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Sicherer Umgang mit Keramikfasern - DKFG

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Dr. U. Welzbacher, Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften<br />

(HVBG), Sankt Augustin<br />

<strong>Keramikfasern</strong> wurden in der 23. Anpassungsrichtlinie 97/69/EG neu in Anhang I<br />

der Stoffrichtlinie 67/548/EWG aufgenommen und als „Krebserzeugend beim<br />

Einatmen“ (R 49) eingestuft. Seit 1999 gibt es in Deutschland einen Luftgrenzwert<br />

von 500.000 F/m 3 für bestimmte Bereiche des <strong>Umgang</strong>s sowie von 250.000 F/m 3<br />

im übrigen. Die TRGS 521 „Faserstäube“ regelt seit Oktober 1996 den <strong>Umgang</strong><br />

<strong>mit</strong> anorganischen Faserstäuben, so<strong>mit</strong> auch für <strong>Keramikfasern</strong>. Wegen des wei-<br />

ten Anwendungsspektrums solcher künstlicher Mineralfasern (KMF) stellen sich<br />

jedoch in den einzelnen Bereichen unterschiedliche Anforderungen, so dass<br />

diese TRGS im Laufe der Zeit durch entsprechende Anhänge ergänzt wurde;<br />

insbesondere der sichere <strong>Umgang</strong> <strong>mit</strong> <strong>Keramikfasern</strong> wurde vom Ausschuss für<br />

Gefahrstoffe (AGS) als besonders problembehafteter Arbeitsbereich erkannt, so<br />

dass hierfür eine neue Anlage 5 „<strong>Keramikfasern</strong>“ erarbeitet wurde, die im Bun-<br />

desarbeitsblatt Heft 5/2002 veröffentlicht wurde. Dieser Bericht beleuchtet einige<br />

Hintergründe des Entstehens dieser Anlage und erläutert deren wesentliche In-<br />

halte.<br />

Refractive Ceramic Fibres (RCF) were added to annex I of the EEC-Directive<br />

67/548/EEC in the 23. amendment 97/67/EEC and classified as „May cause<br />

cancer by inhalation“ (R 49). Since 1999 thre is a maximum workplace concen-<br />

tration of 500.000 F/m 3 for certain means of use and of 250.000 F/m 3 in general.<br />

Since October 1996 the Technical guidance Document TRGS 521 „Fibres Dust“ is<br />

06-02\<strong>Sicherer</strong> <strong>Umgang</strong> <strong>Keramikfasern</strong> Dr. Ulrich Welzbacher.doc


in force for the use of inorganic fibres dust, and for Refractive Ceramic Fibres<br />

(RCF) as well. Because of the wide use of such Man Made Fibres (MMF) there<br />

are different problems connected with each kind of use, and so TRGS 521 has<br />

been amended by different annexes from time to time; in special, the safe use<br />

2<br />

of Refractive Ceramic Fibres (RCF) has been seen as a severe problem in work-<br />

place areas by the german Consultatory Board for Dangerous Materials (Aus-<br />

schuss für Gefahrstoffe – AGS), so that was decided to develop a new annex 5<br />

for Refractive Ceramic Fibres, with was publiced in the Official journal of the Fe-<br />

deral Ministry for Sozial Affairs (Bundesarbeitsblatt) 5/2002. This report ligthens up<br />

some of the backgrounds of the coming into existence of this annex and illustra-<br />

tes the essential contents.<br />

Seit die Senatskommission der Deutschen Forschungsgemeinschaft zur Prüfung<br />

gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe (DFG-Kommission) auf dem Faserkongress<br />

in Fulda 1993 die Einstufung von künstlichen Mineralfasern (KMF) „als ob krebser-<br />

zeugend“ bekannt gegeben hatte [1], sind diese Produkte aus der öffentlichen<br />

