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Diplomarbeit - Lesben- und Schwulenverband in Deutschland

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chischen Vorgang <strong>und</strong> andererseits e<strong>in</strong>e soziale Dimension, bei der es<br />

darum geht, für sich die Homosexualität zu akzeptieren <strong>und</strong> sie schließlich<br />

auch <strong>in</strong> der Öffentlichkeit zu leben (Go<strong>in</strong>g Publik, vgl. Kapitel 3.3.3). Beide<br />

Dimensionen hängen eng mite<strong>in</strong>ander zusammen <strong>und</strong> bed<strong>in</strong>gen e<strong>in</strong>ander.<br />

E<strong>in</strong>e dem Com<strong>in</strong>g-out vergleichbare Phase bleibt dem heterosexuell orientierten<br />

Menschen erspart (siehe Episode zu Beg<strong>in</strong>n von Kapitel 3.3).<br />

Sozialisationen s<strong>in</strong>d Prozesse, <strong>in</strong> denen e<strong>in</strong> Mensch <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er sozialen<br />

Umwelt lernt, sich vorwiegend solche Verhaltensweisen anzueignen bzw.<br />

solche E<strong>in</strong>stellungen, Werte, Bedürfnisse usw. zu übernehmen, die den <strong>in</strong><br />

dieser sozialen Umwelt anerkannten Wertvorstellungen entsprechen, Verhaltensweisen<br />

<strong>und</strong> E<strong>in</strong>stellungen aber abzubauen, die dazu im Widerspruch<br />

stehen. Da der Mensch e<strong>in</strong> soziales Wesen ist, ver<strong>in</strong>nerlicht er die<br />

Wertvorstellung se<strong>in</strong>er Eltern <strong>und</strong> se<strong>in</strong>er „normalen“ Umgebung. Im homosexuellen<br />

Com<strong>in</strong>g-out kollidiert jedoch das anerzogene Bewusstse<strong>in</strong> mit<br />

den <strong>in</strong>neren Empf<strong>in</strong>dungen. Je stärker die Ablehnung der Homosexualität<br />

erlebt wird, desto schwieriger gestaltet sich <strong>in</strong> der Regel auch das Com<strong>in</strong>g-out.<br />

Laut der Studie von Buba/Vaskovics gaben mehr als 90 % der<br />

Befragten an, dass die Phase des Com<strong>in</strong>g-out für sie mit Problemen <strong>und</strong><br />

Krisen verb<strong>und</strong>en war (vgl. Buba/Vaskovics, 2001, S. 42). Die Überw<strong>in</strong>dung<br />

von Zweifeln, von Schuld- <strong>und</strong> M<strong>in</strong>derwertigkeitsgefühlen, von Ängsten<br />

<strong>und</strong> Unsicherheiten bezüglich der sich abzeichnenden Lebensumstände<br />

ist daher häufig e<strong>in</strong> mehrjähriger Prozess, der zum e<strong>in</strong>en durch Verdrängung,<br />

zum anderen durch subjektive Gewissheit <strong>und</strong> schließlich durch<br />

die Entstehung e<strong>in</strong>es schwulen Selbstbewusstse<strong>in</strong>s gekennzeichnet ist.<br />

3.3.1 Das <strong>in</strong>nere Com<strong>in</strong>g-out<br />

Die Selbstwahrnehmung der eigenen Homosexualität, das E<strong>in</strong>geständnis<br />

vor sich selbst, so zu se<strong>in</strong> <strong>und</strong> nicht anders, sowie das Erlangen e<strong>in</strong>er<br />

Gr<strong>und</strong>haltung, welche die persönliche Homosexualität akzeptiert, wird <strong>in</strong>neres<br />

Com<strong>in</strong>g-out genannt.<br />

Das <strong>in</strong>nere Com<strong>in</strong>g-out beg<strong>in</strong>nt meist <strong>in</strong> der Pubertät mit der Ahnung,<br />

schwul oder lesbisch zu se<strong>in</strong>. Es dauert oftmals mehrere Jahre <strong>und</strong> ist<br />

häufig mit e<strong>in</strong>er Identitäts- <strong>und</strong> Lebenskrise verb<strong>und</strong>en. Bei fast 40 % der<br />

befragten Schwulen rief die Entdeckung der eigenen Homosexualität ausschließlich<br />

negative Gefühlszustände wie E<strong>in</strong>samkeit, Rat- <strong>und</strong> Hilflosigkeit,<br />

Überforderung, Irritation oder Verunsicherung hervor (Buba/Vaskovics,<br />

2001, S. 36). Aufgr<strong>und</strong> fehlender Informationen <strong>und</strong> der ger<strong>in</strong>gen<br />

Sichtbarkeit von <strong>Lesben</strong> <strong>und</strong> Schwulen <strong>in</strong> der Öffentlichkeit haben<br />

gleichgeschlechtlich orientierte Menschen im Com<strong>in</strong>g-out kaum Vorbilder<br />

als Orientierungshilfen. Laut e<strong>in</strong>er Studie der Berl<strong>in</strong>er Senatsverwaltung<br />

für Schule, Jugend <strong>und</strong> Sport, Fachbereich gleichgeschlechtliche Lebensweisen,<br />

besitzen über 50 % der Jugendlichen ke<strong>in</strong>e oder nur negative Informationen<br />

über das Lesbisch- bzw. Schwulse<strong>in</strong> im allgeme<strong>in</strong>en (vgl.<br />

Schupp, 2001, S. 19).<br />

Das Gefühl des Andersse<strong>in</strong>s, des Nicht-Verstanden-Werdens <strong>und</strong> des<br />

Ausgeschlossen-Se<strong>in</strong>s kann je nach dem Verhalten der Umwelt sehr unterschiedlich<br />

erlebt werden. Je stärker homophobe E<strong>in</strong>stellungen bei den<br />

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