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DIE MUNDART<br />

DES FÜRSTENTUMS<br />

LIECHTENSTEIN<br />

SPRACHFORMENGEBRAUCH, LAUTWANDEL UND<br />

LAUTVARIATION<br />

ROMAN BANZER


Inhalt<br />

ZUM GELEIT 145<br />

I. ALLGEMEINER TEIL 148<br />

1. VORBEMERKUNGEN 148<br />

1.1. DATEN ZUR GESCHICHTE DER<br />

JÜNGEREN VERGANGENHEIT 148<br />

1.2. GEOGRAPHISCHE UND<br />

WIRTSCHAFTLICHE BESCHREIBUNG 149<br />

1.3. ZIELSETZUNG 150<br />

1.4. THEORETISCHE VORBEMERKUNGEN 151<br />

142<br />

II. BESONDERERTEIL 153<br />

2. DER GEBRAUCH VON MUNDART<br />

UND STANDARDSPRACHE 153<br />

2.1. ALLGEMEINES ZUM<br />

SPRACHFORMEN-GEBRAUCH 153<br />

2.2. THEORETISCHE<br />

VORBEMERKUNGEN 155<br />

2.3. CODE-SWITCHING 157<br />

2.4. DIE DOMÄNEN 158<br />

2.4.1. Gerichte 159<br />

2.4.2. Parlamente und Verwaltung 160<br />

2.4.3. Kirche 162<br />

2.4.4. Bildungswesen 163<br />

2.4.5. Öffentlichkeit 167<br />

2.4.6. Familie, Freizeit und Vereine 169<br />

2.4.6.1. Fürstenhaus 171<br />

2.4.7. Arbeitswelt 172<br />

2.4.8. Zusammenfassung 174<br />

2.4.9. Vergleiche zur Schweiz und<br />

zu Österreich 174


3. DIE LIECHTENSTEINER<br />

MUNDART. BEHARRUNG UND<br />

VERÄNDERUNG 176<br />

3.1. ALLGEMEINES ZUR BASISMUNDART 176<br />

3.2. BASISMUNDART-ORTSMUNDART 177<br />

3.2.1. Die Erhebung der Laute der Basis<strong>mundart</strong><br />

178<br />

3.2.2. Untersuchungsanordnung 179<br />

3.2.3. Auswertung 180<br />

3.3. DIE LAUTE DER BASISMUNDART 180<br />

3.3.1. Die Vokale 181<br />

3.3.1.1. Die kurzen Vokale 181<br />

3.3.1.2. Die langen Vokale 185<br />

3.3.1.3. Die Diphthonge 187<br />

3.3.1.4. Abweichungen zu Jutz 189<br />

3.3.2. Die Konsonanten 190<br />

3.3.2.1. Halbvokale 190<br />

3.3.2.2. Liquide 190<br />

3.3.2.3. Nasale 191<br />

3.3.2.4. Labiale 191<br />

3.3.2.5. Gutturale 192<br />

3.3.2.6. Dentale 192<br />

3.4. SPRACHGEOGRAPHISCHE<br />

UNTERSCHIEDE 194<br />

3.4.1. Das Unterland 194<br />

3.4.1.1. Das a- und das o-Gebiet im Unterland 198<br />

3.4.1.2. Hinterschellenberg 199<br />

3.4.2. Das Oberland 201<br />

3.4.2.1. Balzers 201<br />

3.4.2.2. Triesenberg 202<br />

3.4.3. Zusammenfassung 205<br />

3.5. ETYMOLOGISCHE<br />

KORRESPONDENZEN 206<br />

3.5.1. Monophthonge 206<br />

3.5.2. Diphthonge 206<br />

DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />

ROMAN BANZER<br />

4. LAUTWANDEL UND<br />

LAUTVARIATION 207<br />

4.1. THEORETISCHE<br />

VORBEMERKUNGEN 207<br />

4.1.1. Entwicklungsregel 207<br />

4.1.2. Basis<strong>mundart</strong>liches Wort 208<br />

4.2. EMPIRISCHE ANALYSE UND<br />

UNTERSUCHUNGSANORDNUNG 209<br />

4.2.1. Inventar der potentiell variablen<br />

Entwicklungsregeln in basis<strong>mundart</strong>lichen<br />

Wörtern 209<br />

4.2.2. Inventar der potentiell variablen<br />

Entwicklungsregeln in nichtbasis<strong>mundart</strong>lichen<br />

Wörtern 209<br />

4.2.3. Das Untersuchungsinstrumentarium 212<br />

4.2.3.1. Auswahl der Rededeterminanten 213<br />

4.2.3.2. Die Probanden 215<br />

4.2.4. Das Interview 216<br />

4.3. ERGEBNISSE 216<br />

4.3.1. Inventar der variablen<br />

Entwicklungsregeln 218<br />

4.3.2. Basis<strong>mundart</strong>lich-<br />

Nichtbasis<strong>mundart</strong>lich 221<br />

4.3.3. Triesenberg 223<br />

4.3.4. Die Nasalierung im Unterland 223<br />

4.3.5. Die Konsonanten 224<br />

143


4.4. NEUERUNGEN UND<br />

INTERFERENZEN 224<br />

4.4.1. Neuerungen in allen Orts<strong>mundart</strong>en 225<br />

4.4.2. Neuerungen in den Orts<strong>mundart</strong>en<br />

<strong>des</strong> Oberlan<strong>des</strong> 226<br />

4.4.2.1. Neuerungen in der Orts<strong>mundart</strong><br />

von Schaan 227<br />

4.4.3. Neuerungen in den Orts<strong>mundart</strong>en<br />

<strong>des</strong> Unterlan<strong>des</strong> 227<br />

4.4.3.1. Neuerungen in den Orts<strong>mundart</strong>en<br />

von Eschen, Mauren, Gamprin und<br />

Ruggell 229<br />

4.4.3.3. Neuerungen in den Orts<strong>mundart</strong>en<br />

von Gamprin und Hinterschellenberg 229<br />

4.4.2.1. Neuerungen in der Orts<strong>mundart</strong><br />

von Eschen 229<br />

4.5. DIE SOZIALEN UND SITUATIVEN<br />

REDEDETERMINANTEN 230<br />

4.5.1. Das Oberland 230<br />

4.5.2. Das Unterland 231<br />

144<br />

4.6. SCHLUSS 233<br />

III. ANHANG<br />

5. Anmerkungen<br />

6. Bibliografie<br />

7. Abkürzungen<br />

7.1. Geographische Abkürzungen<br />

8. Zur Transkription<br />

9. Liste der Gewährspersonen<br />

10. Curriculum vitae<br />

11. Dankadresse<br />

236<br />

236<br />

239<br />

244<br />

244<br />

245<br />

245<br />

246<br />

246


Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde an<br />

der philosophischen Fakultät der Universität Freiburg<br />

in der Schweiz.<br />

Genehmigt von der Philosophischen Fakultät auf<br />

Antrag der Professoren Walter Haas (1. Gutachter)<br />

und Georges Darms (2. Gutachter).<br />

Freiburg, den 25. Februar 1994<br />

Prof. Dr. Jean-Luc Lambert, Dekan<br />

DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />

ROMAN BANZER<br />

Zum Geleit<br />

Das Fürstentum Liechtenstein gehört zu den Staaten<br />

deutscher Sprache, in denen <strong>die</strong> Mundart im<br />

täglichen Leben eine privilegierte Stellung einnimmt,<br />

da sie von allen Bevölkerungsschichten in<br />

allen alltäglichen Situationen gesprochen wird.<br />

Diese Sprachsitutation, <strong>die</strong> das Fürstentum mit der<br />

deutschen Schweiz teilt, galt vor nicht allzulanger<br />

Zeit weitherum im oberdeutschen Sprachgebiet.<br />

Durch <strong>die</strong> neuern Entwicklungen in der Bun<strong>des</strong>republik<br />

und in Österreich ist sie hinter <strong>die</strong> Grenzen<br />

der beiden Kleinstaaten zurückgedrängt worden,<br />

<strong>die</strong> nie mit Sprach- oder auch nur Dialektgrenzen<br />

zusammenfielen - heute aber zu «Sprachverhaltensgrenzen»<br />

geworden sind.<br />

Der intensive Gebrauch der Mundart im täglichen<br />

Leben bedeutet Lebendigkeit, Lebendigkeit<br />

bedeutet Veränderung. Dass der Wortschatz nur<br />

mit den Entwicklungen <strong>des</strong> Lebens Schritt halten<br />

kann, indem er sich verändert, sieht man leicht<br />

ein. Von der Verständigungsfunktion der Sprache<br />

her schwieriger zu begreifen ist dagegen, dass sich<br />

auch Lautung, Formen und Satzbau in dauerndem<br />

Umbau befinden. Aber <strong>die</strong> Sprache hat auch andere<br />

Aufgaben als <strong>die</strong> blosse Verständigung; nicht<br />

zuletzt <strong>die</strong>nt sie dazu, Zugehörigkeit und deren<br />

Grenzen zu markieren. Dies ist heutzutage vielleicht<br />

<strong>die</strong> wichtigste Funktion der lokalen Mundartunterschiede.<br />

Gerade <strong>die</strong> Laute sind überaus geeignet,<br />

lokale Herkunft zu signalisieren, ohne doch <strong>die</strong><br />

inhaltliche Verständigung zu behindern.<br />

Mit seiner Arbeit hat sich Roman Banzer zwei<br />

Ziele gesetzt. Zum einen will er den Gebrauch der<br />

Mundart im Fürstentum Liechtenstein beschreiben.<br />

Zum andern will er <strong>die</strong> lautlichen Veränderungen,<br />

<strong>die</strong> <strong>die</strong> Mundarten in den letzten Jahrzehnten<br />

erfahren haben, dokumentieren. Bei der<br />

Darstellung <strong>des</strong> Sprachgebrauchs verfällt Banzer<br />

nicht dem Fehler, sich als geborener Liechtensteiner<br />

auch schon für eine geborene Autorität auf <strong>die</strong>sem<br />

Gebiet zu halten; <strong>des</strong>halb begnügte er sich<br />

nicht mit einer essayistischen Beschreibung <strong>des</strong><br />

schon immer Gewussten, sondern erhob in Umfragen<br />

bei zahlreichen Gewährspersonen den Sprachgebrauch<br />

bei den Gerichten, in Parlament und Verwaltung,<br />

in Kirche, Bildungswesen, Öffentlichkeit,<br />

145


Familie, Freizeit und Arbeitswelt; eine Notiz gilt<br />

sogar dem Sprachgebrauch <strong>des</strong> Fürstenhauses.<br />

Ausser im kirchlichen Bereich weisen Banzers<br />

Erhebungen eine grosse Ähnlichkeit zwischen<br />

Liechtenstein und der deutschen Schweiz nach und<br />

unübersehbare Unterschiede gegenüber Vorarlberg.<br />

Diese Konstellation ist ein Hinweis darauf,<br />

dass das österreichische Bun<strong>des</strong>land erst in jüngerer<br />

Zeit einen andern Entwicklungsweg eingeschlagen<br />

hat, da Liechtenstein ja vor noch nicht allzu<br />

langen Jahren enger mit seinem österreichischen<br />

Nachbarn verbunden war. Es wird später einmal<br />

interessant sein zu beobachten, ob der Beitritt <strong>des</strong><br />

Lan<strong>des</strong> zum EWR den Mundartgebrauch zu beeinflussen<br />

vermochte.<br />

Der zweite Teil von Banzers Arbeit, der sich mit<br />

den Lauten der Liechtensteiner Mundarten und<br />

ihren Veränderungen beschäftigt, ist wesentlich<br />

schwieriger zugänglich. Das ist aber, wie ein Blick<br />

in jede einigermassen umfassende dialektologische<br />

Stu<strong>die</strong> zeigt, fast nicht zu vermeiden. Wer Mundarten<br />

vergleichen will, benötigt eine Vergleichsgrundlage.<br />

Da unsere Dialekte nicht von der neuhochdeutschen<br />

Standardsprache abstammen, eignet<br />

sich deren Lautsystem schlecht als «tertium<br />

comparationis», man muss dazu <strong>die</strong> mittelhochdeutschen<br />

Laute wählen. Allein schon <strong>die</strong>s macht<br />

<strong>die</strong> Lektüre dialektologischer Arbeiten nicht eben<br />

zur leichten Bettlektüre. Wenn es darüber hinaus<br />

nicht bloss um den Vergleich von Mundarten sondern<br />

auch noch um <strong>die</strong> vergleichende Beschreibung<br />

ihrer Veränderungen geht, dann vervielfachen<br />

sich <strong>die</strong> Schwierigkeiten für den Autor wie<br />

für den Leser.<br />

Wenn in einer Mundart «ein und dasselbe Wort»<br />

auf zwei verschiedene Weisen ausgesprochen werden<br />

kann, dann ist <strong>die</strong>s ein Indiz dafür, dass eine<br />

Veränderung abläuft. Die meisten Untersuchungen<br />

<strong>mundart</strong>licher Lautveränderungen begnügen sich<br />

damit, einigen zum voraus bekannten Variabein<br />

nachzugehen: «Früher sagte man im Oberland nur<br />

Läätere/Laatere für , heute hört man auch<br />

Leitere - schauen wir uns mal <strong>die</strong>se Varianz<br />

genauer an: Wer sagt wie oft und in welchen Wörtern<br />

noch ää oder aa, wer aber ei?» Die Origina­<br />

146<br />

lität von Roman Banzers Ansatz beruht nun vor<br />

allem darauf, dass der Autor sich nicht mit einigen<br />

zufällig beobachteten Variabein zufrieden gibt,<br />

sondern zuerst einen möglichst umfassenden<br />

Überblick über jene Laute zu gewinnen sucht, <strong>die</strong><br />

in den Mundarten <strong>des</strong> Fürstentums überhaupt<br />

variieren. Dazu musste er <strong>die</strong> Mundarten aller elf<br />

Gemeinden <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> (und zusätzlich Hinterschellenbergs)<br />

systematisch auf Variationskandidaten<br />

sozusagen «abklopfen». Das ist einfacher gesagt<br />

als getan und zwingt zu einem mehrstufigen<br />

Vorgehen. Auf einer ersten Stufe geht es um <strong>die</strong><br />

Erhebung eines möglichst konservativen, «grund<strong>mundart</strong>lichen»<br />

Lautstands, der aber doch in<br />

unsern Tagen noch vorhanden ist - <strong>des</strong>halb musste<br />

Banzer <strong>die</strong>sen Lautstand selbst bei alten, eingesessenen<br />

Gewährspersonen erheben, er konnte ihn<br />

nicht einfach etwa aus dem Buch von Leo Jutz<br />

(1925) übernehmen, und der VALTS war noch<br />

nicht so weit publiziert. Resultat ist ein historischer<br />

Lautatlas <strong>des</strong> Fürstentums in Tabellenform, Nebenprodukt<br />

ein Inventar der Veränderungen der<br />

«Grund<strong>mundart</strong>» seit Jutz.<br />

Dieser Lautatlas bildet nun <strong>die</strong> Grundlage für <strong>die</strong><br />

zweite Stufe, <strong>die</strong> Ermittlung der heute möglicherweise<br />

variierenden Laute in den Mundarten. Als<br />

potentielle Variabein betrachtete Banzer zuerst einmal<br />

sämtliche mittelhochdeutschenen Lautungen,<br />

<strong>die</strong> in den Mundarten Liechtensteins geographisch<br />

unterschiedliche Entsprechungen aufweisen, also<br />

etwa mhd. e, <strong>des</strong>sen Fortsetzung im Oberland geschlossen<br />

ausgesprochen wird: Weg, im Unterland<br />

aber offen: Wäg. Bei solchen Unterschieden können<br />

Lautveränderungen durch den Einfluss einer<br />

Nachbar<strong>mundart</strong> erwartet werden, <strong>die</strong> entsprechenden<br />

Laute sind Kandidaten für Variation. Aber<br />

Lautvarianten können sich nicht nur durch den<br />

Einfluss von Nachbar<strong>mundart</strong>en ergeben; häufiger<br />

noch dürften Einflüsse durch <strong>die</strong> Hochsprache<br />

sein. Deshalb ergänzte Banzer den Katalog der potentiellen<br />

Variabein, und auch <strong>die</strong>s wieder auf empirischem<br />

Weg: Er untersuchte <strong>die</strong> freie Rede von<br />

jüngern, weniger «bodenständigen» Sprechern und<br />

fand dabei Abweichungen von den grund<strong>mundart</strong>lich<br />

zu erwartenden Lautungen sowohl in einhei-


mischen Wörtern wie in Neologismen. Auf <strong>die</strong>se<br />

Weise ergab sich schliesslich eine Liste von 53 «variationsverdächtigen»<br />

Lautungen.<br />

Auf der dritten Stufe galt es nun, <strong>die</strong> tatsächliche<br />

Variation zu erheben. Dazu musste Banzer auf<br />

einer neuen Erhebungsreise seine Variablenliste in<br />

allen Gemeinden <strong>des</strong> Fürstentums bei je vier jungem<br />

Personen mit unterschiedlichem Beruf abfragen.<br />

Aufgrund <strong>die</strong>ses Materials nun kann <strong>die</strong> heutige<br />

Variation in den Mundarten Liechtensteins, damit<br />

aber auch ihr «Veränderungspotential» dargestellt<br />

werden.<br />

Dass Variation besteht, wird erwartungsgemäss<br />

bestätigt. Sprachtheoretisch wichtig ist das Ergebnis,<br />

dass <strong>mundart</strong>fremde Lautungen vor allem in<br />

Wörtern vorkommen, <strong>die</strong> aus der Standardsprache<br />

importiert sind und <strong>die</strong> jenen Lautungen sozusagen<br />

als «Trojanisches Pferd» <strong>die</strong>nen. Sprachgeographisch<br />

wichtig ist das Ergebnis, dass sich Mundartausgleich<br />

in Liechtenstein nur in einer Richtung<br />

abspielt: Das Unterland gleicht sich an das Oberland<br />

an. Sprachsoziologisch wichtig ist das unerwartete<br />

Ergebnis, dass sich zumin<strong>des</strong>t aufgrund<br />

<strong>die</strong>ser Stichprobe kein Unterschied im Sprachverhalten<br />

von Pendlern und Nichtpendlern, von manuell<br />

Tätigen und nichtmanuell Tätigen erweisen<br />

lässt. Liechtensteinische Mundartsprecher scheinen<br />

über verschiedene Normen zu verfügen und<br />

genau zu wissen, wie «echte Mundart» beschaffen<br />

ist und wann man sie brauchen muss, wie «weitläufigere<br />

Mundart» beschaffen ist und wo man sie<br />

zu sprechen hat.<br />

Der fernerstehende Dialektologe wird sich vor allem<br />

für <strong>die</strong> allgemeineren Ergebnisse von Roman<br />

Banzers Untersuchung interessieren. Für <strong>die</strong> Liechtensteiner<br />

selber kann <strong>die</strong> Arbeit als Bestan<strong>des</strong>aufnahme<br />

der Lautverhältnisse in den Mundarten<br />

Liechtensteins am Ende <strong>die</strong>ses Jahrhunderts <strong>die</strong>nen,<br />

wobei sie nicht nur eine «bodenständige»<br />

Schicht, sondern auch eine neuere, variierende,<br />

fluktuierende Schicht einzufangen sucht. Wenn man<br />

sich erst an <strong>die</strong> abstrakte Darstellung gewohnt hat,<br />

in der Tabellen eine grosse Rolle spielen, wird man<br />

<strong>die</strong>se Arbeit auch als praktisches Nachschlagewerk<br />

schätzen lernen.<br />

DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />

ROMAN BANZER<br />

Einfach macht es einem Roman Banzer nicht.<br />

Aber er hat es auch sich selber nicht einfach gemacht.<br />

Freiburg, im Frühling 1997<br />

Prof. Dr. Walter Haas<br />

147


I.<br />

Allgemeiner Teil<br />

148<br />

1.<br />

Vorbemerkungen<br />

1.1.<br />

DATEN ZUR GESCHICHTE DER JÜNGEREN<br />

VERGANGENHEIT 1<br />

1719 Erhebung von Vaduz und Schellenberg zum<br />

Reichsfürstentum Liechtenstein.<br />

1806 Liechtenstein wird als souveräner Staat in<br />

den Rheinbund aufgenommen.<br />

1815 Liechtenstein wird souveränes Mitglied <strong>des</strong><br />

Deutschen Bun<strong>des</strong>.<br />

1848 Revolutionsjahr: Das Volk verlangt mehr<br />

Rechte und Freiheit.<br />

1862 Konstitutionelle Verfassung. Aufwertung <strong>des</strong><br />

Landtages.<br />

1866 Auflösung <strong>des</strong> Deutschen Bun<strong>des</strong>.<br />

1868 Auflösung <strong>des</strong> <strong>liechtenstein</strong>ischen Militärs.<br />

1914 Liechtenstein bleibt im Ersten Weltkrieg neutral,<br />

erleidet Versorgungsengpässe und hohe<br />

Arbeitslosigkeit, wird finanziell und wirtschaftlich<br />

ruiniert.<br />

1918 Entstehung der ersten politischen Parteien.<br />

1919 Kündigung <strong>des</strong> Zollvertrages mit Österreich.<br />

1920 Abschluss <strong>des</strong> Postvertrages mit der<br />

Schweiz.<br />

1921 Neue Verfassung.<br />

1924 Zollvertrag mit der Schweiz. Der Schweizer<br />

Franken wird Währung.<br />

1927 Rheineinbruch bei Bendern.<br />

1938 Fürst Franz Josef II. wählt Vaduz als ständigen<br />

Wohnsitz.<br />

1939 Liechtenstein wird nicht in <strong>die</strong> kriegerischen<br />

Auseinandersetzungen <strong>des</strong> Zweiten Weltkriegs<br />

verwickelt.<br />

1945 Rasche Entwicklung von Industrie-, Gewerbe-<br />

und Dienstleistungsbetrieben.<br />

1950 Mitgliedschaft beim Internationale Gerichtshof<br />

in Den Haag.<br />

1960 Beteiligung an der Europäischen Freihandelsassoziation.<br />

1972 Zusatzabkommen über <strong>die</strong> Geltung <strong>des</strong> Abkommens<br />

zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft<br />

und der Schweiz für das<br />

Fürstentum Liechtenstein.<br />

1978 Beitritt zum Europarat.


1980 Währungsvertrag zwischen dem Fürstentum<br />

Liechtenstein und der Schweiz.<br />

1982 Unterzeichnung der Europäischen Menschenrechtskonvention<br />

zum Schutze der<br />

Menschenrechte und Grundfreiheiten.<br />

1984 Frauenstimmrecht eingeführt.<br />

1989 Tod S.D. Fürst Franz Josef II. und I.D. Fürstin<br />

Gina.<br />

1990 Huldigungsfeier Fürst Hans-Adam II.<br />

1990 Beitritt zur UNO.<br />

1991 Beitritt zur EFTA.<br />

1.2.<br />

GEOGRAPHISCHE UND WIRTSCHAFTLICHE<br />

BESCHREIBUNG<br />

Liechtenstein liegt am Rhein zwischen der Schweiz<br />

und Österreich, etwa 50 km südlich von St. Gallen,<br />

in der Mitte zwischen Bregenz und Chur und nur<br />

wenige Kilometer von Feldkirch. Das Land ist<br />

160 km 2<br />

gross, grenzt im Westen an den Kanton<br />

St. Gallen, im Süden an Graubünden und im Norden<br />

und im Osten an Vorarlberg. Von den 160 km 2<br />

sind<br />

34,8 Prozent Wald, 25,2 Prozent unproduktives und<br />

überbautes Land, 24,3 Prozent landwirtschaftliche<br />

Kulturfläche und 15,7 Prozent Alpweiden. Der tiefste<br />

Punkt ist 430 m, der höchste 2599 m über Meer:<br />

der Grauspitz in der zu Triesen gehörigen Alp<br />

Lawena. Liechtenstein besteht aus zwei historisch<br />

begründeten Landschaften, dem Unterland, entstanden<br />

aus der Flerrschaft Schellenberg, und dem<br />

Oberland, entstanden aus der Herrschaft Vaduz.<br />

Zum Unterland gehören <strong>die</strong> Gemeinden Eschen<br />

(10,3 km 2<br />

), Mauren (7,4 km 2<br />

), Ruggell (7,4 km 2<br />

),<br />

Gamprin-Bendern (6,1 km 2<br />

) und Schellenberg<br />

(3,5 km 2<br />

). Zum Oberland gehören Triesenberg<br />

(29,7 km 2<br />

), Schaan (26,8 km 2<br />

), Triesen (26,3 km 2<br />

),<br />

Balzers (19,6 km 2<br />

), Vaduz (17,3 km 2<br />

) und Planken<br />

(5,3 km 2<br />

). Ende 1990 lebten 29'032 Personen in<br />

Liechtenstein, davon 9T57 im Unterland. 2<br />

1812 hatte das Land eine Wohnbevölkerung von<br />

5797 Einwohnern und 1852 von 8162. Diese Zahl<br />

wurde immer wieder durch massive Auswanderungen<br />

dezimiert. «Die Lebensunterhaltsquellen<br />

DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />

ROMAN BANZER<br />

waren <strong>die</strong> Landwirtschaft, etwas Kleingewerbe und<br />

Kleinhandel. Eine Industrie, welche einem grösseren<br />

Bevölkerungsanteil Ver<strong>die</strong>nstgelegenheit geboten<br />

hätte, war nicht vorhanden. Um <strong>die</strong> Jahrhundertwende<br />

bis 1914 waren gute Anfänge auf dem<br />

Wege der Industrialisierung gemacht, auch <strong>die</strong> Maschinenstickerei<br />

als Heimarbeit erlangte grössere<br />

Bedeutung.<br />

Die Folgen <strong>des</strong> Ersten Weltkrieges und der vollständige<br />

wirtschaftliche Zusammenbruch <strong>des</strong> damaligen<br />

Wirtschaftspartners Österreich zerstörten<br />

<strong>die</strong>sen Aufbau. Die Stagnation <strong>des</strong> Bevölkerungsstan<strong>des</strong><br />

hielt ab 1852 bis 1921 an ... nach 1921 ist<br />

ein stetiges Anwachsen der Wohnbevölkerung festzustellen.»<br />

(Beck 1976, S. 115) Danach und vor<br />

allem nach dem Zweiten Weltkrieg erlebte Liechtenstein<br />

einen wirtschaftlichen Aufschwung, der<br />

<strong>die</strong> Industrie und das Gewerbe auf einen aussergewöhnlich<br />

hohen Standard und zu internationaler<br />

Anerkennung brachte. Eben <strong>die</strong>se Exportindustrie<br />

wurde zur Basis der Volkswirtschaft. So waren<br />

1980 von 13'000 Erwerbstätigen 367 (2,8 Prozent)<br />

in der Landwirtschaft tätig, während es 1930 immerhin<br />

noch 40 Prozent waren.<br />

Liechtenstein hat sich in den letzten fünfzig Jahren<br />

von einem armen Bauernland zu einem reichen<br />

Industriestaat entwickelt. Das Äussere <strong>des</strong><br />

Lan<strong>des</strong> hat sich augenfällig geändert und ist ein<br />

deutliches Indiz für <strong>die</strong> Umgestaltung unserer Gesellschaft.<br />

Der wirtschaftliche Aufschwung hat seine<br />

Auswirkungen auf das soziale Geflecht <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong><br />

mit Veränderungen auf kultureller, politischer<br />

und menschlicher Ebene. Dies hat in der Vergangenheit<br />

in unterschiedlichen Bereichen zu Umwälzungen<br />

geführt, <strong>die</strong> nicht ohne politische Meinungsverschiedenheiten<br />

vor sich gingen. In den<br />

letzten Jahren scheint nach einer kaum aufzuhaltenden<br />

Fortschrittsgläubigkeit mit dem Schlagwort<br />

<strong>des</strong> qualitativen Wachstums eine Tempoverlangsamung<br />

stattgefunden zu haben. Die Lebensqualität<br />

rückt wieder mehr in den Mittelpunkt. Dies führte<br />

auch zu einer Rückbesinnung auf Traditionen und<br />

zu einem neuen Erwachen <strong>des</strong> Heimatgefühls, teilweise<br />

verbunden mit Ersatzhandlungen und unechten<br />

folkloristischen Attributen.<br />

149


Hiermit einher gehen auch <strong>die</strong> Diskussionen um<br />

den Verlust der <strong>liechtenstein</strong>ischen Dorf<strong>mundart</strong>en.<br />

Man beklagt den Untergang <strong>des</strong> eigenständigen<br />

Dialekts und verbindet <strong>die</strong>s mit der Aufgabe<br />

einer während Jahrhunderten gewachsenen kulturellen<br />

Eigenart. Man erinnert sich an beinahe in<br />

Vergessenheit geratene Worte, pflegt <strong>die</strong>se in<br />

einem zum Teil künstlichen Stil, und verbindet mit<br />

dem Verschwinden <strong>die</strong>ser althergebrachten Lexeme,<br />

<strong>die</strong> meist aus dem bäuerlichen Umfeld stammen,<br />

gleichbedeutend den Untergang der eigenen<br />

Mundart. «Unsere Leute kommen jetzt viel mehr<br />

mit dem Schriftdeutschen zusammen als früher. Es<br />

kommen heute viele Ausländer ins Land, mit denen<br />

muss man Schriftdeutsch sprechen, weil <strong>die</strong> meisten<br />

unseren Dialekt nicht verstehen können. Es<br />

gibt aber auch Leute, <strong>die</strong> meinen, es sei nobler,<br />

wenn man nur mehr Schriftdeutsch rede und <strong>die</strong><br />

ungehobelte Bauernsprache gar nicht mehr gebrauche.<br />

Diejenigen, <strong>die</strong> so denken, sind gottlob<br />

noch nicht zu zählen, aber es gibt schon einige solche.<br />

Die Hauptgefahr für unseren Dialekt kommt<br />

aber nicht von jener Seite, nein, <strong>die</strong> Hegt im langsamen<br />

Abschleifen und Angleichen. Diejenigen<br />

Ausdrücke, <strong>die</strong> für den Fremden am schwersten<br />

verständlich sind, ersetzt man durch schriftdeutsche<br />

Wörter und damit verliert der Dialekt mit der<br />

Zeit seine Eigenart und auch seinen Reiz» (Frick<br />

1960, o. S.).<br />

Wie sind solche Aussagen zu werten? «Ist nun<br />

aber unsere Muttersprache wirklich bedroht durch<br />

<strong>die</strong> erschreckende Gleichgültigkeit, Verantwortungslosigkeit<br />

und Lieblosigkeit, mit der viele Zeitgenossen<br />

mir ihr umgehen? Es ist schwer, eine<br />

Entwicklung zu beurteilen, in der man mitten drinsteht.<br />

Immerhin lehrt uns <strong>die</strong> Geschichte der deutschen<br />

Sprache recht deutlich, dass sich <strong>die</strong> Sprache<br />

stets gewandelt hat, dass es immer beim Wandel<br />

geblieben und nie zu dem Zerfall gekommen ist,<br />

den man ihr schon ungezählte Male voraussagte.<br />

Auch in früheren Zeiten hat es Verantwortungslosigkeit<br />

und Lieblosigkeit gegenüber der Sprache<br />

gegeben, Auswüchse und Wildwuchs in ihrer Entwicklung.<br />

Aber stets hat sie es verkraftet» (Schläpfer<br />

1987, S. 14). Dass <strong>die</strong> Mundart sich ändert, ist<br />

150<br />

nicht zu bezweifeln, dass <strong>die</strong> Mundart in der heutigen<br />

Zeit Veränderungen durchmacht, wie schon<br />

seit Jahrhunderten nicht mehr, ist offensichtlich.<br />

Aber was lebt, ist aus sich heraus Änderungen unterworfen.<br />

1.3.<br />

ZIELSETZUNG<br />

Wie steht es nun <strong>die</strong>sbezüglich um <strong>die</strong> Mundart <strong>des</strong><br />

Fürstentums Liechtenstein? Die vorhegende Arbeit<br />

ist der Versuch, auf <strong>die</strong> Fragen <strong>des</strong> Sprachwandels<br />

und der Sprachvariation Antworten zu finden. Sie<br />

ist aber auch der Versuch, <strong>die</strong> wichtigsten Aspekte<br />

<strong>des</strong> jetzigen Sprachgebrauchs in wissenschaftlicher<br />

Form abzuhandeln und damit seit mehr als 60 Jahren<br />

- seit der Arbeit «Die Mundart von Südvorarlberg<br />

und Liechtenstein» von Leo Jutz, 1925 -<br />

Neues zu erfahren. Es darf nicht verschwiegen<br />

werden, dass mit dem Vorarlberger Sprachatlas<br />

mit Einschluss <strong>des</strong> Fürstentums Liechtenstein,<br />

Westtirols und <strong>des</strong> Allgäus (VALTS) ein Werk im<br />

Entstehen begriffen ist, das bezüglich Ausdehnung<br />

und Arbeitsaufwand dem hier Gebotenen weit<br />

überlegen ist. So ist es <strong>die</strong> vordringliche Aufgabe<br />

<strong>die</strong>ser Arbeit, sich mit jenen Themata zu beschäftigen,<br />

<strong>die</strong> im Sprachatlas nicht behandelt werden,<br />

welcher sich in seiner Anlage hauptsächlich mit<br />

sprachgeographischen Fragen der Grund<strong>mundart</strong><br />

auseinanderzusetzen hat.<br />

Niemand kann im Moment sagen, was mit der<br />

Mundart Liechtensteins geschieht. Ändert sie sich<br />

wirklich? Gleichen sich <strong>die</strong> Dialekte der Dörfer untereinander<br />

immer mehr an? Ist es bald soweit,<br />

dass man einen Eschner von einem Vaduzer<br />

sprachlich nicht mehr unterschieden kann? Fragen,<br />

<strong>die</strong> einer Klärung harren. Während beispielsweise<br />

in der Schweiz eine kaum überschaubare<br />

Menge an wissenschaftlichen Arbeiten über <strong>die</strong><br />

verschiedensten Bereiche der Mundartforschung<br />

besteht, tut man sich für unser Land schwer, Fun<strong>die</strong>rtes<br />

aus der Forschung zu erfahren. Die bisher<br />

erschienenen Monographien beschränken sich in<br />

ihrer Anlage auf Einzelprobleme und geben somit


kaum Überblick über <strong>die</strong> Gesamtheit der Liechtensteinischen<br />

Mundart. Wir wissen, dass im Rahmen<br />

<strong>die</strong>ser Dissertation nicht alles nachgeholt werden<br />

kann, was in der Vergangenheit versäumt wurde,<br />

hoffen aber, dass sich <strong>die</strong> nachfolgend demonstrierte<br />

Unwissenheit bezüglich <strong>des</strong> fürstlichen<br />

Nachbars etwas mildern lässt. «In Liechtenstein<br />

spricht man deutsch. Allerdings mit einem starken<br />

alemannischen Akzent, der sich an <strong>die</strong> Dialekte in<br />

Vorarlberg und St. Gallen lehnt. Aber: Das Schweizerdeutsch<br />

ist im Vormarsch. Die österreichischen<br />

Ausdrücke sterben langsam aus» (Vogel 1989).<br />

Der Untertitel beschränkt <strong>die</strong> Arbeit in ihrer<br />

Ausdehnung und verweist auf jene Punkte, <strong>die</strong> hier<br />

besonders interessieren: Sprachformengebrauch,<br />

Sprachwandel und Sprachvariation. Zuerst wird<br />

der Sprachformengebrauch behandelt, also der Gebrauch<br />

der verschiedenen Varietäten in den unterschiedlichen,<br />

situativ und sozial bedingten Sprechsituationen.<br />

Als zweites wird <strong>die</strong> Basis<strong>mundart</strong><br />

durch eine phonetische Inventarisierung und eine<br />

phonetisch-sprachgeographische Analyse 3<br />

dargestellt.<br />

Auf <strong>die</strong>sen beiden Kapiteln aufbauend wird<br />

schliesslich <strong>die</strong> Lautvariation und der Lautwandel<br />

untersucht. Die Ausrichtung der vorliegenden Arbeit<br />

ist auf Grund der Analysen <strong>des</strong> Primärmaterials<br />

eindeutig eine praktische. Theorie und Praxis<br />

stehen deutlich in einem ungleichen Verhältnis.<br />

Trotzdem soll nachfolgend kurz festgehalten werden,<br />

welchem Verständnis von Sprache und welcher<br />

wissenschaftlichen Theorie <strong>die</strong> Untersuchung<br />

unterliegt.<br />

1.4.<br />

THEORETISCHE VORBEMERKUNGEN<br />

Untersuchungsgegenstand ist der akustische, auditive<br />

Kanal, ausgeschlossen ist <strong>die</strong> nonverbale Kommunikation.<br />

Die Analyse beschränkt sich auf <strong>die</strong><br />

Darstellungsfunktion 4<br />

(referentiell) der Alltagssprache.<br />

Für <strong>die</strong>se Arbeit ist also <strong>die</strong> Sprache der Wissenschaft,<br />

der Belletristik etc. nicht von Interesse.<br />

Ebensowenig beschäftigen wir uns mit Fachsprachen<br />

oder mit geschriebener Sprache. Theoreti­<br />

DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />

ROMAN BANZER<br />

scher Ausgangspunkt ist <strong>die</strong> Sprachsoziologie. Darunter<br />

wird in Anlehnung an Dittmar (1982, S. 20)<br />

eine empirische Disziplin zwischen Linguistik und<br />

Soziologie verstanden, <strong>die</strong> ihre Wurzeln deutlich in<br />

der Sprachwissenschaft hat. Genauer gesagt, es<br />

wird eine dialektsoziologische Arbeit erstellt. Im<br />

Gegensatz zur übergeordneten Sprachsoziologie<br />

befasst sich <strong>die</strong> Dialektsoziologie «mit solchen Varietäten,<br />

<strong>die</strong> unterhalb der Standardsprache angesiedelt<br />

sind.» (Mattheier 1980, S. 15). Diese Theorie<br />

basiert auf der heute in der Sprachwissenschaft<br />

allgemein anerkannten Tatsache der Fleterogenität<br />

und Historizität der Sprache. 5<br />

Wir verstehen Sprache<br />

als kommunikatives Miteinander-in-Beziehung-treten,<br />

sie ist einerseits ein Medium der Informationsübermittlung<br />

und andererseits ein sozial<br />

integrieren<strong>des</strong> Instrument zwischen zwei oder<br />

mehreren Gesprächspartnern. Sprache ist soziale<br />

Interaktion, sie integriert oder schliesst aus. Durch<br />

sie kann Nähe und Kontakt oder eben Ferne und<br />

Kontaktlosigkeit gezeigt werden. Diese an sich triviale<br />

Feststellung unterscheidet sich in der Auffassung<br />

von der Sprache deutlich von jener der klassischen<br />

Dialektologie, wo weder <strong>die</strong> situative noch<br />

soziale Komponente der Sprache im Vordergrund<br />

stand. Aber eben <strong>die</strong>se Voraussetzungen implizieren<br />

<strong>die</strong> Sprachproduktion und damit auch den<br />

Sprachwandel und <strong>die</strong> -Variation als extralinguistisch<br />

determiniert. 6<br />

Phonetische, morphologische,<br />

syntaktische, lexikalische und sprachformenbedingte<br />

Variation und Wandelvorgänge in Abhängigkeit<br />

von aussersprachlichen, sozialen und situativen<br />

Faktoren sind <strong>die</strong> Basis der Theorie der Varietätengrammatik,<br />

<strong>die</strong> <strong>die</strong>ser Arbeit zu Grunde liegt.<br />

«Ausgangspunkt <strong>des</strong> Konzeptes ist <strong>die</strong> Tatsache,<br />

dass eine natürliche Sprache nicht einheitlich ist,<br />

sondern unter anderem zu verschiedenen Zeiten,<br />

an verschiedenen Orten, in verschiedenen sozialen<br />

Schichten und in verschiedenen Kommunikationssituationen<br />

unterschiedliche Ausprägungen aufweist.<br />

Diese unterschiedlichen Ausprägungen kann<br />

man auch als Varietäten ... bezeichnen. Man kann<br />

also eine natürliche Sprache als ein komplexes<br />

System von Varietäten betrachten, <strong>die</strong> miteinander<br />

in einer bestimmten Beziehung, einem Zusammen-<br />

151


Die Einwanderung der Alemannen aus nördlichen<br />

Nachbarländern sowie <strong>die</strong> politische und<br />

kirchliche Trennung <strong>des</strong> Unter- und Oberlan<strong>des</strong> haben<br />

zu einer deutlichen Sprachgrenze im Schaaner<br />

Riet geführt. 8<br />

Die beiden Landschaften Vaduz und<br />

Schellenberg wurden 1719 zum Staat Liechtenstein<br />

geeint und hatten davor eine unterschiedliche wirtschaftlich-politische<br />

und kirchliche Ausrichtung.<br />

Die Verbindung der Unterländer zu Feldkirch im<br />

benachbarten Vorarlberg ist heute noch stark und<br />

bei der älteren Generation belegt durch den Ausdruck<br />

«in <strong>die</strong> Stadt gehen», wenn man nach Feldkirch<br />

auf den Markt ging. «Nicht minder wichtig<br />

war auch <strong>die</strong> kirchliche Einteilung bei der Herausbildung<br />

der heutigen <strong>mundart</strong>lichen Kleinräume.<br />

Eigene Pfarreien (


den Dialekt aufgegeben oder sehr stark an denjenigen<br />

Liechtensteins angepasst haben, kann man von<br />

zirka 20'000 (72 %) Sprechern der Liechtensteinischen<br />

Mundart ausgehen. 11<br />

Ausserdem ist mit 4500<br />

(16 %) fremden Mundartsprechern und etwa 1000<br />

(4%) Hochdeutschsprechenden zu rechnen. Zudem<br />

lebten Ende 1990 2902 (9,9 %) Fremdsprachige in<br />

Liechtenstein. 12<br />

2.2.<br />

THEORETISCHE VORBEMERKUNGEN<br />

Die Sprachsituation <strong>des</strong> Fürstentums Liechtenstein<br />

wird beherrscht durch das funktionale Nebeneinander<br />

von Standard 13<br />

und Dialekt. 14<br />

Man spricht<br />

Mundart und schreibt Hochdeutsch. Beim ungesteuerten<br />

Erstsprachenerwerb im Elternhaus wird<br />

dem Kind in den meisten Fällen Mundart vermittelt.<br />

Dass es sich dabei nicht in jedem Fall um <strong>die</strong><br />

Liechtensteiner Mundart handelt, ist bei dem hohen<br />

Anteil an Ausländern (ca. 30 % der Einwohner)<br />

einleuchtend. Zudem sind auch «Mischehen» mit<br />

einem Liechtensteiner und einem ausländischen<br />

Partner deutscher Sprache recht häufig. Wie der<br />

Spracherwerb in <strong>die</strong>sen Fällen verläuft und inwieweit<br />

sich <strong>die</strong> primär erworbene Sprache bei der<br />

Einschulung wieder ändert, ist für Liechtenstein<br />

bislang nicht untersucht worden. Auf alle Fälle geschieht<br />

<strong>die</strong> sprachliche Sozialisation, <strong>die</strong> Integration<br />

in <strong>die</strong> Sprachgemeinschaft der Mundartsprechenden,<br />

spätestens im Kindergarten. Arbeiten 1<br />

"'<br />

zum Umgang von Kindern mit der Diglossie- oder<br />

Bilingualismussituation haben gezeigt, dass <strong>die</strong>se<br />

<strong>die</strong> Sprache mit denjenigen Menschen in Verbindung<br />

bringen, <strong>die</strong> sie sprechen oder mit denjenigen<br />

Situationen, in denen sie gebraucht wird. Kinder<br />

lernen das Code-switching, wenn das in ihrer<br />

Sprachgemeinschaft zum üblichen Sprachgebrauch<br />

gehört. Wenn in den Kindergärten viele Kinder eingeschult<br />

werden, <strong>die</strong> von Haus aus einen fremden<br />

Dialekt sprechen, geschieht hier mit dem erstmaligen<br />

Eintritt in eine neue Sprachgemeinschaft auch<br />

gleichzeitig <strong>die</strong> Einführung in einen neuen Sprachcode.<br />

Bei Kindern, von denen ein Elternteil nicht<br />

DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />

ROMAN BANZER<br />

nativer Mundartsprecher ist, bleibt immer etwas<br />

an individueller Anderssprachigkeit zurück. Trotz<br />

<strong>die</strong>ser Einschränkungen kann aber sicher festgehalten<br />

werden, dass beim ungesteuerten Erstsprachenerwerb<br />

Mundart «gelernt» wird.<br />

Erst mit Beginn der Primarschule wird dem<br />

Kind normalerweise über einen gesteuerten Zweitsprachenerwerb<br />

<strong>die</strong> Standardsprache verbal und<br />

schriftlich vermittelt. Inwieweit sich <strong>die</strong>ser Spracherwerb<br />

vom Erlernen einer Fremdsprache unterscheidet<br />

und inwieweit hier <strong>die</strong> Regeln der Fremdsprachendidaktik<br />

angewandt werden können, entzieht<br />

sich unserer Kenntnis. Sicher scheint aber,<br />

dass <strong>die</strong> Standardsprache bezüglich Stellenwert<br />

und auch Spracherwerb nicht mit einer Fremdsprache<br />

gleichgestellt werden kann. «Der Deutschschweizer<br />

mag <strong>die</strong> Mundart als seine Muttersprache<br />

ansehen und demgegenüber der Standardsprache<br />

als oder dingua matrigna><br />

(Stiefmuttersprache) einen nachgeordneten Rang<br />

zuweisen; aber es ist doch nicht sinnvoll, keinen<br />

Unterschied zu machen zwischen dem Deutschen,<br />

der normalen Lese- und Schreibsprache, und<br />

dem Französischen, Italienischen und Englischen<br />

als echten Fremdsprachen» (Sieber/Sitta 1986,<br />

S. 33 f.).<br />

Das Sprachsystem <strong>des</strong> Fürstentums Liechtenstein<br />

ist zweistufig. Prinzipiell wird Hochdeutsch<br />

geschrieben und Mundart gesprochen. Allgemein<br />

wird <strong>die</strong>se Situation mit dem Terminus der «Medialen<br />

Diglossie» umschrieben. 16<br />

Ohne hier auf <strong>die</strong><br />

verschiedenen theoretischen Ausrichtungen und<br />

Definitionen der Diglossietheorie einzugehen, soll<br />

als Grundlage eine Definition gegeben werden, <strong>die</strong><br />

in der Tradition der nordamerikanischen Forschung<br />

steht. Ferguson hat 1959 einen Begriff in<br />

<strong>die</strong> Sprachsoziologie eingebracht, 17<br />

der im Laufe<br />

der Zeit von anderen erweitert und verfeinert wurde.<br />

«Diglossia is a relatively stable language Situation<br />

in which, in addition to the primary dialects of<br />

the language (which may include a Standard or regional<br />

Standards), there is a very divergent, highly<br />

codified (often grammatically more complex) superposed<br />

variety, the vehicle of a large and respected<br />

body of written literature, either of an ear-<br />

155


lier period or in another speech Community, which<br />

is learned largely by formal education and is used<br />

for most written and formal purposes but is not<br />

used by any sector of the Community for ordinary<br />

conversation.» (Ferguson 1959, S. 336)<br />

Für den verbalen Kommunikationskanal sind<br />

nach Ferguson eine funktional komplementäre<br />

H- und L-Varietät (high-low) zu unterscheiden. Die<br />

H-Varietät wird für offizielle, öffentliche Anlässe<br />

der Politik, Kirche, Literatur und Kultur gebraucht<br />

und geniesst das höhere Prestige, <strong>die</strong> Grammatik<br />

ist komplexer und präskriptiv, wird in einem formalen<br />

Vorgang gelernt, ist <strong>die</strong> Sprache der Literatur<br />

und hat ein anderes Lexikon als <strong>die</strong> L-Varietät,<br />

<strong>die</strong> für private, informelle Situationen in der Familie,<br />

der Nachbarschaft, dem Freun<strong>des</strong>kreis verwendet<br />

wird, in einem natürlichen Spracherwerb primär<br />

vermittelt wird und keine präskriptive Grammatik<br />

hat. «Gumperz haben wir es zu verdanken,<br />

dass wir uns nun der Tatsache besser bewusst<br />

sind, dass Diglossie weder nur in mehrsprachigen<br />

Gesellschaften, <strong>die</strong> offiziell verschiedene <br />

anerkennen, noch lediglich in Gesellschaften,<br />

<strong>die</strong> Volkssprache und klassische Varietäten verwenden,<br />

vorhanden ist, sondern auch in Gesellschaften,<br />

<strong>die</strong> verschiedene Dialekte, Register oder<br />

funktional differenzierte Sprachvarietäten irgendwelcher<br />

Art benützen.» (Fishman 1975, S. 96) Für<br />

Liechtenstein wäre demzufolge <strong>die</strong> Mundart <strong>die</strong> Lund<br />

das Standarddeutsche <strong>die</strong> H-Varietät. Die Bewertung<br />

der beiden Varietäten ist aber mit Bestimmtheit<br />

eine andere als sie Fishman für seine<br />

Untersuchung festgestellt hat. Die Mundart besitzt<br />

keinesfalls das geringere Prestige, sie geniesst in<br />

der Schweiz und auch in Liechtenstein ein sehr hohes<br />

Ansehen.<br />

Für <strong>die</strong> Sprachsituation der Schweiz wurde in<br />

den 70er Jahren der Begriff der «Medialen Diglossie»<br />

eingeführt. 18<br />

Danach be<strong>die</strong>nt sich <strong>die</strong> Mundart<br />

als gesprochene Sprache <strong>des</strong> verbalen Kommunikationskanals,<br />

und das Standarddeutsche ist an<br />

den Schriftverkehr gebunden. Die Wahl der Varietät<br />

hängt davon ab, ob man spricht oder schreibt.<br />

In <strong>die</strong>ser Begriffsbildung steckt aber wie in allen<br />

Faustregeln <strong>die</strong> Gefahr der Vereinfachung und der<br />

156<br />

Einseitigkeit. Verschiedene wichtige Bedingungen<br />

der Sprachwahl werden ausser acht gelassen.<br />

Jeder Einzelne kann durch eine bewusste Wahl<br />

seinen Sprachcode selber wählen. In den Schulen<br />

wird viel Arbeit und Mühe darauf verwendet, <strong>die</strong><br />

Beherrschung <strong>des</strong> Standarddeutschen zu vermitteln,<br />

und ausserdem haben <strong>die</strong> Ergebnisse unserer<br />

Untersuchungen ergeben, dass fast alle Mundartsprecher<br />

durchaus bereit sind, den Code zu<br />

wechseln, also Llochdeutsch zu sprechen, wenn angenommen<br />

werden muss, dass der Kommunikationspartner<br />

das dialektale Idiom nicht versteht.<br />

Ausserdem wird das komplizierte Bedingungsgeflecht<br />

der Sprachwahl auf <strong>die</strong> mediale Komponente<br />

vereinfacht. Die Abhängigkeit der Varietätenwahl<br />

von sozialen und situativen Rededeterminanten<br />

darf nicht vernachlässigt werden. Die Realität<br />

zeigt, dass es Fälle gibt, in denen Mundart geschrieben<br />

und Hochdeutsch gesprochen wird. Als<br />

Beispiele seien hier etwa der private Briefverkehr<br />

und <strong>die</strong> Werbung in Mundart oder <strong>die</strong> Rede vor<br />

grosser Öffentlichkeit in Hochdeutsch genannt. Zu<br />

verweisen bleibt hier noch auf <strong>die</strong> staatspolitische<br />

Notwendigkeit der mündlichen Beherrschung <strong>des</strong><br />

Llochdeutschen, ohne <strong>die</strong> eine Isolation auf vielen<br />

Ebenen unumgänglich wäre.<br />

Die <strong>liechtenstein</strong>ischen Sprachverhältnisse können<br />

durch <strong>die</strong> Theorie der medialen Diglossie allein<br />

nicht ausreichend erklärt werden. Vor allem müssen<br />

jene Sprachsituationen beschrieben und erklärt<br />

werden, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Regel der medialen Diglossie<br />

durchbrechen, wie z.B. <strong>die</strong> mündliche Verwendung<br />

<strong>des</strong> Hochdeutschen in der Schule oder <strong>die</strong> schriftliche<br />

