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Fall 2

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Arbeitsgemeinschaft im IPR Reinhard Giesen<br />

2<br />

Der Privatier Jean-François Chabrol aus Genf lenkt sich gelegentlich mit Streifzügen durch<br />

Antiquitätenläden ab. Im Davoser Gebrauchtmöbelladen Bernstädter verguckt er sich auf der<br />

Stelle in einen aufwändig gearbeiteten Sekretär aus Pinienholz und erwirbt ihn zur Ausstaffierung<br />

seiner häuslichen Bibliothek. Bald darauf sieht sich Chabrol zu einem Notverkauf seiner<br />

Genfer Stadtvilla nebst zugehörigem Hausrat genötigt. Der Sekretär findet einen Abnehmer in<br />

dem Raritätenhändler Urs Dümpfli, der ihn nach Ulm bringt und dort an den Händler Karl-<br />

Heinz Eisele für 2.400 € weiterverkauft.<br />

Eisele lässt den Sekretär bald darauf in einem Auktionshaus in Baden-Baden zum Mindestgebot<br />

von 5.000 € anbieten. Wenige Tage vor der Versteigerung erkennt der Kunstfreund<br />

Siegfried Kern anhand eines kleinen Brandzeichens in der Schreibtischfläche des Sekretärs,<br />

dass es sich bei diesem eindeutig um den gestohlenen Sekretär seines Bekannten, des<br />

Kaufbeurer Benediktiner-Abtes Andreas, handeln muss. Der eilends alarmierte Abt fragt Sie,<br />

wie er den Sekretär auf dem schnellsten Wege wieder auf den vakanten Platz im Ordensbüro<br />

holen kann. Eisele die 2.400 € auszubezahlen, lehnt er ab.<br />

Was raten Sie Abt Andreas, nachdem Sie den <strong>Fall</strong> nach deutschem IPR geprüft haben?<br />

Hinweise zum schweizerischen Recht:<br />

1) Art. 934 schweizer. ZGB lautet: (1) Der Besitzer, dem eine bewegliche Sache gestohlen wird oder<br />

verloren geht oder sonst wider seinen Willen abhanden kommt, kann sie während fünf Jahren<br />

jedem Empfänger abfordern.<br />

(2) Ist die Sache öffentlich versteigert oder auf dem Markt oder durch einen Kaufmann, der mit<br />

Waren der gleichen Art handelt, übertragen worden, so kann sie dem ersten und jedem späteren<br />

gutgläubigen Empfänger nur gegen Vergütung des von ihm bezahlten Preises abgefordert werden.<br />

2) Das durch Art. 934 Abs. 2 ZGB begründete „Lösungsrecht“ entsteht bei späteren Empfängern<br />

nach h. M. neu, ohne dass der Erwerb unter den in dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen<br />

stattfinden müsste.<br />

3) Die maßgeblichen Regeln des schweizerischen Kollisionsrechts haben denselben Inhalt wie die<br />

des deutschen IPR.<br />

Abwandlung:<br />

Aus der Kaufbeurer Klosterkirche wurde die spätgotische Holzfigur Johannes der Täufer<br />

unrechtmäßig entwendet. Sie ist als eines von drei erhaltenen Werken aus der Schule<br />

Georg Pfaffs d. Ä. in den Kunstführern über die Bodensee-Region verzeichnet. Die Figur<br />

gelangt in einen Antiquitätenladen in Bologna, wo ihn der Privatier Jean-François Chabrol auf<br />

einem seiner gelegentlichen Streifzüge durch die Antiquitätenläden dieser Welt zur Ausstaffierung<br />

seiner Genfer Hausbibliothek erwirbt. Als Siegfried Kern den Kaufbeurer Johannes<br />

einige Wochen später in einem Baden-Badener Auktionshaus erkennt, alarmiert er Abt<br />

Andreas. Dieser möchte die Herausgabe an den Klosterorden erreichen.<br />

Hinweis zum italienischen Recht:<br />

Art. 1153 Codice civile erlaubt einen gutgläubigen Erwerb gestohlener Mobilien.


