OGH 1994/06/23, 6 Ob 561/94 (6 Ob 1568/94) - Familienrecht.at
OGH 1994/06/23, 6 Ob 561/94 (6 Ob 1568/94) - Familienrecht.at
OGH 1994/06/23, 6 Ob 561/94 (6 Ob 1568/94) - Familienrecht.at
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>OGH</strong> <strong>19<strong>94</strong></strong>/<strong>06</strong>/<strong>23</strong>, 6 <strong>Ob</strong> <strong>561</strong>/<strong>94</strong> (6 <strong>Ob</strong> <strong>1568</strong>/<strong>94</strong>)<br />
<strong>OGH</strong> <strong>19<strong>94</strong></strong>/<strong>06</strong>/<strong>23</strong>, 6 <strong>Ob</strong> <strong>561</strong>/<strong>94</strong> (6 <strong>Ob</strong> <strong>1568</strong>/<strong>94</strong>)<br />
Der <strong>Ob</strong>erste Gerichtshof h<strong>at</strong> durch den Sen<strong>at</strong>spräsidenten des <strong>Ob</strong>ersten<br />
Gerichtshofes Dr.Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des<br />
<strong>Ob</strong>ersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Redl, Dr.Kellner und Dr.Schiemer<br />
als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden und<br />
widerbeklagten sowie gefährdeten Partei Magdalena V*****, vertreten<br />
durch Dr.Martin Holzer, Rechtsanwalt in Bruck/Mur, wider den Beklagten<br />
und Widerkläger sowie Antragsgegner Leopold V***** V*****, vertreten<br />
durch Dr.Ferdinand Gross jun., Rechtsanwalt in Kapfenberg, wegen<br />
Ehescheidung und einstweilen zu leistenden Unterhalts, a) infolge<br />
Revisionsrekurses der gefährdeten Partei gegen den zum Beschluß des<br />
Bezirksgerichtes Bruck/Mur vom 25.Oktober 1993, GZ 1 C 20/91-76,<br />
ergangenen rekursgerichtlichen Beschluß des Landesgerichtes Leoben<br />
vom 22.Februar <strong>19<strong>94</strong></strong>, AZ R 43/<strong>94</strong>(ON <strong>94</strong>), und b) infolge<br />
außerordentlicher Revision des Beklagten und Widerklägers gegen das<br />
zum Urteil des Bezirksgerichtes Bruck/Mur vom 29.Oktober 1993, GZ 1 C<br />
20/91-77, ergangene Berufungsurteil des Landesgerichtes Leoben vom<br />
22.Februar <strong>19<strong>94</strong></strong>, AZ R 44/<strong>94</strong>(ON 93), folgende<br />
gefaßt:<br />
Beschlüsse<br />
a) Dem Revisionsrekurs der gefährdeten Partei wird nicht st<strong>at</strong>tgegeben.<br />
Die gefährdete Partei ist schuldig, dem Antragsgegner die mit 9.135 S<br />
bestimmten Kosten seiner Revisionsrekursbeantwortung (darin enthalten<br />
an Ums<strong>at</strong>zsteuer 1.522,50 S) binnen 14 Tagen zu ersetzen.<br />
1<br />
http://www.tews.<strong>at</strong> - DIE WebSite für Österreichisches <strong>Familienrecht</strong>
<strong>OGH</strong> <strong>19<strong>94</strong></strong>/<strong>06</strong>/<strong>23</strong>, 6 <strong>Ob</strong> <strong>561</strong>/<strong>94</strong> (6 <strong>Ob</strong> <strong>1568</strong>/<strong>94</strong>)<br />
b) Die außerordentliche Revision des Beklagten und Widerklägers wird<br />
gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels Voraussetzungen des § 502 Abs 1<br />
ZPO zurückgewiesen.<br />
Begründung:<br />
Im Dezember 1984 sind der damals 50 Jahre alte, aus Slowenien<br />
gebürtige Versicherungsangestellte und die damals 45 Jahre alte, aus<br />
Exjugoslawien stammende Frau nach Scheidung ihrer jeweilgen Vorehe<br />
