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Sozialdemokratie an der Saar - Stiftung Demokratie Saarland

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150 Jahre<br />

<strong>Sozialdemokratie</strong><br />

<strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong><br />

Joachim Heinz<br />

H<strong>an</strong>s-Joachim Kühn<br />

Dialog 21


STIFTUNG DEMOKRATIE SAARLAND<br />

DIALOG 21<br />

Joachim Heinz, H<strong>an</strong>s-Joachim Kühn<br />

150 Jahre<br />

<strong>Sozialdemokratie</strong><br />

<strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong><br />

Begleitheft zur gleichnamigen<br />

von Joachim Heinz und H<strong>an</strong>s-Joachim Kühn<br />

unter Mitwirkung von Bernd Rauls, Carmen Oschm<strong>an</strong>n und Rudolf Strumm<br />

erarbeiteten Ausstellung<br />

<strong>Saar</strong>brücken 2013<br />

3


Impressum:<br />

Impressum:<br />

Dialog ist eine Reihe <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Demokratie</strong> <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>d.<br />

Die Reihe k<strong>an</strong>n bezogen werden von <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Demokratie</strong> <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>d<br />

Bismarckstraße 99, 66121 <strong>Saar</strong>brücken,<br />

Telefon (0681) 906260, Telefax (0681) 9062625<br />

Gestaltung, Satz und Druck: Unionprint GmbH, <strong>Saar</strong>brücken<br />

4


Inhalt<br />

Inhalt<br />

5<br />

Seite<br />

Vorwort Friedel Läpple 7<br />

Grußwort Heiko Maas 9<br />

Einführung 11<br />

150 Jahre <strong>Sozialdemokratie</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong> – Erläuterungen 13<br />

Eröffnungstafel 41<br />

Die Gründungsphase 43<br />

Die Anfänge <strong>der</strong> SPD-<strong>Saar</strong> 46<br />

(Anti-)Sozialistengesetze 49<br />

Aufschwung und terra incognita 52<br />

<strong>Saar</strong>abien 55<br />

„Zerbrecht die Sklavenfessel, macht Euch frei!“ 58<br />

Reichstagswahl am 12. J<strong>an</strong>uar 1912 61<br />

Das <strong>Saar</strong>gebiet entsteht – (1920 bis 1935) 64<br />

Die SPD-<strong>Saar</strong> in den 20er Jahren… 67<br />

Die Arbeiterkulturbewegung 70<br />

Die Arbeiterwohlfahrt 73<br />

Die SPD-<strong>Saar</strong> vor 1933 76<br />

Nie zu Hitler 79<br />

Die Einheitsfront gegen Hitler 82<br />

Die <strong>Saar</strong> im Dritten Reich: Ausgrenzung und Kriegswirtschaft 85<br />

Die <strong>Saar</strong> im Dritten Reich: Verfolgung und Wi<strong>der</strong>st<strong>an</strong>d 88<br />

Demokratischer Neubeginn: Die SPS 91<br />

Errungenschaften und Krise <strong>der</strong> SPS 94<br />

Der Kampf um das <strong>Saar</strong>statut 97<br />

Der Weg nach oben 100<br />

Die SPD <strong>an</strong> <strong>der</strong> Regierung 103<br />

Gesichter <strong>der</strong> <strong>Saar</strong>-SPD von 1952 bis heute 106<br />

Zeittafel zur Geschichte <strong>der</strong> SPD <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong> 111<br />

Abbildungsnachweis 118<br />

Literatur in Auswahl 122


Damit<br />

unsere<br />

<strong>Demokratie</strong><br />

lebendig<br />

bleibt…<br />

Bismarckstraße 99, 66121 <strong>Saar</strong>brücken,<br />

Telefon (0681) 906260 , Telefax (0681) 9062625<br />

6


Vorwort<br />

Vorwort<br />

Friedel Friedel Läpple<br />

Läpple<br />

Am 23. Mai 2013 wird die deutsche <strong>Sozialdemokratie</strong><br />

150 Jahre alt: An eben diesem 23. Mai 1863 wurde in<br />

Leipzig <strong>der</strong> Allgemeine Deutsche Arbeiterverein gegründet,<br />

in dessen kontinuierlicher Linie die Sozialdemokratische<br />

Partei Deutschl<strong>an</strong>ds steht.<br />

Wie kein <strong>an</strong><strong>der</strong>er L<strong>an</strong>desverb<strong>an</strong>d ist die Geschichte <strong>der</strong><br />

<strong>Sozialdemokratie</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong> durch Son<strong>der</strong>entwicklungen<br />

geprägt. Dies ist <strong>der</strong> Hintergrund für die <strong>Stiftung</strong> <strong>Demokratie</strong> <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>d, die sich<br />

seit ihrer Gründung den Grundwerten <strong>der</strong> <strong>Sozialdemokratie</strong> und <strong>der</strong> Arbeiterbewegung<br />

verbunden fühlt, diese einzigartige Geschichte in gebühren<strong>der</strong> Art und Weise in<br />

Erinnerung zu rufen. So soll im Rahmen einer auf fünf Bände <strong>an</strong>gelegten Schriftenreihe<br />

die Geschichte <strong>der</strong> <strong>Sozialdemokratie</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong> von den Anfängen bis zur Gegenwart<br />

auf wissenschaftlicher Grundlage beschrieben werden. Darüber hinaus wird eine<br />

23 Tafeln umfassende Ausstellung Zeugnis ablegen über die Geschichte <strong>der</strong> ältesten<br />

demokratischen Partei in unserem Bundesl<strong>an</strong>d. Das vorliegende Begleitheft zur Ausstellung<br />

gibt in aller Kürze präzise Erläuterungen zu zeitgeschichtlichen Hintergründen<br />

und zu den auf den Tafeln verwendeten Abbildungsmaterialien.<br />

Mit dieser Ausstellung wollen wir einem interessierten Publikum Entstehung und<br />

Entwicklung <strong>der</strong> <strong>Sozialdemokratie</strong> in <strong>Saar</strong>region, <strong>Saar</strong>gebiet und <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>d <strong>an</strong>schaulich<br />

vor Augen führen. Anh<strong>an</strong>d zahlreicher zeitgenössischer Bil<strong>der</strong>, Fotografien, Tabellen,<br />

Grafiken und Textdokumenten werden einzelne Details optisch <strong>an</strong>sprechend präsentiert.<br />

Die Ausstellung zeichnet einzelne Stationen des beson<strong>der</strong>en saarländischen<br />

Weges im Kampf <strong>der</strong> sozialdemokratischen Bewegung um soziale Gerechtigkeit, Freiheit<br />

und <strong>Demokratie</strong> nach.<br />

Ich d<strong>an</strong>ke den Ausstellungsmachern: Joachim Heinz und Dr. H<strong>an</strong>s-Joachim Kühn, die<br />

für die Inhalte ver<strong>an</strong>twortlich zeichnen. Mein D<strong>an</strong>k gilt aber auch <strong>der</strong> übrigen Redaktion<br />

Rudolf Strumm, Bernd Rauls und insbeson<strong>der</strong>e Carmen Oschm<strong>an</strong>n, die die Ausstellung<br />

grafisch gestaltet hat.<br />

Es würde mich sehr freuen, wenn die gelungene Präsentation <strong>an</strong> vielen Orten innerhalb<br />

und außerhalb unserer Region gezeigt würde. Unser Ziel ist es insbeson<strong>der</strong>e<br />

auch bei einem jungen Publikum, das Bewusstsein für eine große Tradition wach zu<br />

rufen, für die es sich auch in Zukunft zu engagieren lohnt.<br />

Friedel Friedel Läpple<br />

Läpple<br />

<strong>Stiftung</strong> <strong>Demokratie</strong> <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>d<br />

7


Grußwort<br />

Grußwort<br />

Heiko Heiko Maas<br />

Maas<br />

Am 23. Mai diesen Jahres feiert die Sozialdemokratische<br />

Partei Deutschl<strong>an</strong>ds ihr 150jähriges Jubiläum. In<br />

dem Zeitraum seit 1863 hat die SPD sämtliche Höhen<br />

und Tiefen <strong>der</strong> deutschen Geschichte, mit zwei Weltkriegen,<br />

<strong>der</strong> NS-Herrschaft, dem Kalten Krieg bis hin<br />

zur Deutschen Einheit miterlebt. In all diesen Jahren<br />

hat sich die <strong>Sozialdemokratie</strong> zum Wohle <strong>der</strong> Menschen<br />

in unserem L<strong>an</strong>d stark gemacht. Damals wie heute<br />

gelten für uns dabei Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität als H<strong>an</strong>dlungsmaßstäbe.<br />

Auch die Entwicklung und die Geschichte <strong>der</strong> <strong>Sozialdemokratie</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong> wurden<br />

von g<strong>an</strong>z beson<strong>der</strong>en historischen Ereignissen geprägt, welche mit <strong>der</strong> Rolle des<br />

<strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>des in den verg<strong>an</strong>genen 150 Jahren zusammenhängen. Vor diesem Hintergrund<br />

freue ich mich g<strong>an</strong>z beson<strong>der</strong>s und bin sehr stolz darauf, dass es im Jubiläumsjahr<br />

<strong>der</strong> SPD erstmals eine Ausstellung mit dem Titel „150 Jahre <strong>Sozialdemokratie</strong> <strong>an</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Saar</strong>“ geben wird.<br />

Auf 23 Tafeln wird die W<strong>an</strong><strong>der</strong>ausstellung „150 Jahre <strong>Sozialdemokratie</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong>“<br />

erstmals alle wesentlichen Facetten <strong>der</strong> saarländischen <strong>Sozialdemokratie</strong> einschließlich<br />

<strong>der</strong> Arbeiterkulturbewegung darstellen. So erhalten die Besucher Informationen<br />

über die Gründungsphase und die Anfänge <strong>der</strong> SPD <strong>Saar</strong>, die Zeit des ersten Weltkriegs,<br />

die Entstehung des <strong>Saar</strong>gebiets und die schweren Jahre <strong>der</strong> Sozialdemokraten<br />

in <strong>der</strong> NS-Herrschaft unter Hitler. Weiterhin zeigt die Ausstellung, wie sich die SPD<br />

<strong>Saar</strong> als mitglie<strong>der</strong>stärkste Partei im <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>d nach dem zweiten Weltkrieg entwickelt<br />

hat und stellt dem Besucher dabei die entscheidenden Personen von damals und<br />

heute vor.<br />

Damit eine solch umfassende Ausstellung gezeigt werden k<strong>an</strong>n, bedarf es einer Vielzahl<br />

von engagierten und tatkräftigen Helferinnen und Helfern. Aus diesem Grund<br />

möchte ich allen <strong>an</strong> <strong>der</strong> Ausstellung „150 Jahre <strong>Sozialdemokratie</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong>“ Beteiligten,<br />

sowie den zahlreichen Unterstützerinnen und Unterstützern recht herzlich für<br />

ihren Einsatz und das mit eingebrachte Herzblut d<strong>an</strong>ken. Ohne Sie wäre das alles<br />

nicht möglich gewesen. G<strong>an</strong>z beson<strong>der</strong>s möchte ich <strong>an</strong> dieser Stelle <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong><br />

<strong>Demokratie</strong> <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>d und <strong>der</strong> Historischen Kommission <strong>der</strong> SPD <strong>Saar</strong> für ihre Arbeit<br />

d<strong>an</strong>ken.<br />

Heiko Heiko Maas<br />

Maas<br />

L<strong>an</strong>desvorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> SPD <strong>Saar</strong><br />

9


Einführung<br />

Einführung<br />

Mit <strong>der</strong> Ausstellung „150 Jahre <strong>Sozialdemokratie</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong>“ wird erstmals ein Gesamtüberblick<br />

über die wesentlichen Phasen <strong>der</strong> saarländischen <strong>Sozialdemokratie</strong><br />

gegeben, <strong>der</strong>en Geschichte über viele Jahre Son<strong>der</strong>entwicklungen gegenüber <strong>der</strong><br />

Geschichte <strong>der</strong> reichs- und bundesdeutschen <strong>Sozialdemokratie</strong> unterworfen war.<br />

Bis 1933 waren neben <strong>der</strong> SPD auch die freien Gewerkschaften und die Arbeiterkulturbewegung<br />

Teil <strong>der</strong> deutschen sozialistischen Arbeiterbewegung, sodass auch auf diese<br />

Org<strong>an</strong>isationen in <strong>an</strong>gemessenem Umf<strong>an</strong>g einzugehen war. Bernd Rauls und Rudolf<br />

Strumm gehörten wie Carmen Oschm<strong>an</strong>n zum Ausstellungsteam, das die Konzeption<br />

und die Entstehung von Ausstellung und Begleitheft in vielen Besprechungen<br />

unterstützend begleitet hat, wobei Carmen Oschm<strong>an</strong>n <strong>der</strong> D<strong>an</strong>k für die graphische<br />

Gestaltung <strong>der</strong> Ausstellung gilt. D<strong>an</strong>k gebührt auch vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern<br />

folgen<strong>der</strong> Archive und Bibliotheken, die mit Kompetenz und Hilfsbereitschaft<br />

bei <strong>der</strong> Beschaffung von Fotos und <strong>an</strong><strong>der</strong>en Abbildungsmaterialien wesentlich zum<br />

Gelingen <strong>der</strong> Ausstellung beigetragen haben: L<strong>an</strong>desarchiv <strong>Saar</strong>brücken, Stadtarchiv<br />

<strong>Saar</strong>brücken, Archiv des L<strong>an</strong>dtags des <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>des, <strong>Saar</strong>brücker Zeitung, Historisches<br />

Museum <strong>Saar</strong>, Internationales Institut für Sozialgeschichte Amsterdam, Archiv <strong>der</strong> sozialen<br />

<strong>Demokratie</strong> <strong>der</strong> Friedrich-Ebert-<strong>Stiftung</strong> Bonn, Bibliothek <strong>der</strong> Friedrich-Ebert-<br />

<strong>Stiftung</strong> Bonn, <strong>Saar</strong>ländische Universitäts- und L<strong>an</strong>desbibliothek. Herrn Konsul a. D.<br />

Harry Walter, Neuss, gilt <strong>der</strong> D<strong>an</strong>k für zwei Abdruckgenehmigungen.<br />

D<strong>an</strong>k gilt auch <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Demokratie</strong> <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>d, ohne <strong>der</strong>en Fin<strong>an</strong>zierung hätten<br />

Ausstellung und Begleitheft nicht verwirklicht werden können. Das Begleitheft bildet<br />

die Ausstellungstafeln jeweils auf drei Seiten nach, so dass Besucher/innen <strong>der</strong> Ausstellung<br />

sich auch später nochmals <strong>der</strong>en Inhalte genau vor Augen führen können.<br />

Das Begleitheft zur Ausstellung k<strong>an</strong>n kein Geschichtsbuch über 150 Jahre Entwicklung<br />

<strong>der</strong> <strong>Sozialdemokratie</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong> sein. Es gibt in aller Kürze präzise Erläuterungen<br />

zu zeitgeschichtlichen Hintergründen und zu den auf den Tafeln verwendeten<br />

Abbildungsmaterialien.<br />

Für weitere Hintergründe sei verwiesen auf die mehrbändige „Geschichte <strong>der</strong> sozialdemokratischen<br />

Bewegung <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong> von den Anfängen bis ins 21. Jahrhun<strong>der</strong>t“,<br />

herausgegeben von Reinhard Klimmt, Wilfried Busem<strong>an</strong>n, Joachim Heinz, Bernd Rauls,<br />

Rudolf Strumm. Der B<strong>an</strong>d 3 (Wilfried Busem<strong>an</strong>n, Den eigenen Weg gehen. Die Selbstfindung<br />

<strong>der</strong> <strong>Sozialdemokratie</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong> 1945 bis 1968) erscheint im Sommer 2013.<br />

<strong>Saar</strong>brücken, im März 2013<br />

Joachim Heinz H<strong>an</strong>s-Joachim Kühn<br />

11


150 150 Jahre<br />

Jahre<br />

<strong>Sozialdemokratie</strong> <strong>Sozialdemokratie</strong> <strong>an</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong> <strong>Saar</strong> –<br />

–<br />

Erläuterungen Erläuterungen zur zur Ausstellung<br />

Ausstellung<br />

23. 23. Mai Mai 1863<br />

1863<br />

Der 23. Mai 1863 gilt als <strong>der</strong> Gründungstag <strong>der</strong> Sozialdemokratischen Partei Deutschl<strong>an</strong>ds;<br />

in Leipzig wurde damals auf Vorschlag von Ferdin<strong>an</strong>d Lassalle <strong>der</strong> Allgemeine<br />

Deutsche Arbeiter-Verein (ADAV) gegründet und er selbst zum ersten Präsidenten<br />

gewählt.<br />

Die Die Bewegung Bewegung ist ist älter<br />

älter<br />

Unbestritten ist, dass die ideologischen Wurzeln und auch die personellen Verknüpfungen<br />

des ADAV auf die Revolution 1848/49 zurückgreifen. Die auf Tafel 1 oben<br />

abgebildete Traditionsfahne des ADAV,<br />

die zum zehnjährigen Gründungsdatum<br />

1873 entst<strong>an</strong>d, spielt durch den in <strong>der</strong><br />

Mitte <strong>der</strong> Fahne abgebildeten H<strong>an</strong>dschlag<br />

auf die 1848 von Steph<strong>an</strong> Born gegründete<br />

Allgemeine Deutsche Arbeiterverbrü<strong>der</strong>ung<br />

<strong>an</strong>, die den H<strong>an</strong>dschlag als Symbol<br />

<strong>der</strong> Stärke und <strong>der</strong> Einheit verw<strong>an</strong>dte.<br />

Aber auch die im Vormärz im Ausl<strong>an</strong>d<br />

(Schweiz, Fr<strong>an</strong>kreich Belgien, Engl<strong>an</strong>d)<br />

entst<strong>an</strong>denen Vereine w<strong>an</strong><strong>der</strong>n<strong>der</strong> deutscher<br />

H<strong>an</strong>dwerkergesellen und emigrierter<br />

Intellektueller, wie z.B. Bund <strong>der</strong> Geächteten,<br />

Bund <strong>der</strong> Gerechten und <strong>der</strong><br />

Bund <strong>der</strong> Kommunisten gehören zum<br />

„Vorhofflimmern 1 <strong>der</strong> deutschen Arbeiterbewegung<br />

und <strong>der</strong> SPD.<br />

Die Hoffnungen Lassalles, <strong>der</strong> 1864 <strong>an</strong><br />

den Folgen von Verletzungen, die er sich<br />

bei einem Duell zugezogen hatte, starb,<br />

auf ein schnelles Wachstum <strong>der</strong> neuen<br />

Partei erfüllten sich nicht. Zahlreiche Arbeitervereine<br />

in Deutschl<strong>an</strong>d, u.a. auch<br />

August Bebel mit seinem gewerblichen<br />

13<br />

SPD-Mitgliedsbuch von Wilhelm Lawall, geboren am<br />

27. 04. 1908, OV Dudweiler, Beitritt am 01. 07. 1925.<br />

Wilhelm Lawall war 1947 Mitglied bzw. stellvertretendes<br />

Mitglied <strong>der</strong> Verfassungskommission des<br />

<strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>des.<br />

1) M<strong>an</strong>uel Gogos, Vorhofflimmern – Charisma und Charismatiker <strong>der</strong> frühen Arbeiterbewegung, in: Anja Kruke/Meik Woyke<br />

(Hrsg.) Deutsche <strong>Sozialdemokratie</strong> in Bewegung 1848-1863-2013, Berlin 2012, S.16-27


Bildungsverein in Leipzig, schlossen sich dem ADAV nicht <strong>an</strong>. Machtkämpfe im ADAV<br />

in <strong>der</strong> Nachfolge Lassalles führten zu Abspaltungen. Autoritäre Führungsstrukturen im<br />

ADAV schreckten zusätzlich zahlreiche Arbeiter von <strong>der</strong> Mitgliedschaft ab. Politisch<br />

spalteten Streitpunkte über die Rolle <strong>der</strong> Gewerkschaften o<strong>der</strong> die Frage nach <strong>der</strong><br />

nationalen Ausrichtung des Deutschen Reiches (mit o<strong>der</strong> ohne Österreich) die deutsche<br />

Arbeiterbewegung. 1869 entst<strong>an</strong>d in Eisenach mit <strong>der</strong> von August Bebel und<br />

Wilhelm Liebknecht gegründeten Sozialdemokratischen Arbeiterpartei (SDAP) eine<br />

zweite sozialdemokratische Partei, die<br />

Spaltung vertiefte sich. Mit <strong>der</strong> „kleindeutschen“<br />

Gründung des Deutschen<br />

Reiches 1871 fiel ein wesentlicher Streitpunkt<br />

zwischen den konkurrierenden<br />

Parteien weg. Vor allem aber die Erfahrungen<br />

<strong>der</strong> Unterdrückung durch staatliche<br />

Behörden, gesetzliche Maßnahmen<br />

und Unternehmerwillkür, die für beide<br />

Parteien gleich waren, ließ den Ruf nach<br />

Parteieinheit bei den Arbeitern immer<br />

deutlicher werden. Im Mai 1875 wurde<br />

schließlich auf dem Einigungsparteitag in<br />

Gotha die Sozialistische Arbeiterpartei<br />

(SAP) gegründet. Das Gedenkblatt zum<br />

Gothaer Einigungsparteitag (Tafel 1 Mitte)<br />

greift wie<strong>der</strong> das Symbol des H<strong>an</strong>dschlags<br />

auf - Bildmitte oben -, was hier<br />

sicherlich auf die konkrete Einigungssituation<br />

bezogen ist. Neben <strong>der</strong> namentlichen<br />

Nennung <strong>der</strong> Kongressdelegierten<br />

SPD-Mitgliedskarte von Rudolf Strumm, sen., geboren<br />

am 27. 02. 1900, OV Elversberg, Beitritt am 29.<br />

08. 1922. Er war von 1929 bis 1935 Vorsitzen<strong>der</strong> des<br />

„Arbeiter-Theater-Verein Elversberg“. Von 1945 bis<br />

1965 Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> AWO-Altenwald, zeitweise Vorsitzen<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> SPD Altenwald und Stadtrat in Sulzbach.<br />

14<br />

sind führende Funktionäre bei<strong>der</strong> Parteien<br />

abgebildet. Friedlich neben ein<strong>an</strong><strong>der</strong><br />

in <strong>der</strong> Bildmitte sind die ideologischen<br />

Väter <strong>der</strong> geeinten <strong>Sozialdemokratie</strong> abgebildet:<br />

Karl Marx und Ferdin<strong>an</strong>d Lassalle.<br />

Friedrich Engels fehlt übrigens. Dieses<br />

Bild täuscht eine (ideologische) Ein-<br />

heit vor, die es in Wirklichkeit nicht gab. Marx und Engels hatten heftige Kritik am<br />

Gothaer Programmentwurf geübt. Für die Parteieinheit erwies sich das Gothaer Programm<br />

allerdings als eine gute Grundlage, <strong>der</strong> Aufstieg <strong>der</strong> <strong>Sozialdemokratie</strong> zur<br />

Massenpartei beg<strong>an</strong>n. Rückblickend hielt Bebel in seinen Erinnerungen fest: „…es<br />

war kein leichtes Stück, mit den beiden Alten in London sich zu verständigen.“ 2<br />

Als das Erinnerungsblatt <strong>an</strong> den 50. Jahrestag <strong>der</strong> Gründung des ADAV 1903 erschien<br />

(Tafel 1 unten), war die SPD zur Massenpartei und die deutsche sozialistische Arbeiterbewegung<br />

zur Massenbewegung geworden. Am oberen Bildr<strong>an</strong>d des Erinnerungsblattes<br />

sind die ideologischen Väter Engels, Lassalle und Marx abgebildet sowie die<br />

2) August Bebel, Aus meinem Leben. Ungekürzte Ausgabe. Mit einer Einleitung von Brigitte Br<strong>an</strong>dt, Berlin Bonn 1986, S.428.<br />

Dort auch die sp<strong>an</strong>nend zu lesende Darstellung <strong>der</strong> Vorgeschichte <strong>der</strong> Einigung, S.386ff.


Namen <strong>der</strong> Gründungsmitglie<strong>der</strong> des ADAV vom 23. Mai 1863 aufgeführt. Ihrer politischen<br />

Bedeutung für die Entwicklung <strong>der</strong> SPD entsprechend sind die Porträts von<br />

Wilhelm Liebknecht und August Bebel hervorgehoben. Die Quintessenz des Kommunistischen<br />

M<strong>an</strong>ifests von 1848, „Proletarier aller Län<strong>der</strong> vereinigt Euch“ steht in großen<br />

Lettern in <strong>der</strong> Bildmitte sowohl als historischer Hinweis auf die Wurzeln <strong>der</strong> SPD<br />

als auch als aktuelle Tageslosung, alle Proletarier in <strong>der</strong> sozialistischen Bewegung zu<br />

vereinen, wovon die deutsche Arbeiterbewegung 1903 trotz des schon gewonnenen<br />

Massen<strong>an</strong>h<strong>an</strong>gs noch weit entfernt war. Dass die Arbeiterkultur, insbeson<strong>der</strong>e auch<br />

<strong>der</strong> Arbeiterges<strong>an</strong>g um die Jahrhun<strong>der</strong>twende<br />

eine große Rolle in <strong>der</strong> sozialistischen<br />

Arbeiterbewegung spielte, kommt<br />

durch das Bildnis dreier berühmter Arbeiterdichter<br />

und einem kurzen Auszug<br />

aus ihren bek<strong>an</strong>nten Lie<strong>der</strong>n (das Bundeslied<br />

von Georg Herwegh, die Arbeiter-Marsaillaise<br />

von Jakob Audorf und <strong>der</strong><br />

Sozialistenmarsch von Max Kegel) zum<br />

Ausdruck. Abgerundet wird das Erinnerungsblatt<br />

<strong>an</strong> den beiden Außenseiten<br />

mit Porträts führen<strong>der</strong> Sozialisten aus den<br />

Anf<strong>an</strong>gsjahren <strong>der</strong> Bewegung und am<br />

unteren Bildr<strong>an</strong>d mit Porträts 1903 aktuell<br />

führen<strong>der</strong> SPD-Funktionäre.<br />

Die Die Anfänge Anfänge <strong>der</strong> <strong>der</strong> SPD SPD <strong>Saar</strong><br />

<strong>Saar</strong><br />

Von <strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong> <strong>Sozialdemokratie</strong><br />

in Deutschl<strong>an</strong>d, den beiden Parteigründungen<br />

1863 und 1869 wurde in saarländischen<br />

Zeitungen zwar berichtet, das<br />

stetig wachsende Industrierevier <strong>an</strong> <strong>Saar</strong><br />

und Blies blieb aber selbst weitgehend<br />

unberührt von <strong>der</strong> neuen Bewegung. Bis<br />

Ende <strong>der</strong> 1860er Jahre sind einige Streiks<br />

und gewerkschaftliche Gründungsversuche<br />

nachweisbar. ADAV und SDAP beg<strong>an</strong>-<br />

nen zunächst vergebens ihre Fühler im <strong>Saar</strong>revier auszustrecken. Über den Versuch<br />

hinaus, Namen von vertrauenswürdigen (Berg-)Arbeitern als Ansprechpartner im <strong>Saar</strong>revier<br />

zu erhalten, ist nichts bek<strong>an</strong>nt. Als eine <strong>der</strong> ersten bek<strong>an</strong>nten nachweisbaren<br />

Aktionen gilt eine am 4. August 1872 im Baldes’schen Braustübl in <strong>der</strong> St. Joh<strong>an</strong>ner<br />

Bahnhofstraße durchgeführte öffentliche sozialdemokratische Versammlung (Tafel 2<br />

oben und Mitte). Die Anfänge <strong>der</strong> sozialdemokratischen Bewegung müssen aber schon<br />

früher liegen. Immerhin wurde die Versammlung eingeladen von einem Schreiner aus<br />

St. Joh<strong>an</strong>n, Ernst Zimmerm<strong>an</strong>n, <strong>der</strong> vorher von <strong>der</strong> Eisenbahnwerkstätte in St. Joh<strong>an</strong>n<br />

15<br />

Mitgliedsbuch <strong>der</strong> „Naturfreundeheim - eingetragene<br />

Baugenossenschaft m.b.H.“ zum Bau des Naturfreundehauses<br />

Kirkel mit Sitz in <strong>Saar</strong>brücken von Paul<br />

Trapp, <strong>Saar</strong>brücken, Beitritt am 15. 04. 1925.


Teilnehmerkarte vom Jugend-Sport-Fest des „Arbeiter-Turn-<br />

und Sportbundes, L<strong>an</strong>desverb<strong>an</strong>d <strong>Saar</strong>gebiet<br />

e.V.“ am 8. Juli 1934 in Güdingen von Herbert Veit<br />

aus Sulzbach-Altenwald.<br />

16<br />

entlassen worden war. Er muss zur Durchführung<br />

<strong>der</strong> Ver<strong>an</strong>staltung den Kontakt<br />

hergestellt haben, entwe<strong>der</strong> zum Vorst<strong>an</strong>d<br />

<strong>der</strong> SDAP o<strong>der</strong> direkt zu den beiden<br />

W<strong>an</strong><strong>der</strong>agitatoren, die aus Mainz<br />

nach St. Joh<strong>an</strong>n gekommen waren, aber<br />

darüber wissen wir nichts. Über die Versammlung<br />

wurde sowohl in saarländischen<br />

Zeitungen als auch im „Volksstaat“,<br />

<strong>der</strong> Zeitung <strong>der</strong> SDAP (Tafel 2 Mitte) ausführlich<br />

berichtet. Die beiden W<strong>an</strong><strong>der</strong>agitatoren<br />

- damals eine übliche Methode<br />

die Ideen und Ziele <strong>der</strong> <strong>Sozialdemokratie</strong><br />

zu verbreiten - Josef Leyendecker und<br />

Anton Zierfaß waren sowohl in <strong>der</strong> SDAP<br />

als auch in Gewerkschaftsorg<strong>an</strong>isationen<br />

aktiv und überregional bek<strong>an</strong>nt. Der Korrespondent<br />

des „Volksstaats“, <strong>der</strong> aus<br />

St. Joh<strong>an</strong>n berichtete, meldete, dass „die<br />

Herren Leyendecker und Zierfaß“ über die<br />

Arbeiterbewegung referierten. „Die Redner<br />

wiesen nach, wie bei den heutigen<br />

Zuständen überall das Bedürfnis und die<br />

Nothwendigkeit hervortrete, daß die Arbeiter<br />

sich zu Genossenschaften vereinigten…“<br />

und die Versammlung beschließt<br />

„sofort zur Gründung von Gewerkschaften<br />

zu schreiten …“ Nach dem<br />

Bericht im „Volksstaat“, <strong>der</strong> von Ernst Zimmerm<strong>an</strong>n stammt, erläutert Leyendecker<br />

am Beispiel eines Artikels <strong>der</strong> liberalen <strong>Saar</strong>brücker Zeitung die „Corrumpirtheit <strong>der</strong><br />

heutigen Presse“ und ging auf „eine hier stattgefundene Maßregelung resp. Entlassung<br />

...“ ein; es dürfte unstrittig sein, dass damit die Entlassung Zimmerm<strong>an</strong>ns aus<br />

<strong>der</strong> Königlich Preußischen Eisenbahnwerkstätte gemeint war. Der Redner schloss mit<br />

den Worten: „Auch hier beginnt die Dämmerung zu weichen“. In <strong>der</strong> Folgezeit lassen<br />

sich in St. Joh<strong>an</strong>n und <strong>Saar</strong>brücken, kaum darüber hinaus, kleinere Aktivitäten einer<br />

sozialdemokratischen Bewegung belegen.<br />

Die Die Reichstagswahl Reichstagswahl 1877<br />

1877<br />

Zu verstärkten, nachweisbaren Aktivitäten kam es erst 1876/77 wie<strong>der</strong>. In St. Joh<strong>an</strong>n-<br />

<strong>Saar</strong>brücken hatte sich eine kleine Parteigruppe als Verein konstituiert, dessen Vorsitzen<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> schon bek<strong>an</strong>nte Ernst Zimmerm<strong>an</strong>n war. Gleichzeitig wurde die Bewegung<br />

durch das erneute Auftreten von W<strong>an</strong><strong>der</strong>agitatoren belebt. Im Frühjahr 1876 agitierte<br />

<strong>der</strong> Uhrmacher Carl Rudolph Hackenberger in den <strong>Saar</strong>städten, wurde aber schon


ald wegen „Aufreizung zum Klassenhaß“ <strong>an</strong>geklagt und zu einem Jahr Gefängnis<br />

verurteilt. Hackenberger, <strong>der</strong> ursprünglich aus Marienburg in Westpreußen stammte<br />

und nachweislich dort schon für die <strong>Sozialdemokratie</strong> tätig war, hatte sich als Vorsitzen<strong>der</strong><br />

des Arbeiterbildungsvereins Pforzheim und als viel gefragter W<strong>an</strong><strong>der</strong>redner<br />

einen Namen gemacht. Hackenberger war auch <strong>der</strong> erste K<strong>an</strong>didat, <strong>der</strong> in einem<br />

saarländischen Reichstagswahlkreis als Zählk<strong>an</strong>didat für die <strong>Sozialdemokratie</strong> aufgestellt<br />

wurde. Der inhaftierte Hackenberger wurde im Wahlkreis <strong>Saar</strong>brücken zur Reichstagswahl<br />

vom 11. J<strong>an</strong>uar 1877 aufgestellt und erhielt im gesamten Wahlkreis 324<br />

Stimmen, 240 davon im Bereich <strong>der</strong> späteren Großstadt <strong>Saar</strong>brücken. Vereinzelte<br />

Stimmen für Hackenberger wurden aber auch in Bergarbeiterdörfern (Dudweiler, Quierschied,<br />

Püttlingen, Altenkessel und Sulzbach-Altenwald) abgegeben. Dies ließ die<br />

Königliche Bergwerksdirektion <strong>Saar</strong>brücken hellhörig werden, wollte sie doch auf<br />

jeden Fall und mit jedem Mittel ein Übergreifen <strong>der</strong> sozialdemokratischen Bewegung<br />

auf die Bergarbeiterbevölkerung verhin<strong>der</strong>n.<br />

Mitgliedskarte <strong>der</strong> „Einheitsfront für den Status Quo“ mit den Unterschriften von Max Braun (SPD) und Fritz<br />

Pfordt (KPD-<strong>Saar</strong>).<br />

Die Die Freie Freie Volksstimme<br />

Volksstimme<br />

Mit dem Zuzug des jungen, aus Braunschweig stammenden, Agitators Harry Kaulitz<br />

nach St. Joh<strong>an</strong>n im J<strong>an</strong>uar 1877 erhielt die sozialistische Bewegung <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong> eine<br />

neue Qualität. So f<strong>an</strong>d unter seiner Leitung im April 1877 erstmals eine öffentliche<br />

17


Geburtstagsfeier im Gedenken <strong>an</strong> Ferdin<strong>an</strong>d Lassalle im <strong>Saar</strong>revier statt und Kaulitz<br />

nahm im Mai 1877 als erster Delegierter aus dem <strong>Saar</strong>revier für St. Joh<strong>an</strong>n <strong>an</strong> dem<br />

Parteitag <strong>der</strong> SAP (Sozialistische Arbeiterpartei) teil. Höhepunkt und gleichzeitig Anf<strong>an</strong>g<br />

vom Ende dieser Entwicklungsphase <strong>der</strong> saarländischen <strong>Sozialdemokratie</strong> stellt<br />

die von Kaulitz und dem inzwischen aus <strong>der</strong> haft entlassenen Hackenberger gemeinsam<br />

ver<strong>an</strong>twortete Herausgabe <strong>der</strong> ersten sozialistischen Zeitung im <strong>Saar</strong>revier, „Freie<br />

Volksstimme - Org<strong>an</strong> für die Bevölkerung des <strong>Saar</strong>-Gebiets“ dar. Erstmals werden auf<br />

Tafel 2 unten komplette Seiten dieser Zeitung, Seite 1 und Seite 4 <strong>der</strong> Nr. 1 vom 1. Juli<br />

1877 nachgedruckt. Interess<strong>an</strong>t ist beson<strong>der</strong>s Seite 4. Die Versammlungs<strong>an</strong>kündigungen<br />

zeigen die große Aktionsdichte <strong>der</strong> beiden Agitatoren Kaulitz und Hackenberger.<br />

Im Zeitraum 30. Juni bis 8. Juli 1877 werden zwei Sitzungen <strong>der</strong> „Preß-Commission“<br />

<strong>der</strong> „Freie Volksstimme“ und fünf öffentliche Versammlungen <strong>an</strong>gekündigt. Überraschend<br />

ist die hohe Anzahl von Anzeigen lokaler Gewerbetreiben<strong>der</strong>. Zehn Annoncen<br />

von Geschäftsleuten aus St. Joh<strong>an</strong>n, <strong>Saar</strong>brücken und Malstatt-Burbach sind abgedruckt.<br />

Teilweise lassen sich die Geschäftsleute als aktive Sozialdemokraten und<br />

Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> „Preß-Commission“ identifizieren. Das Erscheinen <strong>der</strong> Zeitung „Freie<br />

Volksstimme“, aber auch <strong>der</strong> Versuch <strong>der</strong> <strong>Sozialdemokratie</strong>, ihre Versammlungen auf<br />

die Wohnorte <strong>der</strong> Bergleute auszudehnen, rief den konzertierten Wi<strong>der</strong>st<strong>an</strong>d staatlicher<br />

Behörden und großer saarländischer Arbeitgeber gegen die <strong>Sozialdemokratie</strong> <strong>an</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>Saar</strong> hervor.<br />

Mitgliedsbuch <strong>der</strong> „Union des Réfugiés Sarrois en Fr<strong>an</strong>ce“ (Vereinigung <strong>der</strong> <strong>Saar</strong>-Flüchtlinge in Fr<strong>an</strong>kreich) von<br />

Wilhelm Lawall, Verwaltungssekretär aus Dudweiler. Er war 1935 mit seiner Frau Herta nach Mir<strong>an</strong>de im<br />

Departement Gers in Fr<strong>an</strong>kreich emigriert. Die Karte trägt die Unterschrift des Vorsitzenden Karl Mössinger<br />

(SPD).<br />

Das Das „Sozialistengesetz“ „Sozialistengesetz“ <strong>der</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong>industrie<br />

<strong>Saar</strong>industrie<br />

Schon im Frühjahr 1877 hatten die Behörden mit Hausdurchsuchungen bei bek<strong>an</strong>nten<br />

Sozialdemokraten und <strong>der</strong> polizeilichen Auflösung sozialdemokratischer Versammlungen<br />

versucht, die Bewegung zu ersticken. Am 6. Juli 1877 holten die privaten und<br />

staatlichen Arbeitgeber <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong> bei Anwesenheit des <strong>Saar</strong>brücker L<strong>an</strong>drats von<br />

Gel<strong>der</strong>n zum großen Schlag aus: sie beschlossen das sog. Sozialistengesetz <strong>der</strong> <strong>Saar</strong>industrie<br />

(Tafel 3 Mitte). Es war natürlich kein Gesetz im formalen Sinn wie etwa das<br />

18


Bismarck’sche Sozialistengesetz vom Oktober 1878, das durch den Reichstag beschlossen<br />

wurde. Es war eine private Absprache aller bedeutenden Arbeitgeber im<br />

<strong>Saar</strong>revier, auch <strong>der</strong> staatlichen, vor allem des Preußischen Bergfiskus, zur kompromisslosen,<br />

vor rechtswidrigen Maßnahmen nicht zurück scheuenden Unterdrückung<br />

je<strong>der</strong> Art von eigenständiger Arbeiterbewegung o<strong>der</strong> <strong>der</strong>en Unterstützung durch Dritte,<br />

z.B. durch die Bereitstellung von Versammlungslokalen. Die Durchsetzung dieser<br />

Absprache wurde auch von staatlichen Behörden (L<strong>an</strong>drat, Polizeibehörden, Bergbehörde)<br />

unterstützt; effektive Gegenwehr<br />

o<strong>der</strong> gar Rechtsmittel gab es für Betroffene<br />

nicht, wie sich in <strong>der</strong> Folgezeit zeigen<br />

sollte. Spiritus rector dieser umfassenden<br />

Unterdrückungsmaßnahmen war<br />

<strong>der</strong> Neunkircher Hüttenindustrielle und<br />

Reichstagsabgeordnete Carl Ferdin<strong>an</strong>d<br />

Stumm (Tafel 3 unten). Rücksichtslos,<br />

egoistisch, seine Marktmacht missbräuchlich<br />

ausnutzend und gewissenlos auch<br />

gesetzliche Schr<strong>an</strong>ken und Rechte Dritter<br />

missachtend hat er im Kampf gegen<br />

die sozialistische Arbeiterbewegung im<br />

<strong>Saar</strong>revier die Grundlagen für ein, über<br />

seinen Tod hinaus wirksames System <strong>der</strong><br />

Rechtlosigkeit, Ausbeutung und sozial<br />

verbrämten Unterdrückung (Wohlfahrts-<br />

einrichtungen) initiiert. Die Definitionsmacht darüber, wer als Sozialdemokrat <strong>an</strong>zusehen<br />

ist und welche H<strong>an</strong>dlungen durch das sog. Sozialistengesetz <strong>der</strong> <strong>Saar</strong>industrie<br />

s<strong>an</strong>ktionswürdig sind, behielt er sich vor. „<strong>Saar</strong>abien“ und „Deutschrußl<strong>an</strong>d“ waren<br />

weit über die sozialistische Arbeiterbewegung hinaus reichsweit gebräuchliche Synonyme<br />

für die politische Unterdrückungskultur im „Königreich Stumm“. Alle fünf Redakteure<br />

<strong>der</strong> „Freie Volksstimme“ gehörten zu den ersten Opfern <strong>der</strong> Sozialistenhatz<br />

im <strong>Saar</strong>revier. Die „Freie Volksstimme“ musste nach <strong>der</strong> siebten Ausgabe ihr Erscheinen<br />

einstellen. An den beiden Hauptagitatoren wurde ein abschreckendes Exempel<br />

statuiert, sie wurden zu je zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Wirksam aber war<br />

das System. Über viele Jahre f<strong>an</strong>den sozialdemokratische und gewerkschaftliche Aktivitäten<br />

im <strong>Saar</strong>revier fast nur noch im Untergrund statt. Bismarcks Gesetz gegen die<br />

gemeingefährlichen Bestrebungen <strong>der</strong> <strong>Sozialdemokratie</strong> - 1878 bis 1890 - (vgl. Tafel 3<br />

oben) f<strong>an</strong>d im <strong>Saar</strong>revier kaum noch Sozialdemokraten vor. Die Zeichnung auf Tafel 3<br />

oben stammt von Robert Holoch aus dem Jahr 1879. Der Künstler hat Bismarck zahlreiche<br />

Maßnahmen, die vom Reichsk<strong>an</strong>zler gegen politische Gegner, beson<strong>der</strong>s auch<br />

die sozialistische Arbeiterbewegung initiiert waren, bzw. gegen diese wirkten, im<br />

wahrsten Sinne des Wortes ins Gesicht geschrieben. Neben Polizeispitzeln o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Bestechung von Journalisten durch den Reptilienfond nimmt das Sozialistengesetz<br />

mit seinen Möglichkeiten <strong>der</strong> Ausweisungen von sozialdemokratischen Agitatoren aus<br />

ihrer Heimatstadt und des kleinen Belagerungszust<strong>an</strong>des über Zentren <strong>der</strong> <strong>Sozialdemokratie</strong>,<br />

eine zentrale Rolle ein.<br />

19<br />

Quittung über 0,50 Reichsmark (RM) Aufnahmegebühr<br />

und 0,50 RM Mitgliedsbeitrag für den am 01. 06. 1946<br />

dem Ortsverein Otzenhausen <strong>der</strong> SPD beigetretenen<br />

späteren Nonnweiler Bürgermeister Egon Meier, geboren<br />

am 02. 01. 1925. Otzenhausen gehörte ab dem<br />

1. 8. 1946 zum <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>d, <strong>der</strong> Ortsverein gehörte zuvor<br />

zum Unterbezirk Trier im Bezirk Obere Rheinprovinz.


