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Sodale Nr. 4 2006 - Marianische Kongregationen Augsburg

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Machen wir noch einen kleinen Besuch in Lourdes. Das größte Pilgerzentrum der Welt,<br />

größer noch als Mekka, liegt fast verträumt abseits in den französischen Pyrenäen.<br />

Achtzehn mal, so sagt man, ist die Heilige Maria im Jahre 1858 zwischen Februar und<br />

Juli dem Mädchen Bernadette erschienen, und immer größere Menschenmengen<br />

konnten die Verklärung der einfachen Müllerstochter miterleben. „Die Dame trug ein<br />

weißes Kleid, einen weißen Schleier, einen blauen Gürtel und eine gelbe Rose auf dem<br />

Fuß“, berichtete Bernadette. Und an jener Stelle, an der sie damals auf Geheiß der<br />

Madonna mit den Händen eine kleine Quelle bloßlegte, sprudeln seither täglich 122.000<br />

Liter wundertätiges Wasser aus dem Boden.<br />

Der jüdische Schriftsteller Franz Werfel hat das Gelöbnis getan, falls er vor den Nazis<br />

gerettet werde, wolle er das Leben der Bernadette in einem Roman verewigen, und er<br />

hat sich auch daran gehalten. Um Bernadette selbst war es bald wieder still geworden.<br />

„Sehen Sie“, sagte sie vor ihrem Tod, „meine Geschichte ist ganz einfach. Die Jungfrau<br />

hat sich meiner bedient. Dann hat man mich in die Ecke gestellt. Das ist nun mein Platz,<br />

dort bin ich glücklich, dort bleibe ich.“<br />

Die Geschichte von Lourdes ist für mich persönlich eine besonders anrührende<br />

Geschichte. Und sie ist auch mir, wie wohl vielen anderen, durch Werfel wirklich sehr<br />

nahe gekommen, der sie aus einer tiefen inneren Beteiligung heraus erzählt hat. Auch<br />

wenn er in Solidarität zum jüdischen Volk nicht katholisch werden wollte, so hat er<br />

doch ganz offensichtlich mit Bernadette Maria innerlich gesehen und ihr geglaubt und<br />

ihr vertraut.<br />

Ich würde sagen. Wir sollten da gar nicht viel herumdeuteln. Dieses einfache Mädchen,<br />

das aus Eigenem nichts mitbrachte als eine große innere Lauterkeit, durften im<br />

Jahrhundert des Rationalismus, umgeben von einem sehr kruden und auch<br />

antiklerikalen Rationalismus, aber auch von einer skeptischen, mit Recht zunächst sehr<br />

vorsichtig agierenden kirchlichen Autorität, in dieses etwas kalte, zum Frieren neigende<br />

geistige Klima das Gesicht der Muttergottes hineinstellen. Und im Zeichen des<br />

lebendigen, heilenden Wassers demonstriert sie gleichsam das Zeichen Mariens für die<br />

rettende Kraft der Schöpfung, die von ihr neu erweckt wird.<br />

Dass nun ausgerechnet oder gerade dieser rationalistische Kontext, in dem die einfache<br />

Seele die sehende Seele wird, das Christentum wieder als eine Herzensreligion und als<br />

heilende Realität fassbar macht, bleibt ein großes Zeichen. Und deswegen ist es ganz<br />

normal und etwas sehr Positives, dass dort Menschen immer wieder die Berührung mit<br />

dem Christus-Geheimnis finden. Sie werden in diesem heilenden Wasser neu auf das<br />

große heilende Wasser der Taufe zurückverwiesen, das die eigentliche neue Quelle ist,<br />

die Christus uns geschenkt hat.<br />

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