mitsammen die Ehe eingegangen. Ihre Verbindung blieb kinderlos. Bis zur<br />
Aufhebung ihrer Lebensgemeinschaft führten sie ihren gemeinsamen<br />
Haushalt in einer Eigentumswohnung des Mannes.<br />
Am 16.Juni 1991 zog die Frau aus dieser Wohnung aus. Seither erhielt sie<br />
von ihrem Mann keinerlei Unterhaltszahlungen. Die eheliche<br />
Lebensgemeinschaft blieb seit dem Auszug der Frau aus der<br />
Ehewohnung aufgehoben.<br />
Am 19.Juni 1991 brachte die Frau eine auf § 49 EheG gestützte<br />
Scheidungsklage an. Neun Wochen später erhob der Mann seinerseits<br />
eine ebenfalls auf § 49 EheG gestützte Widerklage.<br />
Die Frau verband mit ihrem Scheidungsbegehren unter anderem den<br />
Antrag auf einstweilige Bestimmung eines ihr vom Mann zu zahlenden<br />
Unterhaltes in der mon<strong>at</strong>lichen Höhe von 14.000 S.<br />
Der Mann wertete dieses Unterhaltsbegehren als Rechtsmißbrauch.<br />
Das Prozeßgericht erster Instanz h<strong>at</strong>te im ersten Rechtsgang dem<br />
Provisorialunterhaltsbegehren der Frau teilweise st<strong>at</strong>tgegeben. Das<br />
Rekursgericht h<strong>at</strong>te in St<strong>at</strong>tgebung der Rekurse beider Parteien einen<br />
Aufhebungsbeschluß ohne Zulassung eines Rekurses an den <strong>Ob</strong>ersten<br />
Gerichtshof gefaßt.<br />
2<br />
http://www.tews.<strong>at</strong> - DIE WebSite für Österreichisches <strong>Familienrecht</strong>
<strong>OGH</strong> <strong>19<strong>94</strong></strong>/<strong>06</strong>/<strong>23</strong>, 6 <strong>Ob</strong> <strong>561</strong>/<strong>94</strong> (6 <strong>Ob</strong> <strong>1568</strong>/<strong>94</strong>)<br />
Das Prozeßgericht erster Instanz gab im zweiten Rechtsgang dem<br />
Provisorialunterhaltsbegehren der Frau wieder nur teilweise st<strong>at</strong>t und<br />
verpflichtete den Mann unter Abweisung des Sicherungsmehrbegehrens<br />
zur Zahlung folgender mon<strong>at</strong>licher Unterhaltsbeträge an die Frau:<br />
für die Zeit vom 18.Juni bis 30.September 1991 6.720 S;<br />
für die Mon<strong>at</strong>e Oktober und November 1991 2.140 S;<br />
für Dezember 1991 5.520 S;<br />
für die Mon<strong>at</strong>e Januar und Februar 1992 5.220 S;<br />
für die Mon<strong>at</strong>e März bis November 1992 3.920 S;<br />
für Dezember 1992 4.720 S<br />
und für die Zeit ab 1.Januar 1993 3.720 S.<br />
Die Frau erhob gegen den antragsabweisenden Teil, der Mann gegen den<br />
antragsst<strong>at</strong>tgebenden Teil dieser einstweiligen Verfügung Rekurs.<br />
Das Rekursgericht änderte den erstinstanzlichen Beschluß in teilweiser<br />
St<strong>at</strong>tgebung beider Rekurse derart ab, daß der Mann unter Abweisung<br />
des Mehrbegehrens der Frau zu folgenden mon<strong>at</strong>lichen<br />
Unterhaltszahlungen verpflichtet wurde:<br />
für die Zeit vom 18.Juni 1991<br />
bis 30.September 1991 9.000 S;<br />
3<br />
http://www.tews.<strong>at</strong> - DIE WebSite für Österreichisches <strong>Familienrecht</strong>
für Oktober 1991 4.420 S;<br />
für November 1991 4.380 S;<br />
für Dezember 1991 7.760 S;<br />
für Januar und Februar 1992 6.390 S;<br />
für März bis Oktober 1992 5.090 S;<br />
für November 1992 3.<strong>06</strong>0 S;<br />
für Dezember 1992 6.150 S;<br />