Die Die „Große „Große Streikzeit“<br />

Streikzeit“<br />

Das Auslaufen des Bismarck’schen Sozialistengesetztes zum 30. September 1890 spielte<br />

für die <strong>Sozialdemokratie</strong> im <strong>Saar</strong>revier wegen <strong>der</strong> Fortdauer des regionalen „Sozialistengesetzes“<br />

nur eine untergeordnete Rolle. Allerdings gel<strong>an</strong>g <strong>der</strong> <strong>Sozialdemokratie</strong><br />

und den freien Gewerkschaften im Windschatten <strong>der</strong> „Großen Streikzeit“ 1889 bis<br />

1893 ein kurzer neuer Aufschwung.<br />

Miserable Lohnverhältnisse, l<strong>an</strong>ge Arbeitszeiten, schlechte Beh<strong>an</strong>dlung durch die Vorgesetzten<br />

und ein weit verbreitetes System von Bestechlichkeit und Korruption bildeten<br />

den Nährboden für das massenhafte Aufbegehren <strong>der</strong> <strong>Saar</strong>bergleute. Erstmals in<br />

<strong>der</strong> Geschichte des <strong>Saar</strong>bergbaus nahmen die Bergleute die Durchsetzung ihrer Rechte<br />

selbst in die H<strong>an</strong>d. Streikrecht, Koalitionsfreiheit, Versammlungs- und Pressefreiheit,<br />

ja, die Beh<strong>an</strong>dlung als gleichberechtigter Mensch st<strong>an</strong>den für sie, wie auch für<br />

die Arbeiter in <strong>der</strong> Hüttenindustrie <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong>, bisher nur auf dem Papier. Mit dem<br />

Rechtsschutzverein (RSV) <strong>der</strong> <strong>Saar</strong>bergleute und in dessen Schatten dem „Alten Verb<strong>an</strong>d“,<br />

dem freigewerkschaftlichen Bergarbeiterverb<strong>an</strong>d (Tafel 4 oben), gel<strong>an</strong>g es<br />

erstmals eigenständige Org<strong>an</strong>isationen mit Massen<strong>an</strong>h<strong>an</strong>g <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong> zu bilden. Das<br />

Foto auf Tafel 4 oben, das die Delegierten des 1. Bergarbeitertages in Halle 1890<br />

zeigt, ist von beson<strong>der</strong>em Interesse für die saarländische Bergarbeiterbewegung, weil<br />

nicht weniger als zwölf Delegierte aus dem <strong>Saar</strong>revier (elf aus dem preußischen Teil<br />

und ein Vertreter aus St. Ingbert) abgebildet sind.<br />

Vorläufiger Ausweis <strong>der</strong> „Sozialdemokratischen Partei Bezirk <strong>Saar</strong>“ des Verwaltungs<strong>an</strong>gestellten Josef Hoffm<strong>an</strong>n,<br />

geboren am 06. 08. 1920, OV Sulzbach, Beitritt am 01. 04. 1946.<br />

20


Anf<strong>an</strong>gs von <strong>der</strong> Zentrumspartei in Person des Trierer Kapl<strong>an</strong>s Georg Friedrich Dasbach<br />

geför<strong>der</strong>t, entzogen Zentrum und Katholische Kirche <strong>der</strong> Bergarbeiterbewegung<br />

ihre Unterstützung und verteufelte sie als „sozialdemokratisch“, je mehr sie Eigenständigkeit<br />

und Selbstbestimmung zu wahren versuchte. Wie groß das Verl<strong>an</strong>gen<br />

speziell unter den Bergarbeitern nach einer eigenständigen, unabhängigen Interessenvertretung<br />

war, zeigen die Ergebnisse <strong>der</strong> Reichstagswahl vom 20. Februar 1890,<br />

als Vertreter des Rechtschutzvereins (RSV) als Arbeiterk<strong>an</strong>didaten - nicht als K<strong>an</strong>didaten<br />

<strong>der</strong> SPD, die aber im Gegensatz zum Zentrum auf die Aufstellung eigener K<strong>an</strong>didaten<br />

verzichtete - in den preußischen<br />

Reichstagswahlkreisen <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong> k<strong>an</strong>didierten<br />

und beachtliche Stimmenergebnisse<br />

erzielten. Der Führer des RSVs, Nikolaus<br />

Warken, verpasste im Wahlkreis<br />

<strong>Saar</strong>brücken nur knapp die Stichwahl<br />

gegen Bergrat Pfaehler, <strong>der</strong> das M<strong>an</strong>dat<br />

für die Nationalliberalen mit knapper<br />

absoluter Mehrheit gew<strong>an</strong>n.<br />

Im Windschatten <strong>der</strong> Bergarbeiterbewegung<br />

startete auch die SPD einen neuen<br />

Versuch, im <strong>Saar</strong>industrierevier Fuß zu<br />

fassen. Mit dem aus Fr<strong>an</strong>kfurt/Main ins<br />

<strong>Saar</strong>revier beor<strong>der</strong>ten Metallarbeiter Leopold<br />

Emmel (Tafel 4 unten) schickte <strong>der</strong><br />

Parteivorst<strong>an</strong>d einen erfahrenen Funktionär,<br />

<strong>der</strong> mit Hilfe einheimischer Sozialdemokraten<br />

versuchte, eine gefestigte<br />

Struktur für den Aufstieg <strong>der</strong> <strong>Saar</strong>-SPD<br />

zu formen. Es gel<strong>an</strong>g zwar, mit <strong>der</strong> Zeitung<br />

„Bote von <strong>der</strong> <strong>Saar</strong>“ über zwei Jahre<br />

hinweg zum zweiten Mal eine saarländische<br />

SPD-Zeitung herauszugeben, zahlreiche<br />

Versammlungen mit überregional<br />

bek<strong>an</strong>nten Sozialdemokraten, u.a. mit<br />

Wilhelm Liebknecht und dem „Roten Pfalzgraf“ Fr<strong>an</strong>z Josef Ehrhart und als Höhepunkt<br />

eine Versammlung mit dem Parteivorsitzenden August Bebel im Bildstocker<br />

Rechtsschutzsaal (Tafel 4 Mitte) durchzuführen und ein gewisser, wenngleich auch<br />

kein bestimmen<strong>der</strong> Einfluss im RSV konnte durch die <strong>Sozialdemokratie</strong> errungen<br />

werden. Auch nahm mit dem rührigen Dudweiler Sozialdemokraten Nikolaus Fries<br />

erstmals ein <strong>Saar</strong>län<strong>der</strong> als Delegierter <strong>an</strong> einem Parteitag <strong>der</strong> deutschen <strong>Sozialdemokratie</strong>,<br />

am Erfurter Parteitag 1891, teil. Eine l<strong>an</strong>gfristige Stabilisierung <strong>der</strong> Partei im<br />

<strong>Saar</strong>revier missl<strong>an</strong>g aber. Mit dem Nie<strong>der</strong>g<strong>an</strong>g des RSVs und <strong>der</strong> brutalen Unterdrückung<br />

jeglicher Formen autonomer (Berg-)Arbeiterbewegung durch die Königliche<br />

Bergwerksdirektion, den preußischen Behördenapparat und das Arbeitgeberkomitee<br />

unter Führung von Stumm, die die Regelungen des „Sozialistengesetzes“ <strong>der</strong> <strong>Saar</strong>in-<br />

21<br />

Mitgliedskarte <strong>der</strong> „Sozialdemokratischen Partei <strong>Saar</strong>“<br />

von Heinrich Müller, geboren am 22. 05. 1909, OV<br />

Güdingen, Beitritt am 01. 12. 1945.


SPS-Mitgliedsbuch, Nummer 14335, von Heinz<br />

Gr<strong>an</strong>dmontagne, geboren am 05. 04. 1922, OV Alt-<br />

<strong>Saar</strong>brücken, Beitritt am 31. 08. 1954. Heinz<br />

Gr<strong>an</strong>dmontagne war Geschäftsführer <strong>der</strong> SAAR MES-<br />

SE.<br />

22<br />

dustrie auch weiterhin für gültig erklärten<br />

und rücksichtslos umsetzten, ging<br />

auch <strong>der</strong> kurze Aufschwung <strong>der</strong> <strong>Sozialdemokratie</strong><br />

zu Ende. Die Ansätze <strong>der</strong><br />

sozialistischen und gewerkschaftlichen<br />

Bewegung <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong> wurden zerschlagen<br />

und auf einige wenige Akteure aus<br />

H<strong>an</strong>dwerksberufen im Bereich <strong>der</strong> Städte<br />

St. Joh<strong>an</strong>n und <strong>Saar</strong>brücken reduziert.<br />

Die <strong>Saar</strong>region war für die SPD wie<strong>der</strong><br />

„terra incognita“, wie Bebel schon 1891<br />

in einem Schreiben <strong>an</strong> den Redakteur des<br />

Org<strong>an</strong>s des RSVs „Schlägel und Eisen“,<br />

Peter Braun, formuliert hatte.<br />

Ära Ära Stumm<br />

Stumm<br />

Das letzte Jahrzehnt des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

wird auch „Ära Stumm“ gen<strong>an</strong>nt, weil <strong>der</strong><br />

saarländische Hüttenindustrielle reichsweit,<br />

aber auch im <strong>Saar</strong>revier den Höhepunkt<br />

seines politischen Einflusses erreicht<br />

hatte. In diesem Zenit deutete sich<br />

aber auch <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>g<strong>an</strong>g seines „patri-<br />

archalischen Despotismus“, des Systems Stumm, <strong>an</strong>. Zwar blieb das „Sozialistengesetz“<br />

<strong>der</strong> <strong>Saar</strong>industrie weiter in Kraft und die großen freien Gewerkschaften <strong>der</strong><br />

Berg- und Metallarbeiter konnten im hoch industrialisierten <strong>Saar</strong>revier kaum Mitglie<strong>der</strong><br />

gewinnen. Aber in den <strong>Saar</strong>städten St. Joh<strong>an</strong>n und <strong>Saar</strong>brücken bildeten die<br />

H<strong>an</strong>dwerkergewerkschaften, insbeson<strong>der</strong>e im Baubereich (Maurer, Holzarbeiter, Tischler,<br />

Zimmerleute), stabile gewerkschaftliche Strukturen. So wurde Ende des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

in St. Joh<strong>an</strong>n ein Gewerkschaftskartell <strong>der</strong> freien Gewerkschaften gegründet.<br />

Auch die <strong>Sozialdemokratie</strong> konnte ab <strong>der</strong> Jahrhun<strong>der</strong>twende, weiterhin mit dem klaren<br />

Schwerpunkt im Bereich St. Joh<strong>an</strong>n-<strong>Saar</strong>brücken, wie<strong>der</strong> Tritt fassen. 1898 wurde<br />

in St. Joh<strong>an</strong>n ein Sozialdemokratischer Wahlverein gegründet, in St. Ingbert entst<strong>an</strong>d<br />

1899 ein sozialdemokratischer Verein.<br />

Osterroth, Osterroth, Böckler Böckler und und Co.<br />

Co.<br />

Im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts trugen Nikolaus Osterroth, ein entlassener<br />

Bergm<strong>an</strong>n aus <strong>der</strong> Pfalz, <strong>der</strong> spätere DGB-Vorsitzende H<strong>an</strong>s Böckler, <strong>der</strong> Ende 1903<br />

als Angestellter des Deutschen Metallarbeiterverb<strong>an</strong>des aus Fürth ins <strong>Saar</strong>revier kam<br />

(Tafel 6 oben und Mitte) und H<strong>an</strong>s Portenkirchner, ein Funktionär des Bergarbeiterverb<strong>an</strong>des,<br />

<strong>der</strong> ab 1904 das Arbeitersekretariat St. Joh<strong>an</strong>n leitete, die Hauptlast beim


Aufbau sozialdemokratischer und freigewerkschaftlicher Strukturen. Im August 1903<br />

wurde mit Nikolaus Osterroth <strong>an</strong> <strong>der</strong> Spitze das Agitationskomitee für das preußische<br />

<strong>Saar</strong>revier, die bayrische <strong>Saar</strong>pfalz und den Wahlkreis <strong>Saar</strong>gemünd gegründet, m<strong>an</strong><br />

k<strong>an</strong>n vom Gründungsdatum des L<strong>an</strong>desverb<strong>an</strong>ds <strong>Saar</strong> <strong>der</strong> SPD sprechen. Ab 1905<br />

erschien für vier Jahre zum dritten Mal eine saarländische SPD-Zeitung, „<strong>Saar</strong>wacht“.<br />

Trotz all dieser Bemühungen blieben die Erfolge sehr begrenzt, die Zahl <strong>der</strong> SPD-<br />

Mitglie<strong>der</strong> im <strong>Saar</strong>revier vor 1914 blieb deutlich unter 1000.<br />

„<strong>Saar</strong>abien“ „<strong>Saar</strong>abien“ vor vor Gericht<br />

Gericht<br />

Nach Stumms Tod 1901 hatten <strong>der</strong> Vorsitzende <strong>der</strong> Bergwerksdirektion Ewald Hilger<br />

(Tafel 5 Mitte) und <strong>der</strong> Syndikus <strong>der</strong> H<strong>an</strong>delskammer <strong>Saar</strong>brücken Dr. Alex<strong>an</strong><strong>der</strong> Tille<br />

(Tafel 6 unten) dessen sozialpolitisches Erbe als Kämpfer gegen sozialdemokratische<br />

Umtriebe übernommen. Hilger, von seinen Gegnern spöttisch „<strong>Saar</strong>bismarck“ gen<strong>an</strong>nt,<br />

wurde mit seinen Unterdrückungsmethoden, mit dem System <strong>der</strong> Schwarzen Listen,<br />

Wahlbeeinflussungen und Korruptionspraktiken (Tafel 5 oben und unten, 7 oben) im<br />

Hilger-Krämer-Prozess bloß gestellt. Zwar gew<strong>an</strong>n er formaljuristisch den Prozess<br />

gegen den ehemaligen Bergm<strong>an</strong>n und Sozialdemokraten Karl Krämer, <strong>der</strong> entlassen<br />

worden war, weil er in St. Ingbert eine Versammlung des Bergarbeiterverb<strong>an</strong>des besucht<br />

hatte. Als aber <strong>der</strong> sozialdemokratische Vorwärts-Verlag den Prozessbericht als<br />

Broschüre „<strong>Saar</strong>abien vor Gericht“ (Tafel 5 Mitte) verbreitet, wurde das Klima <strong>der</strong><br />

Einschüchterung, <strong>der</strong> „Stickluft“, die keinen Raum für freies Atmen ließ, wie es <strong>der</strong><br />

damals schon renommierte deutsche Soziologe Max Weber ausdrückte, im g<strong>an</strong>zen<br />

Reich bek<strong>an</strong>nt und Hilger nahm seinen Abschied vom Vorsitz <strong>der</strong> Bergwerksdirektion<br />

<strong>Saar</strong>brücken; er verließ das <strong>Saar</strong>revier Richtung Oberschlesien, wo er zukünftig seine<br />

sozialpolitischen Heilslehren als Direktor <strong>der</strong> Laurahütte verbreitete.<br />

Die Risse, die das saarabische System vor 1914 erhielt, die kleinen Erfolge <strong>der</strong> <strong>Sozialdemokratie</strong><br />

auch außerhalb <strong>der</strong> Großstadt <strong>Saar</strong>brücken - so wurden sozialdemokratische<br />

Vereine gegründet u.a. in Neunkirchen, Illingen, Schiffweiler, Blieskastel und<br />

Homburg - brachten das System aber vor 1918 nicht zu Fall.<br />

Reichstagswahl Reichstagswahl Reichstagswahl 1912<br />

1912<br />

Während die <strong>Sozialdemokratie</strong> bei <strong>der</strong> Reichstagswahl im J<strong>an</strong>uar 1912 (Tafel 7 Mitte)<br />

einen großen Erfolg err<strong>an</strong>g, 110 Abgeordnete im Reichstag stellte und erstmals auch<br />

prozentual die meisten Wählerstimmen aller Parteien err<strong>an</strong>g, blieb das Preußische<br />

<strong>Saar</strong>revier für die <strong>Sozialdemokratie</strong> Diaspora. Die kümmerlichen 7,8 Prozent <strong>der</strong><br />

Stimmen im Wahlkreis <strong>Saar</strong>brücken, waren noch das deutlich beste Wahlergebnis in<br />

den drei preußischen <strong>Saar</strong>wahlkreisen. Wesentlich besser, wenn auch deutlich hinter<br />

dem Reichsdurchschnitt von 34,8%, waren die Ergebnisse in <strong>der</strong> bayerischen <strong>Saar</strong>pfalz<br />

(Tafel 7 unten).<br />

23


Das Das <strong>Saar</strong>gebiet <strong>Saar</strong>gebiet entsteht entsteht<br />

entsteht<br />

Die Entstehung des <strong>Saar</strong>gebietes nach <strong>der</strong> deutschen Nie<strong>der</strong>lage im Ersten Weltkrieg<br />

erfolgte in mehreren Schritten. Während die <strong>Saar</strong>län<strong>der</strong> bei den Wahlen zur Deutschen<br />

Nationalversammlung in Weimar im J<strong>an</strong>uar 1919 noch mitwählten, verfolgten<br />

fr<strong>an</strong>zösische Politiker zunächst unverhohlen eine Annexionspolitik, die die <strong>Saar</strong>region<br />

unter <strong>der</strong> fr<strong>an</strong>zösischen Bezeichnung „Sarre“ bereits als fr<strong>an</strong>zösisches Département<br />

betrachtete. Die preußisch-deutschen und bayerischen Briefmarken mit <strong>der</strong> Germ<strong>an</strong>ia<br />

und dem Bild König Ludwigs III. zeigen dies durch den Aufdruck „Sarre“ (Tafel 8<br />

Mitte) ebenso wie das große Denkmal in Verdun, wo die <strong>Saar</strong> unter den Namen <strong>der</strong><br />

fr<strong>an</strong>zösischen Départements r<strong>an</strong>giert: Freilich konnte die fr<strong>an</strong>zösische Politik diese<br />

harte Linie gegenüber den britischen und amerik<strong>an</strong>ischen Alliierten nicht durchsetzen<br />

und das neu gebildete L<strong>an</strong>d <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong> wurde unter dem Namen <strong>Saar</strong>gebiet <strong>der</strong><br />

Verwaltung des neu gegründeten Völkerbundes in Genf unterstellt; in <strong>der</strong> Regierungskommission<br />

hatte in den ersten Jahren ein Fr<strong>an</strong>zose - 1920 bis 1926 Victor Rault -<br />

den Vorsitz, was die dominierende Stellung Fr<strong>an</strong>kreichs <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong> deutlich zeigt; in<br />

<strong>der</strong> Regierungskommission war auch ein <strong>Saar</strong>län<strong>der</strong> vertreten, so ab 1924 Bartholomäus<br />

Koßm<strong>an</strong>n. Die fr<strong>an</strong>zösische Währung wurde 1922 schrittweise im <strong>Saar</strong>gebiet<br />

eingeführt (vgl. die Briefmarken, Tafel 8 Mitte), was die saarländische Bevölkerung<br />

vor <strong>der</strong> im Deutschen Reich nun galoppierenden Inflation bewahrte.<br />

SAJ-Mitgliedskarte, Nummer F 62, von Heinz Gr<strong>an</strong>dmontagne, Ortsverb<strong>an</strong>d „Viktor Adler“ in <strong>Saar</strong>brücken,<br />

Beitritt am 10. 02. 1955.<br />

Militärische Militärische und und paramilitärische paramilitärische Einheiten Einheiten<br />

Einheiten<br />

Der Einsatz fr<strong>an</strong>zösischen Militärs während <strong>der</strong> „Spartakuskrawalle“ (Tafel 8 oben)<br />

und die Stationierung nordafrik<strong>an</strong>ischer Kolonialtruppen als fr<strong>an</strong>zösische Besatzungssoldaten<br />

<strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong> zeugt einerseits nicht gerade von feinem Fingerspitzengefühl<br />

<strong>der</strong> fr<strong>an</strong>zösischen Militärregierung und <strong>der</strong> Regierungskommission des Völkerbundes,<br />

hatte m<strong>an</strong> sich doch noch wenige Jahre zuvor erbittert im Schützengraben gegenübergelegen;<br />

<strong>an</strong><strong>der</strong>erseits lassen sich m<strong>an</strong>che Reaktionen <strong>der</strong> saarländischen Öffentlichkeit<br />

im Umg<strong>an</strong>g mit den ausländischen Truppen nur rassistisch deuten.<br />

24


Das Bild, das beim Pfingsttreffen des Rotfrontkämpferbundes 1930 in Neunkirchen<br />

entst<strong>an</strong>d (Tafel 8 unten), ist eine <strong>der</strong> wenigen erhaltenen Photographien, die die<br />

paramilitärisch org<strong>an</strong>isierten Einheiten <strong>der</strong> verschiedenen Parteien zeigen. Diese hatten<br />

die Aufgabe des Ordnungsdienstes bei größeren Ver<strong>an</strong>staltungen; es kam aber<br />

immer wie<strong>der</strong>, vor allem zwischen Angehörigen des kommunistischen Rotfrontkämpferbundes<br />

und <strong>der</strong> nationalsozialistischen Sturm-Abteilung (SA) zu Schlägereien in<br />

Wirtshäusern und auf <strong>der</strong> Straße; so konnten auch die tragenden Parteien <strong>der</strong> Weimarer<br />

Republik (SPD, Zentrum) nicht darauf verzichten, als friedliches Pend<strong>an</strong>t zu den<br />

gen<strong>an</strong>nten Institutionen das Reichsb<strong>an</strong>ner Schwarz-Rot-Gold aufzustellen, das es auch<br />

im <strong>Saar</strong>gebiet gab, wo sich freilich das Zentrum nicht dar<strong>an</strong> beteiligte.<br />

Mitgliedskarte Nummer 202 <strong>der</strong> „Arbeiter-Wohlfahrt für das <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>d e. V.“, Ortsgruppe Dudweiler, von Wilhelm<br />

Lawall.<br />

Die Die Sozialdemokratische Sozialdemokratische Partei Partei Partei des des <strong>Saar</strong>gebiets<br />

<strong>Saar</strong>gebiets<br />

Die Nie<strong>der</strong>lage im Ersten Weltkrieg brachte es mit sich, dass die SPD nun schnell die<br />

Ziele erreichte, für die sie im Kaiserreich so l<strong>an</strong>ge und unermüdlich gekämpft hatte<br />

(<strong>Demokratie</strong>, Achtstundentag, Betriebsräte, Koalitionsfreiheit <strong>der</strong> Gewerkschaften, Frauenwahlrecht,<br />

eine mo<strong>der</strong>ne Zivilgesellschaft). Es war selbstverständlich, dass sich<br />

Sozialdemokraten <strong>an</strong> dem kurzen Zwischenspiel <strong>der</strong> Arbeiter- und Soldatenräte im<br />

November 1918 beteiligten, das bis heute erst in Ansätzen erforscht ist. Es ist kein<br />

Zufall, dass zahlreiche Ortsvereine <strong>der</strong> SPD <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong> Ende 1918 o<strong>der</strong> im Verlauf des<br />

Jahres 1919 entst<strong>an</strong>den sind, denn erst jetzt konnte m<strong>an</strong> sich ohne Schik<strong>an</strong>ierung<br />

durch Behörden und Polizei selbst org<strong>an</strong>isieren.<br />

25


Trotz aller materiellen Not in <strong>der</strong> Arbeiterschaft bei <strong>der</strong> Stillung unmittelbarer menschlicher<br />

Grundbedürfnisse - Hunger, Kleidung, Wohnverhältnisse - , beson<strong>der</strong>s in <strong>der</strong><br />

unmittelbaren Nachkriegszeit und d<strong>an</strong>n wie<strong>der</strong> verstärkt durch die Arbeitslosigkeit in<br />

Folge <strong>der</strong> Weltwirtschaftskrise Ende <strong>der</strong> zw<strong>an</strong>ziger und Anf<strong>an</strong>g <strong>der</strong> dreißiger Jahre<br />

können diese Jahre doch auch als Blütezeit <strong>der</strong> Arbeiterkulturbewegung gelten: Große<br />

Teile <strong>der</strong> arbeitenden Bevölkerung engagierte sich aus eigenem Antrieb in Sport- und<br />

Musikvereinen (Tafel 10 Mitte) und in <strong>der</strong> Arbeiterwohlfahrt (Tafel 11), die sich den<br />

Idealen einer sozialen und demokratischen Gesellschaft verschrieben und somit zur<br />

Verbreitung und Festigung des auf friedlichen Interessenausgleich nach außen und<br />

innen gerichteten Ged<strong>an</strong>kenguts beitrugen.<br />

Als Wermutstropfen in dieser <strong>an</strong> sich erfreulichen Entwicklung k<strong>an</strong>n die Spaltung <strong>der</strong><br />

linken Arbeiterschaft in Kommunisten und Sozialdemokraten gewertet werden. Auf<br />

Kosten <strong>der</strong> auf Ausgleich bedachten SPD konnte die stärker gegen das katholische<br />

Zentrum und die aufkommenden Nationalsozialisten polarisierende KP des <strong>Saar</strong>gebietes<br />

immer mehr politischen Einfluss gewinnen (Tafel 9 Mitte); die Zerstrittenheit<br />

<strong>der</strong> Arbeiterparteien trug sicher auch zur späten Gründung <strong>der</strong> Einheitsfront und zur<br />

Nie<strong>der</strong>lage gegen den Nationalsozialismus bei.<br />

Die Die SPD SPD im im <strong>Saar</strong>revier <strong>Saar</strong>revier vor vor vor 1933<br />

1933<br />

Die SPD verlor nach 1928 mit Beginn <strong>der</strong> Weltwirtschaftskrise deutlich <strong>an</strong> Mitglie<strong>der</strong>n<br />

und Wählern. Der 1918/19 vollzogene Einbruch in die Übermacht des Zentrums im<br />

<strong>Saar</strong>revier ging endgültig verloren. Wenn auch nicht g<strong>an</strong>z so drastisch wie vor 1914,<br />

waren die ländlich und katholisch strukturierten Gebiete <strong>der</strong> Kreise Merzig, <strong>Saar</strong>louis<br />

und St. Wendel wie<strong>der</strong> Diaspora für die <strong>Sozialdemokratie</strong>. Zentren <strong>der</strong> SPD blieben<br />

stark ev<strong>an</strong>gelisch geprägte Arbeiterbauerndörfer und städtische Strukturen,<br />

insbeson<strong>der</strong>e <strong>Saar</strong>brücken mit seinen Uml<strong>an</strong>dgemeinden. Zwischen Zentrum und <strong>der</strong><br />

stark <strong>an</strong>wachsenden KPD/ <strong>Saar</strong> verlor die SPD zunehmend Wählerpotential.<br />

Aus dem 1925 im <strong>Saar</strong>gebiet gegründeten Reichsb<strong>an</strong>ner entst<strong>an</strong>d 1932 die „Eiserne<br />

Front“ (Tafel 12 oben), die kämpferisch-aktionistisch gegen die immer offener auftretenden<br />

Nationalsozialisten <strong>Demokratie</strong>, Sozialismus und die Republik verteidigen<br />

wollte. Fritz Dobisch war als Vorsitzen<strong>der</strong> des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes<br />

<strong>Saar</strong>gebiet (ADGB) ein einflussreicher Funktionär im SPD-Vorst<strong>an</strong>d, zeitweise<br />

SPD-Stadtverordneter in <strong>Saar</strong>brücken, übernahm er persönlich die Vertretung des<br />

ADGB in <strong>der</strong> „Eisernen Front“. Die 1933 <strong>an</strong>lässlich des 25 jährigen Bestehens <strong>der</strong><br />

SPD-Zeitung „Volksstimme“ veröffentlichte Kollage <strong>der</strong> führenden SPD-Funktionäre<br />

zeigt durch die Hervorhebung des Fotos von Max Braun, seit 1929 Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Saar</strong>sozialdemokraten, seine eindeutig dominierende Position. Mit Meta Wodarczak,<br />

ab 1933 im Bezirksvorst<strong>an</strong>d <strong>der</strong> <strong>Saar</strong>-SPD und Vorsitzende <strong>der</strong> Frauenkommission,<br />

ist nur eine Frau abgebildet, was die starke Unterrepräsent<strong>an</strong>z von Frauen in <strong>der</strong> SPD<br />

im <strong>Saar</strong>gebiet drastisch verdeutlicht. Max Braun ist es zu verd<strong>an</strong>ken, dass die SPD-<br />

<strong>Saar</strong> in <strong>der</strong> zweiten Hälfte <strong>der</strong> 1920er Jahre die nationale, teils nationalistische Ein-<br />

26


heitsfront mit den bürgerlichen Parteien von Anf<strong>an</strong>g <strong>der</strong> 1920er Jahre aufgab und eine<br />

Politik <strong>der</strong> Verständigung und Aussöhnung mit Fr<strong>an</strong>kreich vertrat. Auch die Erhaltung<br />

<strong>der</strong> <strong>Demokratie</strong> als politisches System in Deutschl<strong>an</strong>d erhielt für Max Braun zunehmend<br />

Bedeutung. „Wenn Deutschl<strong>an</strong>d eine ‚Hitler-Regierung‘ bekäme, spekulierte er<br />

bereits öffentlich im Oktober 1932, ‚d<strong>an</strong>n wäre es noch besser, einer selbständigen<br />

Rheinl<strong>an</strong>drepublik <strong>an</strong>zugehören und das <strong>Saar</strong>gebiet würde es sich überlegen müssen,<br />

ob es sich dieser <strong>an</strong>schlösse o<strong>der</strong> beim Völkerbund verbliebe‘“. 3<br />

Der saarländische BAV-Vorsitzende Julius Schwarz (Tafel 12 unten), auch viele Jahre<br />

stellvertreten<strong>der</strong> Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong>-SPD, gehörte zum konservativen, nationalen<br />

Flügel <strong>der</strong> <strong>Saar</strong>-Sozialdemokraten. Spätere Versuche <strong>der</strong> Deutschen Front ihn und<br />

<strong>an</strong><strong>der</strong>e führende Gewerkschafter mit Hinweis auf ihre nationale Treue zum deutschen<br />

Vaterl<strong>an</strong>d von <strong>der</strong> SPD zu trennen, missl<strong>an</strong>gen eindeutig.<br />

Mitgliedskarte des „Touristen-Verein - DIE NATURFREUNDE e. V., L<strong>an</strong>desleitung <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>d“, Ortsgruppe Dudweiler,<br />

von Herta Lawall. Herta Lawall war auch Mitglied <strong>der</strong> AWO und nach 1945 einige Jahre auch Mitglied des AWO-<br />

L<strong>an</strong>desvorst<strong>an</strong>des.<br />

Nie Nie zu zu Hitler<br />

Hitler<br />

Die <strong>Saar</strong>-Sozialdemokraten waren, dar<strong>an</strong> ließen sie nie einen Zweifel, deutsche Sozialdemokraten;<br />

das Votum für die Rückglie<strong>der</strong>ung nach Deutschl<strong>an</strong>d in <strong>der</strong> für 1935<br />

gepl<strong>an</strong>ten Volksabstimmung war in <strong>der</strong> gesamten Völkerbundzeit unstrittig - bis zum<br />

3) Zitiert nach Gerhard Paul/Klaus-Michael Mallm<strong>an</strong>n, Milieus und Wi<strong>der</strong>st<strong>an</strong>d. Eine Verhaltensgeschichte <strong>der</strong> Gesellschaft im<br />

Nationalsozialismus , Bonn 1995, S.200.<br />

27


Mitgliedsbuch <strong>der</strong> „Einheitsgewerkschaft <strong>der</strong> Arbeiter,<br />

Angestellten und Beamten <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>d“ von Wilhelm<br />

Lawall. Wilhelm Lawall war am 12. 01. 1946 dem<br />

Industrieverb<strong>an</strong>d (IV) Öffentliche Betriebe und Verwaltungen,<br />

Ortsverwaltung <strong>Saar</strong>brücken beigetreten.<br />

28<br />

30. J<strong>an</strong>uar 1933. Erst nach <strong>der</strong> Machteinsetzung<br />

Hitlers durch Reichspräsident<br />

Hindenburg und <strong>der</strong> gewaltsamen Zerschlagung<br />

<strong>der</strong> <strong>Demokratie</strong> in Deutschl<strong>an</strong>d<br />

im ersten Halbjahr 1933 führte <strong>der</strong> Diskussionsprozess<br />

in <strong>der</strong> saarländischen<br />

<strong>Sozialdemokratie</strong> zu <strong>der</strong> Entscheidung,<br />

eine Rückkehr zu Nazi-Deutschl<strong>an</strong>d strikt<br />

abzulehnen. Dies verkündete <strong>der</strong> Vorsitzende<br />

<strong>der</strong> Sozialdemokratischen Partei<br />

des <strong>Saar</strong>gebiets Max Braun Anf<strong>an</strong>g August<br />

1933 in Sulzbach. Auf <strong>der</strong> großen<br />

<strong>an</strong>tifaschistischen Kundgebung <strong>der</strong> SPD<br />

am 27. August 1933 in Neunkirchen (Tafel<br />

13, 2 Abb. oben) bekräftigte er die<br />

Entscheidung.<br />

Zunächst versuchte die <strong>Saar</strong>-SPD den<br />

Völkerbund zu einer Verschiebung <strong>der</strong> Abstimmung<br />

von 1935 zu bewegen, in <strong>der</strong><br />

Hoffnung, dass Hitler in ein paar Jahren<br />

abgewirtschaftet habe und nicht mehr <strong>an</strong><br />

<strong>der</strong> Macht sei. D<strong>an</strong>n könnte die Abstimmung<br />

frei und unbeeinflusst mit einem<br />

klaren Votum zur Rückkehr nach Deutschl<strong>an</strong>d<br />

durchgeführt werden. Angesichts <strong>der</strong><br />

raschen Machtstabilisierung des NS-Systems in Deutschl<strong>an</strong>d und <strong>der</strong> fehlenden Bereitschaft<br />

des Völkerbunds sich wegen des kleinen <strong>Saar</strong>gebiets mit <strong>der</strong> neuen Reichsregierung<br />

<strong>an</strong>zulegen, war diese Hoffnung nur eine Illusion, die keine reale Grundlage<br />

hatte. Es war seitens <strong>der</strong> SPdS auch die Hoffnung, nicht vor die sehr schwierige<br />

Entscheidung für den Status quo gestellt zu werden.<br />

Am 12. November 1933 hatte sich die <strong>Saar</strong>-SPD auf einem außerordentlichen Parteitag<br />

von <strong>der</strong> SOPADE (so n<strong>an</strong>nte sich die SPD im Exil) mit <strong>der</strong>en Billigung getrennt.<br />

Seitdem n<strong>an</strong>nte sie sich „Sozialdemokratische L<strong>an</strong>despartei des <strong>Saar</strong>gebiete“ (SPdS).<br />

Die unter <strong>der</strong> Führung <strong>der</strong> NSDAP im Laufe des Jahres 1933 gebildete Deutsche Front<br />

vertrat eine zunehmend aggressiv gewaltsame Strategie <strong>der</strong> Ausgrenzung aller Org<strong>an</strong>isationen<br />

und Personen, die nicht bedingungslos für die Rückkehr <strong>der</strong> <strong>Saar</strong> zu Hitlerdeutschl<strong>an</strong>d<br />

eintraten. Das symbolische Aufhängen von Puppen, denen das Namensschild<br />

„Max Braun“ o<strong>der</strong> „Status quo“ umhing, wurde vieler Orts im <strong>Saar</strong>gebiet als<br />

Drohung und zur Abschreckung gegen potentielle Status-quo-Anhänger praktiziert.<br />

Tafel 13 zeigt in <strong>der</strong> Mitte eine solche Situation. Am Giebel des früheren „Judenhauses“,<br />

Besitzer Oppenheimer, in <strong>der</strong> heutigen Marktstraße in Lebach. Egon Gross, <strong>der</strong><br />

das Bild zur Verfügung stellte, datiert die Aufnahme auf vermutlich Ende 1934. Zu


dieser Zeit könnte das Haus schon im Besitz des späteren NSDAP-Ortsgruppenleiters<br />

Willi Riehm gewesen sein.<br />

Betreuung Betreuung <strong>der</strong> <strong>der</strong> Emigr<strong>an</strong>ten<br />

Emigr<strong>an</strong>ten<br />

Nach <strong>der</strong> Machteinsetzung Hitlers flohen zahlreiche Menschen, die politisch o<strong>der</strong><br />

rassisch verfolgt wurden, aus Deutschl<strong>an</strong>d ins <strong>Saar</strong>gebiet. Ein Teil <strong>der</strong> Emigr<strong>an</strong>ten,<br />

vornehmlich die politisch Verfolgten, engagierten sich im Abstimmungskampf auf Seiten<br />

<strong>der</strong> Status-quo-Bewegung. Aber auch die soziale Betreuung <strong>der</strong> Emigr<strong>an</strong>ten, die<br />

Versorgung mit Essen, Unterkunft, ein wenig Geld o<strong>der</strong>, was in seltenen Fällen gel<strong>an</strong>g,<br />

die Bereitstellung eines Arbeitsplatzes, stellten die <strong>an</strong>tifaschistischen Org<strong>an</strong>isationen<br />

vor fast unlösbare Probleme. Marie Juchacz, selbst Emigr<strong>an</strong>tin (Tafel 13 unten, Aufnahme<br />

ca. 1922), l<strong>an</strong>gjährige SPD-Reichstagsabgeordnete und 1919 Mitbegrün<strong>der</strong>in<br />

<strong>der</strong> Arbeiterwohlfahrt in Deutschl<strong>an</strong>d, bot in Räumen in <strong>der</strong> <strong>Saar</strong>brücker Bahnhofstraße<br />

80, 2. Etage, günstiges Essen und einen Platz zum Verweilen, zum Meinungsaustausch<br />

und zur Information („Interess<strong>an</strong>te Zeitungen des In- und Ausl<strong>an</strong>des“) <strong>an</strong>.<br />

