Interview mit Regisseur Andreas Homoki - Opernhaus Zürich
Interview mit Regisseur Andreas Homoki - Opernhaus Zürich
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Was szenisch nicht einfach ist, weil die BandaMusiker ja<br />
keine Figuren des Stücks sind. Schostakowitsch führt<br />
sie vor als ein zusätzliches Moment grotesker theatralischer<br />
Willkür. Logisch ist ihr Erscheinen nicht. Aber genau das<br />
auf die Bühne zu bringen, hat mich gereizt: Dass da plötzlich<br />
Leute kommen und zu tröten anfangen. Das ist auch<br />
ein Teil der Groteske, der szenisch viel zu selten gezeigt wird.<br />
In welcher Welt spielt Ihre «Lady Macbeth»<br />
-Inszenierung?<br />
Immer wenn ich ein Bühnenbild gemeinsam <strong>mit</strong> Hartmut<br />
Meyer entwickle, kommt am Ende ein freier, unbestimm <br />
ter, rätselhafter Raum dabei heraus. Wir wollten einen Innenraum<br />
zeigen, in dem die Leute eingesperrt sind und<br />
aus dem kein Weg nach draussen führt.<br />
Der tyrranische Schwiegervater singt im ersten Bild:<br />
«Der Zaun ist hoch, die Hunde sind los».<br />
Da<strong>mit</strong> ist doch schon einiges über den Ort gesagt, an dem<br />
das Stück spielt. Unser Raum hat eine industrielle Anmutung,<br />
es wirkt wie eine Art Kraftwerk, ohne dass sich<br />
Konkreteres benennen liesse. Und dieses Kraftwerk<br />
besitzt eine rätselhafte Mechanik. In ihm laufen bestimmte<br />
Zyklen ab wie beim Wechsel von Tag und Nacht. Als<br />
sässen alle im Inneren einer anonymen unmenschlichen<br />
Maschine, die sich immer wieder in Bewegung setzt.<br />
Einer übt darin die Macht aus, ihm scheint es möglich zu<br />
sein, die Mechanik zu steuern. Es ist eine WillkürHerrschaft.<br />
Und jeder hat Angst in das grosse Räderwerk zu ge<br />
raten. Da wird eine Verbindung zu dem totalitären<br />
System erkennbar, das herrschte, als Schostakowitsch die<br />
Oper komponierte – zum Stalinismus. Dessen Machtausübung<br />
war auch unberechenbar. Niemand wusste, was<br />
ihm blühte. Wer heute noch ein hohes politisches Amt<br />
bekleidete oder ein anerkannter Künstler war, konnte<br />
morgen schon auf dem Weg nach Sibirien sein. Stalins Terror<br />
hatte auch <strong>mit</strong> seiner Angst zu tun, dass man ihn<br />
stürzen könnte. In solch einer Situation gibt es keine gesellschaftliche<br />
Verbindlichkeit mehr ausser der brutalen<br />
Machtausübung des Herrschenden. Das kommuniziert der<br />
Raum, in dem die Oper bei uns spielt. Es gibt einen<br />
starken Text von Samuel Beckett: Der Verwaiser. Er beschreibt<br />
das Regelwerk einer Gesellschaft von hoffnungslos<br />
Eingeschlossenen. Sie stecken fest in einem grossen<br />
Zylinder. Und Beckett schildert Rituale des ausweglosen<br />
Miteinanders, die nach Gesetzen funktionieren, die<br />
nicht ausgesprochen, aber von jedem befolgt werden.<br />
In dieser Welt erscheint Katerina Ismailowa,<br />
eine starke Frau. Welche Energien treiben sie an?<br />
Katerina ist eine sehr sinnliche Frau <strong>mit</strong> grossem<br />
Freiheitsdrang. Auch eine fantasievolle Frau, die in der<br />
Welt, in der sie leben muss, völlig unterfordert ist. Sie sucht<br />
nach Liebe und sexueller Befriedigung. Sie ist Opfer<br />
der brutalen Lebensumstände, von denen sie umgeben ist.<br />
Aber ab einem bestimmten Moment fügt sie sich nicht<br />
mehr in die ihr zugewiesene Rolle und begehrt dagegen<br />
auf. Sie ergreift die Initaitive durch Mord und reisst