für Januar 1993 3.860 S<br />
und für die Zeit ab 1.Februar 1993 2.590 S.<br />
<strong>OGH</strong> <strong>19<strong>94</strong></strong>/<strong>06</strong>/<strong>23</strong>, 6 <strong>Ob</strong> <strong>561</strong>/<strong>94</strong> (6 <strong>Ob</strong> <strong>1568</strong>/<strong>94</strong>)<br />
Das Prozeßgericht erster Instanz h<strong>at</strong>te dazu als bescheinigt zugrunde<br />
gelegt:<br />
Die Frau führte während der aufrechten ehelichen Gemeinschaft nicht nur<br />
den gemeinsamen Haushalt, sie war auch zunächst ganztags, dann nur<br />
noch halbtags als Verkäuferin berufstätig. In Halbtagsbeschäftigung<br />
verdiente sie mon<strong>at</strong>lich ca 5.000 S netto. Im Oktober 1990 verlor die Frau<br />
ihren Arbeitspl<strong>at</strong>z; die Bemühungen der damals bereits im 52.Lebensjahr<br />
gestandenen Frau um eine neue Anstellung blieben erfolglos. Vom<br />
1.Oktober 1990 bis 28.April 1991 bezog sie Arbeitslosengeld in der Höhe<br />
von 119,80 S täglich. Vom 30.Oktober 1991 bis 1.November 1992 stand<br />
sie im Genuß der Notstandshilfe von 113,80 S täglich. Vom 2. bis<br />
15.November 1992 arbeitete sie im Verkaufslokal einer Tankstelle und<br />
erzielte in dieser Zeit ein Nettoeinkommen von 5.734 S. Vom 17. bis<br />
4<br />
http://www.tews.<strong>at</strong> - DIE WebSite für Österreichisches <strong>Familienrecht</strong>
<strong>OGH</strong> <strong>19<strong>94</strong></strong>/<strong>06</strong>/<strong>23</strong>, 6 <strong>Ob</strong> <strong>561</strong>/<strong>94</strong> (6 <strong>Ob</strong> <strong>1568</strong>/<strong>94</strong>)<br />
25.November 1992 sowie ab 14.Januar 1993 bezog sie wieder<br />
Notstandshilfe im täglichen Ausmaß von 113,80 S.<br />
Außerdem bezieht die Frau Sozialhilfeleistungen. Diese mon<strong>at</strong>lichen<br />
Zahlungen betrugen im Oktober und November 1991 4.580S, im<br />
Dezember 1991 1.200 S, in den Mon<strong>at</strong>en Januar und Februar 1992 1.500<br />
S, in den Mon<strong>at</strong>en März bis November 1992 2.800 S, im Dezember 1992<br />
2.000 S und ab Januar 1993 3.000 S.<br />
Darüber hinaus erhält die Frau eine mon<strong>at</strong>liche Wohnbeihilfe von rund<br />
1.600 S.<br />
Der Mann zahlte seiner Frau auf ein 1984 gewährtes Darlehen im Juli<br />
1991 einen Teilbetrag von 50.000 S und im Februar 1993 einen solchen<br />
von rund 10.500 S zurück. Damit zahlte die Frau ca 29.000 S als Honorar<br />
an ihren früheren Rechtsbeistand und ca 20.000 S an ihren nunmehrigen<br />
anwaltlichen Vertreter.<br />
Der Ehemann arbeitet als Versicherungsangestellter im Außendienst. In<br />
den Mon<strong>at</strong>en Juni bis Dezember 1991 bezog er (abzüglich eines<br />
allmon<strong>at</strong>lich außer im August ausbezahlten Kilometergeldes von 5.240 S)<br />
insgesamt <strong>23</strong>7.805,25 S netto, im Jahre 1992 insgesamt 371.984,25 S<br />
netto (dazu ein Kilometergeld von 57.640 S) und in den ersten vier<br />
Mon<strong>at</strong>en des Jahres 1993 insgesamt 100.674,65 S netto (sowie ein<br />
Kilometergeld von 20.960 S). Er benützt ein Leasingfahrzeug. Dieses<br />
verwendet er etwa zu zwei Drittel rein beruflich. Die mon<strong>at</strong>liche<br />
