Hochtemperaturwolle – Vernachlässigte Innovation im ... - Dkfg.de
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VULKAN-VERLAG · ESSEN 5<br />
2004<br />
GASWÄRME<br />
International<br />
Schwerpunkt<br />
Hochtemperaturprozesse<br />
<strong>Hochtemperaturwolle</strong> <strong>–</strong> <strong>Vernachlässigte</strong><br />
<strong>Innovation</strong> <strong>im</strong> Feuerfestbau<br />
High Temperature Wools (HTW) <strong>–</strong> Disregar<strong>de</strong>d innovation in refractory applications<br />
Dipl.-Ing. Heinz W<strong>im</strong>mer, Leiter Geschäftsbereich ALSITRA Rath GmbH, Mönchengladbach<br />
erschienen in GASWÄRME international 5/2004<br />
Vulkan-Verlag GmbH, Essen<br />
Ansprechpartner: Dipl.-Ing. Stephan Schalm, Telefon 0201/82002-12, E-Mail: s.schalm@vulkan-verlag.<strong>de</strong>
<strong>Hochtemperaturwolle</strong> <strong>–</strong> <strong>Vernachlässigte</strong><br />
<strong>Innovation</strong> <strong>im</strong> Feuerfestbau<br />
Einleitung<br />
In feuerfesten Anwendungen wer<strong>de</strong>n seit<br />
Jahrtausen<strong>de</strong>n die verschie<strong>de</strong>nsten Werkstoffe<br />
und Produkte eingesetzt. Neben <strong>de</strong>n<br />
altbewährten feuerfesten Massen und<br />
Betonen sowie Steinen und Feuerleichtsteinen<br />
wer<strong>de</strong>n <strong>im</strong>mer häufiger die bereits in<br />
<strong>de</strong>n 50er Jahren entwickelten Produkte aus<br />
<strong>Hochtemperaturwolle</strong> (HTW) eingesetzt.<br />
Je<strong>de</strong>r dieser feuerfesten Werkstoffe hat <strong>–</strong><br />
bezogen auf die jeweilige Anwendung <strong>–</strong><br />
spezielle technologische, ökonomische und<br />
ökologische Vor- und Nachteile. Hat man<br />
beispielsweise be<strong>im</strong> Einsatz von feuerfesten<br />
Werkstoffen in Industrieöfen in <strong>de</strong>r<br />
Vergangenheit mehr auf die mechanische<br />
Belastbarkeit einer feuerfesten Auskleidung<br />
geachtet, so wird seit <strong>de</strong>n 60er-Jahren<br />
<strong>im</strong>mer mehr das Augenmerk auf an<strong>de</strong>re<br />
Parameter <strong>de</strong>r jeweiligen Anwendung<br />
und die damit verbun<strong>de</strong>ne Möglichkeit <strong>de</strong>r<br />
Produktivitätssteigerung und Energieeinsparung<br />
gelegt.<br />
Die enormen Vorteile von Produkten aus<br />
<strong>Hochtemperaturwolle</strong> <strong>im</strong> Vergleich zu an<strong>de</strong>ren<br />
feuerfesten Werkstoffen, wie u. a.<br />
die geringe Speicherkapazität und hohe<br />
Temperaturwechselbeständigkeit, haben<br />
nach <strong>de</strong>r ersten Ölkrise <strong>im</strong> Jahre 1973 zu<br />
einem sprunghaften Anstieg <strong>de</strong>s Bedarfs<br />
geführt. Durch die Verpflichtungen aus<br />
<strong>de</strong>m Kyoto-Protokoll und <strong>de</strong>r daraus abge-<br />
leiteten EU-Richtlinie zur Reduzierung <strong>de</strong>r<br />
Treibhausgase [2003/87/EG <strong>de</strong>s Europäischen<br />
Parlaments und <strong>de</strong>s Rates <strong>de</strong>r Europäischen<br />
Union vom 25. Oktober 2003]<br />
Fachberichte<br />
High Temperature Wools (HTW) <strong>–</strong> Disregar<strong>de</strong>d innovation in refractory applications<br />
Je<strong>de</strong>r feuerfeste Werkstoff hat, bezogen auf die jeweilige Anwendung, technologische und<br />
ökonomische Vor- und Nachteile. Die Auswahl <strong>de</strong>r richtigen Feuerfest-Produkte erfor<strong>de</strong>rt<br />
eine partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Anlagenbetreiber, Ofenbauer und<br />
FF-Lieferant. In vielen Fällen wird von <strong>de</strong>n Fachleuten eine Kombination verschie<strong>de</strong>ner<br />
FF-Produkte als die technisch und betriebswirtschaftlich beste Lösung gewählt. Hierbei haben<br />
Produkte aus <strong>Hochtemperaturwolle</strong> in Bezug auf Betriebskosten, Investitionsvolumen,<br />
Betriebssicherheit und schnelle Verfügbarkeit <strong>de</strong>r Aggregate nach <strong>de</strong>r Neuzustellung o<strong>de</strong>r<br />
Reparatur <strong>de</strong>utliche Vorteile. Sie helfen <strong>de</strong>n Anwen<strong>de</strong>rn (z. B. Stahl-, keramische und chemische<br />
Industrie) Kosten zu senken, Standorte zu erhalten und schließlich Arbeitsplätze zu sichern.<br />
Der folgen<strong>de</strong> Beitrag gibt einen Gesamtüberblick zum Thema <strong>Hochtemperaturwolle</strong><br />
<strong>im</strong> mo<strong>de</strong>rnen Feuerfestbau.<br />
Every refractory material possesses technological and economic advantages and disadvantages<br />
in relation to any specific application. Selection of the correct refractory products<br />
presupposes equitable cooperation between the plant operator, the furnace engineer and<br />
the refractories supplier. In many cases, the specialists select a combination of refractory<br />
products as the technically and micro-economically best solution. In terms of operating<br />
costs, investment volume, reliability and rapid equipment availability following relining or<br />
repair, high-temperature wool products offer significant advantages in this context. They<br />
assist users (the steel, ceramics and chemicals industries, for example) in cutting costs, securing<br />
