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Roswita Iven-Böer - Stadt Butzbach

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Dr. Friedrich Ludwig Weidig (1791-1837)<br />

In der frühen deutschen Demokratiebewegung<br />

nimmt die hessische Kleinstadt <strong>Butzbach</strong> eine<br />

besondere Stellung ein: Hier lebte und wirkte<br />

Weidig, Pädagoge, Theologe, Turner, Demokrat<br />

und Freiheitskämpfer. Ab 1812 hatte Weidig die<br />

Stelle des Konrektors bzw. ab 1826 die des Rektors<br />

der <strong>Butzbach</strong>er Knabenschule inne. Er prägte<br />

Generationen von Schülern, bis er 1834 nach<br />

Obergleen im Vogelsberg zwangsversetzt wurde.<br />

F. L. W., am 15. Feb. 1791 geboren in Oberkleen,<br />

kam 1803 nach <strong>Butzbach</strong>. Als Konrektor führte er<br />

1814 das Schülerexerzieren ein und gründete<br />

nach dem Vorbild des sog. Turnvaters Jahn auf<br />

dem Schrenzer den ersten Turnplatz in Hessen.<br />

Bereits 1818 geriet er ins Visier der politischen<br />

Polizei des Deutschen Bundes, weil er weder im<br />

Unterricht noch auf der Kanzel einen Hehl aus<br />

seiner oppositionellen Haltung machte. Dabei<br />

drängte er meist auf die Einführung rechtsstaatlicher,<br />

demokratischer Grundsätze, z. B. auf die<br />

Ratifizierung einer Verfassung im Großherzogtum<br />

und ihre Einhaltung.<br />

Ab 1831 zwang ihn seine politische Tätigkeit zunehmend<br />

in den Untergrund. Er beteiligte sich<br />

u. a. an der Vorbereitung des Hambacher Festes<br />

(1832). 1833 wurde er erstmals für 50 Tage inhaftiert.<br />

Dies hinderte ihn nicht, sich an der Herausgabe<br />

und Verbreitung von illegalen Zeitschriften<br />

und Flugblättern zu beteiligen. „Der Hessische<br />

Landbote“ – verfasst 1834 von Büchner und von<br />

Weidig redigiert – zählt zu den bekanntesten. Den<br />

sozialkritischen Inhalt des revolutionären Blattes<br />

wertete die Obrigkeit als Hochverrat. Weidig<br />

wurde im April 1835 verhaftet und zunächst in<br />

Friedberg, später im Arresthaus Darmstadt eingekerkert,<br />

wo er sich nach fast zweijähriger qualvoller<br />

Haft mit unmenschlichen Verhörmethoden<br />

am 23. Februar 1837 das Leben nahm.<br />

Georg Büchner (1813-1837)<br />

Erst posthum gelangte Büchner als Dichter und<br />

Schriftsteller zu Weltruhm. Seine Hauptwerke<br />

wurden teils Jahrzehnte nach seinem Tod publiziert<br />

oder uraufgeführt („Dantons Tod“, Erstaufführung<br />

1902; „Woyzeck“, veröffentlicht 1878;<br />

„Leonce und Lena“, veröffentlicht 1850). Seine<br />

Bedeutung als Revolutionär ist eher zweitrangig.<br />

Büchner, am 17. Okt. 1813 in Goddelau geboren,<br />

nahm mit einem Reifezeugnis, das ihm „gute<br />

Anlagen“ und einen „klaren und durchdringenden<br />

Verstand“ bescheinigte, an der Universität Straßburg<br />

1831 das Studium der vergleichenden Anatomie<br />

auf. Hier begeisterte er sich für die Ideen<br />

der Französischen Revolution. Um sein Studium<br />

abzuschließen, wechselte er nach Gießen im<br />

Großherzogtum Hessen. Die restriktiven politischen<br />

Verhältnisse trieben den Freigeist hier zu<br />

illegalen Aktivitäten. 1834 gründete er mit ehem.<br />

Schulkameraden aus Darmstadt die konspirative<br />

„Gesellschaft der Menschenrechte“. Der Entwurf<br />

eines revolutionären Flugblatts, die Urschrift des<br />

„Hessischen Landboten“, führte ihn 1834 wiederholt<br />

nach <strong>Butzbach</strong> in den konspirativen Kreis um<br />

F. L. Weidig – Verbündete im Geiste, die beim<br />

Druck wie auch der Verbreitung des Blattes behilflich<br />

sein konnten. Hier stieß er auf den Weidigschüler<br />

Wilhelm Braubach, mit dem ihn bald eine<br />

enge (Brief-)Freundschaft – Deckname „Kater“ –<br />

verband. Mit Weidig selbst gab es jedoch Differenzen,<br />

da Büchner deutlich radikalere Ansichten<br />

vertrat. Die von Weidig entschärfte Druckversion<br />

des „Hessischen Landboten“ kritisierte Büchner<br />

heftig, da ihr die Grundintension genommen sei !<br />

Nach dem Verrat des illegalen Unternehmens floh<br />

Büchner 1835 nach Straßburg ins Exil, von dort<br />

ging er nach Zürich, wo er 1836 promovierte und<br />

die Stelle eines Privatdozenten antrat. Hier erlag<br />

er am 19. Februar 1837 einer Typhuserkrankung.<br />

Die Sammlung A. W. Heil<br />

Alexander Wilhelm Heil (1871-1952), Bäcker,<br />

Nudelfabrikant, Literat und Heimatforscher, hat<br />

die wertvolle Sammlung von Graphiken aus der<br />

Zeit des Vormärz und der Revolution von<br />

1848/1849 und die zugehörige Fachbibliothek mit<br />

zeitgenössischer und später erschienener Literatur<br />

zu diesem Themenbereich wohl zum großen<br />

Teil in den 1920er und 30er Jahren zusammentragen.<br />

Der demokratisch-republikanisch gesinnte<br />

Fabrikant entwickelte bereits früh ein besonderes<br />

Interesse an der Person Weidigs und den politisch<br />

fortschrittlichen Ideen des Vormärz und der<br />

Paulskirchendemokratie. Seine politische Überzeugung<br />

und der Schwerpunkt seiner Sammel-<br />

tätigkeit stehen ohne Zweifel in engem Zusammenhang.<br />

Seinem unermüdlichen Sammeleifer ist<br />

es zu verdanken, dass der Grundstock der Sammlung<br />

etwa 830 graphische Einzelblätter und rund<br />

2.500 Bibliothekarien aus der Mitte des 19. Jahrhunderts<br />

umfasst. Die teils seltenen Publikationen<br />

enthalten mehr als 300 Druckgraphiken, so<br />

dass die Sammlung insgesamt weit über 1.000<br />

Druckgraphiken allein zur Vormärzzeit und vor<br />

allem zur Revolution 1848/49 umfasst. Dieser<br />

bedeutende Bestand wurde 1989 erworben und<br />

bildet nun den Kern des „Weidig-Forschungs-<br />

archivs“. Mit dem umfangreichen Katalog von Dr.<br />

Annette Reiter, Die Sammlung A. W. Heil, Politische<br />

Druckgraphik des Vormärz und der Revolution<br />

1848/49 ist ein Standardwerk entstanden (432<br />

Seiten, ca. 500 Abb., 20,00 EUR). Die <strong>Butzbach</strong>er<br />

Sammlung A. W. Heil zählt heute zu den wichtigsten<br />

Beständen deutscher Revolutionsgraphik. Im<br />

Rahmen der Ausstellung sind etliche ausgewählte<br />

Stücke der Sammlung A. W. Heil zu sehen.

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