Lösung <strong>Fall</strong> 2<br />

Seite 1<br />

Internationales Sachenrecht (BGHZ 100, 321; Mansel, IPRax 1988, 268; Kienle/Weller, IPRax 2004, 290; Symeonides,<br />

FS Kurt Siehr, S. 747).<br />

A. Anwendbares Recht – Vindikationsstatut<br />

Da sich der Sekretär gegenwärtig in Deutschland befindet, ist Sachenrechtsstatut deutsches<br />

Recht, Art. 43 Abs. 1 EGBGB. Zu prüfen ist demnach ein Herausgabeanspruch<br />

des Abtes gegen Eisele gemäß § 985 BGB.<br />

B. Herausgabeanspruch nach § 985 BGB<br />

I. Eigentum des Abtes<br />

Abt Andreas war Eigentümer des Sekretärs. Er könnte das Eigentum aber durch<br />

gutgläubigen Erwerb eines der Beteiligten verloren haben. Die in Betracht kommenden<br />

Erwerbsvorgänge sind dem im jeweiligen Zeitpunkt gemäß Art. 43<br />

Abs. 1 EGBGB maßgeblichen Sachenrechtsstatut zu unterstellen.<br />

1. Gutgläubiger Erwerb des Eigentums durch Chabrol?<br />

Möglicherweise hat Chabrol mit seinem Kauf in dem Zürcher Geschäft<br />

Bernstädter gutgläubig Eigentum an dem Sekretär erworben.<br />

a) Anwendbares Recht<br />

Zu diesem Zeitpunkt befand sich der Sekretär in der Schweiz. Art. 43<br />

Abs. 1 EGBGB verweist daher auf schweizerisches Recht. Die h. M.<br />

macht von diesem Grundsatz auch für gestohlene Sachen keine Ausnahme.<br />

Da das schweizerische Kollisionsrecht sachenrechtliche Vorgänge<br />

ebenfalls an den jeweiligen Lageort anknüpft 1 , nimmt es die<br />

Verweisung des deutschen Rechts an, Art. 4 Abs. 1 S. 1 EGBGB.<br />

b) Sachenrechtlicher Erwerb<br />

Nach schweizerischem Recht ist ein gutgläubiger Eigentumserwerb<br />

ausgeschlossen. Da der Sekretär Abt Andreas gestohlen wurde, kann<br />

er diesen gemäß Art. 934 Abs. 1 ZGB binnen fünf Jahren von jedem<br />

Empfänger zurückfordern 2 . Chabrol hat damit nicht gutgläubig Eigentum<br />

an dem Sekretär erworben. Entsprechendes gilt für Dümpfli.<br />

2. Gutgläubiger Erwerb des Eigentums durch Eisele?<br />

a) Auswirkungen des Statutenwechsels auf die Eigentumslage<br />

Durch das Verbringen nach Deutschland ist ein Statutenwechsel eingetreten<br />

(es „herrscht“ von nun an deutsches Recht über die Sache).<br />

Die Eigentumslage als solche ändert sich dabei aber nicht.<br />

b) Gutgläubiger Erwerb des Eigentums an dem Sekretär<br />

Die Veräußerung an Eisele unterstand deutschem Recht als Sachenrechtsstatut.<br />

Damit scheidet wegen § 935 BGB auch gutgläubiger Erwerb<br />

vom Nichtberechtigten durch Eisele aus.<br />

? Abt Andreas ist Eigentümer des Sekretärs geblieben.<br />

II. Besitz des Eisele<br />

1 Vgl. Hinweis 3).<br />

2 Vgl. Hinweis 1).<br />

Eisele ist derzeitiger Besitzer des Sekretärs, wenngleich die unmittelbare Sachherrschaft<br />

beim Auktionshaus liegt (mittelbarer Besitz gemäß § 868 BGB).


III. Zurückbehaltungsrecht des Eisele<br />

Seite 2<br />

Fraglich ist, ob Eisele ein Lösungsrecht nach Art. 934 Abs. 2 ZGB hat. Wäre dies<br />

der <strong>Fall</strong>, wäre er zur Herausgabe des Sekretärs nur „Zug um Zug“ gegen Zahlung<br />

von 2.400 € durch den Eigentümer Abt Andreas verpflichtet 3 . Bis dahin wäre sein<br />