Diskussion im Arbeitsschutz nicht wieder verschwunden. Nach der Bewertung<br />

von künstlichen Mineralfasern durch die DFG-Senatskommission stellte sich für<br />

den Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS) die Aufgabe, diese Bewertung in geeigne-<br />

ter Weise in das Technische Regelwerk für Gefahrstoffe (TRGS) zu übernehmen.<br />

Der AGS beschloss daher im Mai 1994 ein Bewertungsschema für künstliche Mi-<br />

neralfasern, das im Abschnitt 2.3 der TRGS 905 „Verzeichnis krebserzeugender,<br />

erbgutverändernder oder fortpflanzungsgefährdeter Stoffe“ [2] veröffentlicht<br />

wurde. Einzelheiten dieses Bewertungskonzepts sind von Welzbacher in [3] be-<br />

schrieben.<br />

In der Richtlinie 97/69/EG zur 23. Anpassung der EG-Stoffrichtlinie 67/548/EWG [4]<br />

wurden künstliche Mineralfasern (KMF) <strong>mit</strong> zwei Einträgen auch in Anhang I die-<br />

ser Richtlinie aufgenommen:


- Keramische Mineralfasern; Fasern für spezielle Anwendungen, soweit in<br />

3<br />

diesem Anhang nicht besonders aufgeführt; [künstlich hergestellte unge-<br />

richtete glasige (Silikat-) Fasern <strong>mit</strong> einem Anteil an Alkali- und Erdalkali-<br />

metalloxiden (Na20 + K2O + CaO + MgO + BaO) von weniger oder gleich<br />

18 Gewichtsprozent]<br />

- Mineralwolle soweit in diesem Anhang nicht gesondert aufgeführt; [künst-<br />

lich hergestellte ungerichtete glasige (Silikat-) Fasern <strong>mit</strong> einem Anteil an<br />

Alkali- und Erdalkalimetalloxiden (Na20 + K2O + CaO + MgO + BaO) von<br />

über 18 Gewichtsprozent].<br />

Während bei den Mineralwollen zwischen der EU und den deutschen Arbeits-<br />

schutzfachleuten Meinungsunterschiede hinsichtlich der Bewertung der kanze-<br />

rogenen Eigenschaften bestehen (Einstufung bei der EG „krebserzeugend Kate-<br />

gorie 3 – Verdacht auf krebserzeugende Wirkung“, nach deutscher Auffassung<br />

je nach „Kanzerogenitätsindex“ Ki bzw. der biologischen Halbwertszeit im Intra-<br />

trachealtest krebserzeugend Kategorie 2 – Krebserzeugend im Tierversuch – bis<br />

„K 0“ – keine krebserzeugenden Wirkungen), stimmt die Bewertung bei den ke-<br />

ramischen Fasern überein: Keramische Fasern sind sowohl nach EG-Recht als<br />

auch nach deutscher Auffassung krebserzeugend im Tierversuch (K 2) und sind<br />

beim Inverkehrbringen <strong>mit</strong> dem R-Satz R 49 „Krebserzeugend beim Einatmen“<br />

und <strong>mit</strong> R 38 „Reizt die Haut“ zu kennzeichnen.<br />

Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass diese Bewertung von den Herstellern<br />

keramischer Fasern und ihnen nahe stehenden Wissenschaftlern angezweifelt<br />

wird [5; 6] und von daher bei der derzeit anstehenden Überprüfung der Einstu-<br />

fung von künstlichen Mineralfasern bei der EU versucht werden soll, diese Fasern<br />

nach K 3 (Verdacht auf krebserzeugende Wirkungen) zurückzustufen. Die Kritik<br />

bezieht sich dabei darauf, dass bei den entsprechenden Inhalationstests an Rat-<br />

ten, bei denen sich krebserzeugende Wirkungen von keramischen Fasern zeig-<br />

ten, nach Auffassung der betreffenden Wissenschaftler ein „Overload-Effekt“<br />

vorgelegen hat, durch den die „Lungen-Clearence“ erheblich beeinträchtigt<br />

wurde, so dass die beobachteten Karzinome hierauf und nicht auf die Faserei-<br />

genschaften der keramischen Fasern zurückzuführen seien.


