Sprachförderung im Unterrichtsalltag - Hamburg
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Hausarbeit<br />
zum<br />
Zweiten Staatsexamen für das Lehramt an der<br />
Pr<strong>im</strong>ar- und Sekundarstufe I<br />
<br />
<br />
<br />
<strong>Sprachförderung</strong> <strong>Sprachförderung</strong> <strong>im</strong> <strong>im</strong> <strong>Unterrichtsalltag</strong><br />
<strong>Unterrichtsalltag</strong><br />
Eine begründete Zusammenstellung und Reflexion von Teilen meines<br />
Portfolios<br />
Erstgutachter: Dr. Christofer Seyd<br />
Zweitgutachterin: Claudia Stöver-Duwe<br />
Am 08. März 2011 vorgelegt von:<br />
Kirsten Nath<br />
Be<strong>im</strong>oorstraße 22<br />
22081 <strong>Hamburg</strong>
<strong>Sprachförderung</strong> <strong>im</strong> <strong>Unterrichtsalltag</strong> – (Wie) geht das?.................. 1<br />
1. Theoretische und bildungspolitische Grundlagen der<br />
<strong>Sprachförderung</strong> ............................................................................. 2<br />
1.1 <strong>Sprachförderung</strong> für alle Schülerinnen und Schüler ...................................3<br />
1.1.1 <strong>Hamburg</strong>er Sprachförderkonzept.............................................................4<br />
1.1.2 Durchgängige Sprachbildung (Lange/Gogolin)........................................5<br />
1.1.3 <strong>Sprachförderung</strong> <strong>im</strong> Fach (Leisen) ..........................................................6<br />
1.2 <strong>Sprachförderung</strong> <strong>im</strong> <strong>Unterrichtsalltag</strong> – was heißt das? .............................6<br />
1.2.1 Aspekte der <strong>Sprachförderung</strong> <strong>im</strong> <strong>Unterrichtsalltag</strong> ..................................7<br />
1.2.1.1 Sprechen........................................................................................................ 7<br />
1.2.1.2 Lesen ............................................................................................................. 8<br />
1.2.1.3 Schreiben....................................................................................................... 9<br />
1.2.2 Möglichkeiten und Grenzen ...................................................................10<br />
2. Situationsbeschreibung ................................................................ 10<br />
2.1 Ausgangsbedingungen der Schule und des Umfelds...............................10<br />
2.2 Klasse 4c ..................................................................................................11<br />
2.3 Beobachtungszeitraum .............................................................................13<br />
3. <strong>Sprachförderung</strong> <strong>im</strong> Rahmen meines Unterrichts ....................... 13<br />
3.1 Erwartungen und Indikatoren....................................................................14<br />
3.2 Einführung der sprachförderlichen Maßnahmen ......................................15<br />
3.2.1 Sprechen................................................................................................15<br />
3.2.1.1 Vorstellung Stundenverlauf mit Karten......................................................... 15<br />
3.2.1.2 Denken - Austauschen - Besprechen (DAB)................................................ 16<br />
3.2.1.3 Formulierungshilfen Präsentation................................................................. 17<br />
3.2.1.4 Satzanfänge ................................................................................................. 19<br />
3.2.2 Lesen .....................................................................................................19<br />
3.2.2.1 Textvereinfachung........................................................................................ 19<br />
3.2.2.2 Lesestrategien aufbauen.............................................................................. 20<br />
3.2.2.3 Selbst erstellte Lexika .................................................................................. 22<br />
3.2.3 Schreiben...............................................................................................23<br />
3.2.3.1 Lernplakate .................................................................................................. 23<br />
3.2.3.2 Hilfen zum Textschreiben............................................................................. 26<br />
3.2.3.2.1 Concept Maps ........................................................................................... 26<br />
3.2.3.2.2 Strukturdiagramme.................................................................................... 27<br />
3.2.3.2.3 Gliederungshilfen ...................................................................................... 28<br />
3.3 Fazit über den Erfolg der sprachförderlichen Maßnahmen ......................28<br />
4. Schlussbetrachtung und Ausblick................................................ 30<br />
5. Literatur .......................................................................................... 32<br />
6. Anhang............................................................................................ 34<br />
0
<strong>Sprachförderung</strong> <strong>im</strong> <strong>Unterrichtsalltag</strong> – (Wie) geht das?<br />
Sprache ist die „[…]Grundvoraussetzung für das Verstehen und Kommunizieren <strong>im</strong> Fach<br />
überhaupt. Sprache ist somit der Schlüssel (auch) für einen gelingenden Fachunterricht.“ 1<br />
Obwohl die große Bedeutung der Sprache für das fachliche Lernen unumstritten ist, wird die<br />
<strong>Sprachförderung</strong> häufig als Aufgabe des Deutsch- oder Förderunterrichts gesehen. Dass<br />
diese Aufgabe nur sehr unzureichend erfüllt werden kann, wird zwar bemängelt, aber in vie-<br />
len Fällen noch <strong>im</strong>mer hingenommen. Der Grund dafür liegt wohl darin, dass viele Lehrkräfte<br />
fürchten, die fachlichen Inhalte würden zu kurz kommen, wenn sprachliche Aspekte zusätz-<br />
lich thematisiert und geübt werden. Wer jedoch versteht, dass sprachliche Mittel, die in ei-<br />
nem best<strong>im</strong>mten Fach gebraucht werden, am besten <strong>im</strong> Rahmen dieses Fachunterrichts<br />
erlernt und geübt werden können, steht vor der Frage nach der Umsetzung. Diese Heraus-<br />
forderung ist für den Einzelnen groß und führt dazu, dass die <strong>Sprachförderung</strong> <strong>im</strong> Unter-<br />
richtsalltag nur selten gezielt und kontinuierlich praktiziert wird.<br />
Auch ich habe nicht von Anfang an verstanden, dass der Deutschunterricht allein für das<br />
sprachliche Lernen der Schülerinnen und Schüler 2 nicht ausreicht. Ich habe mich zwar ge-<br />
fragt, weshalb die SuS sowohl <strong>im</strong> mündlichen als auch <strong>im</strong> schriftlichen Bereich so viele Feh-<br />
ler machen, habe es jedoch zunächst nicht als meine Aufgabe angesehen, diese Fehler<br />
nachhaltig zu korrigieren. Erst <strong>im</strong> Laufe der ersten (Kleingruppen-)Hospitationen und deren<br />
Reflexion entwickelte sich in mir das Bedürfnis, die Sprache der SuS <strong>im</strong> Rahmen meines<br />
Unterrichts sowohl mündlich als auch schriftlich zu fördern, um damit langfristig ihr Verstehen<br />
und ihre Leistungen zu verbessern. Vor allem <strong>im</strong> Fachseminar bekam ich entsprechende<br />
Anregungen und Literaturtipps, die mir halfen, mein Vorhaben umzusetzen.<br />
Meine Vorstellung und Umsetzung der <strong>Sprachförderung</strong> <strong>im</strong> <strong>Unterrichtsalltag</strong> entspricht der<br />
durchgängigen <strong>Sprachförderung</strong> des <strong>Hamburg</strong>er Sprachförderkonzepts. Sie bezeichnet die<br />
Förderung aller SuS <strong>im</strong> Rahmen des Regelunterrichts, den die jeweilige Fachlehrkraft<br />
sprachbewusst gestalten soll. 3 Weitere Konzepte, die auf die Förderung aller SuS abzielen<br />
und sich nicht auf den sprachheilpädagogischen Aspekt oder ausschließlich auf die Förde-<br />
rung von SuS mit Migrationshintergrund beschränken, sind das Konzept der Durchgängigen<br />
Sprachbildung 4 und das Konzept der <strong>Sprachförderung</strong> <strong>im</strong> Fach als sprachsensibler Fachun-<br />
terricht. 5 Da alle drei Konzepte jedoch darauf basieren, dass die Sprache zum Anliegen aller<br />
1 Leisen, Joseph: Handbuch <strong>Sprachförderung</strong> <strong>im</strong> Fach. Sprachsensibler Fachunterricht in der Praxis. Grundlagenwissen,<br />
Anregungen und Beispiele für die Unterstützung von sprachschwachen Lernern und Lernern mit<br />
Zuwanderungsgeschichte be<strong>im</strong> Sprechen, Lesen, Schreiben und Üben <strong>im</strong> Fach, Bonn 2010, S. 3.<br />
2 Zur besseren Lesbarkeit verwende ich nachfolgend die Abkürzung SuS und für alle weiteren Personengruppen<br />
die männliche Form, die selbstverständlich die weiblichen Personen einschließt.<br />
3 May, Peter et al.: <strong>Hamburg</strong>er Sprachförderkonzept. Bericht über das Monitoring der Fördermaßnahmen in den<br />
Schulen <strong>im</strong> Schuljahr 2008/2009, www.schulenfoerdern.de, 21.2.2011, S. 19.<br />
4 Lange, Imke; Gogolin, Ingrid: Durchgängige Sprachbildung. Eine Handreichung, Münster 2010.<br />
5 Leisen.<br />
1
Fächer und Bildungseinrichtungen wird und die Sprachbildung durch vielfältige Kooperatio-<br />
nen sichergestellt wird, erfüllt meine sprachförderliche Arbeit, die sich ausschließlich auf<br />
meinen Unterricht bezieht, nur einen kleinen Teil dieser umfassenden Konzepte.<br />
Nach einem knappen halben Jahr der Beobachtung und Dokumentation blicke ich auf viele<br />
Sachunterrichtsstunden 6 mit unterschiedlichsten sprachförderlichen Maßnahmen zurück.<br />
Einige sind zu Ritualen der Klasse geworden, andere habe ich nur ausprobiert und bald wie-<br />
der verworfen. <strong>Sprachförderung</strong> soll die SuS nicht nur sprachlich fördern, sondern sie auch<br />
in ihrem Könnensbewusstsein stärken. Daher ist es mir wichtig, dass die sprachförderlichen<br />
Maßnahmen, die ich in meinem Unterricht einsetze, sowohl den SuS als auch mir nützlich<br />
erscheinen und das Interesse der SuS an der Beschäftigung mit der Sache verstärken.<br />
Diese Arbeit ist in vier Hauptteile gegliedert: Der erste Teil bietet die theoretische und bil-<br />
dungspolitische Grundlage zur <strong>Sprachförderung</strong> <strong>im</strong> <strong>Unterrichtsalltag</strong>, beschreibt die Aspekte<br />
dieser <strong>Sprachförderung</strong> und zeigt ihre Möglichkeiten und Grenzen auf. Im zweiten Teil wird,<br />
unterstützt von ausgewählten Teilen meines Portfolios, die Ausgangssituation in der Schule<br />
und in meiner Lerngruppe beschrieben. Eine genauere Beleuchtung und Evaluation der<br />
sprachförderlichen Maßnahmen in meinem Unterricht erfolgt <strong>im</strong> dritten Teil dieser Arbeit. In<br />
den Text integrierte Ausschnitte aus meinem Portfolio (Portfolioeinträge, Fotos, Material <strong>im</strong><br />
Anhang) dokumentieren in diesem Teil meinen Unterricht und seine Entwicklung <strong>im</strong> Hinblick<br />
auf die <strong>Sprachförderung</strong>. Die Gesamtauswertung der <strong>Sprachförderung</strong> <strong>im</strong> <strong>Unterrichtsalltag</strong><br />
sowie ein Ausblick darauf, wie ich mir die Integration von <strong>Sprachförderung</strong> in meinem zu-<br />
künftigen Unterricht vorstelle, bilden den vierten Teil dieser Arbeit.<br />
1. Theoretische und bildungspolitische Grundlagen der<br />
<strong>Sprachförderung</strong><br />
Der Unterricht aller Fächer basiert auf der Sprache, denn Lernen kann nur erfolgen, wenn<br />
Handlungen, Phänomene etc. erklärt, reflektiert und kommuniziert werden. Auch in Unter-<br />
richtsphasen, in denen weder gesprochen noch gelesen oder geschrieben wird, ist Sprache<br />
<strong>im</strong>mer anwesend: Denken ist ohne sprachliche Mittel nicht möglich. 7 Aus diesem Grund ha-<br />
ben die sprachlichen Möglichkeiten der Lerner großen Einfluss auf den Lernerfolg. Der Lern-<br />
erfolg wiederum, also die erfolgreiche Teilhabe an Bildung, ist Voraussetzung für die gesell-<br />
schaftliche Integration. Daher ist es sehr wichtig, dass alle SuS sprachlich gefördert und in<br />
6 Ich verwende die Bezeichnung Sachunterricht als Synonym für die Lernbereiche Naturwissenschaften und<br />
Technik sowie Gesellschaft, die ich lernbereichs- und perspektivübergreifend unterrichtet habe.<br />
7 Merzyn, Gottfried: Fachbest<strong>im</strong>mte Lernwege zur Förderung der Sprachkompetenz. In: Sprachliches und fachliches<br />
Lernen. Förderung der deutschen Sprache als Aufgabe des Unterrichts in allen Fächern, hg. v. Landesinstitut<br />
für Schule und Weiterbildung, Soest 2000, S. 65.<br />
2
ihrem Könnensbewusstsein bestärkt werden, damit wiederum ihre Motivation zu lernen ge-<br />
steigert wird. 8<br />
Sprachliches Lernen erfolgt spiralförmig: Die sprachlichen Möglichkeiten sind einerseits Vor-<br />
aussetzung für das fachliche Lernen, andererseits werden sie durch die Aktivierung der<br />
Sprache <strong>im</strong> Rahmen des Verstehens und Formulierens <strong>im</strong> Fachunterricht erweitert. Dabei ist<br />
die Aktivierung der Sprache der SuS der Schlüssel zu deren sprachlichem Lernen, daraus<br />
folgt dass sie vermehrt zur Sprachproduktion sowohl in der gesprochenen als auch in der<br />
geschriebenen Sprache angeregt werden müssen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die<br />
SuS in der Schule an die Bildungssprache herangeführt werden, die noch höhere Anforde-<br />
rungen an sie stellt als die Kommunikation in der Alltagssprache. 9<br />
Die Kommunikation <strong>im</strong> Unterricht lässt sich mit zunehmender Fachlichkeit nicht allein mit der<br />
Alltagssprache bestreiten. Die SuS müssen zunehmend abstrakter denken und mithilfe von<br />
Fachbegriffen genaue Beschreibungen formulieren. Diese für das fachliche Lernen notwen-<br />
dige Bildungssprache zeigt viele konzeptionelle Merkmale der Schriftlichkeit (raumzeitliche<br />
Distanz, sprachlich komplexe Strukturen, Orientierung am Regelwerk, das für die geschrie-<br />
bene Sprache gilt), auch wenn sie gesprochen wird. 10 Besonders aus diesem Grund muss<br />
<strong>Sprachförderung</strong> <strong>im</strong>mer auch auf die Schriftsprache bezogen sein. Um die konzeptionellen<br />
Merkmale der Schriftsprache zu trainieren, ist die Arbeit mit Fachtexten <strong>im</strong> Unterricht essen-<br />
tiell. In Vorbereitung auf das Lesen der Texte, während des Lesens, bei der Arbeit mit den<br />
Texten und bei der Nachbereitung der Texte wird die Sprache der SuS auf unterschiedlichste<br />
Weise gefördert. <strong>Sprachförderung</strong> ist somit Leseförderung und Leseförderung ist Sprachför-<br />
derung.<br />
Die sprachbewusste Gestaltung der Sachfächer ist <strong>im</strong> <strong>Hamburg</strong>er Bildungsplan Pr<strong>im</strong>arschule<br />
und in den Rahmenplänen der Lernbereiche und Fächer verankert. 11 Die individuellen<br />
sprachlichen Voraussetzungen der SuS sollen berücksichtigt und eine „kontinuierliche und<br />
planvolle <strong>Sprachförderung</strong> in allen Fächern gewährleistet“ werden, um die Bildungssprache<br />
aufzubauen und den SuS so eine „erfolgreiche Bildungsbiografie“ zu ermöglichen. 12<br />
1.1 <strong>Sprachförderung</strong> für alle Schülerinnen und Schüler<br />
