.<br />
Hier ist zu erwarten, dass in den nächsten<br />
Jahren leistungsfähigere Akkus auf den<br />
Markt kommen.<br />
Für den militärischen Gebrauch wurden inzwischen<br />
auch Wasserstoff-Brennstoffzellen<br />
entwickelt, die eine Flugzeit von mehreren<br />
Stunden ermöglichen.<br />
Der Einsatz von leistungsfähigeren Akkus<br />
wird zu einem zusätzlichen Wachstumsschub<br />
bei der Verbreitung von Drohnen im zivilen Bereich<br />
führen. ➛<br />
Der Autor:<br />
Dr. Bernhard Schulz ist Inhaber und Geschäftsführer<br />
von Dr. Schulz Infomarketing<br />
e.K. und betreibt u. a. die Webseite<br />
www.quadrocopter-drohnenshop.de.<br />
Nach dem<br />
BWL-Studium<br />
und der<br />
Promotion<br />
war er bei<br />
der Quelle<br />
GmbH als<br />
Leiter Aktiver<br />
Verkauf<br />
& CRM<br />
tätig.
TOP-Thema:<br />
Die Lithiuminitiative<br />
Neue Verfahren der Lithiumgewinnung<br />
aus Salzseen<br />
Strom aus Wasserkraft mit neuem Konzept<br />
Erneuerbare Energien in der Systemintegration
Die Lithium-<br />
Init iative<br />
Ist Lithium, das "Öl von morgen" wie es genannt wird, der Rohstoff der Zukunft?<br />
Der Lithiumbedarf ist in den letzten Jahren stark gestiegen und wird<br />
auch in der kommenden Zeit weltweit weiter steigen. Lithium ist wichtiger<br />
Bestandteil von Mobiltelefonen und Flachbildschirmen und wird künftig auch in<br />
Elektrofahrzeugen Verwendung finden, denn damit können leistungsfähige Batterien<br />
gebaut werden. Es herrscht eine weltweite Aufbruchstimmung in der Automobilbranche.<br />
Um dem derzeitigen "Lithium-Fieber" der Industrie zu begegnen, entwickeln<br />
Freiberger Wissenschaftler neue Verfahren, wie das seltene Metall in<br />
Bolivien aber auch im Erzgebirge gewonnen werden kann. Die TU Bergakademie<br />
verfügt als Ressourcenuniversität über eine einmalige Infrastruktur, um alle Schritte<br />
- von der Erkundung über die Aufbereitung bis zur Gewinnung des Lithiums - zu erforschen.<br />
Freiberger Chemiker um Professor Voigt haben 2009 mit der Universität von<br />
Potosi in Bolivien ein gemeinsames Forschungsprogramm gestartet, um effektive<br />
Methoden der Gewinnung von Lithiumsalz aus Salzseen zu entwickeln. Mit Professor<br />
Voigt sprach unser wissenschaftliche Mitarbeiter Dirk Denkel.<br />
PubSec: Herr Professor Voigt, warum sucht<br />
man auf der ganzen Welt nach Lithium-Vorkommen?<br />
Voigt: Lithium ist keine Seltene Erde, wie viele<br />
annehmen, es ist ein Element, was halt nicht so<br />
häufig vorkommt. Ungefähr so wie Kobalt oder<br />
Blei, nur nicht so konzentriert. Es kommt immer<br />
50 ENERGIE & ROHSTOFFE 2-2012 / 1-<strong>2013</strong><br />
verdünnt vor, das ist der Unterschied. Aber verteilt<br />
über die ganze Erde ist es gar nicht so selten.<br />
PubSec: Aber warum hat dann die Industrie<br />
Angst, nicht genügend von dem Rohstoff zu<br />
bekommen?<br />
Voigt: Nun, die Angst ist schon seit etwa zwei<br />
Jahren vorbei! Inzwischen hat man jedoch zum<br />
einen sehr viel neue Funde gemacht und zum<br />
anderen bekannte Vorkommen wieder reaktiviert.<br />
Zurzeit laufen weltweit um die 60 verschiedene<br />
Explorations- und Ausbeutungsprojekte,<br />
davon werden natürlich nicht alle in Produktion<br />
gehen, aber es gibt keinerlei Mangel an<br />
Lithium.<br />
PubSec: Auch nicht bei der zu erwartenden<br />
Entwicklung seitens der Industrie?<br />
Voigt: Es ist nur eine Frage der Geschwindigkeit<br />
zwischen Nachfrage und Angebot, wie damals<br />
bei dem Hype auf Silizium, korrekter gesagt Solarsilizium<br />
- aber das pegelt sich ein. Es ist letztendlich<br />
nur eine Frage des Preises. Der Preis für<br />
Lithiumkarbonat sollte pro Tonne nicht unter<br />
4.000 Dollar sinken, sollte aber auch nicht über<br />
8.000 Dollar gehen.<br />
PubSec: Wo liegt er denn zurzeit?<br />
Voigt: So um die 6.000 Dollar
Interview mit<br />
Prof. Dr. rer. nat. habil.<br />
Wolfgang Voigt<br />
Mit mehr als 10.000<br />
Quadratkilometern ist<br />
der Salar de Uyuni der<br />
größte Salzsee der<br />
Welt. Freiberger<br />
Wissenschaftler<br />
wendeten dort neue<br />
Verfahren zur Lithiumgewinnung<br />
aus<br />
Salzseen an.<br />
PubSec: Nun ist es Ihnen ja gelungen, ein<br />
neues Verfahren zur Gewinnung von Lithium<br />
aus Salzseen in Bolivien zu entwickeln.<br />
Würden Sie dies bitte unseren Lesern kurz<br />
beschreiben?<br />
Voigt: Dazu muss ich aber zunächst ausführen,<br />
welche Schritte man machen muss, um Lithium<br />
aus Salzseen zu gewinnen. Das Lithium ist in<br />
diesen Salzseen als die am leichtesten lösliche<br />
Komponente enthalten. Diese Salzseen enthalten<br />
aber andere Salz-Komponenten wie normales<br />
Speisesalz, fast gesättigt, dann Magnesium,<br />
in chloridischer Form, Sulfate, teilweise<br />
auch Kalisalze, die man direkt dort gewinnt.<br />
Die Salze müssen zuerst einmal alle abgeschieden<br />
werden. Das macht man üblicherweise<br />
durch einen Verdunstungsprozess unter solarer<br />
Eindampfung. Wasser verdampft in großen<br />
Becken, wobei auch der Wind eine Rolle spielt.<br />
Dabei scheiden sich die Salze ab und das Lithiumsalz<br />
wird in gelöster Form dabei aufkonzentriert.<br />
Das ist eine wichtige Phase, wenn man<br />
die nicht richtig macht, hat man hohe Verluste<br />
an Lithium. Dieses Verfahren erfordert aber<br />
auch, dass klimatisch gesehen nur Sonnenschein<br />
und kein Niederschlag auftreten. Das ist<br />
nicht in allen Regionen der Fall. Der zweite<br />
Schritt ist dann, diese konzentrierte Lösung,<br />
die aber insbesondere noch Magnesiumsalze<br />
enthält, chemisch aufzubereiten und daraus Lithiumcarbonat<br />
als Ausgangsstoff z. B. für Batterien<br />
zu gewinnen.<br />
PubSec: Kann man Lithium nicht auch aus<br />
dem Toten Meer gewinnen?<br />
Voigt: Nein, dort ist kaum Lithium enthalten. In<br />
der Endstufe nach der Eindampfung am Toten<br />
Meer sind das in etwa 17 ppm (Milligramm) – also<br />
ganz wenig – ein solches Projekt würde niemand<br />
in Angriff nehmen. Zurück zu Bolivien: Wir<br />
haben also in beiden wesentlichen Schritten<br />
neue Vorschläge entwickelt, einmal für den Verdampfungsschritt,<br />
die Eindampfkegel, die ursprünglich<br />
für die bolivianischen Verhältnisse<br />
konzipiert waren. Wir haben dabei vor allem an<br />
Arbeiter aus der Umgebung gedacht, die so an<br />
der Wertstoffgewinnung teilhaben könnten..<br />
Das Projekt war dezentral angelegt, so dass eine<br />