locations and, ult<strong>im</strong>ately, in protecting jobs. The following article provi<strong>de</strong>s an overall<br />
survey of the subject of high-temperature wools in mo<strong>de</strong>rn refractory engineering.<br />
Bild 1:<br />
Feuerfestprodukte<br />
Fig. 1:<br />
Refractory products<br />
Dipl.-Ing. Heinz W<strong>im</strong>mer<br />
Leiter Geschäftsbereich ALSITRA<br />
Rath GmbH, Mönchengladbach<br />
Tel.<br />
02161/969212<br />
E-Mail:<br />
heinz.w<strong>im</strong>mer<br />
@rath-group.com<br />
wird sich dieser Trend weiter verstärken.<br />
Der Bedarf an <strong>Hochtemperaturwolle</strong><br />
wird sich auch in<br />
Zukunft, durch innovativere Herstellungsprozesse<br />
bei extremeren<br />
Bedingungen und Temperaturen<br />
weiter erhöhen. Insbeson<strong>de</strong>re in<br />
<strong>de</strong>n Hochtemperaturanwendungen<br />
900 °C bis 1800 °C ist die<br />
Nutzung <strong>de</strong>r Produkte aus HTW<br />
in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit,<br />
die Umweltbelastung und<br />
<strong>de</strong>n Arbeitsschutz als revolutionär zu bezeichnen<br />
und somit ein wichtiger Faktor<br />
zur Standortsicherung. Um Missverständnissen<br />
vorzubeugen ist festzuhalten, dass<br />
die Hersteller von <strong>Hochtemperaturwolle</strong> in<br />
GASWÄRME International (53) Nr. 5/2004 273
274<br />
Fachberichte<br />
<strong>de</strong>r Regel auch Produzenten von allen an<strong>de</strong>ren<br />
feuerfesten Werkstoffen, wie z. B.<br />
feuerfeste Steine und Betone sind (Bild 1).<br />
Hersteller und Betreiber von Industrieöfen<br />
und sonstigen Anlagen <strong>im</strong> Hochtemperaturbereich<br />
betrachten heute zunächst einmal<br />
die beson<strong>de</strong>ren Anfor<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r individuellen<br />
Feuerfest-Anwendung auf <strong>de</strong>r<br />
Basis von rationalen, sachlichen Gesichtspunkten.<br />
Ist mechanische Festigkeit gefor<strong>de</strong>rt<br />
o<strong>de</strong>r Kontakt mit Schmelzen gegeben,<br />
so wird in <strong>de</strong>n meisten Fällen auf die traditionellen<br />
FF-Produkte zurückgegriffen.<br />
Ist aber ein Einsatz von Produkten aus<br />
<strong>Hochtemperaturwolle</strong> grundsätzlich möglich,<br />
so wird sich <strong>de</strong>r Anwen<strong>de</strong>r für diese<br />
Variante entschei<strong>de</strong>n. Die bereits genannten<br />
Vorteile <strong>de</strong>r HTW-Produkte führen u. a.<br />
zu hohen Energieeinsparungen und einem<br />
äußerst flexiblen Anlagenbetrieb, unabhängig<br />
von <strong>de</strong>r Kapazitätsauslastung eines<br />
Betriebes.<br />
Die Verwendung <strong>de</strong>r HTW-Produkte führt<br />
auch in Zusammenhang mit an<strong>de</strong>ren technischen<br />
Weiterentwicklungen (Brennertechnik<br />
etc.) zu Energieeinsparungen von<br />
über 50 % mit vielen weiteren produktionstechnischen,<br />
ökologischen und ökonomischen<br />
Vorteilen für <strong>de</strong>n Anwen<strong>de</strong>r. Meist<br />
ist eine Kombination <strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>nen<br />
feuerfesten Werkstoffe für die jeweilige<br />
Anwendung die beste Lösung. Hinzu kommen<br />
eine emotionslose, sachlich durchdachte<br />
Konstruktion und eine professionelle<br />
Montage um die Investition erfolgreich<br />
umzusetzen. In Bezug auf <strong>de</strong>n Arbeitsschutz<br />
sind <strong>im</strong> Übrigen be<strong>im</strong> Umgang und<br />
<strong>de</strong>r Verarbeitung bei allen FF-Produkten die<br />
erfor<strong>de</strong>rlichen Arbeitsschutzmaßnahmen<br />
zu treffen, unabhängig von Stein-, Massen<br />
o<strong>de</strong>r HTW-Produkten.<br />
Definition von <strong>Hochtemperaturwolle</strong>n<br />
<strong>Hochtemperaturwolle</strong>n (HTW) gehören neben<br />
<strong>de</strong>r Glas- und Mineralwolle zur Gruppe<br />
<strong>de</strong>r künstlichen Mineralwolle (Bild 2<br />
und 3). Diese Gruppe ist wie<strong>de</strong>rum unterteilt<br />
in Aluminiumoxid-, Aluminiumsilikatund<br />
Hochtemperaturglaswolle. Hochtemperaturglaswolle,<br />
auch Alkaline Earth Silicate<br />
Wool (AES) genannt, wur<strong>de</strong> bereits in<br />
<strong>de</strong>n 1980-er Jahren als Ersatz- bzw. Ergän-<br />
GASWÄRME International (53) Nr. 5/2004<br />
Bild 3:<br />
Produktionsmengen<br />
künstlicher Mineralwollen<br />
Fig. 3:<br />
Production quantities<br />
of synthetic mineral<br />
wools<br />
zungsprodukt zur Aluminiumsilikatwolle<br />
entwickelt. Produkte aus AES-Wolle wer<strong>de</strong>n<br />
vorwiegend in Hausgeräten <strong>im</strong> Temperaturbereich<br />
bis 1100 °C eingesetzt. AES-<br />
Wolle wird nach <strong>de</strong>m gleichen technologischen<br />
Verfahren hergestellt wie Aluminiumsilikatwolle.<br />
Deshalb stellen die Hersteller<br />
von Aluminiumsilikatwolle, und ausschließlich<br />
diese Hersteller, auch AES-Wolle<br />
her. Ein Wettbewerbsdruck <strong>im</strong> herkömmlichen<br />
Sinne ist also nicht gegeben. Aluminiumoxidwolle,<br />
auch bekannt unter <strong>de</strong>m<br />
Namen Polycristalline Wolle (PC), wird seit<br />
<strong>de</strong>n 1960er Jahren industriell hergestellt. Aluminiumsilikatwolle,<br />
