Gitarre & Laute XXIX/2007/Nº 2
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
gehen, zugegeben, auf Julian Bream zurück<br />
und eine wichtige, sehr bekannte Komposition<br />
fehlt: das Nocturnal op. 70 von Benjamin<br />
Britten. So viel zur Statistik!<br />
Als Julian Bream die ersten Kompositionen in<br />
Großbritannien anregte, ging es unter anderem<br />
darum, sich vom spanischen Repertoire<br />
ein wenig wegzubewegen. Segovia beherrschte<br />
mit „seinen“ Stücken die <strong>Gitarre</strong>nszene<br />
weltweit und es wurde Zeit, Alternativen zu<br />
schaffen. Maestro Segovia hat sich umgekehrt<br />
nie für die englischen <strong>Gitarre</strong>nwerke interessiert<br />
– zumindest hat er sie nicht gespielt.<br />
Graham Devine ist Engländer und hat dort<br />
mit seiner musikalischen Ausbildung bei Gordon<br />
Crosskey begonnen, als Teenager ist er<br />
nach Brasilien umgezogen, wo er seine Karriere<br />
als konzertierender Musiker und Lehrer begann.<br />
Heute unterrichtet er am Trinity College<br />
in London.<br />
Mit den fest im Repertoire verankerten Bagatellen<br />
von William Walton beginnt er sein Programm.<br />
Und gleich mit ersten Satz (Allegro)<br />
stellt er klar, mit wem der Zuhörer es zu tun<br />
hat. Entschlossen, nach vorn gerichtet, und<br />
dann wieder lyrisch, sinnlich. Er zaubert den<br />
hinreißend schönen Satz Alla Cubana mit<br />
Synkopen und lateinamerikanischem Flair. Mit<br />
einem virtuosen Feuerwerk beschließen Walton<br />
und Devine den Zyklus.<br />
Schlicht und ergreifend ist Farewell to<br />
Stromness, ein mystisches, fast gespenstisches<br />
schottisches Lamento, und auch die<br />
Elegy von Alan Rawsthorne führt in eine ähnliche<br />
emotionale Welt. Sie war Rawthornes<br />
letzte Komposition.<br />
Es folgen drei Kompositionen von Lennox<br />
Berkeley: Sonatina, Theme and Variations,<br />
MA_0003_05 · 05/06c<br />
Manuel M. Ponce<br />
Guitar Works<br />
Urtextausgabe<br />
46 <strong>Gitarre</strong> & <strong>Laute</strong>-ONLINE <strong>XXIX</strong>/<strong>2007</strong> <strong>Nº</strong> 2<br />
Quatre Pièces pour la Guitare. Devine neigt<br />
dazu, sich ein wenig an kleine Einheiten, an<br />
Details zu verlieren und dabei das Gesamtwerk<br />
außer Betracht zu lassen. Hier, in der Sonatina<br />
fällt mir das besonders auf. Die großen<br />
Spannungsbögen, die sich aus vielen kleineren<br />
zusammensetzen, und die wieder aus<br />
noch kleineren, dieser Mikrokosmos von Abhängigkeiten<br />
und Beziehungen als Ganzes<br />
macht das Kunstwerk aus und weniger die<br />
„schönen Stellen“. Graham Anthony Devine<br />
ist ein ziemlich detailversessener Musiker mit<br />
sicherer Kontrolle über sein Instrument und<br />
seine klanglichen Möglichkeiten.<br />
Das brasilianische Repertoire, später aufgenommen<br />
aber vor der englischen CD erschienen,<br />
kommt Devines Sicht der Dinge viel eher<br />
entgegen. Hier ist einem die Klang-, Detailund<br />
letztlich Selbstverliebtheit nichts Fremdes.<br />
Und hier, mit der Musik des Landes, in<br />
dem er groß geworden ist, brilliert Devine!<br />
Graham Anthony Devine ist ein vielseitiger<br />
Musiker. In zwei ziemlich unterschiedliche<br />
musikalische Welten führt er seine Zuhörer<br />
mit diesen CDs. In beiden fühlt er sich zuhause.<br />
Ferenc Snétberger: Nomad<br />
mit Arild Andersen, Bass und Paolo Vinaccia,<br />
percussion<br />
Aufgenommen im April 2005<br />
Enja-records ENJ 9485-2<br />
… eine höchst unterhaltsame CD…<br />