Mithilfe des <strong>Hamburg</strong>er Sprachförderkonzepts soll die <strong>Sprachförderung</strong> an allen an der<br />
Sprachbildung beteiligten Institutionen in <strong>Hamburg</strong> organisiert und strukturiert werden. Ein<br />
8 Leisen, S. 2f.<br />
9 Quehl, Thomas; Scheffler, Ute: Möglichkeiten fortlaufender <strong>Sprachförderung</strong> <strong>im</strong> Sachunterricht. In: Handbuch<br />
<strong>Sprachförderung</strong>, hg. v. Christiane Bainski und Marianne Krüger-Potratz, Essen 2008, S. 66f.<br />
10 Leisen, S. 7.<br />
11 Freie und Hansestadt <strong>Hamburg</strong>, Behörde für Schule und Berufsbildung (Hrsg.): Bildungsplan Pr<strong>im</strong>arschule.<br />
Lernbereich Gesellschaftswissenschaften, <strong>Hamburg</strong> 2010, S. 6.<br />
12 Ebd., S. 9.<br />
3
Teil dieses Konzepts bezieht sich auf die durchgängige <strong>Sprachförderung</strong>, die Aufgabe jeder<br />
Lehrkraft ist, indem sie ihren Unterricht sprachbewusst gestaltet. Ein weiterer Teil der <strong>im</strong> Re-<br />
gelunterricht stattfindenden Förderung ist die integrative <strong>Sprachförderung</strong>. Dabei sollen<br />
sprachschwache SuS <strong>im</strong> Rahmen des Regelunterrichts individuell gefördert werden, indem<br />
gezielte Lern<strong>im</strong>pulse an den Einzelnen gerichtet und die sprachlichen Anforderungen auf<br />
den jeweiligen Sprachförderbedarf abgest<strong>im</strong>mt werden. 13 Das Ziel ist „die Verbesserung der<br />
Lese-, Schreib- und Sprachkompetenz aller Kinder und Jugendlichen als eine der Basiskom-<br />
petenzen für den Schulerfolg und den Übertritt in die Ausbildung.“ 14<br />
Zwei weitere Konzepte, die der Forderung nach umfassender <strong>Sprachförderung</strong> für alle SuS<br />
in allen Unterrichtsfächern nachkommen, sind das Konzept der <strong>Sprachförderung</strong> <strong>im</strong> Fach<br />
von Joseph Leisen und das Konzept der Durchgängigen Sprachbildung von Imke Lange und<br />
Ingrid Gogolin. Die Handbücher zu diesen Konzepten enthalten nicht nur theoretische<br />
Grundlagen und weit reichende Forderungen, sondern auch konkrete Handlungsmöglichkei-<br />
ten, Praxisbeispiele und Materialien. Meine unterrichtliche Arbeit basiert auf den Grundan-<br />
nahmen dieser Konzepte, dass Förderung nicht nur als Ausgleich von Defiziten verstanden<br />
werden darf, sondern dass <strong>Sprachförderung</strong> für alle SuS wichtig ist.<br />
1.1.1 <strong>Hamburg</strong>er Sprachförderkonzept<br />
Das <strong>Hamburg</strong>er Sprachförderkonzept wurde als Reaktion auf die Befunde von internationa-<br />
len und nationalen Schulleistungsuntersuchungen entwickelt. Ziel ist es, anhand von vielfälti-<br />
gen Maßnahmen „die <strong>Sprachförderung</strong> insbesondere von Kindern und Jugendlichen mit<br />
Sprachentwicklungsschwierigkeiten und solchen mit Migrationshintergrund weiterzuentwi-<br />
ckeln und auszubauen.“ 15 Das Wort ‚insbesondere’ deutet darauf hin, dass es <strong>im</strong> <strong>Hamburg</strong>er<br />
Sprachförderkonzept auch darum geht, alle Kinder und Jugendlichen in ihrer Sprachentwick-<br />
lung zu fördern, indem man sich dieser Entwicklung bewusst ist und sie den SuS ebenfalls<br />
bewusst macht.<br />
Das <strong>Hamburg</strong>er Sprachförderkonzept setzt schon <strong>im</strong> Vorschulalter an: Bei einer verbindli-<br />
chen Testung aller viereinhalbjährigen Kinder an den jeweiligen Grundschulen wird unter<br />
anderem auch der Sprachstand der Kinder ermittelt. Sollte dabei ein Förderbedarf festge-<br />
stellt werden, wird für die Kinder schon <strong>im</strong> Vorschulalter eine verpflichtende Förderung an-<br />
geboten. 16<br />
13<br />
<strong>Sprachförderung</strong>. Integrative <strong>Sprachförderung</strong>: http://www.li-hamburg.de/abt.lif/bf.1100/bf.1100.sprfoe/index.html,<br />
19.2.2011.<br />
14<br />
Das <strong>Hamburg</strong>er Sprachförderkonzept: http://www.li-hamburg.de/abt.liq/liq.projekte/liq.projekte.14/index.html,<br />
19.2.2011.<br />
15<br />
Konzept/Planung: www.schulenfoerdern.de, 21.2.2011.<br />
16<br />
<strong>Sprachförderung</strong> <strong>im</strong> Vorschulalter: www.schulenfoerdern.de, 21.2.2011.<br />
4
Die Weiterführung der Förderung in der Schule setzt auf durchgängige <strong>Sprachförderung</strong> für<br />
alle SuS <strong>im</strong> sprachbewussten Regelunterricht, additive <strong>Sprachförderung</strong> für SuS mit „ausge-<br />
prägtem Förderbedarf“ in zusätzlich eingerichteten Fördergruppen und integrative Sprach-<br />
förderung für diese förderbedürftigen SuS ebenfalls <strong>im</strong> Rahmen des Regelunterrichts. Be-<br />
sonders wichtig ist dabei, dass sich die beteiligten Lehrkräfte über Inhalt und Ablauf der För-<br />
derung abst<strong>im</strong>men. Aus diesem Grund gibt es seit dem Schuljahr 2005/2006 Sprachlernko-<br />
ordinatoren an den <strong>Hamburg</strong>er Schulen, die dafür sorgen sollen, dass die sprachliche Förde-<br />
rung an den Schulen vernetzt wird. 17 Das übergeordnete Ziel ist dabei, „Maßnahmen zur<br />
Weiterentwicklung des sprachlichen Könnens aller Schüler innerhalb der Schule abzust<strong>im</strong>-<br />
men.“ 18<br />
1.1.2 Durchgängige Sprachbildung (Lange/Gogolin)<br />
„Durchgängige Sprachbildung ist ein Konzept, das Kindern dazu verhelfen will, die Unter-<br />
schiede zwischen Alltagssprache, dem alltäglichen Kommunizieren und dem, was bildungs-<br />
sprachlich verlangt ist, beherrschen zu lernen.“ 19 Der Terminus Sprachbildung (statt Sprach-<br />
förderung) wurde bewusst gewählt, um deutlich zu machen, dass es in diesem Konzept nicht<br />
nur um einen Defizitausgleich bei sprachschwachen Lernern geht. Vielmehr steht „eine<br />
sprachliche Bildungsaufgabe <strong>im</strong> Mittelpunkt, die jeden Unterricht und die ganze Schullauf-<br />
bahn einbezieht.“ 20<br />
Das Konzept basiert auf zwei grundlegenden Elementen: Durchgängigkeit (bezogen auf die<br />
Umsetzung) und Bildungssprache (bezogen auf den Gegenstand der Sprachbildung). In<br />
Bezug auf die Durchgängigkeit geht es um Kontinuität, also darum, dass abgebende und<br />
aufnehmende Institutionen sprachpädagogisch und sprachbildend eng zusammen arbeiten,<br />
und um Ganzheitlichkeit, also darum, dass möglichst alle Lernbereiche, Instanzen und Insti-<br />
tutionen, die an der Sprachbildung beteiligt sind, sich auf ein gemeinsames Konzept ver-<br />
ständigen.<br />
Im Unterricht selbst soll die Lehrkraft die Verbindung zwischen Alltags- und Bildungssprache<br />
explizit herstellen, die individuellen sprachlichen Voraussetzungen und Entwicklungsprozes-<br />
se der SuS diagnostizieren, alltags- und bildungssprachliche Mittel bereit stellen und den<br />
SuS Gelegenheiten bieten alltags- und bildungssprachliche Fähigkeiten zu erwerben, aktiv<br />
einzusetzen, zu entwickeln und zu überprüfen. 21<br />
17 Weiterführende Informationen zur Arbeit der Sprachlernkoordinatoren und zu den Diagnose- und Evaluationsinstrumenten<br />
auf: www.schulenfoerdern.de, 21.2.2011.<br />
18 <strong>Sprachförderung</strong> in der Schule: www.schulenfoerdern.de, 21.2.2011.<br />
19 Zit. nach: Lange; Gogolin, S. 14.<br />
20 Lange; Gogolin, S. 14.<br />
21 Ebd., S. 40.<br />
5
1.1.3 <strong>Sprachförderung</strong> <strong>im</strong> Fach (Leisen)<br />
Joseph Leisens Konzept der <strong>Sprachförderung</strong> <strong>im</strong> Fach geht von einem sprachsensiblen<br />
Fachunterricht aus: einem „bewusste[n] Umgang mit Sprache be<strong>im</strong> Lehren und Lernen <strong>im</strong><br />
Fach.“ 22 Es ist ein Konzept zur Kompetenzförderung sprachschwacher Lerner mit und ohne<br />
Migrationshintergrund be<strong>im</strong> Sprechen, Lesen und Schreiben. Leisen fordert einen sprach-<br />
sensiblen Fachunterricht, in dem handelnd mit Sprache umgegangen wird und das Lernen<br />
von Sprache an und mit den Fragestellungen des Fachs stattfindet. Dabei sollen die Lerner<br />
in „fachlich authentische, aber bewältigbare Sprachsituationen gebracht“ werden. Diese<br />
Sprachsituationen sollen „knapp über dem individuellen Sprachvermögen“ liegen, wobei die<br />
Lerner zusätzlich Sprachhilfen zur erfolgreichen Bewältigung der Sprachsituation bekommen<br />
können. 23 Das Hauptaugenmerk liegt bei diesem Konzept auf der Entwicklung und Unter-<br />
stützung des fachlichen und des sprachlichen Könnensbewusstseins der SuS, da dies ein<br />
besseres und nachhaltigeres Lernen zur Folge habe. Daher müssten den SuS so viele Hilfen<br />
wie nötig, aber gleichzeitig so wenige Hilfen wie möglich angeboten werden. 24<br />
Die Sprachkompetenz umfasst laut Leisen mehrere Faktoren, die sich gegenseitig bedingen:<br />
sprachliche Richtigkeit, sprachliche Komplexität, Sprachfluss, Lesekompetenz, Schreibkom-<br />
petenz sowie kulturelles Wissen und Weltwissen. Die Sprache stellt <strong>im</strong> Unterricht hohe An-<br />
forderungen an die SuS, die die Fachinhalte in der Bildungssprache verstehen, vernetzen<br />
und erklären sollen. Die Förderung der Sprachkompetenz soll <strong>im</strong> Rahmen des sprachsensib-<br />
len Fachunterrichts daher durch gezielte Hilfen zur Verbesserung einzelner Teilkompetenzen<br />
erfolgen. 25 Die Sprache wird <strong>im</strong> Unterricht so genutzt, wie sie den SuS gerade zur Verfügung<br />
steht, sei sie auch noch defizitär. Korrekturen erfolgen sensibel und zielen auf das Verstehen<br />
aller Beteiligten ab. So werden sprachliche Misserfolge vermieden, die das sprachliche, aber<br />
auch das fachliche Lernen negativ beeinflussen könnten.<br />
1.2 <strong>Sprachförderung</strong> <strong>im</strong> <strong>Unterrichtsalltag</strong> – was heißt das?<br />
Für die einzelne Lehrkraft lassen sich aus den oben beschriebenen Konzepten zur Sprach-<br />
förderung wichtige Grundlagen und vielfältige Anregungen für den eigenen Unterricht ent-<br />
nehmen: Sprache ist Grundlage aller Fächer und muss daher auch Inhalt aller Fächer sein,<br />
Sprache wird dann gelernt, wenn sie angewandt wird; mündliche und besonders schriftliche<br />
Sprachhilfen verbessern die Kommunikation <strong>im</strong> Fach und fördern so das Könnensbewusst-<br />
sein der SuS. Um eine positive Lernatmosphäre zu schaffen, sollten vielfältige Materialien <strong>im</strong><br />
22 Leisen, S. 3.<br />
23 Ebd., S. 6.<br />
24 Ebd., S. 14.<br />
25 Ebd., S. 24.<br />
6
Klassenraum vorhanden sein, die die SuS selbstständig in Sprachsituationen nutzen können,<br />
um Sicherheit in der fachlichen Kommunikation zu gewinnen.<br />
Bei der <strong>Sprachförderung</strong> gilt es drei Prinzipien zu beachten: Das Lehrerverhalten und damit<br />
auch die Lehrersprache dienen als wichtigstes Vorbild und als Unterstützung für die SuS,<br />
d.h. dass die Lehrkraft die Sprechfreude durch entsprechende Themen, Interesse und offene<br />
Fragen in den SuS weckt und ihnen auch Raum zum Sprechen einräumt, indem sie sich<br />
zurückn<strong>im</strong>mt und die SuS nonverbal unterstützt. Außerdem muss die Lehrkraft die eigene<br />
Sprache am Verstehen der SuS orientieren, um Schwierigkeiten in der Kommunikation zu<br />
vermeiden. Ein weiteres Prinzip der <strong>Sprachförderung</strong> ist das sprachförderliche Handeln, d.h.<br />
dass z.B. Erinnerungshilfen zur Verfügung gestellt und <strong>im</strong> Unterricht eingebaut, sprachliche<br />
Rituale gepflegt und sinnliche Erfahrungen ermöglicht werden. Die Mediengestaltung stellt<br />
das dritte Prinzip der <strong>Sprachförderung</strong> dar, also wie Texte und Arbeitsblätter sprachförderlich<br />
differenziert aufbereitet werden. Diese Prinzipien greifen ineinander und müssen bei der<br />
<strong>Sprachförderung</strong> <strong>im</strong> <strong>Unterrichtsalltag</strong> alle gleichwertig praktiziert werden.<br />
1.2.1 Aspekte der <strong>Sprachförderung</strong> <strong>im</strong> <strong>Unterrichtsalltag</strong><br />
Die Sprache, die die SuS in der Schule benötigen, um den Unterrichtsinhalten folgen zu<br />
können, ist eine andere als die, die sie <strong>im</strong> Alltag sprechen. Sie erfordert ein erhöhtes Ab-<br />
straktionsvermögen und ein genaueres Beschreiben. Leisen differenziert zwischen Alltags-<br />
sprache, Unterrichtssprache und Fachsprache. Unterrichtssprache und Fachsprache zählt er<br />
dabei zur Bildungssprache, da sie beide <strong>im</strong>mer Merkmale der Schriftlichkeit zeigen. 26 Diese<br />
Bildungssprache müssen alle SuS üben: Die Schule ist der Ort, an dem diese Sprache benö-<br />
tigt wird, also muss sie auch der Ort sein, an dem den SuS Zeit zum Üben ihrer Strukturen<br />
gegeben wird. Zusätzlich zur veränderten gesprochenen Sprache wird von den SuS <strong>im</strong> Un-<br />
terricht der Umgang mit der Schriftsprache verlangt. Das Lesen von Sachtexten, um daraus<br />
Informationen zu entnehmen, sowie das Schreiben von eigenen Texten, um Informationen<br />
wiederzugeben und eigene Ideen zu beschreiben, werden <strong>im</strong> Fachunterricht regelmäßig von<br />
den SuS verlangt.<br />
Um den SuS die Aneignung der entsprechenden Kompetenzen zur Erfüllung der sprachli-<br />
chen Anforderungen <strong>im</strong> Fach zu ermöglichen, müssen ihnen auf der sprachlichen Ebene<br />
genügend Anwendungs- und somit Übungsanlässe gegeben werden. Diese müssen sich<br />
sowohl auf das Sprechen als auch auf das Lesen und das Schreiben beziehen.<br />
1.2.1.1 Sprechen<br />
Be<strong>im</strong> Sprechen <strong>im</strong> Unterricht müssen die SuS spontan ihre Gedanken in der Unterrichts-<br />
sprache ausformulieren. Die sprachliche Richtigkeit ist dabei häufig schon eine große Her-<br />
26 Ebd., S. 46.<br />
7
ausforderung. Des Weiteren ist <strong>im</strong> Fachunterricht eine höhere sprachliche Komplexität ge-<br />
fordert, da die SuS einen Fachwortschatz anwenden und sich differenziert ausdrücken müs-<br />
sen. Durch diese hohen Anforderungen auf der sprachlichen Ebene wird die Sprechge-<br />
schwindigkeit beeinflusst. Weitere Bereiche, die den Sprachfluss beeinträchtigen, sind Aus-<br />
sprache und Intonation, die vielen SuS bei der Anwendung des Fachwortschatzes Probleme<br />
bereiten. 27<br />
Erfolgreiche <strong>Sprachförderung</strong> <strong>im</strong> Bereich des Sprechens erreicht man vor allem durch gelin-<br />
gende Kommunikation. Dabei ist es wichtig, Kommunikationsanlässe zu schaffen, die zu<br />
umfassenden Äußerungen anregen. Innerhalb dieser Kommunikationssituationen sollten<br />
sprachliche Fehler zunächst akzeptiert werden, wenn sie die Kommunikation nicht beeinflus-<br />
sen. Die Korrektur kann <strong>im</strong> Nachhinein erfolgen. Bei sprachlichen Fehlern, die das Verstehen<br />
beeinträchtigen, sollten Mut machende Überformungen erfolgen. Sie fördern die Sprach-<br />
kompetenz und schaffen Sprachbewusstheit. 28<br />
Um die SuS be<strong>im</strong> freien Sprechen zu unterstützen und ihnen Mut zu machen, sollte die Un-<br />
terrichtsatmosphäre auf Bestätigung und Unterstützung hin ausgerichtet sein, dies beinhaltet<br />
auch, dass nonverbale Darstellungsformen <strong>im</strong> Klassenraum vorhanden sind oder <strong>im</strong> jeweili-<br />
gen Zusammenhang angeboten werden. 29 Satzanfänge und Lernplakate dienen als Sprach-<br />
hilfen in ritualisierten Unterrichtsphasen, aber auch bei Präsentationen. Vielfältige Übungen<br />
(fach-)sprachlicher Strukturen unter Einbezug des Fachwortschatzes bieten weitere Möglich-<br />
keiten zur Verbesserung der Sprachkompetenz <strong>im</strong> Bereich des Sprechens.<br />