international bekannt<br />
unter Refractory Ceramic Fibres (RCF), wird<br />
weltweit seit 1952, also seit über 50 Jahren<br />
hergestellt und verwen<strong>de</strong>t. Die wesentlichen<br />
Anwendungsgebiete für diese bei<strong>de</strong>n<br />
Produkte sind <strong>de</strong>r industrielle Ofenbau,<br />
spezielle Brandschutzanwendungen und<br />
die Katalysatortechnik in Kraftfahrzeugen,<br />
also Anwendungen <strong>im</strong> Hochtemperaturbereich<br />
zwischen 900 °C und 1800 °C.<br />
Die Hersteller sind in Deutschland in <strong>de</strong>r<br />
DKFG und in Europa in <strong>de</strong>r ECFIA zusammengeschlossen.<br />
Aufgabe <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Verbän<strong>de</strong><br />
ist es, alle Fragen in Bezug auf <strong>de</strong>n<br />
sicheren Umgang, die Arbeitssicherheit<br />
und die Umwelt zu klären und Anwen<strong>de</strong>r<br />
proaktiv zu informieren.<br />
Einstufung und Gesundheitsdiskussion<br />
Künstliche Mineralwolle ist eine ungeordnete<br />
Anhäufung von Fasern mit unterschiedlichen<br />
Längen- und Durchmesser-<br />
Bild 2:<br />
Arten von künstlichen<br />
Mineralwollen<br />
Fig. 2:<br />
Types of synthetic<br />
mineral wools<br />
spektren. Die Wolle enthält einzelne Fasern<br />
mit einem L/D Verhältnis größer 3:1 [1]. Die<br />
Diskussion über eine Gesundheitsgefährdung<br />
durch Künstliche Mineralfasern, zu<br />
<strong>de</strong>nen auch Faserstäube aus <strong>Hochtemperaturwolle</strong><br />
gehören, begann En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r<br />
1960er Jahre, wur<strong>de</strong> aber erst in <strong>de</strong>n<br />
1980er-Jahren verstärkt kommuniziert.<br />
Seit<strong>de</strong>m wur<strong>de</strong>n eine Reihe Tierversuche<br />
und epi<strong>de</strong>miologische Untersuchungen bei<br />
Menschen, die mit <strong>Hochtemperaturwolle</strong><br />
arbeiten, durchgeführt.<br />
Bisher sind bei Menschen keine Lungenerkrankungen,<br />
die ursächlich auf <strong>Hochtemperaturwolle</strong><br />
(u. a. auch Aluminiumsilikatwolle/Keramikfaser)<br />
zurückzuführen sind,<br />
aufgetreten. Dies zeigen auch die vorliegen<strong>de</strong>n<br />
Ergebnisse <strong>de</strong>r epi<strong>de</strong>miologischen<br />
Untersuchungen, die bei Arbeitern durchgeführt<br />
wur<strong>de</strong>n, die in HTW-erzeugen<strong>de</strong>n<br />
Betrieben täglich mit <strong>de</strong>n Materialien umgehen<br />
[2; 9]. Da also keine „einstufungswürdigen“<br />
epi<strong>de</strong>miologischen Daten vorliegen,<br />
wur<strong>de</strong> und wird <strong>de</strong>rzeit auf Tierversuche<br />
zurückgegriffen. Die Einstufung <strong>de</strong>r<br />
einzelnen Fasertypen ist in Deutschland<br />
und Europa z. T. unterschiedlich vorgenommen<br />
wor<strong>de</strong>n:<br />
<strong>–</strong> Fasern aus Aluminiumoxidwolle sind in<br />
Europa nicht, in Deutschland in die Kategorie<br />
3 (Verdacht auf krebserzeugen<strong>de</strong>s<br />
Potential) eingestuft. Die Durchführung<br />
von Tierversuchen ist <strong>de</strong>rzeit <strong>im</strong> Gespräch.<br />
<strong>–</strong> Fasern aus Aluminiumsilikatwolle haben<br />
eine Biolöslichkeit vergleichbar mit <strong>de</strong>r<br />
„alten“ Mineralwolle (55<strong>–</strong>65 Tage) und<br />
sind in Europa und in Deutschland Kategorie<br />
2 (krebserzeugend <strong>im</strong> Tierversuch)<br />
eingestuft.<br />
<strong>–</strong> Fasern aus AES-Wolle haben eine etwas<br />
geringere Biolöslichkeit (
vorgenommen [18]. Die IARC hat dabei die<br />
Einstufung von Aluminiumsilikatfasern<br />
(Keramikfasern) in die Gruppe 2B „possible<br />
carcinogen“, die bereits 1987 vorgenommen<br />
wor<strong>de</strong>n war, beibehalten. In <strong>de</strong>r IARC-<br />
Bewertung sind alle Erkenntnisse [3; 4; 19],<br />
auch die neuesten Ergebnisse aus <strong>de</strong>r Epi<strong>de</strong>miologie<br />
und Toxikologie, also auch<br />
die vorher erwähnten neueren Studien,<br />
berücksichtigt wor<strong>de</strong>n. Die Einstufung <strong>de</strong>r<br />
IARC entspricht einer Einstufung <strong>de</strong>r Kategorie<br />
3 (possible carcinogen) auf europäischer<br />
Ebene.<br />
Aus diesem Grund wird eine Neubewertung<br />
<strong>de</strong>r Einstufung von Aluminiumsilikatfasern<br />
(Keramikfasern) in die Kategorie 3<br />
auf europäischer Ebene diskutiert und in<br />
Erwägung gezogen. Da Einstufung und<br />
Kennzeichnung <strong>im</strong>mer wie<strong>de</strong>r zu Missverständnissen<br />
führen, ist noch einmal zu erwähnen:<br />
Nicht die Produkte selbst, son<strong>de</strong>rn<br />
nur die inhalierbaren Faserstäube, die<br />
unter Umstän<strong>de</strong>n aus <strong>de</strong>n Produkten emittieren,<br />
können eine mögliche Gefährdung<br />
darstellen. Während in Deutschland und<br />
Europa heutzutage ausschließlich die Gefährdung<br />
<strong>de</strong>s einzelnen Stoffs zur Einstufung<br />
herangezogen wird, so wird in <strong>de</strong>n<br />
USA und an<strong>de</strong>ren Län<strong>de</strong>rn das Risiko be<strong>im</strong><br />
Umgang mit Stoffen mit in die Bewertung<br />
einbezogen. Hier spielt, analog zu Paracelsus,<br />
