Diplomarbeit - Lesben- und Schwulenverband in Deutschland
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Fre<strong>und</strong> redet, setzt er sich der Gefahr aus, irgendwann entdeckt zu werden.<br />
Viele <strong>Lesben</strong> <strong>und</strong> Schwule stecken also <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Dilemma: Sie müssen<br />
an ihrer Arbeitsstelle ständig abwägen, was sie wann, wem, wie <strong>und</strong><br />
wo erzählen können. Die sozialen Interaktionen des Homosexuellen <strong>in</strong> der<br />
Arbeitswelt s<strong>in</strong>d daher von Zurückhaltung <strong>und</strong> Selbstzensur geprägt. Sie<br />
tragen die Gefahr <strong>in</strong> sich, zum Außenseiter zu mutieren (vgl. Maas, 1996,<br />
S. 115).<br />
Mit dem Com<strong>in</strong>g-out am Arbeitsplatz s<strong>in</strong>d für <strong>Lesben</strong> <strong>und</strong> Schwule sowohl<br />
Chancen als auch Risiken verb<strong>und</strong>en, die sich jeweils positiv, aber auch<br />
negativ auswirken können. E<strong>in</strong> Patentrezept als Antwort auf die Frage, offen<br />
oder verdeckt am Arbeitsplatz zu leben, gibt es nicht. Die Entscheidung<br />
ist <strong>in</strong> jedem Falle schwierig <strong>und</strong> von der <strong>in</strong>dividuellen Situation abhängig<br />
u.a. von dem arbeitgebenden Betrieb, von der konkreten Position<br />
<strong>und</strong> weiteren Karriereplanungen oder von den privaten Lebensumständen.<br />
Außerdem wird der mit dem verdeckten Leben verb<strong>und</strong>ene Leidensdruck<br />
<strong>in</strong>dividuell sehr verschieden erlebt. So muss die Entscheidung, sich am<br />
Arbeitsplatz zu outen, ganz <strong>in</strong>dividuell erfolgen, wobei der Betroffene antizipieren<br />
sollte, wie es ihm jetzt, also im nicht offenen Zustand, geht <strong>und</strong><br />
wie es ihm später, im offenen Zustand, gehen könnte. Von großer Bedeutung<br />
ist dabei auch die Situation ausserhalb des Berufslebens. Wer sich<br />
privat e<strong>in</strong>e homosexuelle Identität aufgebaut hat, geht auch mit dem Thema<br />
Homosexualität am Arbeitsplatz leichter um <strong>und</strong> f<strong>in</strong>det zur Not Rückhalt<br />
im Privatleben (vgl. Maas, 1996, S. 113 ff.). Wem das nicht gelang,<br />
hat doppelt viel zu leiden. Allerd<strong>in</strong>gs sollte sich jeder Betroffene darüber<br />
im klaren se<strong>in</strong>, dass nur die Sichtbarmachung der Homosexualität zu e<strong>in</strong>em<br />
homosexuell-fre<strong>und</strong>lichen Arbeitsklima <strong>und</strong> zu mehr Akzeptanz führt.<br />
Ausschließlich auf diese Weise wird Selbstakzeptanz möglich, <strong>und</strong> die zur<br />
Verfügung stehenden Potenzen können ganz der Arbeit zugewandt werden.<br />
5.4 Verhaltensstrategien homosexueller MitarbeiterInnen<br />
Für die homosexuellen MitarbeiterInnen stellt die Frage des Umgangs mit<br />
ihrer geschlechtlichen Orientierung e<strong>in</strong>e zentrale Überlegung dar. In diesem<br />
Zusammenhang spricht die Soziologie auch von Stigma-<br />
Management. Stigma-Management bedeutet, dass jeder homosexuell fühlende<br />
Mensch sich zu dem e<strong>in</strong>erseits unsichtbaren, andererseits nicht zu<br />
verleugnenden Merkmal se<strong>in</strong>er Geschlechtlichkeit auf die e<strong>in</strong>e oder andere<br />
Art verhalten muss. Das managen von sozialen Situationen, <strong>in</strong> denen<br />
die psychologische <strong>und</strong> soziale Integrität des Individuums auf dem Spiel<br />
steht, ist e<strong>in</strong> Prozess, der dort auftritt, wo immer es Identitätsnormen gibt.<br />
Der Begriff zielt auf Techniken <strong>und</strong> Strategien ab, mit denen der Homosexuelle<br />
die diskreditierende Wirkung des eigenen Stigmas <strong>in</strong> der Gesellschaft<br />
zu m<strong>in</strong>imieren bzw. zu kompensieren versucht (Koch-Burghardt,<br />
1997, S. 57 ff.). In der Literatur werden hierzu vier Strategien beschrieben,<br />
wie sich gleichgeschlechtlich orientierte MitarbeiterInnen <strong>in</strong> den KollegInnenkreis<br />
<strong>in</strong>tegrieren. Die unten genannten Typologien stammen von Zillich,<br />
der diese <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Buch "Homosexuelle Männer im Arbeitsleben"<br />
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