1.2.1.2 Lesen<br />
Im Unterricht müssen die SuS Arbeitsanweisungen, (Sach-)texte und Sachfragen lesen und<br />
die gelesenen Informationen verstehen, handelnd umsetzen, erinnern, interpretieren, reflek-<br />
tieren, bewerten etc. Die Informationen in Sachtexten sind häufig sehr verdichtet und die<br />
sprachlichen Strukturen komplex. Es gibt aus der Sicht der <strong>Sprachförderung</strong> zwei Möglich-<br />
keiten, Sachtexte <strong>im</strong> Unterricht einzusetzen: Entweder werden die Texte an die vorhandene<br />
Lesekompetenz der SuS angepasst, indem sie sprachlich vereinfacht werden, oder die SuS<br />
bekommen entsprechende Hilfen, um Sachtexte zu verstehen. Letzteres ist die langfristig<br />
sinnvollere Maßnahme, da die SuS lernen sollen, selbstständig mit Texten umzugehen und<br />
entsprechende Kompetenzen erwerben sollen. Dies gelingt, indem die SuS Lesestrategien<br />
erlernen, wie sie sich schon vor dem Lesen auf den Text einstellen und Fragen dazu stellen<br />
können (Überschrift, Bilder, Layout…), wie sie während des Lesens für sich eine Struktur in<br />
den Text bringen und wichtige Informationen hervorheben und festhalten (Wörter markieren,<br />
27 Ebd., S. 24.<br />
28 Ebd., S. 12.<br />
29 Ebd., S. 14.<br />
8
Notizen machen…) und wie sie nach dem Lesen feststellen können, ob sie den Inhalt ver-<br />
standen und wichtige Informationen wiedergeben können (Fragen beantworten, Wortbedeu-<br />
tungen nachschlagen und notieren, Zusammenfassung schreiben…).<br />
Dieses bewusste Lernen und Üben von Lesemethoden führt dazu, dass die SuS Lesestrate-<br />
gien entwickeln, d.h. dass sie selbstständig best<strong>im</strong>mte Arbeitsformen anwenden, um Texte<br />
besser zu verstehen. 30 Damit sich diese Lesestrategien entwickeln, müssen die Übungstexte<br />
Lebensweltbezug haben und sollten sprachlich knapp über dem Sprachstand der Lerngrup-<br />
pe liegen. Außerdem sind eine aussagekräftige Überschrift und Bilder zum Text förderlich für<br />
das Leseverstehen.<br />
1.2.1.3 Schreiben<br />
„Schreiben ist unverzichtbarer Bestandteil unseres kulturellen Lebens […] Folglich sollten<br />
auch alle Fächer zur Entfaltung dieser Fähigkeit beitragen.“ 31 Im Fachunterricht ist das<br />
Schreiben funktional: Informationen und Ideen müssen festgehalten werden, um das Denken<br />
zu entlasten. Dies können Stichworte für einen selbst, aber auch vollständige Sätze und gan-<br />
ze Texte für Präsentationen oder Plakate sein. 32 Neben der Rechtschreibung stellt das<br />
Schreiben von Texten weitere hohe Anforderungen: Ein Text muss vom Leser situations-<br />
unabhängig verstanden werden und deshalb logisch aufgebaut sein und einen Zusammen-<br />
hang erkennen lassen. Dies verlangt viel Konzentration, denn die Sachverhalte und Gedan-<br />
ken müssen entwickelt und ausgebaut werden. 33<br />
Um die Schreibkompetenz der SuS zu verbessern, sollte die richtige Schreibung von Fach-<br />
wörtern und <strong>im</strong> eigenen Unterricht häufig verwendeten Wörtern thematisiert und geübt wer-<br />
den. Der Wortschatz sollte gesichert werden, indem man die Wörter auf Lernplakaten oder in<br />
selbst erstellten Lexika festhält. Außerdem sollte vor dem Schreiben sprachliches Material<br />
bereitgestellt werden, das die SuS bei Bedarf nutzen können. Nach dem Schreiben sollten<br />
die SuS ihre Texte allein oder in Partnerarbeit überarbeiten und abschließend in eine Rein-<br />
schrift bringen. Den SuS sollte klar gemacht werden, dass das Schreiben von Texten ein<br />
sehr komplexer Prozess ist, der ihnen große Anstrengungen abverlangt. Positive Rückmel-<br />
dungen sind hier besonders wichtig!<br />
30 Ostberg, Tina: Textchecker – Sachtexte lesen und verstehen, in: Praxis Schule 5-10 1 (2008), S. 15.<br />
31 Kretschmer, Christine: Schreibförderung als Anliegen aller Fächer, in: Praxis Grundschule 3 (2009), S. 4.<br />
32 Wespel, Manfred: Jeder Unterricht ist <strong>im</strong>mer auch Sprachunterricht. Sprachverständnis ist eine Voraussetzung,<br />
um Wissen aufzubauen, in: Grundschule 4 (2006), S. 8.<br />
33 Landesinstitut für Schule und Weiterbildung (Hg.): Sprachliches und fachliches Lernen. Förderung der deutschen<br />
Sprache als Aufgabe des Unterrichts in allen Fächern, hg. v. Landesinstitut für Schule und Weiterbildung,<br />
Soest 2000, S. 20.<br />
9
1.2.2 Möglichkeiten und Grenzen<br />
Im Rahmen des eigenen Unterrichts kann die einzelne Lehrkraft die für den eigenen Unter-<br />
richt und dessen Inhalte nötigen Fachbegriffe und sprachlichen Strukturen thematisieren und<br />
in unterschiedlichen Kontexten üben. Gerade wenn best<strong>im</strong>mte Bestandteile des Unterrichts<br />
regelmäßig wiederholt werden, können Hinweise auf sprachliche Phänomene und schriftliche<br />
Hilfen langfristig zu besseren sprachlichen und damit auch fachlichen Erfolgen der SuS füh-<br />
ren. Auch Lernplakate, die über eine längere Zeit <strong>im</strong> Klassenraum verbleiben, führen dazu,<br />
dass die SuS Fachbegriffe vermehrt richtig benutzen und korrekt schreiben oder best<strong>im</strong>mte<br />
Prozesse und Entwicklungen anhand der Plakate beschreiben können.<br />
Die Grenzen der <strong>Sprachförderung</strong> sind schnell erreicht, wenn sie nur in einzelnen Fächern<br />
und ohne Absprachen zwischen den Lehrkräften aller Fächer erfolgt. Weiterhin ist die Moti-<br />
vation der SuS die Grundlage für eine erfolgreiche <strong>Sprachförderung</strong>, denn nur mit der Nut-<br />
zung der angebotenen Hilfen können die SuS ihre Sprachkompetenz dahingehend verbes-<br />
sern, dass sie den sprachlichen Anforderungen des Unterrichts langfristig genügen können.<br />
Große Erfolge können mit dieser isolierten Art der <strong>Sprachförderung</strong> jedoch nicht erwartet<br />
werden, da die Übungszeit zu gering ist und die Kontinuität <strong>im</strong> Schulalltag fehlt.<br />
Eine weitere Grenze der <strong>Sprachförderung</strong> <strong>im</strong> <strong>Unterrichtsalltag</strong> besteht dann, wenn einzelne<br />
SuS sprachlich (auch in einzelnen Bereichen) über so geringe Kompetenzen verfügen, dass<br />
die gezielte Förderung dieser SuS die Kompetenzen der Lehrkraft übersteigt und sie den<br />
Anforderungen einer Förderung dieser SuS auch zeitlich nicht gerecht werden kann.<br />
2. Situationsbeschreibung<br />
Ich habe mein Interesse an und meine Beschäftigung mit der <strong>Sprachförderung</strong> mehreren<br />
Umständen zu verdanken: meinem allgemeinen Interesse an Sprache(n), der Situation an<br />
meiner Schule und besonders in der Klasse 3c (jetzt 4c), der guten Beratung durch meinen<br />
Mentor und meine Fachseminarleiterin sowie den Informationen und Anregungen aus dem<br />
Fachseminar und dem Modul „Sprach- und Leseförderung“.<br />
2.1 Ausgangsbedingungen der Schule und des Umfelds<br />
Die Adolph-Schönfelder-Schule besteht an zwei Standorten. Der Standort Käthnerkamp liegt<br />
in Barmbek-Süd, unweit der Stadtteile Winterhude und Uhlenhorst. Die Schülerschaft ist <strong>im</strong><br />
Hinblick auf die familiäre Situation und die Bildungsvoraussetzungen sehr vielfältig. SuS mit<br />
Wurzeln in 31 verschiedenen Ländern besuchen unsere Schule. Auf der Homepage der<br />
Schule heißt es zum Thema <strong>Sprachförderung</strong>: „Wir fördern besonders die deutsche Sprache<br />
an dieser Schule, damit sich alle SchülerInnen – unabhängig von ihrer Muttersprache - ver-<br />
ständigen können. Bei uns ist die <strong>Sprachförderung</strong> fächerübergreifendes Unterrichtsprin-<br />
10
zip.“ 34 Dieses fächerübergreifende Unterrichtsprinzip bedeutet derzeit, dass einzelne Lehrer<br />
in ihrem Unterricht gezielt sprachförderliche Maßnahmen ergreifen. Noch gibt es leider keine<br />
regelmäßigen fächerübergreifenden Absprachen, die die gezielte und kontinuierliche Förde-<br />
rung best<strong>im</strong>mter SuS <strong>im</strong> Rahmen des Unterrichts ermöglichen bzw. eine planvolle Sprach-<br />
förderung aller SuS gewährleisten. Einzig die Deutschlehrkräfte haben bisher festgelegte<br />
Maßnahmen zur <strong>Sprachförderung</strong> vereinbart, z.B. Lesen motiviert durch Lesereisen, Buch-<br />
vorstellungen, das Internetprogramm „Antolin“ und durch den jährlich stattfindenden Vorle-<br />
sewettbewerb.<br />
2.2 Klasse 4c<br />
Die Klasse 4c ist eine sehr aufgeweckte, lernwillige, motivierte Lerngruppe. Auch in der drit-<br />
ten Klasse waren sie schon insgesamt recht leistungsstark:<br />
Die meisten SuS können alle Arbeitsanweisungen, Erklärungen und Äußerungen <strong>im</strong> Unterrichtsgespräch<br />
verstehen und ihre eigenen Ideen und Gedanken verständlich und richtig ausdrücken. 35<br />
Während des Unterrichts zeigte sich zunehmend, dass einzelne SuS in unterschiedlichen<br />
Bereichen der Sprache Probleme hatten. Dies offenbarte sich in der gesprochenen Sprache<br />
vor allem <strong>im</strong> Sprachfluss, sodass die SuS sehr langsam sprachen, stockten, viele Füllwörter<br />
benutzten oder sogar ganz abbrachen und sich in der Folge nicht mehr zu Wort meldeten:<br />
Einige SuS verstehen <strong>im</strong> Ganzen gut, haben aber gelegentlich Schwierigkeiten, ihre eigenen Ergebnisse,<br />
Gedanken und Ideen verständlich auszudrücken. Durch wiederholtes Nachfragen und<br />
Umformulieren werden die Aussagen jedoch meistens für alle verständlich. 36<br />
In der Schriftsprache fiel mir auf, dass mehrere SuS, auch besonders leistungsstarke, (gro-<br />
ße) Defizite in der Rechtschreibung haben. Das Verfassen eigener Texte fällt besonders<br />
den SuS schwer, die auch <strong>im</strong> mündlichen Bereich Probleme haben sich auszudrücken.<br />
Ausschlaggebend für mein tieferes Interesse und meine ausgiebige Beschäftigung mit der<br />
<strong>Sprachförderung</strong> <strong>im</strong> Rahmen meines Unterrichts war u.a. die folgende Beobachtung:<br />
Ein Schüler (Tom) ist <strong>im</strong> sprachlichen Bereich stark förderbedürftig und hat deshalb in allen Fächern<br />
große Probleme Gehörtes oder Gelesenes zu verstehen. Selbst nach vielen Erklärungen<br />
versteht er häufig nicht, was von ihm verlangt wird. 37<br />
Ich informierte mich in Toms 38 Akte über seinen schulischen Werdegang und bereits unter-<br />
nommene Schritte <strong>im</strong> Hinblick auf seine sprachlichen und fachlichen Sschwierigkeiten: Tom<br />
ist in Deutschland geboren, seine Muttersprache ist Arabisch, da beide Eltern aus dem Li-<br />
banon kommen. Seine Fähigkeiten in der deutschen Sprache sind sehr gering, wobei dies<br />
auch seiner geringen allgemeinen Intelligenz geschuldet sein mag. 39 Tom hat schon zwei-<br />
mal eine Klassenstufe wiederholt und wurde mehreren Tests unterzogen, in denen sein<br />
34 Unser Leitbild. Sprache und Kommunikation: http://adolph-schoenfelder-schule.hamburg.de, 14.2.2011.<br />
35 Siehe Anhang I.<br />
36 Siehe Anhang I.<br />
37 Siehe Anhang I.<br />
38 Alle Schülernamen sind verändert.<br />
39 Siehe Anhang XXXII und XXXIII.<br />
11
Förderbedarf bestätigt wurde. Da die Eltern der Umschulung auf eine Förderschule nicht<br />
zust<strong>im</strong>men, habe ich mir vorgenommen, Tom <strong>im</strong> Rahmen meines Unterrichts sprachlich<br />
vermehrt zu fördern. Er ein sehr ruhiger, geduldiger, hilfsbereiter und hoch motivierter Schü-<br />
ler, der Hilfen bereitwillig ann<strong>im</strong>mt und sich <strong>im</strong> Rahmen seiner Möglichkeiten einbringt.<br />
Trotzdem stellt mich die Förderung Toms <strong>im</strong>mer wieder vor Schwierigkeiten, da er kognitiv<br />
kaum in der Lage ist, selbst einfache Zusammenhänge zu verstehen.<br />
In der Klasse sind noch drei weitere Kinder, die Migranten in der zweiten Generation sind.<br />
Während Kai (Eltern aus Bosnien) und Felix (Eltern aus Polen) sich sowohl mündlich als<br />
auch schriftlich recht gut ausdrücken können, hat Boris (Mutter aus Ghana, Vater aus den<br />
USA) besonders <strong>im</strong> mündlichen Bereich starke Probleme. Be<strong>im</strong> Schreiben kann Boris, of-<br />
fenbar dadurch, dass er Zeit zum genauen Nachdenken und Formulieren hat, gute sprachli-<br />
che Leistungen zeigen. Kai, Felix und Boris haben sehr unterschiedliche sprachliche Vor-<br />
aussetzungen, trotzdem müssen sie alle drei ihren Sprachfluss trainieren und ihren Wort-<br />
schatz erweitern.<br />
Mine und Arno sind in der dritten Generation in Deutschland. Beide haben ihre Wurzeln in<br />
der Türkei. Mine spricht mit ihren Eltern und Geschwistern Türkisch, Arno spricht mit seiner<br />
Familie Deutsch, wobei die Eltern untereinander Türkisch sprechen. Sowohl Mine als auch<br />
Arno haben bereits einmal eine Klasse wiederholt. Beide haben einen geringen Wortschatz<br />
und Probleme bei der Formulierung ihrer Gedanken sowohl <strong>im</strong> mündlichen als auch <strong>im</strong><br />
schriftlichen Bereich. Mine hat zusätzlich große Defizite in der Rechtschreibung. Auch hier<br />
ist es wichtig, dass der Sprachfluss trainiert und der Wortschatz erweitert wird.<br />
Anita und Martina haben je ein Elternteil, das nicht aus Deutschland kommt. Anita spricht<br />
mit ihrer Mutter Chinesisch, Martina mit ihrem Vater Englisch. Beide haben zuweilen Prob-<br />
leme, ihre Gedanken treffend und verständlich zu formulieren. Anita benötigt vor allem For-<br />
mulierungshilfen und Hilfen zur Erweiterung ihres Wortschatzes, Martina muss den Satzbau<br />
trainieren.<br />
Normen braucht viel Zeit zum Nachdenken, wenn er etwas äußern möchte. Er spricht sehr<br />
langsam, stockt zwischendurch <strong>im</strong>mer wieder und macht Pausen, um das nächste Wort<br />
oder den nächsten Teil des Satzes zu formulieren. Dies führt häufig zu Unruhe und Zwi-<br />
schenrufen von den Mitschülern. Außerdem fühlt sich Normen schnell überfordert, sodass er<br />
nicht zu hohen Anforderungen ausgesetzt werden darf, ohne explizite Hilfen zur Verfügung<br />
zu haben.<br />
Bastian hat ein sehr geringes Selbstvertrauen und Könnensbewusstsein, sodass er sich<br />
häufig verweigert und versucht, geistige Anstrengungen zu vermeiden (tatsächliche oder<br />
vorgegebene Bauchschmerzen, fehlt bei Klassenarbeiten u.ä.). Er muss sehr behutsam und<br />
12
mit viel Unterstützung dahin gebracht werden, sich <strong>im</strong> Unterricht zu äußern, Ergebnisse vor-<br />
zutragen und Texte zu schreiben. 40<br />
Große Defizite in der Rechtschreibung hatten Florian und Jessica. Florian ist ein sehr guter<br />
Schüler, der sich sehr gut ausdrücken kann. Er benötigt somit Möglichkeiten, seine Recht-<br />
schreibung zu überprüfen. Jessica lag in ihren schulischen Leistungen eher unter dem<br />
Durchschnitt, ihre orthografischen Leistungen waren jedoch noch weit schlechter. Mittlerwei-<br />
le ist Jessica eine überwiegend gute Schülerin, die ihre orthografischen Probleme überwun-<br />
den hat.<br />
Die Beschreibung der Voraussetzungen dieser Lerngruppe zeigt, dass alle SuS sprachlich<br />
gefördert werden sollten, vor allem dadurch, dass ihnen sprachliche Phänomene bewusst<br />
gemacht werden und dass vielfältige Hilfen für alle sichtbar <strong>im</strong> Klassenraum platziert bzw. in<br />
unterschiedlichen Arbeitsphasen angeboten werde.<br />
2.3 Beobachtungszeitraum<br />
Schon <strong>im</strong> ersten halben Jahr meines Referendariats zeigte sich, dass die <strong>Sprachförderung</strong><br />
zu meinem Anliegen werden musste: Einerseits zeigten meine Lerngruppenbeschreibungen,<br />