Leasingr<strong>at</strong>e beträgt 5.600 S, die mon<strong>at</strong>liche Versicherungsprämie für<br />
Haftpflicht und Kasko 1.000 S, die Kraftfahrzeugsteuer 360 S. Die<br />
(mon<strong>at</strong>liche) Garagenmiete betrug ursprünglich 500 S, nunmehr belastet<br />
sie den Mann mit 900 S.<br />
5<br />
http://www.tews.<strong>at</strong> - DIE WebSite für Österreichisches <strong>Familienrecht</strong>
<strong>OGH</strong> <strong>19<strong>94</strong></strong>/<strong>06</strong>/<strong>23</strong>, 6 <strong>Ob</strong> <strong>561</strong>/<strong>94</strong> (6 <strong>Ob</strong> <strong>1568</strong>/<strong>94</strong>)<br />
Als Entgelt für Dolmetscherleistungen in einem Fahrschulbetrieb erhielt er<br />
7.000 S.<br />
Im Jahr 1992 erhielt er eine Lebensversicherungssumme von 200.000 S<br />
ausbezahlt; davon h<strong>at</strong>te er ca 15.000 S an Steuern zu entrichten.<br />
Die Eigentumswohnung belastet den Mann mit mon<strong>at</strong>lichen<br />
Rückzahlungsr<strong>at</strong>en von 1.600 S und mon<strong>at</strong>lichen Betriebskostenanteilen<br />
von 2.600 S. Aus dem Verkauf einer Hausbesorgerwohnung erhielt einen<br />
Anteil von 4.000 S.<br />
Den Mann treffen konkurrierende Unterhaltsverpflichtungen gegenüber<br />
seiner geschiedenen Ehefrau neben Zahlungen für die seinerzeitige<br />
Ehewohnung. Die mon<strong>at</strong>liche Unterhaltsverpflichtung beträgt 5.000 S, die<br />
(Ausgleichs-)Zahlung für die Wohnung 1.000 S. Zufolge Aufrechnung mit<br />
einer Darlehensrückzahlungsforderung betragen die mon<strong>at</strong>lichen<br />
Barzahlungen des Mannes an seine geschiedene Frau derzeit nur 1.400<br />
S. Für Repar<strong>at</strong>uren am Wohnhaus seiner geschiedenen Frau h<strong>at</strong>te er<br />
62.000 S aufzuwenden.<br />
Der Mann h<strong>at</strong>te für seine Ehefrau eine Krankenversicherung<br />
abgeschlossen. Bis 1.April 1992 leistete er dafür mon<strong>at</strong>liche<br />
Prämienzahlungen in der Höhe von 1.300 S.<br />
Der Mann h<strong>at</strong>te seiner Frau zunächst mon<strong>at</strong>lich einen Betrag von 3.500 S<br />
als Wirtschaftsgeld überlassen, über dessen Verwendung die Frau genau<br />
Rechnung legen mußte. Ab Juni 1990 stellte der Mann seiner Frau kein<br />
Wirtschaftsgeld mehr zur Verfügung, sondern besorgte die Einkäufe für<br />
den gemeinsamen Haushalt selbst. Für ihre sonstigen persönlichen<br />
Bedürfnisse erhielt die Frau von ihrem Mann - abgesehen von<br />
Bekleidungsgeschenken zu Feiertagen - keine Leistungen. Die Frau<br />
mußte zur gemeinsamen Lebensführung aus ihren Erträgnissen beitragen.<br />
6<br />
http://www.tews.<strong>at</strong> - DIE WebSite für Österreichisches <strong>Familienrecht</strong>
<strong>OGH</strong> <strong>19<strong>94</strong></strong>/<strong>06</strong>/<strong>23</strong>, 6 <strong>Ob</strong> <strong>561</strong>/<strong>94</strong> (6 <strong>Ob</strong> <strong>1568</strong>/<strong>94</strong>)<br />
ständige entwürdigende Verhalten des Mannes zurückzuführenden<br />
Auszug aus der Ehewohnung nicht verloren habe.<br />
Bei der Ausmittelung des Provisorialunterhaltes veranschlagte das<br />
Prozeßgericht erster Instanz sowohl den Bezug an Notstandshilfe als auch<br />
den Bezug an Sozialhilfe als bedarfsdeckende Einkünfte der Frau.<br />
