PDF Datei laden - Christophorus Hospiz Verein e.V.
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mitteln beliefert, für seine Frau und drei<br />
Kinder gesorgt und von seinen Ersparnissen<br />
ein kleines Haus in Istanbul gebaut.<br />
Dort und in ihrem Heimatdorf Erikbelen<br />
wollten sie ihren Lebensabend verbringen.<br />
Salih Öztürk war nie ein besonders frommer<br />
Muslim. Aber als Angehöriger der<br />
Alewiten, der liberalsten Glaubensgemeinschaft<br />
des schiitischen Islam, sah er<br />
seine Krankheit zwar als gottgegeben, „inschallah“,<br />
doch auch die Verpflichtung,<br />
alles zu tun, seinen Gesundheitszustand<br />
zu verbessern. Denn nach islamischem<br />
Glauben hat der Mensch eine hohe Eigenverantwortung<br />
und muss im Jenseits<br />
Rechenschaft darüber ablegen, wie er mit<br />
seinem Körper umgegangen ist. Fast ein<br />
Abschied in München<br />
Wunder, wie lange Salih mit dem schnell<br />
wuchernden Tumor, den Metastasen in<br />
mehreren Organen, vor allem in der Lunge,<br />
durchgehalten hat. Die damit verbundene<br />
Atemnot führte bei der geringsten<br />
Aufregung zu Panikattacken. Nicht nur<br />
18<br />
Saniye, seine Ehefrau, die rund um die<br />
Uhr seine Angst und Schmerzzustände zu<br />
lindern versuchte, auch die beiden Töchter<br />
verbrachten, – oft mit ihren Kindern –<br />
mehr als zwei Jahre lang jede freie Minute<br />
und jedes Wochenende am Krankenbett<br />
ihres Vaters. Mit mir spielte Salih Karten<br />
und erzählte viel aus seiner Jugend in der<br />
rauen Landschaft seiner Heimat. Seine<br />
Mutter war beim Waschen im Fluss ertrunken,<br />
als er neun Jahre alt war. Sein<br />
Vater hatte bis kurz vor seinem Tod in<br />
München gelebt, war in Erikbelen gestorben<br />
und dort auch begraben. „Wenn es<br />
mir besser geht, will ich nach Hause,<br />
kommst du mit?“ fragte er mich immer<br />
wieder. Ich spürte, wie ihn diese Idee beflügelte<br />
und gemeinsam schmiedeten wir<br />
Pläne.<br />
Reise in die Heimat<br />
Doch sein Zustand verschlechterte sich<br />
zusehends. Nicht mehr transportfähig,<br />
lautete die Diagnose nach einem letzten<br />
Krankenhausaufenthalt. Damit war auch<br />
die Flugreise, auf die er und die Familie<br />
gehofft hatten, unmöglich geworden.<br />
„Dann fahren wir eben mit dem Auto“,<br />
wurde beschlossen. Schwiegersohn Ali<br />
richtete seinen Geländewagen so ein, dass<br />
Salih darin liegen konnte. Dann machten<br />
sich seine Ehefrau Saniye, sein Sohn Sedat<br />
und Ali mit dem sterbenskranken<br />
Salih auf den Weg ins 2100 Kilometer<br />
entfernte Istanbul. Die riskante Nonstop-<br />
Fahrt durch Österreich, Ungarn, Serbien,<br />
Bulgarien und abenteuerlichen Zwischenaufenthalten<br />
nahm für Salih ein gutes<br />
Ende. Der Gedanke, wieder in die<br />
Heimat zu kommen, hatte bei ihm die