dass es für meine SuS notwendig war, ihre Sprache gezielt zu fördern, andererseits wurde<br />
mir von Seiten meiner Fachseminarleitung und meines Mentors bestätigt, dass meine Ge-<br />
sprächsführungskompetenzen hoch sind. Das Zusammentreffen dieser Voraussetzungen<br />
führte sehr schnell dazu, dass ich mich entschied, die <strong>Sprachförderung</strong> in der Klasse 3c<br />
(jetzt 4c) genau zu beobachten und sie reflektiert weiterzuentwickeln. 41 Ich begann gleich<br />
nach den Sommerferien mit der gezielten Einführung sprachförderlicher Maßnahmen und<br />
Materialien, die ich regelmäßig in meinem Portfolio dokumentierte und auswertete. Meine<br />
Dokumentation und Reflexion umfasst ein knappes halbes Jahr meines Naturwissenschaft-,<br />
Technik- und Gesellschaftsunterrichts: vom 24.8.2010 bis 28.1.2011.<br />
3. <strong>Sprachförderung</strong> <strong>im</strong> Rahmen meines Unterrichts<br />
Die Entwicklung hin zu einem sprachförderlichen Unterrichtsverlauf und zu vermehrten Hilfs-<br />
angeboten <strong>im</strong> Klassenraum lässt sich gut anhand der Reflexionsprotokolle der Hospitationen<br />
verfolgen. 42 Begonnen habe ich mit der Einführung der Arbeitstechnik „Unbekannte Wörter<br />
klären“, mit der ich mich <strong>im</strong> Fachseminar näher beschäftigt hatte. Sie dient dazu, dass die<br />
SuS erkennen, dass Wörter, deren Bedeutung sie nicht kennen, das Verständnis eines Tex-<br />
tes stören oder verhindern können. Die SuS sollen dahin geführt werden, selbstständig zu<br />
40 Siehe Anhang II.<br />
41 Siehe Anhang I bis VII und XXXIV.<br />
42 Siehe Anhang III bis VII.<br />
13
entscheiden, wann das unbekannte Wort sofort nachgeschlagen werden sollte und wann<br />
man zunächst darüber hinweg lesen kann, da sich auch <strong>im</strong> Text Hinweise auf seine Bedeu-<br />
tung finden lassen. 43 Schnell merkte ich jedoch, dass diese Arbeitstechnik für meine SuS<br />
noch nicht geeignet war, da sie zuvor noch kaum das gezielte Entnehmen von Informationen<br />
aus Texten geübt hatten. Daher entschied ich mich, zunächst nur Hilfen zur Sprachprodukti-<br />
on zu geben und begann erst später erneut und auf andere Weise mit der Textarbeit und<br />
entsprechenden Lesehilfen.<br />
3.1 Erwartungen und Indikatoren<br />
Meine Erwartungen an den Erfolg der sprachförderlichen Maßnahmen waren von Anfang an<br />
sehr konkret, allerdings merkte ich bald, dass die Fortschritte nicht so schnell und so gut<br />
überprüfbar sind, wie ich es angenommen hatte. Die sprachliche Unterstützung der SuS so-<br />
wohl <strong>im</strong> mündlichen als auch <strong>im</strong> schriftlichen Bereich hat jedoch großen Einfluss auf das<br />
Selbstbewusstsein der SuS und hat mehr als erwartet zu einer stark erhöhten Beteiligung<br />
der schwächeren SuS am Unterrichtsgespräch und besseren Beiträgen <strong>im</strong> Rahmen von Prä-<br />
sentationen geführt. Am 22.8.2010 habe ich in meinem Portfolio mein <strong>im</strong> Zwischenstandsge-<br />
spräch vereinbartes Ziel, vermehrt sprachförderliche Maßnamen in meinen Unterricht zu in-<br />
tegrieren, konkretisiert:<br />
- Sprachfluss verbessern (Sprechgeschwindigkeit, Aussprache, Ausdruck, Intonation) 44<br />
- Wortschatz erweitern (auch Fachwortschatz)<br />
- Satzbau trainieren<br />
- Leseverständnis erweitern<br />
- Selbstständigkeit be<strong>im</strong> Problemlösen (Wörterbücher, selbst erstellte Lexika, Sachbücher)<br />
- Schreibkompetenz verbessern (Texte schreiben, überarbeiten).<br />
In meinem Reflexionsprotokoll vom 25.6.2010 hatte ich bereits folgende Indikatoren für den<br />
Erfolg der sprachförderlichen Maßnahmen aufgestellt:<br />
Messbarkeit kann dadurch erzeugt werden, dass...<br />
• auch die schwachen SuS bei Arbeitsaufträgen zu einem Ergebnis kommen<br />
• die SuS, die Probleme mit der Rechtschreibung haben, die neu erlernten Fachbegriffe vermehrt<br />
richtig schreiben<br />
• alle SuS be<strong>im</strong> Lesen von Texten selbstständig und kompetent Lexika und/oder Wörterbücher<br />
benutzen und sich das Hilfesuchen bei der L deutlich reduziert. 45<br />
Diese Indikatoren habe ich in meinem Portfolioeintrag am 1.9.2010 erneut für meine sprach-<br />
förderliche Arbeit <strong>im</strong> Unterricht festgesetzt:<br />
- SuS wenden den Fachwortschatz zum Thema richtig an und schreiben die Wörter<br />
korrekt<br />
43 Crämer, Claudia: Die Kuh und der Reiher. Die Arbeitstechnik „Unbekannte Wörter klären“ schulen, in: Deutsch<br />
differenziert 1 (2006), S. 31.<br />
44 Leisen, S. 24.<br />
45 Siehe Anhang V und VI.<br />
14
- SuS beschreiben <strong>im</strong> Feedback flüssig, kurz und präzise, was sie gelernt haben und<br />
wie sie sich noch verbessern können/wollen<br />
- SuS lesen Texte mit unbekannten Wörtern selbstständig und beantworten Fragen<br />
dazu.<br />
Mein Portfolioeintrag vom 15.9.2010 zeigt, dass mir die Bedeutung des Selbstbewusstseins<br />
und des Sich-Sicherfühlens der SuS zunehmend bewusst wurde:<br />
- schwächere SuS erhöhen ihre Beteiligung <strong>im</strong> Unterricht<br />
- SuS sprechen in bekannten Situationen ohne zu stocken (Vorstellung Stundenverlauf,<br />
Feedback)<br />
- alle SuS erklären geübte Sachverhalte und Prozesse ohne zu stocken.<br />
3.2 Einführung der sprachförderlichen Maßnahmen<br />
Eine sprachförderliche Umgebung habe ich <strong>im</strong> Klassenraum der 4c gleich am Anfang des<br />
Schuljahres geschaffen, indem ich zum Thema passende Bilder aufgehängt und eine The-<br />
menecke mit Büchern und weiterem Anschauungsmaterial eingerichtet habe. Diese Umge-<br />
bung wurde <strong>im</strong> Laufe der Zeit durch gemeinsam erstellte Lernplakate und Lexika sowie<br />
durch Schülerarbeiten und weitere Bilder ergänzt und je nach Thema verändert. Die sprach-<br />
förderlichen Maßnahmen habe ich <strong>im</strong> Wesentlichen in der Reihenfolge Sprechen - Lesen -<br />
Schreiben eingeführt, da mir dies <strong>im</strong> Hinblick auf die Komplexität der jeweiligen Anforderun-<br />
gen am sinnvollsten erschien.<br />
3.2.1 Sprechen<br />
Maßnahmen zur Förderung des Sprechens habe ich gleich nach den Sommerferien einge-<br />
führt, sie jedoch auch verändert, erweitert und ergänzt. Die meisten habe ich über die ge-<br />
samte Beobachtungszeit beibehalten, indem sie fester Bestandteil meines Unterrichtsver-<br />
laufs wurden. Den Fachwortschatz habe ich <strong>im</strong>mer sofort mit der Schreibung verbunden, auf<br />
Schwierigkeiten hingewiesen, Eselsbrücken mit den SuS entwickelt und sie in Form von<br />
Lernplakaten für alle sichtbar festgehalten.<br />
3.2.1.1 Vorstellung Stundenverlauf mit Karten<br />
24.8.2010: In Vorbereitung auf die heutige Stunde habe ich Karten in drei Farben hergestellt,<br />
auf denen Temporaladverbien stehen. ‚Zuerst’ und seine Synonyme stehen auf rosa<br />
Karten, ‚dann’ und seine Synonyme auf blauen und ‚zuletzt’ und seine Synonyme auf roten<br />
Karten. Ich habe den SuS heute einmal gezeigt, wie sie in Zukunft selbst den Stundenverlauf<br />
vorstellen sollen: Zuerst habe ich eine rosa Karte gezogen, sie an Punkt 1 geheftet und<br />
mit dem auf der Karte stehenden Wort und der Information, die an Punkt 1 des Stundenverlaufs<br />
steht, einen Satz gebildet. Ebenso bin ich mit den blauen und der roten Karte verfahren.<br />
15
Diese Methode wurde von den SuS mit Begeisterung aufgenommen und ist seitdem fester<br />
Bestandteil jeder Stunde. Viele SuS möchten am liebsten in jeder Stunde den Stundenver-<br />
lauf vortragen, mittlerweile melden sich auch die schwächeren, weniger motivierten und die<br />
weniger selbstbewussten SuS. Während der Vorstellung ist es meistens sehr still und die<br />
Zuhörer hören aufmerksam zu, helfen dem Vortragenden bei Bedarf und ergänzen seine<br />
Aussagen hinterher. Diese Methode schult daher nicht nur die Sprachkompetenz der Einzel-<br />
nen, die nach vorn kommen, sondern auch die der Zuhörer. Die SuS, die sich zunächst nicht<br />
zutrauen, selbst nach vorn zu gehen, bekommen durch das Zuhören nach und nach <strong>im</strong>mer<br />
mehr Sicherheit, bis sie sich eines Tages melden.<br />
25.1.2011: Heute hat Tom den Stundenverlauf vorgestellt! Er hat kurze, vollständige Sätze<br />
gebildet und relativ flüssig gesprochen…ein großer Erfolg! Ich hoffe, Bastian wagt auch<br />
noch den Schritt.<br />
Die Temporaladverbien habe ich die SuS außerdem für die Beschreibung anderer Prozesse<br />
mit zeitlichen Abfolgen nutzen lassen, z.B. Kakaoernte und Schokoladenproduktion.<br />
3.2.1.2 Denken - Austauschen - Besprechen (DAB)<br />
DAB ist eine Methode des kooperativen Lernens, bei der die SuS in drei Schritten ihr Vor-<br />
wissen zu einer Frage aktivieren, dieses mit einem oder mehreren Partnern abgleichen und<br />
teilen und schließlich <strong>im</strong> Plenum auf die Frage antworten können. Dadurch bekommen die<br />
SuS eigene Denkzeit, in der sie über ihre Antwort nachdenken und sie formulieren können<br />
und sie bekommen die Möglichkeit, ihre Antwort mit denen anderer SuS abzugleichen und<br />
16
das Aussprechen ihrer Gedanken vor den anderen zu üben, sodass sie Sicherheit bekom-<br />
men, ihre Antwort vor der gesamten Klasse zu vertreten.<br />
15.9.2010: Zu Beginn der Stunde habe ich die SuS per DAB ihr Wissen zur Kakaoernte<br />
aktivieren lassen. Dazu haben sie Satzanfänge auf DinA4-Zetteln bekommen, die ihnen bei<br />
der Strukturierung und be<strong>im</strong> Formulieren abwechslungsreicher Sätze helfen sollten. 47 Dieses<br />
Arbeitsblatt werde ich den SuS in den folgenden Stunden zu unterschiedlichen Themen (Unterthemen<br />
zum Thema Schokolade) als Unterstützung zum DAB geben. Ich habe den SuS<br />
30 Sekunden zum Denken, fünf Minuten zum Austauschen (Partner und Tischgruppe) und<br />
weitere fünf Minuten, um mit Hilfe der Mappen ihre Notizen zu vervollständigen, gegeben.<br />
Danach haben nacheinander mehrere SuS in eigenen Worten den Weg der Kakaobohne vom<br />
Baum bis zu uns beschrieben. Dabei mussten bei der Besprechungsphase die Wörter ‚Kakaobohne’<br />
und ‚Kakaoschote’ noch einmal geklärt werden, da sie von den SuS zuvor vertauscht<br />
wurden. Auch die Wörter ‚fermentieren’ und ‚trocknen’ wurden verwechselt und daher erneut<br />
besprochen und definiert. Zum Abschluss der Einstiegsphase hat sich Moritz gemeldet,<br />
um vor der Klasse den gesamten Prozess vorzutragen, wobei er die getrocknete Kakaoschote<br />
halten und Kakaobohnen anfassen und der Klasse zeigen durfte.<br />
Diese Art von DAB mit Sprachhilfen und je nach Thema auch Bildern führte zu besseren<br />
Beiträgen aller SuS in der Besprechungsphase. Dieser Einstieg gibt den SuS noch größere<br />
Sicherheit und führt somit dazu, dass sich alle trauen, vor der Klasse etwas zu sagen.<br />
Be<strong>im</strong> Thema <strong>Hamburg</strong> habe ich das DAB am Anfang der Stunde zumeist <strong>im</strong> Stuhlkreis<br />
durchgeführt und nicht mehr so konkrete Sprachhilfen angeboten. Die SuS waren schon so<br />
sehr mit der Methode vertraut, dass sie die Sicherheit der Schrift nicht brauchten, zumal es<br />
nicht um die Erinnerung von Prozessen ging, sondern meistens um historische Begebenhei-<br />
ten, Zusammenhänge oder reine Fachwort- oder Ideensammlungen.<br />
Auch das DAB ist fester Bestandteil jeder Unterrichtsstunde geworden. Den SuS gibt es die<br />
Möglichkeit, sich auf das Thema einzustellen und sich ihre eigenen Gedanken dazu zu ma-<br />
chen. Außerdem können sie sich untereinander über das Thema oder die Fragestellung aus-<br />
tauschen, bevor sie ihre Meinung oder ihre Idee vor der ganzen Klasse äußern müssen. Mei-<br />
nen SuS hat dies sehr viel Selbstbewusstsein gegeben und den Sprechanteil des Einzelnen<br />
stark erhöht.<br />
3.2.1.3 Formulierungshilfen Präsentation<br />
Bereits <strong>im</strong> letzten Schuljahr hat die Klasse in Gruppen Lernplakate gestaltet und diese prä-<br />
sentiert. Vorher hatten wir Kriterien zur Bewertung aufgestellt, die die Zuhörer mithilfe von<br />
Bewertungsbögen bewerten sollten. In diesem Schuljahr haben die SuS mehrere Kurzprä-<br />
sentationen vorbereitet und vor der Klasse gehalten. Dabei fiel mir auf, dass die SuS inner-<br />
47 Siehe Anhang XXI.<br />
17
halb einer Gruppe häufig kaum Bezug aufeinander nahmen und dass gerade die schwäche-<br />
ren SuS in Sprachnot gerieten und sich Bastian und Sandro sogar ganz verweigerten.<br />
Vor der nächsten Präsentation bekamen alle SuS Formulierungshilfen, die sie selbstständig<br />
ergänzen konnten und während der Präsentation als Unterstützung in der Hand behalten<br />
durften. Dies gab den SuS mehr Sicherheit, führte jedoch auch dazu, dass sie weniger frei<br />
sprachen, weil sie sich mithilfe der Satzanfänge ganze Sätze aufgeschrieben hatten. Der<br />
nächste Schritt musste daher sein, mit den SuS zu üben Stichworte zu formulieren und dar-<br />
aus spontan Sätze zu bilden. Mittlerweile gelingt dies den meisten SuS recht gut, einige ha-<br />
ben allerdings <strong>im</strong>mer noch Probleme zu entscheiden, welche Wörter sie zur Unterstützung<br />
ihrer Präsentation wirklich benötigen. Gerade stärkere SuS schreiben häufig noch Sätze auf<br />
und lesen ab oder lernen ganze Texte auswendig. Sie müssen <strong>im</strong>mer wieder auf die Vorteile<br />
des freien Sprechens (anhand von Stichworten) hingewiesen werden und Möglichkeiten zum<br />
Üben bekommen.<br />
18
3.2.1.4 Satzanfänge<br />
1.9.2010: Weitere Vorhaben für meinen Unterricht und den Klassenraum sind Sprechblasen<br />
mit Satzanfängen für das Feedback, die<br />
in der Klasse verbleiben.<br />
Die Satzanfänge wurden von den SuS<br />
sofort konsequent und gewinnbringend<br />
genutzt. Sie können damit sowohl<br />
inhaltliches als auch methodisches und<br />
verhaltensbezogenes Feedback geben<br />
und sich für unterschiedlich schwierige<br />
Satzanfänge entscheiden. Mithilfe die-<br />
ser Satzanfänge können die SuS auch<br />
die dafür erforderlichen Satzstrukturen<br />
üben und vertiefen. Der richtige Satzbau<br />
ist vor allem für Martina und Tom schwierig, sodass diese Übungen für sie besonders wichtig<br />
sind.<br />
Auch in anderen Unterrichtssituationen können Satzanfänge für die SuS eine große Hilfe<br />
sein, z.B. in der Gruppenarbeit bei der Dokumentation von Beobachtungen, bei Diskussionen<br />
und anderen Gesprächen <strong>im</strong> Stuhlkreis oder be<strong>im</strong> Feedback zu Präsentationen. 48<br />
3.2.2 Lesen<br />
Aufgrund des Misserfolgs mit der zuerst eingeführten Arbeitstechnik „Unbekannte Wörter<br />
klären“, habe ich die SuS zunächst mit vereinfachten und mehrfach differenzierten Texten<br />
arbeiten lassen, um die daran geübten Lesestrategien später auf andere Sachtexte zu über-<br />
tragen.<br />
3.2.2.1 Textvereinfachung<br />
Im Rahmen des Moduls Sprach- und Leseförderung habe ich Texte zum Thema Kakao und<br />
Schokolade geschrieben, aus denen die SuS <strong>im</strong> Unterricht Informationen für die Arbeit mit<br />
einer Zeitleiste und deren Präsentation entnehmen sollten. Für meine eigene Recherche<br />
habe ich Texte aus Büchern und aus dem Internet benutzt und die Daten, Fakten und Le-<br />
genden später zu Texten verarbeitet. Jeden Text gibt es in zwei Schwierigkeitsstufen bezo-<br />
gen auf die Länge, den Satzbau und den Wortschatz. Alle Texte haben Zeilenangaben und<br />
ein Lexikon mit Bilden am rechten Rand, in dem wichtige Wörter aus dem Text erklärt wer-<br />