Verwendung der Mundart zur Vorbereitung<br />

einer Dialektrede.<br />

Es ist zu beachten, dass es für <strong>die</strong> Liechtensteiner<br />

Mundart keine Schreibregeln gibt. Daher ist<br />

der schriftliche Gebrauch der Mundart und <strong>die</strong><br />

Schreibweise ausschliesslich vom subjektiven Empfinden<br />

sowie von persönlichen Vorlieben geprägt<br />

und intersubjektiv schwer nachvollziehbar. Die<br />

Diethsche Dialektschrift ist kaum bekannt und<br />

würde wohl auch nicht gerne akzeptiert werden,<br />

obwohl gerade von Mundartdichtern ab und zu der<br />

Ruf nach einer Vereinheitlichung der Mundart-


Schreibung laut wird. Es scheint jedoch äusserst<br />

fraglich, ob es sinnvoll ist, der Mundart auch in der<br />

Schriftlichkeit den Weg der Ausdehnung weiter zu<br />

ebnen. Aus der Schweiz und dem benachbarten<br />

Ausland gibt es Stimmen, <strong>die</strong> davor warnen, mit<br />

dem Vordringen der Mundart in verschiedenste Bereiche<br />

gleichzeitig auch einer sprachlichen Isolation<br />

Vorschub zu leisten. 19<br />

Eine Untersuchung der<br />

schriftlichen Verwendung der Mundart findet in<br />

<strong>die</strong>ser Arbeit nur nebenbei statt. Daher wird im folgenden<br />

ohne weiteren Hinweis unter Mundartgebrauch<br />

immer <strong>die</strong> verbale Verwendung verstanden.<br />

Die Sprachproduktion ist, wie oben ausgeführt,<br />

abhängig von sozialen Faktoren. 20<br />

Die Varietätenwahl<br />

wird induziert durch aussersprachliche, nicht<br />

linguistische Rededeterminanten aus dem sozialen<br />

und situativen Bereich. Die Wissenschaft hat in den<br />

vergangenen Jahrzehnten Untersuchungsansätze<br />

geschaffen, <strong>die</strong> neben der Theorie der medialen<br />

Diglossie helfen, <strong>die</strong> Bedingungen von Sprachwahl<br />

und Sprachvariation und deren gesellschaftliche<br />

Determination zu erklären. Es sind <strong>die</strong>s <strong>die</strong> Begriffe<br />

<strong>des</strong> Code-switching und der Domänen 21<br />

und <strong>die</strong><br />

damit verbundenen Theorien.<br />

2.3.<br />

CODE-SWITCHING<br />

Rund 98 Prozent von über 540 Befragten gaben auf<br />

<strong>die</strong> Frage: «Wie reagieren Sie, wenn Sie mit jemandem<br />

ins Gespräch kommen, der ausschliesslich<br />

Hochdeutsch spricht und den Liechtensteiner Dialekt<br />

schlecht versteht?» <strong>die</strong> Antwort, dass sie sich<br />

anpassen und Hochdeutsch sprechen. Grundsätzlich<br />

beherrschen alle Mundartsprecher Liechtensteins<br />

auch das Standarddeutsch. Teilnehmende<br />

Beobachtungen und Befragungen haben ergeben,<br />

dass viele auch dann gerne zum Standardcode<br />

wechseln, wenn sie wissen, dass der Kommunikationspartner<br />

den Dialekt Liechtensteins versteht,<br />

dass also ein Wechsel aus Verständigungsgründen<br />

nicht notwendig wäre. Die Bereitschaft der <strong>liechtenstein</strong>ischen<br />

Bevölkerung, Standard zu sprechen,<br />

DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />

ROMAN BANZER<br />

ist sehr hoch, wenn Einheimische in sprachlichen<br />

Kontakt mit Personen kommen, von denen angenommen<br />

werden muss, dass sie <strong>die</strong> Mundart<br />

Liechtensteins nicht sprechen. Die Mundart Liechtensteins<br />

kennt hier den stehenden Ausdruck<br />

«nach der Schrift reden».<br />

Allgemein wird unter Code-switching <strong>die</strong> Fähigkeit<br />

der Sprecher verstanden, nach Anforderung<br />

der Sprechsituation aus einem Katalog mit mehreren,<br />

min<strong>des</strong>tens aber zwei Varietäten, eben jene zu<br />

wählen, <strong>die</strong> den geforderten situativ-sozialen Bedingungen<br />

maximal entspricht. Poplack/Sankoff 22<br />

unterscheiden verschiedene Arten <strong>des</strong> Code-switching,<br />

<strong>die</strong> allerdings auf <strong>die</strong> kanadische Gesellschaft<br />

zugeschnitten sind. Sie unterstellen beispielsweise<br />

auch fremde Einschübe (a) der Varietät<br />

A in <strong>die</strong> Varietät B dem Code-switching. Z.B.: «Also<br />

wenn i doo draa denk, dann sollte man meiner<br />

Meinung nach, scho ned a so dumm sii und nüüt<br />

tue.» Diese Fälle möchten wir nicht untersuchen,<br />

obwohl sie auch zum Code-switching gehören. Wir<br />

untersuchen jene Sprechsituationen, in denen der<br />

Sprecher, den Normen der Sprachwahl entsprechend,<br />

für eine längere Dauer - min<strong>des</strong>tens aber so<br />

lange, bis sich <strong>die</strong> Rededeterminanten verändern -<br />

Mundart oder Standard wählt. Natürlich kann der<br />

Wechsel innerhalb eines Gesprächs unvermittelt<br />

und wiederholt geschehen. Man denke als Beispiel<br />

etwa an ein Telephongespräch mit einem Hochdeutschsprechenden<br />

und <strong>die</strong> gleichzeitig stattfindenden<br />

Rückfragen an einen Mundartsprecher, der<br />

beim Gespräch anwesend ist. Den Auslösebedingungen<br />

für <strong>die</strong>sen Registerwechsel wurde in der<br />

Forschung viel Zeit gewidmet. Dabei muss beachtet<br />

werden, dass der Wechsel verschiedene Funktionen<br />

haben kann, nämlich <strong>die</strong> metaphorische und<br />

<strong>die</strong> situative. Die metaphorische Funktion <strong>die</strong>nt<br />

«...z.B. Wechsel von Humor zu Ernst, von Übereinstimmung<br />

zu Meinungsverschiedenheit, vom Unwesentlichen<br />

oder Zweitrangigen zum Wesentlichen<br />

oder Primären ...» (Fishman 1975, S. 43). Es<br />

wird sich in der Untersuchung zeigen, dass <strong>die</strong>se<br />

Funktion vor allem in den Schulen ihre Aufgaben<br />

hat und ganz bewusst eingesetzt wird. Dieser metaphorische<br />

Wechsel ist nach Fishman jedoch nur<br />

157


möglich, weil es allgemeine Normen gibt, che <strong>die</strong><br />

Sprachverwendung regeln. 23<br />

Man weiss, wann<br />

man Mundart und wann Hochdeutsch zu sprechen<br />

hat. Die situative Funktion regelt den Sprachgebrauch,<br />

«...der situative Wechsel wird durch allgemein<br />

gültige Zuweisungen geregelt, d.h. durch<br />

weitverbreitete normative Ansichten und Regulierungen,<br />

<strong>die</strong> allgemeinverbindlich eine bestimmte<br />

Varietät einem bestimmten Zusammentreffen von<br />

Themen, Orten, Personen und Zwecken zuordnet.<br />

Andererseits wird der metaphorische Wechsel von<br />

nicht allgemein gültigen oder kontrastiven Zuweisungen<br />

bestimmt» (Fishman 1975, S. 49).<br />

2.4.<br />

DIE DOMÄNEN<br />

Welches sind nun <strong>die</strong> allgemeingültigen Normen<br />

und normativen Ansichten, <strong>die</strong> den Sprachgebrauch<br />

Liechtensteins regeln? Mit dem Erlernen<br />

einer Varietät verbindet der Sprecher von Anfang<br />

an bestimmte Einstellungen, Funktionen und Situationen,<br />

sogenannte Domänen. «Treten in dem Gesprächskontext<br />

situativ direkt oder indirekt ... Assoziationen<br />

zu <strong>die</strong>sen Bereichen auf, so wechselt<br />

der Sprecher unbewusst in <strong>die</strong> seiner Meinung<br />

nach angemessene Sprachvariante» (Rein 1983,<br />

S. 1449).<br />

«Domänen sind Konstrukte, <strong>die</strong> besonders<br />

brauchbar sind für <strong>die</strong> auf der Makroebene stattfindende<br />

(d. h. auf <strong>die</strong> ganze Gemeinschaft bezogene)<br />

funktionelle Beschreibung der gesellschaftlich<br />

strukturierten Variation der innerhalb grosser<br />

und komplexer diglossischer Gesellschaften»<br />

(Fishman 1975, S. 51). Funktion der Domäne ist<br />

es, jene gesellschaftlichen Faktoren zusammenzu­<br />

158<br />

Tabelle 2: Domänen<br />

stellen, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Varietätenwahl bestimmen und <strong>die</strong><br />

allgemeingültige Normen ausmachen. Es ist <strong>die</strong><br />

Suche nach der Erfassung der bestimmenden Rededeterminanten<br />

einer Sprachgemeinschaft auf<br />

übergreifender Ebene und deren Korrelation mit<br />

sozialen Gruppen und kommunikativen Situationen.<br />

«Je<strong>des</strong> sprachliche Netzwerk und jede<br />

Sprachgemeinschaft kennt Klassen von Sprechereignissen,<br />

in denen mehrere scheinbar unterschiedliche<br />

Situationen als gleichartig klassifiziert<br />

werden. Kein sprachliches Netzwerk hat ein<br />

sprachliches Repertoire, das genauso differenziert<br />

ist wie <strong>die</strong> vollständige Liste deutlich verschiedener<br />

Rollenbeziehungen, Themen und Örtlichkeiten,<br />

in <strong>die</strong> ihre Mitglieder einbezogen sind. Genau <strong>die</strong><br />

Frage, wo <strong>die</strong>se Grenzlinien verlaufen, <strong>die</strong> zwischen<br />

einer Klasse von Situationen differenzieren,<br />

<strong>die</strong> normalerweise eine bestimmte Varietät verlangt<br />

und einer anderen Klasse von Situationen,<br />

<strong>die</strong> normalerweise eine andere Varietät erfordert,<br />

muss durch den Forscher empirisch geklärt werden»<br />

(Fishman 1975, S. 57).<br />

Fishman postuliert folgende Domänen mit H-Varietät:<br />

Schule, Kirche, Berufs- und Arbeitswelt sowie<br />

<strong>die</strong> Regierung; mit L-Varietät: Familie, Nachbarschaft<br />

und den Bereich der ungelernten Arbeit.<br />

Bedingt durch <strong>die</strong> mediale Diglossie und <strong>die</strong> gänzlich<br />

anderen sozialen Verhältnisse der hier zu untersuchenden<br />

Sprachgemeinschaft, lassen sich <strong>die</strong><br />

Domänen Fishmans nicht identisch auf Liechtenstein<br />

übertragen. In Anlehnung an Fishman postulieren<br />

wir folgende Domänen und versuchen <strong>die</strong><br />

Hypothesen anhand der vorliegenden Untersuchung<br />

zu verifizieren.<br />

Innerhalb der postulierten Domänen wird im<br />

folgenden untersucht, ob <strong>die</strong> mediale Diglossie<br />

durchbrochen wird. Die Frage heisst: «Gibt es Si-<br />

Domänen mit Standard:<br />

Kirche ;<br />

Bildüngswesen.<br />

Gerichte<br />

Domänen mit Mundart:<br />

Familie, Freizeit, Vereine<br />

Reden in 1<br />

der Öffentlichkeit<br />

Ärbeitswelt ' :<br />

Landtag; .Ämter,. Verwaltung


tuationen, in denen ausschliesslich Hochdeutsch<br />

oder Mundart gesprochen wird? Wenn ja, ist deren<br />

Auftreten in einer Domäne so häufig, dass zu Recht<br />

von einer hochdeutsch-, oder <strong>mundart</strong>beherrschten<br />

Domäne gesprochen werden kann?»<br />

Die indirekt 24<br />

erhobenen Materialien wurden<br />

mit Fragebögen zusammengetragen. Es wurde versucht,<br />

<strong>die</strong> Probandenzahl so hoch wie möglich anzusetzen.<br />

So konnte etwa bei der Befragung der<br />

Lehrer, der Lan<strong>des</strong>verwaltung, der Pfarrer und Gemeindevorsteher<br />

eine Vollerhebung durchgeführt<br />

werden, was jedoch bei den Familien und Vereinen<br />

nicht mehr möglich war. Hier wurden teilnehmende<br />

Beobachtungen und partielle Erhebungen durch<br />

Zufallsauswahl gemacht. Die Daten wurden im Mai<br />

1989 erhoben. Nun haftet <strong>die</strong>sen Erhebungsmethoden<br />

der Verdacht der Subjektivität an. Es ist bekannt,<br />

dass <strong>die</strong> Auskünfte über den Gebrauch der<br />

Mundart und deren Funktion stark von der Einstellung<br />

der Befragten abhängt. Ob jemand beispielsweise<br />

auf <strong>die</strong> Frage «Wie sprechen Sie mit jemandem,<br />

der <strong>die</strong> Mundart Liechtensteins nicht versteht<br />

und nur Hochdeutsch kann?» antwortet, er würde<br />

in <strong>die</strong>sem Fall Hochdeutsch sprechen, oder ob er<br />

antwortet, er würde das nicht tun, hängt einerseits<br />

von der Einstellung <strong>des</strong> Befragten zu den Varietäten<br />

und andererseits von verschiedenen sozialen<br />

Faktoren, wie beispielsweise der Schulbildung und<br />

der allgemeinen Beziehung zu Ausländern ab. Es<br />

kann also durchaus sein, dass hier Antworten erhoben<br />

werden, <strong>die</strong> nicht in jedem Einzelfall der<br />

Wirklichkeit entsprechen. Der Fragebogen ist jedoch<br />

das einzige Instrument der Datensammlung,<br />

das in einem vernünftigen Arbeitsaufwand Aussagen<br />

über eine sehr grosse Probandenmenge zulässt.<br />

«Der Fragebogen hat als Datensammelinstrument<br />

einen hohen Grad an Wissenschaftlichkeit<br />

und formaler Entwicklung erreicht; <strong>die</strong>s auf Grund<br />

<strong>des</strong> ausgedehnten Gebrauchs in den soziolinguistischen<br />

Wissenschaften» (Agheyisi/Fishman 1969,<br />

S. 147, Übersetzung R.B.). Besonders kritisch wird<br />

es, wenn Probanden, etwa Lehrer oder Vorgesetzte,<br />

den Sprachgebrauch von Dritten beschreiben.<br />

Die obengenannten Probleme potenzieren sich geradezu.<br />

Und trotzdem ist der Fragebogen wohl das<br />

DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />

ROMAN BANZER<br />

probateste Erhebungsmittel, wenn grosse Datenmengen<br />

zusammengetragen werden müssen. Fehlerquellen<br />

sollen durch <strong>die</strong> möglichst hohe Zahl der<br />

Befragten und durch teilnehmende Beobachtungen<br />

ausgeschlossen oder zumin<strong>des</strong>t klein gehalten werden.<br />

25<br />

2.4.1.<br />

GERICHTE<br />

Liechtensteins Rechtssprechungsinstanzen sind<br />

einzuteilen in ständige und nichtständige Gerichte.<br />

Lediglich das Landgericht und <strong>die</strong> Staatsanwaltschaft<br />

sind ständig. Die Hälfte der ordentlichen<br />

Richter spricht Liechtensteiner Dialekt, <strong>die</strong> andere<br />

Hälfte spricht ein österreichisches oder ein schweizerisches<br />

Idiom.<br />

Die nichtständigen Gerichte <strong>des</strong> öffentlichen<br />

Rechts unterteilen sich in den Staatsgerichtshof<br />

und <strong>die</strong> Verwaltungsbeschwerdeinstanz (VBI); deren<br />

Mitglieder (ausgenommen der Vorsitzende und<br />

sein Stellvertreter) werden vom Landtag gewählt.<br />

Die Wahl <strong>des</strong> Präsidenten <strong>des</strong> Staatsgerichtshofs<br />

unterliegt der Bestätigung durch den Lan<strong>des</strong>fürsten,<br />

<strong>die</strong> Vorsitzenden der VBI werden auf Vorschlag<br />

<strong>des</strong> Landtages durch den Lan<strong>des</strong>fürsten ernannt.<br />

In Ermangelung von geeigneten Richtern<br />

<strong>liechtenstein</strong>ischer Staatsbürgerschaft werden <strong>die</strong><br />

Mitglieder <strong>des</strong> Staatsgerichtshofes immer wieder<br />

aus dem Ausland rekrutiert. Die VBI wird turnusgemäss<br />

mit den Landtagswahlen besetzt, der<br />

Staatsgerichtshof alle fünf Jahre. Ausserdem sind<br />

das Kriminalgericht, das Schöffengericht, das Jugendgericht,<br />

das Obergericht und der Oberste Gerichtshof<br />

nicht ständig. 26<br />

Bei <strong>die</strong>sen Gerichtsinstanzen kann sich der<br />

Sprachgebrauch je nach Mitgliederstand periodisch<br />

ändern. Grundsätzlich wird als Amtssprache<br />

Hochdeutsch verwendet. Allerdings gibt es in<br />

<strong>die</strong>se Regel häufige Einbrüche. Der Sprachgebrauch<br />

regelt sich je nach der Herkunft <strong>des</strong> Richters<br />

aus Liechtenstein, der Schweiz oder aus Österreich.<br />

Österreich ordnet sich einem pragmatisch<br />

anderen Sprachsystem zu als <strong>die</strong> Schweiz und<br />

159


Liechtenstein. In Österreich findet sich generell Polyglossie,<br />

wobei man nach Wiesinger (1986, S. 106)<br />

an einem Ort mehrere Sprachschichten antrifft, <strong>die</strong><br />

von den einzelnen Mitgliedern unterschiedlich gut<br />

beherrscht werden. Dies sind unter anderem <strong>die</strong><br />

Basis<strong>mundart</strong>, eine Umgangssprache oder ein Verkehrsdialekt<br />

und das Standarddeutsch, wobei <strong>die</strong><br />

beiden letzteren in Österreich ein hohes Prestige<br />

geniessen und dementsprechend als soziale Kennzeichnung<br />

ein besonderes Gewicht bekommen und<br />

sprachsoziologisch gesehen Ausdruck für Elite und<br />

Stand sind. Einige in Liechtenstein tätige Richter<br />

entstammen <strong>die</strong>sem dreistufigen Sprachsystem<br />

und entsprechen <strong>die</strong>sem bei ihrer Arbeit. Dies trifft<br />

in beschränktem Mass auch auf einige Liechtensteiner<br />

zu, <strong>die</strong> ihre juristische Ausbildung in Österreich<br />

absolvierten.<br />

Am Landgericht und bei der Staatsanwaltschaft,<br />

den einzigen ständigen Gerichtsinstitutionen <strong>des</strong><br />

Lan<strong>des</strong>, arbeiten neun Richter mit ungefähr 35 Mitarbeitern.<br />

Zirka 80 Prozent sprechen den Liechtensteiner<br />

Dialekt und 20 Prozent eine fremde Mundart.<br />

Die Sprache unter den Mitarbeitern ist hauptsächlich<br />

der Dialekt <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong>. Es gibt keine Mitarbeiter,<br />

<strong>die</strong> den Dialekt nicht verstehen. Es gibt<br />

kaum Situationen, in denen unter den Mitarbeitern<br />

Hochdeutsch gesprochen wird.<br />

Vor Gericht ist bei der Einvernahme der Parteien<br />

Hochdeutsch vorherrschend. Im persönlichen<br />

Parteienverkehr wird hauptsächlich <strong>die</strong> Mundart<br />

gebraucht. Ausserdem wird der Dialekt in öffentlichen<br />

Verhandlungen gebraucht, wenn alle Parteien<br />

Mundart sprechen. Sie wird dort eingesetzt, wo<br />

Personen vernommen werden, <strong>die</strong> sich gewohnt<br />

sind, Mundart zu sprechen und grosse Mühe haben,<br />

sich in Hochdeutsch auszudrücken. Auch <strong>die</strong><br />

sachbezogene Diskussion kann in Mundart geführt<br />

werden, wenn vorauszusetzen ist, dass sämtliche<br />

Mitglieder <strong>die</strong> Mundart min<strong>des</strong>tens passiv beherrschen.<br />

An allen Gerichten werden <strong>die</strong> Referate, Plädoyers<br />

und Urteile in Standarddeutsch vom Manuskript<br />

abgelesen. Llochdeutsch wird ausserdem im<br />

persönlichen und telefonischen Parteienverkehr<br />

benutzt, wenn sich <strong>die</strong> Partei <strong>des</strong> Hochdeutschen<br />

160<br />

be<strong>die</strong>nt. Weil für <strong>die</strong> Domäne Gericht nur sehr wenige<br />

Fragebögen versandt wurden, erübrigt sich<br />

eine Darstellung in Tabellenform.<br />

2.4.2.<br />

PARLAMENTE UND VERWALTUNG<br />

Folgende Bereiche werden unterschieden.a)<br />

Die Lan<strong>des</strong>verwaltung mit den Ämtern und<br />

Dienststellen, der Landtag (Parlament auf Lan<strong>des</strong>ebene),<br />

<strong>die</strong> Regierung mit den Stabsstellen.<br />

Die Lan<strong>des</strong>verwaltung zählt 37 Ämter und<br />

Dienststellen. Die Amtsvorstände und Dienststellenleiter<br />

sind <strong>liechtenstein</strong>ische Staatsbürger. In<br />

<strong>die</strong> Umfrage wurden ungefähr 340 Mitarbeiter miteinbezogen.<br />

Die Fragebogen wurden jeweils vom<br />

Amtsvorstand oder vom Dienststellenleiter stellvertretend<br />

für sein Amt ausgefüllt.<br />

b) Die Gemeindeverwaltungen mit den Gemeinderäten<br />

(Parlament auf Gemeindeebene) und Vorstehern<br />

(in Vaduz: Bürgermeister).<br />

Die elf Gemeindeverwaltungen werden durch<br />

voll- oder nebenamtliche Vorsteher geleitet. In den<br />

vergangenen Jahren haben <strong>die</strong>se Administrationen<br />

auf Grund der gestiegenen Anforderungen personell<br />

stark expan<strong>die</strong>rt. Ist beispielsweise <strong>die</strong> Gemeinde<br />

Triesen noch in den fünfziger Jahren mit<br />

einem nebenamtlichen Vorsteher und einem vollamtlichen<br />

Kassier ausgekommen, so sind heute<br />

allein im Gemein<strong>des</strong>ekretariat und in der Gemeindekasse<br />

bis zu zehn Personen beschäftigt. In<br />

<strong>die</strong> Umfrage wurden ungefähr 400 Mitarbeiter miteinbezogen.<br />

Die Fragebogen wurden jeweils vom<br />

Vorsteher stellvertretend für seine Gemeindeverwaltung<br />

ausgefüllt.<br />

Im mündlichen Gebrauch wird Hochdeutsch nur<br />

eingesetzt, wenn verschiedene Determinanten <strong>die</strong>s<br />

verlangen, sei <strong>die</strong>s nun im Kontakt mit einem Gesprächspartner,<br />

der <strong>die</strong> Mundart Liechtensteins<br />

nicht versteht, oder im Kontakt mit Fremdsprachigen.<br />

Das Standarddeutsch wird im Schriftverkehr<br />

oder mündlich gebraucht, wenn Personen anwesend<br />

sind, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Mundart nicht verstehen, bei Besuchen<br />

im Ausland, allgemein im Verkehr mit Aus-'


Tabelle 3: Sprachgebrauch<br />

Parlamente und Verwaltung<br />

27<br />

Datengewinnung Land:<br />

Fragebogen<br />

Versand: 37<br />

Rücklauf: 30 (N) = 81%<br />

Probandenauswahl: Vollerfassung<br />

Datengewinnung<br />

Gemeinde:<br />

Fragebogen<br />

Versand: 11<br />

Rücklauf: 10 (N) = 91%,<br />

Probandenauswahl: Vollerfassung<br />

DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />

ROMAN BANZER<br />

Beschreibung, Situation Spezifikation Land' ' Gemeinde<br />

% %<br />

^ _ _<br />

Allg: Präferenz für* Mda.<br />

Hd.<br />

96<br />

o<br />

100<br />

o<br />

bei<strong>des</strong> 4 0<br />

. — „ w* •..,f. 1j<br />

Präfpr( 3<br />

n7 im Snrarhkoritakt Hrl fiir*^ ?<br />

Präferpii7< irr>- ^Firflch'k'nritaiot 'Mda für*<br />

I 1 diOl Ulifi 11X1 kJ.^Jl QVjlllvWl'l LCLUL 1*1V1CI. 1L11.<br />

M'dä.. ;. - o 0<br />

. Hd. 100 , 10t)<br />

Gemisch 0 •o:<br />

, Mda.. 100 100<br />

Hd. 0 0<br />

• • ' .Gemisch 0 0<br />

Sprache <strong>des</strong> täglichen Umgangs* • Mda. 74-, 90<br />

FL fremd** "16 10<br />

vlt/lLl.lDvjl 1 io • •<br />

-' '<br />

, Hd. 0<br />

Sprache der Freizeit Mda. 100 100<br />

Md. 0, 1<br />

0<br />

, , • ' • ~<br />

. . . .<br />

• — — "<br />

i— . '<br />

100 - 100<br />

Persönliches Gespräch bei der Arbeit Mda.<br />

Hd. ö 0<br />

Sprache in Konferenzen Mda, 50 100<br />

Hd. 50 0<br />

Sprache in Rede, Vortrag Mda. 18 30<br />

Hd. 50 30<br />

bei<strong>des</strong> 32 40<br />

Schreibkompetenz Hd.* sehr gut 26 23<br />

gut 65 53<br />

mittel 9 • 2.4<br />

• schlecht 0 0<br />

sehr schlecht • 0, 0<br />

Sprachkompetenz Hd.* sehr gut 23 22<br />

:<br />

gut 58 . 56<br />

mittel , 16 22<br />

schlecht 0 0<br />

sehr schlecht 0 0<br />

* Aussagen der Probanden über andere.<br />

** Mundart.Liechtensteins mit;fremden Einflüssen.<br />

0<br />

161


ländern ausser mit deutschsprachigen Schweizern.<br />

Ausserdem sprechen <strong>die</strong> Mitarbeiter der Verwaltung<br />

generell miteinander Standard, wenn Dritte<br />

anwesend sind, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Mundart nicht verstehen,<br />

und manchmal bei fachwissenschaftlichen Diskussionen<br />

und unter Umständen in Gerichtsverhandlungen.<br />

Einzig <strong>die</strong> Sitzungen <strong>des</strong> Liechtensteinischen<br />

Parlaments - hier wird von allen Mitgliedern<br />

Hochdeutsch gesprochen - nehmen eine Sonderstellung<br />

ein. Ansonsten wird in Besprechungen der<br />

beratenden Kommissionen auf Lan<strong>des</strong>ebene und in<br />

den Sitzungen der Gemeindevertretungen durchwegs<br />

Mundart gesprochen, sofern alle Kommunikationspartner<br />

der Mundart wenigstens passiv<br />

mächtig sind.<br />

In 86,7 Prozent der Fälle gibt es auf den Ämtern<br />

keine Situationen, in denen Mundart geschrieben<br />

wird. In den restlichen Fällen <strong>die</strong>nt es zur Vorbereitung<br />

von Texten, <strong>die</strong> in Mundart gesprochen<br />

werden.<br />

Die Dominanz der Mundart in der Verwaltung ist<br />

zum Teil durch <strong>die</strong> Personalpolitik der Regierung<br />

zu begründen. Als Amtsvorstände, Dienst- und<br />

Stabsstellenleiter werden nur Liechtensteiner Bürger<br />

eingestellt. In den anderen Anstellungen werden<br />

Liechtensteiner Bürger bevorzugt.<br />

2.4.3.<br />

KIRCHE<br />

«Die römisch-katholische Kirche ist <strong>die</strong> Lan<strong>des</strong>kirche<br />

und geniesst als solche den vollen Schutz <strong>des</strong><br />

Staates», heisst es in Artikel 37 der Verfassung. Daneben<br />

gibt es noch protestantische Kirchgemeinden<br />

und kleine religiöse Verbindungen. Von den<br />

29'032 Einwohnern waren Ende 1990 24'638<br />

römisch-katholisch und 2682 protestantisch. Die<br />

anderen gehören einem anderen Glauben an oder<br />

haben keine Angaben gemacht. In Liechtenstein<br />

gibt es zehn Pfarrgemeinden und neun Pfarrer, wovon<br />

nur einer als Muttersprache einen Liechtensteiner<br />

Dialekt spricht. An alle Pfarreien in Liechtenstein<br />

wurde je ein Fragebogen versandt, acht<br />

wurden zurückgesandt.<br />

162<br />

Die offizielle Sprache der Kirche ist das Latein<br />

und <strong>die</strong> jeweilige Lan<strong>des</strong>sprache. Geregelt ist <strong>die</strong>ser<br />

kirchliche Sprachgebrauch in den Nummern<br />

12 ff. der Allgemeinen Einführung zum römischen<br />

Messbuch, <strong>die</strong> Bezug nehmen auf Art. 36 der Konstitution<br />

über <strong>die</strong> heilige Liturgie. Auch unter<br />

Berücksichtigung <strong>des</strong> Art. 6 der Verfassung ergibt<br />

sich auch hier keine eindeutige Trennung zwischen<br />

Mundart und Standardsprache. Wenn <strong>die</strong> Kirche<br />

aber von Lan<strong>des</strong>sprache und <strong>die</strong> Verfassung von<br />

Staats- und Amtssprache sprechen, so kann man<br />

annehmen, dass darunter kaum <strong>die</strong> Mundart, sondern<br />

vielmehr das Hochdeutsch gemeint ist. Die<br />

Mundart hat per Dekret wenig Platz im offiziellen<br />

kirchlichen Alltag. «Auf dem Gebiet der Religion<br />

hat <strong>die</strong> Sprache Funktionen zu erfüllen, <strong>die</strong> von ihrem<br />

Alltagsgebrauch sehr verschieden sind. ... Wie<br />

insbesondere Emile Dürkheim gezeigt hat, durchwaltet<br />

alle Religionen das Bestreben, den sakralen<br />

Bezirk vom säkularen abzugrenzen. Der Gebrauch<br />

der Alltagssprache wird darum - zumin<strong>des</strong>t der<br />

Grundtendenz nach - vermieden» (Stark 1987,<br />

S. 83). Alle Pfarrer sind der Meinung, dass in der<br />

Kirche hauptsächlich Standard gesprochen wird.<br />

Das Standarddeutsch wird vor allem in den normalen<br />

Wochen- und Sonntagsgottes<strong>die</strong>nsten gebraucht,<br />

lediglich in den Schüler-, Kinder- und Jugendgottes<strong>die</strong>nsten<br />

hat auch <strong>die</strong> Mundart in beschränktem<br />

Mass ihren Platz, ausserdem teilweise<br />

bei Taufen und Hochzeiten. Für besonders feierliche<br />

Messen wird immer noch das Latein verwendet.<br />

Die Laienhelfer gebrauchen in der Messfeier fast<br />

durchwegs Standard. In drei Pfarreien spricht keiner<br />

der Laienhelfer <strong>die</strong> Mundart Liechtensteins. In<br />

zwei Pfarreien sprechen alle Laienhelfer <strong>die</strong> Mundart<br />

Liechtensteins. Zwei der Befragten gaben keine<br />

Antwort.<br />

Ausserhalb der Kirche, im persönlichen Kontakt<br />

mit den Kirchgemeindemitgliedern, herrscht <strong>die</strong><br />

Mundart vor. Die Hälfte der Pfarrer verkehrt nach<br />

eigenen Angaben mit den Kirchgemeindemitgliedern<br />

ausserhalb kirchlicher Anlässe in einem Gemisch<br />

verschiedener Mundarten. Zwei Pfarrer verkehren<br />

mit den Kirchgememdemitgliedern ausser-


halb kirchlicher Anlässe in der eigenen, nicht <strong>liechtenstein</strong>ischen<br />

Mundart. Gesamthaft gesehen ist<br />

<strong>die</strong> Kirche eine der wenigen Domänen, in der das<br />

Hochdeutsch eindeutig Vorrang hat. Der Gebrauch<br />

der Mundart bei kirchlichen Anlässen ist verschwindend<br />

klein. Es lässt sich also in <strong>die</strong>sem Fall<br />

mit Recht von einer Domäne sprechen, <strong>die</strong> <strong>die</strong><br />

Sprachverwendung eindeutig regelt.<br />

Weil <strong>die</strong> Anzahl der Probanden in <strong>die</strong>ser Domäne<br />

zu gering ist, erübrigt sich eine Darstellung in<br />

Tabellenform.<br />

2.4.4.<br />

BILDUNGSWESEN<br />

In Liechtenstein gibt es folgende Bildungseinrichtungen:<br />

Kindergärten, Primarschulen, Hilfsschulen,<br />

Sonderschulen, Oberschulen, Sekundärschulen,<br />

Realschulen und ein Gymnasium. 28<br />

Zudem existieren<br />

folgende private oder halbprivate Unterrichtsstätten:<br />

Das Abendtechnikum, <strong>die</strong> Arbeitsstelle<br />

für Erwachsenenbildung, <strong>die</strong> Musikschule,<br />

<strong>die</strong> Internationale Akademie für Philosophie, das<br />

Liechtenstein-Institut, das Bildungshaus Gutenberg<br />

und <strong>die</strong> Waldorfschule. Es fehlen unter anderem<br />

Berufsschulen und Universitäten. Untersucht wurden<br />

<strong>die</strong> öffentlichen Schulen. Diese wurden unterteilt<br />

in Unter- und Oberstufe.<br />

In der Oberstufe werden <strong>die</strong> 10 Sekundärschulen,<br />

das Liechtensteinische Gymnasium, <strong>die</strong> 4 Real­<br />

Tabelle 4: Muttersprache •<br />

der Schüler und Lehrer<br />

ä<br />

DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />

ROMAN BANZER<br />

schulen und 5 Oberschulen <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> zusammengefasst.<br />

Diese Schulen sind zentralisiert, und in ihnen<br />

werden 1696 Schüler von insgesamt 204 Lehrern<br />

(inklusive Teilzeitlehrer) aus verschiedenen<br />

Gemeinden unterrichtet. In <strong>die</strong> Umfrage wurden<br />

154 Lehrer und Lehrerinnen miteinbezogen.<br />

In der Unterstufe sind <strong>die</strong> 14 Primarschulen, <strong>die</strong><br />

Hilfsschulen und eine Sonderschule zusammengefasst.<br />

Die Primarschulen sind dezentralisiert in den<br />

Dörfern, und in ihnen werden 1807 Schüler von<br />

139 Lehrern unterrichtet.<br />

Ebenfalls befragt wurden <strong>die</strong> Kindergärten. Hier<br />

werden 784 Kinder von 52 Kindergärtnerinnen unterrichtet.<br />

Über 70 Prozent der antwortenden Lehrer und<br />

über 60 Prozent der Schüler haben nach dem<br />

Urteil der Lehrer eine Mundart <strong>des</strong> Fürstentums<br />

Liechtenstein als Muttersprache. Die aktive Mundartkompetenz<br />

ist hoch. Grösstenteils sind <strong>die</strong> Schüler<br />

in der Lage, <strong>die</strong> Mundart Liechtensteins zu<br />

verstehen. Laut Umfrage gibt es an den Liechtensteiner<br />

Schulen keine Lehrer, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Mundart <strong>des</strong><br />

Lan<strong>des</strong> nicht verstehen.<br />

In der Verfassung <strong>des</strong> Fürstentums Liechtenstein<br />

ist <strong>die</strong> deutsche Sprache als Staats- und Amtssprache<br />

festgelegt. Darüber hinaus legt kein Gesetz,<br />

keine Verordnung und auch keine Weisung<br />

den Sprachgebrauch in den Schulen fest. Obwohl<br />

im Schulgesetz von 1971 in 142 Artikeln alles juristisch<br />

festgelegt scheint, findet sich auch hier keine<br />

Aussage zur Unterrichtssprache. Der Problematik<br />

Oberstufe Unterstufe ' Kindergärten<br />

O/ O/Il 0/<br />

/o „ ! • /o /o<br />

Muttersprache der Lehrer Mda. FL 53 78 85<br />

ändere Mda. 42 . 16- 9<br />

Hd. • 5 • . 6- 6<br />

Muttersprache .der Schüler* Mda. FL 60 ' • 62 62<br />

andere Mda. 28; 27 26<br />

Hd. 9 6 f 2<br />

Fremdsprache, 3 5' 10<br />

1 i<br />

* Aussagen der Probanden über andere..<br />

163


zwischen Standarddeutsch und Mundart, <strong>die</strong> in der<br />

benachbarten Schweiz mittlerweile Bibliotheken<br />

füllt, ist man sich in Liechtenstein in <strong>die</strong>sem Rahmen<br />

offensichtlich gar nicht bewusst. Wie <strong>die</strong><br />

durchgeführten Untersuchungen aufzeigen, ist <strong>die</strong><br />

Unterrichtssprache unter den Lehrern kaum ein<br />

Thema, das zu Auseinandersetzungen führt.<br />

Tabelle 5: Mundartkompetenz<br />

Schüler und Lehrer<br />

Datengewinnung Oberstufe:<br />

Fragebogen<br />

Versand: 154<br />

Rücklauf: 71 (N) = 46,1 %<br />

Probandenauswahl: Teilerfassung<br />

Datengewinnung Unterstufe:<br />

Fragebogen<br />

Versand: 139<br />

Rücklauf: 93 (N) = 66,9 %<br />

Probandenauswahl: Vollerfassung<br />

Datengewinnung Kindergarten:<br />

Fragebogen<br />

Versand: 52<br />

Rücklauf: 33 (N) = 63,5 %<br />

Probandenauswahl: Vollerfassung<br />

164<br />

Ein wenig deutlicher werden <strong>die</strong> Lehrpläne zum<br />

Sprachgebrauch in der Primarschule. «In den ersten<br />

Schulwochen der 1. Schulstufe ist <strong>die</strong> Mundart<br />

Unterrichtssprache. Nachher wird <strong>die</strong> Mundart allmählich<br />

von der schriftdeutschen Sprache abgelöst.<br />

Umschalten auf <strong>die</strong> Mundart (meistens nur für<br />

kürzere Zeit) empfiehlt sich immer dort, wo ir-<br />

Sne7ifikrilion Oberstufe<br />

« %<br />

, Unterstufe<br />

%<br />

Kindergärten<br />

%<br />

Aktive Mündärtkompetenz<br />

der Lehrer<br />

100 %<br />

75 %<br />

• 10<br />

30<br />

44<br />

56<br />

.:<br />

i<br />

-' -<br />

—<br />

50 % 38 , 0<br />

25 % o ' ' ()<br />

0 %' 10 '. 0<br />

anHPTTA MHä 10 o f !<br />

•<br />

Andere Varietät der Lehrer, Hd. 1 22 ' ' 19<br />

<strong>die</strong> nicht Mundart sprechen andere Mda. , 78 '. 81<br />

Fremdsprache 0 o<br />

Aktive Mundartkompetenz 100 % 20 33 , -'j.-9<br />

der Schuler* 75 % 7.0 i 56 ' 32<br />

5 0 % : 10 1.1 29<br />

25 % 0 ' 0 < 4<br />

0% 0 .- 0 : '0'<br />

ändere Mda. 0 0 ' " 26<br />

Andere-Varietät der Schüler, Hd. 23 ni l. >8<br />

<strong>die</strong> nicht Mundart sprechen* andere Mda. 71 .,7,1. 1 51<br />

Fremdsprache .•„ 6 12 i • i. 4i<br />

Schüler, <strong>die</strong> Mundart nicht ' 10 \ 4 « , \ 8<br />

verstehen*<br />

Spraehkompe-;<br />

tenz Hd.* sehr j ?ut 0 0<br />

der Schüler gut : 13 35<br />

mittel. , 72 60<br />

" schlecht • 13 ; .5<br />

sehr schlecht • 2 ; \;0<br />

Schreibkömpetenz Hd.* sehr gut 0 "1 0<br />

der Schüler gut 15 '20<br />

mittel : 63 I • 72<br />

schlecht 20 8<br />

sehr schlecht . 2 0<br />

Aussagen der Probanden über andere.<br />

t *"'


gendwelche Verstehensschwierigkeiten auftreten<br />

und ein Umsetzen in <strong>die</strong> Mundart zur Klärung und<br />

Veranschaulichung <strong>die</strong>nen kann. Umschalten auf<br />

<strong>die</strong> Mundart ist geradezu geboten, wenn ein Kind<br />

beim eigenen spontanen Sprechen Mühe hat und<br />

wenn erwartet werden kann, dass ihm in der<br />

Mundart <strong>die</strong> Formulierung leichter gelingt und <strong>die</strong><br />