Das Rekursgericht legte seiner Entscheidung den vom Gericht erster<br />
Instanz als bescheinigt angenommenen Sachverhalt zugrunde. Es teilte<br />
auch die erstinstanzliche Beurteilung, daß das Unterhaltsbegehren der<br />
Frau ungeachtet ihres Auszuges aus der Ehewohnung nach den<br />
konkreten Umständen des Falles nicht als Rechtsmißbrauch zu werten sei<br />
und daß bei der Bemessung des Provisorialunterhaltes nicht nur die<br />
Notstandshilfe, sondern - zur Vermeidung einer Doppelaliment<strong>at</strong>ion - auch<br />
die Sozialhilfeleistungen als bedarfsdeckende Einkünfte der gesetzlich<br />
unterhaltberechtigten Frau zu veranschlagen seien. In der Festsetzung<br />
der mon<strong>at</strong>lichen Provisorialunterhaltsbeträge wich das Rekursgericht nur<br />
bei der Zugrundelegung der Zeiträume für die Ermittlung der jeweiligen<br />
mon<strong>at</strong>lichen Durchschnittseinkommen sowie bei der Art der<br />
Berücksichtigung der konkurrierenden Sorgepflicht des Mannes für seine<br />
geschiedene Ehefrau von den erstinstanzlichen Berechnungsmethoden<br />
ab: Während das Prozeßgericht erster Instanz die Zeit vom Antragsmon<strong>at</strong><br />
Juni 1991 bis einschließlich April 1993, also einen Zeitraum von <strong>23</strong><br />
Kalendermon<strong>at</strong>en, als einheitliche Bemessungsperiode wählte, ging das<br />
Rekursgericht vom jeweiligen Kalenderjahr als angemessene Periode zur<br />
Bestimmung der jeweiligen Durchschnittseinkünfte aus. Die<br />
konkurrierende Sorgepflicht des Mannes für seine frühere Ehefrau<br />
veranschlagte das Prozeßgericht erster Instanz mit den jeweiligen<br />
Mon<strong>at</strong>szahlungen, das Rekursgericht dagegen durch einen Abzug von<br />
(vier) Prozentpunkten des jeweiligen Unterhaltsanteiles der Frau an der<br />
jeweils ermittelten Unterhaltsbemessungsgrundlage.<br />
8<br />
http://www.tews.<strong>at</strong> - DIE WebSite für Österreichisches <strong>Familienrecht</strong>
<strong>OGH</strong> <strong>19<strong>94</strong></strong>/<strong>06</strong>/<strong>23</strong>, 6 <strong>Ob</strong> <strong>561</strong>/<strong>94</strong> (6 <strong>Ob</strong> <strong>1568</strong>/<strong>94</strong>)<br />
Die den Provisorialunterhalt begehrende Frau ficht die<br />
Rekursentscheidung wegen qualifiziert unrichtiger rechtlicher Beurteilung<br />
der entscheidungswichtigen Fragen nach der Berücksichtigung von<br />
Notstandshilfe und Sozialhilfeleistungen als bedarfsdeckende Einkünfte<br />
des Unterhaltsberechtigten mit dem Abänderungsantrag an, "daß die von<br />
der gefährdeten Partei empfangene Notstandshilfe von S 113,80 im<br />
Zeitraum vom 30.10.1991 bis 1.11.1992 sowie 17.11.1992 bis 25.11.1992<br />
sowie ab 14.1.1993, sohin für 803 Tage, das sind S 91.381,40, sowie die<br />
Sozialhilfeleistungen im Zeitraum Oktober und November 1991 von<br />
mon<strong>at</strong>lich S 4.580, Dezember 1991 S 1.200, Jänner und Februar 1992<br />
mon<strong>at</strong>lich S 1.500, März bis November 1992 mon<strong>at</strong>lich S 2.800,<br />
Dezember 1992 S 2.000 und seit Jänner 1993 mon<strong>at</strong>lich S 3.000, sohin<br />
insgesamt S 85.560 nicht in die Unterhaltsbemessung als diese<br />