die Dauer und die Höhe <strong>de</strong>r Exposition<br />
ebenso eine Rolle wie die Gefährdung <strong>de</strong>s<br />
Stoffs.<br />
Eine Übersicht <strong>de</strong>s Harvard Center for Risk<br />
Analysis (Bild 4) zeigt das Risiko an einer<br />
Erkrankung o<strong>de</strong>r äußeren Einflüssen zu<br />
sterben auf. Die Perspektive zeigt z. B. ein<br />
hohes Risiko bei einer Exposition gegenüber<br />
Asbest sowie <strong>de</strong>n allseits bekannten<br />
Herzkreislauferkrankungen. Sie zeigt aber<br />
auch, dass das Risiko an einer Exposition<br />
gegenüber RCF (Keramikfaser) zu erkranken<br />
vernachlässigbar gering ist.<br />
Anwendung von<br />
HTW-Produkten<br />
Erzeugnisse aus Aluminiumoxid- und Aluminiumsilikatwolle<br />
wer<strong>de</strong>n vorwiegend in<br />
industriellen Anwendungen über 900 °C<br />
eingesetzt. In <strong>de</strong>r Stahl-, NE-Metall-, Automobil-,<br />
Porzellan-, Chemischen und Keramischen<br />
Industrie sowie in Laboröfen führt<br />
<strong>de</strong>r Einsatz <strong>de</strong>r Produkte <strong>im</strong> Hochtemperaturbereich<br />
(900 bis 1800 °C) zu erheblichen<br />
Verbesserungen von Produktionsabläufen,<br />
Produktivität und Anlagenflexibilität<br />
sowie zu <strong>de</strong>utlichen Reduzierungen<br />
von Investitions- und Betriebskosten. Dabei<br />
sind insbeson<strong>de</strong>re die Einsparungen von<br />
Bild 5:<br />
Erosion durch Gasgeschwindigkeiten<br />
in periodischen gasbetriebenen<br />
Öfen bei 1050 °C<br />
Fig. 5: Erosion caused by high<br />
gas velocities in furnaces<br />
operated intermittently at<br />
1050 °C<br />
Bild 4:<br />
Sterberisiko in <strong>de</strong>r<br />
Perspektive<br />
Fig. 4:<br />
Mortality risk in<br />
perspective<br />
Fachberichte<br />
Pr<strong>im</strong>ärenergie zu nennen. Die Folge aus<br />
<strong>de</strong>r Energieeinsparung, in <strong>de</strong>r Regel ca.<br />
50 %, ist eine erhebliche Reduzierung von<br />
CO 2-Emissionen [6]. AES-Produkte fin<strong>de</strong>n<br />
vorwiegend Anwendung <strong>im</strong> Hausgerätebereich,<br />
z. B. Mikrowelle, Cerankochfeld etc.<br />
sowie in einigen Bereichen <strong>de</strong>s Brandschutzes.<br />
Ersatzstoffe für Produkte aus<br />
Aluminiumsilikatwolle<br />
Nach <strong>de</strong>n gesetzlichen Vorschriften ist bei<br />
einer Einstufung eines Stoffes in die Kategorie<br />
2, und in dieser Gruppe befin<strong>de</strong>t sich<br />
Aluminiumsilikatfaser <strong>de</strong>rzeit, eine Ersatzstoffprüfung<br />
gemäß § 36 GefStV [7] vorzunehmen.<br />
Eine praxisorientierte Hilfe für die<br />
Ersatzstoffprüfung und Dokumentation<br />
bietet die TRGS 619 „Ersatzstoffe für Keramikfasern<br />
<strong>im</strong> Ofen- und Feuerfestbau“ [5].<br />
Weitere praktische Hilfe bei <strong>de</strong>r Bewertung<br />
von Ersatzstoffen kann die VDI-Richtlinie<br />
3469 [1] bieten, in <strong>de</strong>r <strong>im</strong> Blatt 1 unter<br />
Punkt 2.2. „Substitution“ Kriterien beschrieben<br />
sind, die bei <strong>de</strong>r Substitution von<br />
Gefahrstoffen beachtet wer<strong>de</strong>n sollten.<br />
<strong>–</strong> Das Langzeitverhalten <strong>de</strong>r Produkte muss<br />
wenigstens gleichwertig sein<br />
<strong>–</strong> Eignung für <strong>de</strong>n Einsatz von Bauteilen<br />
aus Substitutionsprodukten an vorgegebenen<br />
Konstruktionen (Ersatzteildienst)<br />
<strong>–</strong> Verfügbarkeit in ausreichen<strong>de</strong>r Menge<br />
<strong>–</strong> Vergleichbare Kosten<br />
<strong>–</strong> Stofffreigabe aufgrund von Prüfungsverfahren<br />
(Sicherheit; Langzeitverhalten)<br />
<strong>–</strong> Das Gefahrenpotential <strong>de</strong>s Ersatzstoffes<br />
muss ausreichend erforscht und geringer<br />
sein<br />
<strong>–</strong> Vergleichbare o<strong>de</strong>r geringere Umweltbelastung<br />
<strong>–</strong> Sozialökonomische Aspekte<br />
<strong>–</strong> Recyclingfähigkeit<br />
GASWÄRME International (53) Nr. 5/2004 275
276<br />
Fachberichte<br />
Die Praxis <strong>de</strong>r letzten Jahren hat gezeigt,<br />
dass <strong>de</strong>r so genannte Ersatzwerkstoff AES-<br />
Wolle die technisch-physikalischen Anfor<strong>de</strong>rungen<br />
in <strong>de</strong>n meisten industriellen Anwendungen<br />
nicht erfüllt [8; 12; 14; 15].<br />
Der in Bild 5 gezeigte Industrieofen zeigt<br />
<strong>de</strong>n Vergleich einer intakten Auskleidung<br />
aus Aluminiumsilikatmodulen nach 7 Jahren<br />
Betrieb und die durch Kristallisation<br />
und nachfolgen<strong>de</strong>r Erosion geschädigte<br />
Auskleidung von AES-Module nach wenigen<br />
Monaten. Der Industrieofen wur<strong>de</strong> unter<br />
gleichen Bedingungen betrieben. Die<br />
Auskleidung musste wie<strong>de</strong>r auf Aluminiumsilikatmodule<br />
umgerüstet wer<strong>de</strong>n<br />
(Bild 5). Dem Einsatz von Steinen und Massen<br />
stehen energetische, sozioökonomische<br />
aber auch technische Aspekte entgegen,<br />
da sich die Bedingungen in <strong>de</strong>n<br />
heutigen Anwendungen (vorwiegend periodischer<br />
Betrieb) in <strong>de</strong>n letzten Jahren<br />
geän<strong>de</strong>rt haben.<br />