Mehrere Zeitzeugen haben diese Emigr<strong>an</strong>tenhilfe in ihren Erinnerungen gewürdigt.<br />

Neben Margarete Buber-Neum<strong>an</strong>n u.a. auch Karl Retzlaw, <strong>der</strong> in seiner Autobiografie<br />

„Spartacus“ schreibt, „Morgens und mittags ging ich in ein Lokal gegenüber dem<br />

Bahnhof, wo ich wie eilige Reisende morgens Kaffee und mittags einen Teller Kartoffel-,<br />

Linsen- o<strong>der</strong> Erbsensuppe erhalten konnte. Allerdings musste unkomfortabel im<br />

Stehen gegessen werden. All dieses än<strong>der</strong>te sich erst zum besseren als … Marie<br />

Juchacz … im Zentrum <strong>der</strong> Stadt ein Café eröffnete. Hier war es möglich Zeitungen und<br />

Zeitschriften zu lesen und sich mit Bek<strong>an</strong>nten und auswärtigen Besuchern zu verabreden.<br />

Doch war es nicht g<strong>an</strong>z gefahrlos, Gestapospitzel fotografierten die Besucher…“.<br />

Die Die Einheitsfront Einheitsfront gegen gegen Hitler, Hitler, Hitler, für für für den den den Status Status quo<br />

quo<br />

Nachdem deutlich wurde, dass <strong>der</strong> Völkerbund <strong>an</strong> <strong>der</strong> Abstimmung 1935 festhalten<br />

wird, beg<strong>an</strong>n bei den Sozialdemokraten und Kommunisten - dort verbunden mit<br />

personellen Verän<strong>der</strong>ungen im Führungska<strong>der</strong> - das Umdenken in Richtung Status<br />

quo: 1935 gegen die Rückglie<strong>der</strong>ung zum faschistischen Deutschl<strong>an</strong>d. Dabei verl<strong>an</strong>gte<br />

sie vom Völkerbund im Falle des Erfolgs des Status quo die Zusage einer zweiten<br />

Abstimmung, wenn Deutschl<strong>an</strong>d vom Nationalsozialismus befreit ist. Anf<strong>an</strong>g Juli 1934<br />

(Tafel 14 oben) verkündeten die Kommunisten und die Sozialdemokraten im <strong>Saar</strong>gebiet<br />

die Bildung <strong>der</strong> Einheitsfront für den Status quo. Gemeinsame Aktionen sollten<br />

durchgeführt werden, die Selbständigkeit <strong>der</strong> beiden Parteien aber erhalten bleiben.<br />

Die unüberbrückbaren ideologischen Meinungsunterschiede, die zwischen SPD und<br />

KPD auch nach dem 30. J<strong>an</strong>uar 1933 im <strong>Saar</strong>gebiet in unvermin<strong>der</strong>ter Schärfe ausgetragen<br />

wurden, sollten für das gemeinsame Ziel zurückgestellt werden.<br />

29


Die Status-quo-Bewegung scheiterte mit einer nie<strong>der</strong>schmetternden Nie<strong>der</strong>lage in<br />

<strong>der</strong> Volksabstimmung am 13. J<strong>an</strong>uar 1935. Neben <strong>der</strong> Schwierigkeit, das Votum <strong>der</strong><br />

eigenen Anhängerschaft zu vermitteln - die Status-quo-Bewegung erhielt bei <strong>der</strong> Volksabstimmung<br />

ca. 46.000 Stimmen, während allein SPD und KPD bei <strong>der</strong> letzten L<strong>an</strong>desratswahl<br />

1932 ca. 120.000 Stimmen erhielten-, missl<strong>an</strong>g <strong>der</strong> Status-quo-Bewegung<br />

die Ausweitung <strong>der</strong> Einheitsfront zu einer saarländischen Volksfront. Die klare<br />

Stellungnahme insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> katholischen Amtskirche für die Rückglie<strong>der</strong>ung auch<br />

zu Hitlerdeutschl<strong>an</strong>d, verhin<strong>der</strong>te eine nennenswerte Ausdehnung <strong>der</strong> Status-quo-<br />

Bewegung auf katholische Kreise. Joh<strong>an</strong>nes Hoffm<strong>an</strong>n und Pater Hugolinus Dörr, <strong>der</strong><br />

überraschend auf <strong>der</strong> großen <strong>an</strong>tifaschistischen Kundgebung am 26. August 1934 in<br />

Sulzbach als Redner für den Status quo auftrat (Tafel 14 Mitte mit dem schwarzen Hut,<br />

neben ihm Max Braun) blieben mit wenigen Gefährten mutige Einzelkämpfer im christlichen<br />

Lager. Der mutige Kampf aller Antifaschisten im Abstimmungskampf 1933/34<br />

gehört bis heute zu den wenigen positiven Meilensteinen bis zur Mitte des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

auf dem steinigen Weg <strong>der</strong> <strong>Saar</strong>region zu einer Politik, die von demokratischen<br />

Grundsätzen und von europäischer Verständigung getragen war.<br />

Nach <strong>der</strong> Volksabstimmung 1935 emigrierten viele politisch und rassisch verfolgte<br />

<strong>Saar</strong>län<strong>der</strong>/innen hauptsächlich ins nahe Fr<strong>an</strong>kreich, wie Heinrich Wacker und Luise<br />

Schiffgens (Tafel 14 unten). Für viele Emigr<strong>an</strong>ten, die schon aus Deutschl<strong>an</strong>d ins<br />

<strong>Saar</strong>gebiet gekommen waren, ging die Flucht weiter, wie z.B. für Max Bock (Tafel 14<br />

unten).<br />

Beleg <strong>der</strong> Aufnahmegebühr von 100,— Fr<strong>an</strong>ken von Helmut Thull aus Uchtelf<strong>an</strong>gen, <strong>der</strong> am 27. 05. 1955 <strong>der</strong><br />

„Deutsche Sozialdemokratische Partei“ (DSP) beigetreten war, Helmut Thull war von 1955 bis 1958 SPD-<br />

Vorsitzen<strong>der</strong> in Uchtelf<strong>an</strong>gen.<br />

Sozialdemokraten Sozialdemokraten <strong>an</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>der</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong> <strong>Saar</strong> im im Dritten Dritten Reich<br />

Reich<br />

Nach <strong>der</strong> Rückglie<strong>der</strong>ung des <strong>Saar</strong>gebietes <strong>an</strong> das nationalsozialistische Deutsche<br />

Reich wurden alle politischen Gegner durch ausgefeilte Überwachungs- und Unterdrückungsmaßnahmen<br />

mundtot gemacht, bespitzelt und verfolgt. Da dies bereits für<br />

30


politisch aufgeklärte Menschen absehbar war, waren viele <strong>der</strong> exponierten Funktionäre<br />

<strong>der</strong> Hitlergegner bereits aus dem L<strong>an</strong>d emigriert, fast alle <strong>an</strong><strong>der</strong>en enthielten sich<br />

in einer Atmosphäre latenter Angst jeglicher politischer Meinungsäußerung. M<strong>an</strong> traf<br />

sich privat, wirkte aber aus Angst vor Bespitzelung nicht nach außen (Tafel 16 Mitte).<br />

Neben <strong>der</strong> Schik<strong>an</strong>ierung und aktiven Verfolgung bestimmter von den Nazis ausgegrenzter<br />

Gruppen wie <strong>der</strong> Juden (Tafel 15 oben), <strong>der</strong> Sinti und Roma betraf <strong>der</strong> auf alle<br />

politischen Gegner gerichtete Hass <strong>der</strong> Nazis in erster Linie die Kommunisten, d<strong>an</strong>n<br />

auch die Sozialdemokraten und Christen. So verdienstvoll und ehrenhaft <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>st<strong>an</strong>d<br />

<strong>der</strong> <strong>Sozialdemokratie</strong> gegen die Naziherrschaft war - die Rede des SPD-Vorsitzenden<br />

Otto Wels vor <strong>der</strong> Abstimmung über das Ermächtigungsgesetz im Reichstag<br />

bleibt ein beeindruckendes menschliches und politisches Zeugnis -, so war dieser<br />

Wi<strong>der</strong>st<strong>an</strong>d doch in <strong>der</strong> Regel nur von einzelnen geleistet, die meist in die Fänge des<br />

verbrecherischen Regimes gerieten.<br />

DSP-Mitgliedskarte von Alois Weber, geboren am 06. 08. 1925, Ortsverein Wadrill, Beitritt am 20. 04. 1955.<br />

In dieser Ausstellung haben wir das Augenmerk auf zwei Personen gerichtet, die<br />

bisher weniger von <strong>der</strong> Forschung berücksichtigt wurden.<br />

Magdalena Berty (Tafel 16 oben) wurde am 21. J<strong>an</strong>uar 1889 in Merzig geboren. Sie<br />

heiratete am 12. September 1922 in Sulzbach Karl Weber und trat im darauffolgenden<br />

Jahr <strong>der</strong> SPD bei. Seit 1924 arbeitete sie am Aufbau <strong>der</strong> Arbeiterwohlfahrt mit und war<br />

seit 1926 auch Mitglied des Arbeiter-Samariter-Bundes. Bis zur Volksabstimmung 1935<br />

war sie Vorst<strong>an</strong>dsmitglied des Ortsvereins Sulzbach und emigrierte mit ihrem Ehem<strong>an</strong>n<br />

am 17. J<strong>an</strong>uar desselben Jahres über Forbach ins südfr<strong>an</strong>zösische Departement<br />

Gers (L<strong>an</strong>guedoc), wo sie sich bis Anf<strong>an</strong>g September 1936 aufhielt. Von dort ging sie<br />

nach Sp<strong>an</strong>ien und nahm als Röntgenschwester des Internationalen S<strong>an</strong>itätsdienstes<br />

Sp<strong>an</strong>ien (SSI) am Sp<strong>an</strong>ischen Bürgerkrieg teil. Als sich die Nie<strong>der</strong>lage <strong>der</strong> republik<strong>an</strong>ischen<br />

Volksfront abzeichnete, verließ Magdalena Weber im April 1938 Sp<strong>an</strong>ien und<br />

begab sich nach Fr<strong>an</strong>kreich, wo sie sich in Paris, Montaub<strong>an</strong> und Negrepelisse aufhielt,<br />

bevor sie am 26. Juni bis zum 29. Juli 1940 (nach dem Einmarsch <strong>der</strong> deutschen<br />

Wehrmacht in Fr<strong>an</strong>kreich) im Lager Gurs interniert wurde.<br />

31


Am 18. Mai 1941 wurde sie durch die fr<strong>an</strong>zösische Polizei des Vichy-Regimes festgenommen<br />

und wegen illegaler Betätigung für die Kommunistische Partei, was sie heftig<br />

bestritt, zu einer Gefängnisstraße von zwei Jahren verurteilt. Nachdem sie in mehreren<br />

fr<strong>an</strong>zösischen Gefängnissen eingesessen hatte, wurde sie im J<strong>an</strong>uar 1942 ins<br />

Militärgefängnis nach Toulouse verlegt, von wo sie im Juli 1942 <strong>der</strong> Gestapo übergeben<br />

und nach Deutschl<strong>an</strong>d zurückgeführt wurde. Sommer und Herbst 1942 verbrachte<br />

sie in den Gefängnissen Trier und <strong>Saar</strong>brücken. Ein Hochverratsverfahren wegen ihres<br />

Einsatzes im sp<strong>an</strong>ischen Bürgerkrieg auf Seiten <strong>der</strong> Republik<strong>an</strong>er vor dem Volksgerichtshof<br />

wurde gemäß eines Erlasses des Reichsjustizministers vom 31. J<strong>an</strong>uar 1942<br />

eingestellt. Sie wurde wie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Gestapo übergeben, die sie am 28. November 1942<br />

zu vielen weiteren Sp<strong>an</strong>ienkämpferinnen ins Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück<br />

überstellte, wo sie - nach einem Zwischenaufenthalt im KZ Auschwitz - am 27. April<br />

1945 ermordet wurde.<br />

SPD-Mitgliedskarte von Anna Osterroth, geboren am 04. 01, 1885, OV <strong>Saar</strong>brücken-St. Joh<strong>an</strong>n, Beitritt 1918.<br />

Sie wurde am 01. 05. 1956 von <strong>der</strong> SPS in die SPD übernommen.<br />

Julius Strumm (Tafel 16 unten) wurde am 15. Juli 1915 als Sohn <strong>der</strong> in Fr<strong>an</strong>kfurt am<br />

Main beschäftigten Haus<strong>an</strong>gestellten Katharina Strumm in Altenwald bei Sulzbach/<br />

<strong>Saar</strong> geboren; hier wuchs er bei seinem Großvater Peter Strumm auf. Er besuchte von<br />

1921 bis 1929 die Volksschule. Seine Lehrstelle in einer Dreherei musste er wegen<br />

schlechter wirtschaftlicher Verhältnisse vorzeitig aufgeben, f<strong>an</strong>d d<strong>an</strong>n Beschäftigung<br />

auf den Gruben Altenwald und Hirschbach, bis er 1933 infolge <strong>der</strong> Weltwirtschaftskrise<br />

entlassen wurde. 1931 war er dem Bergarbeiterverb<strong>an</strong>d beigetreten und gehörte<br />

zur Jugendgruppe <strong>der</strong> Naturfreunde. Bis September 1934 leistete er seinen Dienst im<br />

Reichsarbeitsdienst (RAD), hielt sich d<strong>an</strong>ach bei seinem Großvater auf und nahm am<br />

<strong>Saar</strong>abstimmungskampf teil; dabei wurde er im Dezember 1934 von den Nazis zusammengeschlagen.<br />

Da er als Emigr<strong>an</strong>t ohne gültige Papiere die fr<strong>an</strong>zösische Grenze<br />

überschritten hatte, wurde er in Südfr<strong>an</strong>kreich verhaftet und mehrere Monate interniert.<br />

Bei <strong>der</strong> nachfolgenden Beschäftigung bei einem Bauunternehmen erlitt er einen<br />

Unfall, <strong>der</strong> einen dreimonatigen Kr<strong>an</strong>kenhausaufenthalt erfor<strong>der</strong>lich machte. Im Mai<br />

1936 ging er über die grüne Grenze nach Sp<strong>an</strong>ien, wo er bei S<strong>an</strong> Sebasti<strong>an</strong> und<br />

Oviedo auf republik<strong>an</strong>ischer Seite <strong>an</strong> <strong>der</strong> Front war. Im Herbst 1937 kehrte er nach<br />

Fr<strong>an</strong>kreich zurück.<br />

32


Am 7. J<strong>an</strong>uar 1938 meldete er sich freiwillig zur fr<strong>an</strong>zösischen Fremdenlegion und tat<br />

bis Juli 1940 Dienst im 1. Kavallerieregiment in Sousse in Tunesien. Mittlerweile wurde<br />

ihm die deutsche Staatsbürgerschaft aberk<strong>an</strong>nt. Nach seiner freiwilligen Rückkehr aus<br />

Nordafrika unter Zusicherung von Straffreiheit wurde Julius mit <strong>an</strong><strong>der</strong>en Legionären<br />

interniert und von <strong>der</strong> fr<strong>an</strong>zösischen Gendarmerie am 27. Juli 1941 in Chalon-sur-<br />

Saône <strong>der</strong> deutschen Sicherheitspolizei überstellt, die ihn am 24. November 1941<br />

wegen Hochverrats <strong>an</strong>klagte. Das Hochverratsverfahren wegen seines Einsatzes im<br />

sp<strong>an</strong>ischen Bürgerkrieg vor dem Volksgerichtshof wurde ebenfalls gemäß des Erlasses<br />

des Reichsjustizministers eingestellt Als Sp<strong>an</strong>ienkämpfer blieb er in Schutzhaft in<br />

Fr<strong>an</strong>kfurt am Main. Am 28. Mai 1942 wurde Julius Strumm von <strong>der</strong> Gestapo ins Konzentrationslager<br />

Dachau gebracht. Er starb dort zwei Tage vor seinem 27. Geburtstag<br />

am 13. Juli 1942 gegen 21 Uhr. Als Todesursache gab die KZ-Leitung <strong>an</strong>: „Versagen von<br />

Herz und Kreislauf bei eitriger Rippenfellentzündung“. Die Wahrheit wird wohl <strong>an</strong><strong>der</strong>s<br />

ausgesehen haben.<br />

Die Die Sozialdemokratische Sozialdemokratische Partei Partei des des des <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>des: <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>des: Neubeginn Neubeginn und und Krise Krise<br />

Krise<br />

An <strong>der</strong> <strong>Saar</strong> dauerte das Tausendjährige Reich <strong>der</strong> Nationalsozialisten nur zehn Jahre.<br />

So wie in <strong>Saar</strong>brücken (Tafel 17 Mitte) und teils noch schlimmer sah es im g<strong>an</strong>zen<br />

L<strong>an</strong>d aus, vornehmlich im industriellen Kernbereich und im Raum des Westwalls. Am<br />

Ende des Zweiten Weltkriegs lagen nicht nur große Teile des L<strong>an</strong>des in Trümmern, ca.<br />

35.000 kriegsbedingte Tote waren zu beklagen, die Infrastruktur war weitestgehend<br />

zusammengebrochen und eine Zivilgesellschaft musste und konnte ab <strong>der</strong> „Stunde<br />

Null“ wie<strong>der</strong> von Grund auf neu aufgebaut werden. Dazu leisteten Sozialdemokraten<br />

einen erheblichen Beitrag.<br />

Das Wappen des <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>des in <strong>der</strong> Zeit des autonomen <strong>Saar</strong>staates war in den<br />

Farben <strong>der</strong> fr<strong>an</strong>zösischen Trikolore gehalten und wies ein Kreuz auf (Tafel 17 oben). In<br />

<strong>der</strong> Präambel <strong>der</strong> saarländischen Verfassung von 1947 war die enge politische und<br />

wirtschaftliche Anlehnung <strong>an</strong> den fr<strong>an</strong>zösischen Nachbarn festgeschrieben und mit<br />

absoluter Mehrheit stellte die aus dem katholischen Zentrum hervorgeg<strong>an</strong>gene Christliche<br />

Volkspartei die stärkste politische Kraft, während die Sozialdemokraten ein<br />

rundes Drittel <strong>der</strong> Stimmen auf sich vereinigen konnte. Nach <strong>an</strong>fänglichen Richtungskämpfen<br />

setzten sich in <strong>der</strong> <strong>Sozialdemokratie</strong> diejenigen Kräfte durch, die mit Richard<br />

Kirn und Heinz Braun <strong>an</strong> <strong>der</strong> Spitze unter den von <strong>der</strong> Besatzungsmacht vorgegebenen<br />

Bedingungen einen Ausgleich mit den früheren Kriegsgegnern und eine verstärkte<br />

Zusammenarbeit in Europa (Tafel 17 unten) <strong>an</strong>strebten. Dadurch war es möglich,<br />

unter sozialdemokratischer Führung eine Sozialpolitik zu gestalten, die die bundesdeutschen<br />

Sozialleistungen weit übertraf.<br />

Der Sozialdemokrat Heinrich Wacker, vor 1935 Geschäftsführer des Werkmeisterverb<strong>an</strong>des<br />

<strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong>, hatte für 1. Juli 1945 zur konstituierenden Sitzung einer Einheitsgewerkschaft<br />

geladen, in <strong>der</strong> Kommunisten, Christen und Sozialdemokraten gemeinsam<br />

die Interessen <strong>der</strong> Arbeiterschaft vertreten sollten. Nachdem die fr<strong>an</strong>zösische<br />

33


Militärregierung am 10. September 1945 die offizielle Genehmigung zur Gründung von<br />

Gewerkschaften erteilt hatte, entst<strong>an</strong>den am 18. November 1945 in L<strong>an</strong>dsweiler-Reden<br />

<strong>der</strong> Industrie-Verb<strong>an</strong>d Bergbau (IV), am 16. Dezember desselben Jahres in Völklingen<br />

<strong>der</strong> IV Metall und bald darauf zehn weitere Gewerkschaften. Das Prinzip <strong>der</strong><br />

Einheitsgewerkschaft verfolgte m<strong>an</strong> aus den Erfahrungen mit dem Dritten Reich, wobei<br />

m<strong>an</strong> die Machtübernahme <strong>der</strong> Nazis <strong>der</strong> fehlenden Einheit <strong>der</strong> <strong>an</strong>tifaschistischen<br />

Kräfte zuschrieb. Joh<strong>an</strong>nes Hoffm<strong>an</strong>n, <strong>der</strong> Vorsitzende <strong>der</strong> CVP, betrieb seit 1946 den<br />

Aufbau einer christlichen Gewerkschaft,<br />

von <strong>der</strong> er sich die Unterstützung seiner<br />

<strong>an</strong>f<strong>an</strong>gs nicht unumstrittenen Stellung in<br />

seiner Partei erhoffte. Dadurch waren,<br />

entgegen <strong>der</strong> ursprünglichen Absicht, die<br />

Gewerkschaften wie<strong>der</strong> entl<strong>an</strong>g <strong>der</strong> Parteigrenzen<br />

zersplittert.<br />

SPD-Mitgliedsbuch von Kurt Achenbach, geboren am<br />

25. 03. 1933, Ortsverein Alt-<strong>Saar</strong>brücken, Beitritt am<br />

06. 02. 1961. Kurt Achenbach war von 1974 bis 1982<br />

OV Schriftführer und von 1982 bis 1992 Stellvertreten<strong>der</strong><br />

OV Vorsitzen<strong>der</strong> Alt-<strong>Saar</strong>brücken.<br />

34<br />

Der L<strong>an</strong>dtag beschloß 1951 das Gesetz<br />

über die Errichtung <strong>der</strong> Arbeitskammer<br />

des <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>des, die als Körperschaft des<br />

öffentlichen Rechts die Interessen <strong>der</strong> Arbeitnehmer<br />

in <strong>der</strong> saarländischen Wirtschaft<br />

bis heute vertritt. In den Anf<strong>an</strong>gsjahren<br />

gehörten die Fortbildungsver<strong>an</strong>staltungen<br />

für Betriebsräte und die Ermöglichung<br />

eines Urlaubsaufenthalts für<br />

Arbeiterfamilien zu ihren Tätigkeitsfel<strong>der</strong>n.<br />

Die Arbeitskammer spielt auch eine<br />

wichtige Rolle in <strong>der</strong> Sozialpolitik.<br />

Unter den Erfolgen <strong>der</strong> SPS ist <strong>an</strong> erster<br />

Stelle die behutsame, aber effektive Sozialversicherungsreform<br />

zu nennen, nach<br />

<strong>der</strong> die L<strong>an</strong>desversicherungs<strong>an</strong>stalt zum<br />

zentralen Versicherungsträger wurde.<br />

Natürlich trugen die vergleichsweise ho-<br />

hen Sozialleistungen auch zur Stabilisierung des politischen Systems bzw. <strong>der</strong> Eigenstaatlichkeit<br />

des <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>des bei. Nicht zu vergessen sind auch die gewaltigen Leistungen<br />

beim Wie<strong>der</strong>aufbau des L<strong>an</strong>des und <strong>der</strong> Versorgung <strong>der</strong> Kriegsopfer; innerhalb<br />

weniger Jahre besserten sich die Wohnverhältnisse und die Versorgungslage <strong>der</strong><br />

Bevölkerung in erheblichem Maße. Neben eigenen Produkten konnte m<strong>an</strong> zunehmend<br />

auch auf fr<strong>an</strong>zösische Konsumgüter zurückgreifen (Tafel 18 oben und Mitte).<br />

Ein Problem, was die SPS unter den vorgegebenen Bedingungen nicht befriedigend<br />

lösen konnte, war die von <strong>der</strong> fr<strong>an</strong>zösischen Regierung verweigerte Mitbestimmung<br />

in den Betrieben, beson<strong>der</strong>s in <strong>der</strong> Mont<strong>an</strong>industrie. So zeichnete sich im politischen<br />

Streit über das Mitbestimmungsgesetz vom Juli 1954 beim Streik im Februar 1955, bei


dem die saarländische Polizei nicht gerade zimperlich gegen Demonstr<strong>an</strong>ten vorging,<br />

eine zunehmende Dist<strong>an</strong>z <strong>der</strong> Arbeitnehmerschaft zur <strong>Saar</strong>regierung und zum <strong>Saar</strong>staat<br />

ab, die sich im Kampf um das <strong>Saar</strong>statut deutlich m<strong>an</strong>ifestieren sollte.<br />

Der Der Kampf Kampf um um das das <strong>Saar</strong>statut<br />

<strong>Saar</strong>statut<br />

Aufgrund von Entwicklungen in <strong>der</strong> europäischen Politik und <strong>der</strong> <strong>an</strong>gestrebten Integration<br />

<strong>der</strong> Bundesrepublik Deutschl<strong>an</strong>d in das westliche Bündnissystem erwies sich<br />

die ungeklärte Frage über den zukünftigen politischen Status des <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>des zunehmend<br />

als störend. So erhielt die saarländische Bevölkerung zw<strong>an</strong>zig Jahre nach <strong>der</strong><br />

Volksabstimmung vom 13. J<strong>an</strong>uar 1935 erneut die Gelegenheit, am 23. Oktober 1955<br />

über die politische Zukunft ihres L<strong>an</strong>des abzustimmen (Tafel 19). Das von deutschen<br />

und fr<strong>an</strong>zösischen Politikern 1954 erarbeitete<br />

<strong>Saar</strong>statut (Tafel 19 Mitte) sah eine<br />

Europäisierung des kleinen L<strong>an</strong>des <strong>an</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Saar</strong> unter Beibehaltung des wirtschaftlichen<br />

Anschlusses <strong>an</strong> Fr<strong>an</strong>kreich vor; die<br />

Wahlmöglichkeit war auf Zustimmung<br />

o<strong>der</strong> Ablehnung des Statuts begrenzt,<br />

wobei nicht klar war, was im Falle einer<br />

Ablehnung passieren würde. Der springende<br />

Punkt war aber <strong>der</strong>, dass nach dem<br />

Statut drei Monate vor <strong>der</strong> Abstimmung<br />

keine Parteien von <strong>der</strong> <strong>Saar</strong>regierung<br />

mehr verboten werden durften (wie seit<br />

1952 die Deutsche Sozialdemokratische<br />

Partei [DSP, später SPD]).<br />

Mitgliedsbuch <strong>der</strong> Sozialistischen Jugend Deutschl<strong>an</strong>ds<br />

„Die Falken“, L<strong>an</strong>desverb<strong>an</strong>d <strong>Saar</strong>, aus dem jahre<br />

1959.<br />

35<br />

So kam es alsbald zur Gründung neuer<br />

Parteien (DPS, CDU und DSP), die sich<br />

in einem Wahlbündnis als Heimatbundparteien<br />

zusammenschlossen und als<br />

Neinsager das Statut ablehnten, das von<br />

den bisher staatstragenden Parteien CVP<br />

und SPS als Jasagern befürwortet wurde.<br />

Der vierteljährige Wahlkampf wurde<br />

sehr emotional geführt, aber längst nicht mehr so brutal wie 1935, dennoch kam es<br />

zu Gewaltausbrüchen und Polizeieinsätzen (Tafel 19 oben) und zu einem tiefen Riss<br />

durch die saarländische Gesellschaft und zahlreiche Familien, <strong>der</strong> über Jahrzehnte<br />

fortbest<strong>an</strong>d. Bei dem Referendum am 23. Oktober 1955 lehnten 67,7 Prozent <strong>der</strong><br />

saarländischen Bevölkerung das <strong>Saar</strong>statut ab. Die fr<strong>an</strong>zösischen Politiker respektierten<br />

dieses eindeutige Votum und machten den Weg frei für neue Verh<strong>an</strong>dlungen, <strong>an</strong><br />

<strong>der</strong>en Ende <strong>der</strong> Beitritt des <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>des als neues Bundesl<strong>an</strong>d <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />

Deutschl<strong>an</strong>d zum 1. J<strong>an</strong>uar 1957 st<strong>an</strong>d. Die wirtschaftliche Rückglie<strong>der</strong>ung erfolgte


erst am 6. Juli 1959 (Tag X); diese Überg<strong>an</strong>gsphase vergegenwärtigen Briefmarken <strong>der</strong><br />

deutschen Bundespost (u. a. mit dem Bild des Bundespräsidenten Theodor Heuss)<br />

und fr<strong>an</strong>zösischer Währungs<strong>an</strong>gabe (für die im <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>d bis dahin gültigen Fr<strong>an</strong>ken).<br />

M<strong>an</strong> k<strong>an</strong>n sich in diesem Zusammenh<strong>an</strong>g vergegenwärtigen, dass im <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>d im 20.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>t im Verlaufe von <strong>an</strong><strong>der</strong>thalb Generationen siebenmal die gültige Währung<br />

wechselte: Reichsmark (bis 1922), Fr<strong>an</strong>zösische Fr<strong>an</strong>ken (bis 1935), Reichsmark (bis<br />

1947), <strong>Saar</strong>mark (1947), Fr<strong>an</strong>zösische Fr<strong>an</strong>ken bis 1954, <strong>Saar</strong>fr<strong>an</strong>ken (bis 1959), D-<br />

Mark (bis 2001) und seit 2002 Euro (Tafel 19 unten).<br />

Auch auf <strong>der</strong> Ebene <strong>der</strong> politischen Parteien ging die Aussöhnung <strong>der</strong> Kontrahenten<br />

bei <strong>der</strong> Volksabstimmung nicht ohne Schwierigkeiten vonstatten. In <strong>der</strong> <strong>Sozialdemokratie</strong><br />

traten zahlreiche Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> SPS, die ihre Selbstauflösung beschloss, zur<br />

SPD über, die den neuen Vorst<strong>an</strong>d bereits gewählt hatte. Die exponierten Ja-Sager,<br />

zum Beispiel Richard Kirn, Heinz Braun, Angela Stratm<strong>an</strong>n-Braun und Peter Zimmer,<br />

zogen sich freilich aus <strong>der</strong> Politik zurück.<br />

SPD-Mitgliedsbuch von Walter Müller, geboren am 22.<br />

04. 1932, OV Hirstein, Beitritt am 01. 02. 1963<br />

36<br />

Die Lösung <strong>der</strong> <strong>Saar</strong>frage hat den Weg<br />

frei gemacht zur deutsch-fr<strong>an</strong>zösischen<br />

Freundschaft seit 1963. Aus heutiger Sicht<br />

k<strong>an</strong>n m<strong>an</strong> festhalten, dass das damals<br />

unterlegene Drittel <strong>der</strong> <strong>Saar</strong>bevölkerung<br />

schneller als die Mehrheit den Weg nach<br />

Europa <strong>an</strong>strebte, den m<strong>an</strong> einige Jahrzehnte<br />

d<strong>an</strong>ach mit dem Europa <strong>der</strong> Vaterlän<strong>der</strong><br />

dennoch beschritt.<br />

Der Der Weg Weg nach nach oben<br />

oben<br />

Als Ministerpräsident Rö<strong>der</strong> 1960/61 einer<br />

kleinen Koalition mit <strong>der</strong> FDP den<br />

Vorzug gab und die SPD bei <strong>der</strong> Regierungsbildung<br />

nicht mehr berücksichtigte,<br />

wurde <strong>der</strong> Wechsel in die Opposition<br />

als Schock empfunden. M<strong>an</strong> zeigte sich<br />

nicht zuletzt überrascht, weil die SPD in<br />

den verg<strong>an</strong>genen fünf Jahren mit <strong>der</strong> CDU<br />

gut zusammengearbeitet hatte und in<br />

keinem Bundesl<strong>an</strong>d größere Gemeinsamkeiten<br />

zwischen beiden Parteien existierten.<br />

Von 1967 bis 1971 verän<strong>der</strong>te die SPD <strong>Saar</strong> nachhaltig ihr Gesicht. Damals wurden<br />

wichtige Voraussetzungen für die späteren Erfolge geschaffen. In dieser Phase drängten<br />

junge Politiker <strong>an</strong> die Spitze, die später als Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> L<strong>an</strong>desregierung die


Politik im <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>d gestalten sollten. Der Austausch einer g<strong>an</strong>zen Funktionärsgeneration,<br />

<strong>der</strong> im Verlauf des L<strong>an</strong>desparteitages 1970 erfolgte, ist unter <strong>an</strong><strong>der</strong>em aber auch<br />

das Resultat von Verän<strong>der</strong>ungen innerhalb <strong>der</strong> Mitgliedschaft, die den Aufstieg <strong>der</strong><br />

Jungsozialisten überhaupt erst ermöglichten. Die Jungsozialisten bildeten das Herzstück<br />

<strong>der</strong> innerparteilichen Opposition gegen die etablierte Parteiführung, die seit<br />

1955 nahezu unverän<strong>der</strong>t gebliebenen war. Die innerparteiliche Opposition entst<strong>an</strong>d<br />

in <strong>der</strong> Ausein<strong>an</strong><strong>der</strong>setzung um die Novelle des Rundfunkgesetzes im Jahre 1967. Mit<br />

massiver Schelte gegenüber L<strong>an</strong>desvorst<strong>an</strong>d und L<strong>an</strong>dtagsfraktion traten die saarländischen<br />

Jungsozialisten erstmals in Erscheinung.<br />

Ansatzpunkt ihrer Kritik war<br />

das parlamentarische Verhalten einiger<br />

sozialdemokratischer L<strong>an</strong>dtagsabgeordneten,<br />

die dem bundesweit umstrittenen<br />

Gesetz zur Privatisierung des Rundfunks<br />

zugestimmt hatten. Im Verlauf <strong>der</strong> weiteren<br />

Entwicklung übernahm die innerparteiliche<br />

Oppositionsgruppe in wichtigen<br />

Sach- und Personalfragen wie im Streit<br />

um die Schulreform o<strong>der</strong> bei <strong>der</strong> K<strong>an</strong>didatennominierung<br />

für die L<strong>an</strong>dtagswahl<br />

1970 die Meinungsführerschaft und konnte<br />

sich gegen die Spitze von Partei und<br />

Fraktion entscheidend durchsetzen. Friedel<br />

Läpple wurde schließlich beim L<strong>an</strong>desparteitag<br />

1970 gegen Friedel Regitz<br />

mit 153:149 Stimmen als Nachfolger von<br />

Kurt Conrad zum L<strong>an</strong>desvorsitzenden<br />

gewählt. Zum ersten und bisher einzigen<br />

Male in <strong>der</strong> l<strong>an</strong>gen Geschichte <strong>der</strong> <strong>Sozialdemokratie</strong><br />

wurde damit ein noch amtieren<strong>der</strong><br />

Juso-Vorsitzen<strong>der</strong> Vorsitzen<strong>der</strong> SPD-Mitgliedsbuch aus dem Jahr 1968.<br />

eines L<strong>an</strong>desverb<strong>an</strong>des.<br />

Die Verstärkung <strong>der</strong> innerparteilichen Ausein<strong>an</strong><strong>der</strong>setzungen in <strong>der</strong> SPD in <strong>der</strong> zweiten<br />

Hälfte <strong>der</strong> 60er Jahre wurde nicht zuletzt hervorgerufen durch einen Strukturw<strong>an</strong>del,<br />

<strong>der</strong> die Zusammensetzung <strong>der</strong> Mitgliedschaft wesentlich verän<strong>der</strong>te. Im Jahre<br />

1973 kommentierte Willy Br<strong>an</strong>dt die Entwicklung seiner Partei in den letzten Jahren<br />

mit den Worten: „Verän<strong>der</strong>ung bedeutet fast immer Sp<strong>an</strong>nung.“ Verän<strong>der</strong>t hatte sich<br />

die Zusammensetzung <strong>der</strong> SPD seit <strong>der</strong> Verabschiedung des Godesberger Programms<br />

in <strong>der</strong> Tat: die Berufs- und Altersstruktur war seit Beginn <strong>der</strong> sechziger Jahre durch<br />

den Rückg<strong>an</strong>g des Arbeiter<strong>an</strong>teils und speziell bei den Neuaufnahmen einem starken<br />

W<strong>an</strong>del ausgesetzt. Der Arbeiter<strong>an</strong>teil verringerte sich in <strong>der</strong> Zeit 1961-1971 bei den<br />

neu aufgenommenen Mitglie<strong>der</strong>n drastisch. Dagegen stieg <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Angestellten<br />

und Beamten, sowie <strong>der</strong> Schüler und Studenten. So war 1968 <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> jungen<br />

Generation bei den Mitglie<strong>der</strong>n auf 180.000 (25,5 %) gestiegen. M<strong>an</strong> k<strong>an</strong>n feststellen,<br />

37


dass die saarländische Son<strong>der</strong>entwicklung nach dem Zweiten Weltkrieg die innerparteiliche<br />

Entwicklung <strong>der</strong> SPD <strong>Saar</strong> bis 1970 bestimmt hat. Die frühe Übernahme <strong>der</strong><br />

SPS wurde von Bonn gesteuert und k<strong>an</strong>n als Beginn eines Anpassungsprozesses<br />

verst<strong>an</strong>den werden, in <strong>der</strong>en Verlauf sich die SPD <strong>Saar</strong> zunehmend in die bundespolitische<br />

Entwicklung integrierte. Vor dem Hintergrund <strong>der</strong> bundespolitischen Kontroversen<br />

zwischen CDU und SPD haftete <strong>der</strong> saarländischen Bereitschaft zur Kooperation<br />

mit <strong>der</strong> regierenden CDU - beson<strong>der</strong>s ausgeprägt beim sogen<strong>an</strong>nten ‚Ministerflügel‘<br />

um Friedel Regitz - etwas Überlebtes <strong>an</strong>.<br />

Der Haupttrend <strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong> Wahlergebnisse<br />

im <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>d seit 1955 wird<br />

durch die kontinuierlichen Stimmengewinne<br />

<strong>der</strong> Sozialdemokraten charakterisiert.<br />

Während bei <strong>der</strong> L<strong>an</strong>dtagswahl 1955<br />

SPD und SPS zusammen nur etwa 20 %<br />

<strong>der</strong> Stimmen erreichten, erzielte die SPD<br />

<strong>Saar</strong> bei <strong>der</strong> L<strong>an</strong>dtagswahl 1985 mit 49,2<br />

% fast die absolute Stimmenmehrheit.<br />

Zwischenschritte auf dem Weg zur absoluten<br />

Mehrheit 1985 waren die Stimmengewinne<br />

bei den L<strong>an</strong>dtagswahlen 1960<br />

und 1965 von 15,7 % bzw. 10,7 %, das<br />

gute Ergebnis bei <strong>der</strong> Bundestagswahl<br />

1972 (47,9 %) und <strong>der</strong> Erfolg 1980, bei<br />

<strong>der</strong> die CDU erstmals bei einer L<strong>an</strong>dtagswahl<br />

überflügelt werden konnte. Bei allen<br />

Bundestagswahlen seit 1972 erreichte<br />

die <strong>Saar</strong>-SPD deutlich bessere Ergebnisse<br />

als die Bundespartei, wobei die<br />

SPD-Mitgliedsbuch aus dem Jahr 1987.<br />

Differenz im Laufe <strong>der</strong> Zeit größer wurde.<br />

Die SPD erk<strong>an</strong>nte die Zeichen <strong>der</strong><br />

Zeit und gew<strong>an</strong>n durch das Aufgreifen<br />

von Ged<strong>an</strong>ken <strong>der</strong> Studenten-, Frauen- und <strong>der</strong> Friedensbewegung und <strong>an</strong><strong>der</strong>er aktueller<br />

bundespolitischer Themen immer mehr Rückhalt unter <strong>der</strong> saarländischen Bevölkerung.<br />

Nachdem Oskar Lafontaine 1977 den Vorsitz <strong>der</strong> SPD <strong>Saar</strong> von Friedel Läpple übernommen<br />

hatte, err<strong>an</strong>g die SPD 1980 mit 45,4 % ihr bis dahin bestes L<strong>an</strong>dtagswahlergebnis,<br />

scheiterte aber <strong>an</strong> <strong>der</strong> Koalition zwischen CDU und FDP. Auf <strong>der</strong> Basis <strong>der</strong><br />

L<strong>an</strong>dtagswahlen vom 10. März 1985 war die SPD bei <strong>der</strong> Regierungsbildung auf keinen<br />

Koalitionspartner <strong>an</strong>gewiesen. Am 9. April 1985 wurde Oskar Lafontaine zum<br />

ersten sozialdemokratischen Ministerpräsidenten des <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>des gewählt. Dem ersten<br />

Kabinett Lafontaine gehörten folgende Minister <strong>an</strong> (siehe Tafel 21): Arno Walter<br />

(Justiz), Diether Breitenbach (Kultus), H<strong>an</strong>s Kasper (Fin<strong>an</strong>zen), Ottokar Hahn (Bundes<strong>an</strong>gelegenheiten),<br />

Ministerpräsident Oskar Lafontaine, Jo Leinen (Umwelt), Brunhilde<br />

38


Peter (Arbeit), Friedel Läpple (Inneres) und H<strong>an</strong>s-Joachim Hoffm<strong>an</strong>n (Wirtschaft). Reinhard<br />