vermindernd einbezogen werden"; hilfsweise stellt die Frau einen<br />
Aufhebungsantrag.<br />
Der Mann strebt als Antragsgegner die Bestätigung der angefochtenen<br />
Rekursentscheidung an.<br />
Der Revisionsrekurs ist aus den vom Rekursgericht erwähnten Gründen<br />
zulässig.<br />
Er ist aber nicht berechtigt.<br />
Notstandshilfe nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz soll die<br />
Notlage eines arbeitsfähigen und arbeitswilligen Arbeitslosen, dessen<br />
Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Karenzurlaubsgeld ausgeschöpft ist,<br />
lindern, bei allgemeiner finanzieller Notlage also die allgemeinen<br />
Lebensbedürfnisse des Empfängers decken helfen. Die Notstandshilfe<br />
wirkt insofern unterhaltsrechtlich als bedarfsdeckend und vermindert einen<br />
gesetzlichen Unterhaltsanspruch wie andere zur Deckung der<br />
Lebensbedürfnisse heranzuziehende Einkünfte auch, ist doch der Bezug<br />
9<br />
http://www.tews.<strong>at</strong> - DIE WebSite für Österreichisches <strong>Familienrecht</strong>
<strong>OGH</strong> <strong>19<strong>94</strong></strong>/<strong>06</strong>/<strong>23</strong>, 6 <strong>Ob</strong> <strong>561</strong>/<strong>94</strong> (6 <strong>Ob</strong> <strong>1568</strong>/<strong>94</strong>)<br />
der Notstandshilfe eine Fortwirkung der früheren versicherungspflichtigen<br />
Erwerbstätigkeit des Empfängers.<br />
Die Ausführungen der Rechtsmittelwerberin vermögen den <strong>Ob</strong>ersten<br />
Gerichtshof nicht dazu zu bestimmen, von seiner in der in RZ 1992/87<br />
veröffentlichten Entscheidung vom 5.7.1991, 5 <strong>Ob</strong> 505/91 (= EFSlg<br />
64.914) dargelegten Meinung abzugehen, zumal die von der<br />
Rechtsmittelwerberin zitierten Autoren die erwähnte Rechtsprechung ohne<br />
Kritik wiedergeben (Purtscheller/Salzmann, Unterhaltsbemessung S 90).<br />
Sozialhilfeleistungen werden nach den einzelnen Landesgesetzen vor<br />
allem zur Sicherung des Lebensbedarfes von Personen gewährt, deren<br />
Einkommen und verwertbares Vermögen zur Bedarfsdeckung nicht<br />
hinreicht. Nach dem Aufenthalt im Bundesland Steiermark bezieht die<br />
gefährdete Partei als Sozialhilfeempfängerin Geldleistungen nach dem<br />
steiermärkischen Sozialhilfegesetz (StmkSHG).<br />
Nach diesem Gesetz besteht zwar ein Anspruch des Hilfebedürftigen auf<br />
Sozialhilfeleistungen nur, soweit dessen eigene Mittel zur<br />
Bedürfnisbefriedigung nicht ausreichen. Dem Gesetz ist aber nicht zu<br />
entnehmen, daß nicht erfüllte gesetzliche Unterhaltsansprüche als<br />
anspruchsausschließende oder -einschränkende Eigenmittel zu werten<br />
wären. Im Gegens<strong>at</strong>z zu anderen Landesgesetzen kennt das<br />
steiermärkische Sozialhilfegesetz auch keine Legalzession von<br />
gesetzlichen Unterhaltsansprüchen. Dem Subsidiaritätsprinzip der<br />
Sozialhilfe wird durch Ers<strong>at</strong>zansprüche des Sozialhilfeträgers Rechnung<br />
getragen. Dazu bestimmt § 39 StmkSHG:<br />
Der Hilfeempfänger, seine nach bürgerlichem Recht zum Unterhalt<br />
verpflichteten Eltern, Kinder oder Eheg<strong>at</strong>ten, seine Erben und Dritte sind<br />
verpflichtet, dem Sozialhilfeträger den Aufwand nach Maßgabe der<br />
folgenden Bestimmungen zu ersetzen:<br />
10<br />