Es gibt also keinen generellen Ersatzwerkstoff<br />
für Produkte aus Aluminiumsilikatwolle<br />
<strong>im</strong> Hochtemperaturbereich >900 °C,<br />
<strong>de</strong>shalb gilt für die Auswahl von FF-Materialien<br />
nach TRGS 619, in <strong>de</strong>r Produkte aus<br />
<strong>Hochtemperaturwolle</strong>, aber auch Steine<br />
und Massen einfließen: Die technische Eignung<br />
für die jeweilige Anwendung best<strong>im</strong>mt,<br />
welche FF-Produkte eingesetzt<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Viele industrielle Anfor<strong>de</strong>rungen, bei <strong>de</strong>nen<br />
zur Erzeugung neuer Produkte in <strong>de</strong>r<br />
Anwendung ständig aufgeheizt und abgekühlt<br />
wird o<strong>de</strong>r bei <strong>de</strong>nen kurzzeitige<br />
Temperaturkurven gefahren wer<strong>de</strong>n müssen,<br />
sind aus verfahrenstechnischen Grün<strong>de</strong>n<br />
und guten Temperaturwechselbeständigkeit<br />
nur noch mit Produkten aus<br />
<strong>Hochtemperaturwolle</strong> zu lösen. In <strong>de</strong>n Anwendungen,<br />
bei <strong>de</strong>nen HTW-Produkte<br />
grundsätzlich geeignet sind, haben diese<br />
aus ökologischen und ökonomischen Gesichtspunkten<br />
wesentliche Vorteile vor <strong>de</strong>n<br />
dichteren FF-Produkten. Eine Auswahl <strong>de</strong>r<br />
Werkstoffe ausschließlich auf „emotionaler“<br />
Basis (z. B. Faserdiskussion) ist in Bezug<br />
auf <strong>de</strong>n Arbeitsschutz sachlich falsch, kann<br />
sogar zu Problemen gera<strong>de</strong> <strong>im</strong> Arbeitsschutz<br />
führen und führt letztendlich zu<br />
höheren Kosten und Wettbewerbsnachteilen.<br />
Erstens sind geeignete Schutzmaßnahmen<br />
bei allen FF-Produkten anzuwen<strong>de</strong>n und<br />
<strong>im</strong> Umfang gleich, zweitens ist eine Gefährdung<br />
für <strong>de</strong>n Betreiber <strong>de</strong>r Anlage<br />
nicht gegeben, da es während <strong>de</strong>s Betriebs<br />
keine o<strong>de</strong>r nur sehr geringe Expositionen<br />
von Stäuben gibt.<br />
Professioneller Umgang mit<br />
Feuerfestprodukten<br />
Bereits bei <strong>de</strong>r Planung einer Anlage mit<br />
feuerfesten Werkstoffen sollten unbedingt<br />
vorgefertigte Produkte in die Konstruktion<br />
GASWÄRME International (53) Nr. 5/2004<br />
mit einbezogen und bevorzugt wer<strong>de</strong>n.<br />
Neben einer schnelleren Montage vermei<strong>de</strong>t<br />
man damit unnötige Bearbeitungsvorgänge<br />
auf <strong>de</strong>r Baustelle.<br />
Bei <strong>de</strong>r Be- und Verarbeitung von allen Feuerfesten<br />
Produkten können Stäube freigesetzt<br />
wer<strong>de</strong>n, die unter Umstän<strong>de</strong>n gesundheitsgefährlich<br />
wirken können. Insbeson<strong>de</strong>re<br />
bei quarzhaltigen Produkten ist<br />
auf die Einhaltung best<strong>im</strong>mter Arbeitsverfahren<br />
zu achten. Sollte <strong>de</strong>r Luftgrenzwert<br />
überschritten wer<strong>de</strong>n, so ist in je<strong>de</strong>m Fall<br />
eine Atemschutzmaske zu tragen (z. B.<br />
be<strong>im</strong> Bearbeiten Schnei<strong>de</strong>n/Sägen/Schleifen<br />
von Steinen und HTW-Produkten). Bei<br />
<strong>de</strong>r Verarbeitung von Steinen und Betonen<br />
gilt <strong>im</strong> Wesentlichen die BIA/BG-Regel 217<br />
„Mineralischer Staub“ [22].<br />
Für Faserstäube gilt seit 1996 die Technische<br />
Regel für Gefahrstoffe TRGS 521 „Faserstäube“,<br />
[21] die vom Bun<strong>de</strong>sministerium<br />
für Wirtschaft und Arbeit <strong>im</strong> Bun<strong>de</strong>sarbeitsblatt<br />
veröffentlicht wird, als Maßstab<br />
für <strong>de</strong>n sicheren und professionellen Umgang<br />
mit Produkten aus Künstlichen Mineralfasern.<br />
DKFG und ECFIA informieren Kun<strong>de</strong>n und<br />
Anwen<strong>de</strong>r bereits seit <strong>de</strong>n frühen 1980er<br />
Jahren mit entsprechen<strong>de</strong>n EG - Sicherheitsdatenblättern,<br />
Publikationen und<br />
Warnhinweisen auf <strong>de</strong>n Verpackungen<br />
über <strong>de</strong>n professionellen Umgang mit<br />
Aluminiumsilikatwolle.<br />
Die Informations- und Aufklärungspolitik<br />
<strong>de</strong>r DKFG, sowie Warn- und Handhabungshinweise<br />
gelten, nach Bestätigung<br />
durch Vertreter <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sarbeitsministeriums,<br />
als vorbildlich in <strong>de</strong>r Industrie [10;11].<br />
Im Gegensatz zur stationären Verarbeitung,<br />
wo Absaugsysteme angeschlossen<br />
wer<strong>de</strong>n können, gibt es bei Montagen und<br />
Demontagen keinen Luftgrenzwert für<br />
Staub und Faserstaub. Deshalb müssen bei<br />
Montage- und Demontagearbeiten aller<br />
FF-Produkte (Betone/Steine/Wolle) die notwendigen<br />
persönlichen Schutzmaßnahmen<br />
(z. B. Schutzanzug, Atemschutzmaske<br />
FFP3) getragen wer<strong>de</strong>n [20].<br />
Vorteile von HTW in Bezug<br />
auf Kosten, Umwelt und<br />
Standortsicherung<br />
Die einzigartigen Wärmedämmeigenschaften<br />
<strong>de</strong>r Produkte aus <strong>Hochtemperaturwolle</strong>,<br />
zu <strong>de</strong>nen sowohl Aluminiumoxid-,<br />