4<br />

Unabhängig hiervon gehen die deutschen Toxikologen jedoch bisher von einer<br />

deutlichen kanzerogenen Wirkungen von <strong>Keramikfasern</strong> aus, und die nicht un-<br />

erheblichen Faserkonzentrationen an Arbeitsplätzen <strong>mit</strong> Keramikfaserumgang<br />

führten im Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS) im Jahre 1999 zu dem Beschluss, die<br />

TRGS 521 „Faserstäube“ [7] um eine weitere Anlage zum <strong>Umgang</strong> <strong>mit</strong> Keramik-<br />

faserprodukten zu ergänzen. Daneben hat der AGS in seiner Sitzung im Mai 2002<br />

eine neue TRGS 619 „Ersatzstoffe für <strong>Keramikfasern</strong> im Ofen- und Feuerfestbau“<br />

beschlossen, die in Kürze im Bundesarbeitsblatt veröffentlicht werden wird [8].<br />

Die Anwendungsbereiche von keramischen Fasern haben sich in den vergan-<br />

gen Jahren deutlich verschoben; so ist bei einer Zunahme der Produktionsmen-<br />

ge von 42.000 t/Jahr 1994 auf 50.000 t/Jahr im Jahre 2000 der Anteil der Ofeniso-<br />

lierungen von 50 % auf 66,7 % gestiegen und der Anteil der Hausgeräteindustrie<br />

von 20 % auf 0,3 % zurückgegangen. Die Verhältnisse sind in Bild 1 grafisch dar-<br />

gestellt.<br />

Bild 1<br />

<strong>Umgang</strong> <strong>mit</strong> <strong>Keramikfasern</strong> dürften in Europa etwa 25.000 Personen haben, da-<br />

von etwa 30 % in Deutschland. Der <strong>Umgang</strong> an stationären Arbeitsplätzen er-<br />

folgt in Deutschland in acht Vakuumformbetrieben, die etwa 100 Personen be-<br />

schäftigen, sowie in 13 Modulbau- und Stanzbetrieben <strong>mit</strong> etwa 100 – 150 Pro-<br />

duktions<strong>mit</strong>arbeitern. Drei Betriebe führen alle Arten von Arbeiten durch. Beim<br />

einzigen deutschen Hersteller von <strong>Keramikfasern</strong> sind etwa 40 Personen in der<br />

Faserproduktion tätig, darüber hinaus gibt es noch drei weitere Hersteller in Eu-<br />

ropa sowie zwei in Japan. Die Gesamtzahl der an stationären Arbeitsplätzen <strong>mit</strong><br />

<strong>Keramikfasern</strong> exponierten Personen dürfte in Deutschland so<strong>mit</strong> bei knapp 300<br />

Personen liegen.


5<br />

Die übrigen etwa 7.000 – 7.500 gegenüber <strong>Keramikfasern</strong> exponierten Beschäf-<br />

tigten sind an nicht stationären Arbeitsplätzen in der Verwendung von Keramik-<br />

fasern tätig, vor allem im Ofen- und Anlagebau.<br />

! "<br />

Da ein großer Teil der an stationären Arbeitsplätzen zu beachtenden Schutz-<br />

maßnahmen bereits durch Teil 1 der TRGS 521 [7] abgedeckt wird, sollten in den<br />