kleine Produktion aufgezogen werden kann.<br />
Die Kegel sind billig, damit sie sich im Prinzip jeder<br />
anschaffen kann. Diese Lösung kann dann<br />
an einen potenziellen Produzenten verkauft werden,<br />
der damit das Endprodukt herstellt. Dann<br />
folgt in einem zweiten Schritt, und das ist das<br />
Entscheidende, die Abtrennung des Lithiums<br />
vom Magnesium. Das ist der eigentlich schwierige<br />
Schritt. Wir haben zudem einen Verfahrensvorschlag<br />
gemacht, der von der Grundidee<br />
her, an ein Prinzip aus der Kaliproduktion anknüpft<br />
aber eben für die Lithiumabtrennung genutzt<br />
werden kann.<br />
PubSec: Was führte denn dazu, dass in Bolivien<br />
bis heute immer noch nichts produziert<br />
wird?<br />
Voigt: Um es vorsichtig zu umschreiben: Das<br />
sind in erster Linie die politischen Umstände<br />
und die Gegebenheiten der Hochlandbevölkerung.<br />
Das betrifft nicht nur Lithium, sondern<br />
auch andere Bereiche. Die bolivianische Bevölkerung<br />
ist immer wieder in ihrer Geschichte ausgebeutet<br />
worden durch den Raubbau an Silber,<br />
Gold und so weiter. Wo tausende von Indios gearbeitet<br />
haben ist nichts an Wert in der Region<br />
geblieben. Das ist in den Köpfen der Bevölkerung<br />
fest verankert. Bolivien ist sich aber seines<br />
Reichtums an Bodenschätzen wohl bewusst,<br />
nicht nur an Lithium. Daraus will man jetzt Kapital<br />
schlagen, natürlich auch bei Lithium, aber<br />
es fehlt das Eigenengagement. Wir haben uns<br />
dort von Freiberg aus zweieinhalb Jahre mit unserer<br />
Partneruniversität, der Universidad Autónoma<br />
de Tomás Frías (UATF) in Potosí, engagiert,<br />
haben entsprechend Schritte zur Überführung<br />
der Ideen in die praktische Nutzung eingeleitet,<br />
haben ein Studententeam aufgebaut,<br />
das sich Fachwissen angeeignet hat aber dies<br />
alles ist praktisch seit September 2010 zum Erliegen<br />
gekommen aufgrund von Streitigkeiten in<br />
der dortigen Universität. Das beobachtet auch<br />
die bolivianische Gesellschaft. Grade wieder<br />
stand im El Potosí, das ist eine regionale Zeitung<br />
der Region Potosí, dass es einen Hüttenbetrieb<br />
(Blei, Zink) in Karachipampa gibt, der vor<br />
25 Jahren gebaut wurde aber jetzt immer noch<br />
nicht produziert. Vor zwei Jahren war dort ein<br />
großer Streik, weil die regionale Bevölkerung<br />
endlich hier produzieren wollte. Daraufhin hat<br />
die Regierung Zugeständnisse gemacht und versprochen,<br />
dass die Hütte wieder aktiviert wird.<br />
Jetzt streiten sie sich, ob dieses Gebiet nun<br />
überhaupt Industriegebiet wird oder nicht. Wieder<br />
sind zwei Jahre vergangen - also es geht nirgendwo<br />
richtig vorwärts. Ein anderes Beispiel<br />
wäre ein Eisenvorkommen, welches der indische<br />
Konzern Jindal nutzen will - aber da gibt es<br />
die gleichen Probleme. Also die Situation ist<br />
wirklich schwierig, das hat auch nichts mit sozialistisch<br />
oder kapitalistisch zu tun, es ist einfach<br />
so: die Bolivianer gehen einfach auf die<br />
Straße und blockieren alles, wenn ihnen etwas<br />
nicht passt. Wir erklärten das Konzept, dass einige<br />
Kegel aufgebaut werden und wie dort Lithiumkarbonat<br />
gewonnen werden kann. Wir waren<br />
draußen am Salar de Uyuni und haben die<br />
Bevölkerung zu vielen Vorträgen eingeladen,<br />
sind in den Schulen gewesen und vieles mehr.<br />
Am Anfang haben alle zugehört und es war eine<br />
Art von Begeisterung in den Gesichtern zu lesen.<br />
Als es jedoch konkret werden sollte, ist die<br />
erste Frage: Was verdiene ich jetzt. Und wenn<br />
nicht sofort Geld gezahlt wird, passiert gar<br />
nichts mehr. Es geht dabei nicht um viel Geld,<br />
aber nur arbeiten auf Verdacht, dass die Zukunft<br />
etwas bringt geht nicht. Andererseits war es für<br />
uns schwierig diese relativ geringen Summen<br />
kontinuierlich aufzubringen.<br />
PubSec: Wie viel Lithiumkarbonat könnte<br />
man denn aus dieser Lagerstätte gewinnen?<br />
Voigt: Mit diesem Vorkommen könnte man die<br />
ganze Welt versorgen. Das ist belegt. Die Vorkommen<br />
können meiner Meinung nach nicht<br />
überschätzt sondern nur unterschätzt werden.<br />
Dies bestätigt der Kollege Prof. Ballivian, das ist<br />
derjenige, der die Seen dort alle am besten<br />
kennt und die Franzosen (Gruppe Bollore) damals<br />
beraten hatte. Die Schätzung, die jetzt<br />
durch die USGS (Anm. d. R.: USGS = United States<br />
Geological Survey ist eine wissenschaftliche<br />
Behörde im Geschäftsbereich des Innenministeriums<br />
der Vereinigten Staaten) verbreitet<br />
wird, liegt so zwischen fünfeinhalb bis neun Millionen<br />
Tonnen Lithium. Das müssen Sie mal<br />
fünf nehmen, dann haben sie Lithiumkarbonat,<br />
d. h. also zwischen 25 rund 45 Millionen Tonnen<br />
– das ist aber wahrscheinlich die aller unterste<br />
Grenze – es kann also durchaus ein Faktor zehn<br />
mehr sein. Dies ist absolut der größte Vorrat,<br />
den wir auf der Welt haben. Aber aufgrund der<br />
ENERGIE & ROHSTOFFE 2-2012 / 1-<strong>2013</strong> 51
Bedingungen sehe ich in den nächsten 10 bis<br />
15 Jahren nicht wirklich eine erhebliche Produktion.<br />
Nun, das ist aber nicht so schlimm,<br />
weil weltweit viele andere Projekte laufen.<br />
PubSec: Wissen Sie denn, wie hoch der<br />
weltweite Bedarf in den kommenden Jahren<br />
an Lithium oder Lithiumkarbonat sein<br />
wird?<br />
Voigt: Das kann ich Ihnen wirklich nicht sagen.<br />
Es wird einen steilen Anstieg geben, nicht nur<br />
wegen der Batterien. Es gibt ja auch andere<br />
Zweige, wie die Keramik-Industrie, die ständig<br />
mehr Lithium brauchen, die Schmierfett-Industrie<br />
mit ihren Spezialschmierfetten brauchen<br />
immer mehr Lithium, auch Spezialaluminium-<br />
Legierungen haben einen Lithiumgehalt. Also<br />
der Lithiumverbrauch steigt in vielen Bereichen.<br />
Zudem hängt der Batteriesektor wiederum nicht<br />
nur von der Automobilindustrie ab, sondern da<br />
kommen auch ganz andere Aspekte hinzu, wie<br />
solare Energienetze, Speichernetze und unzählige<br />
Kleinverbraucher.<br />
PubSec: Es gibt ja nun lithiumhaltige Feldspäte,<br />
die z. B. Spodumen oder Petalit enthalten,<br />
die man in Australien, Simbabwe<br />
oder Kanada findet. Warum hat man nicht<br />
versucht, diese Vorkommen zu fördern?<br />
Voigt: Doch hat man schon! Aber Sie müssen<br />
die Geschichte betrachten: Die von Ihnen angesprochenen<br />