Klimmt übernahm den Fraktionsvorsitz im L<strong>an</strong>dtag. Zu den erklärten Zielen <strong>der</strong><br />

neuen Regierung gehörten die Reduzierung <strong>der</strong> auf 15 Prozent <strong>an</strong>gestiegenen Arbeitslosenzahlen,<br />

die Lösung <strong>der</strong> Stahlkrise, die S<strong>an</strong>ierung <strong>der</strong> miserablen Haushaltslage<br />

des L<strong>an</strong>des und <strong>der</strong> Ausbau <strong>der</strong> Hochschull<strong>an</strong>dschaft bzw. hochschulnaher Forschungsinstitute.<br />

Die Klage <strong>der</strong> saarländischen Regierung gegen den Län<strong>der</strong>fin<strong>an</strong>zausgleich<br />

vor dem Bundesverfassungsgericht war 1992 insofern von Erfolg gekrönt, als die<br />

Haushaltsnotlage des L<strong>an</strong>des <strong>an</strong>erk<strong>an</strong>nt wurde und damit Ausgleichszahlungen erreicht<br />

wurden, was den L<strong>an</strong>deshaushalt<br />

temporär entlastete. Dass die Bevölkerung<br />

die Erfolge <strong>der</strong> L<strong>an</strong>desregierung <strong>an</strong>erk<strong>an</strong>nte,<br />

belegen die Ergebnisse <strong>der</strong><br />

nachfolgenden L<strong>an</strong>dtagswahlen 1990 und<br />

1994, bei denen die SPD wie<strong>der</strong>holt die<br />

absolute Mehrheit erreichte.<br />

Oskar Lafontaine spielte als Ministerpräsident<br />

des <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>des auch eine zunehmend<br />

wichtige Rolle in <strong>der</strong> Bundespolitik.<br />

Er trat bei <strong>der</strong> Bundestagswahl am<br />

2. Dezember 1990 - zwei Monate nach<br />

<strong>der</strong> deutschen Wie<strong>der</strong>vereinigung - als<br />

K<strong>an</strong>zlerk<strong>an</strong>didat <strong>der</strong> SPD <strong>an</strong> und war von<br />

1995 bis 1999 Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> SPD auf<br />

Bundesebene. Nach <strong>der</strong> Bundestagswahl<br />

im September 1998 übernahm er im 1.<br />

Kabinett Schrö<strong>der</strong> den Posten des Bundesministers<br />

<strong>der</strong> Fin<strong>an</strong>zen. Sein Nachfolger<br />

im Amt des saarländischen Ministerpräsidenten<br />

wurde sein l<strong>an</strong>gjähriger Weggefährte<br />

Reinhard Klimmt. Oskar Lafon- Das <strong>der</strong>zeitige SPD-Mitgliedsbuch, etwa seit 1996.<br />

taine legte am 11. März 1999 überraschend<br />

alle politischen Ämter nie<strong>der</strong>; die<br />

SPD <strong>Saar</strong> verlor daraufhin die L<strong>an</strong>dtagwahl am 5. September 1999. Lafontaine äußerte<br />

sich in <strong>der</strong> Folgezeit kritisch zum Kurs <strong>der</strong> rot-grünen Bundesregierung unter Gerhard<br />

Schrö<strong>der</strong>, bevor er 2005 die SPD verließ und in <strong>der</strong> Partei „Die Linke“ wichtige<br />

Funktionen übernahm.<br />

39


■ Tafel Tafel 1 1 oben:<br />

oben:<br />

Die Die Gründungsphase<br />

Gründungsphase<br />

„Freiheit, Gleichheit, Brü<strong>der</strong>lichkeit! Einigkeit macht stark!“ steht<br />

auf <strong>der</strong> SPD-Traditionsfahne, die im Archiv <strong>der</strong> Sozialen <strong>Demokratie</strong><br />

<strong>der</strong> Friedrich-Ebert-<strong>Stiftung</strong> aufbewahrt wird und <strong>an</strong> Ferdin<strong>an</strong>d<br />

Lassalle und die Gründung <strong>der</strong> Deutschen <strong>Sozialdemokratie</strong> am<br />

23. Mai 1863 erinnert.<br />

Am 23. Mai 1863 wurde Ferdin<strong>an</strong>d Lassalle in einer Arbeiterversammlung<br />

in Leipzig zum ersten Präsidenten des Allgemeinen<br />

Deutschen Arbeitervereins (ADAV) gewählt; dieses Datum gilt als<br />

offizielles Gründungsdatum <strong>der</strong> SPD.<br />

Diese Gründung<br />

war kein Zufall<br />

o<strong>der</strong> spont<strong>an</strong>es<br />

Ereignis, son<strong>der</strong>n<br />

hat sich historisch<br />

entwickelt; sie<br />

ging auf frühere<br />

Versuche zur Bildung<br />

von autonomenArbeitervereinen<br />

zurück.<br />

Insbeson<strong>der</strong>e die<br />

Bildung <strong>der</strong> ersten<br />

deutschen Massenorg<strong>an</strong>isation<br />

für Arbeiter, die Allgemeine<br />

Deutsche<br />

Arbeiterverbrü<strong>der</strong>ung, die durch den Buchdrucker Steph<strong>an</strong> Born<br />

1848 gegründet wurde, war eine <strong>der</strong> Wurzeln <strong>der</strong> Gründung des<br />

ADAV. Darauf verweist auch das Symbol des H<strong>an</strong>dschlags, das in<br />

<strong>der</strong> Mitte <strong>der</strong> Traditionsfahne abgebildet ist und schon von <strong>der</strong><br />

Arbeiterverbrü<strong>der</strong>ung verw<strong>an</strong>dt worden war.<br />

43


■ Tafel Tafel 1 1 Mitte:<br />

Mitte:<br />

In <strong>der</strong> Nachfolge Lassalles, <strong>der</strong> schon 1864 in einem Duell starb,<br />

kam es im ADAV zu Richtungskämpfen und Abspaltungen; große<br />

Mitglie<strong>der</strong>gewinne waren nicht zu verzeichnen. 1869 gründeten<br />

Wilhelm Liebknecht und August Bebel die zweite sozialistische,<br />

die Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP). Nach <strong>an</strong>fänglichen<br />

Ausein<strong>an</strong><strong>der</strong>setzungen zwischen ADAV und SDAP z.B. über die<br />

nationale und die Gewerkschaftsfrage, erk<strong>an</strong>nten beide Parteien,<br />

dass sie im neu gegründeten Deutschen Kaiserreich und beson<strong>der</strong>s<br />

in Preußen gleichermaßen den Unterdrückungsmaßnahmen des<br />

Klassenstaates ausgesetzt waren. Diese Erkenntnis för<strong>der</strong>te den<br />

Einigungswillen und so wurde 1875 auf dem Einigungsparteitag<br />

die Sozialistische Arbeiterpartei<br />

(SAP)<br />

gegründet. Das Erinnerungsblatt<br />

<strong>an</strong> den<br />

Gothaer Parteitag<br />

zeigt Marx und Lassalle<br />

nebenein<strong>an</strong><strong>der</strong>;<br />

beide wurden in <strong>der</strong><br />

sozialdemokratischen<br />

Bewegung als<br />

hervorragende Vorkämpfer<br />

<strong>der</strong> Arbeiterbewegung<br />

hoch verehrt.<br />

Vertreter aus <strong>der</strong><br />

<strong>Saar</strong>region hatten<br />

bis zu diesem Zeitpunkt<br />

we<strong>der</strong> im<br />

ADAV noch in <strong>der</strong><br />

SDAP eine Rolle gespielt.<br />

Versuche dieser<br />

beiden Org<strong>an</strong>isationen<br />

Ende <strong>der</strong> 1860er Jahre Kontakte ins aufstrebende Industrierevier<br />

<strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong> zu knüpfen blieben erfolglos.<br />

44


■ Tafel Tafel 1 1 unten: unten:<br />

unten:<br />

Zur 50. Wie<strong>der</strong>kehr <strong>der</strong> Gründung <strong>der</strong> deutschen <strong>Sozialdemokratie</strong><br />

erschien ein Plakat, das stark die g<strong>an</strong>ze B<strong>an</strong>dbreite <strong>der</strong> <strong>Sozialdemokratie</strong><br />

und die Einheit <strong>der</strong> Bewegung symbolisieren soll. Im<br />

Erscheinungsjahr<br />

des Plakats -<br />

1913 - sicherlich<br />

auch <strong>der</strong> implizierte<br />

Hinweis<br />

darauf, diese Einheit<br />

zu wahren,<br />

da die SPD zu<br />

dieser Zeit ideologisch<br />

tief zerstritten<br />

war. In<br />

vergrößerten Fotos<br />

in <strong>der</strong> oberen<br />

Plakathälfte sind<br />

Wilhelm Liebknecht<br />

und August<br />

Bebel abgebildet,<br />

die <strong>der</strong><br />

Lassalle’schen<br />

Gründung 1863<br />

kritisch gegenüberst<strong>an</strong>den,<br />

d<strong>an</strong>n<br />

aber für Jahrzehnte<br />

die unumstrittenen Führer <strong>der</strong> vereinigten <strong>Sozialdemokratie</strong><br />

waren. Im Kopf des Plakats sind die Fotos von Friedrich Engels,<br />

Ferdin<strong>an</strong>d Lassalle und Karl Marx abgebildet und die Namen <strong>der</strong><br />

Gründungsmitglie<strong>der</strong> des ADAV aufgeführt. Die Fotos von Marx<br />

und Engels wie auch <strong>der</strong> Schlusssatz aus dem von beiden 1848<br />

veröffentlichten Kommunistischen M<strong>an</strong>ifest „Proletarier aller Län<strong>der</strong><br />

vereinigt Euch“ im Zentrum des Plakats verweisen darauf,<br />

dass die <strong>Sozialdemokratie</strong> ihre programmatischen und personellen<br />

Wurzeln deutlich vor <strong>der</strong> Gründung 1863 sieht, so etwa in <strong>der</strong><br />

Revolution von 1848.<br />

45


■ Tafel Tafel 2 2 oben:<br />

oben:<br />

Die Die Anfänge Anfänge <strong>der</strong> <strong>der</strong> SPD SPD <strong>Saar</strong><br />

<strong>Saar</strong><br />

Eine <strong>der</strong> ersten öffentlichen Versammlungen von Sozialdemokraten<br />

im <strong>Saar</strong>revier f<strong>an</strong>d am 04. August 1872 im Saal <strong>der</strong> Bierbrauerei<br />

Gebrü<strong>der</strong> Baldes, Bahnhofstraße in St. Joh<strong>an</strong>n, statt. Später<br />

hatte die Gastwirtschaft <strong>an</strong> <strong>der</strong> Ecke Bahnhofstraße/Ufergasse den<br />

Namen „Baldes Braustübl“ und existierte bis vor wenigen Jahren.<br />

Teils bis ins 20. Jahrhun<strong>der</strong>t hatte die <strong>Sozialdemokratie</strong> große<br />

Probleme, Säle für ihre Ver<strong>an</strong>staltungen überlassen zu bekommen.<br />

Die Wirte wurden von Behörden und <strong>der</strong> Polizei unter Druck<br />

gesetzt (Saalabtreiberei) und wi<strong>der</strong>riefen die Verträge mit den<br />

Sozialdemokraten. Mit Erlass des Sozialistengesetzes <strong>der</strong> <strong>Saar</strong>industrie<br />

verloren einige Wirte in St. Joh<strong>an</strong>n-<strong>Saar</strong>brücken ihre Konzession,<br />

weil sie früher ihre Säle für solche Ver<strong>an</strong>staltungen zur<br />

Verfügung gestellt hatten. In Neunkirchen hing „König Stumm“<br />

am Werkstor eine Liste von Wirten aus (Hungerliste), <strong>der</strong>en Gaststätten<br />

seine Arbeiter bei Drohung mit Entlassung nicht besuchen<br />

durften, weil z.B. dort eine Gewerkschaftsversammlung stattgefunden<br />

hatte.<br />

46


■ Tafel Tafel 2 2 Mitte:<br />

Mitte:<br />

Die Anfänge <strong>der</strong> Deutschen <strong>Sozialdemokratie</strong> und <strong>der</strong> Gewerkschaftsbewegung<br />

in <strong>der</strong> Revolution 1848 und bei <strong>der</strong> Gründung<br />

des ADAV 1863 hatten org<strong>an</strong>isatorisch im <strong>Saar</strong>revier keine Reson<strong>an</strong>z.<br />

Die Anfänge <strong>der</strong> sozialdemokratischen Bewegung liegen in<br />

den 1870er Jahren mit dem Schwerpunkt in <strong>der</strong> stark von H<strong>an</strong>dwerkern<br />

bewohnten Stadt St. Joh<strong>an</strong>n. Eine <strong>der</strong> ersten nachgewiesenen<br />

Versammlungen f<strong>an</strong>d am 4. August 1872 im Baldes’schen<br />

Brausaal statt, zu <strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

St. Joh<strong>an</strong>ner Schreiner<br />

Ernst Zimmerm<strong>an</strong>n zwei<br />

W<strong>an</strong><strong>der</strong>agitatoren <strong>der</strong><br />

SDAP aus Mainz begrüßte.<br />

Vor etwa 300 Zuhörern<br />

wurde eine Resolution<br />

zur Bildung von Gewerkschaftenverabschiedet.<br />

Es f<strong>an</strong>den weitere<br />

Ver<strong>an</strong>staltungen statt,<br />

und 1876 wurde <strong>der</strong> erste<br />

sozialdemokratische<br />

Verein in St. Joh<strong>an</strong>n mit<br />

Zimmerm<strong>an</strong>n als Vorsitzendem<br />

gegründet. Zur<br />

Reichstagswahl am 10.<br />

J<strong>an</strong>uar 1877 wurde<br />

erstmals im <strong>Saar</strong>revier im<br />

Wahlkreis <strong>Saar</strong>brücken ein SPD-K<strong>an</strong>didat aufgestellt. Der Uhrmacher<br />

Hackenberger hatte 1876 auf mehreren Versammlungen in St.<br />

Joh<strong>an</strong>n und Umgebung gesprochen und war u.a. wegen Beleidigung<br />

Bismarcks zu einem Jahr Gefängnis verurteilt worden; er wurde<br />

als K<strong>an</strong>didat aufgestellt und erhielt gerade einmal 324 Stimmen<br />

im gesamten Wahlkreis. Trotzdem verstärkten die Sozialdemokraten<br />

ihre Anstrengungen, um im <strong>Saar</strong>revier Fuß zu fassen. Der Parteivorst<strong>an</strong>d<br />

s<strong>an</strong>dte mit dem 23 jährigen Harry Kaulitz aus Braunschweig<br />

einen neuen Agitator nach St. Joh<strong>an</strong>n, <strong>der</strong> nicht nur zahlreiche<br />

Versammlungen abhielt, son<strong>der</strong>n mit dem entlassenen Hackenberger<br />

auch die erste SPD-Zeitung im <strong>Saar</strong>revier herausgab.<br />

47


■ Tafel Tafel 2 2 unten:<br />

unten:<br />

Ab 1. Juli 1877 erschien in St. Joh<strong>an</strong>n die erste sozialdemokratische<br />

Zeitung des <strong>Saar</strong>reviers, die „Freie Volksstimme. Org<strong>an</strong> für<br />

die Bevölkerung des <strong>Saar</strong>-Gebiets“. Die Zeitung musste nach sieben<br />

Ausgaben ihr Erscheinen einstellen, da alle Redakteure entwe<strong>der</strong><br />

im Gefängnis saßen o<strong>der</strong> zum Militär eingezogen worden<br />

waren. Die beiden Initiatoren <strong>der</strong> Zeitung, Kaulitz und Hackenberger,<br />

wurden zu je 2_ Jahren Gefängnis verurteilt. Das drastische<br />

Urteil wurde im Vorwärts, dem neuen Zentralorg<strong>an</strong> <strong>der</strong> SPD, im<br />

Wortlaut abgedruckt und damit das <strong>Saar</strong>revier als politisch<br />

beson<strong>der</strong>s reaktionärer L<strong>an</strong>desteil bek<strong>an</strong>nt. Als „Deutschrußl<strong>an</strong>d“<br />

hatte die Freie Volksstimme das <strong>Saar</strong>revier in Anspielung <strong>an</strong> die<br />

sozial und politisch rückständigen Verhältnisse im Zarenreich ben<strong>an</strong>nt.<br />

Die Pressekommission <strong>der</strong> Freien Volksstimme wurde aufgelöst,<br />

einige Sozialdemokraten verließen das <strong>Saar</strong>revier aus Angst<br />

vor Verfolgung ins benachbarte Ausl<strong>an</strong>d o<strong>der</strong> wurden als ausländische<br />

Staatsbürger ausgewiesen. Die Zeit <strong>der</strong> harten Unterdrückung<br />

<strong>der</strong> gewerkschaftlichen und sozialdemokratischen Bewegung<br />

im <strong>Saar</strong>revier beg<strong>an</strong>n.<br />

48


■ Tafel Tafel 3 3 oben:<br />

oben:<br />

(Anti-)Sozialistengesetze<br />

(Anti-)Sozialistengesetze<br />

Zwei Attentate auf den Kaiser, mit denen die <strong>Sozialdemokratie</strong><br />

nachweislich nichts zu tun hatte, nahm Reichsk<strong>an</strong>zler Bismarck<br />

zum Vorw<strong>an</strong>d, um das „Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen<br />

<strong>der</strong> <strong>Sozialdemokratie</strong>“ im Reichstag beschließen zu<br />

lassen. Es verbietet<br />

u.a. sozialdemokratische<br />

Zeitungen<br />

und Vereine, die den<br />

Umsturz <strong>der</strong> StaatsundGesellschaftsordnungbezwecken.<br />

Während <strong>der</strong><br />

zwölfjährigen Dauer<br />

(1878-1890) des Gesetzes<br />

können die<br />

Sozialdemokraten<br />

weiterhin <strong>an</strong> Reichstagswahlenteilnehmen<br />

und gewinnen<br />

trotz des Verbots<br />

<strong>der</strong> Partei zunehmend<br />

<strong>an</strong> Stimmen.<br />

Die Reichstagsfraktion<br />

übernimmt die<br />

Führung <strong>der</strong> Partei,<br />

„Bismarck ohne Maske“ erschien 1879 in <strong>der</strong> sozialistischen<br />

Zeitschrift „Der wahre Jakob“. Zahlreiche Maßnahmen<br />

Bismarcks im Kampf gegen politische Gegner<br />

sind ihm ins Gesicht geschrieben.<br />

49<br />

und Parteitage werden<br />

im Ausl<strong>an</strong>d abgehalten.<br />

Auch die<br />

<strong>der</strong> SPD naheste-<br />

henden Freien Gewerkschaften und ihre Presse werden weitgehend<br />

verboten. Über die Zentren <strong>der</strong> <strong>Sozialdemokratie</strong>, z.B. Berlin,<br />

k<strong>an</strong>n <strong>der</strong> Belagerungszust<strong>an</strong>d verhängt und die Hauptagitatoren<br />

ausgewiesen werden; zahlreiche Funktionäre w<strong>an</strong><strong>der</strong>n nach<br />

Amerika aus.


■ Tafel Tafel 3 3 Mitte:<br />

Mitte:<br />

Am 6. Juli 1877 trafen sich die Arbeitgeber des <strong>Saar</strong>reviers in <strong>Saar</strong>brücken,<br />

um Maßnahmen gegen die sozialdemokratische Agitation<br />

zu beschließen. Neben den privaten Arbeitgebern wie etwa<br />

Stumm, Villeroy & Boch o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Dillinger Hütte waren auch die<br />

staatlichen Arbeitgeber, die Königliche Eisenbahndirektion <strong>Saar</strong>brücken<br />

und <strong>der</strong> preußische Staatsbergbau <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong> sowie <strong>der</strong><br />

<strong>Saar</strong>brücker L<strong>an</strong>drat von Gel<strong>der</strong>n <strong>an</strong>wesend. Das sogen<strong>an</strong>nte Sozialistengesetz<br />

<strong>der</strong> <strong>Saar</strong>industrie war natürlich kein rechtlich gültig<br />

erlassenes Gesetz, son<strong>der</strong>n ein willkürliches Repressionsmittel<br />

<strong>der</strong> Arbeitgeber im <strong>Saar</strong>revier gegen die aufkommende autonome<br />

Arbeiterbewegung. Das Sozialistengesetz <strong>der</strong> <strong>Saar</strong>industrie war...<br />

• ...15 Monate vor dem Sozialistengesetz Bismarcks im Reich<br />

beschlossen worden und damit auch Ideengeber für dieses.<br />

• ...viel repressiver als das Reichsgesetz. So sollten „keine Arbeiter<br />

auf den Werken geduldet werden, welche sich <strong>an</strong> socialdemokratischen<br />

Agitationen direct o<strong>der</strong> indirect betheiligen“. Der<br />

Besuch in einer Wirtschaft, in <strong>der</strong> schon einmal eine sozialdemokratische<br />

Versammlung stattgefunden hatte, konnte als Entlassungsgrund<br />

ausreichen.<br />

Schutz gegen diese Praktiken,<br />

die zunehmend reichsweit<br />

<strong>an</strong> den Pr<strong>an</strong>ger gestellt<br />

wurden und dem <strong>Saar</strong>revier<br />

in Anlehnung <strong>an</strong> die damalige<br />

soziale und politische<br />

Rechtlosigkeit und Paschawirtschaft<br />

im Orient den<br />

Spottnamen „<strong>Saar</strong>abien“ einbrachte,<br />

gab es für die Arbeiter<br />

nicht.<br />

Noch Anf<strong>an</strong>g des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

wurde es von den Arbeitgebern<br />

<strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong> als<br />

Repressionsmittel, auch ge-<br />

Seite 1 des Protokolls <strong>der</strong> Konferenz <strong>der</strong><br />

<strong>Saar</strong>arbeitgeber mit dem Beschluss zum<br />

Sozialistengesetz <strong>der</strong> <strong>Saar</strong>industrie vom 06.<br />

Juli 1877<br />

50<br />

gen <strong>an</strong><strong>der</strong>e Gruppierungen,<br />

etwa gegen ev<strong>an</strong>gelische Arbeitervereine,<br />

<strong>an</strong>gedroht<br />

o<strong>der</strong> <strong>an</strong>gew<strong>an</strong>dt.


■ Tafel Tafel 3 3 unten:<br />

unten:<br />

Als Kaiser Wilhelm II. am 24. April 1892 im <strong>Saar</strong>revier Carl Ferdin<strong>an</strong>d<br />

Stumm besuchte, äußerte er Sympathie für das System<br />

Stumm; „…es sei sein Wunsch, dass <strong>der</strong>artige segensreiche und<br />

glückliche Verhältnisse<br />

überall in <strong>der</strong><br />

deutschen Industrie<br />

herrschen mögen“.<br />

Das sahen nicht nur<br />

Sozialdemokraten<br />

und freie Gewerkschafter<br />

<strong>an</strong><strong>der</strong>s, sie<br />

mussten weiterhin<br />

unter Ausnahmezust<strong>an</strong>d<br />

leben.<br />

Insbeson<strong>der</strong>e die<br />

großen IndustriegewerkschaftenBergarbeiterverb<strong>an</strong>d<br />

und<br />

Deutscher Metallarbeiterverb<strong>an</strong>d<br />

hatten<br />

fast ausschließlich<br />

„geheime Mitglie<strong>der</strong>“.<br />

Obwohl o<strong>der</strong><br />

gerade weil Bis-<br />

„König von <strong>Saar</strong>abien“ (1891)<br />

51<br />

marcksSozialistengesetz ausgelaufen<br />

war, wurde das Sozialistengesetz <strong>der</strong> <strong>Saar</strong>industrie explizit 1894<br />

und 1903 erneut bestätigt. Bezugnehmend auf Stumm und seine<br />

blindwütigen Attacken auch gegenüber den ev<strong>an</strong>gelischen Arbeitervereinen<br />

erklärte <strong>der</strong> ev<strong>an</strong>gelische Superintendent Zillessen „ich<br />

bin…ein Feind seines Systems, das sich mir je länger je mehr als<br />

das System <strong>der</strong> brutalen Gewalt unter völliger Nichtachtung des<br />

unveräußerlichen Rechts je<strong>der</strong> <strong>an</strong><strong>der</strong>en Persönlichkeit enthüllt hat.“


■ Tafel Tafel 4 4 oben:<br />

oben:<br />

Aufschwung<br />

Aufschwung<br />

und und terra terra incognita<br />

incognita<br />

In <strong>der</strong> großen Streikzeit (1889-1893) gel<strong>an</strong>g erstmals im <strong>Saar</strong>revier<br />

die Bildung von Interessenvertretungen <strong>der</strong> Bergarbeiter auf Massenbasis.<br />

Sowohl <strong>der</strong> Rechtsschutzverein <strong>der</strong> <strong>Saar</strong>bergleute (RSV)<br />

als auch <strong>der</strong> 1889 reichsweit gegründete Bergarbeiterverb<strong>an</strong>d (BAV,<br />

„Alte Verb<strong>an</strong>d“) hatten zeitweise viele tausend Mitglie<strong>der</strong> unter<br />

den <strong>Saar</strong>bergleuten. Im Windschatten <strong>der</strong> Bergarbeiterbewegung<br />

versuchte auch die <strong>Sozialdemokratie</strong> im <strong>Saar</strong>revier erneut Fuß zu<br />

fassen. Sozialdemokratische Reiseagitatoren und Funktionäre des<br />

BAV, meist aus Westfalen, versuchten für Partei und Gewerkschaft<br />

Aufbauarbeit zu leisten, was insbeson<strong>der</strong>e auf den Wi<strong>der</strong>st<strong>an</strong>d<br />

<strong>der</strong> christlichen Kirchen, <strong>der</strong> Zentrumspartei und des preußischen<br />

Behördenapparates stieß, die die <strong>Sozialdemokratie</strong> verteufelten<br />

und die Bergleute in reichstreuem, christlich-konservativem Fahrwasser<br />

halten wollten.<br />

Die Delegierten <strong>der</strong> 1. Bergarbeiterkonferenz, 15.-19. September 1890 in Halle. Vorne,<br />

4. V. links, <strong>der</strong> Bergm<strong>an</strong>n Jakob Thome aus Altenwald, 1891 stellvertreten<strong>der</strong> Vorsitzen<strong>der</strong><br />

des BAV.<br />

52


■ Tafel Tafel 4 4 Mitte:<br />

Mitte:<br />

Am Sonntag, 25. September 1892, nachmittags 3 Uhr gab es ein<br />

beson<strong>der</strong>es Ereignis für die <strong>Saar</strong>sozialdemokratie. Der Parteivorsitzende<br />

August Bebel hielt sich, soweit bek<strong>an</strong>nt, zum einzigen<br />

Mal in seinem Leben im <strong>Saar</strong>revier auf, um im Bildstocker Rechtsschutzsaal<br />

eine öffentliche Parteiversammlung abzuhalten. Er sprach<br />

über „Ultramont<strong>an</strong>ismus und Socialismus“. Dass nur etwa 500<br />

Zuhörer gekommen waren, lag sicherlich <strong>an</strong> <strong>der</strong> Warnung katholischer<br />

Geistlicher davor, diese Versammlung zu besuchen, war aber<br />

auch Ausdruck <strong>der</strong> meist<br />

ablehnenden Haltung <strong>der</strong><br />

<strong>Saar</strong>bergleute gegenüber<br />

<strong>der</strong> <strong>Sozialdemokratie</strong>.<br />

Dies spiegelt sich auch<br />

innerhalb des RSV, wo<br />

die Vergabe des Saales<br />

<strong>an</strong> die <strong>Sozialdemokratie</strong><br />

heftig umstritten war.<br />

Hatte Bebel 1891 das<br />

<strong>Saar</strong>revier noch als „terra<br />

incognita“, als weißen<br />

Fleck für die <strong>Sozialdemokratie</strong>,<br />

bezeichnet, gab er<br />

sich ein Jahr später in<br />

einem Brief <strong>an</strong> Friedrich<br />

Engels schon optimistischer<br />

... „bis zu den<br />

nächsten Wahlen haben<br />

wir, hoffe ich, festen Fuß gefasst“. Doch Bebel sollte sich täuschen.<br />

Nach dem Zusammenbruch <strong>der</strong> Streikbewegung kam die<br />

Zeit, die auch reichsweit als „Ära Stumm“ bezeichnet wird. Im<br />

<strong>Saar</strong>revier wurde das Sozialistengesetz bekräftigt, und im Reichstag<br />

brachte Stumm die Umsturzvorlage ein, quasi eine Verschärfung<br />

des Bismarck’schen Sozialistengesetztes, in dem er vorschlug,<br />

Sozialdemokraten und Anarchisten das Wahlrecht zu entziehen<br />

und Agitatoren auszuweisen o<strong>der</strong> zu internieren. Reichsweit konnte<br />

Stumm sich zwar nicht durchsetzen, doch im <strong>Saar</strong>revier konnte<br />

er - außer in St. Joh<strong>an</strong>n-<strong>Saar</strong>brücken - weiterhin mit allen Mitteln<br />

jede autonome Arbeiterbewegung unterdrücken.<br />

53


■ Tafel Tafel 4 4 unten:<br />

unten:<br />

Vom SPD-Parteivorst<strong>an</strong>d wurde <strong>der</strong> vorher in Fr<strong>an</strong>kfurt/M. tätige<br />

Metallarbeiter Leopold Emmel (1863-1919) ins <strong>Saar</strong>revier beor<strong>der</strong>t.<br />

Unter seiner Führung erschien mit <strong>der</strong> Zeitung Bote von <strong>der</strong> <strong>Saar</strong><br />

zum zweiten Mal ein<br />

sozialdemokratisches<br />

Presseorg<strong>an</strong><br />

<strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong>. Die Probenummer<br />

erschien<br />

am 27. Dezember<br />

1891, am 31. März<br />

1894 musste <strong>der</strong><br />

Bote von <strong>der</strong> <strong>Saar</strong><br />

sein Erscheinen einstellen,<br />

nachdem<br />

die Zuschüsse <strong>der</strong><br />

Berliner Parteikasse<br />

zu groß geworden<br />

waren. Emmel vertrat auch mehrere Jahre das <strong>Saar</strong>revier auf den<br />

SPD-Parteitagen. Im Mai 1893 wurde er Vorsitzen<strong>der</strong> des SPD-<br />

Agitationskomitees für den Regierungsbezirk<br />

Trier mit Sitz in<br />

St. Joh<strong>an</strong>n. K<strong>an</strong>didierte er 1893<br />

u.a. im Wahlkreis <strong>Saar</strong>brücken<br />

noch erfolglos, vertrat er den<br />

Wahlkreis Mühlhausen/Elsass<br />

von 1907-1919 als Abgeordneter<br />

im Reichstag.<br />

54<br />

Leopold Emmel (1863-1919)


■ Tafel Tafel 5 5 oben:<br />

oben:<br />

<strong>Saar</strong>abien <strong>Saar</strong>abien vor vor Gericht<br />

Gericht<br />

Korruption und Bestechung gehörten über viele Jahrzehnte zur<br />

betrieblichen Realität des preußischen Staatsbergbaus <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong>.<br />

Schon <strong>der</strong> Führer des Rechtsschutzvereins, Nikolaus Warken, schrieb<br />

in seiner Chronik: „Im Jahre 1889 war es im Bergm<strong>an</strong>nsst<strong>an</strong>d unerträglich…<br />

durch Stechereien von Beamten“. Privatarbeiten für Steiger<br />

während <strong>der</strong> Schichtzeit bei normaler Schichtentlohnung sowie<br />

Geld- und Naturalgeschenke für Steiger waren weit verbreitet. Dies<br />

musste selbst eine amtliche Untersuchung 1890 zugestehen und<br />

führte zur Entlassung einiger Steiger. Doch wie <strong>der</strong> abgedruckte<br />

Ausschnitt aus dem Vorwärts zeigt, traten Korruption und Bestechung<br />

durch Partiemänner und Steiger immer wie<strong>der</strong> auf. Die Bergleute<br />

waren diesen Praktiken oft hilflos ausgeliefert, wollten sie<br />

keine Lohnreduzierung o<strong>der</strong> Verlegung <strong>an</strong> schlechte Arbeitsplätze<br />

riskieren. An<strong>der</strong>erseits verschafften sich einige Bergleute mit dieser<br />

„Günstlingswirtschaft“ auch h<strong>an</strong>dfeste Vorteile.<br />

Auszug aus dem Vorwärts vom 11. Oktober 1908 mit einem Bericht über Bestechungspraktiken<br />

im <strong>Saar</strong>bergbau<br />

55


■ Tafel Tafel 5 5 Mitte:<br />

Mitte:<br />

„Schwarze Listen, Denunziationen und einträgliche Bespitzelungen<br />

- Gendarme, Schutzmänner und Polizeikommissare erhielten<br />

beträchtliche Geldprämien, wenn sie mit Eifer und Erfolg die <strong>Sozialdemokratie</strong><br />

bekämpft hatten - gehörten von nun <strong>an</strong> zur politischen<br />

Kultur, zum ‚saarabischen‘ Milieu“, heißt es bezugnehmend<br />

auf die Entstehungszeit des Sozialistengesetzes<br />

<strong>der</strong> <strong>Saar</strong>industrie in<br />

einem St<strong>an</strong>dardwerk zur Bergarbeiterbewegung<br />

<strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong>. Massive<br />

Verletzungen <strong>der</strong> Meinungs- und<br />

Koalitionsfreiheit, des Vereins- und<br />

Versammlungsrechts sowie Wahlbeeinflussung<br />

in großem Stil kennzeichnen<br />

das System auch noch im 20.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>t. Als <strong>der</strong> wegen des Besuchs<br />

einer Gewerkschaftsver<strong>an</strong>staltung<br />

entlassene sozialdemokratische<br />

Bergm<strong>an</strong>n Karl Krämer 1903 in zwei<br />

Flugblättern das saarabische System<br />

darstellt und zum Beitritt zum BAV auffor<strong>der</strong>t, verklagt ihn <strong>der</strong><br />

Vorsitzende <strong>der</strong> Bergwerksdirektion Ewald Hilger wegen Beleidigung.<br />

Der sozialdemokratische Vorwärtsverlag druckt den Prozessbericht<br />

nach, und „<strong>Saar</strong>abien vor Gericht“ wird in viel tausendfacher<br />

Auflage im <strong>Saar</strong>revier verteilt.<br />

Durch die Zeugenaussagen werden die<br />

Missstände im <strong>Saar</strong>revier vielfach bestätigt;<br />

das saarabische System, das<br />

nach dem Soziologen Max Weber<br />

„Stickluft verbreitet…und zwar nicht nur<br />

für Arbeiter, son<strong>der</strong>n für jeden, <strong>der</strong> es<br />

wagt, in einer Art politisch tätig zu sein,<br />

die diesen Herren missfällt“ wird reichsweit<br />

blamiert. Zu <strong>Saar</strong>abien gehört auch<br />

die gezielte Zersplitterung <strong>der</strong> Arbeiterbewegung<br />

durch die Bergwerksdirek-<br />

tion und die Hüttenindustriellen,<br />

insbeson<strong>der</strong>e die Unterstützung <strong>der</strong><br />

Org<strong>an</strong>isationen, die Streiks ablehnten.<br />

56<br />

Ewald Hilger (1859-1934), von<br />

1900-1905 Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Bergwerksdirektion <strong>Saar</strong>brücken


■ Tafel Tafel 5 5 unten:<br />

unten:<br />

So wie die Arbeitgeber des <strong>Saar</strong>gebiets in den 1870er Jahren extra<br />

einen Stenografen <strong>an</strong>gestellt hatten, <strong>der</strong> die Versammlungen <strong>der</strong><br />

Arbeiterbewegung protokollieren sollte und gleichzeitig den Arbeitern<br />

als personifizierte Drohkulisse und Warnung galt, sich devot<br />

zu verhalten, gab <strong>der</strong> Arbeitgeberverb<strong>an</strong>d <strong>der</strong> <strong>Saar</strong>industrie<br />

Anf<strong>an</strong>g des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts „Schwarze Listen“ in Form von Rundschreiben,<br />

betitelt als „Gewerkschaftliche Nachrichten“ heraus; sie<br />

waren „streng geheim und dürfen von dem Empfänger nicht aus<br />

<strong>der</strong> H<strong>an</strong>d gegeben werden“. Neben Informationen über die Entwicklung<br />

von <strong>Sozialdemokratie</strong> und Freien Gewerkschaften wurden<br />

auch Berichte über ev<strong>an</strong>gelische Arbeitervereine o<strong>der</strong> Christliche<br />

Gewerkschaften abgedruckt, galten beide doch in Unternehmerkreisen<br />

als Vorfrucht <strong>der</strong> <strong>Sozialdemokratie</strong>. Werksbeamte, aber<br />

auch Arbeiter aus <strong>der</strong> Werkvereinsbewegung, waren die Zuträger.<br />

Die Hüttenindustrie im <strong>Saar</strong>revier war eines <strong>der</strong> reichsweiten Zentren<br />

<strong>der</strong> <strong>an</strong>tigewerkschaftlichen, jeden Streik ablehnenden, wirtschaftsfriedlichen<br />

Werkvereinsbewegung. Sie wurde ab 1906, nach<br />

einem erfolglosen Streik des Christlichen Metallarbeiterverb<strong>an</strong>des<br />

auf <strong>der</strong> Burbacher Hütte, gegründet. Vor 1918 waren große Teile<br />

<strong>der</strong> Hüttenbelegschaften Mitglied dieser Vereine, die auch „Gelbe<br />

Gewerkschaften“, als Synonym für Streikbrecher, gen<strong>an</strong>nt und seitens<br />

<strong>der</strong> Industriellen und dem Arbeitgeberverb<strong>an</strong>d <strong>der</strong> <strong>Saar</strong>industrie<br />

fin<strong>an</strong>ziell und ideologisch unterstützt wurden.<br />

57


■ Tafel Tafel 6 6 oben:<br />

oben:<br />

Zerbrecht Zerbrecht die die Sklavenfessel,<br />

Sklavenfessel,<br />

macht macht Euch Euch frei!<br />

frei!<br />

H<strong>an</strong>s Böckler (1875 -1951) Aufnahme<br />

ca. 1931<br />

H<strong>an</strong>s Böckler, bek<strong>an</strong>nt als erster<br />

DGB-Vorsitzen<strong>der</strong> nach 1945, beg<strong>an</strong>n<br />

seine hauptamtliche Gewerkschaftskarriere<br />

im <strong>Saar</strong>revier. Böckler, von<br />

Beruf Metallschläger, hatte sich auf<br />

die Stelle eines „besoldeten Geschäftsführers<br />

für die Verwaltungsstelle<br />

St. Joh<strong>an</strong>n-<strong>Saar</strong>brücken“ des<br />

Deutschen Metallarbeiterverb<strong>an</strong>des<br />

(DMV) beworben und trat die Stelle<br />

Ende 1903 <strong>an</strong>. Er zog <strong>an</strong>f<strong>an</strong>gs nach<br />

St. Ingbert, weil in Bayern die Restriktionen<br />

zur Bildung von Vereinen<br />

(Gewerkschaften) nicht so rigide<br />

waren wie in Preußen. Böckler kam<br />

in schwieriges Terrain. Obwohl das<br />

preußische <strong>Saar</strong>revier vor 1914 reichsweit zu den hoch industrialisierten<br />

Gebieten zählte, wurden im Preußischen Staatsbergbau<br />

und in <strong>der</strong> Hüttenindustrie freie<br />

Gewerkschaften und Sozialdemokraten<br />

nicht geduldet. In seiner<br />

1906 im <strong>Saar</strong>revier veröffentlichten<br />

Schrift Es werde Licht pr<strong>an</strong>gerte<br />

Böckler die hiesigen Verhältnisse<br />

<strong>an</strong>. Politische Unterdrückung,<br />

soziale Ausbeutung durch den<br />

„Humbug aller Prämien und Wohlfahrtseinrichtungen“.<br />

Er rät den Arbeitern,<br />

endlich den Mut zu haben,<br />

sich dem DMV <strong>an</strong>zuschließen:<br />

„Zerbrecht die Sklavenfessel,<br />

macht Euch frei!“<br />

58


■ Tafel Tafel 6 6 Mitte:<br />

Mitte:<br />

Um die Wende ins 20. Jahrhun<strong>der</strong>t stabilisierte sich die sozialdemokratische<br />

Bewegung in <strong>der</strong> Diaspora des <strong>Saar</strong>reviers auf niedrigem<br />

Niveau und auch nur in wenigen Orten. Nikolaus Osterroth,<br />

entlassener Bergarbeiter aus <strong>der</strong> Pfalz, war einer <strong>der</strong> Hauptträger<br />

<strong>der</strong> Bewegung. Er berichtet in seinen unveröffentlichten Erinnerungen<br />

über seine Ankunft in Neunkirchen; „Einige Tage nach unserer<br />

Ankunft starb <strong>der</strong> Beherrscher Neunkirchens, <strong>der</strong> berüchtigte<br />

König Stumm… niem<strong>an</strong>d durfte Sozialdemokrat sein…“ Außer im<br />

Bereich <strong>der</strong> späteren Großstadt <strong>Saar</strong>brücken gab es nur wenige<br />