Aluminiumsilikat- als auch AES-Wolle<br />
gehören, ermöglichen bei hohen Temperaturen,<br />
verglichen mit konventionellen feuerfesten<br />
Werkstoffen (z. B. Steine und Massen),<br />
wie bereits erwähnt, be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong><br />
Energie- und damit CO2-Emissionsein sparungen (Tabelle 1).<br />
Angesichts <strong>de</strong>s steigen<strong>de</strong>n Drucks auf einzelne<br />
Län<strong>de</strong>r, Regierungen und die Industrie,<br />
die Treibhausgase zu reduzieren, ist<br />
<strong>de</strong>r Beitrag, <strong>de</strong>n die Produkte aus <strong>Hochtemperaturwolle</strong><br />
zur Energieeinsparung leisten,<br />
von großer Be<strong>de</strong>utung [6]. Der reduzierte<br />
Energieverbrauch entsprach bereits<br />
<strong>im</strong> Jahr 1998 einer Einsparung an CO2- Emissionen von über 10 Mio. to/a in Europa,<br />
mit steigen<strong>de</strong>r Ten<strong>de</strong>nz. Insbeson<strong>de</strong>re<br />
<strong>im</strong> periodischen Industrieofenbetrieb sind<br />
die Vorteile <strong>de</strong>r Zustellungen aus HTW<br />
nicht mehr wegzu<strong>de</strong>nken [13] und tragen<br />
in erheblichem Maße zur Standortsicherung<br />
<strong>de</strong>r betroffenen Anwen<strong>de</strong>rindustrien<br />
bei. Der in Kürze beginnen<strong>de</strong> Han<strong>de</strong>l<br />
mit CO2-Zertifikaten (1. Stufe: 2005-2007)<br />
wird eine weitere Steigerung von Anwendungen<br />
mit HTW-Produkten nach sich ziehen.<br />
Bereits ab <strong>de</strong>m Jahr 2002 und auf<br />
Antrag rückwirkend bis 1990 können Betreiber<br />
von Hochtemperaturöfen von CO2- Reduzierungen profitieren (early action).<br />
Als ein Beispiel in Bezug auf Kosten und<br />
Emissionen sind verschie<strong>de</strong>ne feuerfeste<br />
Auskleidungen eines Schmie<strong>de</strong>ofens in Tabelle<br />
1 gegenübergestellt.<br />
Bedingt durch die geringere Masse <strong>de</strong>r<br />
Ultra-Leicht HTW-Auskleidung und <strong>de</strong>r damit<br />
verbun<strong>de</strong>nen geringeren Speicherwärme<br />
sind bei diesem Industrieofen Energieein-sparungen<br />
von 65 % <strong>im</strong> Vergleich zur<br />
Schwerzustellung erzielt wor<strong>de</strong>n (Bild 6).<br />
Bei <strong>de</strong>r Auslegung eines Industrieofens ist<br />
die partnerschaftliche Zusammenarbeit<br />
zwischen Betreiber, Ofenbauer und Feuer-<br />
Ofenzustellung Stein/Masse Stein/Masse HTW-Module<br />
Schwer Leicht Ultra-Leicht<br />
Spezifische<br />
Speicherwärme (MJ/m<br />
817,82 330,35 45,33<br />
2 Tabelle 1: Vergleich feuerfester Auskleidungen<br />
Table 1: Comparative assessment of refractory linings<br />
)<br />
Betriebskosten<br />
(Energie) (E/m2/a) 414,27 214,22 121,04<br />
Gesamtkosten (E/m 2/a) 502,96 292,52 179,59<br />
Energieverbrauch + Basis 42% 65%<br />
CO 2-Emissionen (%)<br />
Periodischer Ofenbetrieb: Aufheizen: 48 mal pa.; 4700 Betriebsstun<strong>de</strong>n pa.; Brenntemperatur: 1300 °C
Bild 6: Kostenvergleich von FF-Auskleidungen <strong>im</strong> Schmie<strong>de</strong>ofen<br />
Fig. 6: Cost appraisal of refractory linings in a forge furnace<br />
festlieferant <strong>de</strong>r Garant für eine erfolgreiche<br />
Inves-tition. Neben <strong>de</strong>n physikalisch,<br />
chemischen Ofenbedingungen müssen<br />
auch an<strong>de</strong>re Einflüsse (Vibrationen, Umgebungstemperatur,<br />
Feuchte durch Kon<strong>de</strong>nsat<br />
etc.) zur Auswahl <strong>de</strong>s FF-Werkstoffes<br />
bekannt sein, um eine anwendungsbezogene<br />
Auswahl <strong>de</strong>r FF-Produkte zu realisieren<br />
[5]. Meist kommen in einer Anlage<br />
mehrere FF-Produkte in Kombination<br />
(HTW-Module, Massen und Steine) zur Anwendung.<br />
Durch eine präventive, offene<br />
Kommunikation <strong>de</strong>r beteiligten Fachleute<br />
können Fehler und Schä<strong>de</strong>n an Industrieöfen<br />
und an<strong>de</strong>ren Hochtemperaturanlagen<br />
bereits bei <strong>de</strong>r Planung vermie<strong>de</strong>n und Arbeitsabläufe<br />
opt<strong>im</strong>iert wer<strong>de</strong>n.<br />
Bild 7: Temperaturunterschie<strong>de</strong> <strong>im</strong> Industrieofen<br />
Fig. 7: Temperature differences in industrial furnaces<br />
Beispielsweise wer<strong>de</strong>n die durch Zirkonanteile<br />
bereits reduzierten Schmelztemperaturen<br />
best<strong>im</strong>mter HTW-Sorten durch <strong>de</strong>n<br />
Einsatz von „Giesspulver“ (Alkalien) weiter<br />
abgesenkt. Im Zusammenhang mit <strong>de</strong>m<br />
Phänomen, dass die tatsächlichen Temperaturen<br />
an <strong>de</strong>r Ofenwand und <strong>im</strong> Abgasbereich<br />
während <strong>de</strong>s Aufheizens ca.<br />
100-150 °C über <strong>de</strong>n <strong>im</strong> Ofenraum gemessenen<br />
Werten liegen (Bild 7), kann dies zu<br />
Schä<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Auskleidung führen. Demnach<br />
gilt die Praxisregel, dass HTW-Produkte<br />
nicht dauerhaft bei Klassifikationstemperatur<br />
eingesetzt wer<strong>de</strong>n sollten, son<strong>de</strong>rn<br />
ca. 150 °C darunter.<br />
Falls bei Anwendungen bis 1250 °C kritische<br />
Betriebsbedingungen (Giesspulver<br />
