Wie entsteht „Morbus Crohn“? - der-junge-koch.de
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<strong>Wie</strong> <strong>entsteht</strong> <strong>„Morbus</strong> <strong>Crohn“</strong>?<br />
In Deutschland lei<strong>de</strong>n über 300.000 Menschen an<br />
chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, von<br />
<strong>de</strong>nen Morbus Crohn die bekannteste ist. Diese<br />
chronische Entzündung kann im gesamten Magen-<br />
Darm-Trakt auftreten, beson<strong><strong>de</strong>r</strong>s oft im hinteren<br />
Dünndarm und im Dickdarm. Die Krankheit verläuft in<br />
Schüben, typische Symptome sind immer wie<strong><strong>de</strong>r</strong><br />
auftreten<strong><strong>de</strong>r</strong> Durchfall verbun<strong>de</strong>n mit krampfartigen<br />
Schmerzen.<br />
Obgleich die Entstehung und die Ursachen <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Erkrankung nicht ein<strong>de</strong>utig geklärt sind, besteht<br />
inzwischen <strong><strong>de</strong>r</strong> dringen<strong>de</strong> Verdacht, dass<br />
Mykobakterien, genauer gesagt „Mycobacterium<br />
avium paratuberculosis“ (MAP), an <strong><strong>de</strong>r</strong> Crohnschen<br />
Erkrankung beteiligt sind und sie eventuell verursachen.<br />
Alle Mykobakterien sind auf Sauerstoff angewiesene<br />
Darmschleimhaut bei Morbus Crohn<br />
entnommen aus: „Kostformen und Rezepte“,<br />
© 2010 by Fachbuchverlag Pfanneberg,<br />
Haan<br />
(obligat aerobe) gram-positive Bakterien, von <strong>de</strong>nen man lange Zeit annahm, dass sie keine<br />
Sporen bil<strong>de</strong>n können. Zu dieser Gruppe gehören die Erreger <strong><strong>de</strong>r</strong> Tuberkulose beim Menschen,<br />
die auf ungeklärte Art jahrelang im menschlichen Körper untertauchen können, bevor sie z. B.<br />
in einem geschwächten Körper eine schwere Infektion auslösen. In jüngster Zeit konnten Untersuchungen<br />
zeigen, dass zumin<strong>de</strong>st einige Mykobakterienarten in <strong><strong>de</strong>r</strong> Lage sind, Bakteriensporen<br />
zu bil<strong>de</strong>n.<br />
Die Anfälligkeit für die chronische Darmentzündung ist nicht bei allen Menschen vorhan<strong>de</strong>n.<br />
Anfällige Patienten besitzen häufig eine Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung in einem bestimmten Gen (CARD15–<br />
Gen). Dieses Gen ist für ein Protein in <strong><strong>de</strong>r</strong> Darmschleimhaut verantwortlich, das an <strong><strong>de</strong>r</strong> Infektionsabwehr<br />
beteiligt ist.<br />
Die als Auslöser von Morbus Crohn verdächtigten MAP-Mykobakterien sind schon länger als<br />
Tierpathogene bekannt: Bei Rin<strong><strong>de</strong>r</strong>n, Schafen, Ziegen und Wildtieren rufen sie die unheilbare<br />
Darmentzündung Paratuberkulose hervor, auch viele offenbar gesun<strong>de</strong> Rin<strong><strong>de</strong>r</strong> besitzen diese<br />
Keime.<br />
Rin<strong><strong>de</strong>r</strong>, die an Paratuberkulose erkranken, haben<br />
ebenfalls eine Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung <strong>de</strong>s CARD15–Gens. Dies<br />
spricht neben weiteren Erkenntnissen dafür, dass<br />
bei<strong>de</strong> Krankheiten prinzipiell i<strong>de</strong>ntisch sind und<br />
die Mykobakterien Morbus Crohn hervorrufen.<br />
Auch können bei Menschen, die an <strong><strong>de</strong>r</strong> chronischen<br />
Darmentzündung lei<strong>de</strong>n, die MAP-Bakterien häufig,<br />
aber nicht immer, in <strong><strong>de</strong>r</strong> Darmwand nachgewiesen<br />
wer<strong>de</strong>n. Weiterhin spricht für eine<br />
Infektionskrankheit, dass Antibiotika bei einer Therapie<br />
erfolgreich eingesetzt wer<strong>de</strong>n können.<br />
<strong>Wie</strong> die möglichen Krankheitserreger auf <strong>de</strong>n Menschen übertragen wer<strong>de</strong>n, ist unbekannt.<br />
Bekannt hingegen ist, dass in europäischen Rin<strong><strong>de</strong>r</strong>bestän<strong>de</strong>n die Paratuberkulosekeime weit<br />
verbreitet sind. Oft ist je<strong>de</strong>s dritte Rind infiziert, o<strong><strong>de</strong>r</strong> die Erreger lassen sich im o<strong><strong>de</strong>r</strong> am Körper<br />
nachweisen. Die Erreger können sowohl im Fleisch <strong><strong>de</strong>r</strong> Tiere als auch in <strong><strong>de</strong>r</strong> Milch vorkommen<br />
und so möglicherweise in die Nahrungskette gelangen.<br />
Problematisch ist vor allem, dass diese Keime in <strong><strong>de</strong>r</strong> Umwelt sehr wi<strong><strong>de</strong>r</strong>standsfähig und extrem<br />
hitzeresistent sind: Sie können – zumin<strong>de</strong>stens vereinzelt – das Pasteurisieren <strong><strong>de</strong>r</strong> Milch<br />
überleben. Sogar in Milchpulver und in gereiftem Käse sind die Mykobakterien gefun<strong>de</strong>n wor<strong>de</strong>n.<br />
Hier könnte vermutet wer<strong>de</strong>n, dass auch die MAP-Bakterien wie an<strong><strong>de</strong>r</strong>e Mykobakterien<br />
wi<strong><strong>de</strong>r</strong>standsfähige Sporen bil<strong>de</strong>n können.<br />
© 2010 by Fachbuchverlag Pfanneberg, Haan-Gruiten Seite 1
Morbus Crohn ist ein Beispiel für eine Krankheit, bei <strong><strong>de</strong>r</strong> nicht<br />
sicher ist, ob pathogene Mikroorganismen die Infektion hervorrufen<br />
o<strong><strong>de</strong>r</strong> ob die Keime nur als Opportunisten das Krankheitsgeschehen<br />
ausnutzen.<br />
Nichts<strong>de</strong>stotrotz muss die möglicherweise wichtige Rolle <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Mykobakterien als Gefährdung <strong><strong>de</strong>r</strong> Lebensmittelsicherheit<br />
akzeptiert wer<strong>de</strong>n, Maßnahmen zur Gefahrenabwehr sollten<br />
ergriffen wer<strong>de</strong>n.<br />
Die wichtigste Maßnahme scheint zurzeit die Eindämmung <strong><strong>de</strong>r</strong><br />
Erreger in <strong>de</strong>n Rin<strong><strong>de</strong>r</strong>bestän<strong>de</strong>n durch Tests und notfalls<br />
Schlachtungen zu sein. Aber auch <strong><strong>de</strong>r</strong> Verzicht auf Milch und<br />
Milchprodukte (mit Ausnahme <strong><strong>de</strong>r</strong> als sicher erkannten H-<br />
Milch) bei Personen mit einer Verän<strong><strong>de</strong>r</strong>ung im CARD15-Gen<br />
ist sinnvoll.<br />
© 2010 by Fachbuchverlag Pfanneberg, Haan-Gruiten Seite 2