48 Siehe Anhang XI, XII und XXX.<br />
19
den. 49 Für Tom habe ich einen noch weiter vereinfachten Text geschrieben, in dem nur die<br />
grundlegenden Informationen in sehr kurzen, einfachen Sätzen stehen und die wichtigsten<br />
Daten und Wörter hervorgehoben sind. 50 So sollte auch er die Möglichkeit haben, zumindest<br />
eine Information zur Gestaltung der Zeitleiste beizutragen.<br />
22.10.2010: Tom hat den Text selbstständig gelesen und mit sehr geringer Unterstützung<br />
den Lindt Goldhasen dem Jahr 1952 auf der Zeitleiste zugeordnet. Damit konnte er sich<br />
zum ersten Mal produktiv bei einer Gruppenarbeit einbringen!<br />
Nach dem Erfolg mit den selbst geschriebenen Texten be<strong>im</strong> Thema Kakao und Schokolade<br />
habe ich auch zum Thema <strong>Hamburg</strong> eigene Texte für die SuS geschrieben. Wieder sollten<br />
sie in Gruppen zu verschiedenen Abschnitten einer Zeitleiste arbeiten und diese präsentie-<br />
ren. Die SuS nutzen das Lexikon am rechten Rand des Textes, aber auch das selbst erstell-<br />
te <strong>Hamburg</strong>-Lexikon. Aufgrund der nun höheren Selbstständigkeit der SuS be<strong>im</strong> Lesen be-<br />
schloss ich, in Zukunft Originaltexte zu verwenden und mit den SuS vermehrt Lesestrategien<br />
zu trainieren.<br />
3.2.2.2 Lesestrategien aufbauen<br />
Leider habe ich mit einer ungünstigen Methode begonnen, die Kinder an die Textarbeit her-<br />
anzuführen. Anstatt sie zunächst nur über Verstehensinseln zum Verstehen des Textes zu<br />
bringen, sollten sie nach einer kurzen Sammlung des Vorwissens und der Erwartungen an<br />
den Text sofort unbekannte Wörter heraussuchen. Wie die folgenden Ausschnitte aus mei-<br />
nem Portfolio zeigen, konnten und wollten die Kinder mit dieser Methode nicht arbeiten.<br />
24.08.2010: Ich habe die Methode „Unbekannte Wörter klären“ anhand des Textes „Warum<br />
Schokolade teurer wird“ eingeführt. Viele SuS waren der Meinung, alle Wörter zu kennen<br />
und haben nichts oder nur ‚Börse’ unterstrichen. Bei der Diskussion <strong>im</strong> Plenum stellte<br />
sich heraus, dass die meisten die Wörter ‚Börse’, ‚Fabrikant’ und ‚Gattung’ nicht erklären<br />
konnten. Als Hausaufgabe sollen sie mindestens zwei Wörter auswählen, die sie versuchen<br />
sollen zu erklären (auf einem vorgefertigten Arbeitsblatt). 51 Der Text soll dann mit der Bedeutung<br />
als Stütze noch einmal gelesen werden.<br />
7.9.2010: Anhand des Textes „Fairer Handel“ sollen die SuS erneut schrittweise die neue<br />
Methode zur Leseförderung üben. Ich bin noch einmal mit den SuS darauf eingegangen wie<br />
wichtig es ist, unbekannte Wörter in einem Text zu klären. Die SuS haben noch mal zusammengetragen,<br />
wie man dabei vorgehen kann. 52 Dann habe ich den Text „Fairer Handel“<br />
verteilt, die SuS sollten nur Nomen untersteichen, die sie nicht kennen. Diese Übung hat<br />
49 Siehe Anhang XXVII bis XXIX.<br />
50 Umfassende Kriterien leicht lesbarer Texte sind aufgelistet in: Nickel, Sven: Lesen in der Alphabetisierung. In:<br />
Von der Alphabetisierung zur Leseförderung, hg. v. Werner Stark, Thilo Fitzner und Christoph Schubert, Stuttgart<br />
2000, S. 227f.<br />
51 Siehe Anhang XXIV.<br />
52 Siehe Anhang XXIV.<br />
20
noch <strong>im</strong>mer nicht gut geklappt, viele SuS meinten, alle Wörter zu kennen. Letztendlich sind<br />
sieben Wörter zusammengekommen, die wir <strong>im</strong> Plenum besprochen haben: die ‚Organisation’,<br />
der ‚Faire Handel’, der ‚Zwischenhändler’, die ‚Plantage’, die ‚Arbeitskräfte’, der ‚Fahrer’,<br />
die ‚Kakaobohne’. Als Hausaufgabe sollen alle SuS je zwei Wörter in eigenen Worten<br />
erklären.<br />
14.9.2010: Ich finde es <strong>im</strong>mer noch schwierig, die SuS dazu zu bewegen, eigenständig Texte<br />
zu lesen und sich Mühe zu geben, sie selbstständig zu verstehen. Zumeist lesen sie über unbekannte<br />
Wörter hinweg und merken es nicht oder hoffen, dass sie die Aufgaben trotzdem<br />
bearbeiten können.<br />
Im Rahmen des Moduls „Sprach- und Leseförderung“ bin ich auf die Idee gebracht worden,<br />
Texte über Verstehensinseln zu erarbeiten und mit den SuS gemeinsam das Markieren von<br />
Schlüsselwörtern zu üben. Auf diese Weise können die SuS ihr Wissen zeigen und teilen,<br />
was ihr Könnensbewusstsein stärkt. Darauf aufbauend lesen die SuS leise ihren Text, mar-<br />
kieren selbstständig und schreiben sich Stichworte heraus. Die Erarbeitung dieser Arbeits-<br />
techniken benötigt viel Zeit, da sie für die SuS sehr anstrengend ist. Es empfiehlt sich daher,<br />
diese Arbeitstechniken Schritt für Schritt zu erweitern, sodass die SuS selbstständig Strate-<br />
gien entwickeln, wie sie den jeweiligen Sachtext bearbeiten können.<br />
Weitere Übungen zum Leseverstehen sind Spiele, bei denen die SuS zum jeweiligen Thema<br />
Satzteile zu Sätzen und diese zu Texten zusammenfügen, z.B. als Puzzle, als Domino oder<br />
mit dem Logico-System.<br />
Mittlerweile bearbeiten die meisten SuS selbstständig Sachtexte, machen sich Notizen und<br />
können den Inhalt anhand der Notizen wiedergeben. Felix, Arno, Boris und Sandro zeigen,<br />
dass sie gut arbeiten können, wenn sie wollen, Bastian und Tom haben weiterhin Schwierig-<br />
keiten, selbstständig Texte als Informationsquellen zu nutzen.<br />
21
3.2.2.3 Selbst erstellte Lexika<br />
Um das selbstständige Arbeiten der SuS zu schulen, habe ich mit ihnen verschiedene Arten<br />
der Recherche thematisiert und geübt. Dazu gehört auch, dass sie das Inhaltsverzeichnis<br />
von Sachbüchern erfolgreich nutzen und unbekannte Wörter in Nachschlagewerken finden<br />
können. Da die Schule keine ausreichende Anzahl altersgerechter Nachschlagewerke besitzt<br />
und in den für Kinder veröffentlichten Nachschlagewerken viele Wörter der spezifischen<br />
Sachunterrichtsthemen nicht erklärt sind, habe ich beschlossen, gemeinsam mit den SuS<br />
themenspezifische Lexika anzulegen:<br />
1.9.2010: Außerdem habe ich die Wörter vom letzten Mal wiederholt und die Seiten in das<br />
Lexikon geheftet, damit die SuS bei Bedarf reinschauen können. 53 Ich habe darauf hingewiesen<br />
und auch auf die neuen Bücher zum Thema Schokolade erneut aufmerksam gemacht.<br />
Des Weiteren habe ich die SuS wieder aufgefordert, unbekannte Wörter an die Tafel zu<br />
schreiben (dieses Mal waren es bereits vier: die Chocolaterie, fermentieren, der Rahm, der<br />
Kakaolikör).<br />
Die SuS haben die Lexika anfangs gern genutzt, nach einigen Stunden war ihnen das Nach-<br />
schlagen jedoch zu mühsam und sie versuchten, auch ohne eine genaue Vorstellung von<br />
der Bedeutung best<strong>im</strong>mter Wörter zu haben, die Aufgaben zu bearbeiten.<br />
14.9.2010: Diesmal haben alle sehr gut an der Mappe gearbeitet, aber dafür keine Wörter an<br />
der Tafel gesammelt. […] Ansonsten kommen viele sehr schnell zu mir und versuchen, die<br />
Information auf dem einfachen Wege zu bekommen. Ich verweise sie zwar auf unser Hilfesystem,<br />
aber einige sind sehr hartnäckig in ihrer Faulheit (?).<br />
53 Siehe Anhang XXII bis XXIII.<br />
22
Das Suchen nach unbekannten Wörtern scheint wenig förderlich zu sein, weil es auf die SuS<br />
häufig als unnötige Zusatzaufgabe wirkt. Sie brauchen die genaue Wortbedeutung zumeist<br />
nicht, um die Aufgaben zu bearbeiten. Daher ist es sinnvoller, die SuS über Verstehensin-<br />
seln an Texte herangehen zu lassen und ihnen Lexika zur Verfügung zu stellen, die sie bei<br />
Bedarf nutzen können. Best<strong>im</strong>mte Fachbegriffe sollten gemeinsam thematisiert und könnten<br />
in einem selbst erstellten Fachlexikon festgehalten werden, andere unbekannte Wörter dür-<br />
fen durchaus überlesen werden, wenn es darum geht, den Text als Ganzes zu verstehen<br />
und wenn die Aufgaben es nicht erfordern, die genaue Bedeutung zu kennen.<br />
3.2.3 Schreiben<br />
Zuletzt habe ich konkrete Maßnahmen zur Förderung des (Text-)schreibens eingeführt. Be<strong>im</strong><br />
Schreiben entwickeln sich Fachkompetenz, Sprachkompetenz, Lesekompetenz und<br />
Schreibkompetenz parallel. Außerdem wird durch das Schreiben die Sprachbewusstheit und<br />
die Reflexion über das eigene Denken geschärft. 54 Das Schreiben ist für viele SuS sehr an-<br />
strengend, weil sie es nicht gewohnt sind, sich für eine längere Zeit konzentriert Gedanken<br />
zu machen und diese zusammenhängend aufzuschreiben. Einige benötigen sehr viel guten<br />
Zuredens und vielfältiger Hilfen, um nur einige Sätze zu Papier zu bringen. Neben den Lern-<br />
plakaten, die sowohl Erinnerungs- als auch Rechtschreibhilfen darstellen, habe ich konkrete<br />
Hilfen zum Textschreiben eingesetzt, die die drei Phasen des Schreibprozesses (Planung -<br />
Umsetzung in geschriebene Sprache - kritische Betrachtung) berücksichtigen. 55<br />
3.2.3.1 Lernplakate<br />
Auf Lernplakaten werden Fachbegriffe mit entsprechenden Bildern oder Darstellungen und<br />
Kurzbeschreibungen von best<strong>im</strong>mten Abläufen und Prozessen sichtbar für die ganze Klasse<br />
festgehalten. Dies macht es möglich, Hilfen durch kurze nonverbale Hinweise auf das jewei-<br />
lige Plakat zu geben, sodass sich die SuS bei Sprachnot, bei Unsicherheit oder bei sprachli-<br />
chen Fehlern selbst helfen bzw. korrigieren können.<br />
1.9.2010: Am Anfang der Stunde haben wir Wörter gesammelt, die etwas mit Schokolade<br />
zu tun haben. Wichtige (und schwierige) Wörter wurden mit Artikel auf dem Plakat festgehalten,<br />
das in der Klasse aushängt. Alle Wörter, die auf dem Plakat stehen, müssen die<br />
SuS von nun an richtig schreiben.<br />
54 Leisen, S. 157ff.<br />
55 Ebd., S. 165.<br />
23
Dieses erste Plakat war zu unübersichtlich und enthielt keine Bilder. Außerdem war es für<br />
viele SuS nicht gut sichtbar und einige Wörter waren zu klein geschrieben. Das nächste Pla-<br />
kat, das ich gemeinsam mit den SuS erstellen wollte, sollte das erste ergänzen und die Wör-<br />
ter sollten geordneter und größer geschrieben sein:<br />
8.9.2010: Die SuS haben für das zweite Plakat neue Wörter genannt, die wir gemeinsam<br />
besprochen haben und die <strong>im</strong>mer wiederholt werden sollen. Ich habe die SuS wieder darauf<br />
hingewiesen, dass sie die Wörter, die sichtbar für sie auf den Plakaten <strong>im</strong> Klassenraum hängen,<br />
richtig schreiben müssen. Sie sollen vermehrt dahin gebracht werden, ihre Schreibung zu<br />
überprüfen und sie zu korrigieren.<br />
Auch dieses Plakat war unübersichtlich und einige Wörter doppelten sich mit denen auf dem<br />
anderen Plakat. Auf den Plakaten standen zu viele Wörter, sodass sie relativ klein geschrie-<br />
24
en waren und es den SuS kaum möglich war, darauf ihre Schreibung zu überprüfen. Nur<br />
die wichtigsten Wörter sollten für alle gut sichtbar mit Bildern und Definitionen, Beispielen<br />
und Wörtern derselben Wortfamilie in der Klasse aufgehängt werden.<br />
14.9.2010: Heute habe ich den SuS Bilder und Wörter zum Thema Schokolade mitgebracht,<br />
die sie zuordnen sollten. Sie haben dann die zusammengehörigen Bilder und Wörter auf große<br />
Plakate geklebt, die wir gemeinsam geordnet und über der Tafel aufgehängt haben.<br />
Diese Plakate stellten eine große Hilfe für die SuS dar, denn alle konnten die Wörter lesen<br />
und sich anhand der Bilder ihre Bedeutung wieder ins Gedächtnis rufen. 56 Sie nahmen die<br />
Plakate sowohl be<strong>im</strong> Sprechen, z.B. <strong>im</strong> Feedback, als auch zur Überprüfung ihrer Recht-<br />
schreibung bewusst zur Hilfe und zeigten dadurch deutlich bessere Leistungen. Selbst Flori-<br />
an, der große Probleme mit der Rechtschreibung hat, konnte diese Wörter nun richtig<br />
schreiben, weil er die Möglichkeit hatte, die Schreibung zu überprüfen.<br />
27.10.2010: Die Zeitleiste, die die SuS in Gruppen hergestellt und präsentiert haben, bleibt<br />
als Erinnerungsstütze <strong>im</strong> Klassenraum hängen. Die SuS können so jederzeit die zeitlichen<br />
Abläufe verfolgen und sich best<strong>im</strong>mte Ereignisse und Begriffe wieder ins Gedächtnis rufen.<br />
Die Zeitleistenteile und die Lernplakate wurden zu je einem großen Buch gebunden, sodass<br />
sie auch später noch angeschaut werden können und als Produkt der gesamten Klasse <strong>im</strong><br />
Klassenraum bleiben.<br />
14.12.2010: In dieser Woche sollen die SuS die in der letzten Woche gestaltete Zeitleiste<br />
zur mittelalterlichen Geschichte <strong>Hamburg</strong>s durch eigene Recherche um Ereignisse der Neu-<br />
56 Siehe Anhang XXXV.<br />
25
zeit erweitern, sie gestalten und in Gruppen einen Zeitabschnitt oder ein Ereignis präsentieren.<br />
Sie dürfen dazu die Bücher aus der Blockleihe zum Thema <strong>Hamburg</strong>, unser <strong>Hamburg</strong>-<br />
Lexikon und das Internet nutzen. Die Gruppen sollen sie nach Interesse selbstständig bilden<br />
und selbstverantwortlich arbeiten.<br />
21.12.2010: Ein Großteil der SuS hat sehr gut gearbeitet, auch wenn die Ergebnisse noch<br />
verbesserungswürdig sind (Schrift auf der Zeitleiste teilweise zu klein, Bilder z. T. undeutlich<br />
und ebenfalls zu klein). Die gesamte Zeitleiste der <strong>Hamburg</strong>er Geschichte bietet aber<br />
trotzdem eine Gedächtnisstütze für die SuS und wird als Lernprodukt noch mindestens bis<br />
zum Ende des Halbjahres den Klassenraum schmücken und zu Gesprächen herausfordern.<br />
3.2.3.2 Hilfen zum Textschreiben<br />
Das Schreiben von Texten bedarf großer Konzentration, weil der Schreiber gleichzeitig Ideen<br />
entwickeln, Gedanken ordnen, logisch strukturieren und sie aufschreiben muss. Um das<br />
Entwickeln der Ideen zu unterstützen, können mit den SuS Concept Maps entwickelt werden.<br />
Weiterhin können den SuS Fragen helfen, ihren Text zu gliedern und anhand der stichwort-<br />
artigen Antworten ihren Text zu verfassen. Für das Beschreiben von Prozessen und Abläu-<br />
fen können Flussdiagramme als Stütze zum Textschreiben dienen.<br />
3.2.3.2.1 Concept Maps<br />
Concept Maps dienen der <strong>Sprachförderung</strong> und dem Textschreiben, weil sie „<strong>im</strong> Sinne des<br />
vernetzenden Denkens Bedeutungszusammenhänge grafisch darstellen und diese damit<br />
26
kommunizierbar machen.“ 57 Ihr Unterschied zu den Mind Maps ist, dass die Beziehungen<br />
zwischen den einzelnen Schlüsselbegriffen verbalisiert sind, indem sie mit je einem Pfeil<br />
verbunden werden, auf den zumindest ein Verb geschrieben wird, sodass ein Satz entsteht.<br />
Der Pfeil gibt außerdem die Leserichtung vor. Die SuS müssen sich be<strong>im</strong> Concept Mapping<br />
die Beziehungen zwischen den Begriffen genau überlegen und diese in Worte fassen. 58 Die<br />
SuS sind dabei gezwungen, genauer zu arbeiten als sie dies häufig be<strong>im</strong> Mind Mapping tun,<br />
weil sie nicht einfach Wörter hinschreiben können, sondern sich die Beziehungen genau<br />
überlegen müssen. Sie können so zunächst einzelne Sätze zu einem Thema verfassen, um<br />
diese später für das Schreiben eines Textes zu verwenden.<br />
Die stärkeren SuS haben dieser Concept Map viele eigene Pfeile hinzugefügt und sie so zur<br />
Vorbereitung für einen persönlichen Text über <strong>Hamburg</strong> genutzt. Da die Schwächeren keine<br />
eigenen Ideen hinzugefügt haben und einige nur mit Hilfe alle vorhandenen Pfeilenden be-<br />
schriften könnten, habe ich vor dem Schreiben des Textes über einen Lieblingsort in Ham-<br />
