PDF Datei laden - Christophorus Hospiz Verein e.V.
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Neu sind die Fortbildungsmaßnahmen,<br />
die Hans Steil vom CHV, der dem Haus<br />
schon seit Jahren verbunden ist, für die<br />
Mitarbeiter/innen des Hauses vor Ort anbietet.<br />
Auch <strong>Hospiz</strong>helfer/innen kommen<br />
für Sitz- und Nachtwachen in das Seniorenheim.<br />
Bei einem Bewohner, der geäußert<br />
hatte, Angst zu haben in der Nacht alleine<br />
zu sein, wurde eine 24-Stunden<br />
Sitzwache für die letzten drei Tage seines<br />
Lebens organisiert. Ohne die Hilfe des<br />
CHV wäre das nicht zu stemmen gewesen.<br />
Ihr persönliches Resümee spiegelt die gute<br />
und langjährige Kooperation wieder: „Wir<br />
kriegen vom CHV alles was wir brauchen,<br />
ich muss mich nur rühren und schon geschieht<br />
etwas“.<br />
Die Pflege traumatisierter Überlebender<br />
erfordert äußerste Sensibilität<br />
Neben den Holocaust-Überlebenden,<br />
wohnen zahlreiche Child Survivors im<br />
Saul-Eisenberg-Seniorenheim. Child Survivors<br />
wurden als Kinder in der NS-Zeit<br />
wegen ihres Judentums, beziehungsweise<br />
wegen ihrer jüdischen Wurzeln, verfolgt,<br />
„sie haben die Schlüsselkompetenzen wie<br />
Vertrauen und Geborgenheit nicht erworben“,<br />
was den Pflegealltag wesentlich erschwere,<br />
berichtet Dina Zenker. „Die oft<br />
durch körperliche Schwäche und Krankheit<br />
hervorgerufene Hilflosigkeit im Alter<br />
bekommt für Überlebende der Schoah<br />
meist eine zusätzliche, lebensbedrohliche<br />
Dimension. Sie sind emotional zutiefst<br />
verwundet, einhergehend mit einem<br />
zerbrochenen Grundvertrauen in die<br />
Menschen“. Bei der Pflege sei es wichtig,<br />
Reizauslöser zu vermeiden, die eine<br />
Retraumatisierung provozieren könnten.<br />
Schon die „leisesten Trigger“ können<br />
22<br />
Reizauslöser für eine Retraumatisierung<br />
sein. Um einige Beispiele zu nennen:<br />
Uringeruch kann Assoziationen zu den<br />
Deportationen im Viehwaggon, gestreifte<br />
Bettwäsche Assoziationen zur Häftlingskleidung<br />
im KZ hervorrufen. Bei der Anforderung<br />
eines Krankenwagens wird der<br />
Begriff Transportschein vermieden und<br />
durch den Begriff Verlegungsbericht ersetzt,<br />
da der Begriff Transportschein mit<br />
Zwangsdeportationen assoziiert werden<br />
kann. Um zu verhindern, dass alte Erinnerungen<br />
an traumatische Ereignisse reaktiviert<br />
werden, sei im Reden und Handeln<br />
äußerste Sensibilität erforderlich, denn es<br />
gebe Trigger, „die man im Leben nicht<br />
erahnen würde“.<br />
In diesem Kontext spitzen sich die Fragen<br />
zur Ernährung in der letzten Lebensphase,<br />
– wenn es um terminale Erkrankungen<br />
oder auch um Nahrungsverweigerung in<br />
der Demenz geht – extrem zu. Es ist für alle<br />
Pflegeheime schwer, damit umzugehen,<br />
in der speziellen Situation eines jüdischen<br />
Seniorenheims hat es jedoch noch einmal<br />
eine ganz besondere Bedeutung. „Wenn<br />
Du weißt, dass Deine Eltern im KZ beinahe<br />
verhungert wären und Du musst jetzt<br />
Angst haben, dass sie im Altenheim verhungern,<br />
weil sie nicht mehr essen, ist das<br />
psychisch fast nicht zu ertragen und auszuhalten.<br />
Du verstehst es im Kopf, aber nicht<br />
mit dem Herzen“, erklärt Dina Zenker<br />
diese schwierige Situation. Bei der Pflege<br />
und der Sterbebegleitung müsse man sich<br />
stets vor Augen halten, „dass es sich bei<br />
diesen in ihrer Seele Verletzten um besonders<br />
schutzbedürftige Menschen handelt“.<br />
Erforderlich sei daher „ein hohes Maß an<br />
Einfühlungsvermögen, Vorsicht, Respekt<br />
und Liebe“.