Bild 8: Pfannenfeuer<br />
Fig. 8: Ladle heating installation<br />
Fachberichte<br />
o<strong>de</strong>r Alkalien in <strong>de</strong>r Ofenatmosphäre) vorher<br />
bekannt sind, setzt man als konstruktive<br />
Maßnahme in diesem Fall z. B. Alsitra1400-<br />
HighPurity mit 54 % Al2O3 und höherem<br />
Schmelzpunkt ein. Bei extremen Belastungen<br />
über 1250 °C verwen<strong>de</strong>t man in <strong>de</strong>r<br />
Regel Komb<strong>im</strong>odule aus Altra ® und Alsitra<br />
(Aluminiumoxid- und Aluminiumsilikatmodul)<br />
o<strong>de</strong>r Altra ® -Module (bis zu 1600 °C).<br />
Die Betriebssicherheit und längere Verfügbarkeit<br />
einer Anlage bringt hier das Payback<br />
für die höhere Investition. Nebenbei<br />
sind dann auch Reparaturarbeiten an <strong>de</strong>r<br />
Auskleidung in <strong>de</strong>n meisten Fällen nicht<br />
mehr notwendig, eine professionelle Montage<br />
vorausgesetzt.<br />
Ein weiteres Beispiel für <strong>de</strong>n Einsatz von Alsitra<br />
1400-HighPurity an Stelle von zirkonhaltigen<br />
Alsitra-Modulen ist in Bild 8 (Pfannenfeuer)<br />
gezeigt. Kurzzeitige hohe Temperaturen<br />
schädigen die Auskleidung <strong>de</strong>s<br />
zirkonhaltigen Materials (Schmelzpunkt<br />
1700 °C)<br />
<strong>de</strong>n kurzzeitigen Belastungen standhält.<br />
Bild 9 zeigt die Auswirkung einer kurzzeitigen<br />
Temperaturüberschreitung <strong>im</strong> elektrisch<br />
betriebenen Laborofen auf Alsitra<br />
1400Z und Alsitra 1400-HighPurity.<br />
Fazit<br />
Auf Grund <strong>de</strong>r enormen technischen Entwicklungen<br />
<strong>im</strong> Industrieofenbau und <strong>de</strong>n<br />
Energieeinsparungen, die durch <strong>de</strong>n Einsatz<br />
von Produkten aus <strong>Hochtemperaturwolle</strong><br />
in <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nsten Industriezweigen<br />
erst möglich gewor<strong>de</strong>n sind, sind<br />
diese nach <strong>de</strong>m <strong>de</strong>rzeitigen Stand <strong>de</strong>r<br />
Technik nicht mehr aus Prozessen mit Temperaturen<br />
über 900 °C wegzu<strong>de</strong>nken.<br />
AES-Wolle ist nicht, wie z. B. Aluminiumoxidwolle,<br />
in die Kategorie 3 eingestuft.<br />
Bei Aluminiumsilikatwolle ist in Europa aufgrund<br />
<strong>de</strong>r IARC-Bewertung, die in <strong>de</strong>r Vergangenheit<br />
grundsätzlich zur Einstufung<br />
herangezogen wur<strong>de</strong>, in nächster Zeit<br />
GASWÄRME International (53) Nr. 5/2004 277
278<br />
Fachberichte<br />
ebenfalls mit einer Einstufung <strong>de</strong>r Aluminiumsilikatwolle<br />
in Kategorie 3 zu rechnen.<br />
Offensiver, proaktiver Arbeitsschutz und<br />
hier insbeson<strong>de</strong>re die Aufklärung und<br />
Schulung <strong>de</strong>r Mitarbeiter, die direkten Umgang<br />
mit Aluminiumsilikatwolle und an<strong>de</strong>ren<br />
Feuerfestprodukten haben, sind <strong>de</strong>r<br />
wesentlichste Beitrag zur Reduzierung<br />
eines möglichen Restrisikos. Vorgefertigte<br />
Produkte können die Montage vereinfachen<br />
und die Expositionen von Stäuben<br />
durch die Bearbeitung auf <strong>de</strong>r Baustelle<br />
reduzieren.<br />
Die Neuentwicklungen, also die weniger<br />
biobeständigen Produkte (AES-Wolle),<br />
haben in <strong>de</strong>r Hochtemperaturanwendung<br />
(>900 °C) <strong>im</strong> periodischen Ofenbetrieb<br />
Grenzen in <strong>de</strong>r physikalischen Belastbarkeit<br />
sowie <strong>de</strong>r chemischen Beständigkeit und<br />
können lediglich als Ergänzung zur vorhan<strong>de</strong>nen<br />
Aluminiumsilikatwolle in einigen<br />
wenigen Fällen angesehen wer<strong>de</strong>n [5;15].<br />
Es gibt <strong>de</strong>rzeit und in absehbarer Zeit keine<br />
Alternativen zu Produkten aus Aluminiumsilikatwolle<br />
insbeson<strong>de</strong>re <strong>im</strong> Hochtemperaturbereich<br />
über 900 °C. Bei einer Ganzheitsbetrachtung,<br />
insbeson<strong>de</strong>re unter<br />
wirtschaftlichen sowie umwelt- und sozioökonomischen<br />
Gesichtspunkten, sind<br />
Erzeugnisse aus Aluminiumsilikatwolle<br />
nicht mehr aus einem fortschrittlichen Betrieb<br />
mit Wärmedämmanfor<strong>de</strong>rungen über<br />
900 °C wegzu<strong>de</strong>nken [13;17]. Produkte<br />
aus <strong>Hochtemperaturwolle</strong> sind High-Tech-<br />
Produkte, mit <strong>de</strong>nen unter Berücksichtigung<br />
<strong>de</strong>r TRGS 521 auch in Zukunft sicher<br />
umgegangen wer<strong>de</strong>n kann. Die vielen Vor-<br />
GASWÄRME International (53) Nr. 5/2004<br />
teile <strong>de</strong>r Erzeugnisse in Bezug auf <strong>de</strong>n<br />
Verbrauch und die Einsparung von Pr<strong>im</strong>ärenergie,<br />
das Investitionsvolumen, die Betriebssicherheit<br />
etc. helfen dabei die Produktionsstandorte<br />
<strong>de</strong>r Anwen<strong>de</strong>rindustrie<br />
zu stärken bzw. zu sichern. In einem Beitrag<br />
<strong>de</strong>s WDR wur<strong>de</strong> u.a. festgestellt, dass<br />
<strong>de</strong>r Jahresbedarf eines Wärmebehandlungsofens<br />
(Glühofen) in <strong>de</strong>r Stahlindustrie<br />
<strong>de</strong>n Energiebedarf einer Kleinstadt mit<br />