burg noch weitere Hilfen (s. 3.2.3.2.3) gegeben.<br />
3.2.3.2.2 Strukturdiagramme<br />
Eine weitere Hilfe und Strategie zur Schreibförderung <strong>im</strong> Fachunterricht ist das Vertexten<br />
von anderen Darstellungsformen. Strukturdiagramme boten sich be<strong>im</strong> Thema Schokolade<br />
an, weil sowohl die Kakaoernte als auch die Schokoladenproduktion Abläufe darstellen. Die<br />
SuS sollten zunächst die Wörter aus dem Fachwortschatz den verschiedenen Feldern des<br />
57 Dunker, Nina: Zusammenhänge aufzeigen. Concept Maps <strong>im</strong> Grundschulunterricht, in: Deutsch differenziert 2<br />
(2008), S. 14.<br />
58 Ebd.<br />
27
Diagramms zuordnen und dann anhand des vollständigen Diagramms einen Text schrei-<br />
ben. 59<br />
3.2.3.2.3 Gliederungshilfen<br />
Um einen freieren Text schreiben zu können, benötigen die SuS Hilfen, die sie leiten, ihnen<br />
Ideen geben, sie jedoch nicht zu stark lenken. Dies können Satzanfänge sein, allerdings<br />
müssen sie dann sehr vielfältig sein, was die schwächeren SuS (z.B. Boris und Arno) wie-<br />
derum überfordert und dazu führt, dass sie die Hilfen gar nicht nutzen. 60 Daher habe ich<br />
nach Hilfen gesucht, die die Ideen der SuS besser hervorbringen:<br />
18.1.2011: Als Vorbereitung auf das Schreiben eines Textes über einen Ort in <strong>Hamburg</strong> habe<br />
ich einen Text über meinen Lieblingsort in <strong>Hamburg</strong> geschrieben. 61 Zunächst sollten die SuS<br />
anhand der Überschrift über den Inhalt des Textes spekulieren, danach absatzweise Schlüsselwörter<br />
farbig markieren. Durch die farbige Unterstützung gelang es ihnen, geeignete<br />
Zwischenüberschriften für die einzelnen Absätze zu finden. Anschließend bekamen sie ein<br />
Arbeitsblatt mit Fragen über ihren Lieblingsort in <strong>Hamburg</strong>, die sie in Stichworten beantworten<br />
sollten. 62 Anhand der Stichworte und mithilfe von Bildern und Satzanfängen sollten<br />
sie ihren eigenen Text schreiben. 63 Im Anschluss daran sollten sie mit einem Partner ihre<br />
Texte überarbeiten. Erst die korrigierte Fassung sollte abgegeben werden.<br />
Die Motivation der SuS be<strong>im</strong> Schreiben des eigenen Textes war erstaunlich hoch. Zudem<br />
schrieben die SuS überwiegend gut strukturierte Texte. 64 Das genaue Lesen und Bearbeiten<br />
eines Mustertextes und daraus abgeleitete Fragen sind, zumindest für diese Lerngruppe,<br />
nicht nur motivierend, sondern auch sprach- und leistungsförderlich.<br />
3.3 Fazit über den Erfolg der sprachförderlichen Maßnahmen<br />
Im Rückblick auf das letzte Schulhalbjahr sehe ich den größten Erfolg darin, dass das<br />
Selbst- und das Könnensbewusstsein der SuS durch die sprachförderlichen Maßnahmen<br />
sehr positiv beeinflusst werden. Selbst die sprachlich schwächsten und die schüchternen,<br />
zurückhaltenden SuS trauen sich, den Stundenverlauf vor der Klasse vorzustellen, <strong>im</strong> DAB<br />
mit den Mitschülern zu kommunizieren und ihre Ideen und Meinungen vor der Klasse zu ver-<br />
treten und <strong>im</strong> Rahmen von Präsentationen kurze Vorträge zu halten. Eine Ausnahme ist hier<br />
Bastian, dessen Selbstbewusstsein so gering ist, dass er für jede Äußerung, die er tut, und<br />
für jeden Satz, den er schreibt, mehrfache Ermutigung und Unterstützung durch die Lehrkraft<br />
braucht. Er hat sich bisher nicht getraut, den Stundenverlauf vor der Klasse vorzustellen, hat<br />
jedoch an manchen guten Tagen gezeigt, dass er die angebotenen Hilfen, z.B. Satzanfänge<br />
59 Siehe Anhang VIII und IX.<br />
60 Siehe Anhang XXXI und XVIII bis XX.<br />
61 Siehe Anhang XXV.<br />
62 Siehe Anhang XIII und XVI.<br />
63 Siehe Anhang XXVI.<br />
64 Siehe Anhang XIII bis XVII.<br />
28
<strong>im</strong> Feedback, nutzen kann. Boris, Arno und Sandro nutzen die sprachförderlichen Angebote<br />
aktiv nur selten, da sie <strong>im</strong> Unterricht allgemein sehr unmotiviert sind. Sie versuchen, jegliche<br />
geistige Anstrengung zu vermeiden, beteiligen sich daher nur selten am Unterrichtsgespräch<br />
und führen ihre Aufgaben erst nach mehrfachen Ermahnungen aus. Während es Sandro<br />
eher an Selbstbewusstsein fehlt, haben Boris und Arno durchaus sprachliche Defizite, die<br />
sich kaum verbessert haben, seit ich mit der <strong>Sprachförderung</strong> in meinem Unterricht begon-<br />
nen habe.<br />
Die systematische Erweiterung des Fachwortschatzes mithilfe von Lernplakaten, der ge-<br />
meinsamen Ermittlung der Wortbedeutungen, des Einordnens der Fachbegriffe in Diagram-<br />
me und der Zuordnung zu Bildern war bei allen SuS erfolgreich. Selbst schwierige Wörter<br />
wie ‚conchieren’ oder ‚Elbphilharmonie’ konnten alle SuS richtig aussprechen, erklären und<br />
<strong>im</strong> Satzzusammenhang anwenden.<br />
Der Sprachfluss hat sich bei fast allen SuS verbessert, d.h. dass sie in den ritualisierten Un-<br />
terrichtsphasen in einer angemessenen Geschwindigkeit sprechen, Aussprache und Intona-<br />
tion überwiegend richtig sind und sie kaum noch stocken. Besonders Normen, der sehr lange<br />
überlegt und langsam spricht, hat durch die Hilfen an Sicherheit gewonnen und seine<br />
Sprechgeschwindigkeit dadurch so gesteigert, dass ihm seine Klassenkameraden bis zum<br />
Ende zuhören, ohne unruhig zu werden.<br />
Durch die Arbeit an und mit vereinfachten Sachtexten haben die SuS gelernt, selbstständig<br />
aus Texten Informationen zu entnehmen. Die meisten wenden eigenständig Strategien an,<br />
die ihnen helfen, die Informationen aus den Texten herauszufiltern und sie für die Bearbei-<br />
tung von Arbeitsaufträgen zu nutzen. Auch hier zeigt sich wieder, dass die Motivation der<br />
SuS die Voraussetzung für den Erfolg ist. Boris, Arno und Bastian versuchen, sich der Arbeit<br />
mit dem Text zu entziehen, weil es ihnen zu anstrengend ist, sich über längere Zeit auf einen<br />
Text zu konzentrieren und ihn zu verstehen. Ein Erfolg ist bei diesen Schülern nur möglich,<br />
wenn man sich allein mit ihnen beschäftigt, sie motiviert und ihnen keine Möglichkeit lässt,<br />
sich der Anstrengung zu entziehen.<br />
Die Lernplakate und die Schreibhilfen haben sich als sehr gewinnbringend für das Lernen<br />
und die Produktivität der SuS herausgestellt. Das Schreiben anhand von Concept Maps,<br />
Diagrammen, Mustertexten oder durch Fragen geleitet entlastet die SuS, weil sie die Schritte<br />
des Schreibprozesses entzerren und ihn so weniger komplex erscheinen lassen. Dies führt<br />
dazu, dass sich die SuS nicht zu entziehen versuchen, denn sie haben das Gefühl, dass sie<br />
die einzelnen Schritte bewältigen können. Auf diese Weise können auch Schüler wie Boris,<br />
Bastian oder Arno einen Text schreiben.<br />
29
Die Rechtschreibung der SuS hat sich, außer bei Jessica, nicht merklich verbessert, aber die<br />
meisten SuS haben in den Überarbeitungsphasen gezeigt, dass sie außerhalb des Schreib-<br />
prozesses in der Lage sind, Rechtschreibfehler zu erkennen. Einzig Florian ist nach wie vor<br />
sehr unsicher und kann sich Schreibungen offenbar nicht herleiten und nur unzureichend<br />
merken. 65 Auch in Gesprächen über seine Schreibweisen zeigt sich <strong>im</strong>mer wieder seine<br />
Unsicherheit. Er rät zumeist, hat kaum Strategien zur Verfügung, obwohl er selbst zu Hause<br />
übt. Diese Schwäche kann <strong>im</strong> Fachunterricht zwar durch Hilfen kompensiert, aber nicht be-<br />
hoben werden.<br />
4. Schlussbetrachtung und Ausblick<br />
„Sache und Sprache bedingen sich [also] gegenseitig. Über Sprache kann sich das Kind der<br />
Sache nähern und gleichzeitig erweitert es seine sprachlichen Fähigkeiten, indem es durch<br />
den handelnden Umgang neue Begriffe und Satzmuster verwenden lernt.“ 66 Dieser handeln-<br />
de Umgang muss gefördert und das Lernen der neuen Begriffe und Satzmuster bestmöglich<br />
unterstützt werden. Die <strong>Sprachförderung</strong> <strong>im</strong> <strong>Unterrichtsalltag</strong> ist wichtig, auch wenn sie allein<br />
keine „Wunder“ vollbringen kann. Es ist für die einzelne Lehrkraft möglich, sprachförderliche<br />
Maßnahmen in den Unterricht zu integrieren und so das Könnensbewusstsein und die Spra-<br />
che der SuS zu fördern. Ausschlaggebend für den Erfolg der <strong>Sprachförderung</strong> <strong>im</strong> Unter-<br />
richtsalltag ist die Motivation der SuS. Sprachlich sehr schwache SuS wie Tom können ihre<br />
Sprachkompetenz durch die sprachförderlichen Maßnahmen nur geringfügig verbessern; für<br />
den Großteil der SuS sind die sprachförderlichen Maßnahmen jedoch hilfreich: Sie lernen<br />
selbstständig sprachliche Hilfen zu nutzen und sich selbst zu überprüfen.<br />
Ich habe mit der 4c sehr gute Erfahrungen mit der <strong>Sprachförderung</strong> <strong>im</strong> <strong>Unterrichtsalltag</strong> ge-<br />
macht und werde sie auf diese Weise in meinem zukünftigen Unterricht weiter einsetzen.<br />
Dank meiner Erfahrungen kann ich meine <strong>Sprachförderung</strong> in Zukunft besser planen und<br />
mein Repertoire an Maßnahmen und Methoden erweitern. Viele der von mir gestalteten Me-<br />
dien kann ich <strong>im</strong>mer wieder einsetzen oder sie ohne viel Aufwand verändern. Ich habe mir <strong>im</strong><br />
letzten halben Jahr einen guten Grundstock für die <strong>Sprachförderung</strong> <strong>im</strong> <strong>Unterrichtsalltag</strong> auf-<br />
gebaut, den ich noch lange werde nutzen können, den ich aber auch ausbauen, anderen<br />
Lerngruppen anpassen und verbessern werde.<br />
Um allerdings eine effektive <strong>Sprachförderung</strong> für alle SuS zu gewährleisten, muss sie in allen<br />
Unterrichtsfächern erfolgen und mit den Kollegen der anderen Fächer abgest<strong>im</strong>mt sein. SuS<br />
mit sprachlichen Defiziten müssen auch <strong>im</strong> Unterricht nach einem Förderplan gefördert wer-<br />
65 Siehe Anhang X.<br />
66 Schleien, Sandra: Die Dichte von Flüssigkeiten. Schreibkompetenz <strong>im</strong> Sachunterricht entwickeln und fördern,<br />
in: Praxis Grundschule 3 (2009), S. 22.<br />
30
den, sodass alle Fördermaßnahmen aufeinander abgest<strong>im</strong>mt sind und ineinander greifen.<br />
Dafür muss vor allem die Kommunikation zwischen Klassen-, Fach- und Förderlehrkräften<br />
verbessert werden.<br />
Die <strong>Sprachförderung</strong> <strong>im</strong> <strong>Unterrichtsalltag</strong> sollte die Basis jedes Unterrichts darstellen, um die<br />
SuS von Beginn an der Bildungssprache näher zu bringen. Außerdem werden die SuS <strong>im</strong><br />
Rahmen der <strong>Sprachförderung</strong> vermehrt zum Sprechen und zum Nachdenken über Sprache<br />
angeregt. Je häufiger die SuS zum Sprechen und zum selbstständigen Lesen gebracht wer-<br />
den, desto nachhaltiger und ergiebiger ist dies für die Sprachkompetenz der SuS.<br />
Abschließend lässt sich feststellen, dass die <strong>Sprachförderung</strong> <strong>im</strong> <strong>Unterrichtsalltag</strong> die richtige<br />
Basis für die Sprachentwicklung der SuS ist und dass sie Teil eines jeden Unterrichts sein<br />
muss, um größtmögliche Erfolge zu erbringen. Diese Erfolge sollten das oberste Ziel für je-<br />
den Pädagogen sein, denn Sprache ist die Voraussetzung für das Lernen.<br />
31
5. Literatur<br />
Crämer, Claudia: Die Kuh und der Reiher. Die Arbeitstechnik „Unbekannte Wörter klären“<br />
schulen, in: Deutsch differenziert 1 (2006), S. 31-33.<br />
Das <strong>Hamburg</strong>er Sprachförderkonzept: http://www.li-hamburg.de/abt.liq/liq.projekte/<br />
liq.projekte.14/index.html, 19.2.2011.<br />
Dunker, Nina: Zusammenhänge aufzeigen. Concept Maps <strong>im</strong> Grundschulunterricht, in:<br />
Deutsch differenziert 2 (2008), S. 14-17.<br />
Freie und Hansestadt <strong>Hamburg</strong>, Behörde für Schule und Berufsbildung (Hrsg.): Bildungsplan<br />
Pr<strong>im</strong>arschule. Lernbereich Gesellschaftswissenschaften, <strong>Hamburg</strong> 2010.<br />
Konzept/Planung: www.schulenfoerdern.de, 21.2.2011.<br />
Kretschmer, Christine: Schreibförderung als Anliegen aller Fächer, in: Praxis Grundschule 3<br />
(2009), S. 4-7.<br />
Landesinstitut für Schule und Weiterbildung (Hg.): Sprachliches und fachliches Lernen. Förderung<br />
der deutschen Sprache als Aufgabe des Unterrichts in allen Fächern, Soest<br />
2000.<br />
Lange, Imke; Gogolin, Ingrid: Durchgängige Sprachbildung. Eine Handreichung, Münster<br />
2010.<br />
Leisen, Joseph: Handbuch <strong>Sprachförderung</strong> <strong>im</strong> Fach. Sprachsensibler Fachunterricht in der<br />
Praxis. Grundlagenwissen, Anregungen und Beispiele für die Unterstützung von<br />
sprachschwachen Lernern und Lernern mit Zuwanderungsgeschichte be<strong>im</strong> Sprechen,<br />
Lesen, Schreiben und Üben <strong>im</strong> Fach, Bonn 2010.<br />
May, Peter et al.: <strong>Hamburg</strong>er Sprachförderkonzept. Bericht über das Monitoring der Fördermaßnahmen<br />
in den Schulen <strong>im</strong> Schuljahr 2008/2009, www.schulenfoerdern.de,<br />
21.2.2011.<br />
Merzyn, Gottfried: Fachbest<strong>im</strong>mte Lernwege zur Förderung der Sprachkompetenz. In:<br />
Sprachliches und fachliches Lernen. Förderung der deutschen Sprache als Aufgabe<br />
des Unterrichts in allen Fächern, hg. v. Landesinstitut für Schule und Weiterbildung,<br />
Soest 2000.<br />
Ostberg, Tina: Textchecker – Sachtexte lesen und verstehen, in: Praxis Schule 5-10 1<br />
(2008), S. 15-20.<br />
Quehl, Thomas; Scheffler, Ute: Möglichkeiten fortlaufender <strong>Sprachförderung</strong> <strong>im</strong> Sachunterricht.<br />
In: Handbuch <strong>Sprachförderung</strong>, hg. v. Christiane Bainski und Marianne Krüger-Potratz,<br />
Essen 2008, S. 66-79.<br />
Schleien, Sandra: Die Dichte von Flüssigkeiten. Schreibkompetenz <strong>im</strong> Sachunterricht entwickeln<br />
und fördern, in: Praxis Grundschule 3 (2009), S. 21-25.<br />
<strong>Sprachförderung</strong> <strong>im</strong> Vorschulalter: www.schulenfoerdern.de, 21.2.2011.<br />
<strong>Sprachförderung</strong> in der Schule: www.schulenfoerdern.de, 21.2.2011.<br />
32
<strong>Sprachförderung</strong>. Integrative <strong>Sprachförderung</strong>: http://www.li-hamburg.de/abt.lif/bf.1100/<br />
bf.1100.sprfoe/in-dex.html, 19.2.2011.<br />
Unser Leitbild. Sprache und Kommunikation: http://adolph-schoenfelder-schule.hamburg.de,<br />
14.2.2011.<br />
Wespel, Manfred: Jeder Unterricht ist <strong>im</strong>mer auch Sprachunterricht. Sprachverständnis ist<br />
eine Voraussetzung, um Wissen aufzubauen, in: Grundschule 4 (2006), S. 6-8.<br />
33
6. Anhang<br />
A. Lerngruppenbeschreibungen .......................................................... I<br />
B. Reflexionsprotokolle ...................................................................... III<br />
C. Schülerarbeiten ............................................................................VIII<br />
D. Arbeitsblätter, Hilfen und Texte.................................................. XXI<br />
E. Auszug Schülerakte Tom ......................................................... XXXII<br />
F. Zwischenstandsbericht Sachunterricht .................................XXXIV<br />
G. Lernplakate Kakao und Schokolade .......................................XXXV<br />
Eidesstattliche Erklärung…………………………………………….XXXVI<br />
34
A. Lerngruppenbeschreibungen<br />
Hospitation am 9.2.2010 (Auszug):<br />
Vorüberlegungen zur Lerngruppe und den<br />
Lernvoraussetzungen<br />
