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Adelinde Cornelissen - St. Georg

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Auf dem Paddock hinterm Elternhaus: Vater Wim <strong>Cornelissen</strong> mit drei eigenen „Zuchtprodukten“.<br />

Nach ein paar Tagen Englisch-<strong>St</strong>udium<br />

wusste sie nur eines: Das ist<br />

es nicht. Drei <strong>St</strong>unden Vorlesung<br />

über den ungerundeten halbgeschlossenen<br />

Vorderzungenvokal?<br />

Nein! Dann lieber Kanada. Importierte<br />

Pferde reiten, ausbilden<br />

und verkaufen. Ein Jahr Sprachpraxis,<br />

dann nach Hause zum Vor-<br />

„Sie wollte mich kennenlernen“<br />

Nach dem missglückten Grand Prix bat<br />

Königin Beatrix <strong>Adelinde</strong> bei der Kür zum<br />

gemeinsamen Fachsimpeln in ihre Loge.<br />

Foto: Lafrentz<br />

stellungsgespräch. Von dort direkt<br />

in eine wartende Klasse. „Good<br />

morning, Miss <strong>Cornelissen</strong>!“ Sechs<br />

Jahre hat sie den Job gemacht und<br />

parallel geritten.<br />

Johan Hamminga war damals ihr<br />

Trainer. Zu diesem Zeitpunkt war<br />

sie schon wer in den Niederlanden,<br />

hatte als Ponyreiterin zwei<br />

nationale Titel gewonnen.<br />

Hamminga ist ein Mann, ohne<br />

den in Holland pferdetechnisch<br />

kaum etwas geht, der<br />

aber gern im Hintergrund agiert.<br />

Er sichtet Nachwuchsreiter, arbeitet<br />

als Richter für den niederländischen<br />

Warmblutzuchtverband<br />

KWPN und hat unter anderem<br />

Cocktail, Parzivals Großvater, als<br />

junges Pferd geritten. Er legt viel<br />

Wert auf Losgelassenheit und half,<br />

den ungestümen Parzival zu einem<br />

Dressurpferd zu formen.<br />

„Mach’ mal ein bisschen so und<br />

ein bisschen so. Und wie fühlt sich<br />

das an? Gut!“ So soll es sich ange-<br />

Ulissa ist acht Jahre alt, bis Klasse S ausgebildet und begleitet Parzival als Siegerehrungspferd auf Turniere.<br />

Entspannung findet <strong>Adelinde</strong> <strong>Cornelissen</strong> beim Training zuhause wichtiger als Lektionen zu üben.<br />

hört haben bei <strong>Adelinde</strong>s und Parzivals<br />

erster Piaffe. Übrigens für<br />

beide das erste Mal.<br />

<strong>Adelinde</strong> denkt gern an Hamminga.<br />

Jetzt trainiert sie beim Bundestrainer<br />

der Niederländer, bei Anky<br />

van Grunsvens Ehemann Sjef Janssen.<br />

Ich schlucke. Wim <strong>Cornelissen</strong><br />

sieht das und grinst mich<br />

freundlich an. „Aber mit der Rollkür<br />

haben wir nichts am Hut“. Reiten<br />

soll Spaß machen, findet der<br />

Sportlehrer und seine Tochter<br />

stimmt ihm zu. Vor Turnieren<br />

fährt sie zweieinhalb <strong>St</strong>unden gen<br />

Süden zum „Bonds Coach“.<br />

Keine Roll„kür“<br />

Nachmittags wird trainiert, dann<br />

einmal übernachtet und morgens<br />

steht dann die zweite Trainingseinheit<br />

auf dem Programm. „Sjef<br />

achtet ganz genau auf korrektes<br />

Reiten, er lässt mich zehnmal einreiten,<br />

bis ich wirklich ganz genau<br />

bei X halte, keinen Meter davor,<br />

dahinter oder daneben.“ Halten<br />

üben – ich kann mir gut vorstellen,<br />

dass das trainiert wird im<br />

Hause Janssen, denke ich. Und<br />

sonst? Muss sie nicht vielleicht<br />

doch so reiten, wie das die anderen<br />

Topreiter der Niederlande gerne<br />

praktizieren? <strong>Adelinde</strong> sagt nein.<br />

Beim Training mit Janssen ginge<br />

es vor allem um Konzentration<br />

und Kontrolle. „Ich habe ein Pferd,<br />

das alles kann und das keine<br />

Schwächen hat, da ist es wichtig,<br />

alles rauszuholen. Ich muss keine<br />

Lektion besonders üben. Wenn<br />

Parzival piaffiert, sagen andere gut.<br />

Sjef sagt, das ist eine Neun, streng<br />

dich an, du willst doch die Zehn.“<br />

Lernfortschritt Nummero drei:<br />

Auch viel Selbstbewusstsein kann<br />

sympathisch sein!<br />

Das Training ist vorbei. Die Abschwitzdecke<br />

wartet, die Siegerdecke<br />

vom Weltcuperfolg in London.<br />

Parzival schüttelt sich, tänzelt,<br />

schnappt in die Luft. Es gibt<br />

Dinge, die mag er nicht. Trotzdem<br />

ist er ein mustergültiges Turnierpferd.<br />

Im Anhänger hört man ihn<br />

gar nicht, sagt Pfleger-Besitzer-<br />

Chauffeur Wim. Selbst nach Skandinavien<br />

reiste er im Anhänger.<br />

„Wir können uns keinen LKW<br />

leisten.“ Und „<strong>St</strong>al Arcadia“? Der<br />

weiße Anhänger? Ein ehrgeiziges<br />

Projekt, ein Arkadien für Pferde:<br />

Boxen, große Reithalle und Spitzenpferde<br />

für <strong>Adelinde</strong>. Doch das<br />

goldene Zeitalter muss warten. Die<br />

Finanzkrise hat vorerst die geplante<br />

Zusammenarbeit schrumpfen<br />

lassen: ein Anhänger, ein Sattelschrank.<br />

<strong>Adelinde</strong> ist dennoch<br />

optimistisch. Für Neid scheint kein<br />

Platz in ihrem Leben – „Reiten<br />

soll doch Spaß machen“. Dressurreiten<br />

ist die Welt des großen Geldes,<br />

das weiß sie natürlich. Dass<br />

sie nicht in die gängigen Schemata<br />

passt, wohl auch. Kein reiches<br />

Töchterlein, keine Erbin, kein Immobilienhai<br />

im Hintergrund, der<br />

gerne mal eine Weltserie sponsort,<br />

und damit den Reitern der eigenen<br />

Pferde die Türchen öffnet.<br />

„Wir können nur durch Leistung<br />

überzeugen. Ich glaube nicht, dass<br />

Parzival weiß, wie teuer er ist. Ein<br />

Pferd muss doch Pferd bleiben!“<br />

Deswegen geht er auch jeden Tag<br />

auf die Weide oder aufs Paddock.<br />

Frequent Traveller – Parzival geht auf den Anhänger. Vorne Arbeitsgamaschen,<br />

hinten gänzlich ungeschützt.<br />

Fotos: www.toffi-images.de

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