Orte mit sozialdemokratischen Ortsvereinen: Dudweiler ca. 1892,<br />

Neunkirchen 1907, Illingen und Schiffweiler 1909. Im bayrischen<br />

Teil des <strong>Saar</strong>reviers waren es St. Ingbert 1899, Blieskastel 1910<br />

und Homburg 1912. In St. Joh<strong>an</strong>n-<strong>Saar</strong>brücken hatte die große<br />

Anzahl zugew<strong>an</strong><strong>der</strong>ter H<strong>an</strong>dwerker die org<strong>an</strong>isatorische Grundlage<br />

für Partei- und Gewerkschaftsstrukturen gelegt. So entst<strong>an</strong>den<br />

u.a. 1899 das Gewerkschaftskartell St. Joh<strong>an</strong>n; mit dem am 16.<br />

August 1903 gegründeten Agitationskomitee für das preußische<br />

<strong>Saar</strong>revier, die bayrische <strong>Saar</strong>pfalz und den Wahlkreis <strong>Saar</strong>gemünd<br />

unter Vorsitz von Nikolaus Osterroth entst<strong>an</strong>d quasi <strong>der</strong> erste sozialdemokratische<br />

L<strong>an</strong>desverb<strong>an</strong>d <strong>Saar</strong>. 1904 entst<strong>an</strong>d das Arbeitersekretariat<br />

St. Joh<strong>an</strong>n und ab 1905 erschien die sozialdemokratische<br />

<strong>Saar</strong>wacht, Org<strong>an</strong> für die Interessen des werktätigen Volkes.<br />

Die Mitglie<strong>der</strong>zahlen<br />

<strong>der</strong> SPD für<br />

das <strong>Saar</strong>revier, 1907<br />

224 und 1913 777,<br />

davon 130 Frauen,<br />

machen die Schwäche<br />

deutlich.<br />

59<br />

Nikolaus Osterroth<br />

(1875-1933), Parteisekretär<br />

im <strong>Saar</strong>revier<br />

und Redakteur <strong>der</strong><br />

<strong>Saar</strong>wacht


■ Tafel Tafel 6 6 unten:<br />

unten:<br />

Das „System <strong>der</strong> strengen und <strong>der</strong> milden H<strong>an</strong>d“ wurde über Jahrzehnte<br />

im staatlichen Bergbau und in <strong>der</strong> Hüttenindustrie im <strong>Saar</strong>revier<br />

gepflegt. „Einrichtungen zum Besten <strong>der</strong> Arbeiter auf den<br />

Bergwerken Preußens“, wie eine offizielle Veröffentlichung die<br />

„Wohltaten“, wie z.B. das Prämienhaussystem, sozialrom<strong>an</strong>tisch<br />

umschrieb, wurden für dienstliches und privates Wohlverhalten<br />

<strong>der</strong> Arbeiter gewährt. Wer dieses Wohlverhalten nach Ansicht <strong>der</strong><br />

Arbeitgeber nicht zeigte, lernte das System <strong>der</strong> strengen H<strong>an</strong>d mit<br />

Geldstrafen, Entzug <strong>der</strong> „Wohltaten“ bis hin zur Entlassung und<br />

wirtschaftlichem Ruin kennen. Die Entwicklung kollektiver Gegenmacht<br />

durch die Arbeiter und Gewerkschaften wurde s<strong>an</strong>ktioniert,<br />

elementare Menschenrechte den Arbeitern vorenthalten. Geför<strong>der</strong>t<br />

wurde die individuelle Ohnmacht <strong>der</strong> Arbeiter, soziale Abhängigkeit<br />

und Ausbeutung. Als Nachfolger Stumm’scher Sozialpolitik sah<br />

sich <strong>der</strong> Syndikus <strong>der</strong> <strong>Saar</strong>brücker H<strong>an</strong>delskammer Dr. Alex<strong>an</strong><strong>der</strong><br />

Tille, <strong>der</strong> nicht nur Tarifverträge ablehnte, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Streik wie<strong>der</strong><br />

als Erpressung<br />

<strong>an</strong>sah und wie<br />

Raub und Diebstahl<br />

strafrechtlich<br />

verfolgt wissen<br />

wollte.<br />

60<br />

Dr. Alex<strong>an</strong><strong>der</strong> Tille<br />

(1866-1912)


■ Tafel Tafel 7 7 oben:<br />

oben:<br />

Reichstagswahl<br />

Reichstagswahl<br />

am am 12. 12. J<strong>an</strong>uar J<strong>an</strong>uar 1912<br />

1912<br />

Die Ergebnisse <strong>der</strong> Reichstagswahlen im preußischen <strong>Saar</strong>revier<br />

waren im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t nie<strong>der</strong>schmetternd für die SPD. Erstmals<br />

trat (nur) im Wahlkreis <strong>Saar</strong>brücken 1877 mit dem inhaftierten<br />

Reiseagitator Hackenberger ein SPD-K<strong>an</strong>didat <strong>an</strong> und err<strong>an</strong>g 324<br />

Stimmen. Wie trostlos es während des Sozialistengesetzes war,<br />

zeigt eine <strong>an</strong>onyme Zuschrift aus <strong>Saar</strong>brücken vom April 1885 <strong>an</strong><br />

die illegale Zeitschrift „Der Sozialdemokrat“: „Bedaure sehr, dass<br />

ich das Blatt nicht weiter halten k<strong>an</strong>n, indem meine Existenz zu<br />

sehr auf dem Spiel steht. Trotzdem m<strong>an</strong> nicht strafbar ist, (beim<br />

Abonnement einer sozialdemokratischen Zeitung, J-H.) wird m<strong>an</strong><br />

doch in Untersuchungshaft genommen…“ So wun<strong>der</strong>t es nicht,<br />

dass bei <strong>der</strong> Wahl 1887 auf Wilhelm Liebknecht, <strong>der</strong> in allen drei<br />

preußischen Wahlkreisen <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong> k<strong>an</strong>didierte, jeweils nur zwischen<br />

16 und 37 Stimmen entfielen. Nur einmal gab es für überparteiliche<br />

Arbeiterk<strong>an</strong>didaten ein besseres Ergebnis, als bei <strong>der</strong><br />

Reichstagswahl 1890 Führer des Rechtsschutzvereins - nicht als<br />

K<strong>an</strong>didaten <strong>der</strong> SPD - k<strong>an</strong>didierten und Nikolaus Warken im Wahlkreis<br />

<strong>Saar</strong>brücken mit 33,8% fast in die Stichwahl gekommen wäre.<br />

61<br />

Bericht aus dem illegalen<br />

„Sozialdemokrat“ vom<br />

09. April 1885


■ Tafel Tafel 7 7 Mitte:<br />

Mitte:<br />

Die Reichstagswahl vom 12. J<strong>an</strong>uar 1912 war für die SPD reichsweit<br />

ein großer Erfolg. Bei einer Wahlbeteiligung von 84,5% stimmten<br />

über 4,2 Millionen Wähler, 34,8% <strong>der</strong> abgegebenen Stimmen,<br />

für die SPD. Erstmals erreichte<br />

die SPD reichsweit<br />

den größten Stimmen<strong>an</strong>teil<br />

aller Parteien und 110<br />

von 397 Abgeordnetensitzen.<br />

Abgesehen von <strong>der</strong><br />

Wahl zur Nationalversammlung<br />

1919, die noch<br />

g<strong>an</strong>z im Zeichen des revolutionären<br />

Umbruchs<br />

vom Kaiserreich zur Republik<br />

st<strong>an</strong>d und damit<br />

unter g<strong>an</strong>z beson<strong>der</strong>en,<br />

für die <strong>Sozialdemokratie</strong><br />

günstigen Bedingungen<br />

stattf<strong>an</strong>d (mit 37,9 %<br />

Stimmen<strong>an</strong>teil), gel<strong>an</strong>g<br />

es <strong>der</strong> SPD erst wie<strong>der</strong><br />

bei <strong>der</strong> Bundestagswahl<br />

1961 mit 36,2%, das Ergebnis<br />

von 1912 bei einer<br />

bundesweiten Wahl zu übertreffen. Die For<strong>der</strong>ungen auf dem<br />

Wahlplakat weisen aber auch auf die großen Defizite bei Wahlen<br />

im Kaiserreich hin. Zum einen gab es vor 1918 kein Frauenwahlrecht,<br />

und zum <strong>an</strong><strong>der</strong>en wurde <strong>der</strong> Preußische L<strong>an</strong>dtag vor 1918<br />

nach dem, am Steueraufkommen <strong>der</strong> Wähler orientierten, Dreiklassenwahlrecht<br />

gewählt. Darüber hinaus entsprachen 34,8% Stimmen<strong>an</strong>teil<br />

nur 27,7% <strong>der</strong> M<strong>an</strong>date. Diese Differenz erklärt sich<br />

durch die von <strong>der</strong> Mehrheit im Reichstag bewusst unterlassene<br />

Neueinteilung <strong>der</strong> Wahlkreise. In den bevölkerungsmäßig stark<br />

<strong>an</strong>wachsenden industriellen Wahlkreisen, z.B. in Berlin, die zugleich<br />

Hochburgen <strong>der</strong> SPD waren, waren deutlich mehr Wähler für die<br />

Erringung eines Reichstagsm<strong>an</strong>dats notwendig als in den von den<br />

Konservativen dominierten ländlichen Wahlkreisen.<br />

62


■ Tafel Tafel 7 7 unten:<br />

unten:<br />

Zu den Reichstagswahlen im Kaiserreich gab es drei Wahlkreise,<br />

die den preußischen, und zwei, die den bayrischen Teil des <strong>Saar</strong>reviers<br />

abdeckten.<br />

Wahlkreis Stimmen<strong>an</strong>teil 1912 in %<br />

228 <strong>Saar</strong>burg - Merzig - <strong>Saar</strong>louis 2,9<br />

229 <strong>Saar</strong>brücken 7,8<br />

230 Ottweiler - St. Wendel - Meisenheim 4,0<br />

254 Zweibrücken (mit dem Bezirksamt St. Ingbert) 26,4<br />

255 Homburg (mit dem Bezirksamt Kusel) 17,4<br />

Die Darstellung zeigt, dass die Wahlergebnisse im <strong>Saar</strong>revier deutlich<br />

hinter dem reichsweiten Ergebnis zurückblieben. Insbeson<strong>der</strong>e<br />

das preußische <strong>Saar</strong>revier blieb bis 1918 für die SPD Diaspora.<br />

Dies hing bis ins 20. Jahrhun<strong>der</strong>t mit starken Wahlm<strong>an</strong>ipulationen<br />

und -beeinflussungen sowohl durch die Arbeitgeber als auch durch<br />

Vertreter <strong>der</strong> katholischen Kirche und des Zentrums zusammen.<br />

„Das Epizentrum des unternehmerischen Wahlterrors hatte sich<br />

bereits… aus Sicht <strong>der</strong> Wahlprüfungskommission (des Reichstages,<br />

J.H.) in das <strong>Saar</strong>revier verlagert“, so ein Ergebnis aus einer<br />

Untersuchung „Der Kampf um die Wahlfreiheit im Kaiserreich“.<br />

63<br />

Auszug aus dem Wahlflugblatt<br />

für die Reichstagswahl<br />

1907


■ Tafel Tafel 8 8 oben:<br />

oben:<br />

Das Das <strong>Saar</strong>gebiet<br />

<strong>Saar</strong>gebiet<br />

entsteht entsteht (1920-1935)<br />

(1920-1935)<br />

Die schon während des Ersten Weltkriegs in G<strong>an</strong>g gekommene<br />

Spirale von Geldknappheit, Preissteigerung und Inflation drehte<br />

sich immer schneller. Da das <strong>Saar</strong>gebiet noch zum deutschen Zoll-<br />

Inl<strong>an</strong>d gehörte, war es lukrativ, Luxusartikel und Bedarfsgegenstände<br />

ins Reich zu verkaufen, während die einheimischen Bauern<br />

ihre Produkte zurückhielten. Dies führte zu sozialen Sp<strong>an</strong>nungen<br />

zwischen Neureichen und <strong>der</strong> hungernden Arbeiterschaft. Die Angst<br />

vor dem bevorstehenden Winter trieb viele zum Hamstern. In einer<br />

großen Demonstration auf dem <strong>Saar</strong>brücker Schloßplatz for<strong>der</strong>ten<br />

die Bediensteten <strong>der</strong> <strong>Saar</strong>brücker Eisenbahnwerkstätte billige<br />

Kohlen und Kartoffeln sowie Maßnahmen gegen den Schleichh<strong>an</strong>del.<br />

Nachmittags streikte bereits das gesamte Revier. Bei gewaltsamen<br />

Übergriffen wurden zahlreiche Geschäfte ausgeplün<strong>der</strong>t.<br />

Die fr<strong>an</strong>zösische Militärregierung verhängte den Ausnahmezust<strong>an</strong>d<br />

und ließ die Innenstädte durch Kavallerie räumen. Die<br />

Spartakuskrawalle vom Oktober 1919 können als politisch noch<br />

indifferentes Aufbegehren <strong>der</strong> Arbeiterschaft des <strong>Saar</strong>reviers in<br />

schwieriger wirtschaftlicher Situation interpretiert werden. Nationale<br />

und völkische Untertöne waren dabei bereits deutlich zu vernehmen.<br />

fr<strong>an</strong>zösische Kavallerie in Ottweiler<br />

64


■ Tafel Tafel 8 8 Mitte:<br />

Mitte:<br />

Sofort nachdem Philipp Scheidem<strong>an</strong>n am 9. November 1918 in<br />

Berlin die Republik ausgerufen hatte, kamen Abges<strong>an</strong>dte <strong>der</strong> aufständischen<br />

Matrosen und Arbeiter auch <strong>an</strong> die <strong>Saar</strong>, wo zahlreiche<br />

Arbeiter- und Soldatenräte entst<strong>an</strong>den. Vorsitzen<strong>der</strong> des Arbeiter-<br />

und Soldatenrates <strong>Saar</strong>brücken war Valentin Schäfer, <strong>der</strong><br />

auch jahrel<strong>an</strong>g Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> SPD <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong> war. Die Tätigkeit<br />

<strong>der</strong> Räte beschränkte sich zumeist auf das Hissen <strong>der</strong> roten Fahne,<br />

die Kontrolle <strong>der</strong> Verwaltung und die Entleerung militärischer<br />

Liegenschaften. Unmittelbar nach dem Rückzug <strong>der</strong> deutschen Truppen<br />

von <strong>der</strong> Front trafen ab 22. November fr<strong>an</strong>zösische Besatzungstruppen<br />

in den Städten und Gemeinden <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong> ein, die<br />

die Arbeiter- und Soldatenräte sofort auflösten. Als Folge des verlorenen<br />

Ersten Weltkrieges bestimmte <strong>der</strong> Friedensvertrag zu Versailles<br />

eine Wie<strong>der</strong>gutmachung für die während des Kriegs eingetretenen<br />

Schäden im nordfr<strong>an</strong>zösischen Industrierevier um Lille<br />

und Roubaix: Die politische Loslösung des Industriereviers <strong>an</strong> <strong>der</strong><br />

mittleren <strong>Saar</strong> vom deutschen Reich und seinen wirtschaftlichen<br />

Anschluss <strong>an</strong> Fr<strong>an</strong>kreich. Das neugebildete <strong>Saar</strong>gebiet wurde einer<br />

international besetzten Regierungskommission des Völkerbundes<br />

unterstellt. Nach 15 Jahren sollte die Bevölkerung in einer<br />

Volksabstimmung über ihre politische Zukunft entscheiden. Als<br />

parlamentarische Vertretung <strong>der</strong> <strong>Saar</strong>län<strong>der</strong>innen<br />

und <strong>Saar</strong>län<strong>der</strong> wurde ein L<strong>an</strong>desrat geschaffen,<br />

<strong>der</strong> aber nur beratende Funktion hatte. Die Régie<br />

des Mines de la Sarre<br />

löste als fr<strong>an</strong>zösische<br />

Grubenverwaltung den<br />

vormals preußischen<br />

Bergfiskus ab. <strong>Sozialdemokratie</strong><br />

und Gewerkschaftenbek<strong>an</strong>nten<br />

sich auch unter<br />

den neuen politischen<br />

Verhältnissen uneingeschränkt<br />

zur deutschen<br />

Nation.<br />

65


■ Tafel Tafel 8 8 unten:<br />

unten:<br />

Die Spaltung <strong>der</strong> Sozialdemokratischen Partei Deutschl<strong>an</strong>ds entzündete<br />

sich <strong>an</strong> <strong>der</strong> Einstellung <strong>der</strong> verschiedenen Flügel <strong>der</strong> Partei<br />

zu den Kriegskrediten von 1914 und zum Weltkrieg überhaupt.<br />

1917 wurde die U(nabhängige) SPD, aus <strong>der</strong>en revolutionärem<br />

Flügel („Spartakusbund“) im J<strong>an</strong>uar 1919 die Kommunistische Partei<br />

entst<strong>an</strong>d, gegründet. Wenngleich diese Entwicklung sich im<br />

nationalen Rahmen auf Reichsebene vollzog, lässt sie sich doch<br />

auch <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong> bis in die Ortsgruppen <strong>der</strong> Parteien verfolgen.<br />

Ihren größten Wahlerfolg err<strong>an</strong>g die Sozialdemokratische Partei<br />

des <strong>Saar</strong>gebietes bei <strong>der</strong> Wahl zur Nationalversammlung in Weimar<br />

am 19. J<strong>an</strong>uar 1919, wo sie in allen größeren Industrieorten<br />

des L<strong>an</strong>dkreises <strong>Saar</strong>brücken über 40 % <strong>der</strong> Stimmen erreichte.<br />

Bei den Wahlen zum L<strong>an</strong>desrat des <strong>Saar</strong>gebietes nahm die Stimmenzahl<br />

<strong>der</strong> SPD stets ab, während die Kommunisten im gleichen<br />

Maße zulegten. Jedoch konnte sie ihre Parteiorg<strong>an</strong>isation im industriellen<br />

Ballungsraum des Reviers ausbauen, darüber hinaus<br />

allerdings nur in ev<strong>an</strong>gelischen Ortschaften.<br />

Rotfrontkämpferbund Neunkirchen<br />

66


■ Tafel Tafel 9 9 oben:<br />

oben:<br />

Die Die SPD SPD <strong>an</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong><br />

<strong>Saar</strong><br />

in in den den Zw<strong>an</strong>ziger Zw<strong>an</strong>ziger Jahren<br />

Jahren<br />

bis bis zur zur Weltwirtschaftskrise<br />

Weltwirtschaftskrise<br />

Der sprunghafte Anstieg <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>zahlen <strong>der</strong> Freien Gewerkschaften<br />

(41.000 im Jahr 1920) und die darauf folgende deutliche<br />

Abnahme (29.000 im Jahr 1927) zeigen, dass ein Klassenbewußtsein<br />

weithin fehlte und die Masse <strong>der</strong> Arbeiterschaft vor allem <strong>an</strong><br />

ihren eigenen familiären Verhältnissen interessiert war. Folglich<br />

orientierte sich die Partei bis 1933 <strong>an</strong> einem nationalen Programm,<br />

wobei sich Max Braun um die deutsch-fr<strong>an</strong>zösische Verständigung<br />

und den Frieden in Europa bemühte.<br />

„Der Wi<strong>der</strong>st<strong>an</strong>d <strong>der</strong> Regierungskommission und <strong>der</strong> Fr<strong>an</strong>zosen<br />

gegen die sozial- und arbeitsrechtliche Angleichung <strong>an</strong> die Weimarer<br />

Republik, <strong>der</strong> Streik des Jahres 1923 und das autokratische<br />

Regierungssystem<br />

ließen die Partei ihre<br />

demokratische und<br />

soziale Ideenwelt<br />

vor allem im Zusammenh<strong>an</strong>g<br />

mit diesen<br />

saarländischen Konflikten<br />

entwickeln.<br />

(…) Die saarländischesozialdemokratische<br />

Partei verfolgte<br />

eine auf die saar-<br />

Karikatur aus <strong>der</strong> „<strong>Saar</strong>-Illustrierten“ zur Lohnpolitik<br />

<strong>der</strong> fr<strong>an</strong>zösischen Grubenverwaltung<br />

67<br />

ländischenVerhältnisse abgestimmte<br />

gemässigte sozialistische<br />

Linie, die (…)<br />

sich damit vom Radikalismus <strong>der</strong> Kommunisten dist<strong>an</strong>zierte und<br />

nicht geeignet war, die Masse <strong>der</strong> Unzufriedenen in den Wahlen zu<br />

gewinnen“ [Maria Zenner, 1966, S. 184 und 188].


■ Tafel Tafel 9 9 Mitte:<br />

Mitte:<br />

Bereits die Wahl zur Weimarer Nationalversammlung am 19. J<strong>an</strong>uar<br />

1919, die den Mehrheitssozialisten <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong> 36 Prozent <strong>der</strong><br />

Stimmen einbrachte, zeigte, dass sich die Verhältnisse <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong><br />

nach dem Zusammenbruch des patriarchalischen Systems stark<br />

verän<strong>der</strong>t hatten. Vor allem in den großen Industrieorten mit beachtlichem<br />

ev<strong>an</strong>gelischem Bevölkerungs<strong>an</strong>teil err<strong>an</strong>g die SPD weit<br />

über 50 %, während sie in rein katholischen, ländlich geprägten<br />

Bergm<strong>an</strong>nsdörfern nur bis zu 20 % gew<strong>an</strong>n. Auf einen Schlag war<br />

sie zur zweitstärksten politischen Kraft nach dem Zentrum geworden.<br />

Bei den folgenden Wahlen zum L<strong>an</strong>desrat schnitt die SPD<br />

freilich immer schlechter ab, wobei sie ihre Wähler <strong>an</strong> die kommunistische<br />

Partei des <strong>Saar</strong>gebiets verlor, beide sozialistische Parteien<br />

err<strong>an</strong>gen zusammen immerhin ein rundes Drittel <strong>der</strong> Stimmen.<br />

Dabei gingen die Sozialdemokraten von einer ungünstigen Ausg<strong>an</strong>gslage<br />

aus: Zunächst fehlte ihnen <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong> ein ausgebauter<br />

Parteiapparat, ein Stamm von ideologisch und parteipolitisch geschulten<br />

Mitglie<strong>der</strong>n sowie auch Erinnerungen <strong>an</strong> große Führungsfiguren<br />

früherer Zeit. Dennoch haftete <strong>der</strong> Zugehörigkeit zur <strong>Sozialdemokratie</strong><br />

in den katholischen L<strong>an</strong>dstrichen <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong> etwas<br />

Anstößiges <strong>an</strong>, wozu die Kirche ihren Anteil beitrug, während Sozialdemokraten<br />

unaufhörlich betonten, sie seien nicht religionsfeindlich<br />

eingestellt, und Christentum und Sozialismus seien<br />

durchaus zu vereinbaren.<br />

68


■ Tafel Tafel 9 9 unten:<br />

unten:<br />

Max Braun (1892-1945) kam als gebürtiger Rheinlän<strong>der</strong> 1923 nach<br />

<strong>Saar</strong>brücken, um die Leitung <strong>der</strong> regionalen Tageszeitung <strong>der</strong> SPD<br />

<strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong>, <strong>der</strong> Volksstimme, zu übernehmen. 1925 wurde er<br />

Zweiter Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> SPD des <strong>Saar</strong>gebiets, bevor er 1929 zum<br />

Ersten Vorsitzenden gewählt wurde. Von 1932 bis 1935 war er<br />

Mitglied des L<strong>an</strong>desrats und spielte nach <strong>der</strong> Machtergreifung Hitlers<br />

in Deutschl<strong>an</strong>d im Abstimmungskampf <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong> eine wichtige<br />

Rolle als Wortführer <strong>der</strong> Status-Quo-Bewegung. Maßgeblich<br />

setzte er sich für eine Bündelung <strong>der</strong> bisl<strong>an</strong>g zersplitterten <strong>an</strong>tifaschistischen<br />

Kräfte ein und erreichte Anf<strong>an</strong>g Juli 1934 die Gründung<br />

<strong>der</strong> Einheitsfront aus Kommunisten und Sozialdemokraten.<br />

Nach dem Debakel <strong>der</strong> Volksabstimmung emigrierte Max Braun<br />

vor <strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ung des <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>des ins Deutsche Reich nach<br />

Fr<strong>an</strong>kreich. Dort leitete er das Office Sarrois, die Org<strong>an</strong>isation sozialdemokratischer<br />

saarländischer Emigr<strong>an</strong>ten, und arbeitete für<br />

verschiedene Zeitungen. Im Lutetia-Kreis beteiligte er sich <strong>an</strong> dem<br />

vergeblichen Versuch, eine „Deutsche Volksfront“ zu schaffen. Nach<br />

<strong>der</strong> Besetzung Fr<strong>an</strong>kreichs durch die Wehrmacht floh er nach Engl<strong>an</strong>d;<br />

hier war er weiterhin<br />

<strong>an</strong>tifaschistisch tätig und<br />

arbeitete beim Soldatensen<strong>der</strong><br />

Calais. Max Braun starb<br />

kurz vor <strong>der</strong> gepl<strong>an</strong>ten<br />

Rückkehr aus London am 3.<br />

Juli 1945. Seine Ehefrau Angela<br />

Stratm<strong>an</strong>n-Braun, die<br />

ihn auf allen Lebensstationen<br />

begleitete, kehrte alleine<br />

nach <strong>Saar</strong>brücken zurück<br />

und übernahm bald den Vorsitz<br />

<strong>der</strong> Arbeiterwohlfahrt.<br />

Sein Bru<strong>der</strong> Dr. Heinz Braun<br />

(1883-1962) gehörte von<br />

1947 bis 1955 dem saarländischen<br />

L<strong>an</strong>dtag <strong>an</strong> und fungierte<br />

von 1947 bis 1951 und<br />

von 1952 bis 1954 als Jus-<br />

Max und Angela Braun 1935<br />

tizminister.<br />

69


■ Tafel Tafel 10 10 oben:<br />

oben:<br />

Die Die Arbeiterkulturbewegung<br />

Arbeiterkulturbewegung<br />

Zur Arbeiterkulturbewegung zählten die Bereiche Sport und W<strong>an</strong><strong>der</strong>n<br />

ebenso wie die Kultur im engeren Sinne. So gab es Freie<br />

Turn- und Schwimmvereine, Arbeiterfußballvereine, den Arbeiterradfahrerbund,<br />

den Arbeiterathletenbund, die Naturfreunde und<br />

den Arbeiterschachverein, während sich die Arbeiterwohlfahrt und<br />

<strong>der</strong> Arbeiter-Samartiter-Bund den sozialen Diensten widmete und<br />

das Reichsb<strong>an</strong>ner Schwarz-Rot-Gold parteiübergreifend als paramilitärische<br />

Schutztruppe zur Verteidigung <strong>der</strong> <strong>Demokratie</strong> fungierte.<br />

Die einzelnen Vereine, die sich auf Ortsebene durch die<br />

Initiative einheimischer Arbeiter konstituierten, waren in <strong>der</strong> Regel<br />

auf Reichsebene den einschlägigen Dachverbänden <strong>an</strong>geschlossen<br />

o<strong>der</strong> arbeiteten mit ihnen zusammen; so gehörte <strong>der</strong> Freie<br />

Turn- und Schwimmverein Sulzbach zum Arbeiter-Turn- und Sportbund<br />

(zuvor Arbeiter-Turnerbund), dessen Wappen die Initialen<br />

<strong>der</strong> Devise „Froh, Frei, Stark, treu“ trug.<br />

Postkarte des Arbeiter-Turnerbundes<br />

70


■ Tafel Tafel 10 10 Mitte:<br />

Mitte:<br />

Die Zw<strong>an</strong>ziger und die erste Hälfte <strong>der</strong> Dreißiger Jahre waren, auch<br />

<strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong>, eine Blütezeit <strong>der</strong> Arbeiterkulturbewegung, die sich<br />

nun, <strong>der</strong> obrigkeitlichen Fesseln des Kaiserreichs ledig, <strong>der</strong> Entfaltung<br />

<strong>der</strong> schöpferischen Kräfte des Menschen widmen konnte. Die<br />

Arbeiter trafen sich in zahlreichen Sport- und Musikvereinen. Viele<br />

Arbeiterges<strong>an</strong>gsvereine wurden neugegründet o<strong>der</strong> umben<strong>an</strong>nt,<br />

was auf frühere Richtungskämpfe in den Vereinen bzw. frühere<br />

Tarnungen zurückverweist: So konnte aus einem ev<strong>an</strong>gelischen<br />

Kirchenchor ein Arbeiterges<strong>an</strong>gverein hervorgehen. Viele Aktivitäten<br />

konzentrierten sich bis 1935 in den oft „Volkshaus“ o<strong>der</strong> „Rotes<br />

Haus“ gen<strong>an</strong>nten Gemeinschaftshäusern, in denen auch die<br />

Parteisekretariate und Dienststellen <strong>der</strong> Gewerkschaften untergebracht<br />

waren. In <strong>der</strong> Zeit des <strong>Saar</strong>gebietes konnten sich die sozialdemokratischen<br />

Org<strong>an</strong>isationen unbehelligt entfalten, doch erreichten<br />

die Sozialdemokraten nie die feste Geschlossenheit des<br />

katholischen Sozialmilieus, mit dem sie sich teilweise überschnitten.<br />

Aufmarsch <strong>der</strong> Arbeitersportler zum fünfjährigen <strong>Stiftung</strong>sfest am 30. Juli 1932 mit<br />

dem Spielm<strong>an</strong>nszug des Freien Turn- und Sportvereins Homburg<br />

71


■ Tafel Tafel 10 10 unten: unten:<br />

unten:<br />

Der Touristenverein Die Naturfreunde, ursprünglich 1895 in Österreich<br />

entst<strong>an</strong>den, wollte den Arbeitern eine alternative zu den<br />

bürgerlichen Alpenvereinen bieten und sie auch „aus <strong>der</strong> Enge <strong>der</strong><br />

Wohnungen, aus dem Dunst <strong>der</strong> Fabriken und Wirtshäuser hinausleiten<br />

in unsere herrliche Natur, sie <strong>der</strong> Schönheit und Freude<br />

entgegenführen“ (Karl Renner, späterer österreichischer K<strong>an</strong>zler<br />

und Bundespräsident). Die Naturfreunde lehnten die Rekordsucht,<br />

den Leistungs- und Kampfsport ab und entwickelten vielmehr den<br />

Ged<strong>an</strong>ken des Breitensports. Die 1919 in Sulzbach gegründeten<br />

Frohen W<strong>an</strong><strong>der</strong>er schlossen sich 1921 den Naturfreunden als Ortsgruppe<br />

<strong>an</strong> und wuchsen innerhalb von zehn Jahren auf 800 Mitglie<strong>der</strong><br />

<strong>an</strong>. Sie unterhielten eine eigene Musikgruppe und tagten<br />

im Volkshaus. Die aktive Sulzbacher Ortsgruppe baute auch am<br />

Naturfreunde-Haus in Kirkel mit, das 1928 eingeweiht werden konnte;<br />

Hausvater wurde Fr<strong>an</strong>z Kindel, bis dahin Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> Sulzbacher<br />

Naturfreunde.<br />

Kin<strong>der</strong> <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong> des „Arbeiter-Theater-Vereins Elversberg“ am 31. Mai 1931 vor<br />

dem neu erbauten Naturfreundehaus Kirkel<br />

72


■ Tafel Tafel 11 11 oben:<br />

oben:<br />

Die Die Arbeiterwohlfahrt<br />

Arbeiterwohlfahrt<br />

Die AWO des <strong>Saar</strong>gebietes<br />

hatte bis zum 25. Juli 1929<br />

in dem Partei- und Gewerkschaftshaus<br />

in <strong>der</strong> Brauerstraße<br />

6-8 in <strong>Saar</strong>brücken<br />

ihren Sitz, bevor sie in ein<br />

eigenes Gebäude in <strong>der</strong> Hohenzollernstraße<br />

45<br />

(vormals 37) umzog. Die<br />

Künstlerin Käthe Kollwitz<br />

(1867-1945) aus Berlin übertrug<br />

im Jahre 1930 ihren<br />

Holzschnitt „Mütter wehren<br />

die Not von ihren Kin<strong>der</strong>n“<br />

in Sgraffito-Technik <strong>an</strong> eine<br />

W<strong>an</strong>d des Treppenhauses,<br />

um das Gebäude durch<br />

Kunst am Bau aufzuwerten;<br />

nach <strong>der</strong> Zerstörung des<br />

Werkes durch die Nationalsozialisten trat ein Mosaik des belgischenKünstlers<br />

Fr<strong>an</strong>s<br />

Masereel <strong>an</strong><br />

seine Stelle.<br />

Seit Sommer<br />

1927 gab die<br />

AWO ein eigenesMitteilungsblatt<br />

neben <strong>der</strong><br />

Parteizeitung„Volksstimme“<br />

AWO 1934 im Volksabstimmungskampf<br />

AWO 1930<br />

Käthe Kollwitz (rechts) vor ihrem Gemälde,<br />

gemeinsam mit dem Architekten Otto Zollinger<br />

(mitte) und dessen Mitarbeiter Streif<br />

(links)<br />

73<br />

heraus.


■ Tafel Tafel 11 11 Mitte:<br />

Mitte:<br />

Auf Initiative des SPD-Parteivorst<strong>an</strong>des gründete die Reichstagsabgeordnete<br />

Marie Juchacz am 13. Dezember 1919 den Hauptausschuß<br />

<strong>der</strong> Arbeiterwohlfahrt als Arbeitsgemeinschaft <strong>der</strong> SPD. Als<br />

Emigr<strong>an</strong>tin hielt sie sich später von 1933 bis 1935 im <strong>Saar</strong>gebiet<br />

auf. Hier kam es erst am 13. Februar 1924 zur Gründung eines<br />

L<strong>an</strong>desverb<strong>an</strong>des <strong>der</strong> Arbeiterwohlfahrt („AWO Bezirk <strong>Saar</strong>gebiet“).<br />

Angela Braun-<br />

Stratm<strong>an</strong>n, die<br />

Ehefrau des SPD-<br />

Vorsitzenden Max<br />

Braun, wurde zur<br />

Vorsitzenden gewählt<br />

und hatte<br />

dieses Amt bis<br />

zum 15. J<strong>an</strong>uar<br />

1935 inne. Die<br />

Zahl <strong>der</strong> Ortsgruppen<br />

<strong>der</strong> Arbeiterwohlfahrt<br />

des<br />

S aargebietes<br />

wuchs zunächst<br />

l<strong>an</strong>gsam, verdreifachte<br />

sich aber<br />

im Jahre 1927.<br />

Die Selbsthilfeorg<strong>an</strong>isation<br />

<strong>der</strong> Arbeiterschaft,<br />

in<br />

<strong>der</strong> viele Frauen<br />

aktiv waren, kümmerte<br />

sich um die<br />

Kin<strong>der</strong>erholung und die Schulspeisungen und führte auch Lebensmittel-Sammlungen<br />

für bedürftige Familien durch. Denn in den<br />

zw<strong>an</strong>ziger Jahren herrschte noch vielfach große Armut in den kin<strong>der</strong>reichen<br />

Arbeiterfamilien <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong>, die durch die Weltwirtschaftskrise<br />

ab 1929 noch verstärkt wurde. Nun richtete die AWO<br />

auch Suppenküchen ein.<br />

74


■ Tafel Tafel 11 11 unten:<br />

unten:<br />

Nach dem Zweiten Weltkrieg konnte die Arbeiterwohlfahrt in guter<br />

Zusammenarbeit mit dem saarländischen Minister für Arbeit und<br />

Wohlfahrt Richard Kirn (1902-1988) ihre Arbeit im Sozialbereich<br />

erfolgreich fortsetzen. In ihrer Trägerschaft entst<strong>an</strong>den, teils geför<strong>der</strong>t<br />

durch die L<strong>an</strong>desregierung, zahlreiche soziale Einrichtungen,<br />

darunter das Kin<strong>der</strong>heim Nunkirchen, das Kin<strong>der</strong>erholungsheim<br />

Neuweiler, das Mädchenwohnheim Dudweiler (1953) und das Müttererholungsheim<br />

Oberthal (1957) sowie Kin<strong>der</strong>gärten in Haus Furpach,<br />

Ludwigsthal und Schiffweiler. D<strong>an</strong>eben waren die Hauptund<br />

ehrenamtlichen Helfer/innen <strong>der</strong> Arbeiterwohlfahrt in <strong>der</strong> Kr<strong>an</strong>kenpflege,<br />

in Nähstuben, <strong>der</strong> Strafgef<strong>an</strong>genenfürsorge und in <strong>der</strong><br />

Flüchtlingsbetreuung tätig. Den Vorsitz des Bezirks <strong>Saar</strong> <strong>der</strong> AWO<br />

übernahmen 1946 Thomas Bl<strong>an</strong>c aus Püttlingen, d<strong>an</strong>ach wie<strong>der</strong><br />

Angela Stratm<strong>an</strong>n-Braun; ihr folgte 1951 Else Braun, Gattin des<br />

Justizministers Heinz Braun. Die Zahl <strong>der</strong> Ortsgruppen stieg auf 95<br />

im Jahre 1957 <strong>an</strong>.<br />

Das Müttererholungs- und Kin<strong>der</strong>heim in Oberthal<br />

75


■ Tafel Tafel 12 12 oben:<br />

oben:<br />

Die Die <strong>Saar</strong>-SPD <strong>Saar</strong>-SPD vor vor 1933<br />

1933<br />

Wie in <strong>der</strong> Weimarer Republik schon 1931 wurde auch Anf<strong>an</strong>g 1932<br />

im <strong>Saar</strong>gebiet die Eiserne Front als Schutztruppe zur Verteidigung<br />

<strong>der</strong> Republik gegen den aufkommenden Faschismus gebildet. In<br />

<strong>der</strong> <strong>Saar</strong>-Kampfleitung <strong>der</strong> Eisernen Front waren neben <strong>der</strong> <strong>Saar</strong>-<br />

SPD u.a. die freien Gewerkschaften, <strong>der</strong> allgemeine deutsche Beamtenbund<br />

des <strong>Saar</strong>gebietes, Arbeitersportler, aber auch die<br />

Deutsch-demokratische Partei des <strong>Saar</strong>gebietes vertreten. „Wir Republik<strong>an</strong>er<br />

und Reichsb<strong>an</strong>nerleute, wir Freigewerkschaftler und<br />

Arbeitersportler, wir Sozialisten und Demokraten des <strong>Saar</strong>gebiets<br />

… haben … gerungen … für den Brückenpfeiler deutsch-fr<strong>an</strong>zösischer<br />

und europäischer Verständigung auf saardeutschem Boden“<br />

heißt es im Gründungsaufruf vom 6. Februar 1932. Die freien Gewerkschaften<br />

wurden<br />

repräsentiert durch<br />

Fritz Dobisch (1890-<br />

1941), den Vorsitzenden<br />

des Allgemeinen<br />

Deutschen Gewerkschaftsbundes<br />

<strong>Saar</strong>,<br />

<strong>der</strong> 1941 im KonzentrationslagerBuchenwald<br />

ums Leben kam.<br />

Fritz Dobisch<br />

76


■ Tafel Tafel 12 12 Mitte:<br />

Mitte:<br />

Auf dem Gruppenfoto <strong>an</strong>lässlich des 25 jährigen Bestehens <strong>der</strong><br />

sozialdemokratischen Zeitung „Volksstimme“ im Jahre 1933 sind<br />

<strong>der</strong> L<strong>an</strong>desvorst<strong>an</strong>d, die L<strong>an</strong>desratsfraktion und Leiter <strong>der</strong> Agitationsbezirke<br />

<strong>der</strong> Sozialdemokratischen Partei des <strong>Saar</strong>gebiets (SPdS)<br />

abgebildet. Seiner Bedeutung entsprechend ist das Porträt des<br />

L<strong>an</strong>desvorsitzenden Max Braun - gekennzeichnet mit <strong>der</strong> Nr. 1 -<br />

deutlich vergrößert. Seit 1923 Chefredakteur <strong>der</strong> Volksstimme, seit<br />

Anf<strong>an</strong>g 1929 Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> SPdS,. war er die intellektuell und<br />

politisch domin<strong>an</strong>te Führungsfigur <strong>der</strong> <strong>Saar</strong>-Sozialdemokraten.<br />

Seine <strong>an</strong>tifaschistische, republik<strong>an</strong>ische Grundhaltung beinhaltete<br />

für ihn wie für die <strong>Saar</strong>-SPD bis 1933 das klare Bekenntnis <strong>der</strong><br />

Rückkehr des <strong>Saar</strong>gebietes<br />

zu Deutschl<strong>an</strong>d. Gerade<br />

aus den Erfahrungen<br />

des Grenzl<strong>an</strong>dschicksals<br />

des <strong>Saar</strong>gebietes, das<br />

1920 im Versailler Vertrag<br />

für 15 Jahre politisch von<br />

Deutschl<strong>an</strong>d abgetrennt<br />

worden war, hatte Max<br />

Braun in <strong>der</strong> zweiten<br />

Hälfte <strong>der</strong> 1920er Jahre<br />

für die SPdS die Politik<br />

<strong>der</strong> Aussöhnung mit<br />

Fr<strong>an</strong>kreich als Grundlage<br />

<strong>der</strong> europäischen<br />

Verständigungspolitik<br />

entwickelt. Dem <strong>Saar</strong>gebiet<br />

kam dabei eine<br />

Brückenfunktion „zwischen<br />

den beiden großen<br />

europäischen KulturnationenDeutschl<strong>an</strong>d<br />

und Fr<strong>an</strong>kreich“ zu. Die auf Frieden und Verständigung ausgerichteten<br />

außenpolitischen Positionen <strong>der</strong> <strong>Saar</strong>-SPD waren klare<br />

Gegenpositionen zur aggressiven, nationalistischen Kriegspolitik<br />

<strong>der</strong> NSDAP, vor <strong>der</strong> Max Braun vielfach auch in Leitartikeln <strong>der</strong><br />

Volksstimme warnte.<br />

77


■ Tafel Tafel 12 12 unten: unten:<br />

unten:<br />

Julius Schwarz (1880-1949) war als Vorsitzen<strong>der</strong> des freigewerkschaftlichen<br />

Bergarbeiterverb<strong>an</strong>des (BAV, 1930-35) einer <strong>der</strong> einflussreichsten<br />

Politiker im <strong>Saar</strong>gebiet. Zudem war er ab 1929 SPD-<br />

Stadtratsmitglied in <strong>Saar</strong>brücken<br />

und viele Jahre stellvertreten<strong>der</strong><br />

Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> SPdS. 1919-21<br />

und 1933 war er Mitglied im<br />

Preußischen L<strong>an</strong>dtag. Schwarz<br />

war bodenständiger Gewerkschafter<br />

und Sozialpolitiker und<br />

von Neigung, Interessen und<br />

Habitus geradezu <strong>der</strong> Gegenpol<br />

zu Max Braun. Mit <strong>der</strong> Zerschlagung<br />

<strong>der</strong> freien Gewerkschaften<br />

im Deutschen Reich, am 02. Mai<br />

1933, war es für Schwarz klar,<br />

dass auch die Gewerkschaftsverbände<br />

<strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong> in ihrer Exis-<br />

Julius Schwarz<br />

78<br />

tenz bedroht waren. Wie <strong>an</strong><strong>der</strong>e<br />

freie Gewerkschaften auch kon-<br />

stituierten sich die freigewerkschaftlichen Bergarbeiter des <strong>Saar</strong>gebietes<br />

als selbständige Org<strong>an</strong>isation, und Schwarz gab ab Mai<br />

1933 die <strong>Saar</strong>-Bergarbeiter-Zeitung heraus. Die Zustände im nazistischen<br />

Deutschl<strong>an</strong>d wurden darin heftig attackiert.