Vorkommen waren ungefähr bis<br />
52 ENERGIE & ROHSTOFFE 2-2012 / 1-<strong>2013</strong><br />
Bevor die Eindampfungskegel aufgestellt werden können, müssen die Mitarbeiter der TU Bergakademie<br />
Freiberg aufwendige Bohrarbeiten durchführen<br />
1970 die wichtigsten Quellen für Lithium. Man<br />
muss unterscheiden zwischen der Lithiumgewinnung<br />
für die keramische und die Glasindustrie,<br />
das hat man nur als Spodumenkonzentrat<br />
gemacht und hat dies dann direkt eingesetzt<br />
und der Lithiumgewinnung als Herstellung von<br />
Lithiumkarbonat. Die Gewinnung aus lithiumhaltigen<br />
Feldspäten ist aber recht aufwendig<br />
und unter einer Kostenmarge von 4.000 Dollar<br />
pro Tonne Lithium nicht zu machen. Deswegen<br />
erwähnte ich das mit dem Preis, also, wenn der<br />
Lithiumpreis über 4.000 Dollar liegt, dann werden<br />
diese Vorkommen für Lithiumkarbonat zunehmend<br />
genutzt werden. Genau dies ist jetzt<br />
im Gange, sowohl in Kanada, in den USA als<br />
auch in Australien, sehr, sehr stark auch in China.<br />
Hier gibt es wirklich konkrete Projekte. Übrigens<br />
auch in Österreich, in der Koralpe (Anm. d.<br />
R.: die Koralpe ist ein Gebirgszug der Lavanttaler<br />
oder Norischen Alpen in Österreich zwischen<br />
Mur und Lavant) denkt man auch drüber nach<br />
und es stehen auch bald Invest-Entscheidungen<br />
an.<br />
PubSec: In Österreich?<br />
Voigt: Dort gibt es die so genannte Koralpe, das<br />
ist neben dem Erzgebirge das größte Vorkommen<br />
in Europa. Wir haben in der Türkei sogar<br />
noch in einem Salzsee entdeckt, den Tuz Gölü,<br />
ca. 150 Kilometer südlich von Ankara, der auch<br />
Lithium enthält. Das wusste bislang niemand,<br />
zumindest nicht von dem Ausmaß, wie wir es<br />
dort vorgefunden haben. Dieser Salzsee ist<br />
auch nicht grade klein, er hat so um die 60 km<br />
Länge und einige km Breite - das wäre ein Salzseevorkommen<br />
praktisch vor den Toren Europas.<br />
PubSec: Ist unsere Regierung über Ihre Arbeiten<br />
informiert und kennt sie die Schwierigkeiten,<br />
denen Sie unterliegen? Werden<br />
Sie nicht mögliche Weise auch politisch unterstützt?<br />
Voigt: Wie meinen Sie politische Unterstützung?<br />
PubSec: Nun ja, dass unsere Regierung da<br />
mit eingreift, dass sich unser Wirtschaftsminister<br />
einschaltet oder dass das deutsche<br />
Entwicklungshilfeministerium unterstützend<br />
mitwirkt?<br />
Voigt: Nein, das ist mir so jetzt nicht bekannt.<br />
PubSec: Aber wir pumpen ja schon Gelder<br />
in Erschließungsmaßnahmen jetzt in Kenia<br />
für ein neues Zirkonvorkommen.<br />
Voigt: Bei Lithium nicht. Ich sehe das so:<br />
Deutschland hat den Weltmarktführer für Lithium-Verbindungen,<br />
die ehemalige Chemmetall,<br />
die jetzige „ Rockwood Lithium“, die einer amerikanischen<br />
Holding gehört. Die haben ihre Quel-
len in Chile und in den USA. Damit sind sie gut<br />
eingedeckt. In Deutschland besteht im Prinzip<br />
nicht der Bedarf, unbedingt eine weitere Absicherung<br />
zu machen. Was wir in Bolivien gemacht<br />
haben, war mehr oder weniger eine interuniversitäre<br />
Unterstützung/Kooperation, die,<br />
wie ich jetzt erkennen muss, in so kurzer Zeit<br />
nicht zum Erfolg geführt werden kann. Ich weiß,<br />
dass die Außenhandelskammer irgendwann im<br />
Herbst eine so genannte Markterkennungsreise<br />
an den Salar de Uyuni macht aber mehr läuft da<br />
Gewinnung von Wertstoffen aus Bergbauhalden<br />
Die Gewinnung mineralischer Wertstoffe<br />
aus Bergbauhalden steht im Mittelpunkt eines<br />
weiteren Projektes aus der Fördermaßnahme<br />
"r 3 - Innovative Technologien für Ressourceneffizienz<br />
- Strategische Metalle und Mineralien"<br />
des Bundesministeriums für Bildung und Forschung.<br />
Im von Prof. Jens Gutzmer vom Lehrstuhl<br />
für Lagerstättenlehre und Petrologie geleiteten<br />
Projekt "SMSB - Gewinnung strategischer<br />
Metalle und anderer Mineralien aus<br />
sächsischen Bergbauhalden" werden Aufschüttungen<br />
auf sächsischem Gebiet auf ihren<br />
Inhalt an strategischen Metallen untersucht.<br />
Die TU Bergakademie Freiberg erhält für das<br />
Projekt 910.000 Euro Fördermittel vom Bund.<br />
Neben einem interdisziplinären Team aus<br />
Geowissenschaftlern, Verfahrenstechnikern,<br />
Chemikern und Metallurgen der TU Bergakademie<br />
Freiberg beteiligen sich mehrere Firmen<br />
als Verbundpartner an dem Projekt. Dabei wird<br />
das Team um Prof. Jens Gutzmer auch bei der<br />
Koordination des Projektes durch das Helmholtz-Institut<br />
Freiberg für Ressourcentechnolo-<br />
Die Eindampfungskegel – eine Erfindung der TU Bergakademie Freiberg, um kostengünstig,<br />
schnell und umweltverträglich Lithium zu gewinnen<br />
anscheinend nicht. Wir haben auch mit der<br />
deutschen Botschaft in Bolivien sehr guten Kontakt.<br />
Dort hatte ich Industrievertreter getroffen<br />
– aber bei Lithium ist man da sehr zurückhaltend.<br />
Auch in der nächsten Zeit glaube ich nicht,<br />
dass die deutsche Seite da etwas Intensiveres<br />
machen wird. Ich habe die ganzen Bemühungen<br />
der Franzosen mit der Gruppe Bolloré, der Südkoreaner,<br />
der Italiener, der Chinesen, der Japa-<br />
gie unterstützt. Jens Gutzmer ist Direktor des<br />
Instituts.<br />
„Ziel der gemeinsamen Forschung ist die<br />
Entwicklung eines Verfahrens für die wirtschaftliche<br />
und umweltschonende Gewinnung<br />
wirtschaftsstrategisch wichtiger Rohstoffe aus<br />
sächsischen Bergbau- und Hüttenhalden. Als<br />
erster Schritt auf diesem Weg sollen Probebohrungen<br />
noch im Herbst 2012 an vier Standorten<br />
durchgeführt werden. Ein Haldenkataster<br />
soll entstehen, in welchem Informationen<br />
über die geografische Lage, die Eigentumsverhältnisse,<br />
die Herkunft des Haldenmaterials,<br />
den Aufbau der Halde, den Wertstoffgehalt und<br />
das Potential der 20 größten Bergbauhalden<br />
Sachsens erfasst sind. Zusätzlich sollen Informationen<br />
über mögliche Abbau-, Aufbereitungs-<br />
, Gewinnungstechnologien und deren Kosten<br />
bereitgestellt werden.<br />
Das Kataster soll der Rohstoffwirtschaft<br />
als Grundlage für technische und wirtschaftliche<br />
Entscheidungen dienen. Es soll damit auch<br />
ein Transferinstrument für die entwickelten wissenschaftlichen<br />
Verfahren in Bergbauunternehmen<br />
werden.<br />
ner, die schon lange in Bolivien tätig sind, gesehen.<br />