Angaben zur Lerngruppe<br />
3. Klasse<br />
23 Schüler (7 Mädchen, 16 Jungs)<br />
Kess 4<br />
Sitzen an 5 Gruppentischen<br />
Störungen<br />
Einige Kinder quatschen dazwischen, rufen die Antworten hinein<br />
(ohne sich zu melden).<br />
Insbesondere ein Schüler (Boris) lenkt die anderen<br />
ab, indem er sehr häufig mit anderen Dingen<br />
beschäftigt ist und dieses offen und lautstark tut<br />
(Ball, Radiergummi etc.) Er reagiert gleichgültig<br />
auf Androhung von Sanktionen und<br />
beleidigt/unfair behandelt, wenn die Drohungen<br />
umgesetzt werden.<br />
Ein Schüler (Felix) steht häufig auf und macht komische<br />
Bewegungen und Geräusche, sodass die anderen lachen<br />
Lernvoraussetzungen (sprachlich)<br />
Die meisten SuS können alle Arbeitsanweisungen,<br />
Erklärungen und Äußerungen <strong>im</strong> Unterrichtsgespräch<br />
verstehen und ihre eigenen Ideen und Gedanken<br />
verständlich und richtig ausdrücken.<br />
Ein Schüler (Tom) ist <strong>im</strong> sprachlichen Bereich stark<br />
förderbedürftig und hat deshalb in allen Fächern große<br />
Probleme Gehörtes oder Gelesenes zu verstehen. Selbst<br />
nach vielen Erklärungen versteht er häufig nicht, was<br />
von ihm verlangt wird.<br />
Einige SuS verstehen <strong>im</strong> Ganzen gut, haben aber<br />
gelegentlich Schwierigkeiten, ihre eigenen Ergebnisse,<br />
Gedanken und Ideen verständlich auszudrücken. Durch<br />
wiederholtes Nachfragen und Umformulieren werden<br />
die Aussagen jedoch meistens für alle verständlich.<br />
Konsequenzen für das Lehrerhandeln, die<br />
Organisation und die Gestaltung des<br />
Unterrichts:<br />
<br />
Gruppenarbeit muss besonders gut geplant werden,<br />
damit in jeder Gruppe eine ähnliche Verteilung des<br />
Leistungsvermögens und des Leistungswillens ist.<br />
Die Gruppentische können sehr gut für die<br />
Gruppenarbeit und für Stationsarbeit genutzt werden.<br />
Immer wieder auf die Melderegel hinweisen und nur<br />
Kinder drannehmen, die sich melden.<br />
Diesen Schüler ermahnen, ruhiger zu<br />
sein und ihn darauf hinweisen, dass er<br />
es auch seinen Mitschülern zuliebe sein<br />
sollte. Eventuell individuelle Ziele mit<br />
ihm festhalten, an die er sich in der<br />
nächsten Zeit halten möchte (dazu<br />
müsste er sich jedoch willig zeigen)<br />
Den Schüler in der Nähe der Lehrperson halten, da<br />
er bei Berührung meist ruhiger wird. Ihm keinen<br />
Raum für den Blödsinn geben und zeigen, dass es<br />
nicht lustig ist.<br />
Während die anderen an Arbeitsblättern<br />
arbeiten, kann man sich vermehrt um<br />
diesen Schüler kümmern und mit ihm über<br />
die Aufgaben sprechen.<br />
Letztendlich benötigt er jedoch häufige<br />
und regelmäßige sprachliche Förderung,<br />
damit er vielleicht irgendwann einmal die<br />
deutsche Sprache angemessen nutzen kann.<br />
I
Hospitation am 24.2.2010 (Auszug):<br />
Vorüberlegungen zur Lerngruppe und den<br />
Lernvoraussetzungen<br />
Besondere SuS<br />
Sozialverhalten:<br />
Claus hat eine sehr geringe Frustrationstoleranz und<br />
muss daher in allem, was er tut, stark unterstützt und<br />
häufig gelobt werden. Wenn er einen Fehler macht,<br />
zeigt er sich bockig und beteiligt sich nicht mehr am<br />
Unterricht. Zudem hat er kaum Anschluss in der<br />
Klassengemeinschaft, weil er besserwisserisch ist und<br />
häufig andere SuS anschwärzt. Er wirkt fast<br />
durchgehend unzufrieden.<br />
Bastian ist meistens lustlos und bekommt<br />
<strong>im</strong> Unterricht nur wenig mit. Er traut sich<br />
selbst nur sehr wenig zu, sodass er häufig<br />
gar nicht erst nachdenkt, sondern aufgibt,<br />
ohne sich wirklich angestrengt zu haben. Er<br />
kann sich schlecht mit Worten zur Wehr<br />
setzen und wird daher häufig handgreiflich.<br />
Konsequenzen für das Lehrerhandeln, die<br />
Organisation und die Gestaltung des<br />
Unterrichts:<br />
Wenn Claus sich meldet, ist es gut, ihn<br />
dranzunehmen, damit er zufrieden ist und<br />
sich bestätigt fühlt. Außerdem sollte man<br />
ihn häufig loben und bei Themen, für die<br />
er sich interessiert, (Feuerwehr, Polizei,<br />
THW, Baustellen) als „Experten“<br />
einsetzen.<br />
Bastian muss häufig gesagt werden,<br />
dass er etwas kann und er muss<br />
ermutigt werden, sich an Aufgaben<br />
heranzuwagen. Des Weiteren muss<br />
jegliche Provokation seitens der<br />
anderen SuS vermieden werden, da er<br />
darauf sofort anspringt.<br />
II
B. Reflexionsprotokolle<br />
Hospitation vom: 9.2.2010 Klasse 3c<br />
Das war gelungen/lernförderlich, weil …<br />
Stuhlkreis die SuS sehr konzentriert waren und<br />
miteinander über den Lerngegenstand<br />
gesprochen haben<br />
Transparenz des Stundenverlaufs und -ziels die SuS wussten, worauf sie sich einließen<br />
und selbst mitgedacht haben<br />
Klarheit in den Begrifflichkeiten<br />
(Beobachtung vs. Schlussfolgerung,<br />
Schallleiter, Schallquelle…)<br />
Persönlichkeit, Ansprache, St<strong>im</strong>me,<br />
Berechenbarkeit<br />
1<br />
die SuS so Fachbegriffe lernen und sich ihrer<br />
bei der Kommunikation über<br />
naturwissenschaftlich-technische Frage<br />
bedienen können<br />
dies den SuS Sicherheit gibt und sie<br />
bereitwillig tun, was von ihnen verlangt wird<br />
Gruppenarbeit sie SuS miteinander über ihre<br />
Beobachtungen diskutiert haben und eine<br />
gemeinsame Lösung festgehalten haben<br />
Meldekette sie die Schüleraktivität erhöht hat und die<br />
SuS sich gegenseitig ergänzen konnten<br />
III
Hospitation vom: 24.02.2010 Klasse 3c<br />
Das war gelungen/lernförderlich, weil …<br />
2<br />
Meldekette sie die Schüleraktivität erhöht hat und die SuS<br />
sich gegenseitig ergänzen konnten. Außerdem<br />
konnten die SuS mithilfe der neu eingeführten<br />
Doppelmeldung aufeinander Bezug nehmen.<br />
Gesprächsführung L kurze Hinweise gab, die den Gesprächsfluss<br />
nicht störten, aber das Thema <strong>im</strong> Fokus<br />
hielten; sie zwischendurch auf das Thema<br />
zurück geführt und zusammengefasst hat und<br />
bereits genannte Aspekte zusammenfassend<br />
wiederholt hat.<br />
Das war<br />
fragwürdig/hinderlich,<br />
Umgang mit Fehlern in<br />
Wörtern und Satzstrukturen<br />
Orientierung der SuS in den<br />
Fachbüchern<br />
weil … Konsequenzen/Alternativen<br />
viele SuS Probleme mit der<br />
Schreibung der deutschen<br />
Sprache haben und dies <strong>im</strong><br />
Sachunterricht bisher nicht<br />
berücksichtigt wurde.<br />
die SuS die Bücher nicht<br />
systematisch nach Antworten<br />
auf ihre Fragen durchsuchen<br />
konnten, da sie nicht oder<br />
nur wenig mit der Suche <strong>im</strong><br />
Inhaltsverzeichnis und<br />
anderen Hilfen vertraut<br />
waren<br />
Bild-Wort-Plakate zum<br />
Thema erstellen, die für alle<br />
sichtbar in der Klasse hängen<br />
Lernplakate erstellen, die<br />
später als großes Lexikon<br />
zusammengefasst werden<br />
können<br />
Im Unterricht<br />
Methodentraining zum<br />
Umgang mit Büchern als<br />
Informationsquelle<br />
Ggf. eigenes<br />
Inhaltsverzeichnis zu<br />
best<strong>im</strong>mten Büchern erstellen,<br />
das sich direkt auf das<br />
bearbeitete Thema bezieht.<br />
IV
3<br />
KGH vom: 25.06.2010 Klasse 3c<br />
Das war gelungen/lernförderlich, weil …<br />
Gesprächsführung L Einwürfe und Beiträge der SuS zugelassen<br />
und angemessen kommentiert hat und sie<br />
zwischendurch auf das Thema zurückgeführt<br />
hat. Dadurch konnten die SuS ihre<br />
Assoziationen mitteilen, Fragen stellen und<br />
andere SuS sich davon anregen lassen.<br />
Visualisierung dies den SuS hilft, Arbeitsaufträge zu<br />
verstehen und sich Dinge zu merken.<br />
Außerdem können diese Bilder <strong>im</strong>mer wieder<br />
genutzt werden, sodass die SuS mit einem<br />
Bild ganze Abläufe verknüpfen. Dies spart<br />
Zeit und die effektive Lernzeit wird dadurch<br />
erhöhnt.<br />
Das war<br />
fragwürdig/hinderlich,<br />
Keine Hilfen/Kriterien für<br />
Fragen und deren Auswahl<br />
Schwächere SuS hatten keine<br />
explizite Hilfe<br />
weil … Konsequenzen/Alternativen<br />
Einige SuS (zunächst) große<br />
Schwierigkeiten hatten,<br />
überhaupt eine Frage zu<br />
finden, da das Gebiet kaum<br />
eingegrenzt war. Die meisten<br />
SuS hatten in der Gruppe<br />
Probleme, sich auf eine<br />
Frage zu einigen, weil sie<br />
keine Anhaltspunkte hatten,<br />
welche Kriterien eine<br />
gute/wichtige Frage erfüllen<br />
sollte. Dadurch ist es auch<br />
zum Streit gekommen.<br />
Felix und Tom es nicht<br />
geschafft haben, in der<br />
vorgegebenen Zeit eine<br />
eigene Frage zu schreiben.<br />
Felix hat mit Hilfe seiner<br />
Gruppe noch eine Frage<br />
Einen best<strong>im</strong>mten Rahmen<br />
festlegen, z.B. Fragen nur zu<br />
Tieren, die es <strong>im</strong> ZSU gibt.<br />
Kriterien dafür aufstellen, was<br />
eine gute Frage ausmacht,<br />
indem man mit den SuS<br />
überlegt, wer der Adressat ist<br />
und was nur er beantworten<br />
kann. Diese Kriterien sollten<br />
sichtbar für alle sein und als<br />
Grundlage der Diskussion in<br />
der Gruppe dienen. Für die<br />
ganz schwachen SuS Hilfen<br />
zum Stellen von Fragen geben<br />
(Fragewörter anschreiben/auf<br />
Karten).<br />
Diese SuS benötigen Hilfen,<br />
die sich auf das Formulieren<br />
einer Frage, Beraten und das<br />
Schreiben beziehen. Fabian<br />
könnte gut durch andere<br />
Kinder und Hilfekarten mit<br />
V
Neue Arbeitsschwerpunkte:<br />
geschrieben, Toms Feld blieb<br />
frei.<br />
Tom war nicht an der<br />
Gruppenarbeit beteiligt, da er<br />
weder die Aufgabenstellung<br />
noch den Sinn der Aufgabe<br />
verstanden hat. Hinzu<br />
kommt, dass er nicht<br />
selbstständig Fragen stellen<br />
kann, da es ihm sehr schwer<br />
fällt, Sätze zu bilden und sie<br />
überhaupt zu sprechen. Er<br />
hat keine Frage geschrieben<br />
und nicht an der Diskussion<br />
teilgenommen, weil ihn dies<br />
(nicht nur sprachlich)<br />
überfordert. Die anderen SuS<br />
helfen ihm zwar, verlieren<br />
aber die Geduld, da er nur<br />
sehr wenig versteht und<br />
umsetzt.<br />
Fragewörtern als Anregung<br />
geholfen werden.<br />
Tom benötigt die Hilfe der L<br />
oder einer anderen Person, die<br />
sich <strong>im</strong> Unterricht um ihn<br />
kümmert und ihm hilft. Er<br />
kann sehr gut abschreiben,<br />
jedoch nichts allein<br />
formulieren und keine Texte<br />
verstehen. Er benötigt<br />
demnach visuelle<br />
Unterstützung, Erklärungen,<br />
Formulierungshilfen und<br />
Schreibhilfen, die so<br />
umfangreich sind, dass dazu<br />
eine weitere Lehrperson nötig<br />
wäre. Da Taha getestet wurde<br />
und eine Empfehlung für die<br />
Förderschule hat, werde ich<br />
prüfen, ob ihm eventuell<br />
zusätzliche Förderstunden<br />
zustehen.<br />
Neue Arbeitsschwerpunkte:<br />
Ziel ist es, vermehrt sprachförderliche Maßnahmen in den Unterricht zu integrieren. Dies ist<br />
zu erreichen, indem...<br />
• die SuS den Stundenverlauf mithilfe von Satzanfängen vorstellen<br />
• Häufiger differenziertes Arbeitsmaterial angeboten wird (besonders für Taha mit<br />
vielen Visualisierungen)<br />
• Lernplakate zum Thema <strong>im</strong> Klassenraum hängen, die die wichtigsten Wörter (Nomen<br />
mit Artikel) und entsprechende Bilder zeigen<br />
• die Arbeitstechnik „unbekannte Wörter klären“ geschult wird (dafür müssen für die<br />
Klasse Lexika angeschafft oder ausgeliehen bzw. thematisch passende<br />
Nachschlagewerke angelegt werden, die in mehrfacher Ausfertigung <strong>im</strong> Klassenraum<br />
frei zugänglich sind)<br />
Messbarkeit kann dadurch erzeugt werden, dass...<br />
• auch die schwachen SuS bei Arbeitsaufträgen zu einem Ergebnis kommen<br />
• die SuS, die Probleme mit der Rechtschreibung haben, die neu erlernten Fachbegriffe<br />
vermehrt richtig schreiben<br />
• alle SuS be<strong>im</strong> Lesen von Texten selbstständig und kompetent Lexika und/oder<br />
Wörterbücher benutzen und sich das Hilfesuchen bei der L deutlich reduziert<br />
VI
KGH vom: 22.10.2010 Klasse 4c<br />
Beobachtungsgesichtspunkte/Arbeitsschwerpunkt für die Stunde:<br />
Zieltransparenz, <strong>Sprachförderung</strong> (bes. Integration von Tom)<br />
Das war gelungen/lernförderlich, weil …<br />
4<br />
DAB dadurch eine hohe Schüleraktivität erreicht wird.<br />
Alle SuS sprechen über das Thema. Außerdem<br />
werden einige SuS ermutigt, sich am Gespräch <strong>im</strong><br />
Plenum zu beteiligen, weil sie sich gemeinsam mit<br />
(einem) anderen bereits ausgetauscht haben.<br />
<strong>Sprachförderung</strong> der Stundenverlauf mithilfe von Satzanfangskarten<br />
von S vorgestellt wird, sodass sie unterschiedliche<br />
Möglichkeiten hören und selbst anwenden.<br />
Außerdem waren die Texte bebildert und mit<br />
Erklärungen versehen, sodass die SuS selbstständig<br />
unbekannte Wörter klären konnten.<br />
Differenzierung Es für jede Gruppe Texte auf zwei Niveaus gab, für<br />
Tom gab es einen sehr einfachen, kurzen Text, in<br />
dem aber trotzdem alle relevanten Informationen<br />
enthalten waren. So konnte Tom das Min<strong>im</strong>alziel<br />
erreichen und bei der Präsentation einen Satz zu<br />
dem Plakat seiner Gruppe sagen.<br />
Das war<br />
fragwürdig/hinderlich,<br />
in einigen Gruppen fand nur<br />
ein geringer Austausch über<br />
die Texte statt<br />
Schwierigkeiten einiger SuS<br />
bei den Präsentationen<br />
weil … Konsequenzen/Alternativen<br />
einige SuS dadurch nur die<br />
Informationen aus den<br />
Texten entnommen haben,<br />
die sie für die Plakate<br />
brauchten. Sie haben wenig<br />
gesprochen und nicht über<br />
den Inhalt der Texte<br />
diskutiert.<br />
einige SuS Schwierigkeiten<br />
bei der Formulierung dessen,<br />
was sie sagen wollten,<br />
hatten.<br />
Den SuS mehr Zeit für die<br />
Gruppenarbeit geben und<br />
ihnen eventuell Leitfragen<br />
geben, die sie für ein<br />
Gruppengespräch heranziehen<br />
können.<br />
Auch für die Präsentation als<br />
Hilfe Satzanfänge rein geben<br />
(hätten z.B. mit <strong>im</strong><br />
Briefumschlag sein können<br />
oder auf dem Briefumschlag<br />
stehen können).<br />
VII
C. Schülerarbeiten<br />
Klassenarbeit Schokolade (Ausschnitte):<br />
Anita:<br />
Jessica:<br />
VIII
Martin:<br />
Die richtige Schreibweise der Fachbegriffe war für alle SuS überprüfbar. Alle SuS (mit<br />
Ausnahme von Tom) waren in der Lage, anhand des Diagramms einen<br />
zusammenhängenden Text über die Kakaoernte zu verfassen und die einzelnen Sätze<br />
miteinander zu verknüpfen.<br />
IX
Feedbackfragen zu den Präsentationen „<strong>Hamburg</strong> in der Neuzeit“ (ohne und mit<br />
Satzanfängen als Hilfe):<br />
Florian:<br />
Da Florian ein sehr guter Schüler ist, benötigt er keine Satzanfänge als Hilfe. Sehr gut<br />
erkennbar ist hier jedoch seine Rechtschreibschwäche, die auftritt, sobald seine<br />
Konzentration etwas nachlässt und er keine Vorlagen hat, von denen er bewusstn<br />
abschreibt.<br />
X
Mine:<br />
Mine ist sprachlich sehr schwach, daher sind diese Sätze eine gute Leistung für sie, die ihr<br />
<strong>im</strong> Feedbackgespräch geholfen haben. Auf diese Weise hatte sie Zeit zum Denken und<br />
Formulieren ihrer Ideen.<br />
XI
Bastian:<br />
Bastian, der sich möglichst jeglicher geistiger Anstrengung entzieht, hat hier eine tolle<br />