■ Tafel Tafel 13 13 oben:<br />

oben:<br />

Nie Nie zu zu Hitler<br />

Hitler<br />

Nach <strong>an</strong>fänglicher Rücksichtnahme auf die Mutterpartei im NS-<br />

Staat nahm die SPdS ab Mai 1933 in <strong>der</strong> öffentlichen Ausein<strong>an</strong><strong>der</strong>setzung<br />

mit den Zuständen in Hitlerdeutschl<strong>an</strong>d keine Rücksichten<br />

mehr. Als schwierig<br />

erwies sich aber<br />

die Stellungnahme<br />

zur Frage <strong>der</strong> Rückglie<strong>der</strong>ung<br />

<strong>der</strong> <strong>Saar</strong><br />

zu Deutschl<strong>an</strong>d. Bis<br />

1933 war auch für die<br />

<strong>Saar</strong>-SPD völlig unstrittig,<br />

dass in <strong>der</strong><br />

Volksabstimmung<br />

1935 nur für die<br />

Rückglie<strong>der</strong>ung zu<br />

Deutschl<strong>an</strong>d votiert werden k<strong>an</strong>n; das demokratische, freiheitliche<br />

Deutschl<strong>an</strong>d gab es aber nicht mehr. Deutschl<strong>an</strong>d glich nach<br />

Auffassung <strong>der</strong> Antifaschisten einem Gefängnis, war „vom Feinde<br />

besetzt“. Anf<strong>an</strong>g August 1933 erklärte Max Braun erstmals öffentlich,<br />

dass es eine Rückkehr zu einem nationalsozialistischen<br />

Deutschl<strong>an</strong>d für die SPD nicht geben könne. Die <strong>Saar</strong>-SPD, die<br />

sich auf dem Parteitag im November 1933 von <strong>der</strong> im Deutschen<br />

Reich verbotenen Mutterpartei trennte und sich in „Sozialdemokratische<br />

L<strong>an</strong>despartei des <strong>Saar</strong>gebietes“ umben<strong>an</strong>nte, versuchte<br />

erfolglos, beim Völkerbund<br />

eine Verschiebung<br />

<strong>der</strong> Abstimmung<br />

zu erwirken,<br />

bis die Nationalsozialisten<br />

in<br />

Deutschl<strong>an</strong>d nicht<br />

mehr <strong>an</strong> <strong>der</strong> Macht<br />

seien.<br />

79


■ Tafel Tafel 13 13 Mitte:<br />

Mitte:<br />

Mit <strong>der</strong> Selbstgleichschaltung <strong>der</strong> bürgerlich-christlichen Org<strong>an</strong>isationen<br />

<strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong> und ihrer Unterwerfung unter die Führungsrolle<br />

<strong>der</strong> NSDAP in <strong>der</strong> Deutschen Front 1933/34 nahmen auch <strong>der</strong><br />

psychische und physische Druck und Terror gegen Rückglie<strong>der</strong>ungsgegner<br />

ständig zu. Die Terrorskala <strong>der</strong> Deutschen Front war<br />

groß: Sie reichte von vagen Drohungen wie „Denk <strong>an</strong> 1935“ über<br />

Angriffe auf Flugblatt- und Zeitungsverteiler <strong>der</strong> <strong>an</strong>tifaschistischen<br />

Org<strong>an</strong>isationen, Diffamierung und öffentliche Bloßstellung von<br />

Rückglie<strong>der</strong>ungsgegnern als Separatisten und Vaterl<strong>an</strong>dsverräter<br />

bis hin zu Mord<strong>an</strong>schlägen auf den Führer <strong>der</strong> Freiheitsfront, den<br />

saarländischen SPD-Vorsitzenden Max Braun. Die symbolische Hinrichtung<br />

von Rückglie<strong>der</strong>ungsgegnern - oft in Gestalt <strong>der</strong> Erhängung<br />

einer Puppe, <strong>der</strong> das Namensschild ‚Max Braun‘ o<strong>der</strong> „Status<br />

quo“ umgehängt war - wirkte auch deshalb stark einschüchternd<br />

auf Gegner des NS-Systems, weil dies den realen Umg<strong>an</strong>g<br />

mit politischen Gegnern im NS-Staat symbolisierte, also einem<br />

tatsächlichen Hintergrund entsprach. Nach <strong>der</strong> Bek<strong>an</strong>ntgabe des<br />

Abstimmungsergebnisses sah Max Braun, wie er später in seinen<br />

Erinnerungen schrieb, in<br />

einer Demonstration <strong>der</strong><br />

Deutschen Front seiner<br />

eigenen Hinrichtung zu.<br />

„…Ich hatte diesen Menschen<br />

immer wie<strong>der</strong><br />

gesagt…’Hitler - das ist<br />

<strong>der</strong> Krieg!’. Und bei diesem<br />

grotesken Schauspiel<br />

wurde mir klarer als<br />

je zuvor, dass <strong>der</strong>selbe<br />

Hexent<strong>an</strong>z in gleicher<br />

Verruchtheit eines Tages<br />

sich über die Grenzen<br />

hinweg begeben und<br />

noch wil<strong>der</strong> und hemmungsloser<br />

gegen Europa<br />

und die übrige Welt<br />

im Amoklauf losgehen<br />

würde.“<br />

80


■ Tafel Tafel 13 13 unten: unten:<br />

unten:<br />

Nach dem 30. J<strong>an</strong>uar 1933 kam auf die <strong>an</strong>tifaschistischen Org<strong>an</strong>isationen<br />

zunehmend die Aufgabe zu, (politischen) Flüchtlingen<br />

aus NS-Deutschl<strong>an</strong>d Überlebenshilfe zu leisten. Allein etwa 1000<br />

sozialdemokratische Flüchtlinge<br />

aus Deutschl<strong>an</strong>d und später<br />

Österreich, oft mittellos, waren<br />

mit Essen und Unterkunft zu<br />

versorgen; nur selten konnten<br />

Arbeitsmöglichkeiten vermittelt<br />

werden. Unter den prominenten<br />

SPD-Flüchtlingen bef<strong>an</strong>d sich<br />

auch Marie Juchacz (1879-1956),<br />

l<strong>an</strong>gjährige SPD-Reichstagsabgeordnete<br />

und 1919 Mitgrün<strong>der</strong>in<br />

<strong>der</strong> Arbeiterwohlfahrt. Sie<br />

unterhielt in <strong>der</strong> <strong>Saar</strong>brücker<br />

Bahnhofstraße eine Begegnungsstätte<br />

mit Mittagstisch,<br />

Marie Juchacz<br />

81<br />

wo sich Emigr<strong>an</strong>ten aufhalten<br />

konnten, neue Nachrichten aus<br />

Deutschl<strong>an</strong>d diskutiert wurden und es zu günstigen Preisen eine<br />

Mahlzeit gab. Ähnliche Anlaufstellen gab es u.a. in <strong>der</strong> Arbeiterwohlfahrt<br />

in <strong>der</strong> Hohenzollernstraße, wo zeitweise Joh<strong>an</strong>na Kirchner,<br />

1944 von den Nazis ermordet, arbeitete. Aber auch die saarländische<br />

Liga für Menschenrechte, die Rote Hilfe <strong>der</strong> KP und die<br />

Naturfreunde in ihrem Heim in Kirkel betreuten Emigr<strong>an</strong>ten.


■ Tafel Tafel 14 14 oben:<br />

oben:<br />

Die Die Einheitsfront<br />

Einheitsfront<br />

gegen gegen Hitler<br />

Hitler<br />

„Um Hitler <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong> zu schlagen, rufen die kommunistische<br />

und die Sozialdemokratische Partei die Arbeiter und das g<strong>an</strong>ze<br />

<strong>Saar</strong>volk zur Durchführung von gemeinsamen Aktionsmaßnahmen,<br />

gemeinsamen Kundgebungen, Versammlungen und Demonstrationen<br />

gegen den Faschismus auf“, heißt es im Gründungsaufruf<br />

<strong>der</strong> <strong>an</strong>tifaschistischen Einheitsfront Anf<strong>an</strong>g Juli 1934 <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong>.<br />

Nach <strong>der</strong> „kampflosen Kapitulation“ <strong>der</strong> deutschen Arbeiterbewegung<br />

wollten SPD und KPD das <strong>Saar</strong>gebiet den Nationalsozialisten<br />

nicht kampflos überlassen. Ihrem Aufruf, am 13. J<strong>an</strong>uar 1935<br />

für den Status quo und gegen den Anschluss <strong>der</strong> <strong>Saar</strong> <strong>an</strong> Hitlerdeutschl<strong>an</strong>d<br />

zu stimmen,<br />

folgten nur 8,8%<br />

<strong>der</strong> Abstimmenden.<br />

Neben dem einschüchternden<br />

Terror<br />

<strong>der</strong> Deutschen Front<br />

sind als weitere Gründe<br />

<strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>lage vor<br />

allem die <strong>an</strong>bie<strong>der</strong>nde<br />

Haltung <strong>der</strong> christlichen<br />

Kirchen gegenüberHitlerdeutschl<strong>an</strong>d<br />

und die entpolitisierende,<br />

nur auf das<br />

„Gefühl Deutschl<strong>an</strong>d“<br />

setzende Propag<strong>an</strong>da<br />

<strong>der</strong> Deutschen Front,<br />

die jede <strong>an</strong><strong>der</strong>e Entscheidung<br />

als L<strong>an</strong>desverrat<br />

br<strong>an</strong>dmarkte,<br />

<strong>an</strong>zuführen.<br />

82


■ Tafel Tafel 14 14 Mitte:<br />

Mitte:<br />

Die Einheitsfront aus Sozialdemokraten und Kommunisten versuchte<br />

mit Hun<strong>der</strong>ten von Ver<strong>an</strong>staltungen, Flugblättern und zahlreichen<br />

Zeitungen die Bevölkerung für das Votum zum Status quo<br />

zu gewinnen; dabei setzte die Einheitsfront ihre Hoffnung darauf,<br />

nach einer positiven Abstimmung für den Status quo werde die<br />

Abstimmung nach dem Ende <strong>der</strong> NS-Herrschaft wie<strong>der</strong>holt, und<br />

d<strong>an</strong>n wäre <strong>der</strong> Weg frei für die Rückkehr <strong>der</strong> <strong>Saar</strong> zu einem demokratischen<br />

Deutschl<strong>an</strong>d. Zentrale Ver<strong>an</strong>staltungen <strong>der</strong> Status quo-<br />

Bewegung f<strong>an</strong>den am 24. August 1934 in Sulzbach und am 6.<br />

J<strong>an</strong>uar 1935 auf dem Wackenberg in <strong>Saar</strong>brücken statt. Eine große<br />

Überraschung war <strong>der</strong> Auftritt von Pater Hugolinus Dörr (1895-<br />

1940) in Sulzbach, <strong>der</strong> gegen die Bischöfe von Trier und Speyer<br />

und für den Status quo Stellung nahm. Der Auftritt des katholischen<br />

Geistlichen lies kurzfristig die Hoffnung bei den Antifaschisten<br />

aufkommen, die Einheitsfront zu einer saarländischen Volksfront<br />

erweitern zu können. Dies missl<strong>an</strong>g allerdings: Nur ein kleiner<br />

Teil des politischen Katholizismus im Umkreis des späteren<br />

saarländischen Ministerpräsidenten Joh<strong>an</strong>nes Hoffm<strong>an</strong>n und einige<br />

christliche Gewerkschafter<br />

sowie die freien<br />

Gewerkschaften des <strong>Saar</strong>gebietes<br />

riefen ebenfalls<br />

zum Votum für den Status<br />

quo auf. Viele Männer<br />

und Frauen <strong>der</strong> Einheitsfront<br />

und <strong>der</strong> Status<br />

quo-Bewegung mussten<br />

nach dem 13. J<strong>an</strong>uar 1935<br />

ins Exil, etliche bezahlten<br />

ihr Engagement mit dem<br />

Leben. Der mutige Kampf<br />

dieser Männer und Frauen<br />

hat wesentlich dazu<br />

beigetragen, <strong>der</strong> Welt das<br />

Gesicht des <strong>an</strong><strong>der</strong>en, demokratischen<br />

und friedlichen<br />

Deutschl<strong>an</strong>ds zu<br />

Max Braun und Pater Hugolinus Dörr<br />

zeigen.<br />

83


■ Tafel Tafel 14 14 unten: unten:<br />

unten:<br />

Teils schon vor <strong>der</strong> Bek<strong>an</strong>ntgabe des Abstimmungsergebnisses<br />

am 15. J<strong>an</strong>uar 1935 verlassen neben jüdischen Bewohnern auch<br />

zahlreiche, politisch durch das kommende NS-System <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong><br />

bedrohte, Antifaschisten<br />

ihre Heimat o<strong>der</strong> ihren<br />

ersten Fluchtpunkt <strong>Saar</strong>gebiet.<br />

Zu letzteren gehören<br />

etwa <strong>der</strong> ehemalige<br />

Innenminister <strong>der</strong><br />

Weimarer Republik, Wilhelm<br />

Sollm<strong>an</strong>n (1881-<br />

1951), <strong>der</strong> SPD-Reichs-<br />

Luise Schiffgens und Heinrich Wacker (retuschierte<br />

Photomontage)<br />

84<br />

tagsabgeordnete und<br />

Funktionär <strong>der</strong> freien<br />

Bergarbeitergewerk-<br />

schaft Heinrich Becker (1877-1964), <strong>der</strong> SPD-Reichstagsabgeordnete<br />

Emil Kirschm<strong>an</strong>n (1888-1948) o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Fr<strong>an</strong>kfurter Funktionär<br />

<strong>der</strong> Deutschen Metallarbeiterverb<strong>an</strong>des Max Bock (1888-1953). Aber<br />

auch viele einfache Mitglie<strong>der</strong> und Funktionäre <strong>der</strong> SPdS und <strong>der</strong><br />

freien Gewerkschaften des <strong>Saar</strong>gebiets, die sich im Abstimmungskampf<br />

gegen den Anschluss <strong>an</strong> Hitlerdeutschl<strong>an</strong>d engagiert hatten<br />

und die teils unmittelbar nach <strong>der</strong> Verkündung des Abstimmungsergebnisses<br />

von einem nationalistisch-faschistischen<br />

Mob<br />

bedroht wurden, gingen ins Exil.<br />

Zu ihnen gehörten u.a. Luise Schiffgens<br />

(1892-1954), die in den 1950er<br />

Jahren zeitweise Fraktionsvorsitzende<br />

<strong>der</strong> SPS im saarländischen L<strong>an</strong>dtag<br />

war, und Heinrich Wacker (1887-<br />

1970), Geschäftsführer des Werkmeisterbundes<br />

<strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong> und von<br />

1933-35 <strong>der</strong> Führer des Sozialistischen<br />

Schutzbundes in <strong>Saar</strong>brücken.<br />

Nach 1945 wurde er Erster<br />

Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> Einheitsgewerk-<br />

schaft des <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>des.<br />

Max Bock


■ Tafel Tafel 15 15 oben:<br />

oben:<br />

Die Die <strong>Saar</strong> <strong>Saar</strong> im im Dritten Dritten Reich:<br />

Reich:<br />

Ausgrenzung Ausgrenzung und und Kriegs- KriegsKriegs- wirtschaft<br />

wirtschaft<br />

Am 1. März 1935 wurde die <strong>Saar</strong>region wie<strong>der</strong> Best<strong>an</strong>dteil des<br />

Deutschen Reiches. Wer nicht emigriert war, enthielt sich vorsorglich<br />

je<strong>der</strong> politischen Meinungsäußerung. Um die nationalsozialistische<br />

Herrschaft <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong> zu etablieren, ern<strong>an</strong>nte Hitler Josef<br />

Bürckel, den Gauleiter <strong>der</strong> NSDAP Rheinpfalz, zum Reichskommissar<br />

für die Rückglie<strong>der</strong>ung des <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>des. Das öffentliche Vereinswesen<br />

wurde gleichgeschaltet. 1937 führten die Nationalsozialisten<br />

die christliche Gemeinschaftsschule ein, in <strong>der</strong> freilich bald<br />

je<strong>der</strong> Religionsunterricht entfiel. Die politischen Gegner wurden<br />

verfolgt. Der Hass <strong>der</strong> Nazis richtete sich vor allem gegen die<br />

Kommunisten, traf aber auch Sozialdemokraten und Christen. Der<br />

differenzierte nationalsozialistische Überwachungsapparat erzeugte<br />

einen starken Anpassungsdruck und hielt die Bevölkerung, vor<br />

allem nach Beginn des Zweiten Weltkrieges, dauerhaft in Angst<br />

und Schrecken; davon zeugen zahlreiche Verfahren wegen Vergehen<br />

gegen die Heimtücke-Verordnung (Führerwitze, Hören feindlicher<br />

Sen<strong>der</strong>). Während die nationalsozialistische Herrschaft nach<br />

außen mit beeindruckenden Aufmärschen, schmissiger Musik und<br />

zackigem Auftreten das Bild eines <strong>an</strong>ständigen, sauberen und starken<br />

Deutschl<strong>an</strong>ds bot, unterdrückte sie nach innen jegliche Äußerung<br />

<strong>an</strong><strong>der</strong>sdenken<strong>der</strong> Vorstellungen mit massiver Einschüchterung<br />

und brutaler Gewalt.<br />

Aber auch die sozialpolitischen<br />

Maßnahmen im NS-<br />

Staat zugunsten <strong>der</strong> Arbeiterbevölkerung<br />

-“Sozialismus<br />

<strong>der</strong> Tat“- führten zu Anpassung<br />

und politischer Abstinenz,<br />

teils sogar zu partieller<br />

Zustimmung zum Regime.<br />

85


■ Tafel Tafel 15 15 Mitte:<br />

Mitte:<br />

Die jüdische Bevölkerungsmin<strong>der</strong>heit war, nachdem sie in <strong>der</strong> Fr<strong>an</strong>zösischen<br />

Revolution als Staatsbürger em<strong>an</strong>zipiert worden war,<br />

im 19. Jahrhun<strong>der</strong>t <strong>an</strong>gewachsen und vielfach als Viehhändler und<br />

Kleingewerbetreibende tätig. Die jüdischen Gemeinden <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong><br />

unterhielten 27 Synagogen und 11 Friedhöfe. Mit dem Aufkommen<br />

des Nationalsozialismus und ersten Boykottmaßnahmen im Deutschen<br />

Reich wussten die Juden <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong>, was auf sie zukam.<br />

Wer es sich leisten konnte, verkaufte bereits vor o<strong>der</strong> nach <strong>der</strong><br />

Volksabstimmung seine Liegenschaften und emigrierte ins Ausl<strong>an</strong>d.<br />

Zahlreiche H<strong>an</strong>delsunternehmen in den saarländischen Gemeinden<br />

wurden 1935 arisiert, darunter viele bis heute alteingesessene<br />

Geschäfte. Die Nicht<strong>an</strong>wendung <strong>der</strong> die jüdische Bevölkerung<br />

diskriminierenden Reichsgesetze <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong> lief ein Jahr<br />

nach <strong>der</strong> Rückglie<strong>der</strong>ung (am 29. Februar 1936) aus. Wie im übrigen<br />

Deutschl<strong>an</strong>d kam es in <strong>der</strong> sogen<strong>an</strong>nten „Reichskristallnacht“<br />

vom 9. auf den 10. November 1938 zu gewaltsamen Übergriffen<br />

auf Juden, ihre Wohnungen, Synagogengebäude und Friedhöfe.<br />

Zahlreiche Synagogen gingen in Flammen auf, Teile <strong>der</strong> jüdischen<br />

Bevölkerung wurden vom braunen Mob in ihren Häusern aus dem<br />

Schlaf gerissen, durch die<br />

Stadt getrieben und<br />

schließlich ins Konzentrationslager<br />

Dachau verbracht.<br />

Die Synagogen wurden vielfach<br />

abgerissen, teils verkauft<br />

o<strong>der</strong> einer <strong>an</strong><strong>der</strong>en<br />

Nutzung zugeführt.<br />

Schließlich wurden während<br />

des Zweiten Weltkriegs im<br />

Oktober 1942 alle noch im<br />

<strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>d, <strong>der</strong> Pfalz und in<br />

Baden verbliebenen Juden<br />

verhaftet und ins Lager Gurs<br />

in Südwestfr<strong>an</strong>kreich deportiert,<br />

von wo sie 1944 ins<br />

Konzentrationslager Aus-<br />

Die brennende Synagoge in <strong>Saar</strong>brücken am<br />

9. November 1938<br />

86<br />

chwitz tr<strong>an</strong>sportiert und ermordet<br />

wurden.


■ Tafel Tafel 15 15 unten: unten:<br />

unten:<br />

Herm<strong>an</strong>n Röchling (1871-1955) übernahm 1898 die Leitung <strong>der</strong><br />

Völklinger Hütte, <strong>der</strong>en Mehrheits<strong>an</strong>teile nach dem Ersten Weltkrieg<br />

<strong>an</strong> Fr<strong>an</strong>kreich gefallen waren. Er gehörte als Vertreter <strong>der</strong><br />

Liberalen Volkspartei (ab 1924: Deutsch-<strong>Saar</strong>ländische Volkspartei)<br />

in allen vier Legislaturperioden (1922-1935) dem L<strong>an</strong>desrat <strong>an</strong><br />

und setzte sich beson<strong>der</strong>s für den Verbleib des <strong>Saar</strong>gebietes bei<br />

Deutschl<strong>an</strong>d ein. 1933 gab Herm<strong>an</strong>n Röchling entscheidenden<br />

Anstoß zur Gründung <strong>der</strong> Deutschen Front, des Wahlkampfbündnisses<br />

für die bedingungslose Anglie<strong>der</strong>ung des <strong>Saar</strong>gebietes <strong>an</strong><br />

das Deutsche Reich zur <strong>Saar</strong>abstimmung am 13. J<strong>an</strong>uar 1935, und<br />

unterhielt enge Verbindungen zu Nationalsozialisten. 1935 wurde<br />

er Mitglied <strong>der</strong> NSDAP, trat dem Rüstungsbeirat des Reichswehrministeriums<br />

bei und war bald Mitglied <strong>der</strong> Aufsichtsräte zahlreicher<br />

Firmen <strong>der</strong> kriegswichtigen Mont<strong>an</strong>industrie. So erhielt er<br />

vielfache Titel und Funktionen, u.a. als Wehrwirtschaftsführer. Nach<br />

dem Westfeldzug wurde Herm<strong>an</strong>n Röchling zum „Generalbevollmächtigten<br />

für die Eisen- und Stahlindustrie in Lothringen“ ern<strong>an</strong>nt,<br />

<strong>der</strong>en Ressourcen er <strong>der</strong> deutschen Kriegswirtschaft dienstbar<br />

zu machen suchte.<br />

In <strong>der</strong> saarländischen<br />

Schwerindustrie,<br />

aber auch in H<strong>an</strong>del,<br />

Gewerbe und in <strong>der</strong><br />

L<strong>an</strong>dwirtschaft, wurden<br />

während des<br />

Krieges ca. 60.000<br />

bis 70.000 Zw<strong>an</strong>gsarbeiter<br />

eingesetzt, bei<br />

Treueschwur <strong>der</strong> Röchling-Arbeiter<br />

87<br />

denen es sich um<br />

Kriegsgef<strong>an</strong>gene<br />

o<strong>der</strong> unter falschen Versprechungen <strong>an</strong>gelockte Zivilpersonen h<strong>an</strong>delte;<br />

sie wurden vielfach in Barackenlagern untergebracht. Obwohl<br />

es sich meist um junge Arbeitskräfte h<strong>an</strong>delte, kamen viele<br />

durch Unfälle, Hunger, Bomben und Mißh<strong>an</strong>dlung zu Tode. Herm<strong>an</strong>n<br />

Röchling wurde nach den beiden Weltkriegen 1919 und 1947<br />

rechtskräftig als Kriegsverbrecher verurteilt und war wesentlich<br />

für den Einsatz <strong>der</strong> Zw<strong>an</strong>gsarbeiter in <strong>der</strong> deutschen Kriegswirtschaft<br />

während des Zweiten Weltkriegs ver<strong>an</strong>twortlich.


■ Tafel Tafel 16 16 oben:<br />

oben:<br />

Die Die <strong>Saar</strong> <strong>Saar</strong> im im Dritten Dritten Reich:<br />

Reich:<br />

Verfolgung Verfolgung und und Wi<strong>der</strong>st<strong>an</strong>d<br />

Wi<strong>der</strong>st<strong>an</strong>d<br />

Magdalena Magdalena Weber, Weber, geb. geb. Berty Berty (21. J<strong>an</strong>uar 1898 - 27. April 1945):<br />

Magdalena Berty wurde am 21. J<strong>an</strong>uar 1898 in Merzig geboren. Sie<br />

heiratete am 12. September 1922 in Sulzbach Karl Weber und trat<br />

im darauffolgenden Jahr <strong>der</strong> SPD bei. Sie war Vorst<strong>an</strong>dsmitglied<br />

im Ortsverein Sulzbach und arbeitete<br />

bei <strong>der</strong> Arbeiterwohlfahrt<br />

sowie beim Arbeiter-Samariter-Bund<br />

mit. Nach <strong>der</strong><br />

Emigration ins südfr<strong>an</strong>zösische<br />

Departement Gers ging<br />

sie 1936 nach Sp<strong>an</strong>ien und<br />

nahm bis 1938 als Röntgenschwester<br />

des Internationalen<br />

S<strong>an</strong>itätsdienstes Sp<strong>an</strong>ien<br />

(SSI) am Sp<strong>an</strong>ischen Bürgerkrieg<br />

teil. Als sich die Nie<strong>der</strong>lage <strong>der</strong> republik<strong>an</strong>ischen Volksfront<br />

abzeichnete, begab sich Magdalena Weber im April 1938<br />

nach Fr<strong>an</strong>kreich. Am 18. Mai 1941 wurde sie durch die fr<strong>an</strong>zösische<br />

Polizei des Vichy-Regimes festgenommen und zu einer Gefängnisstrafe<br />

verurteilt. Im Juli 1942<br />

wurde sie <strong>der</strong> Gestapo<br />

übergeben und nach<br />

Deutschl<strong>an</strong>d zurückgeführt.<br />

Sommer und Herbst 1942<br />

verbrachte sie in den Gefängnissen<br />

Trier und <strong>Saar</strong>brücken,<br />

bevor sie am 28.<br />

November 1942 ins Frauen-<br />

Konzentrationslager Ravensbrück<br />

überstellt wurde,<br />

wo sie am 27. April 1945<br />

ermordet wurde.<br />

Magdalena („Lenchen“) Weber mit vier Kameraden<br />

<strong>der</strong> Internationalen Brigaden (zweiter<br />

von rechts Herm<strong>an</strong>n Drumm, Bergm<strong>an</strong>n<br />

aus Wiebelskirchen)<br />

88


■ Tafel Tafel 16 16 Mitte:<br />

Mitte:<br />

Beim Aufbau <strong>der</strong> von den Nationalsozialisten propagierten „Volksgemeinschaft“<br />

kam es immer wie<strong>der</strong> zu sozialen Konflikten, wi<strong>der</strong>ständigem<br />

Verhalten und zu einzelnen Zusammenstößen mit<br />

den Repräsent<strong>an</strong>ten des nationalsozialistischen Apparates, ohne<br />

dass freilich <strong>der</strong> Rückhalt des Systems jemals ernsthaft bedroht<br />

war. Der den Machthabern zur Verfügung stehende Repressionsapparat,<br />

<strong>der</strong> im Einzelfall Exempel statuierte, ließ die Beherrschten<br />

aber weitgehend im Unklaren darüber, wie er im Einzelfall<br />

zuschlagen würde. So diente er vor allem zur Verbreitung einer<br />

latenten Angst und erzeugte einen Druck zu konformem Verhalten<br />

auch bei denen, die innerlich das System ablehnten. Bereits unmittelbar<br />

nach <strong>der</strong> Bek<strong>an</strong>ntgabe des Abstimmungsergebnisses am<br />

15. J<strong>an</strong>uar 1935 trieb eine Welle von Übergriffen die exponierten<br />

Funktionäre <strong>der</strong> Einheitsfront in die Emigration. Wi<strong>der</strong>st<strong>an</strong>d gegen<br />

die NS-Herrschaft konnte von da <strong>an</strong> nur noch mit bescheidenen<br />

Mitteln von außen geleistet werden. Aktiver Wi<strong>der</strong>st<strong>an</strong>d, meist im<br />

Ausl<strong>an</strong>d, blieb eine Sache von wenigen Einzelnen; gleichwohl erregten<br />

viele die Aufmerksamkeit <strong>der</strong> Verfolger bei geringsten öffentlichenMeinungsäußerungen.<br />

Gauleiter<br />

Bürckel betonte erfolgreich<br />

die integrative<br />

Seite <strong>der</strong> NS-Arbeiterpolitik<br />

und trug so<br />

zur äußerlichen Anpassung<br />

<strong>der</strong> Arbeiterschaft<br />

bei, die trotz<br />

des geübten privaten<br />

Zusammenhalts das<br />

Ausbluten ihres Milieus<br />

nicht verhin<strong>der</strong>n<br />

konnten. Auch die<br />

Kommunisten schotteten<br />

sich im linksproletarischen<br />

Milieu ab;<br />

ihre wenigen Wi<strong>der</strong>st<strong>an</strong>dsgruppenblie-<br />

verbotene Naturfreundegruppe<br />

ben ohne Reson<strong>an</strong>z.<br />

89


■ Tafel Tafel 16 16 unten: unten:<br />

unten:<br />

Julius Julius Strumm Strumm (15. Juli 1915 - 13. Juli 1942)<br />

Julius Strumm wuchs in Sulzbach bei seinem<br />

Großvater auf. Er trat eine Lehrstelle in<br />

einer Dreherei <strong>an</strong> und war d<strong>an</strong>ach auf den<br />

Gruben Altenwald und<br />

Hirschbach beschäftigt,<br />

bis er 1933 infolge <strong>der</strong><br />

Weltwirtschaftskrise entlassen<br />

wurde. 1931 war<br />

er dem Bergarbeiterverb<strong>an</strong>d<br />

beigetreten und<br />

gehörte zur Jugendgruppe<br />

<strong>der</strong> Naturfreunde. Im<br />

<strong>Saar</strong>abstimmungskampf<br />

wurde er im Dezember<br />

1934 von den Nazis zusammengeschlagen, 1935 emigrierte er nach<br />

Fr<strong>an</strong>kreich. Von Mai 1936 bis Herbst 1937 kämpfte er auf rotsp<strong>an</strong>ischer<br />

Seite im Bürgerkrieg, von J<strong>an</strong>uar 1938 bis Juli 1940 diente er<br />

in <strong>der</strong> fr<strong>an</strong>zösischen Fremdenlegion. Trotz Zusicherung von Straffreiheit<br />

wurde Julius im Juli 1941 <strong>der</strong> deutschen Sicherheitspolizei<br />

überstellt, die ihn am 24. November 1941 wegen Hochverrats <strong>an</strong>klagte.<br />

M<strong>an</strong> konnte ihm zwar nichts nachweisen; dennoch verblieb<br />

er als Sp<strong>an</strong>ienkämpfer in Schutzhaft in Fr<strong>an</strong>kfurt/Main. Am<br />

28. Mai 1942 wurde Julius Strumm von <strong>der</strong> Gestapo ins Konzentrationslager<br />

Dachau<br />

gebracht. Er starb<br />

dort - fast 27 Jahre<br />

alt - am 13. Juli 1942<br />

gegen 21 Uhr. Als Todesursache<br />

gab die<br />

KZ-Leitung <strong>an</strong>: „Versagen<br />

von Herz und<br />

Kreislauf bei eitriger<br />

Rippenfellentzündung“.<br />

Julius Strumm im Naturfreundelager<br />

90<br />

Julius Strumm bei den<br />

Naturfreunden und als<br />

Fremdenlegionär


■ Tafel Tafel 17 17 oben:<br />

oben:<br />

Demokratischer Demokratischer Neubeginn:<br />

Neubeginn:<br />

Die Die SPS<br />

SPS<br />

Der fr<strong>an</strong>zösische Militärgouverneur Gr<strong>an</strong>dval betrieb neben dem<br />

Wie<strong>der</strong>aufbau auch den <strong>der</strong> saarländischen Mont<strong>an</strong>industrie, die<br />

Fr<strong>an</strong>kreich Reparationen leisten sollte. Der Parteikongress <strong>der</strong> SPS<br />

am 9. März 1947 for<strong>der</strong>te erstmals „Die <strong>Saar</strong>industrie dem <strong>Saar</strong>volk!“<br />

Am 17. Mai setzte Gr<strong>an</strong>dval feierlich eine Kommission ein,<br />

die eine Verfassung für das <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>d ausarbeiten sollte. Bei den<br />

Wahlen zur verfassungsgebenden Versammlung am 5. Oktober<br />

1947, die sich als L<strong>an</strong>dtag konstituierte, err<strong>an</strong>g die SPS 32,8 %<br />

<strong>der</strong> Stimmen und wurde damit zweitstärkste Partei. Die SPS unter<br />

Richard Kirn trat in eine Regierungskoalition unter Ministerpräsident<br />

Joh<strong>an</strong>nes Hoffm<strong>an</strong>n (CVP, 51,2 %) ein und erwies sich als<br />

dauerhaft mitgestaltende<br />

politische Kraft im <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>d.<br />

Die Politik <strong>der</strong> <strong>Saar</strong>regierung<br />

war geprägt<br />

vom engen wirtschaftlichen<br />

Anschluss und <strong>der</strong><br />

politischen Anlehnung <strong>an</strong><br />

Fr<strong>an</strong>kreich, von einer klerikalen<br />

Ausrichtung und<br />

einer hohen sozialen Sicherung,<br />

wobei für letzteres<br />

insbeson<strong>der</strong>e die<br />

SPS einst<strong>an</strong>d. Die Präambel<br />

<strong>der</strong> saarländischen<br />

Verfassung schrieb die<br />

Wirtschaftsunion und eine<br />

enge politische Anbindung<br />

<strong>an</strong> Fr<strong>an</strong>kreich fest<br />

und stellte vage ein internationales<br />

Statut für<br />

Deckblatt einer Broschüre, die Schülerinnen und<br />

Schülern zur Schulentlassung überreicht wurde<br />

91<br />

das <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>d in Aussicht.