http://www.tews.<strong>at</strong> - DIE WebSite für Österreichisches <strong>Familienrecht</strong>
<strong>OGH</strong> <strong>19<strong>94</strong></strong>/<strong>06</strong>/<strong>23</strong>, 6 <strong>Ob</strong> <strong>561</strong>/<strong>94</strong> (6 <strong>Ob</strong> <strong>1568</strong>/<strong>94</strong>)<br />
1. der Hilfeempfänger aus seinen Einkünften und aus seinem Vermögen,<br />
soweit hiedurch das Ausmaß des Lebensbedarfes (§ 7) nicht<br />
unterschritten wird;<br />
2. die Eltern, Kinder oder Eheg<strong>at</strong>ten, soweit sie nach bürgerlichem Recht<br />
verpflichtet sind, für den Empfänger der Sozialhilfe Unterhaltsleistungen<br />
zu erbringen;<br />
3. Erben, soweit der Nachlaß hiezu ausreicht;<br />
4. Dritte, soweit der Hilfeempfänger ihnen gegenüber Rechtsansprüche<br />
oder Forderungen h<strong>at</strong>. Ansprüche des Hilfeempfängers gegenüber einem<br />
Dritten gehen im Ausmaße der Leistung auf den Sozialhilfeträger über.<br />
Sobald dieser den Dritten verständigt h<strong>at</strong>, ist jener zur Leistung an den<br />
Sozialhilfeträger verpflichtet (§ 1396 ABGB)."<br />
Über einen in drei verjährenden Rückers<strong>at</strong>zanspruch entscheidet mangels<br />
vergleichsweiser Regelung die Verwaltungsbehörde.<br />
Die in der bisherigen Rechtsprechung nicht völlig einheitlich beurteilten<br />
Fragen, die sich im Zusammenhang mit einem- meist neben dem<br />
Ers<strong>at</strong>zanspruch - gesetzlich normierten Forderungsübergang ergeben (vgl<br />
dazu die E des erkennenden Sen<strong>at</strong>es vom 20.Juni 1991, 6 <strong>Ob</strong> 569/91,<br />
EFSlg 65.132), stellen sich im Falle von Sozialhilfeleistungen nach dem<br />
steiermärkischen Sozialhilfegesetz nicht.<br />
Die zur Deckung der Lebensbedürfnisse des Empfängers vom<br />
Sozialhilfeträger erbrachten Leistungen mindern wie sonstige zur<br />
Bedarfsdeckung heranzuziehende Einkünfte des Unterhaltsberechtigten<br />
dessen gesetzliche Unterhaltsansprüche.<br />
11<br />
http://www.tews.<strong>at</strong> - DIE WebSite für Österreichisches <strong>Familienrecht</strong>
<strong>OGH</strong> <strong>19<strong>94</strong></strong>/<strong>06</strong>/<strong>23</strong>, 6 <strong>Ob</strong> <strong>561</strong>/<strong>94</strong> (6 <strong>Ob</strong> <strong>1568</strong>/<strong>94</strong>)<br />
<strong>Ob</strong> die Hilfeempfängerin berechtigt wäre, vom gesetzlich<br />
unterhaltspflichtigen Ehemann Zahlung von Unterhaltsbeträgen zu<br />
Handen des Sozialhilfeträgers zu begehren, kann dahingestellt bleiben,<br />
weil sie Zahlung an sich selbst begehrt h<strong>at</strong>.<br />
Ebenso bedarf es keiner Erörterung, ob und unter welchen<br />
Voraussetzungen etwa ein Begehren auf Zahlung an den Sozialhilfeträger<br />
im Provisorialverfahren verfolgbar wäre.<br />
Soweit die Lebensbedürfnisse der gefährdeten Partei durch Leistungen<br />
nach dem steiermärkischen Sozialhilfegesetz abgedeckt werden, besteht<br />
kein von einem gesetzlich Unterhaltspflichtigen abzudeckender offener<br />
Bedarf. Die Vorinstanzen haben zutreffend erkannt, daß die<br />
Sozialhilfeleistung bedarfsdeckend und daher<br />
unterhaltsanspruchsmindernd ist.<br />
Gegen die unter Zugrundelegung der als zutreffend erkannten Ansichten<br />