Anhang nur zusätzliche Maßnahmen, ggf. differenziert für die verschiedenen<br />

Anwendungsbereiche der Herstellung und der Weiterverarbeitung von Kera-<br />

mikfasern und –Bauteilen aufgenommen werden. Die Erfahrungen zeigen, dass<br />

insbesondere das Zusammenfalten und die Beseitigung von entleerten Verpak-<br />

kungen bei unsachgemäßer Arbeitsweise zu hohen Faserstaubbelastungen<br />

führt. Auch die Auswahl einer geeigneten Art der Verpackung spielt hinsichtlich<br />

der Faseremission eine große Rolle.<br />

Entsprechend dieser Erkenntnis über Probleme beim <strong>Umgang</strong> <strong>mit</strong> <strong>Keramikfasern</strong><br />

wurde die Anlage 5 zur TRGS 521 wie folgt gegliedert:<br />

1. Anwendungsbereich<br />

2. Herstellung und Weiterverarbeitung von Keramikfaserprodukten in stationä-<br />

ren Anlagen<br />

3. <strong>Umgang</strong> <strong>mit</strong> <strong>Keramikfasern</strong> im Ofen- und Feuerfestbau sowie<br />

4. Besondere Arbeitsbereiche.<br />

Im Abschnitt 1 "Anwendungsbereich" wird darauf hingewiesen, dass auch beim<br />

<strong>Umgang</strong> <strong>mit</strong> keramischen Fasern alle Maßnahmen der „Stamm-TRGS“, insbe-<br />

sondere die Regelungen für krebserzeugende Faserstäube (Nummer 6) zu be-<br />

achten sind. Hier geht es insbesondere um solche „grundlegenden Wahrheiten“<br />

für einen sicheren <strong>Umgang</strong> <strong>mit</strong> Staub freisetzenden Produkten, wie z.B.<br />

• Vermeidung der Ausbreitung von Faserstäuben in andere Arbeitsbereiche


6<br />

• Sammlung von Produktresten direkt am Entstehungsort in einem geeigneten<br />

Behälter<br />

• Regelmäßige Reinigung von Räumen, Anlagen und Geräten<br />

• Arbeitsmedizinische Vorsorge.<br />

# $<br />

Abschnitt 2 "Herstellung und Weiterverarbeitung von Keramikfaserprodukten in<br />

stationären Anlagen" wird unterteilt in<br />

• Allgemeine Maßnahmen zur Emissionsminderung bei stationären Anlagen<br />

sowie<br />

• Auf spezielle Arbeitsbereiche bezogene Maßnahmen zur Minderung der<br />

Emission.<br />

Da es – wie bereits ausgeführt – in Deutschland nur einen Hersteller von Kera-<br />

mikfasern gibt, wurde darauf verzichtet, über die allgemeinen Aussagen in Teil 1<br />

der TRGS 521 hinaus zusätzliche Details in dieser Anlage zu regeln. Allerdings hat<br />

der Arbeitskreis, der die Anlage „<strong>Keramikfasern</strong>“ zur TRGS 521 erarbeitet hat, im<br />

Verlaufe seiner Beratungen diesen Produktionsbetrieb mehrfach besucht und<br />

dabei Vorschläge zur Staubminderung vorgetragen, die sich vor allem auf die<br />

Verbesserung der Absaugtechnik und eine staubärmere Handhabung der Pro-<br />

dukte beim Verpacken bezogen. Diese Vorschläge konnten teilweise kurzfristig<br />

in die Praxis umgesetzt werden und führten zu einer merklichen Verbesserung<br />

der Staubsituation an den betreffenden Arbeitsplätzen. Dieser enge Kontakt be-<br />

steht auch nach dem Abschluss der Arbeiten an dieser Anlage zur TRGS 521 fort.<br />

Als allgemeine Maßnahmen zur Emissionsminderung bei stationären Anlagen<br />

werden genannt:<br />

• Kapseln der Maschinen, soweit technisch und vom Arbeitsablauf her mög-<br />

lich,<br />

• punktuelle Absaugung an Bearbeitungsmaschinen und Mischbehältern,


• Verwendung von langsam laufenden, nicht geschränkten Sägebändern<br />

7<br />

(<strong>mit</strong> Wellenschliff) bei der Bearbeitung von Keramikfaserprodukten,<br />