Tabelle 6: Sprachgebrauch<br />

— — — — — ;<br />

— 1<br />

DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />

ROMAN BANZER<br />

Hemmungen geringer sind. Bewusste Mundartpflege<br />

erfolgt wirksamer durch den mündlichen Gebrauch<br />

der Mundart im Gespräch. Das Lesen von<br />

Mundarttexten macht den Schülern mehr Schwierigkeiten,<br />

besonders auch wegen der verschiedenen<br />

Lautungen. Mit zunehmender Fähigkeit im bewussteren<br />

Lesen der Schriftsprache wächst auch<br />

Spezifikation Oberstufe<br />

/o<br />

Unterstufe'<br />

10<br />

• Kindergärten'<br />

i /o<br />

. — — _<br />

't r<br />

Unterrichtssprache Mda: 12 100<br />

UA<br />

3;><br />

58 30 0<br />

Hd.<br />

bei<strong>des</strong> 30 35 0<br />

Präferenz der Schüler für* Mda: FL 50 44 58<br />

FL fremd**' 40 51 42<br />

Gemisch 10 5 0<br />

Hd, 0 0 • , 0<br />

Präferenz der Lehrer für Mda. FL 32 72 90<br />

FL fremd** 38: 11 10.<br />

Gemisch, 30 17 0<br />

Hd. 0 0 0<br />

Sprachgebrauch Mda. 75 ' 98 100<br />

Schüler/Lehrer in privaten Hd. 25 .2 0<br />

Situation'enln der Stunde bei<strong>des</strong> 0 0 0<br />

Sprachgebrauch Mda., 100 98 ' 100<br />

Schüler/Lehrer in privaten Hd. 0 ;<br />

2 0<br />

Situationen in der Freizeit bei<strong>des</strong> 0 0 • 0<br />

Sprachgebrauch in Mda.' 86 . 100 100<br />

Lehrerkonferenzen Hd. :3 0 1 0<br />

bei<strong>des</strong>' 11 0 0<br />

Unterrichtseinleitung Mdä. 28 53<br />

Hd. ,64 . 47"<br />

bei<strong>des</strong> 8 0<br />

Rede/Vortrag ausserhalb Mda. 35 46 53<br />

der Schule Hd. 43 0' 0<br />

bei<strong>des</strong> 22 54 47<br />

* Aussagen "der Probanden über andere.<br />

•** Mundart Liechtensteins mit fremden .Einflüssen.<br />

165


<strong>die</strong> Fähigkeit, Mundarttexte zu lesen» (Lehrplan<br />

für <strong>die</strong> Primarschule, Verordnung vom 26. Nov.<br />

1985, LGB1. 1986 Nr. 14). Die Lehrpläne der Oberstufe<br />

sprechen von Sprachgestalten, Sprachverstehen<br />

oder Sprachbeherrschung. Lehrziel für das<br />

Fach Deutsch am Liechtensteinischen'Gymnasium<br />

ist nach Lehrplan «eine angemessene Sprachkompetenz<br />

sowie Verständnis für das Geistesleben im<br />

deutschsprachigen Kulturraum und somit <strong>die</strong> Vorbereitung<br />

auf <strong>die</strong> Hochschule». Die Begriffe Mundart<br />

oder Dialekt tauchen in <strong>die</strong>sen Lehrplänen<br />

nicht mehr auf. Unter Sprache wird hier selbstredend<br />

<strong>die</strong> Standardsprache verstanden.<br />

Trotzdem gibt es natürlich auch in der Oberstufe<br />

immer wieder Sprechsituationen, in denen Mundart<br />

gesprochen wird. Grundsätzlich nimmt der Einsatz<br />

<strong>des</strong> Standarddeutschen als Unterrichtssprache<br />

mit höherer Schulstufe und Schulklasse zu. Im Kindergarten<br />

sind es Ausnahmesituationen, wenn<br />

Hochdeutsch gesprochen wird. Dies geschieht etwa<br />

mit einem Kind, das den Dialekt nicht versteht, mit<br />

<strong>des</strong>sen Eltern oder auch in einer Teamsitzung bei<br />

der jemand anwesend ist, der <strong>die</strong> Mundart nicht<br />

beherrscht.<br />

Mit zunehmendem Alter wächst das Kind unbewusst<br />

in eine schulinterne «Fachdiglossie» hinein.<br />

Darunter verstehen wir <strong>die</strong> Verwendung von<br />

Mundart in den musischen Fächern Zeichnen, Turnen,<br />

Musik, Werken, Handarbeit, Lebens- und Berufskunde<br />

sowie in den Klassenstunden (Stunden<br />

mit dem Klassenlehrer zur Besprechung organisatorischer<br />

Fragen) und von Hochdeutsch in den kursorischen<br />

Fächern Mathematik, Fremdsprachen,<br />

Deutsch, Geschichte, Geographie, Chemie, Physik,<br />

Biologie, Me<strong>die</strong>nkunde, Geschäftskunde usw. Allge-<br />

Tabelle 7: Stellenwert der<br />

Mundart in der Schule<br />

166<br />

Stellenwert Mda. sehr hoch<br />

hoch<br />

mittel<br />

niedrig<br />

sehr niedrig<br />

mein wird in themabezogenen Diskussionen, in<br />

Rollenspielen, in geführten Gesprächen, in Gruppenarbeiten,<br />

in Vorträgen, in Frage- und Antwortspielen<br />

sowie im Fach Deutsch und in provozierten<br />

autoritär lancierten Sprechsituationen Hochdeutsch<br />

gesprochen. Ausser in besagten Fällen<br />

sind <strong>die</strong> Schüler aus eigenem Anlass kaum bereit,<br />

Hochdeutsch zu sprechen, zumal es hierfür innerhalb<br />

der diglossischen Sprachsituation auch keine<br />

einleuchtende Begründung gibt.<br />

In sehr vielen Fällen (83 Prozent der Lehrer haben<br />

auf eine <strong>die</strong>sbezügliche Frage mit Ja geantwortet.)<br />

gibt es in den Schulstunden Situationen, in denen<br />

Mundart gesprochen wird, obwohl für <strong>die</strong>ses<br />

Fach Standard vorherrschend ist. Etwa im persönlichen<br />

Kontakt mit dem Schüler, zu Beginn der Schulstunde,<br />

zur Auflockerung, zur Besprechung von<br />

Organisatorischem oder als Erklärungshilfe, wenn<br />

es in Hochdeutsch Verständigungsschwierigkeiten<br />

gibt, für Zurechtweisungen, um Aufmerksamkeit<br />

herzustellen, in der Klassenstunde allgemein, in Diskussionen,<br />

für Arbeitsanweisungen, in Gruppenarbeiten<br />

oder in Rollenspielen, im privaten Gespräch<br />

während einer Prüfung. 29<br />

Selten reden <strong>die</strong> Schüler untereinander, <strong>die</strong> Lehrer<br />

untereinander oder Schüler mit Lehrern ausserhalb<br />

der Schulstunden Hochdeutsch. Dies geschieht<br />

vor allem im Gespräch mit fremdsprachigen<br />

Kommunikationspartnern, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Mundart<br />

nicht verstehen. In Nachahmung von Film und<br />

Fernsehen gebrauchen <strong>die</strong> Schüler untereinander<br />

hie und da das Standarddeutsch.<br />

Jene, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Mundart in den Schulstunden be-<br />

wusst als didaktisches Mittel einsetzen, bezwecken<br />

damit folgen<strong>des</strong>: Allgemein zum Aufbau von per­<br />

Oberstufe ' ' Unterstufe! Kindergarten<br />

Ol Of ' Of<br />

/o /o /o<br />

8 ' 11; * •, 64<br />

33: " 29 l • * \ 32<br />

33 39 \ * 4<br />

22 • * 2i .0.<br />

4 * Ö .0


sönlichem Kontakt, um Erzähltes realistischer erscheinen<br />

zu lassen, um eine bessere Verständigung<br />

zu erzielen, um Vertrauen zu gewinnen, zum Abbau<br />

von Sprachbarrieren, um den emotionalen Zugang<br />

zu einem Thema zu fördern, zur Differenzierung<br />

von persönlichen und offiziellen Situationen,<br />

um eine lockere und ungezwungene Atmosphäre<br />

zu schaffen.<br />

Über 60 Prozent der Lehrer setzen <strong>die</strong> Standardsprache<br />

als didaktisches Mittel ein, um folgen<strong>des</strong> zu<br />

bezwecken: Allgemein, weil Deutsch gelernt werden<br />

muss, zur Verbesserung der Schreib- und Sprachkompetenz,<br />

zur Herstellung von Distanz zwischen<br />

Schüler und Lehrer, um Strenge zu zeigen, zur Differenzierung<br />

von persönlichen und offiziellen Situationen,<br />

zur Präzisierung der Formulierung, weil<br />

Standard exakter ist, oder als Vorbildfunktion für <strong>die</strong><br />

Beherrschung <strong>des</strong> Deutschen.'<br />

Gemäss 91,5 Prozent der befragten Lehrer gibt<br />

es in den Schulen keine Sprachformen, Mundarten<br />

oder Sprachen, <strong>die</strong> vermieden oder deren Sprecher<br />

auf Grund der sprachlichen Andersartigkeit diskriminiert<br />

werden. Jene Lehrer, <strong>die</strong> finden, dass <strong>die</strong><br />

genannte Diskriminierung stattfindet, stellen fest,<br />

dass davon vor allem Türken, Jugoslawen und<br />

Sprecher mit Entlehnungen aus österreichischen<br />

Dialekten oder <strong>die</strong> Einwohner von Triesenberg mit<br />

ihrer Walser<strong>mundart</strong> betroffen sind.<br />

Bei 88,8 Prozent der Lehrer ist Mundart und<br />

Mundartliteratur nach eigenen Angaben kein Unterrichtsthema.<br />

Höchstens in Erzählungen aus den<br />

Dörfern, in Gedichten von Liechtensteinern und in<br />

der Sprachgeschichte Liechtensteins wird <strong>die</strong><br />

Mundart in seltenen Fällen in <strong>die</strong> Schulstunden<br />

miteinbezogen. Von einer Mundartpflege in der<br />

Schule kann also nicht gesprochen werden. Dieser<br />

Meinung schliessen sich 95 Prozent der befragten<br />

Lehrer an. So ergibt der Sprachgebrauch in den<br />

Schulstunden auch kaum Anlass zu Diskussionen.<br />

Lediglich bei 15 Prozent aller Lehrer ist <strong>die</strong> Verwendung<br />

der Mundart im Unterricht ein kontroverses<br />

Thema.<br />

Gemäss unseren Erhebungen gibt es im schulischen<br />

Bereich keine Anlässe, in denen Mundart geschrieben<br />

wird. Im ausserschulischen, privaten<br />

DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />

ROMAN BANZER<br />

Umgang unter Lehrern und Schülern herrscht, wie<br />

im allgemeinen Sprachgebrauch <strong>die</strong> Regel der dialektalen<br />

Präferenz. Die sprachliche Situation in den<br />

Schulstunden wird geregelt durch <strong>die</strong> Fachdiglossie.<br />

2.4.5.<br />

ÖFFENTLICHKEIT<br />

«So selbstverständlich sich Schweizerdeutsch und<br />

Schriftdeutsch in <strong>die</strong> Funktionen der Umgangssprache<br />

einerseits, der Schreib- und Lesesprache<br />

anderseits teilen, so zerfahren wirkt ihr Verhältnis<br />

im Bereich der öffentlichen Rede. Die Wahl der<br />

Sprachform hängt hier von den verschiedensten,<br />

oft ganz äusserlichen Umständen ab und erscheint<br />

nicht selten mehr von Zufall oder Willkür denn<br />

von einer sinnvollen Aufgabenteilung bestimmt»<br />

(Schwarzenbach 1969, S. 241). Diese «babylonische<br />

Sprachverwirrung» scheint für <strong>die</strong> Sprachverwendung<br />

in der Öffentlichkeit auch in Liechtenstein<br />

feststellbar zu sein. Es fällt daher schwer, Kriterien<br />

für eine Analyse zu finden.<br />

Unter öffentlicher Kommunikation verstehen<br />

wir: a) <strong>die</strong> direkte Rede vor einem anwesenden Publikum<br />

(Rede, Vortrag im herkömmlichen Sinn)<br />

und b) <strong>die</strong> indirekte Rede über ein technisches Medium<br />

an ein disperses, nicht direkt anwesen<strong>des</strong> Publikum<br />

(Massenme<strong>die</strong>n).<br />

Liechtenstein hat kein eigenes Fernseh-Programm<br />

und besitzt erst seit 1995 eine eigene private<br />

Radio-Station. Per Verkabelung sind in allen<br />

Haushalten bis zu 20 ausländische Fernsehprogramme<br />

und unzählige Radiosender zu empfangen.<br />

Die lokale Information geschieht über das<br />

Fernsehen DRS (Schweiz) und ORF (Österreich), sowie<br />

über <strong>die</strong> Radiostationen DRS1, Öl sowie über<br />

Lokalradios. 31<br />

Das Sprachverhalten der Liechtensteiner<br />

richtet sich beim Auftreten in einem der<br />

Sendegefässe nach dem Usus <strong>des</strong> einzelnen Senders.<br />

Für lokale Informationen gebraucht DRS fast<br />

ausschliesslich <strong>die</strong> Mundart, der ORF verwendet<br />

zum grössten Teil <strong>die</strong> Standardsprache. Die Situation<br />

bei Radio und Fernsehen DRS ist ein Spiegel der<br />

167


deutschschweizerischen Sprachlandschaft. «Für<br />

Nachrichten der Depeschenagentur, für Internationales,<br />

Wissenschaftliches, Theologisches, Akademisch-Kulturelles,<br />

Literarisches und <strong>die</strong> Präsentation<br />

klassischer Musik bot sich das Hochdeutsch<br />

an. Für Familiäres, Alltägliches, Privates, Bäuerliches,<br />

Volkstümliches und <strong>die</strong> Unterhaltungsmusik<br />

standen <strong>die</strong> Mundarten zur Verfügung ... 1970<br />

betrug der Anteil der Mundart bei Radio DRS 33<br />

Prozent. 1979 war er auf 50 Prozent gestiegen,<br />

heute, nach dem Hinzukommen von DRS 3, beträgt<br />

er, über das ganze gesehen, etwa zwei Drittel»<br />

(Fricker 1988, S. 30 f.). Noch höher liegen <strong>die</strong>se<br />

Zahlen nach eigenen Erfahrungen für das benachbarte<br />

Lokalradio «Gonzen». Allerdings sind uns<br />

hierzu keine detaillierten Untersuchungen bekannt.<br />

Anders gestaltet sich <strong>die</strong> Sprachsituation in<br />

den österreichischen Me<strong>die</strong>n. Sowohl im Radio wie<br />

im Fernsehen ist kaum einmal Mundart zu hören.<br />

Auch in den lokalen Sendegefässen wird fast<br />

durchwegs Hochdeutsch gesprochen. Gemäss Auskunft<br />

<strong>des</strong> ORF gab es vor Jahren im Hörfunk ein<br />

Volkskundemagazin, das in Dialekt moderiert wurde.<br />

Heute besteht eine einzige Sendung zur Vorarlberger<br />

Mundartdichtung, <strong>die</strong> in Mundart gestaltet<br />

wird, <strong>die</strong> im ganzen Sendeumfang kaum auffällt.<br />

So liegen <strong>die</strong> dialektal moderierten Sendungen <strong>des</strong><br />

österreichischen Rundfunks und <strong>des</strong> Fernsehens<br />

klar unter der 5-Prozent-Grenze.<br />

Zusätzlich sind auch alle Programme der Bun<strong>des</strong>republik<br />

Deutschland über <strong>die</strong> Gemeinschaftsantenne<br />

zu empfangen. Die Vorbildfunktion <strong>des</strong><br />

Hochdeutschen ist in <strong>die</strong>sem Bereich sehr hoch.<br />

Für das Standarddeutsch wird zumin<strong>des</strong>t <strong>die</strong> passive<br />

Kompetenz stark gefördert.<br />

Für <strong>die</strong> öffentliche Rede im herkömmlichen<br />

Sinn, <strong>die</strong> an ein anwesen<strong>des</strong> Publikum gerichtet ist,<br />

haben wir eine Untersuchung angestellt. Während<br />

drei Monaten wurden <strong>die</strong> Daten zu sämtliche Reden<br />

und Vorträgen erhoben, <strong>die</strong> in <strong>die</strong>ser Zeit in<br />

Liechtenstein gehalten wurden. Die Redner wurden<br />

in einem Telephongespräch befragt. Wir inventarisierten<br />

40 Reden, wovon fünf für <strong>die</strong> Auswertung<br />

nicht in Frage kamen, weil der Redner entweder<br />

nicht ausfindig gemacht oder nicht erreicht werden<br />

168<br />

konnte. Wir haben <strong>die</strong> Varietätenwahl in Abhängigkeit<br />

von folgenden Rededeterminanten untersucht:<br />

Manuelle oder nicht-manuelle Berufstätigkeit,<br />

Bildung, Thema (politisch, kulturell, wissenschaftlich,<br />

wirtschaftlich), Geschlecht, <strong>mundart</strong>kompetente<br />

und <strong>mundart</strong>inkompetente Zuhörerschaft,<br />

Vorhandensein eines Manuskriptes.<br />

Keine der Reden wurde von einer Frau gehalten!<br />

Zwei Redner haben einen manuellen Beruf, 16 haben<br />

eine akademische, 13 eine höhere Bildung und<br />

sechs schlössen eine Berufslehre ab. 50 Prozent<br />

der Reden hatten einen kulturellen Inhalt, 30 Prozent<br />

einen politischen, 15 Prozent einen wissenschaftlichen<br />

und 5 Prozent einen wirtschaftlichen.<br />

83 Prozent der Vorträge wurden ab Manuskript gelesen<br />

und waren in 43 Prozent an ein <strong>mundart</strong>kompetentes<br />

Publikum gerichtet.<br />

Rund <strong>die</strong> Hälfte der Reden wurde in Mundart gehalten.<br />

51 Prozent der Befragten gaben an, in ihren<br />

Reden je nach Situation Hochdeutsch oder Mundart<br />

zu gebrauchen. Entscheidend ist für <strong>die</strong>se, ob<br />

<strong>die</strong> Rede an eine <strong>mundart</strong>kompetentes Publikum<br />

gerichtet ist oder nicht. Bei Zuhörern, bei denen<br />

anzunehmen ist, dass sie <strong>die</strong> Mundart nicht verstehen,<br />

wird Standard gebraucht. 43 Prozent sagten,<br />

sie würden ausschliesslich Standard benützen, und<br />

6 Prozent sprechen nach eigenen Angaben in einer<br />

öffentlichen Rede nur Mundart. Nur für eine Rededeterminante<br />

konnte eine signifikante Korrelation<br />

zur Varietätenwahl festgestellt werden. 84 Prozent<br />

der in Mundart gehaltenen Reden fanden vor<br />

einem Publikum statt, von dem der Redner annehmen<br />

musste, dass er zu <strong>mundart</strong>kompetenten Personen<br />

sprach. Nimmt der Redner an, dass im Publikum<br />

Hörer anwesend sind, <strong>die</strong> <strong>die</strong> heimische<br />

Mundart nicht verstehen, spricht er Hochdeutsch.<br />

Das heisst, dass <strong>die</strong> Wahl der Varietät hauptsächlich<br />

von der vermuteten Dialektkompetenz und<br />

dem sozialen Status <strong>des</strong> Publikums und ausserdem<br />

vom Öffentlichkeitsgrad abhängt. Die Reden und<br />

Vorträge wurden aber nicht nur dann in Hochdeutsch<br />

gehalten, wenn anzunehmen war, dass mit<br />

der Wahl der Orts<strong>mundart</strong> Verständigungsschwierigkeiten<br />

bestehen würden, sondern auch, wenn<br />

das Publikum zum grössten Teil aus Vertretern der


Regierung, <strong>des</strong> Klerus, <strong>des</strong> Fürstenhauses, allgemein<br />

aus Vertretern der öffentlichen Ämter bestand.<br />

2.4.6.<br />

FAMILIE, FREIZEIT UND VEREINE<br />

In Liechtenstein gab es 1980 bei 27700 Einwohnern<br />

5883 Familienhaushaltungen. Darunter versteht<br />

das Statistische Amt «Haushaltungen, <strong>die</strong> wenigstens<br />

<strong>die</strong> Familie <strong>des</strong> Haushaltungsvorstan<strong>des</strong><br />

umfassen. Als Familie gilt ein Ehepaar (Vorstand<br />

mit Ehepartner) oder ein Aszendenz-Deszendenzverhältnis<br />

1. Gra<strong>des</strong> (Vorstand mit Kind; Vorstand<br />

mit Vater, Mutter)» (Volkszählung 1980, S. 8). In<br />

<strong>die</strong>sen Familien lebten 21'200 Personen. Über <strong>die</strong><br />

Muttersprache oder <strong>die</strong> ehemalige Staatsbürgerschaft<br />

der Ehegattinnen und Ehegatten konnte<br />

weder das Statistische Amt noch <strong>die</strong> Einwohnerkontrolle<br />

der Gemeinden Auskunft geben. Leider<br />

gibt es in den Statistischen Jahrbüchern keine konkreteren<br />

Angaben über <strong>die</strong> Dialektsprecher in<br />

Liechtenstein. Annäherungen über <strong>die</strong> Zahl der<br />

Mundartsprecher in den Familien erhält man über<br />

Hochrechnungen. Von 12'600 verheirateten Personen<br />

waren ca. 70 Prozent Liechtensteiner Mundartsprecher<br />

(vgl. S. 154 f).<br />

Wie in den bisherigen Kapiteln bereits aufgezeigt<br />

wurde, gibt es nur wenige Faktoren, <strong>die</strong> einen<br />

Mundartsprecher dazu bewegen, Flochdeutsch zu<br />

sprechen. Die Familie, <strong>die</strong> Freizeit und zum grössten<br />

Teil auch <strong>die</strong> Vereine summieren all jene Bedingungen<br />

auf sich, <strong>die</strong> für den <strong>mundart</strong>lichen Sprachgebrauch<br />

Voraussetzung sind: familiäre, private<br />

Situierung, alltäglicher, spontaner, einfacher Gesprächsgegenstand<br />

sowie vorhandene Dialektkompetenz.<br />

Unsere Untersuchung hat gezeigt, dass im<br />

familiären Bereich nur dann Hochdeutsch gesprochen<br />

wird, wenn der Kommunikationspartner <strong>die</strong><br />

Mundart nicht versteht. So bei Besuchen aus<br />

Deutschland oder bei Fremdsprachigen, <strong>die</strong> nur<br />

Standard sprechen. Inwieweit der Sozialstatus der<br />

Sprecher auch in Liechtenstein einen Einfluss auf<br />

<strong>die</strong> Variantenwahl hat, wie <strong>die</strong>s in Deutschland und<br />

DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />

ROMAN BANZER<br />

Österreich der Fall ist, 32<br />

wurde nicht untersucht. Es<br />

ist schon mehrmals betont worden, dass sich<br />

Liechtenstein, was <strong>die</strong> Sprachpragmatik anbetrifft,<br />

zur Schweiz stellt. «Mundart wird erstens ausnahmslos<br />

von allen sozialen Schichten gesprochen;<br />

zweitens reicht ihr Geltungsbereich im pragmatischen<br />

Sinne weit über den irgendeiner in Deutschland<br />

gesprochenen Mundart hinaus. Sie ist nicht<br />

nur <strong>die</strong> Sprache <strong>des</strong> familiären Umgangs, sondern<br />

auch <strong>die</strong> weiter Bereiche <strong>des</strong> öffentlichen Lebens»<br />

(Ris 1973, S. 35). Und dennoch wurde in Vorgesprächen<br />

und durch teilnehmende Beobachtung<br />

festgestellt, dass im Sprachkontakt mit Personen<br />

aus dem süddeutschen oder österreichischen<br />

Raum, <strong>die</strong> eine <strong>mundart</strong>lich gefärbte Umgangssprache<br />

sprechen, auch von Liechtensteinern <strong>die</strong>se<br />

Umgangssprache oder das Hochdeutsch gewählt<br />

wird, auch wenn bekannt ist, dass der Gesprächspartner<br />

<strong>die</strong> Mundart <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> versteht. Es muss<br />

hier festgehalten werden, dass <strong>die</strong>s <strong>die</strong> Ausnahme<br />

ist, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Regel bestätigt. In Gesprächen, in denen<br />

wir den Gründen für <strong>die</strong>sen atypischen Sprachgebrauch<br />

nachgingen, wurde immer wieder geäussert,<br />

es seien sozial Bessergestellte, oder solche, <strong>die</strong><br />

es gerne wären, <strong>die</strong> Llochdeutsch sprechen. Es<br />

gäbe eben auch solche, für <strong>die</strong> das Standarddeutsch<br />

mehr Prestige besitze als <strong>die</strong> Mundart.<br />

Demzufolge wurde versucht, <strong>die</strong> Untersuchung<br />

<strong>des</strong> Sprachgebrauchs in der Familie so anzulegen,<br />

dass <strong>die</strong> Rededeterminante der Schichtzugehörigkeit<br />

in <strong>die</strong> Analyse miteinbezogen wurde. Eine<br />

Schichtung im klassischen Sinn (Unter-, Mittel- und<br />

Oberschicht) fällt schwer, weil in Liechtenstein <strong>die</strong><br />

Oberschicht, vertreten durch ein starkes Bürgertum,<br />

durch Industriemagnaten, einen hohen Klerus, eine<br />

bedeutende Regierungskaste oder durch reiche Financiers,<br />

fehlte. Liechtenstein war bis Ende <strong>des</strong><br />

Zweiten Weltkrieges ein armes Bauernland, das<br />

durch <strong>die</strong> Fürsten von Liechtenstein in Stellvertretung<br />

von Wien aus regiert wurde. Wohl gibt es heute<br />

Arbeitgeber und Arbeitnehmer, aber anderen<br />

Schichten müssen <strong>die</strong>se nicht angehören, zumal <strong>die</strong><br />

Arbeitgeber grösstenteils Arbeiterkinder sind; zudem<br />

lässt der relative Wohlstand aller potentiell<br />

vorhandene Grenzen noch undeutlicher werden.<br />

169


«Die empirische Basis <strong>die</strong>ser Schichtzuteilung<br />

sind <strong>die</strong> sozialen Zustände der Bun<strong>des</strong>republik (...),<br />

<strong>die</strong> aber nicht unbesehen auf alle westlichen Industriestaaten<br />

übertragen werden dürfen. Ebensowenig<br />

ist es statthaft, <strong>die</strong> sozialen und gesellschaftlichen<br />

Bedingungen der USA, <strong>die</strong> als Hintergrund<br />

für amerikanische soziolinguistische Untersuchungen<br />

<strong>die</strong>nen, unbesehen auch für deutsche Verhältnisse<br />

anzunehmen. Solche Merkmalbeschreibungen<br />

gelten nicht universell, wohl nicht einmal für<br />

ein ganzes Land insgesamt. Man muss mit grossen<br />

Unterschieden auch regionaler Art rechnen. (...)<br />

Bei der genannten Unsicherheit in der Abgrenzung<br />

sozialer Schichten und der Schwierigkeit zu bestimmen,<br />

welche sprachlichen Eigenheiten auf<br />

Schichtmerkmale oder auf andere Ursachen (...)<br />

zurückgehen, muss grösste Vorsicht gelten bei der<br />

Annahme von , so als<br />

Tabelle 8: Sprachgebrauch<br />

in den Familien<br />

Datengewinnung: Fragebogen<br />

Versand: 274<br />

Rücklauf: 156 (N) = 57 %<br />

Familienhaushaltungen:<br />

5883<br />

Probandenauswahl: Teilerfassung<br />

mit strukturierter<br />

Vorauswahl<br />

170<br />

* Aussagen der Probanden über andere.<br />

*"* Mundart Liechtensteins mit.fremden Einflüssen.<br />

spräche jede soziale Schicht ihre eigene Sprache»<br />

(Löffler 1985, S. 41).<br />

Trotzdem wird der Versuch einer Schichteinteilung<br />

unternommen, um <strong>die</strong> Abhängigkeit <strong>des</strong><br />

Sprachgebrauchs von eben <strong>die</strong>ser Determinante -<br />

falls vorhanden - zu untersuchen. Es ist nicht unser<br />

Ziel, schichtspezifische Varianten zu elaborieren,<br />

sondern <strong>die</strong> Hypothese der Unabhängigkeit<br />

der Varietätenwahl von der sozialen Zuordnung<br />

der Mundartsprecher zu verifizieren.<br />

Ein Promille der <strong>liechtenstein</strong>ischen Bevölkerung,<br />

unterteilt in Ober-, Mittel-, und Unterschicht,<br />

wurde über den Spachgebrauch in der Familie befragt.<br />

Die Probandenauswahl für unsere «informelle»<br />

Schichteinteilung erfolgte auf Grund der<br />

Information einer Gewährsperson in jeder Gemeinde.<br />

Diese wurden beauftragt, nach folgenden Kriterien<br />

weitere Probanden zu nennen:<br />

Spezifi- 'Ober- Mittel? Unter-:<br />

kation Schicht - Schicht Schicht<br />

% % %<br />

Präferenz', für* Mda, FL J 83 89 80<br />

FL fremd** 4 8 ' 0<br />

Gemisch 4 1 20<br />

Hd. * 4 1 0<br />

Fremdsprache 5. 1 0<br />

Aktive Mundartkompetenz 100 % 62 : 75 40<br />

der Familienmitglieder* ,75 % ' 18 22 , , 40<br />

50 % 16 •2 0<br />

25 % ! o" 1 20<br />

0% , 4 0 0<br />

Andere' Varietät der Familienmitglieder, Hd. 72 65 66<br />

<strong>die</strong> nicht, Mundart sprechen* ändere Mda,* 2-3. 15 33<br />

Fremdsprache '5 : 5 0<br />

Gemisch 0 15 0<br />

Familienmitglieder, <strong>die</strong> Mundart verstehen* 96 98 100<br />

Sprachkontakt mit Hd. Hd. i 100 100 100<br />

Sprachsituation mit Hd. im Bekanntenkreis* 80' 47 ' 20


Oberschicht: sehr hohes Einkommen<br />

sehr grosser Besitz<br />

hohes Ansehen in der Gemeinde<br />

hohe Stellung im Beruf<br />

Mittelschicht: gutes Einkommen<br />

durchschnittlicher Besitz<br />

gutes Ansehen in der Gemeinde<br />

gute Stellung im Beruf<br />

Unterschicht: geringes Einkommen<br />

geringer Besitz<br />

geringes Ansehen in der Gemeinde<br />

niedrige Stellung im Beruf<br />

Die Zahl der Probanden, <strong>die</strong> uns von den Gewährspersonen<br />

in den Gemeinden genannt wurden, war<br />

relativ zur Einwohnerzahl der Gemeinde und betrug<br />

aus der Oberschicht 18 Prozent, der Mittelschicht<br />

79 Prozent und der Unterschicht 12 Prozent.<br />

33<br />

Wir glauben damit eine Auswahl getroffen<br />

zu haben, <strong>die</strong> gemäss unseren Beobachtungen den<br />

Verhältnissen in Liechtenstein entspricht. Dieses<br />

Vorgehen wurde gewählt, weil <strong>die</strong> Vermögens- und<br />

Erwerbsverhältnisse der Probanden nicht in Erfahrung<br />

zu bringen waren, als solche aber unabdingbare<br />

Konstituenten einer Schichtzuteilung in einer<br />

kapitalistischen Gesellschaft sind. Ruoff meint hierzu,<br />

dass ein Proband wohl lieber seine ausserehelichen<br />

Liebesverhältnisse dartut, falls vorhanden, als<br />

dass er Einblick in seine finanziellen Verhältnisse<br />

geben würde. 34<br />

Die Auswertung <strong>die</strong>ser repräsentativen Umfrage<br />

zeigt, dass im Sprachgebrauch zwischen den einzelnen<br />

Schichten keine Unterschiede bestehen, <strong>die</strong><br />

es rechtfertigen würden, von schichtspezifischen<br />

Co<strong>des</strong> zu sprechen. Lediglich <strong>die</strong> Sprachsituation,<br />

in der im Bekanntenkreis Hochdeutsch gesprochen<br />

wird, zeigt Unterschiede, indem in der Oberschicht<br />

im Gespräch mit hochdeutschsprechenden Bekannten<br />

in 80 Prozent der Fälle auch von den<br />

Liechtensteiner Mundartsprechern Hochdeutsch<br />

gesprochen wird, während in der Mittelschicht 47<br />

Prozent und in der Unterschicht 20 Prozent der Befragten<br />

angegeben haben, dass <strong>die</strong> Mitglieder ihrer<br />

Familie hier Standard benutzen. Die Aussage von<br />

Ris für <strong>die</strong> Sprachpragmatik der Schweiz kann also<br />

DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />

ROMAN BANZER<br />

voll und ganz auf Liechtenstein übertragen werden.<br />

Die Verwendung von Hochdeutsch oder Mundart<br />

im familiären Bereich korreliert nicht mit der Rededeterminante<br />

der Schichtzugehörigkeit.<br />

2.4.6.1.<br />

FÜRSTENHAUS<br />

Fürst Franz Josef II. war der erste Vertreter seines<br />

Geschlechts, der seinen ständigen Wohnsitz in<br />

Liechtenstein genommen hatte. Der Vater <strong>des</strong> nun<br />

amtierenden Fürsten ist nicht in Liechtenstein aufgewachsen<br />

und sprach demzufolge auch nicht <strong>die</strong><br />

Mundart <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong>. Dessen Gemahlin, Fürstin<br />

Gina von Liechtenstein, war eine gebürtige Österreicherin.<br />

Beide sprachen Hochdeutsch oder eine<br />

Umgangssprache aus ihrem Geburtsland. Deren<br />

Kinder und Kin<strong>des</strong>kinder sind alle in Liechtenstein<br />

aufgewachsen und haben auch in ihrem Heimatdorf<br />

<strong>die</strong> Grundschule besucht. Daher hat sich <strong>die</strong><br />

zweite und dritte Generation der in Liechtenstein<br />

lebenden Mitglieder <strong>des</strong> Fürstenhauses eine aktive<br />

Mundartkompetenz erworben. Zuhause in der Familie<br />

und auch vielfach im Umgang mit Mundartsprechern<br />

benutzen <strong>die</strong> von Liechtenstein Hochdeutsch<br />

oder eine dem Hochdeutsch sehr nahestehende<br />

Umgangssprache, <strong>die</strong> durch ihre Verbindung<br />

nach Österreich, speziell nach dem Wiener<br />

Raum geprägt ist. Allgemein wird im Fürstenhaus<br />

also überwiegend Hochdeutsch gesprochen. Die<br />

Phase einer aktiven Verwendung der Mundart reduziert<br />

sich bei der zweiten und dritten Generation<br />

der in Liechtenstein lebenden Familienmitglieder<br />

auf <strong>die</strong> Zeit der Grundschule. Man darf hierbei<br />

nicht vergessen, dass nur ein kleiner Teil der ganzen<br />

Familie von Liechtenstein auch in ihrem Land<br />

lebt. Die Kontakte nach der Schulzeit mit den Einwohnern<br />

<strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> sind beschränkt und fördern<br />

den Mundartgebrauch nicht.<br />

171


2.4.7.<br />

ARBEITSWELT<br />

«Nach einem rasanten Aufschwung in den letzten<br />

drei Jahrzehnten hat das industrielle Schaffen in<br />

Liechtenstein einen hohen Standard erreicht. Eine<br />

starke, leistungs- und wettbewerbsfähige Exportindustrie<br />

ist zur wesentlichen volkswirtschaftlichen<br />

Basis geworden» (Kindle o. J., S. 107). Die Erwerbstätigen<br />

in Liechtenstein wurden für unsere Untersuchung<br />

in zwei Klassen aufgeteilt, um zu sehen,<br />

ob höher qualifizierte Arbeiter mehr Hochdeutsch<br />

verwenden als weniger hoch qualifizierte. Der<br />

Liechtensteinischen Industrie- und Handelskammer<br />

sind 31 Betriebe angeschlossen, <strong>die</strong> etwas<br />

mehr als 6000 Mitarbeiter beschäftigen. In den<br />

Banken, Versicherungen und Beratungsgeschäften<br />

arbeiten ca. 2600 Personen. Die Vorgesetzten <strong>die</strong>ser<br />

8600 Arbeitnehmer bilden <strong>die</strong> erste Klasse der<br />

Befragten, <strong>die</strong> zweite rekrutiert sich aus den der<br />

Gewerbe- und Wirtschaftskammer angeschlossenen<br />

Mitgliedern, <strong>die</strong> ca. 7500 Mitarbeiter beschäftigen.<br />

35<br />

Für <strong>die</strong> Untersuchung konnten nicht<br />

alle Betriebe angefragt werden. Auf Grund der<br />

Kenntnis der Betriebsgrösse und Anzahl der Beschäftigten<br />

wurde durch uns eine Auswahl getroffen.<br />

Die Differenz in der Zahl der versandten Fragebogen<br />

und der damit in <strong>die</strong> Untersuchung miteinbezogenen<br />

Mitarbeiter ergibt sich aus der unterschiedlich<br />

grossen Zahl von Gewerbe- und Industriebetrieben<br />

(Gewerbe- und Wirtschaftskammer:<br />

über 1000 Mitglieder; Industrie- und Handelskammer:<br />

31 Mitglieder).<br />

Die Befragung der Vorgesetzten in den Betrieben<br />

Liechtensteins ergab, dass sowohl im persönlichen<br />

wie auch im geschäftlichen Bereich in Industrie<br />

und Gewerbe <strong>die</strong> Mundart vorherrschend ist. Sie<br />

wird grundsätzlich immer dann gebraucht, wenn<br />

der Kommunikationspartner <strong>die</strong> Mundart Liechtensteins<br />

versteht, beispielsweise in den Arbeitspausen,<br />

mit einheimischen Kunden, in Besprechungen,<br />

in Service und Küche, im Verkauf, auf der<br />

Baustelle, in der Werkstatt, im Büro, bei der Produktion.<br />

Hochdeutsch wird generell immer dann<br />

gesprochen, wenn der Kommunikationspartner <strong>die</strong><br />

172<br />

Mundart nicht versteht oder allgemein im Kontakt<br />

mit Standardsprechenden. Hochdeutsch wird beispielsweise<br />

in Besprechungen mit technischem Inhalt,<br />

bei Bestellungen aus Deutschland, im direkten<br />

Kundenkontakt, bei Verständigungsproblemen mit<br />

Ausländern, beim Anlernen von ausländischen Arbeitskräften,<br />

im Verkauf, mit deutscher Kundschaft,<br />

am Telefon mit Deutschen, in der Administration,<br />

an der Rezeption, mit speziellen Kunden<br />

und allgemein mit ausländischen Mitarbeitern gebraucht.<br />

Die Zahlen der Tabelle zeigen, dass eine Zweiteilung<br />

der Arbeit in höher und niedriger zu qualifizierende<br />

Arbeit und deren Korrelation mit der Varietätenwahl<br />

nicht sinnvoll ist. In sämtlichen Arbeitsbereichen<br />

benutzt der Liechtensteiner <strong>die</strong><br />

Mundart, sofern der Kommunikationspartner <strong>die</strong>se<br />

versteht. Natürlich sind in den Banken und Industrien<br />

mit ihren internationalen Geschäftsverbindungen<br />

<strong>die</strong> Sprechsituationen bedeutend häufiger,<br />

in denen <strong>die</strong> Angestellten auf Hochdeutsch umstellen<br />

müssen. Daraus ist zu folgern, dass <strong>die</strong> Fähigkeit<br />

der Angestellten im Umgang mit dem Standarddeutsch<br />

höher ist, als bei jemandem, der sehr<br />

wenig in Situationen kommt, in denen verlangt<br />

wird, Hochdeutsch zu sprechen. Teilnehmende Beobachtungen<br />

können <strong>die</strong>s bestätigen.<br />

Wir beobachteten ausserdem im Hoch- und Tiefbau<br />

<strong>die</strong> Verwendung von Pidgin-Deutsch, den verstümmelten<br />

Gebrauch <strong>des</strong> Dialekts als Anpassung<br />

an morphologische und syntaktische Strukturen<br />

einer Fremdsprache.


Muttersprache der Mitarbeiter* Mda. FL<br />

i andere Mda.<br />

Hd.<br />

Fremdsprache<br />

Sprache im alltäglichen Gebrauch* Mda, FL<br />

Ff fremd**<br />

Gemisch<br />

Hd,<br />

Fremdsprache<br />

Snrarhp im Srirarhicnntatct mit<br />

jemand, der Mundart spricht*<br />

Sprache ihr Sprachkontakt mit<br />

jemand,-der Hochdeutsch spricht*<br />

Spezifikation Industrie<br />

DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />

ROMAN BANZER<br />

/o<br />

57 '<br />

3:5<br />

2<br />

6<br />

53 •<br />

13<br />

34 .<br />

0<br />

0<br />

Mda.<br />

Hd. 5<br />

Mda.<br />

Hd..<br />

Rede, Vortrag Hd.<br />

Mda.<br />

bei<strong>des</strong><br />

.keine. Antwort<br />

Aktive Mda.-Kompetenz*' 100%<br />

75 %<br />

50%<br />

25 %<br />

.0%<br />

Alternative Varietät derjenigen, <strong>die</strong><br />

nicht Mundartisprechen*<br />

ändere Mda.<br />

Hd.<br />

Fremdsprache<br />

Gemisch<br />

7<br />

93<br />

21<br />

57'<br />

- . 5<br />

17<br />

. 18<br />

29<br />

29<br />

• 19<br />

5<br />

Gewerbe<br />

o/<br />

/o<br />

Mitarbeiter, <strong>die</strong>. <strong>die</strong> Mda. nicht verstehen' 15 1<br />

Bewertung.der-Mundart sehr hoch<br />

hoch<br />

•mittel<br />

niedrig<br />

sehr niedrig<br />

keine Antwort<br />

* Aussagen der Probänden über ändere^<br />

** Mundart Liechtensteins mit fremden Einflüssen.<br />

66<br />

•4.<br />

14<br />

16<br />

:45<br />

31<br />

12<br />

0<br />

.0<br />

12<br />

45<br />

45<br />

6<br />

4<br />

4.1<br />

15<br />

44<br />

0<br />

0<br />

92<br />

8<br />

8<br />

92<br />

43<br />

44<br />

13<br />

0<br />

25<br />

20<br />

26<br />

22<br />

7<br />

74<br />

11<br />

5<br />

10<br />

38<br />

49<br />

13<br />

0<br />

0<br />

0<br />

Tabelle 9: Sprachgebrauch<br />

in der Arbeitswelt<br />

Datengewinnung Industrie:<br />

Fragebogen<br />

Versand: 45<br />

Rücklauf: 39 (N) = 86,7 %<br />

Mitarbeiter: 5736<br />

Probandenauswahl: Teilerfassung<br />

Datengewinnung Gewerbe:<br />

Fragebogen<br />

Versand: 180<br />

Rücklauf: 42 (N) = 23,3 %<br />

Mitarbeiter: 827<br />

Probandenauswahl: Teilerfassung<br />

173


2.4.8.<br />

ZUSAMMENFASSUNG<br />

Grundsätzlich wird der Sprachgebrauch durch <strong>die</strong><br />

mediale Diglossie bestimmt. Man spricht Mundart<br />

und schreibt Hochdeutsch und <strong>die</strong>s ohne Ansehen<br />

von Schicht, Bildung, Stellung im Beruf oder anderen<br />

Rededeterminanten. Ausnahmen sind auf bestimmte<br />

Domänen beschränkt. Diese dürfen nicht<br />

so gross gehalten werden wie bei Fishman. Bereits<br />

zu Beginn <strong>die</strong>ses Kapitels waren wir uns bewusst,<br />

dass hier zu differenzieren ist. Der Sprachgebrauch<br />

in den verschiedenen Domänen muss für jede<br />

Sprachgemeinschaft neu eruiert werden. Domänen<br />

<strong>des</strong> Hochdeutschen - Kirche, Bildungswesen und<br />

Gerichte - lassen sich nur bedingt als Konglomerat<br />

von Einstellungen, Funktionen und Situationen zusammenfassen.<br />

Auch hier gibt es immer wieder<br />

Anlässe, in denen <strong>die</strong> Mundart als verbales Kommunikationsmittel<br />

gebraucht wird, wie es auch in<br />

den postulierten Mundartdomänen immer wieder<br />

Hochdeutschnischen gibt.<br />

Hier wird überwiegend Hochdeutsch gesprochen:<br />

- allgemein im Umgang mit Sprechern, <strong>die</strong> <strong>die</strong><br />

Mundart nicht verstehen<br />

- in Geschäftsgesprächen mit Hochdeutschsprechenden<br />

- in öffentlichen Reden und Vorträgen vor einem<br />

Publikum, das nicht zur Gänze aus Zuhörern besteht,<br />

<strong>die</strong> <strong>die</strong> Mundart verstehen<br />

- in kirchlichen Messfeiern (ausser Jugendmessfeiern),<br />

teilweise bei Taufen und Hochzeiten<br />

- im Landtag<br />

- in Vorträgen und Referaten vor Gericht<br />

- vor Gericht, wenn alle Parteien <strong>des</strong> Hochdeutschen<br />

aktiv und passiv mächtig sind, auch wenn<br />

<strong>die</strong> Kommunikatoren native Mundartsprecher<br />

sind<br />

- allgemein in kursorischen Fächern in der Schule<br />

(vgl. S. 163-166)<br />

- in bestimmten Sprechsituationen in der Schule<br />

- in öffentlichen Reden an besonders feierlichen<br />

Anlässen oder in prestigebeladenen Situationen<br />

- im Fürstenhaus<br />

174<br />

Hier wird überwiegend Mundart gesprochen:<br />

- allgemein in persönlichen, familiären, nicht öffentlichen<br />

Sprechsituationen<br />

- allgemein im Umgang mit Sprechern, <strong>die</strong> <strong>die</strong><br />

Mundart verstehen<br />

- allgemein in musischen Fächern in der Schule<br />

- in Geschäftsgesprächen mit Mundartsprechenden<br />

- in öffentlichen Reden und Vorträge vor einem<br />

Publikum, das zur Gänze aus Zuhörern besteht,<br />

<strong>die</strong> <strong>die</strong> Mundart verstehen sowie wenn der Charakter<br />

der Veranstaltung familiär und freundschaftlich<br />

ist<br />

- vor Gericht, wenn eine Partei starke Schwierigkeiten<br />

hat, sich in Hochdeutsch auszudrücken<br />

- in Gemeindeparlamenten<br />

- bei Jugendmessen, teilweise bei Taufen, Hochzeiten<br />

- in Familien, in der Freizeit, in Vereinen<br />

- allgemein in Geschäftsgesprächen, wenn alle<br />

Gesprächspartner <strong>die</strong> Mundart verstehen<br />

- allgemein bei der Arbeit, wenn aUe Gesprächspartner<br />

<strong>die</strong> Mundart verstehen<br />

2.4.9.<br />

VERGLEICHE ZUR SCHWEIZ UND ZU<br />

ÖSTERREICH<br />

Ein Vergleich der Sprachlandschaft Liechtensteins<br />

mit derjenigen der Schweiz beruht auf einer Gegenüberstellung<br />

der vorangehenden Ergebnisse mit den<br />

Resultaten in Schwarzenbachs «Die Stellung der<br />

Mundart in der deutschsprachigen Schweiz» (1969).<br />

Österreich und Liechtenstein vergleichen wir auf<br />

Grund der Arbeit von Wiesinger «Das Schweizerdeutsche<br />

aus österreichischer Sicht» (1986).<br />

In Österreich findet sich generell Polyglossie,<br />

«... wobei man durchschnittlich an einem Ort von<br />

vier Sprachschichten und bei jedem Sprecher von<br />

der mehr oder minder gekonnten Beherrschung<br />

<strong>die</strong>ser Sprachschichten ausgehen kann. Obwohl<br />

der Sprachwissenschaftler <strong>die</strong> einzelnen sprachlichen<br />

Erscheinungsformen klassifizieren und zuordnen<br />

kann und es durchschnittliche, vom Ge-


sprächspartner und der Situation abhängige gesellschaftliche<br />

Gebrauchsnormen gibt, vollzieht sich<br />

ein gleiten<strong>des</strong> Kontinuum. Im allgemeinen ist auf<br />

dem Land der Basisdialekt <strong>die</strong> bodenständige, alltägliche<br />

Sprachform der älteren, alteingesessenen<br />

Bevölkerung und weist daher örtliche bis kleinräumige<br />

Unterschiede auf. Die jüngere Generation<br />

zeigt dort dagegen im alltäglichen Gespräch allerlei<br />

Abweichungen, <strong>die</strong> meistens vom Dialekt der kulturell<br />

<strong>die</strong> Region beherrschenden Stadt ausgehen<br />

und den regionalen Verkehrsdialekt ausmachen»<br />

(Wiesinger 1986, S. 106).<br />

Die Standardsprache geniesst besonders in<br />

Österreich hohes Prestige. Das Hochdeutsche bekommt<br />

als soziale Kennzeichnung ein besonderes<br />

Gewicht und ist sprachsoziologischer Ausdruck für<br />

Elite und Stand. So ist in der Schule und in den<br />

Me<strong>die</strong>n viel seltener Mundart zu hören als in der<br />

benachbarten Schweiz. Ein wenig anders liegen<br />

<strong>die</strong> sprachpragmatischen Begebenheiten in Vorarlberg.<br />

Kennzeichnend ist, dass <strong>die</strong>ses Randgebiet<br />

zwischen alemannischen und bayerischen Dialekten<br />

eben auch aus pragmatischer Sicht eine Zwischenstellung<br />

einnimmt. Die Mundart beherrscht<br />

hier viel mehr Domänen als im restlichen Österreich<br />

und besitzt - ähnlich wie in der Schweiz -<br />

Identifikationscharakter zur Betonung der politischen<br />

und kulturellen Eigenständigkeit. Andererseits<br />

will man aber nicht «hinter Wien zurückstehen»<br />

und ist aus <strong>die</strong>sem Grund natürlich darauf<br />

bedacht, den negativ besetzten Dialekt durch eine<br />

elitär wirkende Umgangssprache zu ersetzen. «Sie<br />

hat eindeutig soziale Hintergründe, da <strong>die</strong>jenigen,<br />

<strong>die</strong> sie sprechen, vorwiegend Angehörige von Fabrikantenkreisen,<br />

sich von jenen sprachlich distanzieren,<br />

welche nicht so reich sind wie sie ... Es<br />

wird wohl selten eine Sprachform geben, deren<br />

Ursprung so eindeutig in den sozialen Verhältnissen<br />

zu suchen ist» (Gabriel 1973, S. 75).<br />

Das «Bödeledeutsch», «Ganahldeutsch» und<br />

«Pfänderdeutsch» 36<br />

findet in den Mundartbeschreibungen<br />

von Jutz noch keine Aufnahme. Gabriel hat<br />

sich damit bislang marginal befasst. Es scheint,<br />

dass sich der Gebrauch einer Umgangssprache erst<br />

in den letzten Jahrzehnten auf immer breitere Be­<br />

DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />

ROMAN BANZER<br />

völkerungsschichten auszudehnen beginnt, und<br />

dass <strong>die</strong> jüngeren Vorarlberger, beeinflusst durch<br />

zentrale Me<strong>die</strong>n, den Fremdenverkehr, <strong>die</strong> Wirtschaft<br />

und <strong>die</strong> gestiegene Mobilität <strong>die</strong>se Umgangssprache<br />

auch immer mehr benutzen. Die Unterschiede<br />

aber zwischen dem schweizerischen<br />

Rheintal und dem Vorarlberg sind klar. Hier Diglossie<br />

mit Mundart und Standard. Dort Polyglossie mit<br />

Mundart und Hochdeutsch und dazwischen ein<br />

umgangssprachliches Kontinuum, das sich offensichtlich<br />

auf immer grössere Sprechergruppen ausdehnt.<br />

Der Sprachformengebrauch in der Schweiz und<br />

in Liechtenstein unterscheidet sich nicht wesentlich.<br />

Sowohl in der Schweiz wie auch in Liechtenstein<br />

wird grundsätzlich ein zweistufiges Sprachsystem<br />

verwendet. «Da <strong>die</strong> gesprochene Form <strong>des</strong><br />

Schriftdeutschen, <strong>die</strong> Vortragssprache, auf <strong>die</strong><br />