PPP<br />
Ferencs neues Trio ist hier erstmalig auf CD zu<br />
hören: Arild Andersen ist Norweger und hat<br />
Jazz-Geschichte miterlebt und geschrieben.<br />
Herausgegeben von Tilman Hoppstock<br />
Inhalt: Thème varié et Finale – Sonata clásica –<br />
Sonate Romantique – Sonatina<br />
64 Seiten, geheftet<br />
ISMN M-001-14018-8 (GA 544) · € 13,95<br />
Endlich liegt eine Urtextausgabe dieser Werke<br />
vor, die zum Standardrepertoire des 20. Jahrhunderts<br />
zählen. Ein interessantes Vorwort und<br />
ein ausführlicher kritischer Bericht geben<br />
Auskunft über die Quellenlage und die daraus<br />
resultierenden Entscheidungen des Herausgebers.<br />
Die Originalfassungen von „Thème varié et Finale“<br />
und „Sonatina“ wurden von dem Herausgeber<br />
auf der CD „Manual Ponce: Variations & Sonatas“<br />
(erschienen bei Signum) eingespielt.<br />
Olli Mustonen<br />
Jehkin livana<br />
Sonaatti kitaralle/Sonata for Guitar<br />
16 Seiten, geheftet<br />
ISMN M-001-13893-2 (GA 543) · € 12,95<br />
Mustonens Sonate für <strong>Gitarre</strong> entführt in die sagenhafte<br />
Welt finnischer Mythen und Epen, als tapfere<br />
Helden die Geschicke des Nordlands führten und<br />
ein Volk von Zauberern die endlosen Wälder durchstreifte.<br />
Benannt ist die Sonate nach Jehkin Iivana. Iivana<br />
(1843-1911) war einer der letzten großen Vertreter<br />
des traditionsreichen Runengesangs und ein Meister<br />
im Spiel der Kantele. Faszinierend lässt Mustonen<br />
den Klang des finnischen Nationalinstruments von<br />
der <strong>Gitarre</strong> nachempfinden und schafft eine Atmosphäre,<br />
die den Zauber mythischer Welten greifbar<br />
nahe erscheinen lässt.<br />
Der Italiener Paolo Vinaccia lebt seit vielen<br />
Jahren in Norwegen und ist fester Bestandteil<br />
der skandinavischen Musikszene. Über Ferenc<br />
Snétberger muss hier nichts gesagt werden (s.<br />
<strong>Gitarre</strong> & <strong>Laute</strong> XXII/2000/N° 3, S. 9-11). Zusammen<br />
spielen die drei Musiker seit zwei<br />
Jahren.<br />
Als „Triangel paneuropäischer Inspiration“<br />
sind sie bezeichnet worden, wo „in der Mystik<br />
und Lebenslust, Traumpfade und helles<br />
Lachen, Trance und Tanz sich amalgamieren“<br />
und dieses Wort ist nicht als Ausdruck von<br />
Unsicherheit zu werten. Unsicherheit in der<br />
Kategorisierung höchstens. Schon mein Interview<br />
im Jahr 2000 begann mit der Frage, in<br />
welche Schublade Schallplattenhändler seine<br />
Produktionen steckten. Damals war „Klassik“<br />
eine der Alternativen.<br />
Heute ist es einfacher: Der Jazz überwiegt!<br />
Man hat zwar immer wieder den Eindruck, das<br />
Trio breche aus, überschreite Grenzen – aber<br />
was sind Grenzen? Die Musik, die ankommt,<br />
swingt zwischen Meditativem und Minimalistischem,<br />
zwischen Bekanntem und völlig<br />
Unerhörtem. Dann gerät alles in Bewegung<br />
und groovt in „schierer emotionaler Kraft“<br />
vor einem davon oder ergeht sich in Virtuosem.<br />
Und aus der emotionalen Energie, der<br />
Ruhe und Weite schöpft man nachhaltig. Ferenc<br />
Snétberger sucht seinen Weg und findet<br />
ihn … seinen Weg zu einem persönlichen, unverwechselbaren<br />
Stil – aber ist nicht vielleicht<br />
der Weg das Ziel? Dies ist jedenfalls<br />
wieder eine höchst unterhaltsame CD geworden!<br />
Und hallo: Ein Amalgam ist eine Verbindung<br />
mit Quecksilber. Quecksilber ist silbrig und,<br />
notabene, sehr giftig!<br />
Neuerscheinungen für <strong>Gitarre</strong>