• nach dem Auspacken von Keramikfaserprodukten leere Verpackungen<br />

möglichst aussaugen und wieder verwenden.<br />

Bei den auf spezielle Arbeitsbereiche bezogenen Maßnahmen zur Minderung<br />

der Emission werden in tabellarischer Form Aussagen zu den Bereichen<br />

• Vakuumformen<br />

• Modulfertigung<br />

• Stanzen<br />

• Katalysator-Montage sowie<br />

• Reparatur von Ofenwagen in speziell hierfür eingerichteten Arbeitsbereichen<br />

gemacht, wobei in der linken Tabellenspalte die mögliche Emissionsquelle und<br />

rechts die Maßnahmen zur Minderung der Emission genannt werden (Bild 2).<br />

Bild 2<br />

# % &<br />

Wie Eingangs bereits dargestellt, findet der quantitativ bedeutendste <strong>Umgang</strong><br />

<strong>mit</strong> <strong>Keramikfasern</strong> heute im Ofen- und Feuerfestbau statt; aber auch aus der<br />

Sicht des Arbeitsschutzes bereitet dieser Bereich die meisten Probleme. Auch bei<br />

den Schutzmaßnahmen beim <strong>Umgang</strong> <strong>mit</strong> <strong>Keramikfasern</strong> im Ofen- und Feuer-<br />

festbau wird unterschieden zwischen allgemeinen, generell gültigen Schutz-<br />

maßnahmen sowie differenzierten Regelungen für die Arbeitsbereiche<br />

• Neuzustellung<br />

• Ausbruch<br />

• Wartung und Instandhaltung sowie<br />

• Schornsteinbau.<br />

Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass an stationären Arbeitsplätzen, die dem<br />

Stand der Technik entsprechen, der Luftgrenzwert von 500.000 F/m³ für bestimm-<br />

te Altanlagen bzw. 250.000 F/m³ im Übrigen in der Regel eingehalten werden


8<br />

können. Im Ofenbau bereitet die Einhaltung dieses Luftgrenzwertes bei der Neu-<br />

zustellung jedoch Probleme, weshalb in diesen Bereichen häufig auf persönli-<br />

chen Atemschutz für besonders "staubträchtige" Arbeitsgänge zurückgegriffen<br />

werden muss. Dabei ist zu beachten, dass bei Mischtätigkeiten zwischen stark<br />

staubenden und weniger staubenden Tätigkeiten die Luftkonzentrationen nicht<br />

auf 8-h-Schicht<strong>mit</strong>telwerte "herunter gerechnet" werden dürfen, um so eine Ein-<br />

haltung des Luftgrenzwertes zu erreichen, sondern dass während der stark stau-<br />

benden Tätigkeiten in jedem Fall persönlicher Atemschutz zu benutzen ist.<br />

Praktische Erfahrungen aus den Vereinigten Staaten [9] zeigen, dass durch eine<br />

vorsichtige Befeuchtung beim Einbau von Keamikfaser-Bauteilen deutliche<br />

Staubminderungen erreicht werden können. Allerdings trifft diese Maßnahme<br />

bei den deutschen Ofenbauern auf erhebliche Bedenken, da bei Feuchtigkeit<br />

im Ofen für den späteren Anlagenbetrieb technische Probleme gesehen wer-<br />

den, insbesondere Korrosionsschäden befürchtet werden, wenn beim späteren<br />

Aufheizen des Ofens die Feuchtigkeit durch die Wärmeisolierung hindurch zur<br />

rückwärtigen Ofenwandung diffundiert; ist diese Ofenwandung feuchtigkeits-<br />

undurchlässig, wäre der entstehende Wasserdampf hier „eingesperrt“ und wür-<br />

de bei Abkühlung des Ofens wieder kondensieren. Je nach der Ofenkonstrukti-<br />

on könnten auch rein statische Probleme durch das zusätzliche Gewicht des<br />

eingebrachten Wassers entstehen.<br />

Möglicherweise sind jedoch einige Anlagenbetreiber bereit, <strong>mit</strong> der Anfeuch-<br />