■ Tafel Tafel 17 17 Mitte:<br />

Mitte:<br />

Am Ende des Zweiten Weltkrieges waren 35.000 Menschen aus<br />

dem <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>d kriegsbedingt ums Leben gekommen; rund 110.000<br />

saarländische Männer bef<strong>an</strong>den sich in Kriegsgef<strong>an</strong>genschaft, von<br />

130.000 Wohngebäuden sind 60.000, von 376 Kirchen 262, von<br />

600 Schulen 390 und von 56 Kr<strong>an</strong>kenhäusern 42 zerstört worden.<br />

Von 270 großen Industriebetrieben sind nur 100 völlig unbeschädigt,<br />

von 94 Eisenbahnbrücken sind 25 intakt, von 162 Straßenbrücken<br />

27. Der Bevölkerung fehlte das Nötigste zum Überleben.<br />

Zunächst stellte die Bewältigung des Alltags und die Beseitigung<br />

<strong>der</strong> Trümmermassen und <strong>an</strong><strong>der</strong>er Kriegsrelikte die Bevölkerung,<br />

die vielfach in Notunterkünften hausen mußte, vor erhebliche Probleme;<br />

die Sicherstellung <strong>der</strong> Ernährung und Reparaturen leichterer<br />

Gebäudeschäden hatten Vorr<strong>an</strong>g. Politische Parteien (CVP, SPS,<br />

KP) wurden erst am 13. Februar 1946 zugelassen. Nach einer inoffiziellen<br />

Gründung <strong>der</strong> Sozialdemokratische Partei des <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>des<br />

(SPS) im Hinterzimmer eines <strong>Saar</strong>brücker Gasthauses wurde auf<br />

dem Gründungsparteitag <strong>der</strong> SPS am 6. J<strong>an</strong>uar 1946 Richard Kirn<br />

zum Vorsitzenden gewählt. Wenige Tage später erfolgte am 10.<br />

J<strong>an</strong>uar 1946 die Gründungsversammlung <strong>der</strong> Christlichen Volkspartei<br />

(CVP). Bei den ersten Gemein<strong>der</strong>atswahlen im <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>d am<br />

15. September 1946 err<strong>an</strong>g die SPS 25,5 % <strong>der</strong> Stimmen, auf die<br />

CVP entfielen 52,4 %, die Kommunistische Partei des <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>des<br />

9,1 % und freie Listen 13 %.<br />

Die zerstörte Malstatter Brücke in <strong>Saar</strong>brücken<br />

92


■ Tafel Tafel 17 17 unten: unten:<br />

unten:<br />

Die sozialdemokratische Partei fühlte sich zunächst <strong>der</strong> deutschen<br />

<strong>Sozialdemokratie</strong> zugehörig und bezeichnete sich in ihren Anfängen<br />

als „Sozialdemokratische Partei, Bezirk <strong>Saar</strong>“. Erst auf dem<br />

Parteitag im Juni 1947 verst<strong>an</strong>d sie sich als „org<strong>an</strong>isatorisch von<br />

<strong>der</strong> Sozialdemokratischen Partei Deutschl<strong>an</strong>d getrennt“ und nahm<br />

den Namen „Sozialdemokratische Partei <strong>Saar</strong>“ <strong>an</strong>. Diese Umbenennung<br />

war Ausdruck innerparteilicher Diskussionen in den frühen<br />

Nachkriegsjahren, bei denen sich zwei Lager gegenüberst<strong>an</strong>den.<br />

Der SPS-Parteivorsitzende Richard Kirn, <strong>der</strong> Minister für Arbeit<br />

und Wohlfahrt war, und seine Anhänger waren mit dem wirtschaftlichen<br />

Anschluß <strong>an</strong> Fr<strong>an</strong>kreich und einer zukünftigen Autonomie<br />

des <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>des einverst<strong>an</strong>den. Der Wie<strong>der</strong>aufbau <strong>der</strong> saarländischen<br />

Mont<strong>an</strong>industrie ohne Reparationen gehörte zu den<br />

ersten Prioritäten sozialdemokratischer Politik und wurde von <strong>der</strong><br />

SPS weithin als Bedingung für ihre Zustimmung zur Autonomielösung<br />

verst<strong>an</strong>den. Der Streit um die außenpolitische Orientierung<br />

<strong>der</strong> SPS schwelte aber weiter, so dass es 1952 zur (illegalen)<br />

Gründung <strong>der</strong> Deutschen Sozialdemokratischen Partei <strong>Saar</strong> (DSP,<br />

später SPD-L<strong>an</strong>desverb<strong>an</strong>d <strong>Saar</strong>) kam.<br />

93


■ Tafel Tafel 18 18 oben:<br />

oben:<br />

Errungenschaften Errungenschaften und<br />

und<br />

Krise Krise <strong>der</strong> <strong>der</strong> SPS<br />

SPS<br />

Eine org<strong>an</strong>isatorische Vereinheitlichung <strong>der</strong> Sozialversicherungsträger<br />

war auf Initiative fr<strong>an</strong>zösischer Vertreter vorgesehen und<br />

wurde in <strong>der</strong> Verwaltungskommission heftig diskutiert. Im Juni<br />

1947 wurde die L<strong>an</strong>desversicherungs<strong>an</strong>stalt (LVA) zum zentralen<br />

Versicherungsträger für die Kr<strong>an</strong>ken-, Mutterschafts-, Todesfall-,<br />

Arbeitsunfall-, Invaliditäts- sowie die Pensionsversicherung; sie<br />

regelte hinfort auch die Beziehungen zu Verbänden und Vereinigungen<br />

<strong>der</strong> Heilberufe, zu den Heil<strong>an</strong>stalten und Erholungsheimen.<br />

Damit f<strong>an</strong>den ein org<strong>an</strong>isatorisches Chaos und unterschiedliche<br />

Beiträge ein Ende. Die saarländische Sozialversicherungsreform<br />

war insgesamt betrachtet eine behutsame Reform, die das<br />

<strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>d nicht völlig von <strong>der</strong> deutschen Sozialversicherungstradition<br />

abtrennte und den Versicherten ein relativ hohes Leistungsniveau<br />

bescherte. Die Herausfor<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Kriegsopferversorgung<br />

nach 1945 wurde gemeistert. Die Anzahl <strong>der</strong> Feiertage und die<br />

Leistungen in <strong>der</strong><br />

Familienpolitik des<br />

<strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>des lagen<br />

deutlich über dem<br />

St<strong>an</strong>d in <strong>der</strong> Bundesrepublik.<br />

Dabei<br />

ist nicht zu verkennen,<br />

dass die saarländischeSozialpolitik<br />

auch dazu<br />

diente, die Eigenstaatlichkeit<br />

des<br />

L<strong>an</strong>des zu stabilisieren.<br />

Wohnverhältnisse<br />

94


■ Tafel Tafel 18 18 Mitte:<br />

Mitte:<br />

Zunächst ist generell die Leistung <strong>der</strong> SPS beim Aufbau eines<br />

demokratischen und sozialen Gemeinwesens <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong> zu würdigen.<br />

In <strong>der</strong> Verfassungskommission, in <strong>der</strong> die SPS mit fünf<br />

Mitglie<strong>der</strong>n vertreten war und Richard Kirn den stellvertretenden<br />

Vorsitz innehatte, trug die SPS Wesentliches zur demokratischen<br />

Grundlegung des <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>des bei, besteht doch die Verfassung<br />

von 1947 (nach Wegfall <strong>der</strong> umstrittenen Präambel und weiteren<br />

Aktualisierungen) im Kern bis heute. Von 1947 bis 1951 und von<br />

1952 bis 1954 stellte die SPS in <strong>der</strong> Regierungskoalition den Minister<br />

für Arbeit und Wohlfahrt Richard Kirn, <strong>der</strong> auch stellvertreten<strong>der</strong><br />

Ministerpräsident war, und den Minister für Justiz Heinz<br />

Braun, den Bru<strong>der</strong> des 1945 verstorbenen früheren SPD-Vorsitzenden<br />

Max Braun. So bestimmte sozialdemokratisches Ged<strong>an</strong>kengut<br />

weitgehend die Justiz- und Sozialpolitik <strong>der</strong> „Ära Hoffm<strong>an</strong>n“.<br />

Richard Kirn<br />

95


■ Tafel Tafel 18 18 unten: unten:<br />

unten:<br />

Da die fr<strong>an</strong>zösische Regierung <strong>an</strong> einer möglichst ungestörten<br />

Kontrolle über die saarländische Mont<strong>an</strong>industrie interessiert war,<br />

gest<strong>an</strong>d <strong>der</strong> fr<strong>an</strong>zösische Hochkommissar Gilbert Gr<strong>an</strong>dval den<br />

saarländischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern nur sehr<br />

geringe Einflussmöglichkeiten in <strong>der</strong> Schwerindustrie zu. Durch<br />

die fehlende Mitbestimmung und das oftmals überhebliche Auftreten<br />

fr<strong>an</strong>zösischer Ingenieure und Steiger, das un<strong>an</strong>genehm <strong>an</strong><br />

die Zeiten preußischer Herrschaft erinnerte, verspielte die saarländische<br />

L<strong>an</strong>desregierung den verdienten Kredit für ihre mo<strong>der</strong>ne<br />

Sozialpolitik. Im Juli 1954 wurde schließlich nach heftigen Diskussionen<br />

ein saarländisches Mitbestimmungsgesetz verabschiedet,<br />

das sich deutlich am bundesdeutschen Modell orientierte, aber<br />

den Gewerkschaften nicht weit genug ging. Zwar zerbrach die Regierungskoalition<br />

zwischen CVP und SPS nicht primär über dieses<br />

Gesetz, es hat aber die Unzufriedenheit weiter Bevölkerungsteile<br />

mit dem herrschenden System <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong> deutlich verstärkt. Bei<br />

dem von <strong>der</strong> IV Metall am 23. Februar 1955 org<strong>an</strong>isierten Generalstreik<br />

kam es in <strong>Saar</strong>brücken zu einem rabiaten Einsatz <strong>der</strong> Polizei,<br />

die mit Schlagstöcken gegen die friedlich Demonstrierenden<br />

vorging.<br />

<strong>Saar</strong>ländische Polizei im Einsatz gegen Demonstr<strong>an</strong>ten<br />

96


■ Tafel Tafel 19 19 oben:<br />

oben:<br />

Der Der Kampf<br />

Kampf<br />

um um das das <strong>Saar</strong>statut<br />

<strong>Saar</strong>statut<br />

Der Volksabstimmungskampf um das <strong>Saar</strong>statut beg<strong>an</strong>n im Juli<br />

1955. Zu diesem Zeitpunkt konnte die seit 1952 existente Deutsche<br />

Sozialdemokratische Partei unter Kurt Conrad (DSP, später<br />

SPD) aus <strong>der</strong> Illegalität auftauchen, CDU und DPS (Demokratische<br />

Partei <strong>Saar</strong>) wurden neu gegründet und schlossen sich im Spätsommer<br />

zum Deutschen Heimatbund zusammen. Die prodeutschen<br />

Parteien st<strong>an</strong>den als „Neinsager“ den „Jasagern“ von CVP und<br />

SPS gegenüber. Für eine große Irritation sorgte die <strong>an</strong> die saarländischen<br />

Bevölkerung gerichtete Bitte des Bundesk<strong>an</strong>zlers Adenauer,<br />

das von ihm ausgeh<strong>an</strong>delte Statut <strong>an</strong>zunehmen. Vor allem die<br />

vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen unterstützten<br />

Heimatbundparteien entfalteten eine wahre Propag<strong>an</strong>daschlacht<br />

mit Flugblättern, Aufklebern und Plakaten. Im August 1955 wurden<br />

innerhalb einer Woche 51 Personen, darunter 18 Polizisten,<br />

verletzt. Der Unmut großer Teile <strong>der</strong> Bevölkerung mit <strong>der</strong> Regierung<br />

Joh<strong>an</strong>nes Hoffm<strong>an</strong>n spiegelte sich in <strong>der</strong> Parole „Der Dicke<br />

muß weg!“ Die Befürworter des Statuts hingegen unterstellten<br />

den Neinsagern wegen ihres nationalistisch geführten Wahlkampfs<br />

faschistisches Ged<strong>an</strong>kengut und verwiesen auf ihre sozialen Errungenschaften.<br />

Die Frage nach<br />

dem zukünftigen<br />

Status des <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>des<br />

münzten<br />

die <strong>Saar</strong>län<strong>der</strong><br />

mehrheitlich in<br />

eine Bekundung<br />

ihres Willens, zum<br />

neuen deutschen<br />

Staat zu gehören,<br />

um.<br />

Polizeieinsatz bei einer Wahlkampfver<strong>an</strong>staltung<br />

97


■ Tafel Tafel 19 19 Mitte:<br />

Mitte:<br />

Nachdem <strong>der</strong> Bundestag 1952 das Selbstbestimmungsrecht <strong>der</strong><br />

<strong>Saar</strong>län<strong>der</strong> gefor<strong>der</strong>t hatte, wurden bei <strong>der</strong> darauffolgenden L<strong>an</strong>dtagswahl<br />

im <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>d ein Viertel <strong>der</strong> Stimmen ungültig abgegeben.<br />

Im Zuge <strong>der</strong> Integration <strong>der</strong> jungen Bundesrepublik ins westliche<br />

Bündnissystem (Mont<strong>an</strong>union, Europarat, Westeuropäische<br />

Verteidigungsgemeinschaft, NATO) - erwiesen sich die Meinungsverschiedenheiten<br />

über die politische Zukunft des <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>des zunehmend<br />

als Hemmnis. Fr<strong>an</strong>kreichs politische Schwierigkeiten (Indochinakrieg,<br />

Freiheitsbestrebungen in Nordafrika und die inflationäre<br />

Entwicklung des fr<strong>an</strong>zösischen Fr<strong>an</strong>cs) einerseits und das<br />

beginnende „Wirtschaftswun<strong>der</strong>“ in <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />

<strong>an</strong><strong>der</strong>erseits steigerten die Unzufriedenheit <strong>der</strong> saarländischen Bevölkerung<br />

mit dem wirtschaftlichen Anschluss <strong>an</strong> Fr<strong>an</strong>kreich. Die<br />

fr<strong>an</strong>zösische Nationalversammlung lehnte am 30. August 1954 einen<br />

gemeinsamen Pl<strong>an</strong> des Europarats, <strong>der</strong> Europäischen Verteidigungsgemeinschaft<br />

(EVG) und <strong>der</strong> Europäischen Politischen Gemeinschaft<br />

(EPG) zur <strong>Saar</strong>frage ab. Im Rahmen <strong>der</strong> Errichtung <strong>der</strong><br />

Westeuropäischem Union (WEU) und <strong>der</strong> Integration <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />

in die NATO verh<strong>an</strong>delten deutsche und fr<strong>an</strong>zösische<br />

Politiker weiter; am 23. Oktober 1954 unterzeichneten Bundesk<strong>an</strong>zler<br />

Adenauer und <strong>der</strong> fr<strong>an</strong>zösische Ministerpräsident Mendès-<br />

Fr<strong>an</strong>ce ein <strong>Saar</strong>statut, das die endgültige Regelung <strong>der</strong> <strong>Saar</strong>frage<br />

bis zu einem künftigenFriedensvertrag<br />

aufschob, die<br />

wirtschaftliche<br />

Union mit Fr<strong>an</strong>kreich<br />

sowie die politische<br />

Autonomie<br />

des <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>des bis<br />

dahin festschreiben<br />

sollte.<br />

Bundesk<strong>an</strong>zler Adenauer und Ministerpräsident Mendès-<br />

Fr<strong>an</strong>ce unterzeichnen das <strong>Saar</strong>statut<br />

98


■ Tafel Tafel 19 19 unten: unten:<br />

unten:<br />

Am 23. Oktober 1955 lehnten 67,7 Prozent <strong>der</strong> <strong>Saar</strong>län<strong>der</strong> das<br />

<strong>Saar</strong>statut ab. Die Öffentlichkeit und die maßgeblichen Politiker<br />

bewerteten das Abstimmungsergebnis als Willensbekundung <strong>der</strong><br />

<strong>Saar</strong>län<strong>der</strong> für einen Anschluss <strong>an</strong> die Bundesrepublik Deutschl<strong>an</strong>d.<br />

Nach einjährigen Verh<strong>an</strong>dlungen unterzeichneten am 27.<br />

Oktober 1956 die<br />

Außenminister von<br />

Fr<strong>an</strong>kreich und<br />

Deutschl<strong>an</strong>d, Heinrich<br />

von Brent<strong>an</strong>o<br />

und Christi<strong>an</strong> Pineau,<br />

in Luxemburg<br />

den „Vertrag zwischen<br />

<strong>der</strong> Bundesrepublik<br />

Deutschl<strong>an</strong>d<br />

und <strong>der</strong> Fr<strong>an</strong>zösischen<br />

Republik zur<br />

Regelung <strong>der</strong> <strong>Saar</strong>frage“<br />

(<strong>Saar</strong>vertrag, Luxemburger Vertrag). Der saarländische L<strong>an</strong>dtag<br />

erklärte seinen Beitritt zur Bundesrepublik, und das <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>d<br />

wurde am 1. J<strong>an</strong>uar 1957 Best<strong>an</strong>dteil <strong>der</strong> Bundesrepublik Deutschl<strong>an</strong>d.<br />

Die wirtschaftliche Überg<strong>an</strong>gphase währte bis zum „Tag X“<br />

(6. Juli 1959); bis dahin gehörte das <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>d zum fr<strong>an</strong>zösischen<br />

Zollgebiet und es galt die<br />

Fr<strong>an</strong>kenwährung (100 Fr<strong>an</strong>ken<br />

= 0,8507 DM). Der erbittert<br />

geführte Wahlkampf um das<br />

<strong>Saar</strong>statut hinterließ noch auf<br />

Jahre und Jahrzehnte Folgeschäden;<br />

so waren g<strong>an</strong>ze Familien<br />

zwischen Ja-Sagern und<br />

Nein-Sagern auf Jahrzehnte<br />

zerrissen und sprachen nicht<br />

mehr mitein<strong>an</strong><strong>der</strong>; Freundschaften<br />

zerbrachen.<br />

99


■ Tafel Tafel 20 20 oben:<br />

oben:<br />

Der Der Weg Weg nach nach oben<br />

oben<br />

Bei <strong>der</strong> L<strong>an</strong>dtagswahl 1965 erreichte die SPD erstmals 40,7 Prozent<br />

<strong>der</strong> Stimmen, denn sie konnte sich in <strong>der</strong> Opposition deutlicher<br />

profilieren als zuvor in <strong>der</strong> auf weitestgehende Übereinstimmung<br />

<strong>an</strong>gelegten Heimatbund-Koalition. Als eine Zäsur in <strong>der</strong> Parteigeschichte<br />

k<strong>an</strong>n <strong>der</strong> L<strong>an</strong>desparteitag 1970 gelten, bei dem sich<br />

Friedel Läpple als neuer L<strong>an</strong>desvorsitzen<strong>der</strong> mit 153 : 146 Stimmen<br />

gegen Friedel Regitz durchsetzte. Durch diesen Generationswechsel<br />

verän<strong>der</strong>te sich bei <strong>der</strong> L<strong>an</strong>dtagswahl 1975, zu <strong>der</strong> die<br />

SPD mit dem Spitzenk<strong>an</strong>didaten Friedel Läpple <strong>an</strong>trat, das Parteiensystem<br />

auf L<strong>an</strong>desebene: Erstmals wurde ein Machtwechsel durch<br />

eine SPD/FDP-Koalition denkbar. Ein persönlicher Erfolg Läpples<br />

war die Entscheidung des Bundeskabinetts am 30. Mai 1973 für<br />

den Ausbau <strong>der</strong> <strong>Saar</strong> zur Großschifffahrtsstraße. Nachdem Oskar<br />

Lafontaine 1977 den Vorsitz <strong>der</strong> SPD <strong>Saar</strong> übernommen hatte,<br />

err<strong>an</strong>g die SPD 1980 mit 45,4 % ihr bis dahin bestes L<strong>an</strong>dtagswahlergebnis,<br />

scheiterte aber <strong>an</strong> <strong>der</strong> Koalition zwischen CDU und<br />

FDP. Nun blieb <strong>der</strong> neuen Führungsm<strong>an</strong>nschaft nur noch die Möglichkeit,<br />

zur Ablösung <strong>der</strong> konservativen Regierung eine eigene<br />

absolute Mehrheit <strong>an</strong>zustreben. Der l<strong>an</strong>ge Weg in die Staatsk<strong>an</strong>zlei<br />

wurde geför<strong>der</strong>t durch den gesellschaftlichen W<strong>an</strong>del, die Auflösung<br />

<strong>der</strong> alten Milieus, die erhöhte Mobilität <strong>der</strong> Bevölkerung,<br />

verstärkten Einfluss <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Medien und vor allem das geschickte<br />

Aufgreifen von Themen, die die Menschen bewegten.<br />

100<br />

Friedel Läpple,<br />

<strong>der</strong> Vorsitzende<br />

<strong>der</strong> SPD-L<strong>an</strong>dtagsfraktion<br />

Kurt Conrad,<br />

SPD- L<strong>an</strong>desgeschäftsführer<br />

Paul Grabe &<br />

Ministerpräsident<br />

Fr<strong>an</strong>z-Josef<br />

Rö<strong>der</strong>


■ Tafel Tafel 20 20 Mitte:<br />

Mitte:<br />

Als ein Vierteljahr nach <strong>der</strong> Volksabstimmung über das <strong>Saar</strong>statut<br />

<strong>der</strong> saarländische L<strong>an</strong>dtag am 18. Oktober 1955 neu gewählt wurde,<br />

wurde die CDU mit 25,4 % die stärkste Kraft und die CVP<br />

erreichte immerhin 21,8 %. Zweitstärkste Kraft im L<strong>an</strong>dtag wurde<br />

die aggressiv prodeutsche DPS, die mit <strong>der</strong> Volksabstimmung eigentlich<br />

bereits am Ziel ihrer politischen Wünsche war und sich<br />

1957, um nicht unterzugehen, als FDP-L<strong>an</strong>desverb<strong>an</strong>d neu formierte.<br />

Die sozialdemokratischen Stimmen teilten sich die DSP,<br />

die bald den Namen SPD-L<strong>an</strong>desverb<strong>an</strong>d <strong>Saar</strong> <strong>an</strong>nahm (14,3 %),<br />

und die SPS, die auf 5,8 Prozent <strong>der</strong> Stimmen abstürzte. Die Kräfteverhältnisse<br />

<strong>der</strong> beiden sozialdemokratischen Parteien <strong>an</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Saar</strong> waren mit <strong>der</strong> L<strong>an</strong>dtagswahl geklärt. Die führenden Personen<br />

<strong>der</strong> SPS zogen sich wegen <strong>der</strong> wenig ehrenhaften Bedingungen<br />

zur Übernahme <strong>der</strong> SPS durch die SPD enttäuscht aus <strong>der</strong> Politik<br />

zurück und ebneten somit den Weg für eine zügige Vereinigung<br />

<strong>der</strong> Genossen in <strong>der</strong> SPD. Die SPS löste sich auf einem Parteitag<br />

am 18. März 1956 auf, ihre Mitglie<strong>der</strong> traten größtenteils <strong>der</strong> SPD<br />

bei. Zunächst im Rahmen <strong>der</strong> Heimatbund-Koalition aus CDU, DPS<br />

und SPD war die <strong>Saar</strong>-SPD von 1955 bis 1960 in wechselnden<br />

Regierungskoalitionen unter den CDU-Ministerpräsidenten Ney,<br />

Reinert und Rö<strong>der</strong> vertreten. Die Wahlergebnisse <strong>der</strong> SPD steigerten<br />

sich von den bescheidenen Ansätzen 1955 kontinuierlich bis<br />

zum Erreichen <strong>der</strong> absoluten Mehrheit und zur Übernahme ihrer<br />

Alleinregierung im Jahre 1985.<br />

101


■ Tafel Tafel 20 20 unten:<br />

unten:<br />

War die Politik <strong>der</strong> <strong>Saar</strong>-SPD in den 1960er Jahren weitgehend<br />

durch eine Politik des Konsenses zwischen den Parteien geprägt,<br />

so än<strong>der</strong>ten sich im Zeitraum zwischen 1967 und 1970 die Strukturen<br />

und Machtverhältnisse. Von 1955 bis 1970 wurden die Partei<br />

und die L<strong>an</strong>dtagsfraktion von Kurt Conrad und seinem Stellvertreter<br />

Friedel Regitz geführt; die Fraktion dominierte offensichtlich<br />

die Meinungsbildung in <strong>der</strong> SPD, <strong>der</strong> Flügelkämpfe fremd waren.<br />

Beim Streit um die gepl<strong>an</strong>te Privatisierung des Rundfunks traten<br />

die Jungsozialisten 1967 erstmals <strong>an</strong> die Öffentlichkeit, indem sie<br />

das Verhalten einiger Abgeordneter während des Gesetzgebungsverfahrens<br />

kritisierten. Beim L<strong>an</strong>desparteitag 1968 sprachen sich<br />

die Jusos für eine Trennung von Amt und M<strong>an</strong>dat aus und empfahlen<br />

eine grundsätzliche Neuausrichtung <strong>der</strong> Parteiarbeit,<br />

insbeson<strong>der</strong>e ein intensiveres Eingehen auf die Wünsche <strong>der</strong> Bevölkerung.<br />

Die SPD erk<strong>an</strong>nte die Zeichen <strong>der</strong> Zeit und gew<strong>an</strong>n<br />

durch das Aufgreifen von Ged<strong>an</strong>ken <strong>der</strong> Studenten-, Frauen- und<br />

<strong>der</strong> Friedensbewegung und <strong>an</strong><strong>der</strong>er aktueller bundespolitischer<br />

Themen immer mehr Rückhalt unter <strong>der</strong> saarländischen Bevölkerung.<br />

Pfingsttreffen <strong>der</strong> <strong>Saar</strong>-SPD 1977: Parlamentarischer Staatssekretär Alwin Brück, Friedel<br />

Läpple, Willy Br<strong>an</strong>dt, Hajo Hoffm<strong>an</strong>n, SPD-L<strong>an</strong>desgeschäftsführer H<strong>an</strong>s-Jürgen<br />

Petersdorf und Heinz Gr<strong>an</strong>dmontagne<br />

102


■ Tafel Tafel 21 21 oben:<br />

oben:<br />

Die Die SPD SPD <strong>an</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>der</strong> Regierung<br />

Regierung<br />

(1985-1999)<br />

(1985-1999)<br />

Die Lösung <strong>der</strong> Stahlkrise, die allen europäischen St<strong>an</strong>dorten <strong>der</strong><br />

Schwerindustrie durch Überproduktion und verstärkte Konkurrenz<br />

zu schaffen machte, wurde durch die Zentralisierung und Spezialisierung<br />

<strong>der</strong> saarländischen Eisenhütten, unterstützt durch sozialverträgliche<br />

Personalentlassungen und Frühpensionierungen, erreicht.<br />

Im Grunde h<strong>an</strong>delte es sich um eine regionale Struktur<strong>an</strong>passungsmaßnahme<br />

im europäischen Rahmen, bei <strong>der</strong> das <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>d<br />

1986 mit Unterstützung <strong>der</strong> Gewerkschaften und Betriebsräte<br />

die Mehrheit <strong>der</strong> Anteile des Stahlunternehmens ARBED <strong>Saar</strong>stahl<br />

übernahm. Zu den Schwerpunkten <strong>der</strong> Regierungsarbeit gehörte<br />

auch die För<strong>der</strong>ung des wirtschaftlichen Strukturw<strong>an</strong>dels, <strong>der</strong> geprägt<br />

ist von einer Erhaltung eines konkurrenzfähigen Kerns <strong>an</strong><br />

industrieller Produktion hin zur Neu<strong>an</strong>siedlung vor allem kleiner<br />

und mittelständischer Unternehmen, die neue Produkte herstellen,<br />

zur För<strong>der</strong>ung des Technologietr<strong>an</strong>sfers und zur weiteren Erschließung<br />

europäischer Märkte. Ökologische Kriterien sollten stärker<br />

als bisher berücksichtigt werden, verschiedene Infrastrukturmaßnahmen<br />

(Autobahn A8, <strong>Saar</strong>bahn, Müllentsorgungsprojekte)<br />

wurden umgesetzt. Im Schulwesen konnten zur Verbesserung <strong>der</strong><br />

Ch<strong>an</strong>cengleichheit von Kin<strong>der</strong>n aller sozialen Schichten die Gesamtschulen<br />

als Regelschulen eingeführt werden.<br />

Die 1986 in <strong>der</strong> Stahlkrise stillgelegte Völklinger Hütte ist heute ein beeindruckendes<br />

Industriedenkmal und zählt zum Weltkulturerbe<br />

103


■ Tafel Tafel 21 21 Mitte:<br />

Mitte:<br />

Bei den L<strong>an</strong>dtagswahlen am 10. März 1985 erreichte die SPD <strong>Saar</strong><br />

erstmals die absolute Mehrheit (SPD 26 Sitze, CDU 20, FDP 5) und<br />

war nun zur Regierungsbildung auf keinen Koalitionspartner <strong>an</strong>gewiesen.<br />

Am 9. April 1985 wurde Oskar Lafontaine zum ersten<br />

Sozialdemokratischen Ministerpräsidenten des <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>des gewählt.<br />

Dem ersten Kabinett Lafontaine gehörten folgende Minister <strong>an</strong><br />

(siehe Abbildung): Arno Walter (Justiz), Diether Breitenbach (Kultus),<br />

H<strong>an</strong>s Kasper (Fin<strong>an</strong>zen), Ottokar Hahn (Bundes<strong>an</strong>gelegenheiten),<br />

Ministerpräsident Oskar Lafontaine, Jo Leinen (Umwelt),<br />

Brunhilde Peter (Arbeit), Friedel Läpple (Inneres) und H<strong>an</strong>s-Joachim<br />

Hoffm<strong>an</strong>n (Wirtschaft). Reinhard Klimmt übernahm den Fraktionsvorsitz<br />

im L<strong>an</strong>dtag. Zu den erklärten Zielen <strong>der</strong> neuen Regierung<br />

gehörten die Reduzierung <strong>der</strong> auf 15 Prozent <strong>an</strong>gestiegenen<br />

Arbeitslosenzahlen, die Lösung <strong>der</strong> Stahlkrise, die S<strong>an</strong>ierung <strong>der</strong><br />

miserablen Haushaltslage des L<strong>an</strong>des und <strong>der</strong> Ausbau <strong>der</strong> Hochschull<strong>an</strong>dschaft<br />

bzw. hochschulnaher Forschungsinstitute. Die Klage<br />

<strong>der</strong> <strong>Saar</strong>ländischen Regierung gegen den Län<strong>der</strong>fin<strong>an</strong>zausgleich<br />

vor dem Bundesverfassungsgericht war 1992 insofern von Erfolg<br />

gekrönt, als die Haushaltsnotlage des L<strong>an</strong>des <strong>an</strong>erk<strong>an</strong>nt wurde<br />

und damit mehr Ausgleichszahlungen und Schuldenerlasse <strong>der</strong><br />

B<strong>an</strong>ken erreicht wurden, was die fin<strong>an</strong>ziellen Nöte <strong>der</strong> L<strong>an</strong>desregierung<br />

eine Zeit l<strong>an</strong>g entlastete. Dass die Bevölkerung die Erfolge<br />

<strong>der</strong> L<strong>an</strong>desregierung <strong>an</strong>erk<strong>an</strong>nte, belegen die Ergebnisse <strong>der</strong><br />

nachfolgenden L<strong>an</strong>dtagswahlen 1990 und 1994, bei denen die<br />

SPD wie<strong>der</strong>holt die absolute Mehrheit erreichte und mehr als 40000<br />

Mitglie<strong>der</strong> im <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>d hatte.<br />

104


■ Tafel Tafel 21 21 unten: unten:<br />

unten:<br />

Oskar Lafontaine spielte als Ministerpräsident des <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>des auch<br />

eine zunehmend wichtige Rolle in <strong>der</strong> Bundespolitik. Er trat bei<br />

<strong>der</strong> Bundestagswahl am 2. Dezember 1990 - zwei Monate nach<br />

<strong>der</strong> deutschen Wie<strong>der</strong>vereinigung - als K<strong>an</strong>zlerk<strong>an</strong>didat <strong>der</strong> SPD<br />

<strong>an</strong> und war von 1995 bis 1999 Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> SPD auf Bundesebene.<br />

Nach <strong>der</strong> Bundestagswahl im September, bei <strong>der</strong> Gerhard<br />

Schrö<strong>der</strong> Bundesk<strong>an</strong>zler wurde, übernahm er am 27. Oktober 1998<br />

den Posten des Bundesministers <strong>der</strong> Fin<strong>an</strong>zen und gab am 9.<br />

November 1998 sein Amt als Regierungschef des <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>des auf.<br />

Sein Nachfolger im Amt des saarländischen Ministerpräsidenten<br />

wurde sein l<strong>an</strong>gjähriger Weggefährte Reinhard Klimmt. Oskar Lafontaine<br />

legte am 11. März 1999 überraschend alle politischen<br />

Ämter nie<strong>der</strong>, die SPD-<strong>Saar</strong> verlor darauf hin die L<strong>an</strong>dtagswahl am<br />

5. September 1999. Lafontaine äußerte sich in <strong>der</strong> Folgezeit kritisch<br />

zum Kurs <strong>der</strong> rot-grünen Bundesregierung unter Gerhard Schrö<strong>der</strong>,<br />

bevor er 2005 sein SPD-Parteibuch zurückgab und in <strong>der</strong><br />

Partei „Die Linke“ wichtige Funktionen übernahm.<br />

105


■ Tafel Tafel 22 22 oben:<br />

oben:<br />

Gesichter Gesichter <strong>der</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong>-SPD<br />

<strong>Saar</strong>-SPD<br />

Die Die Vorsitzenden Vorsitzenden <strong>der</strong> <strong>der</strong> SPD SPD <strong>an</strong><br />

<strong>an</strong><br />

<strong>der</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong> <strong>Saar</strong> von von 1956 1956 bis bis heute<br />

heute<br />

Kurt Kurt Kurt Conrad, Conrad, Conrad, Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> SPD<br />

<strong>Saar</strong> von 1952 bis 1970<br />

Geboren am 19. Oktober 1911 in Homburg,<br />

gest. 16. Juli 1982 in Homburg.<br />

Conrad arbeitete nach einer Mech<strong>an</strong>ikerlehre<br />

als Werkmeister, bis er<br />

1940 als Soldat eingezogen wurde.<br />

Nach seiner Rückkehr aus <strong>der</strong> Kriegsgef<strong>an</strong>genschaft<br />

arbeitete er zunächst<br />

als Verwaltungs<strong>an</strong>gestellter bei <strong>der</strong><br />

Stadtverwaltung Homburg, wo er bis<br />

1956 geschäftsführen<strong>der</strong> Bürgermeister<br />

war. Conrad gehört bereits von<br />

1929 bis 1935 <strong>der</strong> SPD im <strong>Saar</strong>gebiet <strong>an</strong>. Nach dem zweiten Weltkrieg<br />

trat er zunächst <strong>der</strong> SPS bei, wurde aber bereits 1952 Vorsitzen<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> bis 1955 im <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>d verbotenen SPD und beteiligte<br />

sich auf <strong>der</strong> Seite <strong>der</strong> Heimatbundparteien (SPD, CDU und DPS)<br />

am Abstimmungskampf für das Referendum am 23. Oktober 1955.<br />

Von 1957 bis 1959 vertrat er den Wahlkreis Homburg im Deutschen<br />

Bundestag und war gleichzeitig auch Mitglied des Europaparlaments.<br />

Vom 10. J<strong>an</strong>uar 1956 bis zum 13. Oktober 1957 war<br />

Conrad Arbeitsminister und vom 26. Februar 1959 bis 17. J<strong>an</strong>uar<br />

1961 Innenminister des <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>des.<br />

Friedel Friedel Läpple, Läpple, Läpple, Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> SPD <strong>Saar</strong> von 1970 bis 1977<br />

Geboren am 20. Juni 1938 in Schiffweiler.<br />

Läpple arbeitete nach dem Studium <strong>an</strong> <strong>der</strong> Pädagogischen Hochschule<br />

<strong>Saar</strong>brücken und <strong>der</strong> Universität Tübingen als Son<strong>der</strong>schul-<br />

106


lehrer und Schulleiter. Er gehörte von<br />

1970 bis 1999 dem saarländischen<br />

L<strong>an</strong>dtag <strong>an</strong>. Als Fraktionsvorsitzen<strong>der</strong><br />

(1973-1985), Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

saarländischen SPD (1970-1977) und<br />

Mitglied des SPD-Bundesvorst<strong>an</strong>des<br />

(1973-1979) war Läpple bei <strong>der</strong> L<strong>an</strong>dtagswahl<br />

1975 Spitzenk<strong>an</strong>didat seiner<br />

Partei, die aber trotz Stimmenmehrheit<br />

<strong>der</strong> Opposition nicht die<br />

absolute Mehrheit <strong>der</strong> Sitze erreichen<br />

konnte. Nach dem Regierungswechsel<br />

<strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong> war Läpple von 1985<br />

bis 1999 saarländischer Innenminister im Kabinett von Oskar Lafontaine.<br />

In zwei stark diskutierten politischen Streitschriften (Profit<br />

durch Kr<strong>an</strong>kheit und Gesundheit ohne Ausbeutung) beschäftigte<br />

er sich in den Siebziger Jahren mit alternativen Modellen zur Reform<br />

des bundesdeutschen Gesundheitswesens.<br />

Oskar Oskar Lafontaine, Lafontaine, Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

SPD <strong>Saar</strong> von 1977 bis 1996<br />

Geboren am 16. September 1943 in<br />

<strong>Saar</strong>louis-Roden.<br />

Oskar Lafontaines politischer Schwerpunkt<br />

lag zunächst in <strong>der</strong> Kommunal-<br />

und L<strong>an</strong>despolitik. Von 1970 bis<br />

1975 gehörte er dem L<strong>an</strong>dtag <strong>an</strong>. In<br />

<strong>der</strong> L<strong>an</strong>deshauptstadt <strong>Saar</strong>brücken<br />

war Lafontaine von 1974 bis 1976<br />

zuerst Bürgermeister, d<strong>an</strong>n als Nachfolger<br />

1985 Oberbürgermeister. Bei<br />

seiner politischen Arbeit profitierte<br />

er von seiner katholischen Erziehung und <strong>der</strong> Herkunft aus dem<br />

Arbeitermilieu, ein nicht für seine Partei, aber für das gesamte<br />

<strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>d identitätsstiften<strong>der</strong> Hintergrund. Nachdem die SPD 1985<br />

die absolute Mehrheit errungen hatte, wurde Lafontaine am 9.<br />

April zum ersten sozialdemokratischen Ministerpräsidenten des<br />

<strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>ds gewählt. Die SPD konnte auch 1990 und 1994 ihre ab-<br />

107


solute Mehrheit verteidigen. Zu Lafontaines Erfolgen gehören die<br />

Verringerung <strong>der</strong> Arbeitslosigkeit, die Lösung <strong>der</strong> Stahlkrise und<br />

die Besserung <strong>der</strong> L<strong>an</strong>desfin<strong>an</strong>zen durch eine Teilentschuldung. Er<br />

profilierte sich in dieser Zeit auch in <strong>der</strong> Friedensbewegung und<br />

als Vertreter eines ökologischen Sozialismus. Bei <strong>der</strong> Bundestagswahl<br />

am 2. Dezember 1990 war er K<strong>an</strong>zlerk<strong>an</strong>didat <strong>der</strong> SPD und<br />

von 1995 bis 1999 Bundesvorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> SPD. Nach <strong>der</strong> Bundestagswahl<br />

im September 1998 übernahm er unter K<strong>an</strong>zler Gerhard<br />

Schrö<strong>der</strong> das Bundesministerium <strong>der</strong> Fin<strong>an</strong>zen, legte aber im März<br />

1999 überraschend alle politischen Ämter nie<strong>der</strong>. 2005 verließ Oskar<br />

Lafontaine die SPD und trat <strong>der</strong> neugebildeten Wahlalternative<br />

Arbeit und soziale Gerechtigkeit bei, die auf seine Initiative hin<br />

ein Wahlbündnis mit <strong>der</strong> PDS einging, woraus nach zwei Jahren<br />

die neue Partei Die Linke hervorging. Von 2005 bis 2009 war<br />

Lafontaine zusammen mit Gregor Gysi Fraktionsvorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Linksfraktion im deutschen Bundestag, von 2007 bis 2009 einer<br />

<strong>der</strong> beiden Parteivorsitzenden. Seit 2009 leitet er die Fraktion <strong>der</strong><br />

Linken im saarländischen L<strong>an</strong>dtag, seit Mai 2012 ist er in dieser<br />

Funktion auch Oppositionsführer.<br />

Reinhard Reinhard Reinhard Klimmt, Klimmt, Klimmt, Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

SPD <strong>Saar</strong> von 1996 bis 2000<br />

Geboren am 16. August 1942 in Berlin.<br />

Der in Osnabrück aufgewachsene<br />

Reinhard Klimmt kam durch das Studium<br />

<strong>der</strong> Geschichte ins <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>d,<br />

wo er 1964 <strong>der</strong> SPD beitrat und in<br />

den folgenden Jahren vielfältige<br />

Funktionen übernahm, zunächst als<br />

Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> saarländischen<br />

Jungsozialisten (1970-1975). Seit<br />

1975 gehörte er dem saarländischen<br />

L<strong>an</strong>dtag <strong>an</strong>, wo <strong>der</strong> von 1985 bis 1998 als Vorsitzen<strong>der</strong> die L<strong>an</strong>dtagsfraktion<br />

<strong>der</strong> mit absoluter Mehrheit regierenden SPD leitete.<br />

Zu seinen Arbeitsschwerpunkten gehörte die berufliche Bildung,<br />

die Medienpolitik und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit<br />

mit Lothringen und Luxemburg. Als enger politischer Weggefährte<br />

108


Oskar Lafontaines war er von 1976 bis 1996 Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> SPD<br />

<strong>Saar</strong>brücken. 1996 wurde er Nachfolger Lafontaines als L<strong>an</strong>desvorsitzen<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> saarländischen SPD. Von 1998 bis 1999 amtierte<br />

er als Ministerpräsident des <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>des und von 1999 bis 2000<br />

als Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen. Klimmt<br />

ist darüber hinaus Autor und Kunstsammler.<br />

Heiko Heiko Maas, Maas, Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> SPD<br />

<strong>Saar</strong> von 2000 bis heute<br />

Geboren am 19. September 1966 in<br />

<strong>Saar</strong>louis.<br />

Nach einem Jurastudium wurde er<br />

1992 Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> Jusos. Von Ministerpräsident<br />

Oskar Lafontaine<br />

geför<strong>der</strong>t, erhielt er 1994 ein L<strong>an</strong>dtagsm<strong>an</strong>dat<br />

und wurde 1996 Staatssekretär<br />

im Ministerium für Umwelt,<br />

Energie und Verkehr, in dem er 1998<br />

zum jüngsten Minister Deutschl<strong>an</strong>ds<br />

aufstieg. Nach l<strong>an</strong>gjähriger Arbeit als<br />

Oppositionsführer ist er seit 9. Mai<br />

2012 saarländischer Minister für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und<br />

Energie sowie stellvertreten<strong>der</strong> Ministerpräsident.<br />

109


110


Zeittafel Zeittafel zur zur Geschichte Geschichte <strong>der</strong> <strong>der</strong> SPD<br />

SPD<br />

<strong>an</strong> <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong><br />

<strong>Saar</strong><br />

1832 - 1848 Ausl<strong>an</strong>dsvereine deutscher H<strong>an</strong>dwerker und Intellektueller<br />

1848 Kommunistisches M<strong>an</strong>ifest von Karl Marx und Friedrich Engels<br />

1863 23. 05.: Gründung des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins (ADAV);<br />

Ferdin<strong>an</strong>d Lassalle wird dessen erster Präsident<br />

1869 07. 08.: Gründung <strong>der</strong> Sozialdemokratischen Arbeiterpartei<br />

(SDA) in Eisenach durch August Bebel und Wilhelm Liebknecht<br />

1872 07./08.: Erste SDAP-Versammlungen in St. Joh<strong>an</strong>n zur Gründung von<br />

Gewerkschaften<br />

1875 22. 05.: Zusammenschluss von ADAV und SDA zur Sozialistischen Arbeiterpartei<br />

(SAP)<br />

1876 In St. Joh<strong>an</strong>n entsteht ein sozialdemokratischer Wahlverein<br />

1877 01. 07.: „Freie Volkstimme“, erste sozialdemokratische Zeitung erscheint im<br />

<strong>Saar</strong>revier<br />

1877 04. 07.: Das „Sozialistengesetz <strong>der</strong> <strong>Saar</strong>industrie“ wird beschlossen<br />

1878 19. 10. bis 30. 09. 1890: „Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen<br />

<strong>der</strong> <strong>Sozialdemokratie</strong>“ (Bismarcks Sozialistengesetz)<br />

1889 14. 07.: Gründung <strong>der</strong> II. Internationale in Paris und Festlegung des 1. Mai<br />

als Kampftag <strong>der</strong> internationalen Arbeiterbewegung für den Achtstundentag<br />

