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Pflanzenschutz im Gartenbau Tab.26: Zeitliche Entwicklung Falscher Mehltau-Rassen (schwarz Erstauftreten in BRD, blau Erstauftreten im Oderbruch) Jahr Rasse Anzahl Jahre bis zum Resistenzbruch 1924 Pf 1 1958 Pf 2 34 Jahre 1976 Pf 3 18 Jahre 1989 Pf 4 13 Jahre 1996 – 1998, -2000 Pf 5, 6 7 – 9 Jahre, 11 Jahre 1998, 2000 - 2005 Pf 7 1 – 2 Jahre, 1 – 5 Jahre 2003 – 2004, 2006 Pf 8 5 – 6 Jahre, 1 Jahr 2007 Pf ? 2008 Pf 11 2 Jahre 2010 Pf 11 ? in BRD vereinzelt neues Isolat (Rasse?) aufgetreten Tab.27: Erstauftreten von Falschen Mehltau an Pf-resistenten Sorten im Oderbruch Resistenzniveau (Pf) Sorte (Züchter) Erstbefall 1 - 4, 1 - 5 1 - 7 1 - 7 1 - 10 1 - 11 Ballet (SVS) Bolero (SVS) Laska (SVS) 74 Jahresbericht 2010 bis 2000 Elpalma (S&G) Herbst 2000 Bison (RZ) Penguin (RZ) Alouette (SVS) Blackhawk (SVS) Boeing (SVS) Cheetah (RZ) Grappa (SVS) Tornado (SVS) Rhino (RZ) Zansibar (SVS) Frühjahr 2005 Herbst 2006 RS 1421 (Tonga) (SVS) Frühjahr 2007? 1387 (Wallis) (SVS) Bikini (SVS) Herbst 2008 Marabu (RZ) IBIZA (SVS) Herbst 2009 Bahamas (SVS) RS 1393 Seychelles (SVS) RS 3314 Wallis (SVS) Frühjahr 2010 ?
Im Frühjahr 2010 war starker Befall auf einem Praxis-Überwinterungsschlag der 1- 10-fach resistente Sorte ’Bikini’ sowie in einem überwinternden Sortenversuch zu beobachten. Im Vergleich standen 1–10- und 1–11-fach resistente Sorten. Drei der sieben angebauten 1–10-fach resistenten Sorten zeigten hohe visuelle Befallswerte mit Falschem Mehltau (siehe Tabelle 3). Aber auch bei 1- 11- fach resistenten Sorten wurden Befallshäufigkeiten von 1 – 5% bonitiert. Von allen befallenen Sorten wurden Proben zur Rassenbestimmung an das Julius-Kühn-Institut geschickt. Aufgrund einer zu schwachen Sporulation war eine Rassenanalyse nicht erfolgreich. Im Herbstanbau 2010 blieb der Falsche Mehltau im Oderbruch ohne Bedeutung. Es standen 1–10, aber überwiegend 1–11-fach resistente Sorten im Anbau. Eine vorbeugende Fungizidbehandlung mit dem Wirkstoff Dimethomorph sicherte einen mehltaufreien Bestand. Nach Informationen der Firma Monsanto, Abteilung Seminis Gemüsesamen, bestimmte auch in 2010 deutschlandweit die Rasse 11 das Befallsgeschehen. Weiteren Aussagen der Züchtungsfirmen zufolge, wurde in Europa 2010 vereinzelt ein neues Isolat gefunden, wogegen alle Pf 1 – 11 Sorten jedoch resistent sein sollen. Die vorliegenden Ergebnisse lassen schlussfolgern, dass derzeit in der Region Oderbruch an Spinat die Rasse Pf 11 auftritt. Aus der insgesamt sehr schwachen Befallsausprägung an den 1 – 11-fach resistenten Sorten entnehmen wir, dass es sich bei den dort befallenen Pflanzen möglicherweise um Inzuchtmaterial gehandelt hat. Unerklärlich ist jedoch, warum auch einige der 1 – 10-fach resistenten Sorten befallsfrei blieben. Da der Pilz in kurzen Zeitabständen mittels neuer Rassen die vorhandenen Resistenzen brechen kann, wird die Nachfrage der Spinatanbauer nach hochresistenten Sorten weiter anhalten. Nur sie können