Die Japaner haben dort Umweltlabore<br />
aufgebaut und machen dort schon lange eine<br />
intensive Arbeit – alle haben beim Lithium aufgegeben,<br />
weil man dieses Thema nicht so ganz<br />
klein angehen kann. Dass die Bundesrepublik<br />
dort etwas investieren wird, das glaube ich<br />
nicht. Wir haben uns mit unserer Botschaft so<br />
verständigt, dass es viel sinnvoller wäre, wenn<br />
Im Erzgebirge wurde über Jahrhunderte<br />
hinweg Erzbergbau betrieben. Die nach dem jeweiligen<br />
Stand der Technik nicht zu fördernden<br />
oder verwertbaren Bestandteile des geförderten<br />
Erzes wurden dabei auf einer Halde gelagert.<br />
Insbesondere aus dem Erzbergbau des<br />
vorigen Jahrhunderts existieren etliche große<br />
Bergehalden (von Berge - taubes Gestein),<br />
Spülhalden und Waschsandhalden (Halden von<br />
feinkörnigem Material, die durch Spülverfahren<br />
entstanden sind) aus der Aufbereitung (Zerkleinerungs-<br />
und Trennprozesse), sowie<br />
Schlacke- und Flugstaubablagerungen aus der<br />
Verhüttung. Diese Halden enthalten fein verwachsene<br />
Mineralien sowie geringere Konzentrationen<br />
der abgebauten Rohstoffe wie Zinn,<br />
Zink, Silber oder Wolfram, aber auch Begleitelemente<br />
wie Lithium oder Indium, die bei der<br />
Gewinnung in der Vergangenheit wirtschaftlich<br />
noch uninteressant waren. Viele dieser Elemente<br />
sind heute von wirtschaftsstrategischer<br />
Relevanz. Ihre Gewinnung wäre dann sinnvoll,<br />
wenn es gelänge die Wertkomponenten effizient<br />
und wirtschaftlich aufzukonzentrieren.<br />
ENERGIE & ROHSTOFFE 2-2012 / 1-<strong>2013</strong> 53
Lagerung der Bohrkerne<br />
wir eine andere Schiene bedienen: Aus deutscher<br />
Sicht her ist es sinnvoller, dass wir im Bereich<br />
Bildung aktiver werden. Wie ich weiß, läuft<br />
da schon einiges mit der FU-Berlin, in La Paz. Es<br />
könnte noch mehr laufen und die Bergakademie<br />
würde sich freuen, wenn wir Unterstützung bekommen<br />
könnten. Denn die einzige Unterstützung,<br />
die wir bisher bekommen haben, war die<br />
von der BGR in Hannover (Bundesanstalt für Geologie<br />
und Rohstoffe), die uns aktiv bei den<br />
Bohrarbeiten finanziell unterstützt hat – aber<br />
mehr können die in ihrem Rahmen nicht machen,<br />
das ist auch nicht deren Feld. Es wäre<br />
wirklich hilfreich, finanzielle Mittel zur Verfügung<br />
zu haben, um auf beiden Seiten mit Universitä-<br />
54 ENERGIE & ROHSTOFFE 2-2012 / 1-<strong>2013</strong><br />
ten einen Austausch<br />
zu realisieren und um<br />
dort kleinere Projekte<br />
zu realisieren. Größere<br />
Projekte an Unis machen<br />
keinen Sinn. Sie<br />
müssen sich vorstellen:<br />
Ich habe innerhalb<br />
eines Jahres sowohl<br />
Gelder von der bolivianischen<br />
Seite als auch<br />
Gelder unserer Universität<br />
in der Größenordnung,<br />
paritätisch waren<br />
das 200.000 Euro,<br />
umgesetzt, um ein<br />
Technikum aufzubauen.<br />
Aber bei der Bürokratie<br />
in Bolivien sind<br />
größere Projekte kaum<br />
zu realisieren. Also,<br />
man kann kleinere Projekte<br />
dort umsetzen,<br />
das sollte man möglichst<br />
vielgestaltig machen.Wasserwirtschaft<br />
wäre z. B. ein<br />
Thema und das ein<br />
oder andere Landnutzungs-Projekt.<br />
Bolivien<br />
braucht Fachpersonal,<br />
das weiß, wie man in<br />
eine Industrialisierung<br />
langfristig plant und arbeitet.<br />
Wir holen jetzt zwei Dozenten nach<br />
Deutschland und bezahlen sie ein viertel Jahr<br />
lang, damit sie hier eine Art Zertifikat erlangen,<br />
um in der Lage zu sein, mit solchen chemischen<br />
Lösungen zu arbeiten, sie zu analysieren und einen<br />
Prozess durchzuführen.<br />
Deswegen war einer meiner Vorschläge der,<br />
sich direkt finanziell an ein oder zwei Lehrstühlen<br />
zu beteiligen z. B. an unserer Partneruniversität,<br />
um auch eine Universität auf ein gewisses<br />
Niveau zu bringen. Zusätzlich kämen<br />
noch ein paar Mitarbeiter dazu, damit dort so eine<br />
Art Nukleus entstehen kann. Wir haben<br />
schon mit kleinen Mitteln, in der Größenordnung<br />
von 900 Dollar etwas bewegen können beispielsweise<br />
ein solares Wärmerohr aufgebaut,<br />
Prof. Dr. rer. nat. habil. Wolfgang Voigt<br />
1969-73 Chemiestudium an der TH Leuna-Merseburg<br />
1976 Promotion bei Prof. Dr. h.c. H.-H.<br />
Emons<br />
1978/79 Post-doc am Mendelejew-Institut Moskau<br />
bei Prof. Dr. Torotscheschnikow<br />
1984/85 Post-doc an der Universität Oslo bei<br />
Prof. Dr.-Ing. K. Grjotheim<br />
1986 Habilitation an der Bergakademie Freiberg<br />
1987-89 Hochschuldozent für Physikalische<br />
Chemie<br />
seit 1993 Professor für Anorganische Chemie<br />
an der TU Bergakademie Freiberg<br />
wo die Salzlösungen<br />
durch Sonnenenergie<br />
erhitzt werden<br />
können.<br />
Für dieses<br />
Projekt konnten<br />
wir vier<br />
Studenten<br />
begeistern.<br />
S o l c h e<br />
Größenordnungenkön-<br />
nen dort etwas bewegen. Comibol (Anm. d.<br />
Red.: Comibol ist die staatliche Bergbaugesellschaft)<br />
gibt ca. 20 Millionen aus und es passiert<br />
nicht wirklich etwas. Aber leider kommt man an<br />
diese Gelder nicht ran – ja, das ist schwierig ....<br />
In Afrika ist es ähnlich im Gegensatz zu Asien.<br />
Wir sind jetzt in China tätig und nutzen dieses<br />
Know-how, welches wir uns in Bolivien erarbeitet<br />
haben für chinesische Salzseen.<br />
PubSec: Und haben Sie dort auch Erfolg?<br />
Voigt: Ja, da geht es Schritt für Schritt ganz<br />
schnell vorwärts. In ca. zwei Jahren sind wir dort<br />
fertig – in drei Jahren steht die Fabrik.<br />
PubSec: Wie groß ist denn dort das Vorkommen?<br />
Voigt: Das ist etwas kleiner. Woran wir jetzt unter<br />
anderem arbeiten, ist eine Anlage mit<br />
15.000 Tonnen pro Jahr Lithium-Karbonat, kalkuliert<br />
für ungefähr 40 Jahre. Aus Salzseen gewinnen<br />
sie zurzeit nicht viel, weil die Verfahren,<br />
die dort bei den verschiedenen Salzseen vorher<br />
versucht wurden, wirklich eine Herausforderung<br />
sind und nicht funktionieren. Deswegen hoffen<br />
wir, mit unserem Verfahren dort weiter zu kommen.<br />
Folgendes muss ich jedoch erklären: Sie<br />
haben den chilenischen Salzsee in der Atacamawüste,<br />
der hat ein Magnesium-Lithium Massen-Verhältnis<br />
von 6:1 (6 Teile Magnesium abtrennen<br />
für 1 Teil Lithium). In Salar de Uyuni haben<br />
sie ein Verhältnis von ungefähr 10 bis 20:1<br />