tung von Keramikfasermatten oder –Modulen unter "deutschen Betriebsbedin-<br />

gungen" Erfahrungen zu sammeln. Der Hinweis auf die "deutschen Betriebsbe-<br />

dingungen" ist darin begründet, dass die Ofenbetriebsweise in Deutschland eine<br />

andere ist – häufig diskontinuierlicher Betrieb, Anfahr- und Abfahrvorgänge- ,<br />

während in den USA nach dem Aufheizen der lang andauernde kontinuierliche<br />

Ofenbetrieb die Regel darstellt.<br />

In Nummer 3.2 „Neuzustellung“ der Anlage 5 findet sich dementsprechend ein<br />

Hinweis, nach dem bei Zustellungen <strong>mit</strong> Modulen, deren Oberfläche nach der


Fertigmontage verdichtet werden muss, diese, wenn technisch möglich, vor<br />

dem Verdichten und Glätten <strong>mit</strong> feinem Wassersprühnebel einzusprühen sind.<br />

Auf die mögliche, jedoch sehr aufwändige Maßnahme, Ofenanlagen beim<br />

Ausbruch und bei der Neuzustellung einzuhausen, wurde verzichtet, da dies im<br />

9<br />

Vergleich zu den jetzt vorgesehenen Regelungen keinen wesentlichen Fortschritt<br />

darstellen würde. Bei allen derartigen Arbeiten muss jedoch das Verschleppen<br />

von <strong>Keramikfasern</strong> in andere Bereiche sinnvoll unterbunden werden.<br />

Bei der Erarbeitung dieser Anlage bestand Einvernehmen im TRGS-Arbeitskreis –<br />

im übrigen auch <strong>mit</strong> dem Berufsgenossenschaftlichen Fachausschuss „Steine<br />

und Erden“ - , dass die im derzeitigen Anhang V Nummer 7 Gefahrstoffverord-<br />

nung noch vorgeschriebenen „Schwarz-Weiß-Anlagen“ (Umkleideräume für<br />

Straßen- und Arbeitskleidung, die durch einen Waschraum <strong>mit</strong> Duschen vonein-<br />

ander getrennt sind) in der Praxis kaum realisierbar sind und hinsichtlich des Ar-<br />

beitsschutzes auch nicht als erforderlich angesehen werden. Die Aufnahme die-<br />

ser Forderung in die Gefahrstoffverordnung diente ursprünglich dazu, die „alten“<br />

biobeständigen Mineralwollen durch technische Erschwernisse vom Markt zu<br />

verdrängen; da dies inzwischen gelungen ist, stellt sich in der Tat ernsthaft die<br />

Frage nach der Sinnhaftigkeit einer solchen Maßnahme in dem hier gegebenen<br />

Zusammenhang. Das BMA wurde daher vom Arbeitskreis und vom Berufsgenos-<br />

senschaftlichen Fachausschuss „Steine und Erden“ gebeten, bei der anstehen-<br />

den Neufassung der <strong>Umgang</strong>svorschriften in der Gefahrstoffverordnung diese<br />

Regelung zurückzuziehen.<br />

Aus den Vereinigten Staaten sind abgesaugte Arbeitstische, auf denen Zu-<br />

schneidearbeiten von Keramikfasermatten und -modulen für Randstücke und<br />

dergl. im Ofenbau durchgeführt werden, bekannt [9]. In der Regel sind sie <strong>mit</strong><br />

geringem technischen Aufwand realisierbar, jedoch zurzeit in Deutschland oder<br />

in Europa kommerziell nicht am Markt erhältlich. Im Grunde bestehen diese Ti-<br />

sche aus einem abgesaugten flachen Kasten <strong>mit</strong> vier (für den Transport ggf.<br />

demontierbaren oder einklappbaren) Beinen, dessen obere Abdeckung aus


10<br />

einem einfachen Lochblech besteht. Beim Zuschneiden auf einem solchen Tisch<br />

werden freiwerdende Fasern sofort nach unten abgesaugt.<br />

Ein weiterer Hinweis ist hier noch von Bedeutung, nämlich dass bei thermisch<br />

belasteten Ofenisolierungen auf Grund von Rekristallisierungsprozessen neben<br />

den Faserstäuben <strong>mit</strong> dem Auftreten von Cristobalit [10] zu rechnen ist, ein<br />

