Alkoholismus und Dienstpflichten - BAG-Sucht
Alkoholismus und Dienstpflichten - BAG-Sucht
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8 Alkoholsucht als Entschuldigungsgr<strong>und</strong> für mittelbar<br />
suchtbedingte Verfehlungen<br />
Mittelbar suchtbedingte Verfehlungen, deren disziplinare Bedeutung nicht im<br />
Alkoholmissbrauch als solchem bestehen, können durch den <strong>Alkoholismus</strong> nicht<br />
entschuldigt werden.<br />
Wenn ein Beamter unterschlagene Gelder „dazu benötigt hat, um sich (erst) Alkohol<br />
kaufen zu können“ kann das allenfalls verminderte Schuldfähigkeit ergeben. „Auch<br />
verminderte Schuldfähigkeit (kann) die Fortsetzung des Beamtenverhältnisses<br />
jedenfalls dann nicht rechtfertigen..., wenn es sich um die eigennützige Verletzung<br />
von leicht einsehbaren Kernpflichten handelt. In diesem Fall kann <strong>und</strong> muss im<br />
Hinblick auf die als selbstverständlich geforderte <strong>und</strong> ständig eingeübte korrekte<br />
Verhaltensweise von einem Beamten erwartet werden, dass er auch bei erheblich<br />
verminderter Einsichts- <strong>und</strong>/oder Steuerungsfähigkeit noch genügend<br />
Widerstandskraft gegen strafbares Verhalten im Dienst aufbietet“ 118 .<br />
„Nach ständiger Rechtsprechung des Senats hat eine Alkoholsucht, selbst wenn sie<br />
pathologischer Natur ist, für sich allein nicht eine erhebliche Minderung der<br />
Schuldfähigkeit oder gar eine Schuldunfähigkeit (bezogen auf die nicht<br />
suchtbedingten Verfehlungen!) des Betroffenen zur Folge. Eine erhebliche<br />
Verminderung kommt nur dann in Betracht, wenn die Erkrankung zu schwersten<br />
Persönlichkeitsveränderungen geführt hat oder wenn der Betroffene<br />
Beschaffungstaten unter starken Entzugserscheinungen oder im Zustand eines<br />
akuten Rausches verübt hat“ 119 .<br />
Z.B. ist Trunkenheit am Steuer keine alkoholbedingt entschuldbare Verfehlung, da<br />
ein Alkoholkranker zwar süchtig trinkt, nicht jedoch zwanghaft Auto fährt.<br />
Bei einem Rauschzustand ohne Erinnerungsvermögen kann hingegen von<br />
Schuldunfähigkeit ausgegangen werden 120 .<br />
9 Stellenwert des Disziplinarrechts bei der<br />
<strong>Sucht</strong>bekämpfung<br />
Die Weigerung, sich einer notwendigen Therapie zu unterziehen, kann also harte<br />
disziplinare Konsequenzen nach sich ziehen. Nicht minder schwerwiegend kann ein<br />
Rückfall, der aus der Sicht der Rechtsprechung vermeidbar war, sein, weil auch<br />
damit das berufliche <strong>und</strong> finanzielle Ende bevorstehen, bzw. der Verlust der Pension<br />
eintreten kann. In der Auseinandersetzung mit der Alkoholkrankheit geht es darum,<br />
rechtzeitig einzuschreiten, um letztlich auch einen sozialen „Absturz“ zu vermeiden.<br />
Intervention <strong>und</strong> Hilfe durch den Vorgesetzten <strong>und</strong> zwar konsequente ist angesagt.<br />
Jedoch kann <strong>Sucht</strong>prävention nicht mit dem rechtlichen<br />
Führungsunterstützungsmittel des Disziplinarrechts allein geleistet werden. Mit dem<br />
Disziplinarrecht als erste Reaktion gegenüber einem Betroffenen zu reagieren wäre<br />
nicht sachgerecht.<br />
118 Beschluss vom 7.5.1993 BVerwG - 1 DB 35/92 m.w.N.; Urteil vom 4.5.1993 BVerwG - 1 D 72/9;<br />
Urteil vom 16.4.1996 BVerwG - 1 D 79/95; Urteil vom 14.10.1997 BVerwG - 1 D 60/96<br />
119 Urteil vom 23.9.1997 BVerwG - 1 D 3/96; Urteil vom 16. März 1993 - BVerwG 1 D 69.91 = DokBer<br />
B 1993, 177; Urteil vom 16. März 1993 - BVerwG 1 D 69.91 = BVerwG DokBer B 1993, 177<br />
120 Urteil vom 28.11.1996 BVerwG - 1 D 40/94<br />
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