über die Auswirkungen der Bezüge an Notstandshilfe sowie an Sozialhilfe<br />
nach dem steiermärkischen Sozialhilfegesetz auf den Unterhaltsanspruch<br />
der gefährdeten Partei gegen ihren Ehemann erfolgten Ausmittelung der<br />
jeweiligen Unterhaltsbeträge durch das Rekursgericht führt die<br />
Rechtsmittelwerberin nichts aus. Es bestehen auch keine grundsätzlichen<br />
Bedenken gegen die ziffernmäßige Ausmittlung des<br />
Provisorialunterhaltes. Es entspricht vor allem dem Charakter der<br />
Sozialhilfeleistungen mit Ers<strong>at</strong>zpflicht des Unterhaltspflichtigen, die<br />
Sozialhilfebezüge nicht - wie sonstige Einkünfte - dem<br />
Familieneinkommen als Bemessungsgrundlage für den<br />
Unterhaltsanspruch hinzuzurechnen, weil die eine aktuelle<br />
Rückers<strong>at</strong>zpflicht auslösende Sozialhilfeleistung wirtschaftlich als reine<br />
Vorschußleistung an den bedürftigen Eheg<strong>at</strong>ten unter gleichzeitiger<br />
Rückzahlungspflicht des anderen Eheg<strong>at</strong>ten und daher nicht als eine<br />
Erhöhung des Familieneinkommens anzusehen ist.<br />
12<br />
http://www.tews.<strong>at</strong> - DIE WebSite für Österreichisches <strong>Familienrecht</strong>
<strong>OGH</strong> <strong>19<strong>94</strong></strong>/<strong>06</strong>/<strong>23</strong>, 6 <strong>Ob</strong> <strong>561</strong>/<strong>94</strong> (6 <strong>Ob</strong> <strong>1568</strong>/<strong>94</strong>)<br />
Zur außerordentlichen Revision des Mannes gegen das bestätigende<br />
Berufungsurteil genügen folgende Hinweise:<br />
Das Prozeßgericht erster Instanz h<strong>at</strong> vom Beklagten zu Beweiszwecken<br />
vorgelegte Tonbänder nicht abgehört und einen von ihm beantragten<br />
Zeugen nicht vernommen. Das Berufungsgericht h<strong>at</strong> die diesbezüglich<br />
erhobenen Mängelrügen als nicht stichhältig befunden. Eine derartige<br />
berufungsgerichtliche Beurteilung ist nach dem Größenschluß keiner<br />
weiteren Nachprüfung durch den <strong>Ob</strong>ersten Gerichtshof zugänglich, daß<br />
nicht einmal die beschlußmäßige Verwerfung einer Berufung, soweit sie<br />
einen mit Nichtigkeit bedrohten Verfahrensverstoß geltend macht, weiter<br />
anfechtbar ist (§ 519 ZPO).<br />
Die Beurteilung des festgestellten beiderseitigen Verhaltens von<br />
Eheg<strong>at</strong>ten in der zeitlichen Abfolge und wechselseitigen Bedingtheit ist<br />
jeweils durch die konkreten Umstände des Einzelfalles bedingt.<br />
Mit der außerordentlichen Revision wird keine unrichtige Lösung einer<br />
nach § 502 Z 1 ZPO qualifizierten verfahrensrechtlichen oder<br />
m<strong>at</strong>eriellrechtlichen entscheidungswesentlichen Frage geltend gemacht.<br />
Aus diesen Erwägungen war dem Revisionsrekurs der Frau als der<br />
gefährdeten Partei ein Erfolg zu versagen und die außerordentliche<br />
Revision des Beklagten und Widerklägers zurückzuweisen.<br />
Die gefährdete Partei h<strong>at</strong> dem Antragsgegner dessen Kosten der<br />
Beantwortung zum erfolglos gebliebenen Revisionsrekurs gemäß §§ 402<br />
Abs 2, 78 EO, §§ 41 und 50 ZPO zu ersetzen.<br />
13<br />
http://www.tews.<strong>at</strong> - DIE WebSite für Österreichisches <strong>Familienrecht</strong>