Leistung gebracht, indem er alle Fragen ausführlich beantwortet hat. Allerdings zeigt sich,<br />
dass er auch hier unkonzentriert war, denn er hat die Satzanfänge meist noch einmal selbst<br />
aufgeschrieben. Trotzdem hat er sich dank dieser schriftlichen Unterstützung <strong>im</strong> Feedback<br />
zu Wort gemeldet und etwas beigetragen.<br />
XII
Texte „Mein Lieblingsort in <strong>Hamburg</strong>“:<br />
Martin (Vorbereitung):<br />
Anita (Vorfassung):<br />
XIII
Anita (Endfassung):<br />
Mine:<br />
Mine:<br />
XIV
Franz:<br />
Boris (Vorfassung):<br />
Boris (Endfassung):<br />
XV
Normen:<br />
Tom (Vorbereitung):<br />
XVI
Tom (Endfassung):<br />
Hier zeigt sich, dass Tom auch mit vielfältigen Hilfen nicht in der Lage ist, einen<br />
zusammenhängenden Text zu schreiben. Die Sätze, die vom Satzbau her korrekt sind, hat<br />
er vom Hilfsblatt abgeschrieben.<br />
Bastian:<br />
Auch wenn dieser Text weder inhaltlich noch rechtschriftlich oder grammatikalisch gut ist, so<br />
zeigt er doch, dass Bastian sich mit Hilfen zutraut einen Text zu schreiben und sein<br />
Vorhaben auch zu Ende führt. Dieser Text ist ein großer Erfolg für Bastian, der sich neben<br />
seinem generell geringen Selbstbewusstsein mit dem Schreiben besonders schwer tut.<br />
XVII
Texte „Michel oder Elbphilharmonie?“<br />
Jessica (Vorfassung):<br />
Jessica (Endfassung):<br />
XVIII
Arno:<br />
Boris:<br />
Sandro (Vorfassung):<br />
XIX
Sandro (überarbeitete Fassung):<br />
Sandro (Endfassung):<br />
Auch Sandro hat sich sehr angestrengt und versucht, mit den Hilfen und mithilfe einer<br />
Überarbeitung einen guten Text zu schreiben. Die Endfassung seines Textes zeigt, dass er<br />
durchaus gut formulieren kann und in der Lage ist, einen interessanten Text zu schreiben.<br />
XX
D. Arbeitsblätter, Hilfen und Texte<br />
Beschreibe die Kakaoernte.<br />
Diese Satzanfänge können dir dabei helfen, du musst sie aber nicht alle und<br />
nicht in dieser Reihenfolge benutzen.<br />
Mache dir Notizen!<br />
„Zuerst...“<br />
„Anschließend....“<br />
„Danach....“<br />
„Bevor...“<br />
„Nachdem...“<br />
„Nach einigen Stunden/Tagen/Wochen...“<br />
„Zum Schluss...“<br />
XXI
Lexikon Kakao und Schokolade (Ausschnitt)<br />
der Äquator: Der Äquator trennt auf der Erde die Nord- und die Südhalbkugel.<br />
Er durchquert Afrika, die Malediven und den Indischen Ozean, Indonesien und<br />
Südamerika. Am Äquator ist die Stärke der Sonneneinstrahlung fast <strong>im</strong>mer<br />
gleich, deshalb gibt es keine ausgeprägten Jahreszeiten und es ist <strong>im</strong>mer<br />
gleichbleibend mild.<br />
der Azteke: Die Azteken lebten zwischen dem 14. und dem frühen 16.<br />
Jahrhundert in Mittelamerika. Sie wurden zwischen 1519 und 1521 von den<br />
Spaniern besiegt und unterworfen.<br />
die Chocolaterie: Eine Chocolaterie ist ein Laden, in dem viele<br />
Schokoladenprodukte verkauft werden. Manchmal werden diese Produkte auch<br />
in der Chocolaterie hergestellt. Chocolat ist Französisch und bedeutet<br />
Schokolade.<br />
der Eingeborene: Angehöriger eines Volkes in Afrika, Amerika usw., das dort<br />
schon vor Eintreffen der Europäer gelebt hat (Ureinwohner).<br />
etwas fermentieren: Nach der Ernte lässt man die Kakobohnen in Holzkästen<br />
unter Bananenblättern gären. Sie werden jeden Tag gewendet. Durch die<br />
Fermentation werden die Bohnen braun und bekommen ihren besonderen<br />
Geschmack.<br />
die Gattung: Die Gattung ist der Oberbegriff für mehrere Arten. So gibt es z.B.<br />
bei der Gattung Eiche viele Arten: Steineiche, Roteiche, Stieleiche etc.<br />
der Gourmet: Ein Gourmet ist ein Feinschmecker, der sich mit feinen, guten,<br />
meist teuren Speisen und Getränken auskennt und sie genießt. Dies können z.B.<br />
auch feine Schokoladen, Pralinen und Torten sein.<br />
der Kakaolikör: Liköre sind alkoholische Getränke mit hohem Zuckergehalt.<br />
Ein Kakaolikör besteht z.B. aus Kakaopulver, Puderzucker, flüssiger Sahne und<br />
Rum.<br />
etwas pulverisieren: Man pulverisiert etwas, indem man es so sehr zerkleinert,<br />
dass daraus Pulver entsteht, z.B. Kakaopulver aus Kakaobohnen.<br />
der Rahm: Rahm ist ein anderes Wort für Sahne. Rahm ist der fetthaltige Teil<br />
der Milch, der sich absetzt, wenn man die Milch länger stehen lässt.<br />
XXII
<strong>Hamburg</strong>-Lexikon (Ausschnitt)<br />
Die Abendglocken sind die Glocken der Kirche,<br />
die abends läuten. Auch heute läuten viele Kirchen-<br />
glocken noch jeden Abend um 18 Uhr.<br />
der Apostel = einer der zwölf engsten Freunde von Jesus<br />
die Bastion = ein Teil einer Festung, springt aus<br />
dem Hauptwall hervor und ist hinten offen.<br />
Eine Bastion dient zur Verteidigung.<br />
die Befestigung = Mauern, Wälle, Dämme und Gräben, die zum Schutz<br />
vor Angriffen um eine Stadt herum gebaut werden<br />
die Bürgerwehr = die Bürger einer Stadt mussten<br />
Waffen tragen und ihre Stadt selbst<br />
verteidigen<br />
das Fleet = natürliche oder künstliche Wasserstraßen, die<br />
früher zur Entwässerung, für den<br />
Warenverkehr und als Stadtgräben zur<br />
Verteidigung dienten<br />
XXIII
Anleitung und Arbeitsblatt „Unbekannte Wörter klären“:<br />
XXIV
Mustertext:<br />
Mein Lieblingsort in <strong>Hamburg</strong><br />
Mein Lieblingsort in <strong>Hamburg</strong> sind die Landungsbrücken am Hafen. Du fragst dich,<br />
warum? Ich werde es dir erklären:<br />
__________________________<br />
Immer ist an den Landungsbrücken etwas los: Touristen und <strong>Hamburg</strong>er gehen bei<br />
fast jedem Wetter dort spazieren, Musiker spielen Seemannslieder und die vielen<br />
kleinen Restaurants laden zu einem Imbiss ein.<br />
___________________________<br />
Mir gefallen die Landungsbrücken aber besonders deshalb, weil sie schon fast 200<br />
Jahre alt sind! Die schönen alten Gebäude mit ihren Verzierungen finde ich schön.<br />
Auch der Alte Elbtunnel, durch den man auf die andere Seite der Elbe spazieren<br />
kann, fasziniert mich bei jedem Besuch.<br />
___________________________<br />
Die Landungsbrücken sind außerdem sehr leicht zu erreichen: Mit der U3 fahre ich<br />
bis zur Haltestelle Landungsbrücken und gehe über die große Brücke – schon bin ich<br />
da!<br />
___________________________<br />
Ich sehe die vielen kleinen und einige große Schiffe. Unten am Wasser ist der<br />
Fähranleger. Hier kann ich mit der HVV-Fähre auf der Elbe fahren. Im Sommer kann<br />
ich draußen an Deck sitzen und die Sonne genießen. Im Winter, wenn es zu kalt und<br />
windig ist, kann ich auch unter Deck <strong>im</strong> Warmen aus dem Fenster schauen. Ich liebe<br />
es, mit dem Schiff zu fahren. Vom Wasser aus sehe ich wieder die<br />
Landungsbrücken, dann auch den Michel und die Baustelle der Elbphilharmonie.<br />
Nun weißt du, weshalb die Landungsbrücken mein Lieblingsort in <strong>Hamburg</strong> sind.<br />
Welches ist dein Lieblingsort?<br />
XXV
Satzanfänge als Schreibhilfe für die Texte „Mein Lieblingsort in <strong>Hamburg</strong>“:<br />
XXVI
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
5<br />
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20<br />
21<br />
Das 16. Jahrhundert: Der Kakao kommt nach Europa<br />
Die Maya und andere Indianerstämme in Mittelamerika<br />
tranken schon vor über 2000 Jahren Kakao. Er bestand aus<br />
Wasser, gemahlenen Kakaobohnen und Gewürzen. Er war<br />
bitter.<br />
Als erster Europäer lernte der Spanier Christoph Kolumbus<br />
Kakao kennen. 1502 plünderte er mit seinen Männern ein<br />
Kanu der Maya. Kolumbus nahm die Menschen gefangen<br />
und brachte die Ladung auf seine Karavelle. Die Ladung<br />
bestand zum Teil aus Kakaobohnen. Die Kakaobohnen<br />
waren für die Maya wertvoll.<br />
1521 eroberten die Spanier das Aztekenreich. Sie erkannten<br />
den Wert der Kakaobohnen und nannten sie „braunes Gold“.<br />
Die Spanier nutzten die Bohnen aber nur als Zahlungsmittel<br />
und tranken den bitteren Kakao der Maya nicht.<br />
Im Jahr 1544 besuchten Mönche und adlige Maya Prinz<br />
Philipp von Spanien. Die Besucher schenkten Prinz Philipp<br />
eine Flasche von ihrem bitteren, schaumigen Kakaogetränk.<br />
So kam der Kakao zum ersten Mal nach Europa.<br />
Im Jahre 1585 kam die erste Schiffsladung Kakaobohnen in<br />
Spanien an. Nun tranken <strong>im</strong>mer mehr adlige Spanier das<br />
Kakaogetränk. Sie süßten ihr Kakao-Wasser mit Zucker.<br />
Die Maya waren<br />
Indianerstämme, die lange<br />
in Mittelamerika lebten.<br />
Kolumbus trifft auf Kakao.<br />
das Kanu<br />
XXVII<br />
die Karavelle<br />
Das Aztekenreich lag <strong>im</strong><br />
heutigen Mexiko.<br />
„braunes Gold“: Die<br />
Kakaobohnen dienten als<br />
Zahlungsmittel.<br />
adlig: mächtig, oft reich z.B.<br />
Könige, Fürsten und Grafen.
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
5<br />
6<br />
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21<br />
Das 16. Jahrhundert: Der Kakao kommt nach Europa<br />
Die Maya und andere Indianerstämme in Mittelamerika<br />
tranken schon vor über 2000 Jahren Kakao. Dieser war<br />
aber bitter, weil er aus Wasser, gemahlenen Kakaobohnen<br />
und Gewürzen bestand, die zu einem Schaum verquirlt<br />
wurden.<br />
Christoph Kolumbus war der erste Europäer, der auf<br />
Kakao traf. Er reiste 1502 zum vierten Mal nach<br />
Mittelamerika. Dort traf er auf ein voll beladenes<br />
Handelskanu der Maya. Kolumbus und seine Männer<br />
nahmen die Menschen gefangen und brachten die Ladung<br />
auf ihre Karavelle. Die Maya bückten sich nach jeder<br />
Kakaobohne, die herunterfiel. Kolumbus verstand ihre<br />
Sprache nicht und wusste deshalb nicht, warum die<br />
Bohnen für die Maya so wertvoll waren. Kolumbus selbst<br />
hat nie Kakao probiert.<br />
Um das Jahr 1517 besetzten die Spanier Yucatán. Der<br />
Spanier Hernán Cortés begann <strong>im</strong> Jahre 1519 mit der<br />
Eroberung des Aztekenreiches. Im Jahre 1521 siegten die<br />
Spanier. Sie erkannten den Wert der Kakaobohnen und<br />
nannten sie „braunes Gold“. Die spanischen Eroberer<br />
waren begeistert von dem Zahlungsmittel „Kakaobohne“<br />
Die Maya waren<br />
Indianerstämme, die lange in<br />
Mittelamerika lebten.<br />
Ein Handelskanu ist ein<br />
Kanu, auf dem Waren<br />
transportiert werden.<br />
die Karavelle<br />
Yucatán: Teil des heutigen<br />
Mexikos, in dem vor 500<br />
Jahren die Maya lebten.<br />
XXVIII
22<br />
23<br />
24<br />
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26<br />
27<br />
28<br />
29<br />
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31<br />
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35<br />
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37<br />
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40<br />
41<br />
42<br />
und die Bohnen interessierten sie zuerst nur als Währung.<br />
Sie bauten Kakao an, tranken das bittere Getränk jedoch<br />
nicht.<br />
Nach Europa kam der Kakao zum ersten Mal <strong>im</strong> Jahr<br />
1544. In Guatemala lebten zu der Zeit spanische<br />
Dominikaner Mönche friedlich bei den Maya. Im Jahre<br />
1544 reisten einige dieser Mönche zusammen mit adligen<br />
Maya an den spanischen Königshof von Prinz Philipp und<br />
brachten ihm viele Geschenke mit. Bis heute gibt es eine<br />
Liste der Geschenke: Tongefäße, Bohnen, Mais,<br />
verschiedene Chilisorten und Gefäße mit geschlagener<br />
Schokolade.<br />
Es dauerte aber noch einige Zeit bis der Handel mit<br />
Kakaobohnen in Spanien begann. Die erste Schiffsladung<br />
Kakao aus Mittelamerika kam erst <strong>im</strong> Jahre 1585 in<br />
Spanien an. Nach und nach wurde das Getränk, das die<br />
Spanier mit Zucker süßten, zum beliebten Getränk am<br />
spanischen Königshof und be<strong>im</strong> spanischen Adel. Die<br />
heiße Schokolade wurde schließlich zu einer Art<br />
spanischem Nationalgetränk und gehört noch heute zum<br />
traditionellen spanischen Frühstück.<br />
Die Kakaobohnen dienten als<br />
Zahlungsmittel (=Währung).<br />
Die Dominikaner Mönche<br />
sind katholische Geistliche.<br />
Sie wollten die Menschen in<br />
Guatemala und in vielen<br />
anderen Ländern auch zum<br />
katholischen Glauben bringen.<br />
geschlagene Schokolade:<br />
Getränk aus Wasser,<br />
gemahlenen Kakaobohnen<br />
und Gewürzen, die schaumig<br />
gerührt wurden<br />
der Handel: Bei jedem Handel<br />
werden Waren getauscht,<br />
verkauft oder gekauft.<br />
Die Adligen trinken heiße<br />
Schokolade.<br />
XXIX
Satzanfänge als Hilfen zum Feedback zu Präsentationen:<br />
XXX
Anleitung und Hilfe zum Textschreiben (nachdem wir gemeinsam Argumente in einer<br />
Tabelle gesammelt und die SuS eine Fishbowl-Diskussion gemacht haben):<br />
XXXI
E. Auszug Schülerakte Tom<br />
XXXII
XXXIII
F. Zwischenstandsbericht Sachunterricht<br />
Referendar Stärken und Kompetenzen<br />
Kirsten Nath<br />
Basis der<br />
Bewertung:<br />
• Hospi: 23.2.10<br />
• KGH aktiv:<br />
25.6.10<br />
• KGH passiv:<br />
26.03.2010<br />
30.4.10<br />
• Mailverkehr<br />
• Seminararbeit<br />
• Datei „Auf den<br />
Spuren meiner<br />
Klasse“<br />
• freundliche,<br />
zugewandte, rollenklar<br />
auftretende,<br />
humorvolle<br />
Lehrerpersönlichkeit<br />
• Prozesssteuerung (z.B.<br />
klare Ansagen,<br />
Zeitvorgaben,<br />
Visualisierungen,<br />
Phasentrenner,<br />
Stundentransparenz)<br />
• Gesprächsführung<br />
(Meldekette, <strong>im</strong><br />
Unterrichtsgespräch,<br />
in (Rückführung aufs<br />
Thema,<br />
Zusammenfassungen,<br />
Redundanzen, Bezug<br />
nehmen der Schüler<br />
untereinander)<br />
• Nutzung sinnvoller<br />
Regeln und Rituale<br />
• Ansätze von<br />
Differenzierung<br />
• Ansätze von<br />
kooperativen<br />
Lernformen<br />
(Gruppenarbeit <strong>im</strong><br />
Aufbau)<br />
Wichtigste Themen /<br />
Ziele für die Weiterarbeit<br />
• Aufmerksamkeit<br />
aller herstellen und<br />
erhalten<br />
• schrittweise,<br />
reflektierte<br />
Einführung von<br />
Methoden (z.B.<br />
Informationsentnah<br />
me aus Büchern,<br />
Platzdeckchen)<br />
• Beschäftigung mit<br />
und Erprobung von<br />
Formen der<br />
Ergebnissicherung<br />
• Feedbacksystem<br />
aufbauen (z.B.<br />
bewusste Nutzung<br />
des Feedbacks zur<br />
Weiterentwicklung<br />
kooperativer<br />
Lernformen); mehr<br />
verhaltenssteuernde,<br />
lobende, zeitnahe<br />
Feedbacks an<br />
Schüler geben<br />
• <strong>Sprachförderung</strong><br />
integrieren (z.B.<br />
systematischer<br />
Aufbau des<br />
Fachwortschatzes,<br />
Satzanfänge<br />
vorgeben, …)<br />
• Ausbau der<br />
Differenzierung<br />
Sonstige<br />
Anmerkungen<br />
• Sehr<br />
zuverlässig<br />
• Kontinuierliche<br />
und sehr<br />
engagierte<br />
Mitarbeit <strong>im</strong><br />
Seminar<br />
• Gute<br />
Reflektionsko<br />
mpetenz, die<br />
besonders in<br />
den<br />
schriftlichen<br />
Stundenauswer<br />
tungen deutlich<br />
wird<br />
• Reflexionsverh<br />
alten in KGH<br />
sensibel und<br />
konstruktiv<br />
• Sehr gute<br />
Beschreibung<br />
der<br />
Entwicklungsst<br />
ände der<br />
Schüler<br />
XXXIV
G. Lernplakate Kakao und Schokolade<br />
XXXV
Eidesstattliche Erklärung<br />
Ich versichere, dass ich diese Arbeit ohne fremde Hilfe verfasst und mich dabei<br />
anderer als der angegebenen Hilfsmittel nicht bedient habe.<br />
Mit einer späteren Ausleihe der Arbeit bin ich einverstanden.<br />
<strong>Hamburg</strong>, den<br />
Kirsten Nath<br />
XXXVI