1890 16./17. 11.: Gründungskongress <strong>der</strong> Generalkommission <strong>der</strong> Gewerkschaften<br />

1891 19. 10.: Erfurter SPD-Programm verabschiedet<br />

1893 21. 05.: Agitationskomitee für den Regierungsbezirk Trier in <strong>Saar</strong>brücken<br />

gegründet<br />

1898 15. 05.: Sozialdemokratischer Wahlverein für das <strong>Saar</strong>revier gegründet<br />

1899 03. 10.: Der Ortsverein St. Ingbert wird als erster sozialdemokratischer<br />

Verein im bayerischen <strong>Saar</strong>revier gegründet<br />

111


1899 Gründung eines Gewerkschaftskartells in St. Joh<strong>an</strong>n<br />

1900 18. 02.: Gründung des Arbeiterges<strong>an</strong>gvereins „Bru<strong>der</strong>bund“ in <strong>Saar</strong>brücken<br />

1903 16. 08.: Agitationskomitee für das preußische <strong>Saar</strong>revier, die bayerische<br />

<strong>Saar</strong>pfalz und den Wahlkreis <strong>Saar</strong>gemünd mit Sitz in <strong>Saar</strong>brücken gegründet<br />

1903 15. 11.: H<strong>an</strong>s Böckler beginnt seine hauptamtliche Gewerkschaftskarriere im<br />

<strong>Saar</strong>revier<br />

1904 In <strong>Saar</strong>brücken besteht ein „sozialdemokratischer Frauenbildungsverein“<br />

1913 27. 04.: Erste „Sektion“ des Touristenvereins „Die Naturfreunde“ im<br />

<strong>Saar</strong>revier in St. Ingbert<br />

1914 04. 08.: Erste Bewilligung <strong>der</strong> Kriegskredite im Reichstag, auch durch die<br />

SPD<br />

1917 06. 04.: „Unabhängige SPD“ (USPD) als Abspaltung von <strong>der</strong><br />

(Mehrheits-)SPD gegründet<br />

1918 03. 11.: Beginn <strong>der</strong> „Novemberrevolution“ in Kiel mit <strong>der</strong> reichsweiten<br />

Gründung von Arbeiter- und Soldatenräten, so auch in <strong>Saar</strong>brücken unter<br />

Führung des SPD-Vorsitzenden Valentin Schäfer<br />

1918 09. 11.: Der Sozialdemokrat Philipp Scheidem<strong>an</strong>n ruft die „freie deutsche<br />

Republik“ aus<br />

1918 15. 11.: Stinnes-Legien-Abkommen<br />

1918 30. 11.: Einführung des Frauenwahlrechts<br />

1919 01. 01.: Gründung <strong>der</strong> KPD<br />

1919 01. 01.: Sozialdemokratische Tageszeitung „Volksstimme“ wird jetzt in<br />

<strong>Saar</strong>brücken gedruckt<br />

1919 11. 02.: Der Sozialdemokrat Friedrich Ebert wird Reichspräsident<br />

1919 Gründung <strong>der</strong> Unterbezirke Merzig, Ottweiler, <strong>Saar</strong>brücken-L<strong>an</strong>d, <strong>Saar</strong>louis<br />

und St. Wendel<br />

1919 SPD beginnt nach einem Parteitagsbeschluss reichsweit mit <strong>der</strong> „Betriebsgruppenarbeit“<br />

112


1920 10. 01.: Versailler Friedensvertrag tritt in Kraft, Bildung des „<strong>Saar</strong>gebietes“<br />

1920 29. 04.: „Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Lehrer“ (AsL) in<br />

<strong>Saar</strong>brücken gegründet<br />

1920 14. 08.: <strong>Saar</strong>brücker SPD bildet Großstadtortsgruppe (= Unterbezirk)<br />

1922 24. 09.: M(ehrheits)SPD und Teile <strong>der</strong> U(nabhängigen)SPD fusionieren<br />

zur V(ereinigten)SPD<br />

1922 Im „Restkreis Wa<strong>der</strong>n“ wird ein zum Unterbezirk Trier gehören<strong>der</strong><br />

„SPD Kreis Wa<strong>der</strong>n“ gegründet<br />

1922 25. 06.: Erste Wahlen zum L<strong>an</strong>desrat des <strong>Saar</strong>gebietes,<br />

die <strong>Saar</strong>-SPD erringt 6 Sitze<br />

1923 01. 02.: Die pfälzischen Unterbezirke Homburg und St. Ingbert schließen<br />

sich dem „Bezirk <strong>Saar</strong>brücken“ <strong>an</strong><br />

1923 07. 09.: Erste bek<strong>an</strong>nte Tagung <strong>der</strong> Jungsozialisten von <strong>der</strong> <strong>Saar</strong> im<br />

SPD-Parteibüro, Brauerstraße, in <strong>Saar</strong>brücken<br />

1924 In <strong>Saar</strong>brücken-L<strong>an</strong>d Gründung <strong>der</strong> Unterbezirke Obere <strong>Saar</strong> (06. 01.),<br />

Sulzbach (17. 01.), Völklingen (12. 01.)<br />

1924 13. 02.: Die Arbeiterwohlfahrt <strong>Saar</strong> e. V. wird in <strong>Saar</strong>brücken gegründet<br />

1927 Im „oberen Illtal“ gründet die SPD einen „Unterbezirk Illingen“<br />

1929 Max Braun wird Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong>-SPD<br />

1930 Gründung von 14 „Rote Falken“-Gruppen <strong>der</strong> „Arbeitsgemeinschaft <strong>der</strong><br />

Kin<strong>der</strong>freunde“ im <strong>Saar</strong>gebiet<br />

1930 06. 04.: Unterbezirks-Parteitag <strong>Saar</strong>gebiet gründet im „Ludwigspark“ ein<br />

„SPD-Frauenwerbekomitee“<br />

1930 27. 07.: SPD <strong>Saar</strong>gebiet gründet „Kommunalpolitische Vereinigung“,<br />

Max Braun wird Vorsitzen<strong>der</strong><br />

1933 04. 05.: SPD-Vorst<strong>an</strong>d beschließt als SOPADE ins Exil zu gehen,<br />

zuerst nach <strong>Saar</strong>brücken, d<strong>an</strong>n ab 2. Juni nach Prag<br />

1933 22. 06.: SPD-Verbot im Deutschen Reich<br />

113


1933 12. 11.: Die <strong>Saar</strong>-SPD trennt sich als „Sozialdemokratische L<strong>an</strong>despartei des<br />

<strong>Saar</strong>gebietes“ (SPdS) auf einem Parteitag von <strong>der</strong> SOPADE<br />

1934 02. 07.: SPdS und KPD-<strong>Saar</strong> bilden „Einheitsfront gegen Rückglie<strong>der</strong>ung<br />

des <strong>Saar</strong>gebietes <strong>an</strong> Nazi-Deutschl<strong>an</strong>d“<br />

1935 13. 01.: Erste <strong>Saar</strong>abstimmung<br />

1935 15. 01.: Verkündung des Ergebnisses: 90,4 % <strong>der</strong> <strong>Saar</strong>län<strong>der</strong> stimmen für<br />

den Anschluss <strong>an</strong> Hitler-Deutschl<strong>an</strong>d<br />

1935 01. 03.: Das <strong>Saar</strong>gebiet kommt zu Hitler-Deutschl<strong>an</strong>d, Verbot <strong>der</strong> <strong>Saar</strong>-SPD<br />

1935 - 1945: Hun<strong>der</strong>te von Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen aus dem<br />

<strong>Saar</strong>gebiet gingen ins Exil, leisteten in unterschiedlicher Form Wi<strong>der</strong>st<strong>an</strong>d,<br />

viele von Ihnen ließen im Freiheitskampf ihr Leben<br />

1945 19. 04.: Wie<strong>der</strong>gründung <strong>der</strong> SPD in H<strong>an</strong>nover<br />

1945 03.07.: Max Braun stirbt wenige Tage vor seiner Rückkehr ins <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>d in<br />

London<br />

1945 21.10.: Im Sitzungsaal des Rathauses Völklingen wird die „SP, Bezirk <strong>Saar</strong>“<br />

(wie<strong>der</strong>-)gegründet<br />

1946 21. 04.: Zw<strong>an</strong>gsvereinigung von SPD und KPD zur SED in <strong>der</strong> sowjetischen<br />

Besatzungszone (SBZ = später DDR)<br />

1946 27. 04.: Wie<strong>der</strong>gründung <strong>der</strong> „Falken“ in <strong>Saar</strong>brücken<br />

1946 09. 05.: Kurt Schumacher wird SPD-Vorsitzen<strong>der</strong> in den drei Westzonen<br />

1946 22. 06.: Die „Volksstimme“ erscheint wie<strong>der</strong>, gedruckt in <strong>Saar</strong>brücken<br />

1946 30. 06.: Richard Kirn wird Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> „Sozialdemokratischen Partei,<br />

Bezirk <strong>Saar</strong>gebiet“ (SPS)<br />

1947 Die SPS trennt sich von <strong>der</strong> (westdeutschen) SPD<br />

1947 05. 10.: Wahlen zur „Gesetzgebenden Versammlung des <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>des“,<br />

die SPS bekommt 17 Sitze<br />

1949 Kurt Schumacher wird SPD-K<strong>an</strong>zlerk<strong>an</strong>didat<br />

114


1952 Abspaltung <strong>der</strong> (prodeutschen) „Deutschen sozialdemokratischen Partei“<br />

(DSP) von <strong>der</strong> SPS. Die DSP wird nicht zugelassen, arbeitet illegal,<br />

Kurt Conrad wird Vorsitzen<strong>der</strong><br />

1955 Zulassung <strong>der</strong> „Deutschen sozialdemokratischen Partei“ (DSP),<br />

Conrad bleibt Vorsitzen<strong>der</strong><br />

1955 10. 08.: DSP gibt die Tageszeitung „<strong>Saar</strong>brücker Allgemeine Zeitung“ (AZ)<br />

in Dudweiler heraus<br />

1955 23. 10.: Zweite <strong>Saar</strong>abstimmung, 67,7 % stimmen mit NEIN, damit gegen<br />

das <strong>Saar</strong>statut<br />

1955 19. 11.: Die DSP nennt sich „SPD L<strong>an</strong>desverb<strong>an</strong>d <strong>Saar</strong>“, Kurt Conrad bleibt<br />

Vorsitzen<strong>der</strong><br />

1956 18. 03.: Die SPS löst sich in <strong>der</strong> Festhalle in Sulzbach auf einem<br />

a. o. L<strong>an</strong>desparteitag auf<br />

1956 30. 04.:“Volksstimme“ und „AZ“ fusionieren zur „<strong>Saar</strong>brücker Allgemeine<br />

Zeitung“ (AZ)<br />

1959 15. 11.: SPD verabschiedet das Godesberger Programm<br />

1964 15. 02.: Willy Br<strong>an</strong>dt wird Parteivorsitzen<strong>der</strong> und K<strong>an</strong>zlerk<strong>an</strong>didat<br />

1966 01. 12.: Große Koalition in Bonn, erste Regierungsver<strong>an</strong>twortung <strong>der</strong> SPD<br />

nach 1945 im Bund<br />

1967 17. 03.: Die Unterbezirke Obere <strong>Saar</strong>, Sulzbach und Völklingen bilden<br />

wie<strong>der</strong> den Unterbezirk <strong>Saar</strong>brücken-L<strong>an</strong>d<br />

1967 15. 04.: Friedel Läpple wird Juso-L<strong>an</strong>desvorsitzen<strong>der</strong><br />

1967 27. 04.: Die „<strong>Saar</strong>brücker Allgemeine Zeitung“ (AZ) wird eingestellt<br />

1969 21. 10.: Willy Br<strong>an</strong>dt wird zum ersten sozialdemokratischen Bundesk<strong>an</strong>zler<br />

gewählt<br />

1970 11. 10.: Friedel Läpple wird SPD-L<strong>an</strong>desvorsitzen<strong>der</strong>,<br />

1970 15. 11.: Reinhard Klimmt wird Juso-L<strong>an</strong>desvorsitzen<strong>der</strong><br />

1972 14. 12.: Willy Br<strong>an</strong>dt wird als Bundesk<strong>an</strong>zler wie<strong>der</strong>gewählt<br />

115


1973 31. 10.: „Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Ärzte und Apotheker“<br />

(AsÄ - heute ASG) im <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>d gegründet<br />

1974 01. 01.: Die Gebiets- und Verwaltungsreform im <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>d tritt in Kraft<br />

1974 Der SPD-L<strong>an</strong>desvorst<strong>an</strong>d beschließt die Gründung <strong>der</strong><br />

SPD-Gemeindeverbände<br />

1974 06. 05.: Willy Br<strong>an</strong>dt tritt als Bundesk<strong>an</strong>zler zurück, Helmut Schmidt wird<br />

am 16. Mai Bundesk<strong>an</strong>zler<br />

1974 11. 06.: Die Unterbezirke Homburg und St. Ingbert fusionieren zum neuen<br />

Unterbezirk <strong>Saar</strong>pfalz<br />

1977 10. 09.: Oskar Lafontaine wird SPD-L<strong>an</strong>desvorsitzen<strong>der</strong><br />

1980 Die SPD-<strong>Saar</strong> wird stärkste Partei im L<strong>an</strong>dtag und stellt ab 21. Mai den<br />

L<strong>an</strong>dtagspräsidenten<br />

1982 01. 10.: Bruch <strong>der</strong> SPD-FDP-Koalition in Bonn und Sturz von<br />

Bundesk<strong>an</strong>zler Helmut Schmidt<br />

1983 H<strong>an</strong>s-Jochen Vogel wird K<strong>an</strong>zlerk<strong>an</strong>didat<br />

1985 SPD gewinnt die L<strong>an</strong>dtagswahl, Oskar Lafontaine wird am 9. April<br />

Ministerpräsident<br />

1987 H<strong>an</strong>s-Jochen Vogel wird SPD-Parteivorsitzen<strong>der</strong><br />

1988 30. 08.: Einführung <strong>der</strong> Frauenquote in <strong>der</strong> SPD<br />

1989 Gründung <strong>der</strong> Sozialdemokratischen Partei (SDP) in <strong>der</strong> DDR<br />

1990 Oskar Lafontaine wird erneut Ministerpräsident<br />

1990 Oskar Lafontaine wird SPD-K<strong>an</strong>zlerk<strong>an</strong>didat<br />

1991 Björn Engholm wird SPD-Parteivorsitzen<strong>der</strong><br />

1993 Rudolf Scharping wird SPD-Parteivorsitzen<strong>der</strong><br />

1994 Rudolf Scharping wird SPD-K<strong>an</strong>zlerk<strong>an</strong>didat<br />

1994 SPD gewinnt erneut die L<strong>an</strong>dtagswahl im <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>d, Lafontaine bleibt<br />

Ministerpräsident<br />

116


1995 Oskar Lafontaine wird SPD-Parteivorsitzen<strong>der</strong><br />

1996 21. 06.: Reinhard Klimmt wird SPD-L<strong>an</strong>desvorsitzen<strong>der</strong><br />

1998 Die SPD gewinnt die Bundestagswahl, Gerhard Schrö<strong>der</strong> wird Bundesk<strong>an</strong>zler<br />

1998 Oskar Lafontaine wird Bundesfin<strong>an</strong>zminister<br />

1998 09. 11.: Reinhard Klimmt wird Ministerpräsident des <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>des<br />

1999 11. 03.: Lafontaine tritt überraschend als Bundesfin<strong>an</strong>zminister,<br />

Bundestagsabgeordneter und SPD-Parteivorsitzen<strong>der</strong> zurück<br />

1999 Die SPD verliert die Kommunalwahlen und die L<strong>an</strong>dtagswahl im <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>d<br />

1999 29. 09.: Reinhard Klimmt wird Bundesverkehrsminister<br />

2000 15. 11.: Reinhard Klimmt tritt als Bundesverkehrsminister und<br />

am 20. Dezember als L<strong>an</strong>desvorsitzenden zurück<br />

2000 20. 12.: Heiko Maas wird SPD-L<strong>an</strong>desvorsitzen<strong>der</strong><br />

2012 CDU und SPD bilden im <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>d nach vorgezogenen Neuwahlen<br />

eine große Koalition<br />

117


Abbildungsnachweis<br />

Abbildungsnachweis<br />

Broschüre:<br />

Abbildungen auf den Seiten 13 bis 16 und 18 bis 39: Sammlung von Rudolf<br />

Strumm, <strong>Saar</strong>brücken-Altenkessel.<br />

Abbildung auf Seite 17: L<strong>an</strong>desarchiv <strong>Saar</strong>brücken, Nachlass Bruch, Nummer 146.<br />

Tafel 0<br />

Flugblatt „Die K<strong>an</strong>didaten“, aus: Archiv <strong>der</strong> sozialen <strong>Demokratie</strong> <strong>der</strong> Friedrich-Ebert-<br />

<strong>Stiftung</strong> (AdsD) Bonn 6/FLBL 004618.<br />

Flugblatt „Bundesk<strong>an</strong>zler“, aus: AdsD 6/FLBL 001247 (Rechteinhaber Herr Harry<br />

Walter, Konsul a. D., Neuss).<br />

Tafel 1<br />

Abb. oben: Traditionsfahne, aus: AdsD FA065639.<br />

Abb. Mitte: AdsD 6/FATB 002570; Abb. unten, aus: AdsD 6/PLKA 026866.<br />

Tafel 2<br />

Abb. oben: Stadtarchiv <strong>Saar</strong>brücken, AK 2907.<br />

Tafel 3<br />

Abb. oben: AdsD.<br />

Abb. unten: L<strong>an</strong>desarchiv <strong>Saar</strong>brücken (LA SB)BHV 593.<br />

Tafel 4<br />

Abb. oben, aus: Archiv für soziale Bewegungen im Haus <strong>der</strong> Geschichte des<br />

Ruhrgebiets <strong>an</strong> <strong>der</strong> Ruhruniversität Bochum.<br />

Abb. unten: Archiv des Internationaal Institut voor Sociale Geschiedenis,<br />

Amsterdam.<br />

Tafel 5<br />

Abb. Mitte: LAS B163/ 5G.<br />

Tafel 6<br />

Abb. oben: AdsD 6/FOTA 047290; Abb. Mitte, aus: LAS.<br />

Abb. unten: L<strong>an</strong>desarchiv <strong>Saar</strong>brücken, B HV 42S.<br />

Tafel 7<br />

Abb. Mitte, aus: AdsD KA014126.<br />

Tafel 8<br />

Abb. oben: Wolfg<strong>an</strong>g JÄGER und Klaus TENFELDE, Bildgeschichte <strong>der</strong> deutschen<br />

Arbeiterbewegung, München 1989, S. 90.<br />

Abb. Mitte: H<strong>an</strong>s-Joachim KÜHN, Beckingen-Düppenweiler<br />

Abb. unten: Klaus-Michael MALLMANN, Gerhard PAUL, Ralph SCHOCK, Reinhard KLIMMT<br />

118


(Hg.), Richtig daheim waren wir nie, Entdeckungsreisen ins <strong>Saar</strong>revier 1815-1955,<br />

Bonn 3 1995, S. 100.<br />

Tafel 9<br />

Abb. oben: Ludwig LINSMAYER, Politische Kultur im <strong>Saar</strong>gebiet 1920-1932, Symbolische<br />

Politik, verhin<strong>der</strong>te Demokratisierung, nationales Kulturleben in einer abgetrennten<br />

Region, <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>d-Bibliothek, B<strong>an</strong>d 2, St. Ingbert 1992, S. 203.<br />

Abb. Mitte: Jürgen HANNIG (Hg.), Die <strong>Saar</strong>region, Zeugnisse ihrer Geschichte, Quellenleseheft<br />

zur Regionalgeschichte, Fr<strong>an</strong>kfurt am Main 1995, S. 83, Quelle 60.<br />

Abb. unten: Gerhard PAUL, Max Braun. Eine politische Biographie, St. Ingbert 1987,<br />

S. 90.<br />

Tafel 10<br />

Abb. oben: H<strong>an</strong>s Joachim TEICHLER und Gerhard HAUK (Hg.), Illustrierte Geschichte des<br />

Arbeitersports, Bonn 1987, S. 27.<br />

Abb. Mitte: Aufmarsch <strong>der</strong> Arbeitersportler zum fünfjährigen <strong>Stiftung</strong>sfest in<br />

Limbach am 30. Juli 1932 mit dem Spielm<strong>an</strong>nszug des „Freien Turn- und Sportvereins“<br />

Homburg, aus: Gerhard PAUL, „Mach dich frei!“ Die Arbeiterkulturbewegung<br />

<strong>der</strong> <strong>Saar</strong>gebietszeit, in: Klaus Michael MALLMANN / Gerhard PAUL / Ralph SCHOCK /<br />

Reinhard KLIMMT (Hg.) Richtig daheim waren wir nie. Entdeckungsreisen ins<br />

<strong>Saar</strong>revier 1815 - 1955, Bonn 3 1995, S. 98 - 102, hier: S. 99.<br />

Abb. unten: Rudolf Strumm, <strong>Saar</strong>brücken-Altenkessel.<br />

Tafel 11<br />

Abb. oben rechts: Das Haus <strong>der</strong> Arbeiterwohlfahrt in <strong>Saar</strong>brücken, in Festschrift zur<br />

Einweihung des Hauses <strong>der</strong> Arbeiterwohlfahrt in <strong>Saar</strong>brücken, 1930, S. 24<br />

Abb. oben links: 80 Jahre Arbeiterwohlfahrt Altenwald-Schnappach, Festschrift,<br />

Sulzbach 2005, S. 26 und 31.<br />

Abb. Mitte: Die Ortsvereine <strong>der</strong> Arbeiterwohlfahrt 1927, aus: Unterbezirks-Parteitag<br />

am 4. und 5. Februar 1928 zu <strong>Saar</strong>brücken im Stadtpark Ludwigsberg, in: Rudolf<br />

STRUMM (Hg.), Edel sei <strong>der</strong> Mensch, hilfreich und gut. Kleine Chronik <strong>der</strong> Arbeiterwohlfahrt<br />

im <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>d für die Jahre 1924 bis 2012, <strong>Saar</strong>brücken 2012, S. 6 (ohne<br />

Seitenzählung) und in: 80 Jahre Arbeiterwohlfahrt Altenwald-Schnappach, Festschrift,<br />

Sulzbach 2005, S. 22.<br />

Abb. unten: Arbeiterwohlfahrt <strong>Saar</strong> 1924-1974, Eine Darstellung <strong>der</strong> Aufgaben und<br />

Arbeit gestern und heute, Arbeiterwohlfahrt L<strong>an</strong>desverb<strong>an</strong>d <strong>Saar</strong> e.V., <strong>Saar</strong>brücken<br />

1974, S. 44.<br />

Tafel 12<br />

Alle Abbildungen privat, Rechteinhaber unbek<strong>an</strong>nt.<br />

Tafel 13<br />

Abb. oben rechts, aus: Stadtarchiv <strong>Saar</strong>brücken, NL: M1298-27.<br />

Abb. oben links, aus: Stadtarchiv <strong>Saar</strong>brücken, Best<strong>an</strong>d AF: AF 1794 (Nachlass<br />

Schuler).<br />

119


Abb. unten, aus: AdsD 6/FOTA 007074; Abb. Mitte, aus: Privat, Egon Gross, Lebach.<br />

Tafel 14<br />

Abb. Mitte, aus: Stadtarchiv <strong>Saar</strong>brücken, Best<strong>an</strong>d AF: AF 1676a (Nachlass Schuler).<br />

Abb. unten: Luise Schiffgens, Heinrich Wacker, aus: Archiv L<strong>an</strong>dtag des <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>des;<br />

Max Bock, aus: AdsD FA 031363.<br />

Tafel 15<br />

Abb. oben: H<strong>an</strong>s-Joachim KÜHN, „Freiheit, Brot Gerechtigkeit!“ Die Arbeiterbewegung<br />

<strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong>, Katalog zur Ausstellung <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Demokratie</strong> <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>d, <strong>Saar</strong>brücken<br />

2007, S. 87.<br />

Abb. Mitte: Klaus-Michael MALLMANN, Gerhard PAUL, Ralph SCHOCK, Reinhard KLIMMT<br />

(Hg.), Richtig daheim waren wir nie, Entdeckungsreisen ins <strong>Saar</strong>revier 1815-1955,<br />

Bonn 31995, S. 191.<br />

Abb. unten: Klaus-Michael MALLMANN, Gerhard PAUL, Ralph SCHOCK, Reinhard KLIMMT<br />

(Hg.), Richtig daheim waren wir nie, Entdeckungsreisen ins <strong>Saar</strong>revier 1815-1955,<br />

Bonn 3 1995, S. 165.<br />

Tafel 16<br />

Abb. oben rechts: Rudolf Strumm, <strong>Saar</strong>brücken-Altenkessel.<br />

Abb. oben links: Rudolf Strumm, <strong>Saar</strong>brücken-Altenkessel.<br />

Abb. Mitte: Gerhard PAUL, Klaus-Michael MALLMANN, Milieus und Wi<strong>der</strong>st<strong>an</strong>d, eine<br />

Verhaltensgeschichte <strong>der</strong> Gesellschaft im Nationalsozialismus, Wi<strong>der</strong>st<strong>an</strong>d und<br />

Verweigerung im <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>d 1935-1945, B<strong>an</strong>d 3, Bonn 1995, Abb. 24 (nach S. 320).<br />

Abb. unten: Rudolf Strumm, <strong>Saar</strong>brücken-Altenkessel.<br />

Tafel 17<br />

Abb. oben: H<strong>an</strong>s-Joachim Kühn, Beckingen-Düppenweiler.<br />

Abb. Mitte: Paul BURGARD, Ludwig LINSMAYER, Der <strong>Saar</strong>staat, L’ Etat Sarrois, Bil<strong>der</strong> einer<br />

verg<strong>an</strong>genen Welt, Images d’un monde passé, Echolot. Historische Beiträge des<br />

L<strong>an</strong>desarchivs <strong>Saar</strong>brücken, B<strong>an</strong>d 2, <strong>Saar</strong>brücken 2005, S. 44.<br />

Abb. unten: Paul BURGARD, Ludwig LINSMAYER, Der <strong>Saar</strong>staat, L’ Etat Sarrois, Bil<strong>der</strong><br />

einer verg<strong>an</strong>genen Welt, Images d’ un monde passé, Echolot. Historische Beiträge<br />

des L<strong>an</strong>desarchivs <strong>Saar</strong>brücken, B<strong>an</strong>d 2, <strong>Saar</strong>brücken 2005, S. 356.<br />

Tafel 18<br />

Abb. oben: Paul BURGARD, Ludwig LINSMAYER, Der <strong>Saar</strong>staat, L’ Etat Sarrois, Bil<strong>der</strong> einer<br />

verg<strong>an</strong>genen Welt, Images d’ un monde passé, Echolot. Historische Beiträge des<br />

L<strong>an</strong>desarchivs <strong>Saar</strong>brücken, B<strong>an</strong>d 2, <strong>Saar</strong>brücken 2005, S. 312.<br />

Abb. Mitte: Archiv <strong>der</strong> sozialen <strong>Demokratie</strong> <strong>der</strong> Friedrich-Ebert-<strong>Stiftung</strong> (AdsD) Bonn<br />

(Rechteinhaber Herr Harry Walter, Konsul a.D., Neuss).<br />

Abb. unten: Paul BURGARD, Ludwig LINSMAYER, Der <strong>Saar</strong>staat, L’ Etat Sarrois, Bil<strong>der</strong><br />

einer verg<strong>an</strong>genen Welt, Images d’ un monde passé, Echolot. Historische Beiträge<br />

des L<strong>an</strong>desarchivs <strong>Saar</strong>brücken, B<strong>an</strong>d 2, <strong>Saar</strong>brücken 2005, S. 267.<br />

120


Tafel 19<br />

Abb. oben: Klaus-Michael MALLMANN, Gerhard PAUL, Ralph SCHOCK, Reinhard KLIMMT<br />

(Hg.), Richtig daheim waren wir nie, Entdeckungsreisen ins <strong>Saar</strong>revier 1815-1955,<br />

Bonn 3 1995, S. 259.<br />

Abb. Mitte: Ludwig LINSMAYER, Die Geburt des <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>des, Zur Dramaturgie eines<br />

Son<strong>der</strong>weges, Echolot. Historische Beiträge des L<strong>an</strong>desarchivs <strong>Saar</strong>rücken, B<strong>an</strong>d 3,<br />

<strong>Saar</strong>brücken 2006, S. 186.<br />

Abb. unten: 10-, 20- 50- und 100-<strong>Saar</strong>fr<strong>an</strong>ken-Münzen 1954; Briefmarke Sammlung<br />

H<strong>an</strong>s-Joachim KÜHN.<br />

Tafel 20<br />

Abb. oben: Friedel Läpple im Gespräch mit seinem Vorgänger im Amt des L<strong>an</strong>desvorsitzenden<br />

<strong>der</strong> SPD <strong>Saar</strong>, Kurt Conrad, L<strong>an</strong>desgeschäftsführer Paul Grabe und<br />

Ministerpräsident Dr. Fr<strong>an</strong>z-Josef Rö<strong>der</strong> im saarländischen L<strong>an</strong>dtag (Oktober 1970),<br />

Foto: F. Hartung, in: Fr<strong>an</strong>z-Rudolph KRONENBERGER, Herbert MANDELARTZ und Bernd RAULS<br />

(Hg.), Friedel Läpple. Politiker, <strong>Saar</strong>län<strong>der</strong>, Demokrat, 15 Jahre Innenminister im<br />

<strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>d, St. Ingbert 1999, Abb. 7, nach S. 198.<br />

Abb. Mitte: Grafik Bernd Rauls.<br />

Abb. unten: Pfingsttreffen <strong>der</strong> SPD-<strong>Saar</strong> 1977: Parlamentarischer Staatssekretär<br />

Alwin Brück, Friedel Läpple, Willy Br<strong>an</strong>dt, Hajo Hoffm<strong>an</strong>n, SPD-L<strong>an</strong>desgeschäftsführer<br />

H<strong>an</strong>s-Jürgen Petersdorf sowie Heinz Gr<strong>an</strong>dmontagne, Foto: W.<br />

Wun<strong>der</strong>lich, in: Fr<strong>an</strong>z-Rudolph KRONENBERGER, Herbert MANDELARTZ und Bernd RAULS<br />

(Hg.), Friedel Läpple. Politiker, <strong>Saar</strong>län<strong>der</strong>, Demokrat, 15 Jahre Innenminister im<br />

<strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>d, St. Ingbert 1999, Abb. 15, nach Seite 198.<br />

Tafel 21<br />

Abb. Mitte: Friedel LÄPPLE, Glücksmomente. Eine Autobiographie, St. Ingbert, 2009,<br />

S.214.<br />

Abb. unten: Archiv <strong>der</strong> sozialen <strong>Demokratie</strong> <strong>der</strong> Friedrich-Ebert-<strong>Stiftung</strong> (AdsD)<br />

Bonn.<br />

Tafel 22<br />

Abb. 1 - 5: Archiv des L<strong>an</strong>dtags des <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>des.<br />

121


Literatur Literatur in in Auswahl<br />

Auswahl<br />

Luitwin BIES und Horst BERNARD (Hg.), <strong>Saar</strong>län<strong>der</strong>innen gegen die Nazis, verfolgt -<br />

vertrieben - ermordet. Im Auftrag <strong>der</strong> Vereinigung <strong>der</strong> Verfolgten des Naziregimes -<br />

Bund <strong>der</strong> Antifaschisten e. V., <strong>Saar</strong>brücken 2004.<br />

Peter BRANDT / Detlef LEHNERT, „Mehr <strong>Demokratie</strong> wagen“. Geschichte <strong>der</strong> <strong>Sozialdemokratie</strong><br />

1830-2010, Berlin 2013.<br />

Paul BURGARD, Ludwig LINSMAYER, Der <strong>Saar</strong>staat, L ‚Etat Sarrois, Bil<strong>der</strong> einer verg<strong>an</strong>genen<br />

Welt, Images d‘ un monde passé, Echolot. Historische Beiträge des L<strong>an</strong>desarchivs<br />

<strong>Saar</strong>brücken, B<strong>an</strong>d 2, <strong>Saar</strong>brücken 2005.<br />

Paul BURGARD, Ludwig LINSMAYER, Das <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>d 1957-2006: 50 Jahre in Wort und Bild,<br />

Echolot. Historische Beiträge des L<strong>an</strong>desarchivs <strong>Saar</strong>brücken, B<strong>an</strong>d 5, <strong>Saar</strong>brücken<br />

2007.<br />

Wilfried BUSEMANN, Kleine Geschichte <strong>der</strong> saarländischen Gewerkschaften nach 1945,<br />

<strong>Saar</strong>brücken 2005.<br />

Der Freiheit verpflichtet. Gedenkbuch <strong>der</strong> deutschen <strong>Sozialdemokratie</strong> im 20. Jahrhun<strong>der</strong>t.<br />

Herausgegeben vom Vorst<strong>an</strong>d <strong>der</strong> Sozialdemokratischen Partei Deutschl<strong>an</strong>d,<br />

2. Auflage, Berlin 2013.<br />

Bernd FAULENBACH, Geschichte <strong>der</strong> SPD. Von den Anfängen bis zur Gegenwart, München<br />

2012.<br />

Helga GREBING, Geschichte <strong>der</strong> deutschen Arbeiterbewegung. Von <strong>der</strong> Revolution 1848<br />

bis ins 21. Jahrhun<strong>der</strong>t, Berlin 2007.<br />

Joachim HEINZ, Arbeiter und Arbeiterbewegung <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong> 1933-1935, Hausarbeit zur<br />

akademischen Abschlußprüfung (Magisterprüfung) <strong>der</strong> Philosophischen Fakultät <strong>der</strong><br />

Universität des <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>des, <strong>Saar</strong>brücken 1988.<br />

Joachim HEINZ und Gerhard PAUL, Max Braun, ein früher Europäer, Festschrift <strong>der</strong> SPD<br />

<strong>Saar</strong> zum 100. Geburtstag, Schriftenreihe <strong>der</strong> SPD <strong>Saar</strong> 4/92, <strong>Saar</strong>brücken 1992.<br />

Joachim HEINZ, „Nie zu Hitler!“ Die <strong>an</strong>tifaschistische Einheitsfront-Kundgebung, 26.<br />

August 1934, Sulzbach/<strong>Saar</strong>, Begleitbuch zur Ausstellung <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Demokratie</strong> <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>d,<br />

<strong>Saar</strong>brücken 2009.<br />

H<strong>an</strong>s-Christi<strong>an</strong> HERRMANN, Sozialer Besitzst<strong>an</strong>d und gescheiterte Sozialpartnerschaft.<br />

Sozialpolitik und Gewerkschaften im <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>d 1945 bis 1955, Veröffentlichungen <strong>der</strong><br />

Kommission für <strong>Saar</strong>ländische L<strong>an</strong>desgeschichte und Volksforschung, B<strong>an</strong>d 28, <strong>Saar</strong>brücken<br />

1996.<br />

122


Rainer HUDEMANN, Armin HEINEN in Zusammenarbeit mit Joh<strong>an</strong>nes GROSSMANN und Marcus<br />

HAHN, Das <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>d zwischen Fr<strong>an</strong>kreich, Deutschl<strong>an</strong>d und Europa 1945-1957, Ein<br />

Quellen- und Arbeitsbuch, Veröffentlichungen <strong>der</strong> Kommission für <strong>Saar</strong>ländische L<strong>an</strong>desgeschichte<br />

und Volksforschung, B<strong>an</strong>d 41, <strong>Saar</strong>brücken 2007.<br />

Wolfg<strong>an</strong>g JÄGER und Klaus TENFELDE, Bildgeschichte <strong>der</strong> deutschen Arbeiterbewegung,<br />

München 1989.<br />

Karl-Ludwig JÜNGST, Arbeiterbewegung in Sulzbach 1920-1935, Sulzbach 1984.<br />

D<strong>an</strong>iel KIRCH, Son<strong>der</strong>politikzone <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>d, Die Entwicklung des Parteiensystems von<br />

1985 bis 2009, Marburg 2012.<br />

Fr<strong>an</strong>z-Rudolph KRONENBERGER, Herbert MANDELARTZ und Bernd RAULS (Hg.), Friedel Läpple.<br />

Politiker, <strong>Saar</strong>län<strong>der</strong>, Demokrat, 15 Jahre Innenminister im <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>d, St. Ingbert 1999.<br />

Anja KRUKE / Meik WOYKE (Hg.), Deutsche <strong>Sozialdemokratie</strong> in Bewegung 1848-1863-<br />

2013, Bonn 2012.<br />

H<strong>an</strong>s-Joachim KÜHN, „Freiheit, Brot Gerechtigkeit!“ Die Arbeiterbewegung <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong>,<br />

Katalog zur Ausstellung <strong>der</strong> <strong>Stiftung</strong> <strong>Demokratie</strong> <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>d, <strong>Saar</strong>brücken 2007.<br />

Ernst KUNKEL, Die Sozialdemokratische Partei des <strong>Saar</strong>gebietes im Abstimmungskampf<br />

1933/1935, Arbeitsgemeinschaft verfolgter Sozialdemokraten im <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>d, <strong>Saar</strong>brücken<br />

ohne Jahr (um 1968).<br />

Ernst KUNKEL, Dokumente und Erinnerungen zur Geschichte <strong>der</strong> SPS 1935-1956, <strong>Saar</strong>brücken-Dudweiler<br />

1980.<br />

Friedel LÄPPLE, Glücksmomente, Eine Autobiographie, St. Ingbert 2009.<br />

Ludwig LINSMAYER, Politische Kultur im <strong>Saar</strong>gebiet 1920-1932, Symbolische Politik, verhin<strong>der</strong>te<br />

Demokratisierung, nationales Kulturleben in einer abgetrennten Region, <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>d-Bibliothek,<br />

B<strong>an</strong>d 2, St. Ingbert 1992.<br />

Ludwig LINSMAYER (Hg.), Der 13. J<strong>an</strong>uar, Die <strong>Saar</strong> im Brennpunkt <strong>der</strong> Geschichte, Echolot.<br />

Historische Beiträge des L<strong>an</strong>desarchivs <strong>Saar</strong>rücken, B<strong>an</strong>d 1, <strong>Saar</strong>brücken 2005.<br />

Ludwig LINSMAYER Die Geburt des <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>des, Zur Dramaturgie eines Son<strong>der</strong>weges,<br />

Echolot. Historische Beiträge des L<strong>an</strong>desarchivs <strong>Saar</strong>rücken, B<strong>an</strong>d 3, <strong>Saar</strong>brücken<br />

2006.<br />

Klaus-Michael MALLMANN, Gerhard PAUL, Ralph SCHOCK, Reinhard KLIMMT (Hg.), Richtig<br />

daheim waren wir nie, Entdeckungsreisen ins <strong>Saar</strong>revier 1815-1955, Bonn 3 1995.<br />

123


Dieter MUSKALLA, NS-Politik <strong>an</strong> <strong>der</strong> <strong>Saar</strong> unter Josef Bürckel, Gleichschaltung - Neuordnung<br />

- Verwaltung, Veröffentlichungen <strong>der</strong> Kommission für saarländische L<strong>an</strong>desgeschichte<br />

und Volksforschung, B<strong>an</strong>d 25, <strong>Saar</strong>brücken 1995.<br />

Gerhard PAUL, Max Braun. Eine politische Biographie, St. Ingbert 1987.<br />

Gerhard PAUL, Klaus-Michael Mallm<strong>an</strong>n, Milieus und Wi<strong>der</strong>st<strong>an</strong>d, eine Verhaltensgeschichte<br />

<strong>der</strong> Gesellschaft im Nationalsozialismus, Wi<strong>der</strong>st<strong>an</strong>d und Verweigerung im<br />

<strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>d 1935-1945, B<strong>an</strong>d 3, Bonn 1995.<br />

Bernd RAULS, Die SPD im <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>d. Struktur und innerparteiliche Entwicklung 1955-<br />

1985, Hausarbeit zur Erl<strong>an</strong>gung des Grades Magister Artium im Fach Politikwissenschaft<br />

<strong>der</strong> Universität Trier, Trier 1989.<br />

Joh<strong>an</strong>nes SCHÄFER, Das autonome <strong>Saar</strong>l<strong>an</strong>d. <strong>Demokratie</strong> im <strong>Saar</strong>staat 1945-1957, St.<br />

Ingbert 2012.<br />

Rudolf STRUMM, Daten und Fakten zur Org<strong>an</strong>isationsgeschichte <strong>der</strong> SPD <strong>Saar</strong>, <strong>Saar</strong>brücken<br />

1998.<br />

H<strong>an</strong>s Joachim TEICHLER und Gerhard HAUK (Hg.), Illustrierte Geschichte des Arbeitersports,<br />

Bonn 1987.<br />

Maria ZENNER, Parteien und Politik im <strong>Saar</strong>gebiet unter dem Völkerbundregime 1920-<br />

1935, Veröffentlichungen <strong>der</strong> Kommission für saarländische L<strong>an</strong>desgeschichte und<br />

Volksforschung, B<strong>an</strong>d 3, <strong>Saar</strong>brücken 1966.<br />

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