Sachverhalt also, der vor der aktuellen Einstufungsdiskussion für Quarzfeinstaub<br />

[11] besondere Aktualität gewinnt.<br />

#<br />

Im Abschnitt 4 "Besondere Arbeitsbereiche" finden sich z.Z. Hinweise zur Repara-<br />

tur und zur Wartung von Heizgeräten sowie zur Gerätezerlegung und Entsor-<br />

gung. Auch in diesen Arbeitsbereichen sollte bei sorgfältiger Arbeitsweise die<br />

Einhaltung, ggf. sogar die "dauerhaft sichere Einhaltung" eines Luftgrenzwertes<br />

von 250.000 F/m³ zu erreichen sein.<br />

Zu Beginn der Aktivitäten des Arbeitskreises wurde er<strong>mit</strong>telt, in welchen Berei-<br />

chen heute noch <strong>mit</strong> <strong>Keramikfasern</strong> umgegangen wird. Im Verlaufe der weite-<br />

ren Arbeiten konnten allerdings für einige in Bild 5 genannte Bereiche keine spe-<br />

ziellen Erfahrungen er<strong>mit</strong>telt werden; zumindest in einigen Bereichen scheint al-<br />

lerdings heute die Verwendung von <strong>Keramikfasern</strong> nicht (mehr) erforderlich zu<br />

sein, so dass sich dieses Problem inzwischen in der Praxis möglicherweise nicht<br />

mehr stellt. Dabei ist zu beachten, dass sich der Arbeitskreis ausdrücklich auf die<br />

Festlegung von Schutzmaßnahmen beim <strong>Umgang</strong> <strong>mit</strong> <strong>Keramikfasern</strong> beschränkt<br />

hat; Überlegungen zur Möglichkeit der Verwendung von Ersatzstoffen finden sich<br />

in der parallel entwickelten TRGS 619 [8].<br />

Bild 3<br />

' ( ) *


11<br />

Der Verwaltungsrat der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO) in Genf hatte<br />

Ende März 2000 der Veröffentlichung einer Handlungsanleitung zum Arbeits-<br />

schutz bei der Verwendung von Glas-, Stein- und Schlackenwollprodukten zuge-<br />

stimmt. Sie soll den mehr als 170 in der IAO zusammengeschlossenen Regierun-<br />

gen aus Industrie- und Entwicklungsländern, aber auch Herstellern von Mineral-<br />

wolle sowie Arbeitnehmerorganisationen helfen, sachgerechte Schutzmaßnah-<br />

men einzuführen. Bei den Beratungen zu dieser Handlungsanleitung ("Code of<br />

Good Practice") hat die deutsche TRGS 521 "Faserstäube" eine wesentliche Rolle<br />

gespielt; insbesondere die Anlage 4 "<strong>Umgang</strong> <strong>mit</strong> eingebauten Mineralwolle-<br />

Produkten im Hochbau und bei technischen Isolierungen" hat wegen ihrer pra-<br />

xisgerechten Gestaltung bei den internationalen Fachleuten eine hohe Aner-<br />

kennung gefunden. Es ist beabsichtigt, auch die Regelungen zum <strong>Umgang</strong> <strong>mit</strong><br />

<strong>Keramikfasern</strong> in Anlage 5 der TRGS 521 in die IAO einzubringen, um auch hier<br />

den Arbeitsschutz im internationalen Maßstab voranzubringen.<br />

" +<br />

[1] VDI-Berichte 1075 „Faserförmige Stäube“ (1993), S. 129<br />

[2] BArbBl. 6 (1994) Seite 56<br />

[3] Künstliche Mineralfasern – Aktuelle Entwicklungen, Die BG, Heft 8/99, Seite<br />