Besitz vor Herausgabeansprüchen geschützt. Eisele könnte ein Lösungsrecht entweder<br />

von seinen Vorgängern im Besitz ableiten oder aber selbst ein Lösungsrecht<br />

erworben haben. Der jeweils in Betracht kommende Erwerb ist wiederum<br />

dem im jeweiligen Zeitpunkt gemäß Art. 43 Abs. 1 EGBGB maßgeblichen Sachenrechtsstatut<br />

zu unterstellen.<br />

1. Gutgläubiger Erwerb eines Lösungsrechts durch Chabrol?<br />

Chabrol könnte statt des Eigentums ein Lösungsrecht nach Art. 934 Abs. 2<br />

ZGB erworben haben.<br />

a) Anwendbares Recht (Qualifikation des Lösungsrechts)<br />

Das dem deutschen Recht unbekannte Lösungsrecht nach Art. 934<br />

Abs. 2 ZGB könnte aus Sicht der deutschen lex fori schuldrechtlich zu<br />

qualifizieren sein, da es dem Inhaber ein Recht auf Zurückbehaltung<br />

der Sache bis zur Erstattung des von ihm gezahlten Kaufpreises gewährt.<br />

Näherliegend ist aber eine sachenrechtliche Qualifizierung,<br />

weil das Lösungsrecht, ohne dem Inhaber das Eigentum an der Sache<br />

zu verschaffen, funktionell den gutgläubigen Erwerber durch eine<br />

Form des Besitzschutzes begünstigt 4 . Das Bestehen oder Nichtbestehen<br />

des Lösungsrechts beurteilt sich daher nach schweizerischem<br />

Sachrecht, Art. 43 Abs. 1 EGBGB.<br />

b) Sachenrechtlicher Erwerb<br />

Da Chabrol den Sekretär bei dem Kaufmann Bernstädter erstanden<br />

hat, der mit Waren der gleichen Art handelt, und er selbst zum Erwerbszeitpunkt<br />

gutgläubig war, steht ihm ein Lösungsrecht gemäß<br />

Art. 934 Abs. 2 ZGB zu.<br />

2. Erwerb des Lösungsrechts durch Dümpfli?<br />

Das durch Art. 934 Abs. 2 ZGB begründete Lösungsrecht entsteht für<br />

Dümpfli nach anwendbarem schweizerischem Recht neu, ohne dass der Erwerb<br />

unter den in dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen stattfinden<br />

müsste 5 . Dümpfli hatte daher das Lösungsrecht erworben, unabhängig davon,<br />

ob er gutgläubig war oder es mit einem Kaufmann zu tun hatte.<br />

3. Erwerb des Lösungsrechts durch Eisele?<br />

a) Auswirkungen des Statutenwechsels auf das Lösungsrecht<br />

Fraglich ist zunächst, ob durch den Statutenwechsel (Verbringen des<br />

Sekretärs nach Deutschland) das Lösungsrecht Dümpflis untergegangen<br />

ist. Dass das deutsche Recht kein derartiges Lösungsrecht kennt,<br />

führt nicht schon zum Untergang, denn Art. 43 Abs. 2 EGBGB geht<br />

3 Zurückbehaltungsrechte begründen kein Recht zum Besitz i. S. v. § 986 Abs. 1 S. 1 BGB, da sie nur zur<br />

Verurteilung „Zug um Zug“ gemäß § 274 BGB, nicht zur Klageabweisung, führen.<br />

4 BGH, aaO., S. 324 f. – Wegen dieser materiellrechtlichen Funktion (Verkehrsschutz) ist das Lösungsrecht<br />

auch nicht prozessrechtlich zu qualifizieren, was die Anwendung der lex fori nach sich zöge.<br />

5 Vgl. Hinweis 2).


Seite 3<br />

davon aus, dass die dinglichen Rechte an einer Sache in ihrer bisherigen<br />

sachenrechtlichen Prägung fortbestehen, solange eine Anerkennung<br />

nicht zu einem elementaren Widerspruch zu deutschem Recht<br />

führen würde. Das Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 BGB erfüllt<br />

jedoch eine ähnliche Funktion wie das Lösungsrecht 6 . Zwar würde das<br />

deutsche Recht den Erwerber im <strong>Fall</strong> des § 935 BGB nicht schützen;<br />

dies betrifft aber nicht die Verträglichkeit des Rechtsinstituts mit deutschem<br />