in China ist es 100:1. Das ist schon eine<br />
Herausforderung.<br />
PubSec: Wie sieht die Situation dann aus,<br />
wenn die Chinesen in der Lage sind, selbst<br />
zu produzieren?<br />
Voigt: Mit den Vorkommen können sie sich mit<br />
eigenem Lithium selbst versorgen. Die Australier<br />
exportieren viel nach China aus ihren Spodumen-Lagerstätten<br />
und haben in China eine Lithium-Karbonat-Fabrik<br />
aufgebaut. Die Chinesen<br />
haben einen großen Eigenbedarf und wollen diesen<br />
mit eigenen Vorkommen decken. Es ist<br />
nicht damit zu rechnen, dass sie in nächster<br />
Zeit im großen Stil exportieren wollen. Zum<br />
großen Teil handelt es sich um staatliches Geld,<br />
was in die Erschließungsmaßnahmen geht. China<br />
hat aber noch ein weiteres Problem, im Zusammenhang<br />
mit diesen Salzseen: Sobald diese<br />
dort Kali enthalten, werden sie sowieso genutzt<br />
weil China für Düngemittel einen Kali-Mangel<br />
hat. China hat praktisch alles an<br />
Bodenschätzen aber nicht genug Kali.<br />
PubSec: Kali gibt es doch weltweit wie<br />
Sand am Meer.<br />
Voigt: Naja, nicht für die Mengen, die dort<br />
benötigt.<br />
PubSec: Herr Professor Voigt, das war ein<br />
hochinteressantes Interview mit vielen neuen<br />
Erkenntnissen – vielen Dank. ➛
Strom aus<br />
Wasserkraft<br />
mit neuem<br />
Kleinstwasserturbine<br />
KonzeptMobile als Treibstoff für E-Mobility<br />
SWB Energie und Wasser<br />
(Stadtwerke Bonn), die<br />
Firma MANN Naturenergie<br />
GmbH & Co. KG und die Firma Smart<br />
Hydro Power (SHP) aus Feldafing bei<br />
München entwickeln gemeinsam ein<br />
Pilotprojekt, um aus der Energie des<br />
Wassers nachhaltig sauberen und günstigen<br />
Strom zu gewinnen, der in eine E-<br />
Fahrzeug Ladestation eingespeist werden<br />
soll.<br />
Smart Hydro Power hat eine mobile Kleinstwasserturbine<br />
entwickelt. Gemeinsam mit SWB<br />
Energie und Wasser als Betreiber, soll eine Turbine<br />
in den Rhein vorläufig (für eine Probephase<br />
von einem Jahr) installiert werden, um dezentral<br />
und nachhaltigen Strom zu produzieren.<br />
Die Turbine gewinnt die gesamte Energie lediglich<br />
aus der Fließgeschwindigkeit des Wassers<br />
und funktioniert daher ohne Veränderung des<br />
natürlichen bzw. vorgegebenen Gewässerverlaufs.<br />
Insbesondere Aufstauungen des Gewässers<br />
oder ähnliche bauliche Veränderungen sind<br />
nicht notwendig.<br />
Sie verfügt über einen integrierten<br />
Schwimmkörper, so dass sie einfach in den<br />
56 ENERGIE & ROHSTOFFE 2-2012 / 1-<br />
<strong>2013</strong><br />
Standort der Turbine am Bonner Rheinufer
Fluss-Strom: Strom aus kinetischer Wasserkraft<br />
Anders als seine traditionellen Vorläufer wie die Hammermühlen, die an Elbe und<br />
Donau verbreitet waren, wandelt das Kleinst-Wasserkraftwerk kinetische Energie nicht<br />
in mechanische (Pump-) Energie, sondern in elektrischen Strom. Aufgrund zusätzlicher<br />
Kosten, aber insbesondere auch für eine kommerzielle Nutzung der elektrischen Energie,<br />
muss das Gerät eine Mindestleistung erbringen, um rentabel und sinnvoll arbeiten<br />
zu können. Die Rentabilität wurde über den Zielpreis von 24 € Cent / kWh und eine Amortisationsdauer<br />
von 4 Jahren definiert – unter der Annahme von Eigenleistung wurden Installationskosten<br />
nicht berücksichtigt. (24 Cent entsprechen aktuell auch den Kosten<br />
einer Kilowattstunde inkl. Netz und Steuern für einen Privathaushalt in Deutschland.)<br />
Die untere Leistungsgrenze von 1,5 kW ist zunächst nur über einen sinnvollen Anwendungsfall<br />
definiert. Es muss gezeigt werden, dass sich diese Leistung mit einer kostengünstigen<br />
Anlage auch bei „normalen“ Fließeigenschaften umsetzen lässt. Die kinetische<br />
Energie eines Flusses ergibt sich aus der durchströmten Fläche, der Dichte des<br />
Wassers und der Fließgeschwindigkeit. Die Fließgeschwindigkeit geht in diese Formel<br />
mit der dritten Potenz ein. Diese kinetische Energie kann nach der Betz‘schen Formel<br />
analog zum Wind nur zu knapp 60% genutzt werden. Bei einem Rotordurchmesser von<br />
1,0 m und einer mittleren Fließgeschwindigkeit von 1,5 m/s (5,4 km / h) ergibt sich eine<br />
nutzbare kinetische Energie von ca. 1 kW. Da selbst schiffbare Flüsse wie die Elbe<br />
oder der Rhein außerhalb der Schifffahrtsrinne bei Niedrigwasser oft nicht tiefer als 2<br />
m sind, kann der Rotordurchmesser nicht wesentlich größer als 1 m gewählt werden.<br />
Um die Ziel-Leistung auch bei möglichst geringen Fließgeschwindigkeiten trotzdem zu<br />
erreichen, muss also ein Diffusor, eine umgekehrte Düse, verwendet werden. Durch den<br />
erzeugten „Sog“ (siehe Grafik) wird die Kraft auf dem Rotor optimiert.<br />
Die Wirkung des Diffusors ist über das Verhältnis von Durchmesser an Eingangsund<br />
Ausgangsseite definiert. Da der Anstellwinkel im Diffusor 7% zur Vermeidung von<br />
Strömungsabriss nicht überschreiten soll, ist die Effizienz über die Länge limitiert. Mit<br />
Blick auf hohe Transportkosten sollte das Gerät kompakt gehalten werden, so dass zu<br />
einem technischen Trick gegriffen wurde: Der Diffusor ist in drei Teilen gebaut, die ineinander<br />
gesteckt sind und deren Übergang durchströmte Spalte bilden. Durch den Strömungsfluss<br />
im Übergang kann der Anstellwinkel erhöht und der Diffusor bei gleichem<br />
Durchmesser auf der Ausgangseite wesentlich kürzer gehalten werden. Zugleich erlaubt<br />
diese Bauweise, die drei Kunststoff-Teile des Diffusors kostengünstig aus einem Stück<br />
im Roto Guss Verfahren herzustellen.<br />
Auch wenn bei der Entwicklung die Empfehlungen der Internationalen Energieagentur<br />
bzgl. maximaler Rotorumdrehung und die Vorgaben des Deutschen Wasserrechtes<br />
bzgl. der verwendeten Materialien eingehalten wurden, so verlaufen die Genehmigungsverfahren<br />
in Deutschland (noch) sehr unterschiedlich. Die Dauer zur Erlangung einer<br />
Genehmigung (für einen befristeten Testbetrieb) variiert in Deutschland von vier Wochen<br />
bis aktuell vier Monate.<br />
Die kinetische Wasserkraft erlaubt wie Photovoltaik und Windenergie die Stromerzeugung<br />
aus erneuerbaren Quellen. Die Grundlast-Fähigkeit der Wasserkraft macht sie<br />
zu einer echten Alternative für dezentrale Energieerzeugung – nicht nur in den Ländern<br />
mit niedriger Elektrifizierungsquote. Seit September 2011 laufen erste Referenzanlagen.<br />