den wirtschaftlichen Anbau der Spinatproduzenten sichern. Hochresistente Sorten müssen daher möglichst lange für den Anbau erhalten bleiben. Dabei ist der Nutzen vorbeugender Maßnahmen zur Gesunderhaltung der Bestände nicht zu unterschätzen. Mehrere Verfahrensweisen sind bei der Anwendung im Komplex zu betrachten. Grundsätzlich sind abgeerntete Spinatbestände unverzüglich unterzupflügen, um die Ausbreitung dieses Pilzes sowie anderer Erreger zu unterbrechen und ein Übergreifen auf benachbarte Bestände zu verhindern. Wei- Jahresbericht 2010 Pflanzenschutz im Gartenbau sen Bestände, die zur Überwinterung vorgesehen sind, bereits im Herbst Symptome auf, sind diese umzubrechen. Generell sollten Spinatflächen in möglichst weitem räumlichen Abstand voneinander gedrillt werden. Da der Pilz mittels Oosporen im Boden mindestens 2 Jahre überdauern kann, sind mindestens 3-jährige Anbaupausen einzuhalten. Ein nicht zu unterschätzender Aspekt bei der Verbreitung des Sporenmaterials von Bestand zu Bestand liegt in der Nutzung der Gerätetechnik. Durch Drill- und Düngemaschinen, Pflanzenschutzspritzen und Erntemaschinen kann Falscher Mehltau schnell verbreitet werden. Deshalb ist auch auf den sauberen Zustand der Geräte zu achten. Besonders bei der gemeinsamen Nutzung von Erntemaschinen durch mehrere Anbauer lassen sich Falsche Mehltaupilze schnell von einem zum anderen Unternehmen verschleppen. Schaderregerfreie Bestände sind aus diesem Grund zuerst zu beernten. Selbst beim Betreten der Schläge ist u. a. über Hände und Kleidung eine Verbreitung möglich. Dem kann vorgebeugt werden, indem zumindest Schuh- oder Stiefelschutzfolien sowie Einweghandschuhe getragen werden. Neben der Durchsetzung der genannten Hygienemaßnahmen kann ein vorbeugender Einsatz von Fungiziden die Etablierung neuer Mehltaurassen unterbinden oder zumindest hinauszögern. Derzeit sind zur Bekämpfung die Fungizide Forum (Dimethomorph) und Ridomil Gold Combi (Folpet, Metalaxyl-M) nach §18 a Pflanzenschutzgesetz ausgewiesen. Entsprechend seiner biologischen Ansprüche (Temperaturen zwischen 5 – 15 °C + Feuchtigkeit) tritt der Falsche Mehltau meist im Herbst bzw. im Frühjahr nach der Überwinterung auf. Die oben aufgeführten Fungizide benötigen für ihre volle Wirksamkeit ein Temperaturminimum von > 10°C. Hier liegt im Spätherbst und zeitigen Frühjahr der begrenzende Faktor für ihren Einsatz und hat u. U. Wirkungseinschränkungen zur Folge. Erfahrungen der letzten Jahre zeigten, dass deren Einsatz möglichst frühzeitig, d. h. spätestens bei ersten Befallssymptomen erfolgen muss. Dies setzt seitens der Betriebe eine intensive Bestandesüberwachung voraus. Die Gesunderhaltung der Spinatbestände und die damit verbundene Schonung resistenter Sorten wird langfristig nur möglich sein, wenn sich neben direkten Fungizidanwendungen auch zunehmend die Einhaltung vorbeugender, pflanzenhygienischer Maßnahmen in den Praxisbetrieben durchsetzt. 75
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