Schule, einzelne Institutionen und Berufe eingeschränkt<br />

bleibt, fällt dem Schweizerdeutschen zudem<br />

von alters her <strong>die</strong> Aufgabe einer allgemeinen<br />

Umgangssprache zu, ...» (Schwarzenbach 1969,<br />

S.69).<br />

Die grössten Unterschiede bezüglich <strong>des</strong> Sprachformengebrauchs<br />

haben wir für <strong>die</strong> Kirche festgestellt.<br />

Während in Liechtenstein in der Kirche<br />

fast ausschliesslich Standarddeutsch gesprochen<br />

wird, was damit zusammenhängt, dass <strong>die</strong> meisten<br />

Priester keine Liechtensteiner sind, gibt es nach<br />

Schwarzenbach in der Schweiz in den Kirchen <strong>die</strong><br />

unterschiedlichsten Situationen, in denen Mundart<br />

gesprochen wird. Sei <strong>die</strong>s nun das freie Gebet 37<br />

, <strong>die</strong><br />

Mundartpredigt 38<br />

, <strong>die</strong> Feldpredigt 39<br />

oder der<br />

Jugendgottes<strong>die</strong>nst 40<br />

. Ein besonderes Zeichen für<br />

den Unterschied <strong>des</strong> Sprachformengebrauchs in<br />

der Kirche ist <strong>die</strong> Tatsache, dass eine Bibelübersetzung<br />

in Liechtensteiner Dialekt im Gegensatz zur<br />

Schweiz nicht existiert und unserer Ansicht nach<br />

von den Liechtensteinern auch als sehr fremd empfunden<br />

würde.<br />

Auch Schwarzenbach fällt es schwer, für <strong>die</strong> öffentliche<br />

Rede oder den öffentlichen Vortrag Faktoren<br />

zu finden, <strong>die</strong> den Gebrauch von Mundart oder<br />

Hochdeutsch definieren. So kann für verschiedene<br />

Domänen wie Reden bei Schützenempfängen, Bun-<br />

175


<strong>des</strong>feierreden, staatsmännische Reden, Trauerreden,<br />

Vorträge und Referate wohl das Vorherrschen<br />

der einen oder anderen Sprachform beschrieben<br />

werden, <strong>die</strong>s aber nie ohne Ausnahme. «Was der<br />

Mundartrede ihre Stellung heute sichert, ja noch<br />

immer erweitert, ist ihre Nähe zum Gespräch, <strong>die</strong><br />

zum Kennzeichen der heutigen öffentlichen Rede<br />

überhaupt geworden ist. Dass sich daneben im geschlossenen<br />

Vortrag und in FachgeseOschaften das<br />

Schriftdeutsche seinerseits eine wesenseigene Stellung<br />

bewahrt hat, ja auch einmal bei einer Gelegenheitsrede<br />

ohne weiteres verwendet werden<br />

kann, gehört zu den Freiheiten unseres Sprachgebrauchs,<br />

der individueller Gestaltung so weiten<br />

Spielraum lässt, schöpfe der Redner nun <strong>die</strong> Möglichkeiten<br />

<strong>mundart</strong>lichen oder schriftsprachlichen<br />

Ausdrucks oder gar beider in ihrer gegenseitigen<br />

Ergänzung aus» (Schwarzenbach 1969, S. 311).<br />

Die Ausführungen von Schwarzenbach bezüglich<br />

<strong>des</strong> Sprachformengebrauchs vor Gericht beschränken<br />

sich auf den Kanton Zürich. Vor allen<br />

Instanzen wird in Mundart befragt und auch so geantwortet.<br />

Die Vorträge von Staatsanwalt und Verteidiger<br />

erfolgen in Hochdeutsch. Allgemein ist<br />

auch hier <strong>die</strong> Mundart in der Minderheit. Dies gilt<br />

auch für <strong>die</strong> Liechtensteinischen Gerichte, wo in<br />

offiziellen Situationen kaum Mundart gesprochen<br />

wird.<br />

Der Sprachformengebrauch in den kantonalen<br />

Parlamenten der Schweiz ist unterschiedlich. Auf<br />

Bun<strong>des</strong>ebene wird allgemein Hochdeutsch, in den<br />

Gemeindeversammlungen meist Mundart gesprochen.<br />

In Liechtenstein wird in den Gemeindeparlamenten<br />

durchwegs <strong>die</strong> Mundart und im Landtag<br />

durchwegs das Schriftdeutsche verwendet. Ein zusammenfassender<br />

Vergleich <strong>des</strong> Sprachgebrauchs<br />

in den Schulen ist auf Grund der Unübersehbarkeit<br />

nicht möglich. Wir verweisen hier auf <strong>die</strong> ausführliche<br />

Arbeit von Sieber/Sitta 1986.<br />

176<br />

3.<br />

Die Liechtensteiner Mundart.<br />

Beharrung und Veränderung<br />

3.1.<br />

ALLGEMEINES ZUR BASISMUND ART<br />

Die Beschreibung der Laute der Basis<strong>mundart</strong>, <strong>des</strong><br />

Lautwandels, der Lautvariation und damit <strong>die</strong> Darstellung<br />

der Orts<strong>mundart</strong>en auf lautlicher Ebene<br />

bildet den Inhalt der folgenden Untersuchung. Der<br />

kontrastive Vergleich der heute de facto verwendeten<br />

Sprachformen mit der Basis<strong>mundart</strong> beschreibt<br />

<strong>die</strong> Orts<strong>mundart</strong>en. Der Vergleich von Basis<strong>mundart</strong><br />

und Orts<strong>mundart</strong> dokumentiert den<br />

Lautwandel und <strong>die</strong> Variation.<br />

Die Analyse beschränkt sich auf das Lautsystem.<br />

Veränderungen sind in allen grammatischen Bereichen<br />

zu erwarten, aber vor allem <strong>die</strong> Lexik hat in<br />

den vergangenen Jahrzehnten Änderungen durchgemacht,<br />

<strong>die</strong> augenscheinlich und leicht nachvollziehbar<br />

sind. Jeder weiss um das Verschwinden<br />

von Wörtern und <strong>die</strong> Aufnahme von neuen Lexemen<br />

in <strong>die</strong> deutsche Sprache, wie sie in den letzten<br />

Jahrzehnten als Zeichen <strong>des</strong> Wandels unserer Gesellschaft<br />

mit besonderer Vehemenz geschehen ist.<br />

Dies zeigt eine <strong>die</strong>sbezügliche Untersuchung (Banzer<br />

1990) deutlich. Es wurden acht Texte von verschiedenen<br />

Sprechern in unterschiedlichen Situationen<br />

untersucht. Die Texte umfassen insgesamt je<br />

4105 Wörter, davon gehören 403 oder 9,8 Prozent<br />

nicht zur Basis<strong>mundart</strong>. Die Texte 1 bis 8 zeigen<br />

signifikante Unterschiede in der Anzahl der nichtbasis<strong>mundart</strong>lichen<br />

Wörter. Die Prozentzahlen<br />

nichtbasis<strong>mundart</strong>licher Wörter schwanken zwischen<br />

1,5 für Text 1 und 21,2 Prozent für Text 8.<br />

Besonders betroffen davon sind <strong>die</strong> Substantive.<br />

Von total 547 (21 Prozent der Gesamtmenge) Substantiven<br />

entstammen 213 oder 39 Prozent nicht<br />

der Basis<strong>mundart</strong>. Hoch sind <strong>die</strong> Zahlen für <strong>die</strong><br />

Texte der älteren Gewährsperson mit 61,2 Prozent,<br />

53,6 Prozent und 54,8 Prozent. Von den nichtbasis<strong>mundart</strong>lichen<br />

Wörtern sind 213 (60%) Substantive,<br />

68 (19 %) Verben, 50 (14 %) Adjektive und<br />

21 (5 %) übrige. 291 (72 %) der nichtbasis<strong>mundart</strong>lichen<br />

Wörter sind hochdeutsche, 99 (24 %) sind<br />

nichthybride Fremdwörter 41<br />

und 13 (3 %) sind hybride<br />

Wörter. Die Interferenzen sind vor allem für<br />

<strong>die</strong> Texte 5 bis 8 besonders stark. Dies wird belegt


durch <strong>die</strong> Tatsache, dass <strong>die</strong> Substantive in unserem<br />

Fall 21 Prozent <strong>des</strong> Textvolumens ausmachen,<br />

und dass beispielsweise in Text 6 61,2 Prozent der<br />

Substantive nichtbasis<strong>mundart</strong>lich sind. Die Gebersprache<br />

ist hierbei fast ausschliesslich das<br />

Hochdeutsche. Wenn man bedenkt, dass viele<br />

Fremdwörter mit grosser Wahrscheinlichkeit über<br />

das Hochdeutsche in <strong>die</strong> Mundart vermittelt werden,<br />

kann bezüglich der Lexik in <strong>die</strong>sem Fall von<br />

einer starken Nehmer-Geber-Beziehung zwischen<br />

Mundart und Hochdeutsch gesprochen werden.<br />

Interessant ist in <strong>die</strong>sem Zusammenhang <strong>die</strong><br />

Korrelation der Interferenzen mit extralinguistischen<br />

Determinanten. Hier Hessen sich eindeutige<br />

Ergebnisse zeigen. Die Interferenzen korrelieren<br />

mit dem Alter der Gewährsperson, mit dem Gesprächsthema<br />

und mit dem Öffentlichkeitsgrad.<br />

Evident ist in <strong>die</strong>sem Zusammenhang <strong>die</strong> Zunahme<br />

der nichtbasis<strong>mundart</strong>lichen Wörter bei grosser<br />

Öffentlichkeit und Anstieg der Wissenschaftlichkeit<br />

/ Intellektualität der Texte. Zweigeteilt ist <strong>die</strong><br />

Alterskurve. Sie entspricht im Bereich der Familie<br />

und der Freunde in etwa der Norm: «Hohes Alter -<br />

wenig nichtbasis<strong>mundart</strong>liche Wörter» und widerspricht<br />

<strong>die</strong>ser im Bereich der Öffentlichkeit gänzlich,<br />

indem es hier heisst: «Hohes Alter - viel Wörter,<br />

<strong>die</strong> nicht zur Basis<strong>mundart</strong> gehören». Die<br />

Mundart Liechtensteins wird auf lexikalischer Ebene<br />

durch das Hochdeutsche am deutlichsten beeinflusst.<br />

Dennoch untersuchen wir <strong>die</strong> Lautung, weil <strong>die</strong>se<br />

unserer Ansicht nach das primär-qualifizierende<br />

Charakteristikum der Mundart in den einzelnen<br />

Gemeinden Liechtensteins ist. Der Wortschatz differenziert<br />

<strong>die</strong> Dialekte nicht so stark wie <strong>die</strong>s bei<br />

unterschiedlichen Fremdsprachen der Fall ist. Die<br />

Wortgeographie kann zwar areal deutliche Gebrauchsunterschiede<br />

zeigen, und es kann zwischen<br />

weit entfernten Dialekten sicher auch auf Grund<br />

der Lexik zu Verständigungsschwierigkeiten kommen,<br />

bei so nahe verwandten Orts<strong>mundart</strong>en wie<br />

in Liechtenstein ist <strong>die</strong>s mit Ausnahme der Walsersiedlung<br />

Triesenberg jedoch nicht der Fall, obwohl<br />

lokal bedingte Wortschatzunterschiede vorhanden<br />

waren und möglicherweise noch heute vorhanden<br />

DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />

ROMAN BANZER<br />

sind. So sagte man beispielsweise früher im Unterland<br />

für den Zapfhahn am Most- oder Weinfass<br />

«pipa» und im Oberland «schpiina».<br />

3.2.<br />

BASISMUNDART - ORTSMUNDART<br />

Die Lautvariation und der Lautwandel werden über<br />

den Vergleich Basis<strong>mundart</strong> - Orts<strong>mundart</strong> erhoben.<br />

Wir gebrauchen <strong>die</strong> Basis<strong>mundart</strong> für unsere<br />

Arbeit als ein sprachtheoretisches Konstrukt. «Mit<br />

Basisdialekt meinen wir ein archaisches Idealsystem,<br />

das aus den variierenden orts<strong>mundart</strong>lichen<br />

Inventaren, <strong>die</strong> durch <strong>die</strong> kommunikativen<br />

Normen der Sprachgemeinschaft gesteuert werden,<br />

konstruiert wird. Er ist ein linguistisches Modell»<br />

(Jakob 1985, S. 12). Dieses System berücksichtigt<br />

weder <strong>die</strong> Historizität noch Heterogenität<br />

der Mundart, es ist eine sprachtheoretisch homogene<br />

Konstruktion. Die Unterscheidung von Basis<strong>mundart</strong><br />

und Orts<strong>mundart</strong> <strong>die</strong>nt als Grundlage zur<br />

empirischen Beschreibung der Variation und <strong>des</strong><br />

Lautwandels und postuliert keine wirklich existente<br />

homogene, ältere, reine Mundart, wie <strong>die</strong>s in<br />

alten Mundartbeschreibungen öfters geschieht. Wir<br />

verstehen den Begriff der Basis<strong>mundart</strong> in einem<br />

eng definierten Sinn. Arno Ruoff (1973, S. 48) beispielsweise<br />

benutzt den Begriff «Grund<strong>mundart</strong>»<br />

in einem weiteren Sinn: «Unter Mundart (oder Dialekt)<br />

verstehe ich also <strong>die</strong> durch den Lautstand<br />

repräsentierte, in einem engeren Gebiet gültige<br />

Sprachform, wie sie von der Mehrzahl der Einheimischen<br />

im normalen, alltäglichen Gespräch gebraucht<br />

wird. Mundart mit eindeutig örtlicher Ausprägung<br />

bezeichne ich als Orts<strong>mundart</strong>, <strong>die</strong> derzeit<br />

, älteste Schicht <strong>die</strong>ser Orts<strong>mundart</strong> als<br />

Grund<strong>mundart</strong>, deren Veränderung sich wohl langsamer<br />

vollzieht als <strong>die</strong> der anderen Sprachschichten,<br />

<strong>die</strong> aber keinesfalls als völlig stagnierend auf<br />

eine zeitliche Schicht feststellbar ist.»<br />

In den vorangegangenen Kapiteln wurden <strong>die</strong><br />

Begriffe Mundart und Dialekt benützt, ohne Rechenschaft<br />

über deren Bedeutung und Umfang abgelegt<br />

zu haben. Das war auch nicht nötig, wird im<br />

177


folgenden jedoch unabdingbar, wenn es um <strong>die</strong> Unterscheidung<br />

zwischen Basis<strong>mundart</strong> und Orts<strong>mundart</strong><br />

geht.<br />

«Mundart ist stets eine der Schriftsprache vorangehende,<br />

örtlich gebundene, auf mündliche Realisierung<br />

bedachte und vor allem <strong>die</strong> natürlichen<br />

Lebensbereiche einbeziehende Redeweise, <strong>die</strong><br />

nach eigenen, im Verlauf der Geschichte durch<br />

nachbar<strong>mundart</strong>liche und hochsprachliche Einflüsse<br />

entwickelten Sprachnormen von einem grossen<br />

heimatgebundenen Personenkreis in bestimmten<br />

Sprechsituationen gesprochen wird» (Sowinski<br />

1974, S. 180). Diese Definition könnte durchaus<br />

durch eine andere ersetzt werden. Wir verwenden<br />

sie, weil sie relativ offen gehalten ist und trotzdem<br />

<strong>die</strong> nötigen Aspekte der Linguistik, der geographischen<br />

Geltung, <strong>des</strong> sozialen Verwendungsbereichs<br />

und der Historizität und LIeterogenität beinhaltet.<br />

Wir definieren Orts<strong>mundart</strong> als de facto gebrauchtes<br />

Kommunikationsmittel im Gegensatz<br />

zum linguistischen, theoretischen Konstrukt der<br />

Basis<strong>mundart</strong>. Unter Orts<strong>mundart</strong> (ungleich Mundart,<br />

Dialekt; ungleich Basis<strong>mundart</strong>) sind sämtliche<br />

in Gebrauch stehenden Inventare oder Varietäten<br />

zu verstehen, <strong>die</strong> durch <strong>die</strong> sozialen Normen der<br />

Sprachgemeinschaft eines Ortes als dialektal empfunden<br />

und geduldet werden und nicht zur Standardsprache<br />

oder zu einer Fremdsprache gehören.<br />

Orts<strong>mundart</strong>en sind keine abgeschlossenen, homogenen<br />

Grössen. Variation, Heterogenität und Historizität<br />

sind konstituierende Elemente.<br />

«Sprache ist nicht homogen, sondern heterogen.<br />

Da sie sich zweckgebunden an <strong>die</strong> Unterschiede in<br />

den menschlichen Tätigkeiten anpasst, kann man<br />

ihre funktionale Variation nur verstehen, wenn<br />

man den sozialen Kontext in <strong>die</strong> Sprachbetrachtung<br />

von vornherein einbezieht. Gerade aufgrund<br />

der sprachlichen Variation können für verschiedene<br />

kommunikative Zwecke flexibel stilistische Varianten<br />

gewählt werden ...» (Dittmar 1982, S. 27).<br />

Unser Begriff der Orts<strong>mundart</strong> ist gleichzusetzen<br />

mit der Definition, <strong>die</strong> Ammon (1986, S. 227 ff.) für<br />

den Dialekt gibt. Sie passt besonders gut in <strong>die</strong> <strong>liechtenstein</strong>ische<br />

Diglossiesituation, weil Standarddeutsch<br />

nicht als Referenz miteinbezogen wird.<br />

178<br />

Eine Orts<strong>mundart</strong> liegt dann vor,<br />

1. wenn es sich um eine Varietät handelt,<br />

2. <strong>die</strong> keiner anderen Varietät übergeordnet ist,<br />

3. <strong>die</strong> nicht standardisiert ist.<br />

Orts<strong>mundart</strong>en sind Sprachen im Sinne von Varietäten,<br />

deren funktionale Normen ausschliesslich<br />

durch <strong>die</strong> Mitglieder einer Sprachgemeinschaft definiert<br />

werden. Varietäten funktionieren immer in<br />

Abhängigkeit von aussersprachlichen Determinanten<br />

und können sich auf allen grammatikalischen<br />

Ebenen unterscheiden, der phonetischen, morphologischen,<br />

syntaktischen und lexikalischen. Varietäten<br />

können durch verschiedene Determinanten<br />

unterschieden werden: räumlich-geographisch, historisch,<br />

funktional, sozial wertend. Eine Orts<strong>mundart</strong><br />

ist keiner anderen Orts<strong>mundart</strong> übergeordnet,<br />

nach den Worten von Ammon überdacht<br />

sie keine andere Varietät derselben Sprache.<br />

«Wenn man <strong>die</strong> Region einer Varietät als Menge<br />

von Gebietspunkten auffasst, so kann man es auch<br />

folgendermassen formulieren: <strong>die</strong> Region einer solchen<br />

Varietät a, <strong>die</strong> [R.B.: eine Orts<strong>mundart</strong>] ist,<br />

bildet keine echte Obermenge über der Region irgendeiner<br />

anderen Varietät b derselben Sprache»<br />

(Ammon 1986, S. 228). Es wäre also falsch, von<br />

einer <strong>liechtenstein</strong>ischen Orts<strong>mundart</strong> zu sprechen.<br />

Es gibt nur eine bestimmte Zahl von Orts<strong>mundart</strong>en,<br />

<strong>die</strong> zusammen <strong>die</strong> Liechtensteinische<br />

Mundart ergeben. Orts<strong>mundart</strong>en sind nicht standardisiert.<br />

Das heisst, dass es keine schriftlich niedergelegten,<br />

verbindlich geltenden Regeln gibt, <strong>die</strong><br />

den Sprachgebrauch bestimmen. Es liegt keine<br />

Grammatik vor, <strong>die</strong> präskriptiv gebraucht wird.<br />

3.2.1.<br />

DIE ERHEBUNG DER LAUTE DER<br />

BASISMUNDART<br />

Die Basis<strong>mundart</strong> ist gemäss unserer Definition ein<br />

archaisches Idealsystem, <strong>die</strong> idealisierte Sprachform<br />

der Orte Liechtensteins in homogener und<br />

konstanter Form. Die Lautung der Basis<strong>mundart</strong><br />

der Orte <strong>des</strong> Fürstentums Liechtenstein wird in<br />

diachroner Analyse sprachgeographisch darge-


stellt. Als Ordnungsprinzip <strong>die</strong>nt das mittelhochdeutsche<br />

Normalsystem, das als solches nie gesprochen<br />

wurde, in der Literatur aber als normatives<br />

System einheitlich gebraucht wurde. «Es entspricht<br />

dialektologischer Tradition, <strong>die</strong> <strong>mundart</strong>lichen<br />

Laute auf das <br />

Vokalsystem zu beziehen. Selbstverständlich besteht<br />

kein Zweifel daran, dass ein <br />

Normalmittelhochdeutsch nie bestanden hat, es ist<br />

ja auch nicht denkbar, dass eine so weiträumige<br />

Sprache je hätte einheitlich sein können» (Haas<br />

1978, S. 107). Es müssen alle mittelhochdeutschen<br />

Laute in allen möglichen Wortstellungen und in<br />

allen möglichen Vokal- oder Konsonantenverbindungen<br />

in ihrer Entwicklung zu den bestehenden<br />

<strong>mundart</strong>lichen Entsprechungen untersucht werden.<br />

Daraus ergibt sich, welche Laute sich in welcher<br />

Umgebung wie entwickelt haben. Es zeigen<br />

sich Tendenzen gleichmässiger Entwicklungen<br />

(z.B. Einfluss <strong>des</strong> Nasals), vor allem aber zeigen<br />

sich jene Wortstellungen und Lautkombinationen,<br />

<strong>die</strong> keinen Einfluss auf <strong>die</strong> Entwicklung der mittelhochdeutschen<br />

Laute gehabt haben. Wir untersuchen<br />

Lautentwicklungen und können dadurch für<br />

<strong>die</strong> Basis<strong>mundart</strong> Entwicklungsregeln festhalten,<br />

<strong>die</strong> wir nachfolgend definieren.<br />

Nachdem sich Jutz als erster unter <strong>die</strong>sem<br />

Aspekt mit der Liechtensteinischen Mundart auseinandergesetzt<br />

hat, kennen wir <strong>die</strong> linguistischen<br />

Bedingungen der Lautentwicklung. Gemäss Untersuchungsanlage<br />

werden Basis<strong>mundart</strong>en und <strong>die</strong><br />

Orts<strong>mundart</strong>en im Jahr 1989 miteinander verglichen,<br />

um somit den Lautwandel und <strong>die</strong> Lautvariation<br />

zu erheben. Die Ergebnisse von Jutz aus dem<br />

Jahr 1925 können daher nicht übernommen werden,<br />

<strong>die</strong> basis<strong>mundart</strong>lichen Daten für unseren<br />

Vergleich müssen für 1989 erhoben werden.<br />

3.2.2.<br />

UNTERSUCHUNGSANORDNUNG<br />

In einem ersten Arbeitsgang wurden sämtliche bei<br />

Jutz festgestellten Lautentwicklungen extrahiert,<br />

systematisiert und zu einem Katalog zusammenge-<br />

DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />

ROMAN BANZER<br />

fasst. Nach einer Überprüfung der Vollständigkeit<br />

wurden <strong>die</strong> bei Jutz genannten Beispiele aufgelistet<br />

und wenn nötig ergänzt, damit für <strong>die</strong> Erstellung<br />

<strong>des</strong> Fragebogens pro Lautentwicklung normalerweise<br />

drei Belege zur Verfügung standen. Bei den<br />

Nasalen war <strong>die</strong>s nicht immer möglich. Daraus ergab<br />

sich eine Liste mit zirka 430 Wörtern. 42<br />

Die Datenerhebung erfolgte durch direkte Befragung<br />

mit Hilfe eines Fragebogens. Die Fragen sind<br />

geschlossen und lassen nur eine richtige Antwort<br />

zu, eben <strong>die</strong> Nennung jenes Wortes, in welchem<br />

der Laut steht, der von uns in <strong>die</strong>ser Stellung erhoben<br />

werden soll. 43<br />

Die Fragen wurden nach Themenbereichen geordnet,<br />

um somit ein freies Gespräch zu ermöglichen.<br />

Die Antworten wurden zur Kontrolle auf Tonband<br />

aufgenommen. Wenn möglich wurde jedoch<br />

während der Aufnahme der vom Proband produzierte<br />

Laut in phonetischer Schrift auf einem Auswertungsbogen<br />

transkribiert.<br />

Pro Gemeinde wurden zwei Gewährspersonen<br />

befragt (vgl. Liste im Anhang). Eine Ausnahme<br />

machte hier lediglich <strong>die</strong> Gemeinde Schellenberg,<br />

weil in der Mundart der Gewährsleute im Weiler<br />

Hinterschellenberg zum Teil vom Rest der Gemeinde<br />

abweichende Formen auftreten. Hier wurden<br />

vier Aufnahmen gemacht.<br />

Die Gewährspersonen erfüllten folgende Voraussetzung:<br />

Hohes Alter, Verbundenheit mit dem Dorf,<br />

keine längerdauernden Auslandsaufenthalte, Mutter<br />

und Vater aus Liechtenstein (wenn möglich aus<br />

dem gleichen Dorf). Pro Dorf wurden eine Frau und<br />

ein Mann befragt. Der Fragebogen lag lediglich<br />

dem Explorator vor.<br />

Um <strong>die</strong> erhobenen Daten zu vergleichen, muss<br />

<strong>die</strong> Gesprächssituation mit den Rededeterminanten<br />

Aufnahmeort, Gesprächsinhalt, Intention, Anzahl<br />

der Kommunikatoren, Stil und Öffentlichkeitsgrad<br />

sowie Alter der Gewährsperson grundsätzlich für<br />

jede Aufnahme identisch sein. Die Rededeterminante<br />

Aufnahmeort ist für uns dann für alle identisch,<br />

wenn der Grad der Vertrautheit <strong>des</strong> Probanden<br />

mit den sozialen und situativen Faktoren möglichst<br />

hoch ist. Die mentale Einstellung zum Ort bestimmt<br />

den Grad der Vertrautheit. Es ist entschie-<br />

179


den wichtiger, alle Probanden an einem von ihnen<br />

ausgewählten und gut bekannten Ort zu befragen,<br />

als beispielsweise alle in das gleiche Schulzimmer<br />

zu bitten, nur um der Regel vom gleichen Aufnahmeort<br />

Genüge zu tun.<br />

Fast alle Fragen entstammen dem bäuerlichen<br />

Leben und sind somit ganz besonders auf <strong>die</strong> Gewährspersonen<br />

zugeschnitten, da <strong>die</strong>se einem<br />

«Jungen» gerne aus ihrer Erfahrung und aus vergangenen<br />

Zeiten erzählten. Es war denn auch vielfach<br />

eher ein Problem, ausschweifende Exkurse zu<br />

bremsen, als <strong>die</strong> Befragten zur Auskunft zu animieren.<br />

Die metakommunikative Aufmerksamkeit auf<br />

das Tonband und den unbekannten Explorator<br />

konnte meist schon nach wenigen Minuten abgebaut<br />

werden. Bei den Aufnahmen gelang es dadurch,<br />

eine ungezwungene Unterhaltung auf Tonband<br />

festzuhalten, <strong>die</strong> dem starren Frage-Antwortrhythmus<br />

nicht unterlag. Ort, Inhalt, Intention, Anzahl<br />

der Kommunikatoren, Stil und Öffentlichkeitsgrad<br />

wurden so gewählt, dass in allen Fällen eine<br />

vertraute und persönliche Gesprächssituation entstand.<br />

In einem kurzen Vorgespräch wurde <strong>die</strong> Intention<br />

der Unterhaltung umschrieben. Damit wurde<br />

eine Situation «weise Alte» - «interessierter<br />

Junger» geschaffen, <strong>die</strong> den Probanden in <strong>die</strong> Rolle<br />

<strong>des</strong> Kundigen brachte. Man kann also davon ausgehen,<br />

dass durch <strong>die</strong>se Voraussetzungen ein Korpus<br />

produziert wurde, in dem <strong>die</strong> einzelnen Laute<br />

natürlich realisiert wurden.<br />

3.2.3.<br />

AUSWERTUNG<br />

Die Exploration der Daten erfolgte in direkter Methode,<br />

für <strong>die</strong> Darstellung wurde ein Weg gewählt,<br />

der von der bisherigen Aufarbeitung sprachgeographischer<br />

Inventare in kleinräumigen Grammatiken<br />

oder Sprachatlanten abweicht. Sowohl <strong>die</strong> kartographische<br />

(vgl. unter anderem SDS und VALTS)<br />

wie auch <strong>die</strong> «erzählende» Bearbeitung 44<br />

der areallinguistischen<br />

Daten haben neben vielen Vorteilen<br />

einen entscheidenden Nachteil: sie bieten keinen<br />

Gesamtüberblick über <strong>die</strong> Entwicklung der einzel­<br />

180<br />

nen mittelhochdeutschen Laute. Beim ersten verlieren<br />

sich <strong>die</strong> Daten auf den Karten, beim zweiten<br />

im Text. Beide Nachteile können durch <strong>die</strong> Darstellung<br />

anhand einer Tabelle umgangen werden. Die<br />

diachrone Betrachtungsweise zeigt sämtliche Entwicklungen<br />

der mittelhochdeutschen Laute in allen<br />

Gemeinden <strong>des</strong> Fürstentums Liechtenstein in tabellarischer<br />

Anordnung.<br />

Innerhalb der Beschreibung eines mittelhochdeutschen<br />

Lautes werden zuerst <strong>die</strong> qualitativen<br />

und dann <strong>die</strong> quantitativen Entwicklungen aufgeführt.<br />

Innerhalb der qualitativen Entwicklungen<br />

werden jene zuerst aufgeführt, <strong>die</strong> dem mhd. Laut<br />

gemäss Normalsystem (Haas 1978, S. 107 ffJ entsprechen<br />

und am häufigsten vorkommen. Die Belegwörter<br />

werden standarddeutsch geschrieben,<br />

wenn sie zur Lexik <strong>des</strong> Standarddeutschen gehören.<br />

Wörter, <strong>die</strong> lediglich in der Lexik der Mundart<br />

vorkommen, werden nach den Diethschen Regeln<br />

geschrieben.<br />

3.3.<br />

DIE LAUTE DER BASISMUNDART<br />

Die nachfolgenden Ausführungen basieren in ihrer<br />

Anlage ebenso auf der Arbeit von Jutz 1925 wie<br />

<strong>die</strong>jenigen über <strong>die</strong> Vokale. In den Fragekatalog zur<br />

Basis<strong>mundart</strong> wurden Wörter in jenen Konditionen<br />

aufgenommen, von denen durch Jutz bekannt war,<br />

dass mögliche Abweichungen vom Mittelhochdeutschen<br />

zu erwarten waren.<br />

«Während <strong>die</strong> Entwicklung der Vokale und<br />

Diphthonge in Südvorarlberg und Liechtenstein<br />

grosse Mannigfaltigkeit zeigt und besonders das<br />

Bild der heute geltenden Qualitäten sehr bunt ist,<br />

haben <strong>die</strong> Konsonanten im allgemeinen eine mehr<br />

einheitliche Entwicklung genommen. Allerdings<br />

finden sich auch im Konsonantismus mancherlei<br />

Verschiedenheiten, <strong>die</strong> zwar dem Charakter <strong>die</strong>ser<br />

Laute entsprechend nicht immer deutlich ins Gehör<br />

fallen, sich aber dennoch bei genauerer Beobachtung<br />

als tiefgreifend erweisen. In<strong>des</strong> erstrecken<br />

sich in der Regel gemeinsame Verhältnisse auf<br />

grössere Gebiete, so dass heute nicht jene Zersplit-


terung festgestellt werden kann, wie sie den Verhältnissen<br />

beim Vokalismus eigentümlich ist» (Jutz<br />

1925, S. 184).<br />

Die folgende tabellarische Auswertung beschreibt<br />

<strong>die</strong> Basis<strong>mundart</strong> der Gemeinden <strong>des</strong> Für­<br />

3.3.1.<br />

DIE VOKALE<br />

3.3.1.1.<br />

DIE KURZEN VOKALE<br />

DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />

ROMAN BANZER<br />

stentums Liechtenstein. Pro Gemeinde wurden in<br />

unserer Untersuchung drei Personen befragt. Pro<br />

Lautentwicklung wurden von der Gewährsperson<br />

drei oder mehr Wörter mit dem entsprechenden<br />

Laut produziert.<br />

Mhd., Bern., Beispiel B T V S P E M G R Sb HSb Tb<br />

M l , .1<br />

Mna. a<br />

a in geschlossener Silbe,<br />

J 1925, S. 56«<br />

'Achsel', 'Backe', 'Hammer'<br />

a, im einsilbigen Wort<br />

vor r + Konsonant<br />

a a a a a a a a a a a a<br />

'schwarz' a a a a a a a a a a a a:<br />

'March' 46<br />

a a a a a a a a a a a a:<br />

'Markt'<br />

a vor sc/*, G 1981, S. 181;<br />

J 1925, S. 109<br />

a a a a a a a a a a a a<br />

'Asche', 'Tasche', 'waschen'<br />

a, Nasalierung<br />

e e B E e 33 33 33 33 33 e 33<br />

47<br />

'an-'<br />

a, Dehnung in offener Silbe im Ul,<br />

J 1925, S. 57<br />

a: a: a: a: a: a: a: a: a: a: a: a<br />

'Gabel', 'Magen', 'Wagen' a a a a a a: a: a: a: a: a 48<br />

a<br />

'Hase'<br />

a, Dehnung vor r + Konsonant,<br />

G 1981, S. 197<br />

a: a a a a a: a: a: a: a: a a<br />

'Abfahrt', 'Garten', 'warm'<br />

a, Dehnung im einsilbigen Wort<br />

a: a: a: a: a: a: a: a: a: a: a: a:<br />

'Gras' a: a: a: a: a: 33. aa: 33: ae: aa: 33: a<br />

Tag'<br />

a, Sonderfälle<br />

a: a: a: a: a: a: a: a: a: a: a: a<br />

'Lärche' 33 33 33 33 33 33 33 33 33 33 33 e:<br />

'sägen', 'tragen' e: s: B: s: B: e: 33: B: B: B: B: 33.<br />

'sagen' 49<br />

s e B s s as: 33: aa: as: B: B 33<br />

'sparen', J 1925, S. 110 s B B s s as: 33: as: 33: 33: B: a<br />

Mhd. e<br />

e, Hebung, Dehnung in<br />

offener Silbe<br />

'eben' e e e e e e: e: e: e: e: e 33<br />

ledig' e e e e e e: e: e: e: e: e e<br />

'Zehen' e e e e e e: e: e: e: e: e e:<br />

e vor / + Konsonant, J 1925, S. 65<br />

'Feld', 'Geld' e B B s e B B e B e e SB:<br />

e vor nasaler Konsonanz<br />

'Lehne' e: e: e: e: e: e: & e: e: e: e: 33:<br />

181


Mhd., Bern., Beispiel B T V S P E M G R S b HSb Tb<br />

e, Senkung vor r + Konsonant,<br />

G 1981, S. 198<br />

'Berg', 'Ferse', 'Gerste' 33 33 33 33 33 33 33 33 33 33 33 33:<br />

Senkung<br />

'gesehen', 'scheren' e e B e s B E B 6 B £ e:<br />

Kürzung<br />

'Herrgott', 'herrlich' e e E e B B £ E £ E B 33<br />

Hebung<br />

'sechs' e e e e e e e e e e e 33<br />

Dehnung in offener Silbe,<br />

G 1981, S. 204; J 1925, S. 62<br />

'Besen', 'kleben', 'weben' s e B e e B: E: B: E: E: 6 33<br />

'Läger' s: s: e: E: e: B: B: s: B: B: B: 33<br />

'Reben' e: s: s: E: B: B: B: B: B: E: B: 33:<br />

Dehnung im einsilbigen Wort,<br />

J 1925, S. 158 f.<br />

'gelb' s: e: e: B: e: E: B: B: B: B: E: 33:<br />

'Mehl' e: e: s: E: s: B: E: B: E: B: B: 33<br />

'Bär' e: e: s: E: B: B: B: s: E: s: B: 33<br />

'Vieh' s: e: e: B: E: E: E: B: B: B: B: e:<br />

[hd. e<br />

vor oraler Konsonanz<br />

'Beck', 'Bett', 'Kessel' e e e e e e e e e e e e<br />

'Kette'<br />

vor nasaler Konsonanz,<br />

J 1925, S. 108 und 148<br />

'denken', 'Hemd',<br />

e e e e e e e e e e e 0<br />

menga 'mancher' e e e e e e e e e e<br />

'Pinsel'<br />

Rundung, J 1925, S. 64 und 106<br />

e e e e e £ e e E e B e<br />

'Apfel', 'dreschen', 'Schwester'<br />

Diphthongierung vor<br />

r + Konsonant, G 1981, S. 201<br />

0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0<br />

'Herbst', 'Kerze', 'März' 52<br />

1:9 1:9 1:9 1:9 1:9 id 19 19 19 19 19 B<br />

'hart'<br />

Diphthongierung und Rundung<br />

vor r +Nasal, G 1981, S. 201<br />

e 1:9 1:9 1:9 1:9 19 19 19 19 19 19 B<br />

'Ärmel', 'Wärme'<br />

Dehnung in offener Silbe<br />

1:9 1:9 1:9 1:9 1:9 Y9 Y9 X9 Y9 X9 Y9 e<br />

'Beeren', Eni r<br />

' 3<br />

'Grossvater' e: e: e: e: e: e: e: e: e: e: e: 55<br />

e<br />

'legen', 'reden' e e e e e e: e: e: e: e;54 e: 56<br />

e


DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />

ROMAN BANZER<br />

Mhd., Bern., Beispiel B T V S P E M G R S b HSb Tb<br />

Mhd. i<br />

i, Senkung vor oraler Konsonanz,<br />

G 1981, S. 194;<br />

J 1925, S. 69 und 72<br />

'Biss', 'Milch', 'Tisch' e e e e e e e e e e e i<br />

aber: 'dick' e i i i i e i i i i i i<br />

'Sieb' e e i: e e i: e i: i: e e i<br />

'sieben' (7)<br />

i, Senkung vor nasaler Konsonanz,<br />

J 1925, S. 72<br />

e e i / e e e e e e e i<br />

'bringen', 'Kind' 57<br />

i, Diphthongierung vor r<br />

/ i i i i i ; i i i i i<br />

'dir' 1:9 1:9 1:9 1:9 1:9 1:9 1:9 1:9 1:9 1:9 1:9 Li<br />

'mir'<br />

i, Rundung und/oder Diphthongierung<br />

vor r + Konsonant,<br />

G 1981, S. 201; J 1925, S. 72<br />

1:9 1:9 1:9 1:9 1:9 Y.-e 1:9 X:9 Y:S Y:9 Y:9 I:<<br />

'Wirt' 0 0 0 0 0 Y9 19 Y9 Y9 Y9 Y9 y<br />

'T-Iir'tp' ' WircfVi 1<br />

mite . rillsun i. c 1. c 1. Ö 1 . o l.Cf I'3<br />

'Birne'<br />

i, Rundung, J 1925, S. 73<br />

1:9 e 1:9 1:9 V.B 1:9 1:9 1:9 1:9 1:9 1:9 f<br />

'Schimmel'<br />

i, Dehnung in offener Silbe<br />

y y y y y y y y y y y y<br />

'schielen', 'Wiese'<br />

i, Dehnung im einsilbigen Wort<br />

e e e e e e: e: e: e: e: e: i<br />

'Schmied' e e e e e e: e: e: e: e: e: i<br />

'Stiel' e: e: e: e: e: e: e: e: e: e: e: i<br />

Mhd. o<br />

o, keine Senkung vor /<br />

'folgen', 'Holz', 'Wolle'<br />

o, Senkung<br />

0 0 0 0 0 0 0 0 o o 0 o<br />

58<br />

(und Dehnung<br />

in offener Silbe)<br />

Cotta 'Patin', Ross 'Pferd' 3 o D 0 0 0 0 0 0 0 o 0<br />

'Boden', 'Hose' 0 0 0 0 0 O: 0: 0: 0: 0: 0: o<br />

'Hof, 'Trog'<br />

o, Senkung vor r + Konsonant<br />

0: 0: 0: O: 0: 0: 0: 0: 0: 0: 0: 0<br />

'Dorn', 'Korn', 'Morgen', 'Torkel' 0<br />

o, teilweise Senkung<br />

0 0 0 0 a a a a a 0 o:<br />

'flott' 0 0 0 0 0 0 o 0 0 0 o o<br />

'Frosch'<br />

o, vor nasaler Konsonanz<br />

0 0 0 0 0 0 o 0 0 0 0 o<br />

'kommen' 59<br />

0 o o 0 0 o 0 D 0 0 0 o<br />

o, Dehnung in offener Silbe<br />

'hobeln', 'Ofen', 'Vogel' o 0 o 0 0 o: o: o: o: o: o o<br />

Mhd. u<br />

u, keine Senkung vor<br />

nasaler Konsonanz<br />

'Hund', 'Sommer' 60<br />

u u u u u u u u u u u u<br />

183


Mhd., Bern., Beispiel B T V S P E M G R Sb HSb Tb<br />

u, Senkung vor oraler Konsonanz<br />

'Brücke', 'Küche' o 0 0 o o o o 0 0 0 0 u<br />

'Rücken' o o o o o 0 o 0 o 0 0 y<br />

aber: 'Fuchs' 0 o o u o u 0 0 u u u u<br />

u, Diphthongierung vor<br />

r + Konsonant, G 1981, S. 201<br />

'Wurzel' 0 o 0 0 0 U9 US aa aa aa u<br />

'Burg* u u o u u aa ua aa aa aa aa u<br />

u, Dehnung in offener Silbe,<br />

G 1981, S. 201<br />

'Stube', 'Zuber' 0 0 0 0 0 o: o: o: o: o: o: u<br />

u, Dehnung im einsilbigen Wort<br />

'Zug' 0 o o 0 o o: o: o: o: o: o: u<br />

Mhd. ä<br />

ä vor oraler Konsonanz<br />

'prächtig'<br />

ä vor r + Konsonant, J 1925, S. 107<br />

B B B e s 33 33 33 33 33 33 33<br />

'Erbsen', 'gerben' B 61<br />

B B B B B B B B B ß as:<br />

'färben' 33 33 33 33 33 33 33 33 33 33 33 as:<br />

ä vor nasaler Konsonanz<br />

(Dehnung in offener Silbe)<br />

Fähnli 'Fähnlein' e: e: e: e: e: e: e: e: e: e: e: as:<br />

ä, Dehnung in offener Silbe, G 1981,<br />

S. 198 und 203; J 1925, S. 108<br />

'Gläser' B: B: B: B: B: 33: 33: 33: e: 33: e: e<br />

'Gräber' B: B: B: B: B: e: e: e: e: 33: e: e<br />

'Räder* B: B: B: B: B: as: as: 33: 33: e: e: e<br />

Flädli 'Flädchen' B: B B B B 33: as: as: 33: aa: £ as:<br />

Rädli 'Rädchen' B: s: El s: B: 33: 33: 33: as: 33: e<br />

Mhd. ö<br />

ö vor oraler Konsonanz,<br />

G 1981, 195; J 1925, S. 113<br />

Götti 'Pate' 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0<br />

'hübsch' 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 y<br />

ö vor nasaler Konsonanz<br />

'können' 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 -62<br />

ö, Dehnung in offener Silbe<br />

'Öfen' 0 0 0 0 0 0: 0: 0: 0: 0: 0.- 0<br />

ö, Senkung vor r + Konsonant 63<br />

'Dörflein', 'Körblein' ce OB ce ce ce 33 33 33 33 33 OB 0;<br />

ö, Senkung und analoge Dehnung<br />

in offener Silbe 64<br />

Hösli 'Höschen' 03 ce 03 ce ce ce: ce: ce: ce: ce: ce: 0<br />

Mhd. ü<br />

ü, Senkung vor oraler Konsonanz,<br />

G 1981, S. 195; J 1925, S. 117, 119<br />

'Füchse', 'Schlüssel' 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 y


DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />

ROMAN BANZER<br />

Mhd., Bern., Beispiel B T V S P E M G R Sb HSb Tb<br />

ü, keine Senkung vor nasaler<br />

Konsonanz, J 1925, S. 120<br />

•fünf y<br />

'wünschen' y<br />

ü, Diphthongierung vor r + Konsonant,<br />

J 1925, S. 117 und 119<br />

y: y: y<br />

y: y: y<br />

y<br />

y<br />

y<br />

y<br />

y<br />

y<br />

y<br />

y<br />

y<br />

y<br />

y<br />

y<br />

y<br />

y<br />

y<br />

y<br />

'Bürger', Türken 'Mais'<br />

ü, Hochalemannische Dehnung<br />

0 0 0 0 0 YS YS YS YS YS YS y<br />

'Türe'<br />

ü, Sonderfälle<br />

0: 0: 0: 0: 0: Y:S Y;S Y.-S Y:S Y/S Y.S y<br />

'dürfte' ce: ce: ce: ce. ce: as: as: as: 7:S 6:<br />

' 33: 0:<br />

Kürbsen 'Kürbisse' 0 0 0 0 0 19 19 YS 19 /s 66<br />

YS y<br />

'mögen' ce ce ce ce ce ce: ce: ce: ce: ce: ce: u<br />

3.3.1.2.<br />

DIE LANGEN VOKALE Mhd. ä<br />

ä, Verdumpfung, J 1925, S. 59<br />

'Adern', 'Abend', 'Schwager' 0: o: 0: o-. c: o: 0: 0: 0: o: o: a:<br />

aber: 'Rahm' 67<br />

d, Hebung, Nasalierung,<br />

J 1925, S. 60<br />

a: a: a: a: o.- o.- a: 0: o: o: 0: o-.u<br />

Omet 'Emd', 'Mond', 'Samen'<br />

äw, J 1925, S. 62<br />

o: o: o: o: o: 5; 5: 5.- 5; 5: 5: a:<br />

'blau', 'grau'<br />

ä, Sonderfall, Hebung<br />

o:u o-.u o-.u o-.u o-.u o-.u o-.u o-.u o-.u o-.u o-.u a:<br />

'Montag'<br />

ä, Sonderfall, Kürzung<br />

e: e: e: e: e: e: e: e: e: e: e: e:<br />

'Monat' (mhd. mänöt) o o o o o 5: 5: 5: 5: 5: 5: a:<br />

Mhd. e<br />

e vor oraler Konsonanz, J 1925, S. 67<br />

rära, grätsa 'weinen' 68<br />

e vor nasaler Konsonanz<br />

E: e: e: e: e: E: E: E: E: E: E: as:<br />

'zehn'<br />

e, Hebung<br />

e e e e e e: e: e: e: e: e: as<br />

'kehren', 'Lehrer', 'Schnee' e: e: e: e: e: e: e: e: e: e: e: e:<br />

e, Hebung, Kürzung, G 1981, S. 205<br />

'Melo<strong>die</strong>' e e e e e e e e e e e e<br />

Mhd. 1<br />

i vor oraler Konsonanz ausser w,<br />

G 1981, S. 205;<br />

J 1925, S. 73<br />

'Eis', 'fein', 'Weib' /: /: f; i: i: i: i: i: i: i: i: i:<br />

i vor nasaler Konsonanz<br />

'Biene', 'sein' (spontan erhoben) /: /: k h i: i: i: i: i: i: i: i:<br />

185


186<br />

Mhd., Bern., Beispiel B T V S P E M G R S b HSb Tb<br />

i, Diphthongierung im Hiatus und<br />

Auslaut vor w<br />

'Blei', 'schneien' sj ej sj sj sj sj sj sj sj sj sj sj<br />

1 Kürzung vor t, G 1981, S. 208;<br />

J 1925, S. 73<br />

'reiten', 'Scheit' / ;' / / /' / / / / / / i:<br />

i, Sonderfälle, G 1981, S. 208;<br />

J 1925, S. 68, 73 u. 120<br />

Zelata "Zeile' e e e e e e e e e e e i<br />

Mhd. 6<br />

6 vor oraler Konsonanz<br />

'Brot', 'Rosen' o: o: o: o: o: o: o: o: o: o: o: o:<br />

6, vor nasaler Konsonanz,<br />

G 1981, S. 205;<br />

J 1925, S. 80<br />

'Bohnen'<br />

6, Sonderfall<br />

'Gehorsam', 'Osten'<br />

Mhd. ü<br />

ü vor oraler Konsonanz,<br />

G1981.S. 209; J 1925, S. 83<br />

'Maus', 'Schaufel'<br />

ü, Kürzung vor nasaler Konsonanz,<br />

G 1981, S. 208; J 1925, S. 85<br />

'Daumen'<br />

'Pflaumen'<br />

aber: 'Laune' (spontan erhoben)<br />

ü, Diphthongierung im Hiatus und<br />

Auslaut vor w, J 1925, S. 85<br />

'Bau'<br />

'Sau', 'Säue' (Ol)<br />

ü, Kürzung vor t, G 1981, S. 208<br />

'Euter', 'Haut'<br />

0: 0: 0: 0: 0: 5: 5: 5: 5: 5: 5: 0:<br />

0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0<br />

u: u: u: u: u: u: u: u: u: u: u: u:<br />

u u u u u u u u u u u u:<br />

u u u u u u u u u u u u<br />

u: u: u: u: u: u: u: u: u: u: u: u:<br />

ou ou ou ou ou ou ou ou ou ou ou ou<br />

ou ou ou ou ou u: u: u: u: u: u: ou<br />

u u u u u u u u u u u u:<br />

Mhd. ce<br />

ae vor oraler Konsonanz, G 1981,<br />

S. 198; J 1925, S. 108 und 110<br />

Teer', 'Schere', 'zäh' e: e: e: e: e: as: as: as: as: as: as: e:<br />

as, Rundung, vor nasaler Konsonanz<br />

'Späne' 0: 0: 0: 0: 0: ce: ce: ce: ce: ce: ce: - 69<br />

ae, Rundung<br />

'häkeln', 'Schwägerin' ce: ce: ce: ce: ce: ce: ce: ce: ce: ce: ce: as:<br />

'später' ce: ce: ce: ce: ce: ce: ce: ce: ce: ce: ce: e:<br />

Tschöka 'Beine' s: ce: 7,1<br />

ae, Diphthongierung, J1925.S. 111<br />

a:<br />

'mähen', 'sähen' e.j s:j e:j s:j s:j e:j s:j e:j s:j e:j s:j e:


DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />

ROMAN BANZER<br />

Mhd., Bern., Beispiel B T V S p E M G R Sb HSb Tb<br />

ae, Kürzung, G 1981, S. 198<br />

gäbig S e e e e « e e e<br />

ae vor nasaler Konsonanz<br />

'käme' e: s: e: ßj et e: e: e: e: e: e: _71<br />

Mhd. ce<br />

03 vor nasaler Konsonanz,<br />

J 1925, S. 116<br />

'Föhn', 'schön' 0: 0: 0: 0: 0: ce: ce: ce: ce: ce: ae: 0:<br />

ce, Hebung, J 1925, S. 115<br />

'böse', 'Grösse' 0: 0: 0: 0: 0: 0: 0: 0: 0: 0: 0: 0:<br />

Mhd. iu<br />

iu vor oraler Konsonanz,<br />

G 1981, S. 203; J 1925, S. 98<br />

'Fliegen'<br />

'Mäuse'<br />

ausserdem: 'drei' (neutrum)<br />

iu vor nasaler Konsonanz,<br />

J 1925, S. 98<br />

y:<br />

y:<br />

y:<br />

y<br />

y<br />

y<br />

y<br />

y<br />

y<br />

y<br />

y<br />

y<br />

y<br />

y<br />

y<br />

y<br />

y<br />

y<br />

y<br />

y<br />

y<br />

y<br />

y<br />

y<br />

y<br />

y<br />

y<br />

y<br />

y<br />

y<br />

y<br />

y<br />

y<br />

cey<br />

y<br />

y<br />

'bräunen'<br />

aber: nünt 'nichts'<br />

iu, Diphthongierung im Hiatus<br />

und Auslaut vor w<br />

'neu' (spontan erhoben),<br />

y:<br />

y<br />

y<br />

y<br />

y<br />

y<br />

y<br />

y<br />

y<br />

f<br />

y y y<br />

2<br />

y<br />

Y<br />

y<br />

Y<br />

y-<br />

Y<br />

y<br />

y<br />

'reuen' (spontan erhoben) Q3j 03] cey ce/' 03J ce/ cey cey cey cey cey cey<br />

'Säue' 72<br />

19 ou ou<br />

'Knie' 03j 03j 03j cey 03j y y y y y y cey<br />

iu Kürzung vor t, G 1981, S. 208<br />

'Kreuz', 'Leute', 'läuten' y y y y y y y y y y y y<br />

3.3.1.3.<br />

DIE DIPHTHONGE Mhd. ei<br />

ei. Monophthongierung,<br />

G 1981, S. 211; J 1925, S. 91<br />

'Leiter', 'Mädchen', 'Teil'<br />

Leiterli 'Leiterchen',<br />

aa: as: as: as: as: a: a: o: o: o: sj sj<br />

'Teile', 'Seile'<br />

ei, Monophthongierung u.<br />

Nasalierung, J 1925, S. 122<br />

as: as: as: as: as: as: as: ce: ce: ce: sj sj<br />

'daheim', 'Stein', 'Zeine' as: as: as: as: as: 5: 5: 5: 5: 5: 5: sj<br />

'Steine'<br />

ei, Sonderfall, keine Monophthongierung<br />

as: as: as: as: as: ce: ce: ce: ce: ce: ce: sj<br />

73<br />

, J 1925, S. 88<br />

'Eier', 'Fleisch', 'heilig' sj sj sj sj sj ej sj sj sj ej sj ej<br />

'Geiss' 74<br />

, 'Geissel' as: as: as: as: as: sj sj sj sj sj sj sj<br />

'Weizen' sj as: as: as: as: sj sj ej ej sj sj sj<br />

187


Mhd., Bern., Beispiel B T V S P E M G R S b HSb Tb<br />

Mhd. öu<br />

öu, Monophthongierung,<br />

J 1925, S.124<br />

'Freude', 'geraucht', 'Heu' 0: 0: 0: 0: 0: 0: 0: 0: 0: 0: 0: cej<br />

öu vor nasaler Konsonanz,<br />

Monophthongierung<br />

söömla 'säumen' 0: 0: 0: 0: 0: de: ce: ce: de: ce: de: - 75<br />

öu. Monophthongierung im Hiatus,<br />

J 1925, S. 125<br />

'freuen', 'heuen', 'streuen' cej cej cej cej cej cej cej cej cej cej cej cej<br />

öu. Monophthongierung u. Kürzung<br />

'Bäume' c e c e c e c e c e c e c e c e c e c e c e e<br />

Mhd. ou<br />

ou vor oraler Konsonanz,<br />

Monophthongierung zu<br />

geschlossenem Vokal,<br />

G 1981, S. 210; J 1925, S. 96<br />

'Augen', 'Laub', 'Taufe' o: o: o: o: o: o: o: o: o: o: o: ou<br />

'Glaube' 0 0 0 0 0 0 : o: o: o: o: o: ou<br />

ou vor nasaler Konsonanz,<br />

Monophthongierung zu<br />

offenem Vokal<br />

'Baum' 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0<br />

ouw, J 1925, S. 96<br />

'Frau', 'hauen' ou ou ou ou ou ou ou ou ou ou ou ou<br />

Mhd. ie<br />

ie vor oraler Konsonanz<br />

Kriesi 'Kirsche', 'Ziegel' t:9 1:9 i:s l:B 1:9 1:9 r.s i:B 1:9 1:9 1:9 1:9<br />

ie, Monophthongierung vor nasaler<br />

Konsonanz, J 1925, S. 100<br />

'Riemen', niena 'nirgends',<br />

'Ver<strong>die</strong>nst' v.s i:9 r.s v.s v.9 e: e: e: e: e: e: 1:9<br />

Mhd. üe<br />

üe vor oraler Konsonanz,<br />

J 1925, S. 125, 161<br />

'Frühling', 'Küfer', 'Kühe' YS 1(<br />

üe, Monophthongierung<br />

vor nasaler Konsonanz (Ul)<br />

'Blümlein', 'grün' Y:S<br />

Mhd. uo<br />

uo Diphthong erhalten<br />

'Kuh', 'Stuhl' 0:9<br />

uo vor nasaler Konsonanz<br />

'Blume', 'tun' u:s<br />

YS Yd YS Yd Y9 Yd YS YS YS YS YS<br />

Y-.s Y-.s Y:s Y.s ce: de: de: de: de: de: Y:S<br />

U:S U:S U:8 U:S U:8 U:S U:9 U:S U:S U:9 U:8<br />

U:S U:S U:S U:S 5: 5: 5: 5: 5: 5: U:S


3.3.1.4.<br />

ABWEICHUNGEN ZU JUTZ<br />

Die vorliegenden Unterschiede in der Lautung von<br />

Jutz und unserer Arbeit gehen zum grössten Teil<br />

auf <strong>die</strong> unterschiedliche Transkription zurück. Der<br />

Transkription der Hochzungenvokale i, ü, u durch<br />

Jutz als offenes [}, u] entspricht in unserer<br />

Transkription [e, 0, o]. Jutz macht auf <strong>die</strong>se Tatsache<br />

selbst aufmerksam: «...doch während <strong>die</strong> geschlossenen<br />

Vokale im aUgemeinden quaütativ sehr<br />

fest und gleichmässig sind, zeigen <strong>die</strong>se [R.B.: <strong>die</strong><br />

DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />

ROMAN BANZER<br />

offenen Vokale] mancherlei, wenn auch nur geringfügige<br />

Schwankungen nach beiden Seiten» (Jutz<br />

1925, S. 199). Es handelt sich demzufolge bei den<br />

meisten Abweichungen nicht um Lautwandelvorgänge,<br />

sondern um Unterschiede in der Transkription.<br />

Die Fälle, wo sich <strong>die</strong> Laute unserer Erhebung<br />

von derjenigen von Jutz unterscheiden, sind mit *<br />

bezeichnet.<br />

Zu erheben, ob in der Zeit seit der Erhebung<br />

durch Jutz ein Lautwandel stattgefunden hat, ist<br />

nicht Ziel unserer Untersuchung.<br />

Betrifft bei Jutz Beispiel unsere Erhebung<br />

a nach nK La] (57) 'machen' la] *<br />

e, Senkung vor mhd. h [?1 'gesehen' (V, S) le]<br />

e vor r im Auslaut 1/1 (106) 'Beere' le.]<br />

i vor Reibelauten Li] (69) 'gepfiffen' [ej<br />

Li] (69) 'gebissen' Ie]<br />

1/1 (69) 'Mist' [e]<br />

auch in Li] (69) 'schwitzen' Ie]<br />

i vor / und /-Verbindungen m (69) 'gespielt' le]<br />

[/] (69) 'billig' [e]<br />

auch in Li] (69) 'Schmitte' le]<br />

i vor r + Konsonant [ia] (106, 183) 'Hirte' L7.e?]*<br />

o vor r + Konsonant [a.] (77) 'Korn' [a]*<br />

u iu} (81) 'Nutzen' lo]<br />

[u] (81) Tupfen' [0]<br />

ö m (H4) 'Öl' [0.1<br />

ü [#(117) 'Flügel' [0]<br />

[£] (118) 'Türe' [0.J<br />

ä vor m, n [ö] (60) 'Samen' lo:, 0':]*<br />

e I/] (67) 'Ehre' le:]<br />

W (67) 'weh' le:}<br />

IT\ (67) 'kehren' le:]<br />

i in (74) 'fein* Ii:]<br />

189


3.3.2.<br />

DIE KONSONANTEN<br />

3.3.2.1.<br />

HALBVOKALE<br />

Betrifft bei Jutz Beispiel unsere Erhebung<br />

ö W (79) 'Brot' [o.-l<br />

[ü] (79) 'bloss' lo:]<br />

M (79) 'zwei' n. lo:]<br />

6 vor nK [öl (80) 'donnern' lo]*<br />

03 [#(115) 'hören' [0.]<br />

iu im Auslaut vor w [Qu] (99) 'Säue' [ou]*<br />

öu vor nK [Ü] (124) 'Heu' [0.'1<br />

ou [ü] (95) 'Laub' lo:]<br />

[$ (95) 'taufen' lo:]<br />

[gl (95) 'Auge' lo.-l<br />

Mhd. > Mda. Beispiele<br />

Mhd. w<br />

w > [v]<br />

w<br />

> [m]<br />

uow > [oeb]<br />

w in ouw<br />

fällt aus<br />

Mhd.j<br />

j > Ü]<br />

y fällt aus<br />

allgemein im Anlaut, [vslu] [1] - allgemein im In- und Anlaut, [le:r] 'Lehrer'<br />

- im Auslaut nach langem Vokal, [me:l] 'Mehl', [tae.-l] 'Teil'<br />

/ > [II] - im Auslaut nach kurzem Vokal, [moll] moll, [voll] 'voll'<br />

/ fällt aus - in Wörtern in schwachtoniger Satzstellung, [as], [ase] 'als'


3.3.2.3.<br />

NASALE Mhd. > Mda. Beispiele<br />

DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />

ROMAN BANZER<br />

Mhd. m<br />

m > [m] - im Anlaut allgemein, [me:jB] 'mähen'<br />

- im Inlaut nach r und /, [i:erml] 'Ärmel'<br />

- im Auslaut nach r und /, [wa:rm] 'warm'<br />

- im Auslaut, [bom] 'Baum'<br />

- intervokalisch, [pTarntj] 'Pflaume'<br />

m > [n] - vor Dental, [khunj] '(du) kommst'<br />

-mb- > Im] - Assimilation, [imme] Imme 'Biene' 77<br />

, Lfimml] 'Schimmel'<br />

m fällt aus - Tb, [cuj] '(du) kommst<br />

Mhd. n<br />

n > [n] - allgemein in allen Umgebungen, [khorn] 'Korn', [nase] 'Nase',<br />

[wmtar] 'Winter'<br />

nn > [nn] - zwischen Vokalen, [khonns] 'können', [tsennß] zenna 'verspotten',<br />

n > [m] - nur in: [bemsl] 'Pinsel', [hampfh?] hampfla 'Handvoll'<br />

n fällt aus - mit Ersatzdehnung vor Spirans [fy.f] 'fünf<br />

- im Auslaut [jtae:] 'Stein', [a:] 'an'<br />

- in Triesenberg Vokalisierung im Auslaut, [do:re] 'Dornen', [ho:rß]<br />

'Horn', [xo:re] 'Korn'<br />

- Ausfall in 'Fenster', [fejtar]<br />

- in Triesenberg aber: [faenjter]<br />

3.3.2.4.<br />

LABIALE Mhd. pf, ph<br />

pf > [pf] - in Anlaut, [pfar] 'Pfarrer', [pflummB] 'Pflaume'<br />

- im Auslaut nach m [khrampf] 'Krampf, [/trumpf] 'Strumpf<br />

- nach r, [kharpfe] 'Karpfen' (sp), aber: [Ja:rf] 'scharf<br />

- nach kurzen Vokalen, [epfj] 'Apfel', [tsapfe] 'Zapfen'<br />

Mhd. p<br />

p > [pl - in der Verbindung sp, [hajpl] 'Haspel'<br />

- in Lehnwörtern, [plate] 'Platte', [pres] 'Presse'<br />

p > [p] - im Auslaut [rap] 'Rabe'<br />

p > [b] - [bemzj] 'Pinsel', [budle] Budle 'Flasche'<br />

Mhd. b<br />

b > [b] - im Anlaut erhalten, [bom] 'Baum'<br />

- im Inlaut, [faerbe] 'färben'<br />

- im Auslaut, [khorb] 'Korb'<br />

b > [p] - Anlautverhärtung bei den Vorsilben be-, ge- und Synkope, [paöt]<br />

'gebaut'; ausserdem [pu-.r] 'Bauer'<br />

- Fortisierung vor Konsonant bei Synkope eines Vokals, [hierpft]<br />

'Herbst'<br />

- Tb, [dope] 'droben', [ajopu] 'heroben'<br />

Mhd./ v<br />

f > [f] - allgemein in allen Wortstellungen, [loft] 'Luft', [elf] 'elf, [fae:] 'Vieh'<br />

/ > hf] - anlautend in bestimmten Wörtern, [pTegl] 'Flegel', [pfo:] 'Föhn'<br />

191


3.3.2.5.<br />

GUTTURALE Mhd. > Mda. Beispiele<br />

Mhd. k, ck<br />

k > [kl - nach [rj], [turjkj] 'dunkel', [rarjk] 'Rank'<br />

k > [kh] - allgemein im Anlaut, [khind] 'Kind', [khoa] 'Kuh' 79<br />

ck > [kh] - [bekh] 'Beck'<br />

k > [c] - im Auslaut nach / und r, [khalc] 'Kalk', [marc] 'March'<br />

- in Triesenberg im Anlaut, [calx] 'Kalch', [ce:rg] 'kehren', [gxafar]<br />

Chüefer 'Küfer'<br />

[cyrbse] 'Kürbse'<br />

k > [g] - in Triesenberg nach [rj], [turjgj] 'dunkel', [rang] 'Rank'<br />

k > [x] - in Triesenberg, [calx] 'Kalk', [marx] 'March', [melxe] 'melken'<br />

Mhd.gr<br />

g > [gl - unregelmässig im Anlaut, [geld] 'Geld'<br />

- regelmässig im In- und Auslaut ausser nach n, [wage] 'Wagen',<br />

[wo:g] 'Waage',<br />

g > [k] - unregelmässig im Anlaut, [kmaemd] 'Gemeinde', [kfel] 'Glück',<br />

[kcjmpe] gumpa 'hüpfen'<br />

n<br />

9 > tOgl - [menge] menga 'mancher'<br />

g fällt aus - in der 2./3. Pers. Sing. Präs. in den Verben 'sagen', 'legen',<br />

'tragen', [se:jt] '(du) sagst'<br />

Mhd. h<br />

h > [h] - allgemein im Anlaut, [hammar] 'Hammer', [hentje] Hentscha 'Handschuh'<br />

- in der Verbindung mhd. ht, [nact] 'Nacht'<br />

h > [k] - im Inlaut vor s, [seks] 'sechs'<br />

h fällt aus - unregelmässiger Schwund im Auslaut, [tse:] 'zäh'<br />

- in Triesenberg, [kse:] 'gesehen'<br />

h > [x] - in Triesenberg im In- und Auslaut, [raexe] 'Rechen', [naxt] 'Nacht',<br />

[tS33:X] 'zäh'<br />

Mhd. ch<br />

ch > [5] - im Auslaut nach Vokal, [tac] 'Dach'<br />

ch > [h] - zwischen Vokalen, [bahe] 'backen', [mang] 'machen', [ksehe]<br />

'gesehen'<br />

ch > [x] - in Triesenberg, [baxe] 'backen', [tax] 'Dach', [maxe] 'machen'<br />

3.3.2.6.<br />

DENTALE Mhd. t, d<br />

t > [t] - allgemein im Anlaut, [tonnare] 'donnern', [torkj] 'Torkel'<br />

- im In- und Auslaut nach Liquid, [wort.] 'Wort'<br />

- im In- und Auslaut nach Vokal, [Jmete] 'Schmiede'<br />

t > [d] - in Triesenberg Auslautlenisierung, [bro:d]'Brot' 80<br />

, [hu:d]'Haut',<br />

[nitsigend] nitzigend<br />

d > [d] - allgemein im Anlaut, [donjtig] 'Donnerstag', [donne] 'drunten'<br />

- im Oberland allgemein im In- und Auslaut, [haJde] 'Halde',<br />

[hund] 'Hund'<br />

- in Triesenberg, [ba:ld] 'bald', [gaeld] gell<br />

192


Mhd. > Mda. Beispiele<br />

DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />

ROMAN BANZER<br />

t, d fällt aus - im Unterland regelmässiger Ausfall <strong>des</strong> d in den Kombinationen<br />

-nd, -Id-, [halB] 'Halde', [nun] 'Hund', [va:l] 'Wald', [ba:l] 'bald',<br />

[gel] gell s<br />

\ [hinns] hinna 'hinten', [hunns] hunna 'herunten'<br />

- im Oberland Ausfall <strong>des</strong> d in den Wörtern 'bald', gell, 'hinten',<br />

'herunten'<br />

tw > [tswl - [tswag] 'Zwang', [tswerg] 'Zwerg'<br />

Mhd. z, tz<br />

z > [Is] - im Anlaut, [tsiegj] 'Ziegel', [fcapfe] 'Zapfen'<br />

- im Inlaut nach /, r, n, [ha:rts] 'Harz'<br />

zz > [ts] - [wa;:tSB] 'Weizen'<br />

Mhd. s, z (lang)<br />

s > [z] - allgemein im An-und Auslaut, [ze:jB]'sähen', [gra:z]'Gras',<br />

- im Inlaut vor /, [hazlg] Hasla 'Haselstauden', [1sy:zlB] 'zeuseln',<br />

[bemzj] 'Pinsel'<br />

s > [s] - [ros] 'Ross'<br />

zz > [ss] - Geminata blieb erhalten, [g33:ss] 'Geiss', LflossJ] 'Schlüssel',<br />

[wasser] 'Wasser'<br />

s > [f] - allgemein vor p und t, teilweise auch vor ', m, n, w, LfprirjB]<br />

'springen', [alt] 'Ast',<br />

[lletB] 'Schlitten', [Imed] 'Schmied', [Inabl] 'Schnabel'<br />

- nach starktonigem Vokal vor r, [ferli] 'Ferse'<br />

- in Triesenberg: [i:l] 'Eis', [hyji] 'Häuslein' 82<br />

s fällt aus - [b:nd] '(sie) lassen' 83<br />

, [narniB] nämma 'weiss nicht was'<br />

Mhd. sch<br />

sch > [|] - allgemein in allen Wortstellungen, LfimmJ] 'Schimmel', [dreh]<br />

'Dresche'<br />

193


3.4.<br />

SPRACHGEOGRAPHISCHE UNTERSCHIEDE<br />

3.4.1.<br />

DAS UNTERLAND<br />

Liechtenstein ist aufgeteilt in zwei Landschaften,<br />

das Ober- und das Unterland. Diese Teilung begründet<br />

sich aus der Geschichte. Der heutige Staat<br />

Liechtenstein entstand durch den Kauf der Herrschaft<br />

Schellenberg (16991 und den Kauf der Grafschaft<br />

Vaduz (1712) von den Grafen von Hohenems<br />

durch <strong>die</strong> Familie Liechtenstein. Die Trennung der<br />

beiden Landschaften lässt sich aber noch weiter in<br />

der Geschichte zurückverfolgen. Im Frühmittelalter<br />

gehörte das Unterland als Teil <strong>des</strong> Bistums Chur<br />

zum Drusianischen Kapitel, das einen grossen Teil<br />

Vorarlbergs umfasste, während<strong>des</strong>sen das Oberland<br />

zum Kapitel Unter der Landquart gehörte. Diese religiöse<br />

Teilung lässt sich im Karolingerreich auch<br />

auf politischer Ebene beobachten. So gehörte das<br />

Unterland zum Drusianischen Ministerium und das<br />

Oberland zum Ministerium Unter der Landquart.<br />

Die beiden Landschaften waren bis in unser<br />

Jahrhundert geographisch und topographisch getrennt.<br />

Das ausgedehnte Ried zwischen Schaan als<br />

nördlichster Gemeinde <strong>des</strong> Oberlands und dem Unterland<br />

war zwar kein unüberwindliches Hindernis,<br />

verstärkte durch <strong>die</strong> grosse Ausdehnung <strong>die</strong> Abgrenzung<br />

aber deutlich. Der Scheidgraben, der <strong>die</strong><br />

beiden Landschaften heute noch trennt, ist so immer<br />

noch eine deutliche Sprachgrenze zwischen<br />

den Mundarten <strong>des</strong> Ober- und Unterlan<strong>des</strong>.<br />

Der Zollvertrag mit Österreich (1852) und <strong>die</strong> Bedeutung<br />

Feldkirchs als Marktstadt bewirkten eine<br />

deutliche Anbindung <strong>des</strong> Unterlan<strong>des</strong> an das österreichische<br />

Nachbarland. Noch heute ist zu spüren,<br />

was bis zum Zollabschluss mit der Schweiz (1924) viel<br />

194<br />

Abb. 1: Die sprachgeographischen<br />

Unterschiede<br />

zwischen dem Oberland<br />

(Ol) und dem Unterland<br />

(Ul).<br />

Er Merkmal Beispiel Ol Ul<br />

1 DoS Magen' fal fal<br />

6 a vor sch 'Asche' N [ae]<br />

8 e vor nK 'denken' W m<br />

9 germ e 'Weg' W [ae]<br />

13 i vor r + Kons 'Wirt' [0] [xe]<br />

16 o vor r + Kons 'Korn' [0] [a]<br />

17a cen vor nK 'Föhn' [0-.] [ce:]<br />

18 ö vor r + Kons 'Körblein' [ce] N<br />

21 u vor r + Kons 'Wurzel' [o] [O0]<br />

24 ü vor r + Kons 'Bürger' [0] [X6]<br />

26 ä vor nK 'Samen' [o:] [5:]<br />

27 ce vor nK 'käme' I«:] m<br />

28 6 vor nK 'Bohnen' [o:] [5:]<br />

30 ei vor oK 'Leiter' [ae;] [Ö:,d:]<br />

30a ei vor oK 'Fleisch' [ae:ßj] [sj]<br />

31 ei vor oK, Plural 'Seile' [ae:] [Ö3:,88:]<br />

35 ei vor nK 'Stein' [ae:] [5:]<br />

36 ei vor nK, Plural 'Steine' [ae:] [Ö3:]<br />

40 ie vor nK 'Riemen' [US] m<br />

41 uo vor nK 'Blume' M l [5:]<br />

42 üe vor nK 'grün' [*:a] [ce:]


deutlicher war: Feldkirch in Vorarlberg war Orientierungspunkt<br />

für das Liechtensteiner Unterland.<br />

Diese politische, religiöse, wirtschaftliche und<br />

kulturelle Ausrichtung <strong>des</strong> Unterlan<strong>des</strong> mag auch<br />

Grund sein für <strong>die</strong> doch erheblichen Unterschiede in<br />

den Mundarten <strong>des</strong> Ober- und Unterlan<strong>des</strong>. Auffällig<br />

ist in <strong>die</strong>sem Zusammenhang, dass es zwischen<br />

der nördlichsten Gemeinde <strong>des</strong> Oberlan<strong>des</strong> und der<br />

südlichsten Gemeinde <strong>des</strong> Unterlan<strong>des</strong> keinen kontinuierlicher<br />

Übergang in den Lautungen gibt, indem<br />

sich <strong>die</strong> für das Unterland typischen Lautungen<br />

in ihrer Häufigkeit <strong>des</strong> Auftretens in unterschiedlichen<br />

Konditionen von Norden nach Süden verlieren.<br />

Im Gegenteil: der Scheidgraben trennt <strong>die</strong> Dialekte<br />

<strong>des</strong> Oberlan<strong>des</strong> und <strong>des</strong> Unterlan<strong>des</strong> bis auf<br />

wenige Ausnahmen mit einem harten Schnitt. So<br />

lassen sich für Schaan in unserer Untersuchung nur<br />

vereinzelt Laute finden, <strong>die</strong> eine Nähe zu den Unterländer<br />

Mundarten zeigen. Schaan als Grenzgemeinde<br />

zum Unterland gehört sprachlich eindeutig zum<br />

Oberland.<br />

8 4<br />

Er l<br />

DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />

ROMAN BANZER<br />

Das Ergebnis der dialektgeographischen Differenzierung<br />

ist sehr auffällig. Was sich auf Grund der<br />

geschichtlichen Grundlagen vermuten Hess, trifft<br />

auch sprachlich zu. Das Oberland und das Unterland<br />

unterscheiden sich in ihren Mundarten deutlich.<br />

An der Grenze Ober- und Unterland finden sich<br />

gemäss den Erhebungen zur Basis<strong>mundart</strong> 22 Isophone<br />

als Grenzlinien, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Ausdehnung der<br />

Oberländer und Unterländer Mundarten beschränken.<br />

Die Isophone betreffen vor allem <strong>die</strong> unterschiedliche<br />

Entwicklung der mhd. Laute in den<br />

Konditionen Vokal in nasaler Umgebung, Vokal vor<br />

r und Konsonant und <strong>die</strong> unterschiedliche Entwicklung<br />

<strong>des</strong> mhd. ei. Lediglich ein Isophon beschreibt<br />

<strong>die</strong> Entwicklung eines mitthochdeutschen Konsonanten,<br />

nämlich den Schwund von mhd. d im Inund<br />

Auslaut. Typisch für das Unterland ist auch <strong>die</strong><br />

konsequente Dehnung der Vokale in offener Silbe.<br />

Diesbezügliche, weiter unten beschriebene Ausnahmen<br />

betreffen vor allem den Weiler Hinterschellenberg<br />

in der Gemeinde Schellenberg.<br />

Unterland (E, M, G, Sb, HSb) Beispiel Oberland (B, T, V, S)<br />

Konsequente Dehnung Partielle Dehnung<br />

in offener Silbe in offener Silbe<br />

[ma:gE] 'Magen' [magB]<br />

[Ja:bB] 'Schaben' [Jabe]<br />

[wa:ge] 'Wagen' [wagB]<br />

[tra3:gB] 'tragen' [tre:gB]<br />

[zae:gB] 'sägen' [ze:gB]<br />

Er 6 Mhd. a > [33] vor sch Mhd. a > [e] vor sch<br />

[seih] 'Asche' leih]<br />

[teejjn] 'Tasche' [teih]<br />

[WSSJJB] 'waschen' [weih]<br />

Er 7/9 Die mda. Entsprechungen Die mda. Entsprechungen<br />

von mhd. e und ä von mhd. e und ä sind<br />

unterscheiden sich qualitativ. qualitativ gleich<br />

[mes] 'Messe' [mes]<br />

[we:g] 'Weg' [we:g]<br />

[basgh] 'Bächlein' [beeil]<br />

[taedi] 'Täli' [te:ll]<br />

Er 8 Mhd. e > [e] vor Nasal Mhd. e > [e] vor Nasal<br />

[derjkB] 'denken' [derjkB], in Balzers [e]<br />

195


Unterland (E, M, G, Sb, HSb) Beispiel Oberland (B, T, V, S)<br />

Er 13 Konsequente Diphthongierung<br />

<strong>des</strong> mhd. i vor r + Kons<br />

[w*ert]<br />

[hrart]<br />

'Wirt'<br />

'Hirte'<br />

Er 16 Mhd. o > [a] vor r + Kons<br />

[darn] 'Dorn'<br />

[kharn] 'Korn'<br />

[marn] 'morgen'<br />

Er 17a Mhd. ce > [ce:] vor Nasal<br />

[pfVje:] 'Föhn'<br />

Er 18 Mhd. ö > [a?] vor r + Kons<br />

[dasrn] 'Dornen'<br />

[khsrbli] 'Körblein'<br />

[khaernli] 'Körnlein'<br />

Er 21 Diphthongierung <strong>des</strong> mhd. u<br />

vor r + Kons<br />

[buerg]<br />

[wu:8rtsk?]<br />

Er 24 Diphthongierung <strong>des</strong> mhd. ü<br />

vor r + Kons<br />

[bx erger]<br />

[t*erke]<br />

Er 26 Mhd. ä > [5:] vor Nasal<br />

[5:met] 'Emd'<br />

[z5:me] 'Samen'<br />

Er 27 Mhd. a3 > [e.-] vor Nasal<br />

[khäm]<br />

Er 28 Mhd. ö > [5:] vor Nasal<br />

[böme]<br />

Partielle Diphthongierung<br />

<strong>des</strong> mhd. i vor r + Kons<br />

[wart]<br />

[liiert]<br />

Mhd. o > [o] vor r + Kons<br />

[dorn]<br />

[khorn]<br />

[morn]<br />

Mhd. oe > [0:] vor Nasal<br />

[pfo:]<br />

Mhd. ö > [ce] vor r + Kons<br />

[dcern]<br />

[khoerbli]<br />

[khcernli]<br />

Keine Diphthongierung<br />

<strong>des</strong> mhd. u vor r + Kons<br />

'Burg' [borg]<br />

'Wurzel' [worfele]<br />

Keine Diphthongierung<br />

<strong>des</strong> mhd. ü vor r + Kons<br />

'Bürger' [borger]<br />

Türken [torke]<br />

'käme'<br />

'Bohnen'<br />

Er 30 Mhd. ei > [a:, 0:] vor Oral<br />

[lo:tere, -a:-] 'Leiter'<br />

[mo:tli, -a:-] 'Mädchen'<br />

[to:l, -a:-] 'Teil'<br />

Er 30a Keine Monopthongierung<br />

Mhd. ei > [ej]<br />

[flejj] 'Fleisch'<br />

[gejs] 'Geiss'<br />

[wejtse] 'Weizen'<br />

Mhd. ä > [0:] vor Nasal<br />

[o:met]<br />

[zo:me]<br />

Mhd. 33 > [e:] vor Nasal<br />

[khe:m]<br />

Mhd. ö > [o:] vor Nasal<br />

[bo:na]<br />

Mhd. ei > [33:] vor Oral<br />

[la3:tere]<br />

[m33:tll]<br />

[faerl]<br />

Partielle Monopthongierung<br />

Mhd. ei > [33:, ej]<br />

[flaaij, -ej-]<br />

[g33:S, -ej-]<br />

[w33:tSB, -ej-]


DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />

ROMAN BANZER<br />

Unterland (E, M, G, Sb, HSb) Beispiel Oberland (B, T, V, S)<br />

Er 31 Mhd. ei > [ae:, ce:]<br />

vor Oral, Plural<br />

[103:t8rll, -33:-]<br />

[ZCB:1, -33:-]<br />

[t03:l, -33:-]<br />

Er 36 Mhd. ei > [ce:]<br />

vor Nasal, Plural<br />

'Leiterchen'<br />

'Seile'<br />

'Teile'<br />

Er 35 Mhd. ei > [5:] vor Nasal<br />

[deh5:m] 'daheim'<br />

[/tos] 'Stein'<br />

[tsömB] 'Zeine'<br />

Steine'<br />

Er 40 Mhd. ie > [§:] vor Nasal<br />

[nemu] 'nirgends'<br />

[re:me] 'Riemen'<br />

[verdemjt] 'Ver<strong>die</strong>nst'<br />

Er 41 Mhd. uo > [5:] vor Nasal<br />

[bl5:me] 'Blume'<br />

[tö:] 'tun'<br />

Er 42 Mhd. üe > [ce-.] vor Nasal<br />

[blö3:mli] 'Blümlein'<br />

[grce:] 'grün'<br />

Er 48 Regelmässiger Ausfall <strong>des</strong> d in<br />

den Kombinationen<br />

-nd (im Auslaut) und -Id-<br />

[ha:lB] 'Halde'<br />

[hun] 'Hund'<br />

[wa:l] 'Wald'<br />

Mhd. ei > [ae:]<br />

vor Oral, Plural<br />

[l33:terll]<br />

[Z33:l]<br />

[tae:l]<br />

Mhd. ei > [ae-.] vor Nasal<br />

[dahae:m]<br />

[Jtae:]<br />

[tS33:ne]<br />

Mhd. ei > [ae:]<br />

vor Nasal, Plural<br />

[ftSß:]<br />

Mhd. ie > [v.a] vor Nasal<br />

[ni:enB]<br />

[ri:amB]<br />

[vardi:enjt]<br />

Mhd. uo > [n:e] vor Nasal<br />

[blu:emB]<br />

[to:a]<br />

Mhd. üe > [Y:e] vor Nasal<br />

[bk:amh]<br />

[gn£:a]<br />

Kein Ausfall <strong>des</strong> d in den<br />

Kombinationen -nd<br />

(im Auslaut) und -Idthaddu]<br />

[hund]<br />

[wa:ld]<br />

197


3.4.1.1.<br />

DAS A- UND DAS O-GEBIET IM UNTERLAND<br />

Im Unterland gibt es dialektgeographisch zwei Gebiete,<br />

<strong>die</strong> sich in der Lautung unterscheiden. Das a-<br />

Gebiet umfasst <strong>die</strong> Gemeinden Eschen und Mauren.<br />

Hier wird mhd. ei vor oraler Konsonanz zu<br />

[a:]. Das o-Gebiet umfasst <strong>die</strong> Gemeinden Gamprin/Bendern,<br />

Schellenberg (nicht Hinterschellenberg)<br />

und Ruggell. Hier wird mhd. ei vor oraler<br />

Konsonanz zu [o:]<br />

198<br />

Abb. 2: Die sprachgeographischen<br />

Unterschiede<br />

zwischen dem a-Gebiet<br />

(Eschen, Mauren) und dem<br />

o-Gebiet (Gamprin, Schellenberg,<br />

Ruggell).<br />

Das a-Gebiet<br />

Eschen, Mauren<br />

Er 30 Mhd. ei > [a:] vor Oral<br />

[la:t8re]<br />

[ma:tli]<br />

[tad]<br />

Er 31 Mhd. ei > [33:]<br />

vor Oral, Plural<br />

[lae:terli]<br />

[za3:l]<br />

ttae:l]<br />

Er Merkmal Beispiel o-Gebiet a-Gebiet<br />

30 ei vor oK 'Leiter' [a:] [o:]<br />

31 ei vor oK, Plural 'Seile' [se:] [ce:]<br />

Das o-Gebiet<br />

Beispiel Gamprin, Ruggell, Schellenberg<br />

Mhd. ei > [0:] vor Oral<br />

'Leiter' [b:terB]<br />

'Mädchen' [mo:tli]<br />

'Teil' [to:l]<br />

Mhd. ei > [ce:]<br />

vor Oral, Plural<br />

'Leiterchen' [lce: ter Ii]<br />

'Seile' [zoe:l]<br />

'Teile' [te:l]


3.4.1.2.<br />

HINTERSCHELLENBERG<br />

Der Weiler Hinterschellenberg hebt sich in einzelnen<br />

Lautentwicklungen von den Weilern Mittelschellenberg<br />

und Vorderschellenberg ab. Auffällig<br />

ist hier das Zusammengehen verschiedener Lautungen<br />

mit dem Oberland. So realisieren <strong>die</strong> Gewährspersonen<br />

vom Hinterschellenberg <strong>die</strong> mda. Entsprechungen<br />

zu mhd. e, ä und o, ö vor r + Konsonant<br />

gleich wie im Oberland. Ausserdem werden<br />

<strong>die</strong> Vokale in offener Silbe im Gegensatz zum Unterland<br />

nur partiell, und zwar gleichgehend mit dem<br />

Oberland, gedehnt. Ortstypisch für den Hinterschellenberg<br />

ist <strong>die</strong> Entwicklung von mhd. ei vor Oral (im<br />

Gegensatz zum a- oder o-Gebiet) zu mda. [ej:]. Die<br />

Unterschiede zum Unterländer Dialekt lassen sich<br />

teilweise durch <strong>die</strong> geographische Lage <strong>des</strong> Hinterschellenbergs<br />

begründen. Der Weiler liegt am nördlichen<br />

Abhang <strong>des</strong> Eschnerbergs, unmittelbar an<br />

der Grenze zu Österreich. Gemäss Auskunft von<br />

Hinterschellenberger Gewährspersonen haben <strong>die</strong><br />

Hinterschellenberger immer wirtschaftlichen und<br />

kulturellen Kontakt zur österreichischen Nachbargemeinde<br />

Nofels gehabt. Gemäss VALTS realisieren<br />

<strong>die</strong> Einwohner von Nofels von den Lautentwicklungen,<br />

bei denen der Hinterschellenberg vom Unterland<br />

abweicht, lediglich mhd. ae gleich wie <strong>die</strong> Einwohner<br />

<strong>des</strong> Hinterschellenbergs. Gabriel notiert im<br />

VALTS auf Karte 2 sowohl für das Oberland, Unterland<br />

und Nofels in den Wörtern Faden, Wagen lange<br />

Quantität <strong>des</strong> Haupttonvokals. Gemäss unserer Erhebung<br />

ist <strong>die</strong> Dehnung in offener Silbe im Oberland<br />

und in Hinterschellenberg nur partiell durchgeführt<br />

worden und gilt für Faden, Wagen nicht.<br />

DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />

ROMAN BANZER<br />

Er Merkmal Beispiel Sb HSb<br />

1 DoS 'Magen' [a:] [a]<br />

7 ä im Diminutiv 'Bächlein' [ae] M<br />

16 o vor r + Kons 'Korn' [a] W<br />

18 ö vor r + Kons 'Körblein' N [ce]<br />

30 ei vor oK 'Leiter' [o:]<br />

31 ei vor oK, Plural 'Seile' [ce:] leJT<br />

35 ei vor nK 'Stein' [ae:] [5:]*<br />

* nicht gleich wie im Oberland<br />

Abb. 3: Die sprachgeographischen<br />

Unterschiede<br />

zwischen Schellenberg<br />

und Hinterschellenberg.<br />

199


Schellenberg Beispiel Hinte.rschellenberg<br />

Konsequente Dehnung<br />

in offener Silbe<br />

Er 1 [ma:ge] 'Magen'<br />

[ja.:b,B] 'Schaben'<br />

[wa:ge] 'Wagen'<br />

[trae:gB] 'trägen'<br />

[za3:gBi 'sägen'<br />

,Er 7/9 Die mda. Eritspfechungen von<br />

mhd. e! und ä unterscheiden sich ,<br />

von mhd. e und ä sind<br />

qualitativ<br />

[mes] 'Messe'<br />

twe:g] ( 'Weg'<br />

[baecli] * 'Bächlein'<br />

[ta3:li] Tali'<br />

Er 16 Mhd. o > [a] vor r + Kons<br />

[darn]<br />

[kharn]<br />

[marri]<br />

Er 18 Mhd. ö > las] vor r + Kons<br />

[daerrp<br />

[khajrbli]<br />

[khasrnh]<br />

Er 30 Mhd. ei > |o:l vor Oral<br />

[lodere]<br />

[ma:tli]<br />

lto:l]<br />

Er 31 Mhd. ei > |u;:|<br />

vor Oral, Plural<br />

[Ice-tarli]<br />

[zcel]<br />

[t03:l]<br />

Partielle Dennungln offener<br />

Silbe ['<br />

[mage] -<br />

Üabe]<br />

[wäge]<br />

ltre:gt?| ,<br />

[Ze":ge] '\ l<br />

Die mda. Entsprechungen<br />

qualitativ,gleiclr»<br />

[mes]<br />

[we:g|<br />

:<br />

[bech]<br />

[te:h]<br />

Mhd. o > |D] vorr 4- Kons<br />

'Dorn' Idbrn] :V :"<br />

'Korn' [khorn] * , f<br />

'morgen' , Imornl •<br />

Mhd. ö > Joe] vor r f- Kons<br />

'Dornen' [dcern]<br />

'Kqfbleln' [khcerbli] •<br />

'Körnlein'- [khcernliL.<br />

Mhd. ei S> ,[ej] vor Oral }<br />

'Leiter' 'Dejterp] -; |<br />

'Mädchen' [m'ejtli]<br />

'Teil' ' ( tteji]<br />

i ' { ;/ |<br />

Mi.d.. ei >|['ej] :*<br />

VQi Oral,; Plural * , .<br />

'Leiterchen' [lejterli]<br />

'Seile' [zejl] 4<br />

Teile'' [tejl] ' ;


3.4.2.<br />

DAS OBERLAND<br />

3.4.2.1.<br />

BALZERS<br />

Als südlichste Talgemeinde im Oberland an der<br />

Grenze zu Graubünden hebt sich <strong>die</strong> Gemeinde Balzers<br />

in ihrer Lautung von den sonst gängigen Realisationen<br />

der Lautungen in den Oberländer Ortschaften<br />

ab. Die Einwohner von Balzers sind noch heute<br />

wegen einiger sprachlicher Besonderheiten gerne<br />

Anlass zu Spott und Neckereien durch <strong>die</strong> Nachbargemeinden.<br />

Bislang wurde aber weder das Sprechtempo,<br />

noch <strong>die</strong> eigene Klangfarbe wissenschaftlich<br />

untersucht, obwohl <strong>die</strong>se als besonderes Charakteristikum<br />

von Balzers gelten. Wir haben uns in unserer<br />

Arbeit auf <strong>die</strong> Entwicklung der mhd. Laute im<br />

DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />

ROMAN BANZER<br />

Hauptton beschränkt und können somit zu den<br />

oben genannten Balzner Eigenheiten keine Aussage<br />

machen. «Das hier eigenartige und langsame<br />

Sprechtempo ist im Lande wohlbekannt; sie (R.B.:<br />

Balzner Mundart) darf als <strong>die</strong> klangvollste Orts<strong>mundart</strong><br />

<strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> bezeichnet werden. Nach<br />

freundlicher Mitteilung von R. Hotzenköcherle, der<br />

sie sich bei meiner zweiten Lautaufnahme im Jahre<br />

1964 anhörte, klingt sie wie <strong>die</strong> der Bündner Herrschaft,<br />

mit der der Ort seit jeher geographisch und<br />

wirtschaftlich mehr verbunden war als das übrige<br />

Liechtenstein.» 85<br />

Auffällig ist in <strong>die</strong>sem Zusammenhang<br />

<strong>die</strong> Entwicklung der Laute vor Nasal. Wie wir<br />

nach unserer Erhebung durch Beobachtung festgestellt<br />

haben, verhalten sich <strong>die</strong> Balzner in der Realisation<br />

von Vokalen vor Nasalen auch noch in anderen<br />

Fällen als bei mhd. e vom restlichen Oberland<br />

abweichend. So in [bcene] statt [bY:ni] Bühne und<br />

[kcenne] statt [k0nns] können.<br />

Balzers Beispiel Oberland<br />

Er 8 Mhd. e > [e] vor Nasal<br />

IterjkB]<br />

[hemp]<br />

[merjB]<br />

'denken'<br />

'Hemd'<br />

'mancher'<br />

Er 11 Konsequente Senkung<br />

der Hochzungenvokale<br />

[tekh] 'dick'<br />

Er 15 Mhd. o > [o, o]<br />

[folgB]<br />

[WOIIB]<br />

[flot]<br />

[froj]<br />

Er 30a Mhd. ei > [ej] oder [33:]<br />

[flcjil<br />

[ge:S]<br />

[wejiSB]<br />

'folgen'<br />

'Wolle'<br />

'flott'<br />

Frosch'<br />

'Fleisch'<br />

'Geiss'<br />

'Weizen'<br />

Mhd. e > [e] vor Nasal<br />

[terjkE]<br />

[hemp]<br />

[merjB]<br />

keine konsequente Senkung<br />

der Hochzungenvokale<br />

[tikh], [tekh]<br />

Mhd. 0 > [0]<br />

[folg«]<br />

[wo IIB]<br />

[flot]<br />

[froj]<br />

Mhd. ei > [33:]<br />

[flejh, [fte-J]<br />

[ge:S]<br />

[W33:tSB]<br />

201


3.4.2.2.<br />

TRIESENBERG<br />

Ein Sonderfall unter den Mundarten Liechtensteins<br />

ist <strong>die</strong> Gemeinde Triesenberg. Die östlich oberhalb<br />

von Triesen gelegene Bergseite wurde um zirka<br />

1280 durch einwandernde Walser besiedelt. So<br />

kann ich zwar <strong>die</strong> Aussage von Gabriel 86<br />

, dass sich<br />

<strong>die</strong> Mundart von Triesenberg unbehelligt von allen<br />

Einflüssen bis heute als reine Walser<strong>mundart</strong> erhalten<br />

hat, nicht teilen, da <strong>die</strong> Sprachwandelvorgänge<br />

in den letzten Jahrzehnten auch vor Triesenberg<br />

nicht Halt gemacht haben, dennoch ist sicher, dass<br />

in Triesenberg auch heute noch ein Walserdialekt<br />

gesprochen wird, der sich deutlich von den Tal<strong>mundart</strong>en<br />

abhebt. Hierzu hat sicher <strong>die</strong> Isolation<br />

der Berggemeinde über Jahrhunderte hinweg bei­<br />

202<br />

getragen. Als eigenständige Mundart, in ihrer Andersartigkeit<br />

gegenüber den Tal<strong>mundart</strong>en, würde<br />

<strong>die</strong>se der Davoser Gruppe zugeteilte Walser<strong>mundart</strong><br />

eine eigene, ausführlich Abhandlung, wie sie im<br />

vorliegenden Rahmen nicht gegeben werden kann,<br />

ver<strong>die</strong>nen. Toni Banzer hat in seiner Arbeit (Banzer<br />

Toni 1990/1991) einen ersten wichtigen Schritt getan.<br />

Die unten aufgeführten Entwicklungsregeln<br />

entstanden aus der Gegenüberstellung der Mundart<br />

von Triesenberg und den Mundarten der Talgemeinden<br />

im Oberland. Die Werkzeuge der Sprachdatenerhebung,<br />

ausgearbeitet für <strong>die</strong> Talgemeinden,<br />

wurden unverändert auf <strong>die</strong> Gemeinde Triesenberg<br />

übertragen. Es ist daher gut möglich, dass<br />

durch den kontrastiven Vergleich nicht alle für Triesenberg<br />

eigentümlichen Lautentwicklungen erhoben<br />

wurden.<br />

Triesenberg Beispiel Oberland<br />

Er 3 Keine Dehnung im einsilbigen<br />

Wort vor auslautender Lenis 87<br />

[gras]<br />

[itil]<br />

[tag]<br />

'Gras'<br />

'Stiel'<br />

'Tag'<br />

Er 6 Mhd. a > [39]<br />

[ae/ls] 'Asche'<br />

Er 7 Mhd. ä > [as]<br />

[bfflxli] 'Bächlein'<br />

Er 9 Mhd. e > [ae]<br />

[faeld] 'Feld'<br />

Er 11 Mhd. i > [i]<br />

[bis] 'Biss'<br />

Er 13 Mhd. i > [y] vor r + Kons<br />

[wyrt] 'Wirt'<br />

Er 18 Mhd. ö > [0] vor r + Kons<br />

[eorrbli] 'Körblein'<br />

Er 19 Mhd. u > [u]<br />

[fuks] 'Fuchs'<br />

Dehnung im einsilbigen<br />

Wort vor auslautender Lenis<br />

lgra:z]<br />

[Jte:l]<br />

[ta:g]<br />

Mhd. a > [e]<br />

leih]<br />

Mhd. ä > [e]<br />

[becli]<br />

Mhd. e > [e]<br />

[feld]<br />

Mhd. i > [e]<br />

[bess]<br />

Mhd. i > [0] vor r + Kons<br />

[w0rt]<br />

Mhd. ö > [ce] vor r+Kons<br />

[khcerbli]<br />

Mhd. u > [0]<br />

[foks]


DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />

ROMAN BANZER<br />

Triesenberg Beispiel Oberland<br />

Er 21 Mhd. u > [u] vor r + Kons<br />

Iburg] 'Burg'<br />

Er 22 Mhd. ü > [y]<br />

tfyks] 'Füchse'<br />

Er 24 Mhd. ü > [y] vor r + Kons<br />

[byrger] 'Bürger'<br />

Er 25 Mhd. ä > [a:]<br />

[a:dsre]<br />

[|wa:ger]<br />

'Adern'<br />

'Schwager'<br />

Er 26 Mhd. ä > [a:] vor Nasal<br />

[zäune] 'Samen'<br />

Er 30 Mhd. ei > [ej]<br />

[lejtere]<br />

T4- 111<br />

ItejI]<br />

'Leiter'<br />

"7Y.il'<br />

leu<br />

Er 31 Mhd. ei > [ej] Plural<br />

[zejl] 'Seile'<br />

Er 35 Mhd. ei > [ej] vor Nasal<br />

[Jtej] 'Stein'<br />

Er 36 Mhd. ei > [ej]<br />

vor Nasal, Plural<br />

Lftej] 'Steine'<br />

Er 38 Mhd. ou > [oo]<br />

[ouge]<br />

[bom]<br />

[hob]<br />

Er 39 Mhd. öu > [oej]<br />

[frcejd]<br />

[krcejgd]<br />

[hcej]<br />

'Augen'<br />

'Baum'<br />

'Laub'<br />

'Freude'<br />

'geraucht'<br />

'Heu'<br />

Er 43 Mhd. n bleibt erhalten<br />

[fasnjter] 'Fenster'<br />

Er 47 Mhd. ch bleibt erhalten<br />

[Ii]<br />

'sich'<br />

Mhd. u > [o] vor r + Kons<br />

[borg]<br />

Mhd. ü > [0]<br />

[foks]<br />

Mhd. ü > [0] vor r + Kons<br />

[b0rgar]<br />

Mhd. ä > [o:]<br />

[o:dere]<br />

[jwo:ger]<br />

Mhd. ä > [o:] vor Nasal<br />

[zo:me]<br />

Mhd. ei > [aa:]<br />

[lse-.tere]<br />

r+~, Ii<br />

1133: lj<br />

Mhd. ei > [33:] Plural<br />

[Z33:l]<br />

Mhd. ei > [33:] vor Nasal<br />

Lftae:]<br />

Mhd. ei > [33:]<br />

vor Nasal, Plural<br />

Lftae:]<br />

Mhd. ou > [o:, o]<br />

[0:ge]<br />

[bom]<br />

[lo:b]<br />

Mhd. öu > [0:]<br />

[fr0:d]<br />

[kr0:gd]<br />

[h 0:]<br />

Mhd. n fällt aus<br />

[fejtar]<br />

Mhd. ch fallt aus<br />

Isi]<br />

Er 50 Mhd. s > [fjvor und nach Mhd. s > [s, z] vor und nach<br />

palatalen Vokalen palatalen Vokalen<br />

[hy:Ji] 'Häuslein' [hy:zli]<br />

[i:J] 'Eis' [i:z]<br />

[Ii:] 'sie' [zi:]<br />

203


Triesenberg Beispiel Oberland<br />

Er 51 Mhd. k > [x, c] im Anlaut<br />

[xa3:z] 'Käse'<br />

[cmd] 'Kind'<br />

[xue] 'Kuh'<br />

Er 52 Mhd. k > [g] nach Nasal<br />

[toogl]<br />

[xrarjg]<br />

[trioge]<br />

Er 53 Mhd. ch > [x] intervokalisch<br />

[maxe]<br />

'dunkel'<br />

'Rank'<br />

'trinken'<br />

machen<br />

Mhd. k > [kh] im Anlaut<br />

[khe:z]<br />

[khmd]<br />

[khö8]<br />

Mhd. k > [kh] nach Nasal<br />

[döQkhJ]<br />

[rankh]<br />

[trirjkhe]<br />

Mhd. ch > [h] intervokalisch<br />

[mahB]<br />

Ausserdem finden sich in Triesenberg vom restlichen<br />

Oberland abweichende Lautungen, <strong>die</strong> wir<br />

in der Zusammenfassung (S. 205) und im Inventar<br />

der variablen Entwicklungsregeln auf den Seiten<br />

218 bis 220 nicht aufgeführt haben. Dies weil wir<br />

<strong>die</strong> Gemeinde Triesenberg in <strong>die</strong> Untersuchung bezüglich<br />

Lautwandel und Lautvariation nicht mit<br />

einbeziehen. Wie schon an anderer Stelle argumentiert,<br />

hätte eine <strong>die</strong>sbezügliche Untersuchung<br />

auf Grund der Stellung der Triesenberger Mundart<br />

als Walser<strong>mundart</strong> den Rahmen <strong>die</strong>ser Arbeit gesprengt.<br />

Triesenberg in Oberland<br />

Mhd. a > [aa] 'sagen' Mhd. a > [e]<br />

Mhd. e > [33] 'eben' Mhd. e > [e]<br />

Mhd. e > [a3:] 'Lehne' Mhd. e > [e:]<br />

Mhd. e > [33] 'Besen' Mhd. e > [e]<br />

Mhd. e > [33:] 'Berg' Mhd. e > [as]<br />

Mhd. e > [e],Diph vor r + K 'Herbst' Mhd. e > [i:e]<br />

Mhd. i > [i] 'Wiesen' Mhd. i > [e]<br />

Mhd. ä > [33], vor r + K 'Erbsen' Mhd. ä > [e]<br />

Mhd. ä > [33:] 'Flädli' Mhd. ä > [e]<br />

Mhd. u > [Y] 'wünschen' Mhd. ü > [*:]<br />

Mhd. u > [0:] 'dürfte' Mhd. u > [ce:]<br />

Mhd. 6 > [u:] 'Haut' Mhd. 6 > [u]<br />

Mhd. ou > [0] 'Baum' Mhd. ou > [0]


3.4.3.<br />

ZUSAMMENFASSUNG<br />

Er betrifft Beispiel<br />

1 DoS 'Magen'<br />

3 DlsW 'Gras'<br />

5 Plural 'Ross'<br />

6 a vor sch 'Asche'<br />

7 ä im Diminutiv 'Bächlein'<br />

8 e vor nK 'denken'<br />

9 germ e 'Weg'<br />

11 i vor oK 'Biss'<br />

13 i vor r + Kons 'Wirf<br />

15 o vor oK Gotta<br />

16 o vor r + Kons 'Korn'<br />

17 ö vor nK 'könnte'<br />

17a ce vor nK 'Föhn'<br />

18 ö vor r + Kons 'Körblein'<br />

19 u vor oK 'Küche'<br />

21 uvor r + Kons 'Wurzel'<br />

22 üvor oK 'Füchse'<br />

24 ü vor r + Kons 'Bürger'<br />

25 ä vor oK 'Adern'<br />

26 d vor nK 'Samen'<br />

27 ce vor nK 'käme'<br />

28 d vor nK 'Bohnen'<br />

30 ei vor oK 'Leiter'<br />

31 ei vor oK, Plural 'Seile'<br />

35 ei vor nK 'Stein'<br />

36 ei vor nK, Plural 'Steine'<br />

38 ou vor oK 'Auge'<br />

39 ö« vor oK 'Freude'<br />

40 ie vor nK 'Riemen'<br />

41 wo vor nK 'Blume'<br />

42 üe vor nK 'grün'<br />

48 d in -wd, -/cr 1<br />

- 'Wald'<br />

50 s 'Eis'<br />

51 k im Anlaut 'Kasten'<br />

52 £ nach nK 'dunkel'<br />

53 ch intervokalisch 'machen'<br />

DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />

ROMAN BANZER<br />

Ol B Tb Ul EM GRSbHSb<br />

1 1 11 I 1 II 11 I 1 I 1<br />

a a a a: a: a: a<br />

a: a: a 33: se: ae: ae:<br />

0 0 0 0 0 0 0<br />

e e 33 33 33 as 33<br />

e e 33 33 33 33 e<br />

e e e e e g e<br />

e: e: 33 e: e: e: e:<br />

e e i e e e e<br />

0 0 y Y9 xs Y9<br />

0 0 0 0 0 0 0<br />

0 0 o: a a a 0<br />

0 0 _88 0 0 0 0<br />

0: 0: 0: CE: ffi: ce: de:<br />

ce ce 0: ae 33 33 03<br />

o 0 u 0 0 0 0<br />

0 0 u na 09 ne vs<br />

0 0 y 0 0 0 0<br />

0 0 y 3C9 YS 3C9 Y9<br />

o: 0: a: 0: 0: 0: 0:<br />

o: o: a: 5: 5: 5: 5:<br />

e: e: _89 e: e: e: e:<br />

o: o: o: 5: 5: ö: 5:<br />

38: 33: ej a: 0: ej<br />

as: 33: ej ae: ce: ej<br />

33: 33: ej 5: 5: 5: 5:<br />

33: ae: ej (B: Ö3: ce: Ö3:<br />

o: o: oo o: o: o: o:<br />

0: 0: cej 0: 0: 0: 0:<br />

1:9 1:3 1:9 e: e: e: e:<br />

ö:9 V.S 13:9 5: 5: Ö: 5:<br />

Y:9 1:9 Y:S ce: de: 03: ce:<br />

d d d<br />

S S J s s S s<br />

kh kh X kh kh kh kh<br />

kh kh 9 kh kh kh kh<br />

h h X h h h h<br />

205


3.5.<br />

ETYMOLOGISCHE<br />

KORRESPONDENZEN<br />

3.5.1.<br />

MONOPHTHONGE<br />

Für <strong>die</strong> folgende Auflistung<br />

haben wir bezüglich<br />

der Nasalierung<br />

nicht differenziert.<br />

3.5.2.<br />

DIPHTHONGE LeJJ<br />

[OU]<br />

[oej]<br />

[XB]<br />

[18]<br />

[oe]<br />

206<br />

Mda. Mhd. Mda. Mhd.<br />

la] a, o [a.] a, ä (Tb), ei (E, M)<br />

[»3 a (Ul), e, ä, e (Tb) [33:1 a.e (Tb), ä, e (Tb), ce,<br />

M a, e, e, ä, e, ce le:] a,e, ä, e<br />

[e] e, i, ä (Tb), e, i te-.l e, e, i, ä, e, ce (Tb)<br />

Ii] i m i<br />

[il i, i [i:] i, i<br />

[0] o, 6, ou [0:1 o, ä, 6, ei<br />

[0] o, u, ä, 6 (Tb), ou [0:] o, u, 6, ou<br />

[Ol u [O:]<br />

[U] u, ü [U:] u, ü<br />

[y] i, u (Tb), ö, ü (Tb), iu [yO ü, i, iu<br />

M iu M<br />

[0] e, i, o, ö, ü [0:1 ö, ü, ce, ce, öu<br />

[03] ö [ce:] ö, ü, ce, ce, ei, öu, üe<br />

ei<br />

iu, ou<br />

iu (Tb), öu<br />

e, i<br />

e, ie (Tb)<br />

u<br />

N]<br />

[0:ü]<br />

[CB:j]<br />

[X:9]<br />

[i:e]<br />

[o:e]<br />

i (Tb) m<br />

ä<br />

iu (Tb)<br />

üe<br />

e, i, ie<br />

u


4.<br />

Lautwandel und Lautvariation<br />

4.1.<br />

THEORETISCHE VORBEMERKUNGEN<br />

Die Begriffe Lautwandel und Lautvariation beschreiben<br />

ein grosses Feld an Untersuchungsmöglichkeiten.<br />

Es folgen daher vorweg zur Einschränkung<br />

und Zielsetzung <strong>die</strong>ses Teils der Arbeit definitorische<br />

Überlegungen. Die Sprache allgemein und<br />

damit auch <strong>die</strong> Varietäten oder Dialekte sind heterogen,<br />

d.h. sie sind Veränderungen unterworfen<br />

und Teile davon variieren in Abhängigkeit von sozialen<br />

Faktoren. Die Sprache ist kein homogenes<br />

und unabänderliches und auch kein kategorischpräskriptives<br />

System. Kommunikation beinhaltet,<br />

in Abhängigkeit von extralinguistischen Faktoren,<br />

linguistische Variation und Lautwandel, weil unterschiedliche<br />

Menschen in unterschiedlichen Sprechsituationen<br />

unterschiedlich sprechen.90 «Ferdinand<br />

de Saussure (1916) hat bestimmte Unregelmässigkeiten)<br />

als für das Sprachsystem irrelevante<br />

Elemente der Ebene der zugeschlagen. Damit<br />

werden <strong>die</strong>se Phänomene aus dem primären<br />

Interessengebiet der Linguistik weggerückt, oder<br />

vielmehr: sie können vernachlässigt werden. Ob<br />

überhaupt von einem homogenen Sprachsystem<br />

ausgegangen werden kann, und wie eine solche<br />

Gruppe mit homogenem Sprachgebrauch allenfalls<br />

aussieht, ist im Laufe der Wissenschaftsgeschichte<br />

der Dialektologie und der modernen Varietäteniinguistik<br />

unterschiedlich beantwortet worden» (Christen<br />

1988, S. 37).<br />

Die Begriffe <strong>des</strong> Lautwandels und der Lautvariation<br />

sind heute in der Mundartforschung allgemein<br />

anerkannt, und bedeutende Strömungen moderner<br />

Linguistik basieren auf der Annahme, dass sich <strong>die</strong><br />

Sprachen dauernd ändern und in Abhängigkeit von<br />

verschiedenen situativen und sozialen Faktoren<br />

variieren. Ausschliesslich diachrone oder synchrone<br />

Untersuchungen treten in den Hintergrund<br />

und werden immer mehr von einer dynamischen<br />

Sprachtheorie abgelöst, <strong>die</strong> versucht, «sowohl das<br />

funktionieren) wie das als von<br />

einander abhängige und somit miteinander zu vereinbarende<br />

von Sprachen (zu) beschreiben<br />

und beide auf <strong>die</strong> gleichen Voraussetzun­<br />

DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />

ROMAN BANZER<br />

gen zurück(zu)führen» (Haas 1978, S. 2). Homogene<br />

Sprachsysteme und Erklärungsversuche der<br />

Variation durch koexistierende Systeme wurden als<br />

nicht haltbar verworfen. 91<br />

Die Varietätengrammatik ist der Versuch, den<br />

Anforderungen der dynamischen Sprachtheorie<br />

gerecht zu werden. «Die korrelative Soziolinguistik<br />

befasst sich ... mit Variation. Sie untersucht also<br />

auf den genannten sprachlichen Teilgebieten Erscheinungen,<br />

<strong>die</strong> innerhalb der Realisierungen<br />

eines Sprachsystems variabel sind, was genau genommen<br />

heisst, dass ein und <strong>die</strong>selbe Person <strong>die</strong><br />

Varianten der Variablen nebeneinander verwendet.<br />

Korrelieren heisst dann, <strong>die</strong> Verschiebungen in der<br />

Verwendung <strong>die</strong>ser Varianten feststellen, <strong>die</strong> mit<br />

einer Reihe von pragmatischen Faktoren übereinstimmen.<br />

Genau genommen liegt also keine Variation<br />

vor, wenn innerhalb einer Gesellschaft in einer<br />

bestimmten Teilgruppe eine sprachliche Erscheinung<br />

und in einer anderen Teilgruppe eine entsprechende<br />

andere jeweils kategorisch angetroffen<br />

wird» (Goossens 1986, S. 257). In Übereinstimmung<br />

mit der generellen Einschränkung der Untersuchungsausrichtung<br />

<strong>die</strong>ser Arbeit auf <strong>die</strong> lautliche<br />

Ebene, müssen <strong>die</strong> Fragen auf den Lautwandel und<br />

<strong>die</strong> Lautvariation, deren Vorkommen in den Liechtensteinischen<br />

Orts<strong>mundart</strong>en, deren geographische<br />

Distribution und deren Korrelation mit sozialen<br />

und situativen Faktoren ausgerichtet sein.<br />

4.1.1.<br />

ENTWICKLUNGSREGEL<br />

Wir stellen fest, dass <strong>die</strong> Sprachlautungen der Orts<strong>mundart</strong>en<br />

<strong>des</strong> Fürstentums Liechtenstein schwanken.<br />

Je nach Sprechsituation und linguistischer<br />

Kondition kann sich <strong>die</strong> Realisation eines Lautes in<br />

den Orts<strong>mundart</strong>en von jener in der Basis<strong>mundart</strong><br />

unterscheiden, d.h. dass nicht alle Laute der Orts<strong>mundart</strong>en<br />

gleich wie in der Basis<strong>mundart</strong> realisiert<br />

werden. In den Orts<strong>mundart</strong>en gibt es variierende<br />

Laute. Wir untersuchen <strong>die</strong> Schwankungen<br />

der Laute und eruieren, welche Laute der Orts<strong>mundart</strong>en<br />

in welcher Form nicht der Basismund-<br />

207


art entsprechend realisiert werden. Die Vergleichbarkeit<br />

der Laute basiert auf der Hypothese, dass<br />

der Lautwandel regelmässig abläuft, so dass in<br />

allen Gemeinden, oder in definierten Zusammenfassungen<br />

einzelner Gemeinden, Laute in Ableitung<br />

von mhd. Ausgangselementen eine identische<br />

Entwicklung durchmachen. Die Schwankungen<br />

können - müssen aber nicht - ein Indiz für Veränderungen<br />

im System sein.<br />

Die Beschreibung der Variation wird mit Hilfe<br />

von historisch formulierten Entwicklungsregeln<br />

durchgeführt. Die Grundlage ist demzufolge ein historisches,<br />

diachrones Vorgehen. Die Basis<strong>mundart</strong><br />

als theoretisches Konstrukt postuliert <strong>die</strong> identische<br />

Realisation der Lautklassen im Idealfall.<br />

Daraus ergaben sich <strong>die</strong> im vorhergehenden Kapitel<br />

formulierten kategorischen Entwicklungsregeln<br />

(kEr). Die nicht den basis<strong>mundart</strong>lich Entwicklungsregeln<br />

entsprechenden Lautentwicklungen<br />

der Orts<strong>mundart</strong>en werden durch variable Entwicklungsregeln<br />

(vEr) beschrieben, <strong>die</strong> jenen Zeitpunkt<br />

<strong>des</strong> Verlaufs <strong>des</strong> Lautwandels festhalten, in<br />

dem <strong>die</strong> alte und <strong>die</strong> neue Form nebeneinander<br />

existieren.<br />

Für unseren Fall erfolgt <strong>die</strong> Beschreibung <strong>des</strong><br />

Status der Variabilität einer variablen Entwicklungsregel<br />

nicht nach Wahrscheinlichkeitsprinzipien.<br />

Den kategorisch und variabel gebrauchten<br />

Lauten einer Entwicklungsregel werden aus der<br />

Analyse <strong>des</strong> Korpus Prozentzahlen zugeordnet, <strong>die</strong><br />

zeigen, welcher Laut in welcher Gemeinde für den<br />

beschriebenen Fall von den vier Probanden wie<br />

häufig gebraucht wird.<br />

kEr:<br />

Mhd. [xj wird in einer bestimmten linguistischen<br />

Kondition in der Gemeinde Y zu [zj.<br />

208<br />

vEr:<br />

Mhd. [x] wird unter bestimmten linguistischen und<br />

extralinguistischen Konditionen in<br />

der Gemeinde A in yl % zu [zl]<br />

der Gemeinde B in y2 % zu [z2]<br />

der Gemeinde C in y3 % zu [z3]<br />

der Gemeinde n in yn % zu [znj.<br />

Die extralinguistischen Konditionen sind im kommenden<br />

noch zu klären.<br />

4.1.2.<br />

BASISMUNDARTLICHES WORT<br />

Wir unterscheiden zwischen basis<strong>mundart</strong>lichem<br />

Wort (bmW) und nichtbasis<strong>mundart</strong>lichem Wort<br />

(nbmW). Die Definition <strong>des</strong> Terminus «nichtbasis<strong>mundart</strong>liches<br />

Wort» fällt schwer, weil es keine objektiven<br />

oder linguistischen Werte gibt, <strong>die</strong> eine<br />

eindeutige Zuordnung vorschreiben. Wir gebrauchen<br />

eine Arbeitsdefmition, <strong>die</strong> sich an <strong>die</strong> Begriffserklärung<br />

<strong>des</strong> Terminus «Basis<strong>mundart</strong>» anschliesst.<br />

Ein Wort ist nichtbasis<strong>mundart</strong>lich, wenn<br />

es eine oder mehrere der nachfolgend genannten<br />

Bedingungen erfüllt.<br />

a) Wenn ein Wort von den Benutzern als nichtbasis<strong>mundart</strong>lich<br />

empfunden und nicht geduldet<br />

wird, d.h. wenn das Sprachverhalten der Probanden<br />

<strong>die</strong> Fremdartigkeit dadurch bestätigt,<br />

dass das Wort vermieden oder übersetzt wird,<br />

oder aber allgemein Schwierigkeiten in der<br />

Lautproduktion verursacht.<br />

b) Wenn historisch abgeschätzt werden kann, dass<br />

ein Lexem erst in jüngster Vergangenheit in <strong>die</strong><br />

Orts<strong>mundart</strong>en aufgenommen wurde.<br />

Tabelle 10: Variabilität •-• - — - : - .—=—- -<br />

Tnvariabilität * Variabilität Inväriabilität<br />

. . .. • ; " s | _<br />

' /kliuni/ ; u) /kharti/ , /kliOni/ |<br />

\ j§,/khOfri/ "• \. -f


c) Wenn es im Wörterbuch von Jutz nicht enthalten<br />

ist.<br />

d) Wenn es gemäss der Kompetenz <strong>des</strong> Verfassers<br />

als nativer Mundartsprecher nicht zur Basis<strong>mundart</strong><br />

gehört.<br />

4.2.<br />

EMPIRISCHE ANALYSE UND<br />

UNTERSUCHUNGSANORDNUNG<br />

Die nachfolgende Untersuchung muss <strong>die</strong> variablen<br />

Entwicklungsregeln der Orts<strong>mundart</strong>en festhalten.<br />

Wir erstellen ein Inventar von potentiell variablen<br />

Entwicklungsregeln und testen in einer Erhebung,<br />

ob der Gebrauch der darin verwendeten Laute in<br />

der Sprachwirklichkeit variiert, wovon <strong>die</strong> Variation<br />

abhängt und wie häufig <strong>die</strong> Variation auftritt.<br />

Die Inventarisierung der potentiell vEr erfolgt in<br />

zwei Stufen. Erstens durch <strong>die</strong> Inventarisierung<br />

der Unterschiede der einzelnen Dörfer auf Grund<br />

der in der Basis<strong>mundart</strong> festgehaltenen Entwicklungen<br />

der Laute. Daraus ergibt sich ein Inventar<br />

von potentiell vEr, das sich lediglich auf mögliche<br />

Neuerungen in basis<strong>mundart</strong>lichen Wörtern bezieht.<br />

Zweitens untersuchen wir <strong>die</strong> nichtbasis<strong>mundart</strong>lichen<br />

Wörter auf mögliche Neuerungen.<br />

Wir sind uns bewusst, dass auf Grund <strong>die</strong>ses Vorgehens<br />

nicht mit Sicherheit festgestellt werden<br />

kann, ob alle Variablen in <strong>die</strong> Untersuchung eingeschlossen<br />

sind. Wir können daher für <strong>die</strong> weitere<br />

Arbeit nicht behaupten, dass nicht auch andere<br />

Laute unter bestimmten Bedingungen variieren.<br />

4.2.1.<br />

INVENTAR DER POTENTIELL VARIABLEN<br />

ENTWICKLUNGSREGELN IN<br />

BASISMUNDARTLICHEN WÖRTERN<br />

Für den Verlauf <strong>des</strong> Ausgleichs und <strong>des</strong>sen Begründung<br />

gibt es verschiedene Theorien. Die bekannteste<br />

ist wohl <strong>die</strong>jenige von Schirmunski, welche<br />

besagt, dass beim Ausgleich zweier in Kontakt stehender<br />

Dialekte <strong>die</strong> primären Merkmale, also jene,<br />

DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />

ROMAN BANZER<br />

<strong>die</strong> den einen Dialekt durch ihre Auffälligkeit vom<br />

andern unterscheiden, angeglichen werden, während<strong>des</strong>sen<br />

<strong>die</strong> sekundären, unauffälligen Merkmale<br />

erhalten bleiben. Wir übernehmen <strong>die</strong>se Unterscheidung<br />

für unsere Arbeit und betrachten jene<br />

Laute in basis<strong>mundart</strong>lichen Wörtern als potentiell<br />

variierend, bei denen ein Ungleichgewicht zwischen<br />

basis<strong>mundart</strong>licher und orts<strong>mundart</strong>licher<br />

Variante besteht. Auf der Seite 209 wurden <strong>die</strong>se<br />

zusammengestellt.<br />

4.2.2.<br />

INVENTAR DER POTENTIELL VARIABLEN<br />

ENTWICKLUNGSREGELN IN NICHTBASIS-<br />

MUNDARTLICHEN WÖRTERN<br />

In einer Analyse von je einem Text aus dem Oberland,<br />

Unterland und der Gemeinde Triesenberg<br />

stellen wir Abweichungen vom Material der bisherigen<br />

Inventarisierung fest. Vor allem ist es Aufgabe<br />

der Textanalyse, standarddeutsche Importe<br />

festzuhalten. Es wurden drei Texte mit insgesamt<br />

drei Stunden Gesprächsdauer ausgewertet. Sie<br />

stammen aus Triesen (Text 1; Familie), Schellenberg<br />

(Text 2; Gemeinderat) und Triesenberg (Text<br />

3; Sitzung der Freizeitkommission Triesenberg).<br />

Die Gespräche wurden auf Tonband aufgenommen,<br />

transkribiert und in einem weiteren Abhörvorgang<br />

auf jene Laute untersucht, <strong>die</strong> mit der Basis<strong>mundart</strong><br />

nicht übereinstimmen. Diese Gesprächsstellen<br />

wurden phonetisch transkribiert. Die Texte 1 und 2<br />

wurden dabei vollständig auf Abweichungen zur<br />

Mundart untersucht. Für den Text aus Triesenberg<br />

war <strong>die</strong>s schwerer. So ist bereits an <strong>die</strong>ser Stelle<br />

darauf aufmerksam zu machen, dass <strong>die</strong> Inventarisierung<br />

für Triesenberg möglicherweise unvollständig<br />

ist.<br />

Die drei Texte wurden ausgewählt, weil <strong>die</strong> darin<br />

vorkommenden Sprecher das folgende ideale Anforderungsprofil<br />

erfüllten-.<br />

- geringes Alter (20-30)<br />

- schwache Ortsloyalität<br />

- Aufenthalte im Ausland<br />

209


- keine Bindung zu Grund und Boden durch den<br />

Beruf (keine Bauern, Förster, Landarbeiter, etc.)<br />

- Vater oder Mutter sollen nicht gebürtige Liechtensteiner<br />

sein<br />

- mit sozialem Netzwerk ausserhalb <strong>des</strong> eigenen<br />

Dorfes<br />

- wenig Mitgliedschaften in Dorfvereinen<br />

- Pendler.<br />

Auszug aus Text 2: «Guet, i mööcht eu zor hötiga<br />

Setzig begrüassa, speziell begrüassa mööcht i d'r<br />

Herr Frommelt, Büro Sprenger und Steiner. D'r<br />

Herr Frommelt het scho vor meerera Woche, ja i<br />

wet ned säga, s'Leitblatt, aber zo min<strong>des</strong>tens us<br />

sira Verantwortig ussa, het er d'r Wusch güsseret,<br />

dass er emool könnte <strong>die</strong> ganz Situation vo d'r<br />

Wasserversorgig, im Düerawaald, em Gmoondsroot<br />

nomool voorbringe. Er isch einfach der Uuffassig,<br />

dass <strong>des</strong> Projekt, der Kostenrahma wo mier<br />

gsproche hond, üüs ned das bringt und vor allem<br />

Probleem i d'r Wasserversorgig wören ufträte, i<br />

glob im wesentliche goots jo um der klini Schacht,<br />

wo vorgseha ischd, er köönt üs, wetti säga, vo der<br />

fachlicha Sita hera, o d'Konsequenza vor Ooga<br />

füera, was jetzt <strong>die</strong> sogenannt Minimallöösig, wie's<br />

mier eigentlich vorgsäha hetten, bringa wörd, zom<br />

andera, köönt er üüs aber oo ufzooga, was an Uus-<br />

Tabelle 11: Zusätzliche<br />

potentiell variable<br />

Entwicklungsregeln aus<br />

den Texten<br />

210<br />

Laut bmW/nbmW Beispiel<br />

ö vor nK bmW<br />

Plural mit Umlaut bmW<br />

Restitution, <strong>des</strong> n bmW<br />

Restitution <strong>des</strong> r bmW<br />

Restitution <strong>des</strong> x bmW<br />

ä in -nd, -Id-, im Komp nbmW<br />

i vor oK. nbmW<br />

i vor f 4 Kons nbmW<br />

6: vor nK nbmW<br />

ü vor oK nbmW<br />

ü vor oK nbmW<br />

ei vor oK nbmW<br />

ez'vornK nbmW<br />

r nbmW<br />

X nbmW<br />

bau noch em hötiga technischa Stand vom Wessa<br />

und oo us sirer Erfahrig, wo'n er i d'r Praxis hät,<br />

wie'n er mier gset het, het er praktisch sämtliche<br />

Sanierige i da liechtesteiner Alpegebiet gmacht,<br />

glob i d'r Schwiz o no, und Herr Frommelt i möcht<br />

Ihne gad s Wort gee.» 92<br />

Aus der Analyse der Texte ergaben sich mda.<br />

Entsprechungen zu mhd. Lauten in basis<strong>mundart</strong>lichen<br />

Wörtern und mda. Entsprechungen zu mhd.<br />

Lauten in nichtbasis<strong>mundart</strong>lichen Wörtern, <strong>die</strong> im<br />

bisherigen Inventar nicht aufgeführt sind. Das Inventar<br />

der potentiell vEr mit basis<strong>mundart</strong>lichen<br />

Wörtern wird durch weitere Entwicklungsregeln<br />

ergänzt, <strong>die</strong> untersucht werden müssen.<br />

Aus beiden Analysen ergibt sich ein Inventar<br />

von potentiell variierenden Lauten, das in der Tabelle<br />

12 zusammenfassend dargestellt ist. In Spalte<br />

eins steht <strong>die</strong> Nummer der Entwicklungsregel. In<br />

Spalte zwei steht <strong>die</strong> Beschreibung der Entwicklungsregel.<br />

In Spalte drei steht ein Beispiel zur Entwicklungsregel.<br />

Die vierte Spalte zeigt, ob eine Entwicklungsregel<br />

aus der Analyse der Basis<strong>mundart</strong><br />

stammt. Die fünfte Spalte zeigt, ob eine Entwicklungsregel<br />

aus der Analyse der Texte stammt. Hat<br />

eine Entwicklungsregel einen positiven Eintrag in<br />

den Spalten vier und fünf, dann ist eine potentielle<br />

Variable aus dem Inventar der Basis<strong>mundart</strong> auch<br />

'könnt'<br />

Flösser<br />

'Fenster'<br />

'nur'<br />

'sich'<br />

'Waldweg' •<br />

'Abriss'<br />

'Landwirtschaftsamt'<br />

'Kommission'<br />

'Einfluss''<br />

'geäussert''<br />

'Eigenheim'<br />

'Einheiten' ,<br />

'mehrfach'<br />

'grundsätzlich'<br />

[ce] statt [0]<br />

[ce] statt [o]<br />

[fenjier] statt [fejtsr]<br />

[nur] statt [no]<br />

[sig] statt [si]<br />

[d] »fällt aus •<br />

Iii statt [eL :,<br />

[i] statt [0], [xa] •<br />

[ö] statt [5]<br />

[u] statt [o]<br />

M statt [0]<br />

[ej] >statt [ae:], [a-], [o:]<br />

[ej] statt ,[5]<br />

[me;p] statt |mo:-|<br />

[-lic] statt [-Ii]


Tabelle 12: Inventar der<br />

potentiell variierenden<br />

Laute<br />

DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />

ROMAN BANZER<br />

T Tlo / T Tl /<br />

hr Betrittt Beispiel BmW Text Ul/ EL/ Ul/ Ul/<br />

T Tl r> Ula/ UCK TL<br />

Ul D UlO<br />

1D<br />

i DUO ividgeii + + +<br />

o U0o, nDulW 'darlegen +<br />

*><br />

JJ1SW 'Gras' + + +<br />

A<br />

4 r<br />

D<br />

uisw, nDmw<br />

Plural mit Umlaut<br />

Stil<br />

Rösser<br />

+<br />

+<br />

6<br />

7<br />

a vor sch<br />

ä im Diminutiv<br />

'Asche'<br />

'Bächlein'<br />

+<br />

+ +<br />

+<br />

+<br />

-<br />

+<br />

- + +<br />

+<br />

8 e vor nK 'denken' + +<br />

y germ e rem + + +<br />

1 A<br />

IU<br />

11<br />

germ e, nbmW<br />

ivor oK<br />

'vorgesehen'<br />

'Biss' +<br />

+<br />

+ +<br />

+<br />

+<br />

1 o i vor oK, nbmW 'Abriss' + +<br />

"1 Iii O<br />

lo<br />

14<br />

i vor r+Kons<br />

i vor r+Kons,<br />

Wirt<br />

'Landwirt­<br />

+ + +<br />

+<br />

+<br />

+<br />

nbmW<br />

schaftsamt'<br />

10 o vor oK nott + +<br />

lo o vor r+Kons 'Korn' + + + +<br />

1 / o vor nK 'könnte' +<br />

1 7 r»<br />

1 / a<br />

18<br />

ce vor nK<br />

o vor r+Kons<br />

'Föhn'<br />

'Körblein'<br />

+<br />

+<br />

+<br />

+ + +<br />

iy u vor oK 'Fuchs' + +<br />

zu<br />

o 1


in der Textanalyse als von der kategorischen Entwicklungsregel<br />

abweichend aufgefallen. Neben<br />

einer Zusammenfassung der potentiell variierenden<br />

Laute gibt <strong>die</strong> Tabelle 12 in den Spalten sechs<br />

bis zehn Auskunft darüber, ob sich der Laut für <strong>die</strong><br />

entsprechende Gemeinde / Region von einer anderen<br />

Gemeinde/Region unterscheidet. Diese Spalten<br />

beantworten mit Ja (+) oder Nein (-), ob das in der<br />

Entsprechungsregel genannte Merkmal <strong>die</strong> im<br />

Spaltenkopf genannte Region/Gemeinde von der<br />

nächst grösseren Region/Gemeinde unterscheidet.<br />

Hier kommen alle Gemeinden, das Oberland (Ol),<br />

das Unterland (Ul), das a-Gebiet im Unterland<br />

(Eschen und Mauren), das o-Gebiet im Unterland<br />

(Gamprin, Ruggell und Schellenberg) in Frage.<br />

4.2.3.<br />

DAS UNTERSUCHUNGSINSTRUMENTARIUM<br />

Es muss praktisch untersucht werden, ob <strong>die</strong> durch<br />

<strong>die</strong> theoretische Analyse als potentiell variabel fixierten<br />

Entwicklungsregeln in den Orts<strong>mundart</strong>en<br />

auch variabel gebraucht werden. Dazu muss ein<br />

Untersuchungsinstrumentarium gefunden werden,<br />

das optimal den Ansprüchen der geringen Bearbeitungszeit<br />

und maximalen Validität gerecht wird.<br />

Zur Erhebung der Sprachdaten verwenden wir ein<br />

Corpus von Übersetzungssätzen. Wir kennen <strong>die</strong><br />

Vorbehalte, <strong>die</strong> gegen <strong>die</strong>ses Verfahren der Datenerhebung<br />

immer wieder ins Feld geführt werden.<br />

Stellvertretend möchten wir im folgenden <strong>die</strong> sicherlich<br />

ernst zu nehmenden Einwände von Ruoff<br />

diskutieren. Ruoff bezweifelt vor allem <strong>die</strong> Validität<br />

der Sprachdatenerhebung durch <strong>die</strong> Wenkersätze<br />

auf den Ebenen der Morphologie, Syntax und Lexik,<br />

nicht aber auf jener der Phonetik. «Die möglichen<br />

Ergebnisse der Wenkersatz-Aufnahme sind<br />

auf andere Weise - und besser - zu erreichen, denn<br />

andere als spezifisch laut- und wortgeographische<br />

Erkenntnisse sind aus der Tonaufnahme <strong>die</strong>ser<br />

Sätze nicht zu erwarten» (Ruoff 1965, S. 112). Mehr<br />

wollen wir für unsere Untersuchung nicht. Dennoch<br />

versuchen wir unsere Übersetzungssätze so<br />

zu bauen, dass sie der Kritik von Ruoff standhalten<br />

212<br />

können, <strong>die</strong> zusammenfassend so formuliert werden<br />

kann.<br />

- Die Sätze müssen sowohl bezüglich Morphologie,<br />

Lexik und Syntax <strong>mundart</strong>getreu sein, d. h.<br />

sie müssen der Grammatik der Basis<strong>mundart</strong><br />

entsprechen.<br />

- Die Sätze müssen realitätsnah sein. Es dürfen<br />

keine Sätze zur lautlichen Übersetzung vorgelegt<br />

werden, <strong>die</strong> im Leben <strong>des</strong> Probanden keinen<br />

Sinn ergeben. «Der Bezug auf eine wirkliche<br />

oder wenigstens mögliche, gedachte Realität der<br />

Sache oder <strong>des</strong> Satzes ist aber nötig, selbst wenn<br />

es nur um den Lautstand <strong>des</strong> betreffenden Wortes<br />

geht» (Ruoff 1965, S. 101).<br />

- Auffällige Problemhäufungen in einem Satz sollen<br />

vermieden werden. Der Satz «Was sitzen da<br />

für Vögelchen auf dem Mäuerchen» wirkt durch<br />

den doppelten Gebrauch <strong>des</strong> Diminutives gestellt.<br />

«Man kann sich wohl <strong>die</strong> gegenseitige Bedingtheit<br />

im Bezug von Gedanke - Laut - Wort - Satz nicht unausweichlich<br />

genug vorstellen. Nur im normalen Gespräch<br />

erscheinen normale Sätze und darin normale<br />

Laute. Eine wunde Stelle in <strong>die</strong>sem Zusammenhang<br />

zieht das ganze Korpus in Mitleidenschaft: Auch <strong>die</strong><br />

Satzkette taugt eben nur so viel wie ihr schwächstes<br />

Glied» (Ruoff 1965, S. 107). Bei der Erstellung der<br />

Übersetzungssätze haben wir versucht, den Anforderungen<br />

von Ruoff gerecht zu werden. Die Liste der<br />

Wörter, <strong>die</strong> abgefragt werden, ergibt sich aus dem<br />

Inventar potentiell vEr.<br />

Nichtbasis<strong>mundart</strong>liche Wörter<br />

Abriss, anstreben, Beitrag, Bereich, bereit, bereits,<br />

darlegen, Eigenheim, Eigenleitung, eigentlich, Einfluss,<br />

Einheiten, einzeln, einzelne, geäussert, gespiesen,<br />

grundsätzlich, Hügel, jeweils, Kommission,<br />

Landwirtschaftsamt, Leistung, Leitblatt,<br />

mehrfach, Mehrheit, Möglichkeit, reichen, richtig,<br />

Schwierigkeit, Situation, steil, Stil, Subvention,<br />

teils, Telephon, unterbreiten, vorgesehen, Wahrheit,<br />

Waldweg 93<br />

, wirtschaftlich.


