Gitarre & Laute XXIX/2007/Nº 2
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Walter Aaron Clark, Isaac Albéniz: Portrait<br />
of a Romantic<br />
Oxford 2003 (Oxford University Press) 0-<br />
19-925052-9<br />
Es wundert niemanden, dass der Autor dieses<br />
bemerkenswerten Buches, Walter Aaron<br />
Clark, von der <strong>Gitarre</strong> kommt – er hat bei<br />
Pepe Romero studiert und ist heute Professor<br />
für Musikwissenschaft an der Universität<br />
Kansas. Dabei hatte Isaac Albéniz nichts<br />
mit diesem Instrument zu tun. Aber Clark<br />
bemerkt schon nach ein paar Seiten, dass<br />
Albéniz’ Werke „well over a century“ nach<br />
seinem Tod populär geblieben sind, und<br />
dass „his circle of admirers continues to<br />
grow due in no small measure to the dissemination<br />
of his work in guitar transcription.”<br />
[S. 4] Der oft geäußerte Verdacht, die<br />
Klavierwerke von Isaac Albéniz hätten nur<br />
überlebt, weil sie von Gitarristen für ihr Instrument<br />
adoptiert worden sind, wird hier<br />
also noch einmal bestätigt. Dabei hält auch<br />
Clark Albéniz’ Klavier-Zyklus Iberia „without<br />
doubt“ für „one of the greatest collections<br />
of keyboard works ever written,<br />
and the foremost by a Spanish composer in<br />
the modern era”. [S. 3] Aber Iberia hört<br />
man durchaus gelegentlich von Pianisten,<br />
während sich Gitarristen hauptsächlich an<br />
die programmatischen Sätze aus der Suite<br />
española halten, die in der Wissenschaft allgemein<br />
als Salonmusik eingeschätzt werden<br />
… wenn sie überhaupt Erwähnung finden.<br />
Isaac Albéniz und seine Musik sind von der<br />
schreibenden Zunft außerhalb Spaniens und<br />
Frankreichs lange stiefmütterlich behandelt<br />
worden. Das scheint sich zwar jetzt zu ändern,<br />
aber immer noch sind etliche Facetten<br />
des Phänomens Albéniz unerforscht. Außerdem<br />
beherrschen oft zu lesende Ondits die<br />
Literatur. So hat Albéniz selbst Gerüchte<br />
über sich in die Welt gesetzt, um sich in<br />
besseres Licht zu setzen – zu diesen Histörchen<br />
gehört seine Behauptung, er habe bei<br />
Franz Liszt studiert. Diese und andere Unebenheiten<br />
sind von etlichen Biographen<br />
akzeptiert und sogar noch fabulierend weitergetrieben<br />
worden – in vorliegendem<br />
Buch werden sie angesprochen und geglättet.<br />
Walter Aaron Clark hat dafür zum Teil<br />
bisher unbekanntes Quellenmaterial entdeckt<br />
und ausgewertet – Ergebnis ist ein<br />
spannend zu lesendes Buch!<br />
Acht Kapitel widmet der Autor seinem Forschungsgegenstand:<br />
Das erste ist „The Phenomenon<br />
(1860–1875)“ überschrieben. Die<br />
Familie Albéniz stammte wahrscheinlich aus<br />
dem Baskenland und der einzige Träger des<br />
Namens neben Isaac, der Bekanntheit errungen<br />
hat, war der Kirchenmusiker Mateo<br />
Pérez de Albéniz (1755–1833). Von ihm wird<br />
in Transkription eine Sonate auf der <strong>Gitarre</strong><br />
gespielt. Mateo Albéniz stammte aus dem<br />
Baskenland … aber Isaacs Anspielungen,<br />
dieser Musiker von Ruf sei sein Großonkel<br />
Neue Bücher<br />
gewesen, gehören wie so vieles andere in’s<br />
Reich der Legenden.<br />
Isaacs Vater Angel war tatsächlich auch<br />
Baske. Und er war Freimaurer, was für<br />
Isaacs Karriere noch eine Rolle spielen sollte.<br />
Bei allem, was sich an Legenden um den<br />
jungen Albéniz rankt: Sicher ist, dass er<br />
eine Wunderkind-Karriere machte. Seine<br />
erste Komposition (eine Marcha Militar für<br />
Klavier) erschien 1869 [!] in Madrid, sein<br />
erstes belegtes Konzert gab er 1872 in Valladolid.<br />
Issaac Albénz war zwölf Jahre alt.<br />
Schon vorher soll er allein für Konzerte un-<br />
terwegs gewesen sein – schon 1870, also<br />
mit zehn! – aber diese Alleingänge sind<br />
nicht belegbar. Clark meint zwar richtig<br />
„Absence of proof is not proof of absence”<br />
[S. 27], bucht aber die Geschichte vom jugendlichen<br />
Konzertpianisten eher in’s Reich<br />
der Legende … obwohl sie von den meisten<br />
früheren Albéniz-Biografen unbewiesen<br />
übernommen worden ist.<br />
Nach 1868 war Albéniz Student am Real<br />
Conservatorio in Madrid. Seine in bisher<br />
jeder Biografie kolportierte legendäre Reise<br />
als blinder Passagier nach Amerika, um dort<br />
Konzerte zu geben, hat stattgefunden … allerdings<br />
nicht als blinder Passagier und<br />
auch nicht im Alter von zwölf Jahren, wie<br />
Albéniz gerne versichert hat, sondern im<br />
stolzen Alter von fünfzehn Jahren. Gespielt<br />
hat er in Puerto Rico und Havanna, wo sein<br />
Vater, er war spanischer Staatsbeamter, als<br />
Interventor General arbeitete. Der junge<br />
Isaac spielte beispielsweise die Ouvertüre<br />
Isaac Albéniz<br />
Die <strong>Laute</strong><br />
<strong>Gitarre</strong> & <strong>Laute</strong>-ONLINE <strong>XXIX</strong>/<strong>2007</strong> <strong>Nº</strong> 2 47