Recht. Das Lösungsrecht des Dümpfli bestand also bis zum<br />

Verkauf des Sekretärs an Eisele fort.<br />

b) Gutgläubiger Erwerb des Lösungsrechts<br />

Da der Erwerb des Lösungsrechts sachenrechtlich zu qualifizieren ist<br />

(s. o.), ist deutsches Recht darauf anwendbar. Ein originäres Lösungsrecht<br />

i. S. des Art. 934 Abs. 2 ZGB konnte Eisele nicht erwerben.<br />

Denkbar wäre also lediglich ein derivativer Erwerb des Dümpfli zustehenden<br />

Lösungsrechts. Man könnte etwa annehmen, Eisele hätte<br />

den Sekretär mit dem Lösungsrecht „belastet“ erworben. Dagegen<br />

spricht jedoch, dass das Lösungsrecht bereits nach Art. 934 Abs. 2<br />

ZGB einem derivativen Erwerb nicht zugänglich ist, da nach der Konzeption<br />

dieser Norm das Lösungsrecht in der Person jedes späteren<br />

Erwerbers neu entsteht. Ein Statutenwechsel führt nicht zur Aufrechterhaltung<br />

fremder Rechtsinstitute, die nach der abgebenden Rechtsordnung<br />

erloschen wären.<br />

? Eisele hat (anders als seine Vorbesitzer Chabrol und Dümpfli) kein Lösungsrecht.<br />

? Abt Andreas kann von Eisele die Herausgabe des Sekretärs gemäß § 985 BGB<br />

verlangen, ohne ihn dafür mit 2.400 € lösen zu müssen.<br />

C. Anzuratendes Vorgehen zur Bewirkung der Herausgabe<br />

Problematisch ist einerseits, dass sich der Sekretär nicht im unmittelbaren Besitz des<br />

Anspruchsgegners befindet, andererseits die zeitliche Nähe zum Versteigerungstermin.<br />

I. Da sich der Sekretär nicht in Eiseles unmittelbarem Besitz befindet, kann Abt<br />

Andreas von Eisele wahlweise die Abtretung von dessen Herausgabeanspruch gegen<br />

das Baden-Badener Auktionshaus verlangen 7 oder die Herausgabe des Sekretärs<br />

selbst 8 .<br />

II. Zuständig ist gemäß §§ 12, 13 ZPO das Gericht am Wohnsitz von Eisele<br />

(AG oder LG Ulm). Wegen der drohenden Versteigerung ist ein Antrag auf Erlass<br />

einer einstweiligen Verfügung (§ 935 ZPO) angeraten, für den gleichfalls das Gericht<br />

der Hauptsache (§§ 937 Abs. 1, 943 ZPO) oder in dringenden Fällen auch<br />

das Amtsgericht der belegenen Sache (AG Baden-Baden) zuständig ist.<br />

6 Wegen der Ähnlichkeit zum schuldrechtlichen Zurückbehaltungsrecht ist unter Art. 43 Abs. 2 EGBGB auch<br />

keine Transposition des Lösungsrechts in ein deutsches sachenrechtliches Institut unterworfen, die wegen des<br />

numerus clausus der Sachenrechte sonst erforderlich wäre.<br />

7 Zu der Abtretung kann Eisele mit der Leistungsklage verurteilt werden; das Urteil ist vollstreckbar nach § 894<br />

ZPO. Der abzutretende Herausgabeanspruch folgt aus dem Kommissionsgeschäft mit dem Auktionshaus,<br />

§§ 383 ff. HGB.<br />

8 Vollstreckung: bei Fortdauer des mittelbaren Besitzes kann die Pfändung von Eiseles Herausgabeanspruch und<br />

dessen Überweisung an Abt Andreas nach § 886 ZPO erwirkt werden; erlangt Eisele den Besitz zurück, kann<br />

der Gerichtsvollzieher ihm diesen entziehen und an Abt Andreas herausgeben, § 883 ZPO.