Basis<strong>mundart</strong>liche Wörter<br />

Adern, Alpmeister, Augen, Äste, Baum, Bächlein,<br />

Beispiel, Besen, Blumen, Blümlein, Bohnen,<br />

Brücke, Burg, Bürger, daheim, dick, Dorn, Dornen,<br />

drei, dunkel, dürfen, einfach, Eis, Emd, Feld, Fenster,<br />

Fleisch, flott, folgen, Föhn, Freude, Frosch,<br />

Fuchs, Füchse, fürchten, Gartenarbeit, gär, Geiss,<br />

Geissei, geräucht, getragen, graben, Gras, grün,<br />

haben, Halde, Häuslein, heben, Heizung, Hemd,<br />

her, Heu, Holzbödili, Hund, hübsch, ihiworga,<br />

käme, Käse, kein, Kind, Korn, könnte, Körblein,<br />

Körnlein, krachen, Kuh, Küche, lachen, lassen<br />

(sie), Laub, leer, leisten, Leiter, Leiterchen, Leitung,<br />

Liechtenstein, Lohn, machen, Magen, Mädchen,<br />

menga, Messe, Monat, Mond, morgen, nähme, nirgends,<br />

nur, Rank, Rechen, rein, Riemen, Rohre,<br />

Rösser, Rücken, sagen, Samen, sägen, Schaben,<br />

Schafe, Schlüssel, schon, schön, Schüssel, Schwager,<br />

schwer, Seile, sich, Sicht, sie, Stein, Steine,<br />

Tag, Tasche, Täli, tät, Teile, tun, Türka, überhaupt,<br />

Ver<strong>die</strong>nst, vielleicht, Vorteil, Wagen, Wald, Waldweg,<br />

waschen, weben, Weg, Weizen, wichtig, Wiese,<br />

wird, wirklich, Wirt, Wolle, Wurzel, zäh, Zeine,<br />

Zeinen, zur.<br />

Entsprechend der Häufigkeit <strong>des</strong> Auftretens in<br />

den Texterhebungen werden auch im Fragebogen<br />

einzelnen Phänomen mehr oder weniger Belegwörter<br />

zugeordnet.<br />

Spezielles Augenmerk wird der Entwicklung der<br />

Nasalierung im Unterland geschenkt werden. Die<br />

Erhebungen zur Basis<strong>mundart</strong> haben hierzu wenig<br />

gebracht. Nasalierungen waren nur mehr vereinzelt<br />

festzustellen.<br />

Auch teilnehmende Beobachtungen und das Abhören<br />

von Tonmaterial bekräftigen <strong>die</strong> Llypothese,<br />

dass <strong>die</strong> Nasalierung im Unterland im Rückzug<br />

begriffen ist, nachdem sie früher nach den Arbeiten<br />

von Jutz einmal viel stärker vertreten war. 94<br />

Es<br />

muss festgestellt werden, ob und wie stark <strong>die</strong> Nasalierung<br />

in den Unterländer Orts<strong>mundart</strong>en noch<br />

vorhanden ist. Die Erhebung erfolgt mittels Wortlisten,<br />

sämtliche Laute werden sowohl in an-, inwie<br />

auch auslautender Stellung abgefragt.<br />

DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />

ROMAN BANZER<br />

4.2.3.1.<br />

AUSWAHL DER REDEDETERMINANTEN<br />

Es gilt für unser Experiment <strong>die</strong> Determinanten zu<br />

definieren, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Sprachproduktion bestimmen,<br />

und deren Anzahl soweit zu reduzieren, dass neben<br />

den linguistischen Ergebnissen auch über einzelne<br />

extralinguistische Faktoren, <strong>die</strong> unser<br />

sprachliches Handeln hauptsächlich bestimmen,<br />

Aussagen gemacht werden können. Verschiedene<br />

soziale und situative Determinanten beeinflussen<br />

<strong>die</strong> Sprachproduktion. 95<br />

- Determinanten auf der Kommunikatorseite sind:<br />

Berufstätigkeit, Intention, psychischer Zustand,<br />

Alter, soziales Geschlecht, Bildung, Pendlerstatus,<br />

Muttersprache, Nationalität.<br />

- Determinanten auf der Rezipientenseite sind:<br />

angenommene Sachkompetenz, vermuteter Rang,<br />

Thema, Anzahl der Hörer.<br />

- Determinanten auf der Gegenstandsseite sind:<br />

Thema/Inhalt, Stil, Vorbereitung, Raum, Öffentlichkeit,<br />

Untersuchungsinstrument.<br />

Nicht alle sozialen und situativen Faktoren können<br />

in <strong>die</strong> Untersuchung miteinbezogen werden. Aus<br />

<strong>die</strong>sem Grund ist es für <strong>die</strong> Validität der Arbeit unerlässlich,<br />

sich Rechenschaft zu geben, inwieweit<br />

einzelne Faktoren vernachlässigt werden können,<br />

ohne <strong>die</strong> Untersuchung und damit <strong>die</strong> Ergebnisse<br />

negativ zu beeinflussen. Es stellt sich in unserem<br />

Fall <strong>die</strong> Frage, welche Rededeterminanten für den<br />

Lautwandel in unserem Land hauptsächlich verantwortlich<br />

sind. Wir diskutieren den Einbezug der<br />

wichtigsten sozialen und situativen Faktoren in <strong>die</strong><br />

Untersuchung.<br />

Wie Untersuchungen 96<br />

belegen, korrelieren lexikalische<br />

Interferenzen mit dem Alter der Probanden,<br />

dem Gesprächsthema und dem Grad der Öffentlichkeit<br />

eines Gesprächs. In der Untersuchung<br />

der alltäglichen Sprache der Mundartdomänen 97<br />

verzichten wir auf <strong>die</strong> Berücksichtigung der beiden<br />

Determinanten


Die Dialektalität der Sprache der Mundartsprecher<br />

erhöht sich mit steigendem Alter. 98<br />

Die soziopsychologische<br />

Forschung unterscheidet verschiedene<br />

Altersstufen, unter anderem das Erwachsenenalter,<br />

wobei <strong>die</strong> Entwicklungspsychologie das<br />

Erwachsensein <strong>des</strong> Menschen mit 20 oder 25 Jahren<br />

ansetzt. Es darf dabei allerdings nicht vergessen<br />

werden, dass gerade auch im Erwachsenenalter<br />

noch Veränderungen vor sich gehen, <strong>die</strong> der<br />

Theorie der «ruhigen Periode» widersprechen.<br />

Auch in <strong>die</strong>sem Altersbereich findet durch <strong>die</strong><br />

starke soziale Einbindung und <strong>die</strong> häufigen Kontakte<br />

eine andauernd starke Konfrontation mit der<br />

Sprache statt.<br />

Wir haben uns dafür entschieden, für unsere<br />

Untersuchung das Alter 25 bis 45 Jahre anzusetzen.<br />

Einerseits kann davon ausgegangen werden,<br />

dass in <strong>die</strong>ser Zeit jugendliche Slangbildung und<br />

Freude zur Veränderung nicht mehr so gross sind<br />

und somit von einer bestimmten «Einheitlichkeit»<br />

ausgegangen werden kann. Andererseits bezieht<br />

sich <strong>die</strong> Untersuchung (wie nachfolgend erläutert<br />

wird) auf <strong>die</strong> Arbeitstätigen und hier vertritt <strong>die</strong><br />

Gruppe der 25- bis 45-jährigen <strong>die</strong> Mehrheit <strong>des</strong><br />

Lan<strong>des</strong>. 13'000 99<br />

Arbeiterinnen und Arbeiter sowie<br />

3200 Hausfrauen, <strong>die</strong> in der Statistik als Nichterwerbstätige<br />

geführt werden, ergeben eine Gruppe<br />

von 16'200 Arbeitstätigen. 9000 davon entspre­<br />

Tabelle 13: Pendlertum 103<br />

214<br />

chen unserem Altersideal. Das sind 56 Prozent<br />

der Arbeitstätigen oder 30 Prozent der gesamten<br />

Wohnbevölkerung.<br />

Die geschlechtsabhängigen Unterschiede in der<br />

Sprachproduktion interessieren uns hier nicht. In<br />

das Sample sollen gleich viele Frauen wie Männer<br />

integriert werden. Dies war für kleine Gemeinden<br />

nicht immer möglich, weil es schwer war, hier<br />

Frauen zu finden, <strong>die</strong> nicht pendeln und nicht<br />

manuell arbeiten. Aus <strong>die</strong>sem Grund sind nur 36<br />

Prozent Probandinnen in <strong>die</strong> Untersuchung miteinbezogen<br />

worden. 100<br />

Sollte es sich zeigen, dass<br />

signifikante Unterschiede auf Grund <strong>des</strong> «sozialen<br />

Geschlechts» 101<br />

auftauchen, so werden <strong>die</strong>se in den<br />

Ergebnissen aufbereitet. 102<br />

Die Zugehörigkeit zu einer Orts<strong>mundart</strong> wird<br />

folgendermassen definiert. All jene, <strong>die</strong> seit dem<br />

Besuch <strong>des</strong> Kindergartens in Liechtenstein leben,<br />

sind nach unserer Auffassung Sprecher einer <strong>liechtenstein</strong>ischen<br />

Orts<strong>mundart</strong>. Damit sind auch alle<br />

in das Sample eingeschlossen, <strong>die</strong> keine <strong>liechtenstein</strong>ische<br />

Staatsbürgerschaft besitzen, aber schon<br />

seit ihrer Kindheit im Land leben.<br />

Liechtenstein hat sich in den vergangenen 50<br />

Jahren mit Riesenschritten vom armen Bauernstaat<br />

zum reichen Industrieland entwickelt. Damit<br />

kamen mit einem neuen beruflichen und auch sozialen<br />

Umfeld Grenzgänger und Ausländer nach<br />

Gemeinde Erwerbs­ Stationäre Wegpendler Wegpendler Zupendler Zupendler<br />

tätige % %<br />

Planken 121 35 86 71 % 4 3 %<br />

Mauren 1203 461 742 62% 167 14%<br />

Ruggell 523 204 319 61 % 49 9 %<br />

Triesen 1557 639 918 59% 220 14%<br />

Gamprin 396 165 231 58% 259 65%<br />

Schellenberj l 293 123 170 58% 11 4%<br />

Eschen 1361 628 733 54% 332 24 %<br />

Triesenberg 1040 593 447 43% 53 5 %<br />

Schaan 2472 1628 844 34% 1316 53%<br />

Balzers 1518 950 568 37% 382 25 %<br />

Vaduz 2421 1810 611 25 % 2151 89%<br />

Total 12905 7236 5669 51 % 4944 28 %


Liechtenstein. Somit wurde <strong>die</strong> einheimische Bevölkerung<br />

durch <strong>die</strong> Auflösung bäuerlich-dörflicher<br />

Strukturen, <strong>die</strong> sprachlich ihre Spuren hinterlassen<br />

hat, vermehrt mit benachbarten und fremden Idiomen<br />

konfrontiert. Wir stellen daher <strong>die</strong> Hypothese<br />

auf, dass <strong>die</strong> Arbeitstätigkeit und das Pendlertum<br />

hauptsächlich verantwortlich sind für <strong>die</strong> sprachlichen<br />

Veränderungen. «Durch das Datenmaterial<br />

konnte mit statistischer Signifikanz nachgewiesen<br />

werden, dass am Untersuchungsort Knutwil eine<br />

Reihe von Grundfaktoren für den Vokalisierungsgebrauch<br />

bestimmend sind. Die deutlichsten Vokalisierungsunterschiede<br />

kommen durch <strong>die</strong> Art der<br />

Berufstätigkeit zustande, während der Einfluss der<br />

Berufsposition weniger klar wird» (Christen 1988,<br />

S. 207). Auch andere Untersuchungen haben <strong>die</strong><br />

Relevanz <strong>die</strong>ses sozialen Faktors belegt. 104<br />

Aufgrund der gleichen sprachpragmatischen<br />

Verhältnisse in der Schweiz und in Liechtenstein<br />

sowie aufgrund der vergleichbaren wirtschaftlichsozialen<br />

Verhältnisse (Wirtschaftszentrum mit dörflicher<br />

Umgebung) nehmen wir an, dass <strong>die</strong>ser<br />

Faktor auch für unser Untersuchungsgebiet von<br />

entscheidender Bedeutung ist. Wir unterteilen also<br />

<strong>die</strong> Probanden in manuell tätige (m) und nicht manuell<br />

tätige (nm) und postulieren <strong>die</strong> Abhängigkeit<br />

der Sprachproduktion von der Arbeitstätigkeit.<br />

Nicht weniger wichtig für den Sprachausgleich<br />

innerhalb <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> ist unserer Meinung nach<br />

das Zu- und Wegpendeln der Einwohner Liechtensteins<br />

vom Wohn- zum Arbeitsort. Der Einfluss <strong>des</strong><br />

Wirtschaftszentrums (Schaan und Vaduz) vor allem<br />

auf <strong>die</strong> Orts<strong>mundart</strong>en <strong>des</strong> Unterlan<strong>des</strong> hat sich in<br />

den Voruntersuchungen der Texte gezeigt. Wir unterteilen<br />

in Pendler (P) und Stationäre (St) und postulieren<br />

<strong>die</strong> Abhängigkeit der Sprachproduktion<br />

vom Pendlertum.<br />

DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />

ROMAN BANZER<br />

Die restlichen Determinanten werden konstant<br />

gehalten oder sind für unsere Untersuchung nicht<br />

von ausschlaggebender Bedeutung. Dies führt zu<br />

einer Einengung der Untersuchung. Man darf allerdings<br />

nicht vergessen, dass im Rahmen der vorliegenden<br />

Arbeit nicht mehr realisierbar ist, zudem<br />

muss man sich vor Augen halten, dass in der Analyse<br />

<strong>die</strong> sozialbedingte Abhängigkeit von fast 50 variablen<br />

Lauten untersucht wird und es aus arbeitstechnischen<br />

Gründen nicht möglich ist, eben <strong>die</strong>se<br />

Variablen mit mehreren Rededeterminanten zu<br />

korrelieren.<br />

4.2.3.2.<br />

DIE PROBANDEN<br />

s Tabelle 14: Probanden<br />

pro Dorf , , ' Total<br />

1 Pendler, manuell ll Pendler, manuell<br />

1 Pendler, nicht manuell 11 Pendler, :nicht manuell<br />

1 Stationärer, manuell 11 Stationärer, manuell<br />

1 Stationärer, nicht manuell 11 Stationärer, nicht manuell<br />

Die Auswahl der Probanden erfolgt durch eine geschichtete<br />

Stichprobe. 105<br />

Die Gewährsleute werden<br />

von Referenzpersonen vorgeschlagen. Nach statistischen<br />

Regeln ergäbe sich an <strong>die</strong> Forderung der<br />

Repräsentativität eine viel zu hohe Zahl an Probanden,<br />

<strong>die</strong> nie zu bewältigen wäre. Die Untersuchung<br />

wird eingeschränkt auf Erwerbstätige, <strong>die</strong> ihren<br />

Arbeitsort im Wohnort haben oder zur Arbeit wegpendeln.<br />

Pro Dorf werden vier Probanden befragt,<br />

woraus sich <strong>die</strong> folgende Struktur ergibt:<br />

Planken wird in <strong>die</strong>se Untersuchung nicht aufgenommen,<br />

weil <strong>die</strong> 290 Einwohner zählende Gemeinde<br />

bei der Analyse der Basis<strong>mundart</strong> in der<br />

Lautung keinerlei Abweichungen von der Nachbargemeinde<br />

Schaan zeigte.' 06<br />

Zusätzlich wird der<br />

Weiler Hinterschellenberg in der Gemeinde Schellenberg<br />

in <strong>die</strong> Untersuchung aufgenommen, weil<br />

<strong>die</strong> Aufnahmen zur Basis<strong>mundart</strong> hier Abweichungen<br />

zur restlichen Gemeinde belegen.<br />

215


Der Proband oder <strong>die</strong> Probandin sollen grundsätzlich<br />

folgendem idealen Anforderungsprofil entsprechen:<br />

Berufstätigkeit: manuell oder nicht manuell<br />

Pendlerstatus: Pendler oder Stationär<br />

Alter: 25-45 Jahre<br />

Bildung: indifferent<br />

Muttersprache: Liechtensteinische Orts<strong>mundart</strong><br />

Nationalität: FL und andere<br />

Die Übersetzungssätze und deren Auswertung<br />

müssen folgen<strong>des</strong> beantworten:<br />

1. Gibt es für mhd. [x] mda. variabel /p/ oder /q/?<br />

2. Werden <strong>die</strong> potentiellen Variablen variabel gebraucht?<br />

3. Wie lautet <strong>die</strong> variable Entwicklungsrege]<br />

(vEr)?<br />

4. Woher stammen <strong>die</strong> neuen Variablen?<br />

5. In welchen Orts<strong>mundart</strong>en gilt <strong>die</strong> vEr?<br />

6. Welches sind <strong>die</strong> Variablen in den vEr?<br />

7. Wie lautet <strong>die</strong> vEr im linguistischen Zusammenhang?<br />

8. Korreliert der Gebrauch der vEr mit räumlichen<br />

und linguistischen Faktoren?<br />

9. Korreliert der Gebrauch der vEr mit sozial bedingten<br />

Rededeterminanten?<br />

10. Lassen sich aus der geographischen Lokalisierung<br />

der Neuerungen Angleichungsvorgänge<br />

der Orts<strong>mundart</strong>en erkennen?<br />

11. Besteht ein Zusammenhang zwischen Lautneuerung<br />

und lexikalischer Neuerung?<br />

12. Gibt es Lautwandel?<br />

4.2.4.<br />

DAS INTERVIEW<br />

Die Sprachdatenerhebung geschah mit Übersetzungssätzen<br />

in einer direkten Erhebung. Die Probanden<br />

wurden gebeten, <strong>die</strong> auf Papier vorliegenden<br />

Sätze in Mundart zu formulieren. Der Explorator<br />

hielt auf einem nur ihm vorliegenden Auswertungsbogen<br />

während <strong>des</strong> Interviews <strong>die</strong> jeweils zu<br />

erhebenden Laute fest. Dieser Arbeitsgang wurde<br />

dadurch erleichtert, dass der Auswertungsbogen in<br />

216<br />

der Art <strong>des</strong> multiple-choice vorstrukturiert war.<br />

Mögliche Varianten <strong>des</strong> zu produzierenden Lautes<br />

waren auf dem Auswertungsbogen vorgegeben und<br />

konnten bei der Erhebung angestrichen werden.<br />

Abweichungen davon wurden notiert. Die Interviews<br />

mit den Übersetzungssätzen wurden nicht<br />

auf Tonband festgehalten. Wir glaubten dadurch<br />

<strong>die</strong> Gesprächssituation, <strong>die</strong> durch das Vorlesen von<br />

Sätzen ohnehin «unnatürlich» genug ist, nicht noch<br />

mehr zu belasten. Die Determinaten auf der Rezipienten-<br />

und Gegenstandsseite wurden bei allen<br />

Interviews gleich gehalten.<br />

Determination auf der Rezipienten- und Gegenstandsseite:<br />

angenommene<br />

Sachkompetenz: hoch<br />

vermuteter Rang: indifferent<br />

Thema/Inhalt: Information<br />

Anzahl Hörer: 1<br />

Stil: formal<br />

Vorbereitung: nicht vorbereitet<br />

Raum: Heim <strong>des</strong> Probanden<br />

Öffentlichkeit: keine<br />

Untersuchungsinstrument:<br />

Übersetzungssätze<br />

Den Probanden wurden zu Beginn <strong>des</strong> Interviews<br />

drei Sätze zur Probe vorgelegt, <strong>die</strong> nicht in <strong>die</strong><br />

Erhebung aufgenommen wurden. Hier konnten <strong>die</strong><br />

Vorgehensweise und mögliche Probleme aufgezeigt<br />

werden. Die Erhebungen haben gezeigt, dass <strong>die</strong><br />

Übersetzungssätze bis auf wenige Ausnahmen keinerlei<br />

Schwierigkeiten bereiteten.<br />

4.3.<br />

ERGEBNISSE<br />

Wenn der Heterogenitätsbegriff länger brauchte,<br />

bis er mit Überwindung <strong>des</strong> Strukturalismus in den<br />

Sechziger Jahren Einlass in <strong>die</strong> deutsche Dialektologie<br />

fand, ist der Vorgang der Durchmischung und<br />

<strong>des</strong> Ausgleiches unter den Mundarten schon länger<br />

ein Thema. «Bekanntlich erklärte seinerzeit Ferdi-


nand Wrede Mischung und Ausgleich für <strong>die</strong> allezeit<br />

gültigen Hauptgesetze der Mundartentwicklung.<br />

Unter Ausgleich verstand er nichts anderes<br />

als Durchsetzung der Mischungsergebnisse, <strong>die</strong><br />

Vereinheitlichung an Stelle eines früheren Nebeneinander»<br />

(Trost 1968, S. 823). Wir haben uns also<br />

mit zwei Begriffen und zwei Inhalten zu beschäftigen<br />

- dem Lautwandel und der Lautvariation. Die<br />

Trennung zwischen Lautwandel und -Variation ist<br />

eine theoretische Abstraktion. Beide Vorgänge sind<br />

eng miteinander verbunden.<br />

Die Variation kann als Vorstufe <strong>des</strong> Wandels gesehen<br />

werden. 107<br />

Neben der Feststellung der Variabilität<br />

der Orts<strong>mundart</strong>en und der Interdependenz<br />

von Sprache und Gesellschaft beschreiben wir den<br />

Status der Variabilität. Für <strong>die</strong> Theorie <strong>des</strong> Lautwandels<br />

folgen wir den Ausführungen von Haas<br />

(1978) und fassen kurz zusammen. Lautwandel<br />

erfolgt nicht nach dem Prinzip der Gradualität. Es<br />

sind nicht mikroskopisch kleine Schritte, <strong>die</strong> aus<br />

einem Laut im Verlauf der Zeit durch mannigfache<br />

Abschleifungen einen anderen Laut entstehen lassen.<br />

Ein Sprecher übernimmt eine Innovation als<br />

selbständiges Element und gebraucht <strong>die</strong>ses neben<br />

dem alten. Dabei sind Zwischenstufen nicht ausgeschlossen.<br />

Diese bilden eine eigenständige Lautverschiebung<br />

im Sinne einer schrittweisen Merkmalsveränderung.<br />

Wir unterscheiden Lautwandel, individuelle<br />

Innovation und Neuerung 108<br />

als Begriffe zur<br />

Beschreibung <strong>des</strong> Verlaufs <strong>des</strong> Lautwandels. 109<br />

Wir verwenden den Begriff der Innovation nach der<br />

Definition von Haas nur dann, wenn es sich um eine<br />

individuelle Innovation handelt. Eine Innovation<br />

wird zur Neuerung, wenn sie in den Sprachgebrauch<br />

einer Sprachgemeinschaft übernommen wird.<br />

Lautwandel und Lautvariation sind konstituierende<br />

Elemente jeder Sprache. Auch <strong>die</strong> Orts<strong>mundart</strong>en<br />

<strong>des</strong> Fürstentums Liechtenstein variieren<br />

und wandeln sich in Abhängigkeit von unterschiedlichen<br />

linguistischen und sozialen Faktoren.<br />

Wir haben ein Inventar der potentiell variablen<br />

Entwicklungsregeln erstellt und durch <strong>die</strong> Auswertung<br />

der Fragebögen festgestellt, dass <strong>die</strong> untersuchten<br />

Entwicklungsregeln kategorisch oder variabel<br />

angewandt werden.<br />

DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />

ROMAN BANZER<br />

Wir können mit unserer Untersuchung belegen,<br />

dass verschiedene Lautwandelvorgänge stattgefunden<br />

haben. Eine konstante Entwicklungsregel wurde<br />

hierbei variabel, <strong>die</strong> Neuerung verdrängte <strong>die</strong><br />

basis<strong>mundart</strong>liche Variante immer mehr, bis<br />

schlussendlich <strong>die</strong> neu eingeführte Variante zur<br />

neuen Konstanten wurde (Er 8; e vor Nasal, denken;<br />

im Ul nicht [e] sondern [e]). Diese Vorgänge<br />

sind selten. Häufiger trifft man den Fall, dass Neuerung<br />

und ehemalige Konstante der Basis<strong>mundart</strong><br />

als Varianten in einer variablen Entwicklungsregel<br />

nebeneinander gebraucht werden. Diese Fälle der<br />

Lautvariation können, müssen aber nicht zu einem<br />

Lautwandel führen. Das Leveling der variablen<br />

Entwicklungsregeln ist unterschiedlich weit fortgeschritten.<br />

Die Anzahl der variablen Entwicklungsregeln<br />

ist pro Gemeinde unterschiedlich gross. Sie<br />

ist im Unterland grösser als im Oberland. Die<br />

Neuerungen stammen häufig aus dem Hochdeutschen<br />

und den benachbarten Dialekten. Die Orts<strong>mundart</strong>en<br />

<strong>des</strong> Unterlan<strong>des</strong> werden vor allem<br />

durch <strong>die</strong> Orts<strong>mundart</strong>en <strong>des</strong> Oberlan<strong>des</strong> beeinflusst.<br />

Die lautliche Angleichung an das Oberland<br />

ist augenfällig, wo hingegen der umgekehrte Wandelvorgang<br />

nicht beobachtet werden konnte.<br />

Von Neuerungen besonders betroffen sind <strong>die</strong><br />

Hochzungenvokale [i, ü, uj. zehn Entwicklungsregeln<br />

enthalten einen Hochzungenvokal. Auch das<br />

mhd. ei kommt in den Entwicklungsregeln häufig<br />

vor, nicht weniger als neun Entwicklungsregeln beschreiben<br />

den Gebrauch <strong>des</strong> mhd. Diphthongs ei in<br />

den Orts<strong>mundart</strong>en Liechtenstein.<br />

Tabelle 15 beschreibt <strong>die</strong> Variation in den Entwicklungsregeln<br />

für <strong>die</strong> einzelnen Gemeinden. Pro<br />

Gemeinde wurden gemäss Untersuchungsanordnung<br />

vier Probanden befragt. Pro Entwicklungsregel<br />

wurden den Probanden drei oder mehr Beispiele<br />

vorgelegt. Man kann also davon ausgehen, dass<br />

für das Oberland N = 60, für das Unterland N = 72,<br />

für eine einzelne Gemeinde N = 12 ist.<br />

Die nachfolgende Tabelle zeigt <strong>die</strong> Entwicklungsregeln<br />

und beschreibt, wie oft welche Variante<br />

in welcher Kondition in welcher Orts<strong>mundart</strong><br />

durchschnittlich gebraucht wird. Die basis<strong>mundart</strong>liche<br />

Variante ist fett gedruckt. Die beiden Be-<br />

217


griffe Stabilität und Variabilität beschreiben in Prozentzahlen<br />

den Gebrauch von basis<strong>mundart</strong>lichen<br />

und nichtbasis<strong>mundart</strong>lichen Varianten in einer<br />

variablen Entwicklungsregel (vEr).<br />

Wir wiederholen und betonen auch an <strong>die</strong>ser<br />

Stelle noch einmal, dass sich <strong>die</strong> Angaben lediglich<br />

auf das untersuchte Korpus beziehen. Das heisst,<br />

dass weder mit Sicherheit alle variablen Entwicklungsregeln<br />

einer Gemeinde aufgeführt sind, noch<br />

alle Einwohner eine Entwicklungsregel in der unten<br />

vorgeschriebenen Form produzieren. Dies war<br />

lediglich für unsere Probanden der Fall.<br />

218<br />

Tabelle 15: Basis<strong>mundart</strong>liche<br />

(fett) und nichtbasis<strong>mundart</strong>liche<br />

Varianten in<br />

den Entwicklungsregeln<br />

4.3.1.<br />

INVENTAR DER VARIABLEN<br />

ENTWICKLUNGSREGELN<br />

1 DoS Ol 100.0% kurz<br />

'Magen' Ul 94.0 % lang<br />

6.0 % kurz<br />

2 DoS, nbmW Ol 100.0 % kurz<br />

'darlegen' Ul 83.1 % lang<br />

16.9 % kurz<br />

3 DlsW FL 100.0 % lang<br />

'Gras'<br />

4 DlsW, nbmW<br />

'Stil'<br />

FL 100.0 % lang<br />

5 Plural mit Umlaut Ol 68.0 % kein<br />

Rösser Umlaut<br />

32.0% Umlaut<br />

Ul 57.8 % kein<br />

Umlaut<br />

42.2 % Umlaut<br />

6 a vor sch Ol, Sb, HSb 100.0 % /£/<br />

'Asche' E, M, G, R 58.7 % /ae/<br />

39.1 % Isl<br />

2.2 % M<br />

7 ä im Diminutiv Ol, Sb, HSb 100.0 %<br />

'Bächlein' E, M, G, R 73.5 % /3t}/<br />

26.5 % fsl<br />

8 e vor nK Ol 100.0 % /e/<br />

'denken' Ul 0.0 % /e/<br />

9 germ e Ol, Sb, HSb 100.0 % /e/<br />

'Feld' E, M, G, R 86.3 % /ae/<br />

13.7% /£/<br />

10 germ e, nbmW Ol, Sb, HSb 100.0 %<br />

'vorgesehen' E 75.0 % Isl<br />

25.0% /ae/<br />

11 i vor oK FL 71.7 % /e/<br />

'Biss' 28.3 % Iii


12 i vor oK, nbmW Ol 27.1 % /i/<br />

'Abriss', u.a. 35.2 % /e/<br />

12.8 % 4s/<br />

24.9 % /sj/<br />

Ul 53.0 % /e/<br />

23.5 % /i/<br />

23.5 % /ej/<br />

13 i vor r + Kons Ol 1 OO 0 % lol<br />

'Wirt' Ul 52.3 % /Y.8/<br />

33.7 % As/<br />

14.0 % /0/<br />

14 i vor r + Kons, nbmW Ol 97.0 % /»/<br />

'Landwirtschaftsamt' Ul 3.0% /ia/<br />

53.7 %<br />

25.3 % lldl<br />

21.0% M<br />

15 o vor oK FL 86.7 %<br />

'flott' 13.3 % /Ol<br />

16 o vor r + Kons B, T, V 1 on n % /Ol<br />

'Korn' S 87.5 % 10/<br />

12.5 % M<br />

Ul 67.5 % /Ol<br />

c l .y /o 1 Ist/ tu<br />

9.6 % 1X9/<br />

1.0% /0l<br />

17 ö vor nK Ol 100.0 % /»:/<br />

'könnte' Ul 100.0 % lo:f<br />

17a am vor nK Ol 100.0 % lo:/<br />

'Föhn' Ul 62.5 % /CK/<br />

37.5 % lad<br />

18 ö vor r + Kons Ol 100.0 % /oe/<br />

'Körblein' Ul 91.4 % /CE/<br />

8.6 % /ae/<br />

19 u vor oK FL 92.6 % lol<br />

'Fuchs' 7.4 % IvJ<br />

20 u vor oK, nbmW Ol, E, M, R 100.0% lol<br />

'Einfluss' G, Sb 62.3 % lol<br />

37.7 % lul<br />

21 u vor r + Kons Ol 66.6 % lol<br />

'Burg' E,M,G, R, HSb 33.4% IvJ<br />

Sb 92.0 % /OB/<br />

8.0 % /Ü/<br />

DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />

ROMAN BANZER<br />

22 ü vor oK FL 74.2 % lol<br />

'Füchse' 25.8 %<br />

23 ü vor oK, nbmW Ol 84.5 % lol<br />

'geäussert' 15.5 % ¥<br />

Ul 58.5 % lol<br />

41.5% ¥<br />

24 ü vor r + Kons Ol 100.0 % lol<br />

Bürger' Ul 97.2 % IIBI<br />

2.8 % lol<br />

25 d vor oK FL 100.0 % 10:1<br />

'Adern'<br />

26 ä vor nK Ol 68.7 % lo:l<br />

'Samen' 31.3 % la-.l<br />

Ul 70.8 % 15:, Öl<br />

20.8 % lel<br />

6.3 % /a:/<br />

2.1 % /de:/<br />

27 vor nK Ol, Sb, HSb 100.0 % IE:/<br />

'käme' E, M, G, R 62.5 % 18:/<br />

16.7 % /ae:/<br />

20.8 % /e:/<br />

28 d vor nK Ol 100.0 % /O:/<br />

'Bohnen' Ul 90.0 % /5:, 5/<br />

10.0 % lol<br />

29 d vor nK, nbmW Ol 100.0 % lo:l<br />

'Kommission' Ul 56.0 % 15:1<br />

44.0 % /o:l<br />

30 ei vor oK Ol 18.8 % /ej/<br />

'Leiter' 74.9 % /ae:/<br />

6.3 % /a:/<br />

Ul 2.0 % /ej/<br />

64.6 % /O:/<br />

31.4% /a:/<br />

2.0 % /33:/<br />

Ol 67.0 % /ej/<br />

'Fleisch' 32.3 % /33:/<br />

0.7 % /a:/<br />

Ul 96.8 % /ej/<br />

1.6% /33:/<br />

0.5 % /a:/<br />

1.1 % lo:/<br />

30a ei vor oK 110<br />

219


31 ei vor oK, Plural Ol 93.8 % /ae:/<br />

'Seile' 6.2 % /ej/<br />

E, M 41.7 % /33:/<br />

41.7 % /Sj/<br />

16.6 % /a:/<br />

G, R, Sb, HSb 2.1 % /33/<br />

23.9 % /ej/<br />

63.4 % /C9:/<br />

10.6 % /O:/<br />

32 ei vor oK, Komp, Ol 69.0 % /ej/<br />

nbmW 31.0 % /ae:/<br />

'Eigenheim' Ul 50.5 % /ej/<br />

44.5 % /&/<br />

5.0 % /a:, 33:/<br />

33 ei vor oK, nbmW Ol 87.1 % /Sj/<br />

'Leitblatt' 12.9 % /ae:/<br />

Ul 89.5 % /ei/<br />

10.5 % /o:/<br />

34 ei vor oK, hd Suffix, Ol 65.8 % /sj/<br />

nbmW 34.2 % lel<br />

'Wahrheit' Ul 76.7 % /sj/<br />

23.3 % /e/<br />

35 ei vor nK Ol 100.0 % /ae/<br />

'Stein' Ul 88.3 % /Ö:, 5/<br />

8.3 % /ej/<br />

3.4 % /33:/<br />

36 ei vor nK, Plural Ol 100.0% /ae:/<br />

'Steine' Ul 100.0 % AB/<br />

37 ei vor nK, nbmW FL 91.7% /ej/<br />

'Einheiten' 8.3 % /ae, 5/<br />

38 ou vor oK FL 81.6% Mon<br />

'Auge' 18.4% Diph<br />

39 öu vor oK FL 100.0 % /&'./<br />

'Freude'<br />

40 ie vor nK Ol 100.0 % /»/<br />

'Riemen' Ul 78.3 % /e:/<br />

21.7% Ae/<br />

41 uo vor nK Ol 100.0 % /o:e/<br />

'Blume' Ul 66.3 % /Ö:/<br />

33.7 % /ö:9/<br />

220<br />

42 «e vor nK Ol 100.0%<br />

'grün' Ul 87.5 % /de:/<br />

12.5 % /y.-a/<br />

43 Restitution « Ol 93.5 % *<br />

'Fenster' 6.5 % /n/<br />

Ul 53.0 % *<br />

47.0 % /n/<br />

44 Restitution r Ol 87.5 % *<br />

'nur' 12.5% /r/<br />

Ul 66.6 % *<br />

33.4 % A7<br />

45 r, nbmW FL 45.7 % *<br />

'mehrfach' 54.3 % Irl<br />

46 Restitution x FL 77.5 % *<br />

'sich' 22.5 %<br />

47 nbmW FL 50.9 % *<br />

'grundsätzlich' 49.1 % nu<br />

48 d in -nd, -/d- Ol 100.0% /d/<br />

'Wald' Ul 57.0 % *<br />

43.0 % /d/<br />

49 d in -zzd, -Id-, nbmW Ol 100.0% /d/<br />

'Waldweg' Ul 50.0 % *<br />

50.0 % /d/<br />

50 s FL 100.0% Iii<br />

'Eis'<br />

51 k im Anlaut FL 100.0 % nu<br />

'Kasten'<br />

52 k nach nK FL 100.0% nu<br />

'dunkel'<br />

53 ch intervokalisch FL 100.0 % nu<br />

'machen'<br />

* = fällt aus


4.3.2.<br />

BASISMUNDARTLICH - NICHTBASISMUND-<br />

ARTLICH<br />

In basis<strong>mundart</strong>lichen Wörtern werden mehr basis<strong>mundart</strong>liche<br />

Varianten gebraucht (80 %) als<br />

in nichtbasis<strong>mundart</strong>lichen Wörtern (59 %). Die<br />

Mundartsprecher variieren bei nichtbasis<strong>mundart</strong>lichen<br />

Wörtern häufiger als bei den basis<strong>mundart</strong>lichen.<br />

Im Unterland variieren <strong>die</strong> Mundartsprecher<br />

bei nichtbasis<strong>mundart</strong>lichen Wörtern häufiger<br />

als im Oberland. Dies trifft aber auch bei basis<strong>mundart</strong>lichen<br />

Wörtern zu.<br />

Die Stabilität von basis<strong>mundart</strong>lichen Lauten in<br />

nichtbasis<strong>mundart</strong>lichen Wörtern variiert stark.<br />

Das Spektrum liegt zwischen 100 Prozent basis<strong>mundart</strong>licher<br />

und 100 Prozent nichtbasis<strong>mundart</strong>licher<br />

Realisation eines Lautes. Die Resultate in<br />

Tabelle 17 sind uneinheitlich und abhängig von<br />

den Wörtern. Wir vermuten, dass <strong>die</strong> basis<strong>mundart</strong>liche<br />

Realisation eines Lautes in einem nichtbasis<strong>mundart</strong>lichen<br />

Wort von verschiedenen Fakto-<br />

DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />

ROMAN BANZER<br />

Tabelle 16: Stabilität in<br />

bmW - nbmW,<br />

N/Gemeinde = 12<br />

Tabelle 17: Stabilität der<br />

Laute in nichtbasis<strong>mundart</strong>lichen<br />

Wörtern in %,<br />

N/Gemeinde = 12<br />

B T V S E M G R Sb HSb Ol Ul FL<br />

bmW(%) 88 87 86 85 79 73 73 69 74 74 86 73 80<br />

nbmW(%) 67 62 65 63 54 62 52 55 53 46 64 54 59<br />

Er Betrifft Beispiel B T V S E M G R Sb HSb<br />

2 DoS, nbmW 'darlegen' 100 100 100 100 100 100 100 66 60 73<br />

4 DlsW, nbmW 'Stil' 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100<br />

10 germ e, nbmW 'vorgesehen' 100 100 100 100 75 100 100 100 100 100<br />

12 ivoroK, nbmW 'Abriss' 36 31 36 38 55 57 50 42 33 23<br />

14 i vor r + Kons, nbmW 'Landwirtschaftsamt' 100 100 100 88 63 57 63 63 75 63<br />

20 u vor oK, nbmW 'Einfluss' 100 100 100 100 100 100 50 100 100 75<br />

23 ü vor oK, nbmW 'geäussert' 100 88 62 88 66 86 47 62 62 28<br />

29 ö vor nK nbmW 'Kommission' 100 100 100 100 37 37 56 19 87 100<br />

32 ei im Komp, nbmW 'Eigenheim' 21 37 47 19 0 19 0 93 87 68<br />

33 eivoroK, nbmW 'Leitblatt' 21 11 12 7 14 20 13 12 4 0<br />

34 ei vor oK, hd Suffix, nbmW 'Wahrheit' 56 12 50 19 12 6 37 35 29 21<br />

37 ei vor nK, nbmW 'Einheiten' 0 25 33 0 0 25 0 0 0 0<br />

45 Restitution r, nbmW 'mehrfach' 66 25 0 66 100 100 100 0 0 0<br />

47 Restitution x, nbmW 'grundsätzlich' 50 50 75 50 25 50 50 66 50 25<br />

49 d in-nd,-ld-, nbmW 'Waldweg' 100 100 100 100 75 50 25 25 50 75<br />

221


en abhängt. Zu <strong>die</strong>sen Faktoren können neben<br />

möglichen anderen folgende gehören: Die Grösse<br />

der Sprachgemeinschaft, <strong>die</strong> eine Neuerung benutzt;<br />

das «Alter» eines nichtbasis<strong>mundart</strong>lichen<br />

Wortes; <strong>die</strong> Nähe zu anderen Neuerungen.<br />

Nichtbasis<strong>mundart</strong>liche Wörter, deren Laute selten<br />

basis<strong>mundart</strong>lich realisiert werden, sind oft<br />

sehr «junge» Neuerungen (Leitblatt).<br />

Bei den nichtbasis<strong>mundart</strong>lichen Wörtern stellt<br />

sich <strong>die</strong> Frage nach der Fähigkeit der Mundart,<br />

fremde Lexeme aufzunehmen und anzupassen.<br />

Wir unterscheiden nichtbasis<strong>mundart</strong>liche Wörter<br />

mit <strong>mundart</strong>konformer Morphologie (z.B. Eigenheim)<br />

und nichtbasis<strong>mundart</strong>liche Wörter mit<br />

<strong>mundart</strong>fremder Morphologie (z.B. Schwierigkeit).<br />

Die grosse Zahl an hochdeutschen Neuerungen in<br />

der Phonetik ist vor allem in Zusammenhang mit<br />

der Lexik und Morphologie zu sehen. Hochdeutsche<br />

Wörter mit <strong>mundart</strong>konformer Morphologie<br />

werden phonetisch angepasst. Bei der Übernahme<br />

von hochdeutschen Wörtern mit <strong>mundart</strong>fremder<br />

Morphologie erfolgt zum grössten Teil keine vollständige<br />

Anpassung an <strong>die</strong> Orts<strong>mundart</strong>en Liechtensteins.<br />

Als Beispiel seien hier <strong>die</strong> hochdeutschen<br />

Suffixe -heit oder -keit genannt, <strong>die</strong> über den Import<br />

standarddeutscher Wörter immer häufiger<br />

Verbreitung finden und das mda. native -i (/dymi/,<br />

Dümmi ), das originär zur Suffixbildung<br />

aus Adjektiven <strong>die</strong>nt, immer mehr verdrängen.<br />

Zu beachten ist hier der interessante Fall <strong>des</strong><br />

nichtbasis<strong>mundart</strong>lichen Kompositums (Eigen­<br />

222<br />

Tabelle 18: Varianten und<br />

Lexik, N = 4105 Wörter<br />

heim). Dieses Kompositum, bestehend aus zwei basis<strong>mundart</strong>lichen<br />

Wörtern /as:gq/ (Ol), /ä:gq/ (Ul),<br />

und /hse:m/ (Ol), /hä~ :m/ (Ul) , ist ein<br />

nichtbasis<strong>mundart</strong>liches Wort. Während jeder Teil<br />

für sich wenig Neigung zur Variation zeigt, sind <strong>die</strong><br />

Laute in den Komposita stark variabel. 39,1 Prozent<br />

aller Probanden haben das mhd. ei nichtbasis<strong>mundart</strong>lich<br />

produziert.<br />

Die Untersuchung Banzer 1990 zeigt, dass eine<br />

Aussage zur Anzahl der nichtbasis<strong>mundart</strong>lichen<br />

Wörter in den Orts<strong>mundart</strong>en nicht ohne weiteres<br />

generalisiert werden kann. Vor allem das Alter, das<br />

Gesprächsthema und der Öffentlichkeitsgrad sind<br />

ausschlaggebend für den Gebrauch von nichtbasis<strong>mundart</strong>lichen<br />

Wörtern.<br />

Die Untersuchung zum Wandel <strong>des</strong> Lexikons der<br />

Mundarten <strong>des</strong> Fürstentums Liechtenstein erfolgt<br />

anhand eines eigens erhobenen Korpus. Hierbei<br />

wurden freie Gespräche auf Tonband aufgenommen<br />

und transkribiert. Die Probandenwahl erfolgte<br />

mit gewissen Einschränkungen nach dem Zufallsprinzip.<br />

Dadurch ergaben sich acht Texte. «Ein<br />

Text besteht aus durchschnittlich 513 Wörtern (N).<br />

Das entspricht einer Gesprächsdauer von etwa fünf<br />

Minuten. ... Die Texte umfassen insgesamt 4105<br />

Wörter, davon gehören 403 oder 9,8 Prozent nicht<br />

zur Basis<strong>mundart</strong>. Die Texte 1 bis 8 zeigen signifikante<br />

Unterschiede in der Anzahl der basis<strong>mundart</strong>lichen<br />

Wörter» (Banzer 1990, S. 351). Wenn hier<br />

ein Mittel von rund 10 Prozent nichtbasis<strong>mundart</strong>licher<br />

Wörter im Alltagsgebrauch angenommen<br />

wird, so muss man sich bewusst sein, dass in den<br />

nbmW<br />

10%<br />

bma fremd<br />

produziert produziert<br />

59 % 41 %<br />

Lexik FL<br />

bma fremd<br />

produziert produziert<br />

80% 20%


dort untersuchten Texten 1,5 Prozent bis 21,2 Prozent<br />

nichtbasis<strong>mundart</strong>liche Wörter <strong>des</strong> Gesamttextes<br />

ermittelt wurden.<br />

4.3.3.<br />

TRIESENBERG<br />

Keine Ergebnisse resultieren aus der Untersuchung<br />

für <strong>die</strong> Walsergemeinde Triesenberg. Bereits nach<br />

den ersten zwei Aufnahmen zeigte sich, dass der<br />

benützte Fragebogen nicht <strong>die</strong> erwünschten Resultate<br />

erbrachte. Aus teilnehmenden Beobachtungen<br />

ist uns bekannt, dass einige Einwohner Triesenbergs<br />

ihren Walserdialekt fast bis zur Gänze aufgeben,<br />

wenn sie mit mehreren Einwohnern einer anderen<br />

Gemeinde auswärts kommunizieren. Sie<br />

sprechen dann meist eine den oberländischen Orts<strong>mundart</strong>en<br />

angepasste Varietät, <strong>die</strong> sie aber sogleich<br />

wieder aufgeben, wenn sie zurück in ihre<br />

Heimatgemeinde kommen. So können Pendler an<br />

ihrem Arbeitsort völlig anders als zu Hause sprechen.<br />

Dieser Wechsel der Varietäten, der vor allem<br />

bei der jüngeren Generation häufig zu beobachten<br />

ist, hängt von der Gesprächssituation ab, <strong>die</strong><br />

hauptsächlich bestimmt ist durch <strong>die</strong> Gesprächsteilnehmer,<br />

den Ort, <strong>die</strong> soziale Einbindung und<br />

möglicherweise auch stark durch <strong>die</strong> Bewertung<br />

<strong>des</strong> eigenen Idioms. Toni Banzer konnte in seiner<br />

Arbeit <strong>die</strong> Abhängigkeit der Sprachproduktion vom<br />

Faktor Alter für Triesenberg belegen (Banzer Toni<br />

1990/91, S. 59). Um den Sprachwandel in Abhän-<br />

Tabelle 19: Stabilität der<br />

nasalierten Vokale in %,<br />

N/Gemeinde = 12<br />

DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />

ROMAN BANZER<br />

gigkeit vom Pendeln zum Arbeitsort beschreiben<br />

zu können, müsste ein anderes Untersuchungsinstrumentarium<br />

angewandt werden als <strong>die</strong> von uns<br />

verwendeten Fragebögen. Direkte teilnehmende<br />

Beobachtungen und Tonbandaufnahmen von Gesprächen<br />

am Arbeitsort könnten hier unter Umständen<br />

weiterhelfen.<br />

4.3.4.<br />

DIE NASALIERUNG IM UNTERLAND<br />

Nach Jutz ist <strong>die</strong> Nasalierung im Unterland auf bestimmte<br />

Laute beschränkt und im Oberland nur<br />

mehr als Individualismus vorhanden, obwohl <strong>die</strong><br />

Nasalierung auch hier einmal gegolten hat. Vetsch<br />

schrieb 1910 bezüglich der Nasalierung im Appenzell:<br />

«Auf dem ganzen Gebiete wird von den älteren<br />

Leuten noch jeder Vokal in nasaler Umgebung nasaliert<br />

gesprochen. Die Nasalierung ist also sowohl<br />

progressiv als regressiv und betrifft Kürze und Länge;<br />

auch wo der Nasal im Auslaut geschwunden ist,<br />

ist <strong>die</strong> Nasalierung meist erhalten. Die jüngere Generation<br />

jedoch hat ausser in I (R.B.: Innerrhoden)<br />

<strong>die</strong> Nasalierung in weitem Umfange aufgegeben,<br />

doch mit starken individuellen Schwankungen»<br />

(Vetsch 1910, S. 104). Diese Feststellung von Vetsch<br />

aus dem Jahre 1910 für <strong>die</strong> Appenzeller Mundarten<br />

gilt teilweise auch für das Liechtensteiner<br />

Unterland. Wenn Jutz (1925) grundsätzlich für alle<br />

Vokale in nasaler Umgebung Nasalierung mit<br />

unterschiedlichen Stärkegraden erhoben hat, so<br />

Er Betrifft E M G R Sb HS Ul<br />

8 e vor nK 0 0 0 0 0 0 0.0<br />

17 ö vor nK 66 75 84 84 75 66 75.0<br />

26 d vor nK 93 81 87 68 87 93 84.8<br />

27 ce vor nK 60 0 10 0 100 100 45.0<br />

28 6 vor nK 85 90 95 90 90 90 90.0<br />

35 ei vor nK 83 79 74 66 76 84 77.0<br />

36 ei vor nK 100 100 100 100 100 100 100.0<br />

40 ie vor nK 100 92 73 55 75 75 78.3<br />

41 uo vor nK 75 62 62 62 75 62 66.3<br />

42 üe vor nK 75 62 100 87 87 75 81.0<br />

223


waren bereits bei unseren Aufnahmen zur Basis<strong>mundart</strong><br />

grosse individuelle Unterschiede vorhanden,<br />

was uns schliesslich auch veranlasst hat, <strong>die</strong><br />

Nasalierung in den Erhebungen zu den Orts<strong>mundart</strong>en<br />

mittels eines besonderen Teils im Fragebogen<br />

gesondert zu betrachten.<br />

Die <strong>die</strong>sbezüglichen Auswertungen haben ergeben,<br />

dass heute in frappanter Konsequenz bei allen<br />

Probanden sowohl an-, in- und auch auslautend<br />

nur mehr <strong>die</strong> kurzen und langen o- und ö- Laute<br />

nasaliert werden. Eine Ausnahme macht hier das<br />

-o- im Personennamen Anton, das in <strong>die</strong>ser standardnahen<br />

Form nicht nasaliert wird. In der <strong>mundart</strong>lichen<br />

Abkürzung Tone, Toni hingegen wird das<br />

-o- klar mit nasaler Färbung gesprochen. Dies belegt<br />

<strong>die</strong> Auswertungstabelle der Orts<strong>mundart</strong>en <strong>des</strong><br />

Unterlan<strong>des</strong> im Anhang.<br />

Wie Tabelle 22 zeigt, erhielten wir andere Ergebnisse,<br />

als wir <strong>die</strong> Laute in nasaler Stellung nicht<br />

gesondert, sondern im Rahmen der allgemeinen<br />

Untersuchung erhoben haben. Hier haben wir herausgefunden,<br />

dass auch andere Laute ausser den<br />

-o- und -ö- Lauten noch nasaliert gesprochen werden.<br />

Zudem hat sich hier ergeben, dass auch bei<br />

den -o- und -ö- Lauten <strong>die</strong> nasalierte Form nicht<br />

durchwegs gebraucht wird. Wieso <strong>die</strong>se Differenzen?<br />

Unserer Ansicht nach gibt es hierfür zwei<br />

Flauptgründe. Bei der Erhebung wurden unterschiedlich<br />

Lexeme gebraucht. Wahrscheinlich unterscheiden<br />

sich <strong>die</strong>se Lexeme im Leveling. 111<br />

Die Aufnahme der Neuerungen ins Lexikon<br />

scheint in den einen Fällen bereits abgeschlossen<br />

zu sein, während<strong>des</strong>sen <strong>die</strong> anderen noch im Stadium<br />

der Variabilität stehen. Zudem ist auch<br />

durchaus möglich, dass durch <strong>die</strong> Untersuchungsanlage,<br />

in der <strong>die</strong> Nasalierung in einem gesonderten<br />

Block zusammengefasst wurde, Beeinflussungen<br />

bei der Sprachproduktion entstanden.<br />

224<br />

4.3.5.<br />

DIE KONSONANTEN<br />

Lediglich 11 von 53 Entwicklungsregeln beschreiben<br />

<strong>die</strong> Entwicklung der mhd. Konsonanten in den<br />

Orts<strong>mundart</strong>en <strong>des</strong> Fürstentums Liechtenstein.<br />

Auffallend ist <strong>die</strong> starke Resistenz der Konsonanten<br />

gegen Neuerungen. Nur in sehr wenigen<br />

Fällen konnten wir hier Unterschiede zur Basis<strong>mundart</strong><br />

feststellen. Diesen haftet unserer Ansicht<br />

nach sehr stark der Beigeschmack der Innovation<br />

an, also der subjektiven Variable. Dies scheint bei<br />

/six/ «sich», /fenjter/ «Fenster» u.a. so zu sein.<br />

4.4.<br />

NEUERUNGEN UND INTERFERENZEN<br />

In den variablen Entsprechungsregeln der Orts<strong>mundart</strong>en<br />

werden als Varianten zu den basis<strong>mundart</strong>lichen<br />

Lauten Neuerungen gebraucht. Die<br />

nachfolgende Tabelle listet <strong>die</strong> Varianten auf, <strong>die</strong><br />

einen basis<strong>mundart</strong>lichen Laut ersetzen. Woher<br />

stammen <strong>die</strong> Neuerungen? Verschiedene Möglichkeiten<br />

bieten sich an:<br />

a) Ausgleich innerhalb der <strong>liechtenstein</strong>ischen<br />

Orts<strong>mundart</strong>en<br />

b) Neuerungen aus benachbarten Dialekten<br />

c) Neuerungen aus der Standardsprache<br />

d) Koinzidente Interferenz. Eine Neuerung oder<br />

auch Ausweitung oder Verallgemeinerung kann<br />

gleichzeitig ein Laut sowohl einer fremden<br />

Mundart als auch der Standardsprache sein. Wir<br />

sprechen in <strong>die</strong>sem Fall von einer koinzidenten<br />

Neuerung.<br />

e) «autochthone» Innovationen, <strong>die</strong> im eigenen<br />

System entstehen.<br />

Als Gebervarietäten werden sämtüche Gemeinden<br />

Liechtensteins, das Ober- und das Unterland, <strong>die</strong><br />

benachbarten Kantone der Schweiz, St. Gallen (SG)<br />

und Graubünden (GR), das österreichische Bun<strong>des</strong>land<br />

Vorarlberg (Vrlbg) und das Standarddeutsche<br />

(Lid) untersucht.