Peru hat diese Kleinst-Wasserkraftwerke im Mai 2012 als mögliche Technologie in seinen<br />
nationalen Energieplan aufgenommen hat. In Deutschland wurde im Juni 2012 eine<br />
erste kommerzielle Installation von 30 Turbinen im Rhein genehmigt.<br />
Vor der Turbine ist ein Fischabweiser monitert<br />
Rhein gesetzt und wie eine Boje oder ein Ponton verankert<br />
werden kann. Die Partner haben einen Standort im Rhein in<br />
Bonn identifiziert, an dem die gesamte gewonnene regenerative<br />
Energie in eine Ladestation für Elektrofahrzeuge und<br />
der Überschuss Strom in das lokale Stromnetz von SWB<br />
Energie und Wasser eingespeist werden.<br />
Die Turbine besteht aus einem aus Polyethylen gefertigten<br />
Schwimmkörper. Dieser ist 147 cm lang, 174 cm breit<br />
und 198 cm hoch. Das Gewicht der Turbine beträgt leer ca.<br />
340 kg. Zur Installation wird die Turbine auf das Wasser gehoben<br />
und dann wird der Schwimmkörper solange mit Wasser<br />
gefüllt bis Diffusor mit Rotor vollständig untergetaucht<br />
ist. Die optimale Schwimmlage ist damit erreicht.<br />
Die Turbine selbst benötigt keine externe Stromversorgung,<br />
so dass nur ein stromführendes Kabel an Land verlegt<br />
werden muss. Für den Fall, dass dieses Stromkabel<br />
reißt oder beschädigt wird, schaltet eine Sicherung den Generator<br />
ab. Die Rotorblätter drehen zwar weiter, aber es<br />
fließt kein Strom mehr, eine Überhitzung sowie die Gefahr<br />
des Stromschlags ist damit ausgeschlossen. Der Generator<br />
befindet sich auf der Rotorachse und liegt damit beim<br />
Betrieb der Turbine permanent unter Wasser. Durch diese<br />
Konstruktion wird erreicht, dass er vom vorbeifließenden<br />
Wasser des Rheins permanent gekühlt wird.<br />
Zweifache Dichtungen an der Achse schützen den Generator<br />
vor Wassereintritt. Der Rotor selbst besteht aus drei<br />
Flügeln. Im Interesse eines besseren Fischschutzes, dreht<br />
sich der Generator langsam. Bei voller Auslastung kommt<br />
er theoretisch auf eine maximale Drehzahl von 230 Umdrehungen<br />
pro Minute Bei einer Strömungsgeschwindigkeit<br />
des Rheins von 1 - 1,5 m/s ist dort mit einer Rotorgeschwindigkeit<br />
von maximal 67 bis 111 Umdrehungen pro Minute<br />
zu rechnen. Da sich alle beweglichen Teile der Turbine<br />
unter Wasser befinden, geht von der Turbine im ordnungsgemäßen<br />
Betrieb keine Lärmbelästigung aus.<br />
Die Partner streben an, die Turbine bis Ende des Jahres<br />
im Rhein zu installieren. Ab <strong>2013</strong> wird dieses Pilotprojekt<br />
das Zusammenspiel von Elektromobilität und lokal erzeugtem<br />
Strom aus Wasserkraft zeigen und auch untersuchen,<br />
wie kleine, dezentrale Erzeugungsanlagen ins Stromnetz<br />
integriert werden können. ➛<br />
ENERGIE & ROHSTOFFE 2-2012 / 1-<strong>2013</strong> 57
von *Benedikt Wendland,<br />
Geert de Clercq,<br />
*Sebastian Hertle,<br />
*Thomas Gries,<br />
*Institut für Textiltechnik der<br />
RWTH Aachen<br />
RTWH Aachen -<br />
neue Materialien und<br />
Fertigungsmethoden<br />
für Sicherheitswesten<br />
In einem internationalen Forschungsprojekt arbeiteten belgische und deutsche<br />
Partner gemeinsam an der Verbesserung von Schutzwesten. Forscher des<br />
Instituts für Textiltechnik Aachen (ITA) der RWTH Aachen haben in Zusammenarbeit<br />
mit der Universität und Fachhochschule Gent sowie Unternehmen aus der<br />
Industrie Gewebe für ballistische Anwendungen in einem einstufigen Herstellungsprozess<br />
entwickelt.<br />
58 PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong><br />
Einstufig<br />
hergestellte<br />
3D-Gewebe<br />
als<br />
Ballistikschutz<br />
Möglichst leicht, die Bewegungsfreiheit<br />
nicht einschränkend und dennoch sicher - dies<br />
sind unter anderem Anforderungen an ballistische<br />
Schutzwesten. Aus diesem Grund kommen<br />
heutzutage oftmals Textilien zum Einsatz.<br />
Sie sind leicht und nehmen die Energie von Pro-
jektilen und Splittern zuverlässig auf. Der bisherige<br />
Ansatz für ballistische Anwendungen<br />
sieht vor, Pakete aus mehreren, u.a. Gewebelagen<br />
aus Aramid aufeinander zu schichten und<br />
anschließen zu vernähen. Je nach Anwendungsfall<br />
können diese Pakete als kugelhemmende<br />
Weste, wie beispielsweise bei der Polizei<br />
genutzt, dienen oder auch als ballistischer<br />
Fahrzeugschutz zum Einsatz kommen.<br />
Bei dem Prozess des Mehrlagenwebens<br />
werden die Gewebelagen über die sogenannten<br />
Interlocking-Garne miteinander verbunden (Abbildung<br />
oben). Das Einbringen der Interlocking-<br />
Garne geschieht direkt während des Webprozesses.<br />
Es handelt sich also um einen einstufi-<br />
Gesellschaft der sicherheits-<br />
und wehrtechnischen Wirtschaft<br />
in Nordrhein-Westfalen e. V.<br />
gen Prozess. Dies stellt einen großen Vorteil gegenüber<br />
der bisherigen Produktion von Schutztextilien<br />
dar: dort müssen die z.B. 16 notwendigen<br />
Schichten (die Anzahl ist abhängig von der<br />
gewünschten Schutzklasse) verdreht und versetzt<br />
übereinander gelegt werden. Gegenüber<br />
dem konventionellen Verfahren wird auch das<br />
anschließende filamentschädigende Vernähen<br />
der Gewebe umgangen.<br />
Die Herstellung der 3D-Gewebe fand auf einer<br />
modifizierten Teppichwebmaschine statt.<br />
Teppichwebmaschinen sind in Europa, besonders<br />
in Belgien und der Türkei zahlreich vorhan-<br />
Vergleich Konventionelles Gewebe (links) - Mehrlagengewebe (rechts)<br />
den und sind durch Weben konventioneller Teppiche<br />
und Samt nicht ausgelastet. Neben einer<br />
hohen Wirtschaftlichkeit weist der Prozess<br />
ebenso eine hohe Reproduzierbarkeit der eingestellten<br />
Textilien auf. Aufgrund des zusätzlichen<br />
Interlocking-Garns können eine Vielzahl verschiedener<br />
Gewebetypen mit unterschiedlichsten<br />
Eigenschaften produziert werden. Das Interlocking-Garn<br />
kann unter anderem die Gewebelagen<br />
aus Kette und Schuss orthogonal („ortho“),<br />
als auch schräg („angle locked“)<br />
abbinden. Zudem kann variiert werden, ob das<br />
Interlocking-Garn durch alle Gewebelagen läuft<br />
Es lohnt sich Mitglied zu sein!<br />
❿ Interessenvertretung<br />
❿ Networking<br />
❿ Vertretung auf Messen<br />
❿ Unterstützung Ihrer Geschäftsinteressen<br />
❿ Angebotsscreening<br />
❿ Projektunterstützung<br />
❿ Fördermittelberatung<br />
www.gsw-nrw.de<br />
GSW NRW e. V.<br />
Gesellschaft der sicherheits-<br />