448<br />

[4] Abl. EG Nr. L 343 (1997) Seite 19<br />

[5] R. C. Brown, Mitteilung des Europäischen Keramikfaserverbandes ECFIA<br />

(1991)<br />

[6] P. Class, R. C. Brown, Gefahrstoffe, Reinh. Luft 62 (2002), Seite 197<br />

[7] Aktuelle Fassung der TRGS 521: BArbBl. Heft 6/2002, Seite 96<br />

[8] BArbBl. Heft 9/2002 (im Druck)<br />

[9] „Carborundum-Papiere“: Workplace Quality News Nr. 5:<br />

Unifrax-Corporation, 21.12.1992<br />

[10] G. Binde, T. Bolender, Gefahrstoffe, Reinh. Luft 62 (2002), Seite 273<br />

[11] BIA/BG-Symposium Quarz; Gefahrstoffe, Reinh. Luft 62 (2002), Seite 189


Dr. Ulrich Welzbacher<br />

Berufsgenossenschaftliche Zentrale<br />

für Sicherheit und Gesundheit – BGZ<br />

53754 Sankt Augustin<br />

12


Metall-HT-<br />

Behandlung<br />

Dr. U. Welzbacher, HVBG © 2001<br />

13<br />

Anwendungsbereiche von Keramikfaserprodukten<br />

Automobilindus trie<br />

Brandschutz<br />

Ho chte mperatur-<br />

Isolierung<br />

Hausgeräteindustrie<br />

<strong>Sicherer</strong> <strong>Umgang</strong> <strong>mit</strong> <strong>Keramikfasern</strong><br />

1994<br />

Ofenisolierunge n<br />

Hochtemperatur-<br />

Isolierung<br />

Metall-HT-<br />

Behandlung<br />

Hausgeräteindustrie<br />

Automobilindustrie<br />

Brandschutz<br />

Bild 1: Anwendungsbereiche von Keramikfaserprodukten<br />

Mögliche Maßnahmen zur Minderung<br />

Emissionsquelle der Emission<br />

1. Zuschnitt der<br />

Matten<br />

2. Pressen der<br />

Modulstreifen<br />

3. Besäumen<br />

der Module<br />

4. Verpacken<br />

der Module<br />

Dr. U. Welzbacher, HVBG © 2001<br />

<strong>Sicherer</strong> <strong>Umgang</strong> <strong>mit</strong> <strong>Keramikfasern</strong><br />

2000<br />

Ofenisolierungen<br />

• Lokale Absaugung an den Bearbeitungsvorgang<br />

anpassen.<br />

• Lokale Absaugung individuell an die<br />

Presse anpassen.<br />

• Staubmindernde Arbeitsverfahren verwenden,<br />

z.B. abgesaugte Bandmesser.<br />

• Verpackung an die Modulgröße anpassen,<br />

um größeren Abrieb zu vermeiden.<br />

Bild 2: Maßnahmen zur Minderung der Emission, dargestellt am Beispiel der<br />

Modulfertigung


Dr. U. Welzbacher, HVBG © 2001<br />

14<br />

<strong>Sicherer</strong> <strong>Umgang</strong> <strong>mit</strong> <strong>Keramikfasern</strong><br />

Keine besonderen Informationen zu<br />

■ Hausgeräten<br />

■ Gießereien (Abdeckungen für Gussstücke)<br />

■ Feuerschutztüren<br />

■ Packungen und Dichtungen<br />

■ Kfz-Werkstätten/ Reibbelägen<br />

■ Schiffbau<br />

■ Mischfaseranwendungen<br />

■ Recycling-Betrieben<br />

■ Deponien<br />

■ Kfz-Verschrottung und –Wiederverwertung<br />

Bild 3: Verwendungsbereiche für <strong>Keramikfasern</strong>, über die keine Informationen<br />

vorlagen

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