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allerlei Sittlichkeitsprobleme streifte, zu <strong>de</strong>ren Lösung er<br />
sich, als geborener Berliner, beson<strong>de</strong>rs berufen fühlte. Die<br />
Majorin gab ihm dann einen Tipp mit <strong>de</strong>m Finger und flüsterte<br />
ihm etwas zu, das vierzig Jahre früher be<strong>de</strong>nklich<br />
gewesen wäre, jetzt aber – bei<strong>de</strong> renommierten beständig<br />
mit ihrem Alter – nur Heiterkeit weckte. Meist waren es<br />
harmlose Sentenzen aus Büchmann o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re geflügelte<br />
Worte, <strong>de</strong>nen erst <strong>de</strong>r Ton, aber dieser oft sehr entschie<strong>de</strong>n,<br />
<strong>de</strong>n erotischen Charakter aufdrückte.<br />
»Sagen Sie, cher Treibel«, hob die Ziegenhals an, »wie<br />
kommen Sie zu <strong>de</strong>m Gespenst da drüben; er scheint noch<br />
ein Vorachtundvierziger; das war damals die Epoche <strong>de</strong>s<br />
son<strong>de</strong>rbaren Leutnants, aber dieser übertreibt es. Karikatur<br />
durch und durch. Entsinnen Sie sich noch eines Bil<strong>de</strong>s aus<br />
jener Zeit, das <strong>de</strong>n Don Quixote mit einer langen Lanze darstellte,<br />
dicke Bücher rings um sich her? Das ist er, wie er leibt<br />
und lebt.«<br />
Treibel fuhr mit <strong>de</strong>m linken Zeigefinger am Innenrand<br />
seiner Krawatte hin und her und sagte: »Ja, wie ich zu ihm<br />
komme, meine Gnädigste. Nun, je<strong>de</strong>nfalls mehr <strong>de</strong>r Not gehorchend<br />
als <strong>de</strong>m eigenen Triebe. Seine gesellschaftlichen<br />
Meriten sind wohl eigentlich gering und seine menschlichen<br />
wer<strong>de</strong>n dasselbe Niveau haben. Aber er ist ein Politiker.«<br />
»Das ist unmöglich. Er kann doch nur als Warnungsschatten<br />
vor <strong>de</strong>n Prinzipien stehen, die das Unglück haben,<br />
von ihm vertreten zu wer<strong>de</strong>n. Überhaupt, Kommerzienrat,<br />
warum verirren Sie sich in die Politik? Was ist die Folge? Sie<br />
ver<strong>de</strong>rben sich Ihren guten Charakter, Ihre guten Sitten und<br />
Ihre gute Gesellschaft. Ich höre, daß Sie für Teupitz-Zossen<br />
kandidieren wollen. Nun meinetwegen. Aber wozu? Lassen<br />
Sie doch die Dinge gehen. Sie haben eine charmante Frau,<br />
gefühlvoll und hochpoetisch, und haben eine Villa wie diese,<br />
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