und wehrtechnischen Wirtschaft<br />
in Nordrhein-Westfalen e. V.<br />
Emanuel-Leutze-Straße 4<br />
40547 Düsseldorf<br />
T +49 (211) 74 96 86-15<br />
F +49 (211) 74 96 86-70<br />
info@gsw-nrw.de
Mehrlagengewebe im Mikro-CT und Polizist in Schutzweste nach der Anti-Terror Debatte 2001<br />
(„Throug-The-Thickness“) oder nur einzelne Lagen<br />
miteinander verbindet („Layer-By- Layer“).<br />
Durch die zusätzliche Variation und Kombination<br />
Orthogonal<br />
(Ortho)<br />
Angle locked<br />
(AL)<br />
60 PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong><br />
sind nahezu beliebige Einstellungen denkbar. In<br />
der unten abgebildeteen Tabelle sind die Grundverläufe<br />
der Interlocking-Garne abgebildet.<br />
Through the Thickness (TTT) Layer by Layer (LBL)<br />
Beschädigtes Gewebe nach dem Beschuss durch Norm-Splitter [Abschlussbericht Multirapier<br />
Fachhochschule Ghent]<br />
Von Mitgliedern der Forschungseinrichtungen<br />
und dem zusätzlichen Knowhow der beteiligten<br />
Unternehmen wurden verschiedene Gewebemuster<br />
entwickelt, anschließend hergestellt<br />
und ballistischen Tests, u.a. bei Seyntex<br />
in Tielt unterzogen. Beim durchgeführten Fragment-Test<br />
nach NATO-Norm STANAG 2920 (Projektil-Simulation,<br />
FSP) werden die Gewebe mit<br />
Norm-Splittern beschossen, um die v50 -Geschwindigkeiten<br />
des bisher genutzten Standardgewebes<br />
mit denen der 3D-Gewebe zu vergleichen.<br />
Die beschossenen Gewebeproben besaßen<br />
alle annähernd das gleiche Flächengewicht.<br />
Die v50-Werte sind dabei die<br />
Geschwindigkeit, bei der 50% der Splitter das<br />
Gewebe durchdringen. Sie geben Aufschluss<br />
welche Qualität der Schutz des getesteten Musters<br />
aufweist. In der Abbildung links ist ein beschädigtes<br />
Gewebe nach dem Test zu sehen.<br />
Da mit 3D-Geweben bisher nur negative Erfahrungen<br />
auf dem Gebiet der Ballistik gemacht<br />
wurden und die Eigenschaftsvoraussagen<br />
durchaus komplex sind, waren bei einigen Gewebetypen<br />
auch schlechte Ergebnisse zu verzeichnen.<br />
Speziell Gewebe mit orthogonal abbindenden<br />
Interlocking-Garnen lagen mit den<br />
gemessenen Durchtrittsgeschwindigkeiten<br />
deutlich unterhalb des konventionellen 2D-Ge-
webes. Eine weitere entscheidende Rolle spielt<br />
die Dichte des Textils. Hierauf nimmt auch das<br />
Interlocking-Garn einen gewissen Einfluss und<br />
„öffnet“ das Gewebe. Speziell für unidirektionale<br />
(UD) Gewebe ist dies stärker der Fall. Die<br />
drei UD-Gewebe schnitten dementsprechend<br />
schlecht ab.<br />
Die Ergebnisse des Forschungsprojektes<br />
zeigen aber, dass durch die geeignete Wahl der<br />
Interlocking-Garnabbindung die Ergebnisse der<br />
3D-Textilien in einem Bereich mit den vernähten<br />
konventionellen Gewebepaketen lagen, vor allem<br />
aber auch übertroffen wurden. Die Ergebnisse<br />
von vier Gewebetypen waren erreichen<br />
höhere v50-Werte als 2D-Gewebe.<br />
Die Ergebnisse des Projektes lassen erkennen,<br />
dass vor allem mit schräger Abbindung<br />
der Mehrlagengewebe bessere Ergebnisse erzielt<br />
wurden als mit dem konventionellen Gewebe.<br />
Durch den Einsatz der Mehrlagengewebe<br />
lässt sich bei gleichbleibendem Gewicht eine<br />
höhere Sicherheit gegen Splittergeschosse erreichen.<br />
Doch nicht nur in der Anwendung bieten<br />
sich positive Auswirkungen: das Handling<br />
während der Produktion wird durch den einstufigen<br />
Herstellungsprozess deutlich einfacher,<br />
da die einzelnen Lagen nicht mehr gedreht und<br />
übereinander geschichtet werden müssen. Zudem<br />
entfallen die Kosten für das Fügen der einzelnen<br />
Lagen. Der Einsatz von 3D-Geweben in<br />
ballistischen Anwendungen zeigt somit große<br />
Chancen für die Zukunft. ➛<br />
Der Autoren:<br />
Dipl.-Ing. Benedikt Wendland<br />
• Studium Maschinenbau an der<br />
RWTH Aachen, Vertiefungsrichtung<br />
Kunststoff- und Textiltechnik<br />
2010 Abschluss Dipl.-<br />
Ing.<br />
• SAMPE Innovationspreis 2010<br />
• Seit 2010 Promotion am Institut<br />
für Textiltechnik der RWTH<br />
Aachen<br />
PROJEKTTABELLE<br />
Titel Multirapier - Mehrgreifer-Technologie zur Herstellung von 3D-Geweben<br />
Laufzeit 15 Monate<br />
Forschungsinstitute Institut für Textiltechnik (ITA) RWTH Aachen, Aachen (DE)<br />
University College Ghent (UC Ghent), Ghent (BE)<br />
Ghent University (GU Ghent), Ghent (BE)<br />
Sirris SLC, Leuven (BE)<br />
Industriepartner Calcutta NV, Sleidinge (BE)<br />
De Clerq Gebr. -DECCA NV, Zottegem (BE)<br />
Devan Chemicals NV, Ronse (BE)<br />
DEVANTEX NV, Deerlijk (BE)<br />
DYNATEX S.A., Mouscron (BE)<br />
Helioscreen NV, Lokeren (BE)<br />
Pascha Velvet bvba, Deerlij (BE)<br />
Weverij Van Den Broucke NV, Anzegem (BE)<br />
VDS Weaving NV, Oudenarde (BE)<br />
Verbatex NV, Kortrijk (BE)<br />
NV Bekaert SA, Zwevegem (BE)<br />
Schelfhaut - Dessol NV, Dendermonde (BE)<br />
Sonorcontrol NV, Hooglede (BE)<br />
Miliken Europe NV, Ghent (BE)<br />
Sioen NV, Tielt (BE)<br />
Seyntex NV, Tielt (BE)<br />
Bonar NV, Zele (BE)<br />
Concordia Textiles NV, Waregem (BE)<br />
NV Michel Van de Wiele, Kortrijk (BE)<br />
BLÜCHER SYSTEMS ® GmbH, Lobberich (DE)<br />
Teijin Aramid GmbH, Wuppertal (DE)<br />
Ziel Durch den Bedarf an Mehrlagengeweben und einer hohen Kapazität auf Webmaschinen<br />
vor allem im belgischen und türkischen Raum, war es das Ziel Anwendungsmöglichkeiten<br />
für 3D-Gewebe zu entwickeln und den Technologietransfer<br />
umzusetzen. Dies bedeutete, dass eine Modifizierung konventioneller<br />
Teppichwebverfahren vorgenommen wurde, um die Produktion von Geweben für<br />
ballistische Anwendungen zu realisieren.<br />
Ir. Geert De Clercq<br />
• 1985 MSc Textilingenieur,<br />
Ghent Universität<br />
• Weltweite Erfahrung als Projektingenieur,Produktionsmanager<br />
und Berater in der Textilindustrie<br />
• Seit 2003 Dozent für Textiltechnik<br />
an der Fachhochschule<br />
Ghent<br />
Sebastian Hertle<br />
• Studium Maschinenbau an der<br />
RWTH Aachen, Vertiefungsrichtung<br />
Konstruktionstechnik<br />
(B.Sc.), seit 2012 Studium allgemeiner<br />
Maschinenbau<br />
(M.Sc.)<br />
• SAMPE Innovationspreis 2012<br />
• Seit 2012 Studentische Hilfskraft<br />
am Institut für Textiltechnik<br />
der RWTH Aachen<br />
Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dipl.-Wirt. Ing.<br />
Thomas Gries<br />
• Studium Maschinenbau an der<br />