40 000 Einwohnern hat [16]. Wenn man<br />
be<strong>de</strong>nkt, dass auch heute noch einige tausend<br />
Indus-trieöfen in Deutschland betrieben<br />
wer<strong>de</strong>n, zeigt dies, welches enorme<br />
Verbesserungspotential in vielen Bereichen<br />
<strong>de</strong>r Industrie auch heute noch vorhan<strong>de</strong>n<br />
ist.<br />
Literatur<br />
Bild 9:<br />
Schwindungsvergleich<br />
Aluminiumsilikatwolle:<br />
Alsitra 1400-<br />
HighPurity und Alsitra<br />
1400Z<br />
Fig. 9:<br />
Assessment of shrinkage<br />
of aluminiumsilicate<br />
wools: Alsitra<br />
1400 High Purity and<br />
Alsitra 1400Z<br />
[1] VDI-Richtlinie 3469, „Emissionsmin<strong>de</strong>rung faserförmiger<br />
Stäube“; Blatt 1 (Okt. 1998; z. Z. in<br />
Überarbeitung) und „Keramikfasern“ Blatt 7;<br />
überarbeitet <strong>im</strong> Gründruck 2004<br />
[2] IOM-Report TM/99/01; Epi<strong>de</strong>miological Research<br />
in the European ceramic fibre industry<br />
1994-1998; Institute of Occupational Medicine<br />
(IOM); June 1999<br />
[3] Mast, R. W.; McConnell, E. E.; An<strong>de</strong>rson, R.;<br />
Chevalier, J.; Kotin, P.; Bernstein, D. M.;<br />
Thévenaz, P.; Glass, L. R.; Miller, W. C.; and Hesterberg,<br />
T. W. (1995a). Studies on the chronic<br />
toxicity (inhalation) of four types of refractory<br />
ceramic fiber in male Fischer 344 rats. Inhal.<br />
Toxicol. 7:425-467.<br />
Mast, R. W.; McConnell, E. E.; Hesterberg, T. W.;<br />
Chevalier, J.; Kotin, P.; Thévenaz, P.; Bernstein, D.<br />
M.; Glass, L. R.; Miller, W., and An<strong>de</strong>rson,<br />
R.(1995b). Multiple dose chronic inhalation study<br />
of size-separated kaolin refractory fiber in<br />
male Fischer 344 rats. Inhal. Toxicol. 7:469-502.<br />
[4] Bellmann, B.; Muhle, H.; Creutzenberg, O.; Ernst<br />
H.; Brown, R. C., and Sébastien, P. (2001). Effects<br />
of nonfibrous particles on ceramic fiber (RCF1)<br />
toxicity in rats. Inhal. Toxicol.13: 101-125.<br />
[5] Technische Regel für Gefahrstoffe; TRGS 619:<br />
„Ersatzstoffe für Keramikfasern <strong>im</strong> Ofen- und<br />
Feuerfestbau“; Bun<strong>de</strong>sarbeitsblatt Oktober<br />
2002<br />
[6] DKFG; „High Temperature Insulation Wool reduces<br />
industries <strong>im</strong>pact on the environment“ 2002<br />
[7] Gefahrstoffverordnung § 36 Abs. 2 Ermittlungspflicht,<br />
(Substitutionsverpflichtung)<br />
[8] Bolen<strong>de</strong>r, Th.; Untersuchungen zur Temperaturstabilität<br />
von „biolöslichen“ Keramikfasern <strong>im</strong><br />
Vergleich zu Keramikfasern <strong>de</strong>s Systems Al2O3- SiO2; GASWÄRME International (50) Nr. 9/2001:<br />
Fachberichte<br />
[9] Quantitative Risk Assessment of Refractory<br />
Ceramic Fibers in the Occupational Environment;<br />
Sciences International; Inc April 1998<br />
[10] CARE-Programm; ECFIA, 1996; www.dkfg.<strong>de</strong>;<br />
www.ecfia.org<br />
[11] Class, P.; Brown, R.C.; „Exposition gegenüber<br />
künstlichen Mineralfasern“; Gefahrstoffe Reinhaltung<br />
<strong>de</strong>r Luft; 2002 Nr. 5 Mai<br />
[12 Bin<strong>de</strong>, G.; „Hochtemperaturglasfasern: Ersatz<br />
für Keramikfasern?“; Mitglie<strong>de</strong>rzeitschrift <strong>de</strong>r<br />
Berufsgenossenschaft Maschinenbau: „Sicher<br />
arbeiten!“ 01-2002<br />
[13] Mendhe<strong>im</strong>, J.; Refractory Materials in Ceramic<br />
Kiln Construction: Past, Present, and Future CN<br />
Refractories Vol. 5-2001<br />
[14] Bin<strong>de</strong>, G; Bolen<strong>de</strong>r, Th.; Rekristallisierung und<br />
Cristobalitbildung in Hochtemperaturglasfasern<br />
(AES) nach thermischer Belastung; Gefahrstoffe<br />
Reinhaltung <strong>de</strong>r Luft; 62 (2002) Nr. 6 <strong>–</strong> Juni<br />
[15] Sonnenschein, G.; Werkstoffe zur Wärmedämmung<br />
unter Berücksichtigung <strong>de</strong>s Einsatzes<br />
von Keramikfasern; Gefahrstoffe Reinhaltung<br />
<strong>de</strong>r Luft¸ 5/2003<br />
[16] Ban<strong>de</strong>rmann, K.; WDR 2-Stichtag vom<br />
17.10.2002; Thema: „Anmeldung zum Patent:<br />
NIROSTA“; 10-2002<br />
[17] Klinger W.; Mo<strong>de</strong>rne Wärmedämmstoffe <strong>im</strong> Industrieofenbau;<br />
Fachtagung <strong>de</strong>r Deutschen<br />
Gesellschaft für Feuerfest- und Schornsteinbau;<br />
Düsseldorf; Juni 2003<br />
[18] IARC Monographs on the Evaluation of Carcinogenic<br />
Risks to Humans, Volume 81; Man-<br />
Ma<strong>de</strong> Vitreous Fibres; 2002, Lyon, France.<br />
[19] Creutzenberg, O.; Bellman, B.; and Muhle, H.<br />
(1997). Biopersistence and bronchoalveolar lavage<br />
investigations in rats after subacute inhalation<br />
of various man-ma<strong>de</strong> mineral fibres.<br />
Ann. Occup. Hyg. 41(S1): 213-218.<br />
[20] Deutsche Gesellschaft für Feuerfest- und<br />
Schornsteinbau e. V.; Vulkan Verlag Essen;<br />
„Feuerfestbau“ 3. Auflage; September 2002<br />
[21] Bun<strong>de</strong>sministerium für Wirtschaft und Arbeit:<br />
Technische Regel für Gefahrstoffe: TRGS 521<br />
„Faserstäube“ ; Bun<strong>de</strong>sarbeitsblatt; 1996<br />
[22] HVBG; Hauptverband <strong>de</strong>r gewerblichen Berufsgenossenschaften;<br />
BG-Regel BGR 217; Umgang<br />
mineralischem Staub; Januar 2002