I. Anwendung der lex rei sitae<br />

Abwandlung:<br />

Seite 4<br />

Chabrol hat gemäß Art. 1153 c. c. gutgläubig Eigentum an der Holzfigur erworben, da<br />

auf den Eigentumserwerb die lex rei sitae im maßgeblichen Zeitpunkt anzuwenden ist,<br />

Art. 43 Abs. 1 EGBGB. An der Eigentumslage ändert sich durch den Statutenwechsel<br />

(Verbringen des Johannes in die Schweiz bzw. nach Deutschland) und eventuelle nachfolgende<br />

Erwerbe nichts. Ein Herausgabeanspruch des Abtes wäre nicht gegeben.<br />

II. Andere kollisionsrechtliche Anknüpfung bei Kulturgütern<br />

Literatur:<br />

Von der Geltung der lex rei sitae wird aber insbesondere bei Kunstwerken von allgemeiner<br />

nationaler Bedeutung, zu denen der Johannes zu rechnen wäre, eine Ausnahme<br />

gefordert. Die Geltung der lex rei sitae erlaube es Kunstdieben, durch die Wahl des Veräußerungsortes<br />

gutgläubigen Dritten Eigentum zu verschaffen und das Risiko fremder<br />

Herausgabeansprüche für die Erwerber auszuschließen 9 . Zwar ließe sich die Geltung der<br />

lex rei sitae mit den Erfordernissen des internationalen Handels rechtfertigen: solange<br />

die Sache noch am Erwerbsort ist, führt die Situs-Regel zur Anwendung eines durchsetzungsfähigen<br />

Rechts; wird sie hingegen in ein anderes Land verbracht, werden bereits<br />

erworbene Rechte geschützt. Bei Kunstwerken sei der Verkehr aber naturgemäß auf der<br />

Hut, da er auf die Echtheit des Oeuvre besonderen Wert lege, so dass es gerechtfertigt<br />

sei, das Vertrauen auf die Anwendbarkeit des Verkehrsrechts nicht in gleichem Maße zu<br />

schützen, wie bei Bargeschäften des täglichen Lebens 10 .<br />

Vorgeschlagen wird deshalb, das Recht des Staates anzuwenden, in dessen Gebiet die<br />

Sache zur Zeit des Diebstahls belegen war („lex furti“) bzw. in dem sich das Kulturgut<br />

vor seinem verbotswidrigen Export befunden hatte oder aber an das „Heimatrecht“ des<br />

Kunstwerks („lex originis“), welches sich danach bestimme, in welchem Zusammenhang<br />

das Kunstwerk rezipiert wurde 11 . Die abweichende Anknüpfung solle über Art. 46<br />

EGBGB erfolgen. Hiernach wäre in jedem <strong>Fall</strong> deutsches Recht anwendbar. Abt Andreas<br />

könnte die Herausgabe an den Orden gemäß §§ 985, 26 Abs. 2 S. 1 BGB verlangen 12 .<br />

Kropholler, § 54<br />

Von Hoffmann, § 12<br />

9 Mansel, aaO., S. 270. Der mögliche gutgläubige Erwerb gestohlener Sachen ist aus rechtsvergleichender Sicht<br />

selten. Einige Rechtsordnungen sehen aber kurze Ausschlussfristen für die Rückforderung des Eigentums vor,<br />

so z. B. Indiana/U.S.A. (6 Jahre) die Schweiz (5 Jahre), die Niederlande oder Frankreich (je 3 Jahre). Auch<br />

Lösungsrechte schwächen die Position des Bestohlenen.<br />

10 Kienle/Weller, aaO., S. 291.<br />

11 Indizien seien die Nationalität des Künstlers oder der Ort für den das Kunstwerk bestimmt war (der Ort, an<br />

dem es in einen „Funktionszusammenhang“ passe oder erst „als Ganzes“ begriffen werden könne); vgl.<br />

Kienle/Weller, aaO., S. 291.<br />

12 Die genannten Aufweichungen der Situs-Regel vermögen m. E. nicht zu überzeugen: es leuchtet schon nicht<br />

ein, welches Interesse Kunstdiebe dazu veranlassen sollte, ihren Abnehmern volles Eigentum an einem<br />

Kunstwerk zu verschaffen. Zwar ist ein kollusives Zusammenwirken von Dieb und Erwerber denkbar, doch<br />

scheidet dann guter Glaube aus. Sofern Ausschlussfristen einer Rückforderung entgegenstehen (vgl. Fn. 6),<br />

könnte eine „discovery rule“ sinnvoll sein, nach der die Frist erst zu laufen beginnt, sobald der Eigentümer<br />

davon wissen konnte, dass sich die gestohlene Sache in einem anderen Land befindet, vgl. Symeonides, aaO.,<br />

S. 754.

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