RWTH Aachen 1984-1988<br />
• Zusatzstudium Wirtschaftswissenschaften<br />
1989-1992<br />
• 1990-1995 Promotion am Institut<br />
für Textiltechnik der<br />
RWTH Aachen<br />
• 1995-2001 bei der Lurgi Zimmer<br />
AG, Frankfurt am Main;<br />
zuletzt Hauptabteilungsleiter<br />
Technologien Fasern und Textilien<br />
• Seit 2001 Professor der<br />
RWTH Aachen für Textiltechnik/Textilmaschinenbau<br />
• Direktor des Instituts für Textiltechnik<br />
der RWTH Aachen<br />
PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong> 61
Industrie/Personalia<br />
Saab, führender Luftfahrt- und Rüstungskonzern<br />
aus Schweden, beliefert den Weltmarkt<br />
mit Lösungen, Produkten und Dienstleistungen<br />
in den Bereichen Luftfahrt, Verteidigung und zivile<br />
Sicherheit, feiert in diesem Jahr seinen 75.<br />
Geburtstag.<br />
Etwa 20 % des Umsatzes setzt Saab in Forschung<br />
und Entwicklung ein, ca. 50 % der Mitarbeiter<br />
sind Ingenieure, kooperiert in vielen Bereichen<br />
mit der deutschen Industrie, wie Geschäftsführer<br />
von Saab International Deutschland<br />
GmbH, Micael Malmberg (Foto), in einem<br />
Gespräch mit <strong>Public</strong> <strong>Security</strong> betonte. Bei zahlreichen<br />
Projekten arbeitet Saab mit führenden<br />
Unternehmen bei der Entwicklung und Fertigung<br />
zusammen.<br />
62 PUBLIC SECURITY 2-2012/1-<strong>2013</strong><br />
SAAB sieht sich als Partner der deutschen Industrie<br />
Zudem entwickelt Saab für die Bereiche Öffentliche<br />
Sicherheit und Verkehrsregelung zukunftsorientierte<br />
Produkte: Luftverkehrsregelung/Air<br />
Traffic Management (ATM), Seeüberwachung<br />
& Sicherheit/Maritime Surveillance &<br />
Safety, Öffentliche Sicherheit und Sicherheits- &<br />
Sicherheitsverwaltungssysteme/National <strong>Security</strong><br />
und <strong>Security</strong> & Safety Management Systems.<br />
Durch den Vertrieb und auf Basis des<br />
US-amerikanischen SENIS bietet Saab ein umfassendes<br />
Programm an ATM-Produkten, einschließlich<br />
neuester Weiterentwicklungen,<br />
Flugüberwachungssystemen, Flugdienstleistungen,<br />
Bodenüberwachung, Kontrollturm- und<br />
Flughafenautomatisierung sowie Automation<br />
bei Fluggesellschaften an.<br />
Auch Managementlösungen für den Bereich<br />
Notfallrufnummern (112), computergestützten<br />
Einsatz von Rettungs- und Krankentransport sowie<br />
Polizeidienstleistungen und Flughafen- Gefängnisüberwachungssysteme<br />
gehören zum Angebotsspektrum.<br />
Schiffs- und Informationssysteme<br />
zur Schiffsverkehrslenkung, Automatisierte<br />
Schiffsidentifizierungssysteme (AIS) sowie<br />
Küstenüberwachung runden das Portefeuille<br />
von Saab ab.Saab unterhält Niederlassungen<br />
auf allen Kontinenten und beschäftigt weltweit<br />
rund 12.500 Mitarbeiter. (zi) ➛<br />
Wechsel im Vorstand des GSW-NRW e. V. Neuer Geschäftsführer<br />
Der Vorstand der Gesellschaft der sicherheits- und wehrtechnischen Wirtschaft<br />
in Nordrhein-Westfalen e. V. (GSW-NRW e. V.) hat für den plötzlich verstorbenen<br />
Manfred Kisselbach Brig.General a.D. Dipl.-Ing Hans Herbert Schulz zum<br />
neuen Vorsitzenden gewählt. Dr. Dirk Schönenborn von der Firma LGM GmbH in<br />
Aachen wurde für Hans-Herbert Schulz zum neuen von fünf stellvertretenden Vorsitzenden<br />
berufen.<br />
Hans-Herbert Schulz ist Dipl.-Ing. Nachrichtentechnik und Kybernetik und Brigadegeneral<br />
a.D. der Bundeswehr mit besonderer Erfahrung auf dem Gebiet der<br />
IT und Organisation. Als stellvertretender Leiter der NATO CIS Operating and Support<br />
Agency (NACOSA) in Mons (Belgien), war er verantwortlich für den NATO-IT-<br />
Einsatz weltweit, Chef des Stabes des NATO-Hauptquartiers SFOR in Sarajewo,<br />
„Beauftragter Prozessorientierung SASPF Bw“ im BMVg, Bonn, verantwortlich für<br />
die Geschäftsprozessorientierung und Einführung von SAP-Software in die Bundeswehr.<br />
Seit seinem Ruhestand ist er geschäftsführender Gesellschafter der<br />
Schulz– Consulting Services GmbH, einer Beratungsfirma im Bereich Verteidigung,<br />
Organisation und IT, übt Vortragstätigkeit sowie Moderation von Veranstaltungen<br />
aus und ist Mitbegründer der Green Defense at KRS GmbH.<br />
Dr. Dirk Schönenborn trat nach dem Schulabschluss in den Polizeidienst ein<br />
und schloss ein Studium der Wirtschaftswissenschaften und Betriebswirtschaft<br />
erfolgreich ab. Danach schied er auf eigenen Wusch aus dem Polizeidienst aus<br />
und kam über das Beratungsunternehmen McKinsey zum Meerbuscher Unternehmen<br />
CLS-Consuling. 2007 wechselte er zur LGM GmbH in Aachen, ist dort als<br />
Director of Business Development für den Bereich Nordeuropa, inkl. GUS sowie<br />
die USA tätig und trägt die Verantwortung für über 40 Mitarbeiter und über 200<br />
Millionen EURO Umsatz. Im Januar 2009 promovierte er in International Business.<br />
Manfred Kisselbach, langjähriger Geschäftsführer der LOG GmbH, ist Anfang<br />
Juni 2012 überraschend im Alter von 65 Jahren verstorben. Seit 2008 Vorsitzender<br />
der GSW-NRW e. V. hat er entscheidend an der Gründung und Entwicklung der<br />
Gesellschaft mitgewirkt. Neben seiner beruflichen Tätigkeit, die für ihn eine enge<br />
Zusammenarbeit mit der Bundeswehr mit sich brachte, war er Präsidiumsmitglied<br />
im Förderkreis Heer und in der Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik e.V. Besonders<br />
lagen ihm Belange des Mittelstandes am Herzen. Außerdem war er einer<br />
der Gründungsväter der Green Defense at KRS GmbH, aus der er sich aber krankheitsbedingt<br />
Ende 2011 zurückgezogen hatte. (hhs/zi) ➛<br />
der Cyber Akademie<br />
(CAk)<br />
Seit Februar <strong>2013</strong> ist Ralf<br />
Kaschow neuer Geschäftsführer der<br />
Cyber Akademie (CAk). Die CAk ist<br />
ein neu etabliertes Ausbildungs- und<br />
Kompetenzzentrum für IT-Sicherheit.<br />
Die Ausbildungs- und Informationsveranstaltungen<br />
sind auf den spezifischen<br />
Bedarf von Landes- und<br />
Kommunalverwaltungen sowie Sicherheitsbehörden<br />
zugeschnitten. In<br />
der vorherigen Tätigkeit als Business<br />
Development Manager bei CAE<br />
Elektronik GmbH war Kaschow für<br />
das Neugeschäft von Simulationsund<br />
Ausbildungslösungen im Bereich<br />
<strong>Public</strong> Safety & <strong>Security</strong> verantwortlich.<br />
➛
Vom Stapel.<br />
So schmeckt der Unterschied. KRR 50 E.<br />
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