Wenn hier von Gebervarietät gesprochen wird,<br />

könnte der Eindruck entstehen, dass durch <strong>die</strong><br />

Neuerungen Laute in <strong>die</strong> Orts<strong>mundart</strong>en aufge­<br />

nommen werden, <strong>die</strong> vorher nicht vorhanden wa­<br />

ren. Dies ist eindeutig nicht der Fall. Keine neue<br />

Variable ist nicht gleichzeitig in einer anderen lin­<br />

guistischen Umgebung bereits vorhanden. Es han­<br />

delt sich im weitesten Sinn um Verallgemeinerun­<br />

gen («Anwendung der Regel in mehr Kontexten»)<br />

oder um Ausweitungen («Anwendung der gleichen<br />

Merkmalsveränderung auf mehr Ausgangselemen­<br />

te») (Haas 1978, S. 80).<br />

4.4.1.<br />

NEUERUNGEN IN ALLEN ORTSMUNDARTEN<br />

14 Entwicklungsregeln werden mit den beschrie­<br />

benen Varianten in allen Orts<strong>mundart</strong>en variabel<br />

gebraucht. Besonders stark von Neuerungen be­<br />

troffen sind <strong>die</strong> Entwicklungen aus dem mhd. ei,<br />

<strong>die</strong>s betrifft <strong>die</strong> Entwicklungsregeln 30-37. Grund<br />

hierfür dürfte sein, dass <strong>die</strong> aus dem mhd. ei ent­<br />

standenen Monophthonge primäres Unterschei­<br />

dungsmerkmal zu den benachbarten Dialekten der<br />

Ostschweiz sind. Mundartfremde Lautungen kom­<br />

men vor allem in Neologismen vor, in jenen lexika­<br />

lischen Neubildungen, <strong>die</strong> meist aus dem Hoch­<br />

deutschen in <strong>die</strong> Liechtensteinische Mundart auf­<br />

genommen werden. Dass in <strong>die</strong>sem Fall <strong>die</strong> dipht­<br />

hongische Lautung ei für das Hochdeutsche und<br />

<strong>die</strong> benachbarten Dialekte in vielen Fällen gleicher-<br />

massen gilt, während<strong>des</strong>sen <strong>die</strong> Orts<strong>mundart</strong>en<br />

Liechtensteins in den entsprechenden Konditionen<br />

meist einen Monophthong haben, fördert derartige<br />

Neuerungen.<br />

DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />

ROMAN BANZER<br />

Er 5<br />

Basis<strong>mundart</strong>:<br />

Variante 1:<br />

mögliche Gebervarietät:<br />

Er 11<br />

Basis<strong>mundart</strong>:<br />

Variante h<br />

mögliche Gebervarietät:<br />

Er 12<br />

Basis<strong>mundart</strong>:<br />

Variante 1:<br />

mögliche Gebervarietät:<br />

Er 15<br />

Basis<strong>mundart</strong>:<br />

Variante 1:<br />

mögliche Gebervarietät:<br />

Er 19<br />

Basis<strong>mundart</strong>:<br />

Variante 1:<br />

mögliche Gebervarietät:<br />

Er 22<br />

Basis<strong>mundart</strong>:<br />

Variante 1:<br />

mögliche Gebervarietät:<br />

Er 23<br />

Basis<strong>mundart</strong>:<br />

Variante 1:<br />

mögliche Gebervarietät:<br />

Er 33<br />

Basis<strong>mundart</strong>:<br />

Variante 1:<br />

mögliche Gebervarietät:<br />

Er 34<br />

nbmW<br />

Basis<strong>mundart</strong>:<br />

Variante 1:<br />

mögliche Gebervarietät:<br />

Er 38<br />

Basis<strong>mundart</strong>:<br />

Variante 1:<br />

mögliche Gebervarietät:<br />

Umlaut<br />

kein Umlaut, z.B. /ros/<br />

Umlaut, z.B. /rceser/<br />

Verallgemeinerung<br />

i vor oK<br />

/e/, z.B. /bes/<br />

IM, z.B. /bis/<br />

SG, GR, Vlbg, Hd, Tb<br />

i vor oK, nbmW<br />

lel, z.B. /*abres/<br />

IU, z.B. /abris/<br />

Hd<br />

o vor oK<br />

lol, z.B. /froj/<br />

lol, z.B. /froj/<br />

B, Verallgemeinerung<br />

der Senkung von mhd. o<br />

u vor oK<br />

lol, z.B. /foks/<br />

IvJ, z.B. /fuks/<br />

SG, GR, Vlbg, Hd, Tb<br />

« vor oK<br />

lol, z.B. /f0ks/<br />

lyl, z.B. /fyks/<br />

SG, GR, Vlbg, Hd, Tb<br />

ü vor oK, nbmW<br />

lol, z.B. /*k0S9rat/<br />

lyl, z.B. /kyseret/<br />

Hd<br />

ei vor oK, nbmW<br />

Ist:/, z.B. /*l33:tblat/<br />

/ej/, z.B. /lejtblat/<br />

Hd<br />

ei vor oK, hd Suffix,<br />

lal, z.B. /*wo:rat/<br />

/ej/, z.B. /W0:hejt/<br />

SG, GR, Hd<br />

ou vor oK<br />

Mon, z.B /o:g/<br />

Diph, z.B. /aug/<br />

GR, Hd<br />

225


Er 43 Restitution n<br />

Basis<strong>mundart</strong>: fällt aus, z.B. /fejtsr/<br />

Variante 1: /n/, z.B. /fenjter/<br />

mögliche Gebervarietät: Hd<br />

Er 44 Restitution r<br />

Basis<strong>mundart</strong>: fällt aus, z.B. /no/<br />

Variante 1: /r/, z.B. /nur/<br />

mögliche Gebervarietät: Hd<br />

Er 46 Restitution x<br />

Basis<strong>mundart</strong>: fällt aus, z.B. /si/<br />

Variante 1: /x/, z.B. /six/<br />

mögliche Gebervarietät: Hd<br />

Er 47 x, nbmW<br />

Basis<strong>mundart</strong>: fällt aus, z.B.<br />

/*grunzetsli/<br />

Variante 1: /x/, z.B. /grunzetslix/<br />

mögliche Gebervarietät: Hd<br />

4.4.2.<br />

NEUERUNGEN IN DEN ORTSMUNDARTEN DES<br />

OBERLANDES<br />

Acht Entwicklungsregeln werden mit den beschriebenen<br />

Varianten in allen Orts<strong>mundart</strong>en <strong>des</strong> Oberlands<br />

variabel gebraucht. Wie für das ganze Land<br />

kann auch für das Oberland festgestellt werden,<br />

dass <strong>die</strong> Entwicklungen aus dem mhd. ei stark<br />

variieren. Es fällt auf, dass das Unterland für das<br />

Oberland nur in einem Fall mögliche Gebervarietät<br />

ist. Die Neuerungen stammen überwiegend aus<br />

dem Hochdeutschen. Wie auf den Seiten 231 ff. gezeigt,<br />

sind <strong>die</strong> Verhältnisse im Unterland völlig entgegengesetzt.<br />

226<br />

Er 21 u vor r + Kons<br />

Basis<strong>mundart</strong>: /o/, z.B. /borg/<br />

Variante 1:<br />

m f\cf Ii f*r>o ( -r» i~»7*S yi Ö+Q t •<br />

IllUgUCllt! VJCJJCI V d r i c L a L .<br />

/u/, z.B. /bürg/<br />

CC HR Ufl<br />

Er 24 ü vor r + Kons<br />

Basis<strong>mundart</strong>: /0, ce/, z.B. /b0rgsr/<br />

Variante 1: /y/, z.B. /byrgar/<br />

IIlUgllLllt; OBJJürValTtilal. er r.R HH<br />

Er 26 d vor nK<br />

Basis<strong>mundart</strong>: /o:/, z.B. /zo:mB/, /o:met/<br />

Variante 1: /a:/, z.B. /za:me/<br />

uioguciie vjejjervarieiai. Th c.u HH<br />

Variante 2: /e/, z.B. /emd/<br />

mögliche Gebervarietät: Hd<br />

Er 30 ei vor oK<br />

DdSIMIl uiiudn. /ce./, Z.D. /ice.i9re/<br />

Variante 1: /cj/, z.B. /lejtare/<br />

mögliche Gebervarietät: SG, GR, Hd<br />

Variante 2: /a/, z.B. /la:tere/<br />

mögliche Gebervarietät: E, M<br />

Er 30a ei vor oK, neu<br />

Basis<strong>mundart</strong>: /ej/, Z.B. /flejj/<br />

Variante 1: /ae:/, z.B. /flae.-J/<br />

mögliche Gebervarietät: FL, SG, GR, Hd<br />

Er 31 ei vor oK<br />

Basis<strong>mundart</strong>: /ae:/, z.B. /zae :y<br />

Variante 1: /ej/, z.B. /zejl/<br />

mögliche Gebervarietät: SG, GR, Hd, Tb<br />

Er 32 ei vor oK, Komp, nbmW<br />

Basis<strong>mundart</strong>: /ae:/, z.B. /*cE:g8ha3:m/<br />

Variante 1: /ej/, z.B. /ejgehejm/<br />

mögliche Gebervarietät: SG, GR, Hd, Tb<br />

Er 37 ei vor nK, nbmW<br />

Basis<strong>mundart</strong>: /ae:/, Z.B. /*33:hejt/<br />

Variante 1: /ej/, z.B. /ejnhejt/<br />

mögliche Gebervarietät: SG, GR, Hd


4.4.2.1.<br />

NEUERUNGEN IN DER ORTSMUNDART VON<br />

SCHAAN<br />

Schaan grenzt an das Unterland. Auf den Seiten<br />

196 ff. haben wir <strong>die</strong> dialektgeographischen Unterschiede<br />

beschrieben. Neben der unten genannten<br />

Entwicklungsregel, mit der sich <strong>die</strong> Sprecher von<br />

Schaan von den übrigen Gemeinden <strong>des</strong> Oberlan<strong>des</strong><br />

unterscheiden, haben wir nach der Untersuchung<br />

noch weitere Variationen beobachtet. So<br />

sprechen <strong>die</strong> Schaaner Note [note] mit offenem,<br />

kurzem o wie im Unterland. Jutz schreibt, dass<br />

sich in Schaan in nasaler Umgebung noch oft nasalierte<br />

Vokale neben rein oral gesprochenen wahrnehmen<br />

lassen. (Jutz 1925, S. 148) Wir stellen fest,<br />

dass in Schaan <strong>die</strong> Nasalierung ganz aufgegeben<br />

wurde. Allerdings sind wie in Note gezeigt, <strong>die</strong> offenen,<br />

nicht nasalierten Qualitäten vereinzelt noch<br />

anzutreffen. Wie Eugen Gabriel in seiner Arbeit<br />

(Gabriel 1985, S. 127) sagt, wurden früher in<br />

Schaan noch Laute (gleich wie im Unterland) gebraucht,<br />

wie sie heute nicht mehr üblich sind. Wir<br />

können <strong>die</strong>se Aussage bestätigen. Man spricht in<br />

Schaan heute [o] vor r + Konsonant statt früher [a]<br />

wie im Unterland, z.B. [korn] statt [karn] Korn.<br />

Die folgende Neuerung kommt nur in der Orts<strong>mundart</strong><br />

von Schaan vor. Zudem sind hier auch<br />

alle Neuerungen der Orts<strong>mundart</strong>en <strong>des</strong> Oberlan<strong>des</strong><br />

belegt.<br />

Er 16 o vor r + Kons 112<br />

Basis<strong>mundart</strong>: /o/, z.B. /ihiworge/<br />

Variante 1: /a/, z.B. /ihiworge/<br />

mögliche Gebervarietät: ?<br />

DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />

ROMAN BANZER<br />

4.4.3.<br />

NEUERUNGEN IN DEN ORTSMUNDARTEN DES<br />

UNTERLANDES<br />

18 Entwicklungsregeln werden mit den beschriebenen<br />

Varianten in allen Orts<strong>mundart</strong>en <strong>des</strong> Unterlan<strong>des</strong><br />

variabel gebraucht. In 16 Fällen ist das<br />

Oberland mögliche Gebervarietät. Nur zwei Entwicklungsregeln<br />

betreffen einen Konsonanten. Das<br />

Unterland ist für das Oberland in einem Fall mögliche<br />

Gebervarietät. Das Geber-Nehmer-Verhältnis<br />

ist einseitig, das Unterland gleicht sich an das<br />

Oberland an. Als Grund hierfür sehen wir <strong>die</strong> wirtschaftliche<br />

Entwicklung in Liechtenstein, zumal<br />

weder <strong>die</strong> sprachliche Nähe zu den Dialekten der<br />

schweizerischen und vorarlbergischen Nachbarschaft<br />

noch <strong>die</strong> grössere Unterscheidung vom<br />

Hochdeutschen im Vergleich mit den Mundarten<br />

<strong>des</strong> Oberlan<strong>des</strong> als Erklärung <strong>die</strong>nen kann. Das<br />

wirtschaftlich Zentrum Liechtensteins befindet sich<br />

in Vaduz und Schaan. Viele Arbeitstätige aus dem<br />

Unterland pendeln in <strong>die</strong>ses Zentrum. Entsprechende<br />

Zahlen finden sich in der Tabelle 13 auf<br />

Seite 218. Wir konnten beobachten, dass <strong>die</strong> Sprecher<br />

<strong>des</strong> Unterlan<strong>des</strong>, übrigens wie <strong>die</strong> Triesenberger,<br />

sich in ihrer Sprache stark dem Oberländer anpassen,<br />

wenn sie abseits der Sprachgemeinschaft<br />

der Orts<strong>mundart</strong> mit Oberländern sprechen. Offensichtlich<br />

verursacht <strong>die</strong>ses Code-switching zumin<strong>des</strong>t<br />

teilweise den Sprachwandel der Orts<strong>mundart</strong>en.<br />

Elemente, <strong>die</strong> im Berufsleben an <strong>die</strong> benachbarten<br />

Orts<strong>mundart</strong>en angepasst werden, sind<br />

Wandelvorgängen besonders ausgesetzt.<br />

Diese Neuerungen gelten in allen Gemeinden<br />

<strong>des</strong> Unterlan<strong>des</strong>. Zudem sind hier auch <strong>die</strong> Neuerungen<br />

aller Orts<strong>mundart</strong>en belegt.<br />

Er 1<br />

Basis<strong>mundart</strong>:<br />

Variante 1:<br />

mögliche Gebervarietät:<br />

Er 8<br />

Basis<strong>mundart</strong>:<br />

lang / kurz<br />

lang, z.B. /ma:gB/<br />

kurz, z.B. /mage/<br />

Ol<br />

e vor nK<br />

/e/, z.B. /deckt?/<br />

227


Variante 1:<br />

mögliche Gebervarietät:<br />

Er 13<br />

Basis<strong>mundart</strong>:<br />

Variante 1:<br />

mögliche Gebervarietät:<br />

Variante 2:<br />

mögliche Gebervarietät:<br />

Er 14<br />

Basis<strong>mundart</strong>:<br />

Variante 1:<br />

mögliche Gebervarietät:<br />

Er 17a<br />

Basis<strong>mundart</strong>:<br />

Variante 1:<br />

mögliche Gebervarietät:<br />

Er 18<br />

Basis<strong>mundart</strong>:<br />

Variante 1:<br />

mögliche Gebervarietät:<br />

Er 24<br />

Basis<strong>mundart</strong>:<br />

Variante 1:<br />

mögliche Gebervarietät:<br />

Er 26<br />

Basis<strong>mundart</strong>:<br />

Variante 1:<br />

mögliche Gebervarietät:<br />

Variante 2:<br />

mögliche Gebervarietät:<br />

Er 28<br />

Variante Basis<strong>mundart</strong>: 1:<br />

mögliche Variante 1: Gebervarietät:<br />

mögliche Gebervarietät:<br />

228<br />

Er 30<br />

Basis<strong>mundart</strong>:<br />

/e/, z.B. /denke/<br />

Ol, SG, GR, Hd<br />

i vor r + Kons<br />

/xa/, Z.B. /w*art/<br />

/ia/, z.B. /wiart/<br />

Verallgemeinerung<br />

/&/, z.B. /wort/<br />

Ol<br />

z vor r + Kons, nbmW<br />

/*a/, z.B.<br />

/*landwYartjaftsamt/<br />

/0:, 0/, z.B.<br />

/Iandw0rtjaftsamt/<br />

Ol, SG, GR<br />

ce vor nK<br />

/ce:/, z.B. /pfce:/<br />

/0:/, z.B. /pfo:/<br />

Ol, SG, GR<br />

ö vor r + Kons<br />

/ae/, z.B. /khaerbli/<br />

/ce/, z.B. /khcerbli/<br />

Ol, SG, GR<br />

ü vor r +Kons<br />

/Y.8/, z.B. /biarger/<br />

/0/, z.B. /borgar/<br />

Ol<br />

d vor nK<br />

/5:/, z.B. /zö.me/,<br />

/5:mat/<br />

/a:/, z.B. /za:me/<br />

Tb, SG, GR, Hd<br />

/e/, z.B. /emd/<br />

Hd<br />

d vor nK<br />

/5:/, z.B. /bö:ne/<br />

/o:/, z.B. /boma/<br />

Ol<br />

ei vor oK<br />

fo-J, /a:/, z.B. (E, M)<br />

/la:tare/, (G, R, Sb)<br />

/b:tare/<br />

/ej/, z.B. /lejtare/<br />

SG, GR, Hd<br />

Variante 2:<br />

mögliche Gebervarietät:<br />

Er 31<br />

Basis<strong>mundart</strong>:<br />

Variante 1:<br />

mögliche Gebervarietät:<br />

Variante 2:<br />

mögliche Gebervarietät:<br />

Er 32<br />

Basis<strong>mundart</strong>:<br />

Variante 1:<br />

mögliche Gebervarietät:<br />

Variante 2:<br />

mögliche Gebervarietät:<br />

Er 35<br />

Basis<strong>mundart</strong>:<br />

Variante 1:<br />

mögliche Gebervarietät:<br />

Variante 2:<br />

mögliche Gebervarietät:<br />

Er 40<br />

Basis<strong>mundart</strong>:<br />

Variante 1:<br />

mögliche Gebervarietät:<br />

Er 41<br />

Basis<strong>mundart</strong>:<br />

Variante 1:<br />

mögliche Gebervarietät:<br />

Er 42<br />

Basis<strong>mundart</strong>:<br />

Variante 1:<br />

mögliche Gebervarietät:<br />

Er 48<br />

Basis<strong>mundart</strong>:<br />

Variante 1:<br />

mögliche Gebervarietät:<br />

Er 49<br />

Basis<strong>mundart</strong>:<br />

Variante 1:<br />

mögliche Gebervarietät:<br />

/ae:/, z.B. /las:tarE/<br />

Ol<br />

ei vor oK<br />

/ae:/, /ce:/, z.B. (E, M)<br />

/Z33:l/, (G, R, Sb) /zce:l/<br />

/ej/, z.B. /zejl/<br />

SG, GR, Hd<br />

/O:/, Z.B. /Z0:1/<br />

Verallgemeinerung von<br />

mhd. ei > [o:]<br />

ei vor oK, Komp, nbmW<br />

/5:/, z.B. /*5:gahö:m/<br />

/ej/, z.B. /ejgahejm/<br />

SG, GR, Hd<br />

/a?:/, z.B. /ae:gaha3:m/<br />

Ol<br />

ei vor nK<br />

/Ö:, 57, Z.B. /ft5:/<br />

/ej/, z.B. /Jtej/<br />

SG, GR, Hd<br />

/SB-J, Z.B. //tas.-/<br />

Ol<br />

ie vor nK<br />

/§:/, z.B. /re:me/<br />

/ja/, z.B. /name/<br />

Ol, SG, GR, Vlbg<br />

uo vor nK<br />

lö-.l, z.B. /blö:mB/<br />

Diph, z.B. /blname/<br />

Ol, SG, GR, Vlbg<br />

üe vor nK<br />

/ce:/, z.B. /grtie:/<br />

/*:a/, z.B. /grx:a/<br />

Ol<br />

c? in -nd, -Idfällt<br />

aus, z.B. /wa:l/<br />

/d/, z.B. /wa:ld/<br />

Ol, Hd<br />

d in -nd, -Id-, nbmW<br />

fällt aus, z.B./*wa:lwe:g/<br />

/d/, z.B. /waldwe:g/<br />

Ol, Hd


4.4.3.1.<br />

NEUERUNGEN IN DEN ORTSMUNDARTEN VON<br />

ESCHEN, MAUREN, GAMPRIN UND RUGGELL<br />

Die folgenden Neuerungen gelten nur in den Orts<strong>mundart</strong>en<br />

von Eschen, Mauren, Gamprin und<br />

Ruggell. Zudem sind hier auch <strong>die</strong> Neuerungen<br />

aller Orts<strong>mundart</strong>en und <strong>die</strong>jenigen <strong>des</strong> Unterlan<strong>des</strong><br />

belegt.<br />

Er 6<br />

Basis<strong>mundart</strong>:<br />

Variante 1:<br />

mögliche Gebervarietät:<br />

Variante 2:<br />

mögliche Gebervarietät:<br />

Er 7<br />

Basis<strong>mundart</strong>:<br />

Variante 1:<br />

mögliche Gebervarietät:<br />

Vlbg<br />

Er 9<br />

Basis<strong>mundart</strong>:<br />

Variante 1:<br />

mögliche Gebervarietät:<br />

Er 27<br />

Basis<strong>mundart</strong>:<br />

Variante 1:<br />

mögliche Gebervarietät:<br />

Variante 2:<br />

mögliche Gebervarietät:<br />

a vor sch<br />

/&/, z.B. /aslle/, /asjjt/<br />

/e/, z.B. /ejje/<br />

Ol, Sb, HSb, SG, GR,<br />

Vlbg<br />

/e/, z.B. /ejt/<br />

Verallgemeinerung von<br />

mhd. e > [e] vor oraler<br />

Konsonanz<br />

ä im Diminutiv<br />

/se/, z.B. /bsscli/<br />

M, z.B. /becli/<br />

Ol, Sb, HSb, SG, GR,<br />

germ e<br />

33:, z.B. /fa3ld/<br />

e:, Z.B. /feld/<br />

Ol, Sb, HSb, SG, GR,<br />

Vlbg<br />

ae vor nK<br />

§:, z.B. /khe:m/<br />

c:, Z.B. /khe:m/<br />

Ol<br />

33:, Z.B. /k33:m/<br />

Verallgemeinerung von<br />

mhd. ae > [ae:] vor<br />

oraler Konsonanz<br />

DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />

ROMAN BANZER<br />

4.4.3.2.<br />

NEUERUNGEN IN DEN ORTSMUNDARTEN VON<br />

GAMPRIN UND HINTERSCHELLENBERG<br />

Er 20<br />

Basis<strong>mundart</strong>:<br />

Variante 1;<br />

mögliche Gebervarietät:<br />

u vor oK, nbmW<br />

/o/, z.B. /*i:flos/<br />

/u/, z.B. /i-.flus/<br />

SG, GR, Hd<br />

4.4.3.3.<br />

NEUERUNGEN IN DER ORTSMUNDART VON<br />

ESCHEN<br />

Er 10<br />

Basis<strong>mundart</strong>:<br />

Variante 1:<br />

mögliche Gebervarietät:<br />

germ e, nbmW<br />

/33:/, Z.B. /*V0:rkS33:hB/<br />

/e/, z.B. /vo:rksehe/<br />

Ol, Ul, SG, GR, Hd<br />

229


4.5.<br />

DIE SOZIALEN UND SITUATIVEN REDE­<br />

DETERMINANTEN<br />

Eine Abhängigkeit der Sprachproduktion im allgemeinen<br />

und <strong>des</strong> Lautwandels und der Lautvariation<br />

im besonderen von extrasprachlichen (ausser<br />

der sprachgeographischen) Rededeterminanten<br />

konnte nicht nachgewiesen werden. Weder <strong>die</strong> Beeinflussung<br />

der Orts<strong>mundart</strong>en durch <strong>die</strong> Arbeitstätigkeit<br />

noch durch das Pendlertum waren durch<br />

unsere Arbeit zu verifizieren. Die <strong>die</strong>sbezügliche<br />

Diskussion folgt unten.<br />

In der Anlage der Untersuchung haben wir uns<br />

auf <strong>die</strong> Bearbeitung von zwei Rededeterminanten<br />

beschränkt. Die Ergebnisse waren für uns sehr<br />

überraschend. Die aufgestellten Hypothesen, dass<br />

<strong>die</strong> Art der Arbeit (manuell - nicht manuell) und<br />

Tabelle 20: Laute in bmW<br />

und nbmW <strong>des</strong> Oberlan<strong>des</strong>,<br />

N = 168<br />

Tabelle 21: Korrelation<br />

Rededeterminanten /<br />

Lautwandel im Oberland,<br />

N= 168<br />

230<br />

das Wegpendeln zum Arbeitsort Einfluss auf <strong>die</strong><br />

Sprache der Probanden haben, konnte nicht belegt<br />

werden. Die Tabellen zeigen, dass <strong>die</strong> Abweichungen<br />

zu den lan<strong>des</strong>üblichen Mittelwerten gering<br />

sind. Auch für das Unterland, das in seinen Orts<strong>mundart</strong>en<br />

stark vom Oberland beeinflusst wird,<br />

konnte keine Korrelation zwischen der Sprachproduktion<br />

und den genannten sozialen und situativen<br />

Faktoren aufgezeigt werden.<br />

4.5.1.<br />

DAS OBERLAND<br />

Die Tabellen 20 bis 23 zeigen zweierlei deutlich.<br />

Erstens ist <strong>die</strong> Anzahl der basis<strong>mundart</strong>lichen Varianten<br />

in basis<strong>mundart</strong>lichen Wörtern entscheidend<br />

höher als in nichtbasis<strong>mundart</strong>lichen Wör-<br />

Gemeinde Qualifikation basis<strong>mundart</strong>. basis<strong>mundart</strong>.<br />

Varianten in bmW<br />

%<br />

Varianten in nbmW<br />

%<br />

Balzers Pendler, manuell 96 53<br />

Balzers Pendler, nicht manuell 94 62<br />

Balzers stationär, manuell 96 62<br />

Balzers stationär, nicht manuell 95 62<br />

Triesen Pendler, manuell 95 70<br />

Triesen Pendler, nicht manuell 95 62<br />

Triesen stationär, manuell 94 38<br />

Triesen stationär, nicht manuell 96 47<br />

Vaduz Pendler, manuell 97 65<br />

Vaduz Pendler, nicht manuell 90 62<br />

Vaduz stationär, manuell 96 82<br />

Vaduz stationär, nicht manuell 93 50<br />

Schaan Pendler, manuell 89 38<br />

Schaan Pendler, nicht manuell 93 50<br />

Schaan stationär, manuell 96 50<br />

Schaan stationär, nicht manuell 94 47<br />

basis<strong>mundart</strong>. Varianten in bmW<br />

basis<strong>mundart</strong>. Varianten in nbmW<br />

Durchschnitt- Pendler Stationäre Manuell Nicht-Manuell<br />

% % % %<br />

%<br />

94.3<br />

56.3<br />

93.6<br />

57.7<br />

95.0<br />

54.8<br />

94.9<br />

57.3<br />

93.8<br />

55.3


tern. Zweitens konnten wir nicht nachweisen, dass<br />

<strong>die</strong> Arbeitstätigkeit und das Pendlertum signifikanten<br />

Einfluss auf den Gebrauch der Varianten haben.<br />

Die Abweichungen der einzelnen Gruppen in<br />

Tabelle 21 (Pendler, Stationärer, Manuell, Nicht-<br />

Manuell) vom Durchschnittswert ist mit maximal<br />

0,7 Prozent für basis<strong>mundart</strong>liche Varianten und<br />

maximal 1,4 Prozent für nichtbasis<strong>mundart</strong>liche<br />

Varianten verschwindend klein.<br />

Im Fragebogen wurden 168 Wörter erhoben,<br />

wovon 34 nichtbasis<strong>mundart</strong>lich waren. Die Abweichungen<br />

vom Durchschnitt (56,3 %) der basis<strong>mundart</strong>lich<br />

produzierten Laute in nichtbasis<strong>mundart</strong>lichen<br />

Wörtern liegen für einzelne Probanden<br />

maximal 25,7 Prozent über oder maximal 18.3<br />

Prozent unter dem Durchschnittswert. Diese Streuung<br />

zeigt, dass einzelne Probanden mehr zur Übernahme<br />

von Neuerungen neigen als andere. Es ist<br />

allerdings nicht gelungen, gewisse sprachliche Tendenzen<br />

einzelnen sozialen oder situativen Faktoren<br />

zuzuordnen.<br />

Wir wiederholen und betonen auch an <strong>die</strong>ser<br />

Stelle noch einmal, dass sich <strong>die</strong> Angaben lediglich<br />

auf das untersuchte Korpus beziehen. Das heisst,<br />

dass weder mit Sicherheit alle variablen Entwicklungsregeln<br />

einer Gemeinde aufgeführt sind, noch<br />

alle Einwohner eine Entwicklungsregel in der von<br />

uns beschriebenen vorgeschriebenen Form produzieren.<br />

Dies war lediglich für unsere Probanden<br />

der Fall. In allen Tabellen handelt es sich immer<br />

um <strong>die</strong> untersuchten Laute.<br />

4.5.2.<br />

DAS UNTERLAND<br />

Auch für das Unterland konnten wir nicht nachweisen,<br />

dass <strong>die</strong> Arbeitstätigkeit und das Pendlertum<br />

signifikanten Einfluss auf den Gebrauch der Varianten<br />

haben. Wie im Oberland sind auch im Unterland<br />

<strong>die</strong> Abweichungen der einzelnen Gruppen (in<br />

Tabelle 23) vom Durchschnitt mit maximal 0,6 Prozent<br />

für basis<strong>mundart</strong>liche Varianten und maximal<br />

4,2 Prozent für nichtbasis<strong>mundart</strong>liche Varianten<br />

unbedeutend.<br />

DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />

ROMAN BANZER<br />

Im Fragebogen wurden 168 Wörter erhoben,<br />

wovon 35 nichtbasis<strong>mundart</strong>liche Wörter waren.<br />

Eines mehr als im Oberland, weil «Wiese» im Unterland<br />

nicht basis<strong>mundart</strong>lich ist. Im Unterland<br />

werden im Unterschied zum Oberland sowohl in<br />

basis<strong>mundart</strong>lichen wie auch in nichtbasis<strong>mundart</strong>lichen<br />

Wörtern mehr Laute fremd realisiert.<br />

Bringt man <strong>die</strong>se Aussage in Verbindung mit den<br />

Ergebnissen auf den Seiten 231 ff, wo wir feststellten,<br />

dass für <strong>die</strong> meisten Neuerungen als mögliche<br />

Gebervarietät das Oberland vorkommt und den Ergebnissen<br />

aus Tabelle 15, wo wir sehen, dass im<br />

Unterland mehr Entwicklungsregeln variieren,<br />

kommen wir zum Schluss, dass das Potential zu<br />

Neuerungen und damit möglicherweise zum Lautwandel<br />

im Unterland deutlich höher anzusetzen ist<br />

als im Oberland.<br />

Wir waren überrascht, dass unsere Untersuchung<br />

nicht <strong>die</strong> erwarteten Resultate brachte. Auch<br />

Toni Banzer hat in seiner Arbeit, <strong>die</strong> zeitlich parallel<br />

zu der vorliegenden entstanden ist, deutlich gezeigt,<br />

dass <strong>die</strong> in unserer Arbeit untersuchten Rededeterminaten<br />

(Pendler, Arbeit) isoliert betrachtet<br />

keinen Einfluss auf <strong>die</strong> Sprachproduktion der Walsergemeinde<br />

Triesenberg haben. «Fast schon identisch<br />

mit den Ergebnissen für <strong>die</strong> Variable Berufs-<br />

Art fällt <strong>die</strong> Auswertung zur Variable Berufs-Ort<br />

aus. Die Triesenberger Mundart scheint in ihrem<br />

Wandelprozess auch von <strong>die</strong>sem Faktor nicht beeinflusst<br />

zu werden, wenn er isoliert bewertet<br />

wird» (Banzer Toni 1991, S. 73). Offenbar bedingen<br />

kleinmaschigere Faktoren das komplizierte Zusammenspiel<br />

von Sprache und sozialem Geflecht.<br />

Diese wurden in unsere Analyse offensichtlich<br />

nicht aufgenommen. Wir vermuten, dass <strong>die</strong> Rededeterminanten<br />

<strong>des</strong> Gesprächspartners und <strong>des</strong> Gesprächsortes<br />

hier nicht hätten vernachlässigt werden<br />

dürfen. In nachfolgenden Beobachtungen ist<br />

uns vor allem aufgefallen, dass Probanden bei der<br />

Erhebung durch den Fragebogen zu Hause viel näher<br />

an der Basis<strong>mundart</strong> sprachen, als wenn sie<br />

bei geschäftlichen oder gesellschaftlichen Anlässen<br />

auftraten und so das primäre soziale Netzwerk der<br />

Familie oder der engen Freunde verliessen. Ganz<br />

besonders konnte <strong>die</strong>s für <strong>die</strong> Gemeinden <strong>des</strong> Un-<br />

231


terlan<strong>des</strong> und für Triesenberg festgestellt werden.<br />

Man stelle sich einen Ruggeller (Pendler, Nicht­<br />

Pendler) in folgenden Gesprächssituationen vor.<br />

- Gesprächssituation 1:<br />

Ort: Vaduz<br />

Gesprächspartner:<br />

ein Balzner, Vaduzer, Schaaner und Ruggeller<br />

Gesprächsart: Unterhaltung<br />

- Gesprächssituation 2:<br />

Ort: Ruggell<br />

Gesprächspartner:<br />

vier Ruggeller und ein Schaaner<br />

Gesprächsart: Unterhaltung<br />

Unseren teilnehmenden Beobachtungen zufolge<br />

passt sich der Pendler der Gesprächssituation dahingehend<br />

an, dass er im ersten Fall <strong>die</strong> Primärmerkmale<br />

seiner Orts<strong>mundart</strong> stark an <strong>die</strong> Orts<strong>mundart</strong>en<br />

<strong>des</strong> Oberlan<strong>des</strong> anpasst. Dies ist für<br />

den Nicht-Pendler nicht in gleichem Mass der Fall,<br />

weil er nicht «gelernt» hat, sich der fremden Varietät<br />

anzupassen. In der zweiten Gesprächssituaton<br />

sprechen sowohl der Pendler als auch der<br />

Nicht-Pendler eine der Basis<strong>mundart</strong> nahe Orts<strong>mundart</strong>.<br />

Die Fähigkeit <strong>des</strong> Code-switching beschränkt<br />

sich hier nicht nur auf das Umschalten von Mundart<br />

und Hochdeutsch. Wir konnten eine ausgeprägte<br />

Fähigkeit der Variation innerhalb der Mundart feststellen.<br />

Mundartsprecher wählen zwischen basis<strong>mundart</strong>naher<br />

und basis<strong>mundart</strong>ferner Variable je<br />

nach Sprechsituation. Diese Beobachtung wurde<br />

hier nicht weiter untersucht. Der Einfluss der Befragungsart<br />

(Fragebogen) wurde besonders deutlich.<br />

Zu erwartende Ergebnisse blieben teilweise<br />

aus. Dennoch konnten wir deutliche Unterschiede<br />

zwischen dem Oberland und dem Unterland auf<br />

den vorangehenden Seiten herausarbeiten.<br />

Tabelle 22: Laute in bmW<br />

und nbmW <strong>des</strong> Untertan- Gemeinde Qualifikation basis<strong>mundart</strong>. basis<strong>mundart</strong>.<br />

<strong>des</strong>, N = 168 Varianten in bmW Varianten in nbmW<br />

Ol Ol<br />

lo lo<br />

232<br />

Eschen Pendler, manuell 75 50<br />

Eschen Pendler, nicht manuell 84 76<br />

Eschen stationär, manuell 86 56<br />

Eschen stationär, nicht manuell 84 44<br />

Mauren Pendler, manuell 74 50<br />

Mauren Pendler, nicht manuell 75 38<br />

Mauren stationär, manuell 69 41<br />

Mauren stationär, nicht manuell 77 65<br />

Gamprin Pendler, manuell 88 24<br />

Gamprin Pendler, nicht manuell 91 24<br />

Gamprin stationär, manuell 90 21<br />

Gamprin stationär, nicht manuell 86 32<br />

Ruggell Pendler, manuell 83 20<br />

Ruggell Pendler, nicht manuell 84 38<br />

Ruggell stationär, manuell 88 70<br />

Ruggell stationär, nicht manuell 84 35<br />

Schellenberg Pendler, manuell 85 18<br />

Schellenberg Pendler, nicht manuell 82 14<br />

Schellenberg stationär, manuell 90 32<br />

Schellenberg stationär, nicht manuell 84 47<br />

Hinterschellenberg Pendler, manuell 87 41<br />

Hinterschellenberg Pendler, nicht manuell 82 23<br />

Hinterschellenberg stationär, manuell 83 41<br />

Hinterschellenberg stationär, nicht manuell 82 32


Tabelle 23: Korrelation<br />

Rededeterminanten /<br />

Lautwandel im Unterland,<br />

N = 168<br />

Tabelle 24: Basis<strong>mundart</strong>liche<br />

Varianten in Er mit<br />

Konsonanten in %, N/Gemeinde<br />

= 12<br />

basismda. Varianten in bmW<br />

basismda. Varianten in nbmW<br />

DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />

ROMAN BANZER<br />

Durchschnitt- Pendler Stationäre Manuell Nicht-Manuell<br />

%<br />

%<br />

% %<br />

%<br />

Nr. Betrifft Beispiel B T V s E M G R Sb HSb<br />

43 Restitution n 'Fenster' 87 100 100 87 87 62 50 37 37 50<br />

44 Restitution r 'nur' 100 100 100 50 100 75 50 50 75 50<br />

45 K nbmW 'mehrfach' 66 25 0 66 100 100 100 0 0 0<br />

46 Restitution x 'sich' 75 75 75 100 100 100 50 50 75 75<br />

47 x, nbmW 'grundsätzlich' 50 50 75 50 25 50 50 66 50 25<br />

48 d in -nd, -Id- 'Wald' 100 100 66 100 66 50 80 58 55 33<br />

49 d in -nd, -Id-, nbmW 'Waldweg' 100 100 100 100 75 50 25 25 50 75<br />

50 s 'Eis' 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100<br />

51 k im Anlaut 'Kasten' 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100<br />

52 k vor nK 'dunkel' 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100<br />

53 ch intervokalisch 'machen' 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100<br />

4.6.<br />

SCHLUSS<br />

«Europas Trottel, <strong>die</strong> niemand mehr versteht» titelt<br />

Jost auf der Maur polemisierend in der Weltwoche<br />

vom 2. April 1992 und stellt fest, dass <strong>die</strong> Mundart<br />

in der Schweiz immer mehr Bereiche einnimmt.<br />

«Nur für eine Minderheit ist es selbstverständlich,<br />

mit Deutschen und Österreichern sofort in der<br />

Schriftsprache zu sprechen. Die Mehrheit hält min<strong>des</strong>tens<br />

so lange am Dialekt fest, als <strong>die</strong> Verständigung<br />

sichergestellt ist. Die Hochsprache ist unbeliebt.<br />

Der Unterschied zwischen Deutschschweizern<br />

und Deutschen wird als bedeutender empfunden<br />

als zwischen Romands und Franzosen oder<br />

Tessinern und Italienern.»<br />

In <strong>die</strong>ser Situation war besonders interessant zu<br />

erfahren, in welchem Verhältnis Mundart und<br />

Hochdeutsch im Fürstentum Liechtenstein zueinander<br />

stehen. Die Nachbarschaft zweier unterschiedlicher<br />

Sprachsysteme, das zweistufige<br />

83,0<br />

38,8<br />

82,5<br />

34,6<br />

83,6<br />

43,0<br />

83,2<br />

38,7<br />

82,9<br />

39,0<br />

(Mundart - Hochdeutsch) der Schweiz und das<br />

mehrstufige (Mundart - Umgangssprachen - Hochdeutsch)<br />

in Österreich, bot für unseren Untersuchungsraum<br />

eine beachtenswerte Ausgangslage.<br />

Man hätte annehmen können, dass <strong>die</strong> Einbindung<br />

in den österreichischen Wirtschaftsraum noch zu<br />

Beginn <strong>die</strong>ses Jahrhunderts Spuren im Sprachsytem<br />

Liechtensteins hinterlassen hat. Dies konnte<br />

durch unsere Untersuchung widerlegt werden.<br />

Teilnehmende Beobachtungen, <strong>die</strong> darauf hinweisen,<br />

dass durch <strong>liechtenstein</strong>ische Mundartsprecher<br />

eine dem Österreichisch nahestehende Umgangssprache<br />

gebraucht wird, sind <strong>die</strong> grosse Ausnahme<br />

und beschränken sich auf enge Kreise, <strong>die</strong><br />

in starkem und dauerndem Kontakt zu Bekannten<br />

im Nachbarland stehen. Die Sprachsituation Liechtensteins<br />

ist beinahe deckungsgleich mit derjenigen<br />

der Schweiz. Die Ausnahmen hierzu wurden auf<br />

den Seiten 174 f. dargestellt. Der Begriff der «medialen<br />

Diglossie» (man spricht Mundart und<br />

schreibt Hochdeutsch) ist als Faustregel auch auf<br />

233


Liechtenstein anwendbar. Erstmals konnte der<br />

Sprachgebrauch in Liechtenstein in <strong>die</strong>ser Ausführlichkeit<br />

dokumentiert werden. Die in der Ausgangslage<br />

der Arbeit angestrebten Ziele wurden<br />

erreicht. Die Vorherrschaft der Mundart in fast<br />

allen mündlichen Kommunikationssituationen und<br />

<strong>die</strong> grosse Bereitschaft der Mundartsprecher, auf<br />

Standarddeutsch umzuschalten, wenn sie merken,<br />

dass der Gesprächspartner Verständnisschwierigkeiten<br />

hat, sind wichtige Merkmale der Sprachsituation<br />

im Fürstentum Liechtenstein.<br />

Besonders zeitaufwendig und arbeitsintensiv<br />

war <strong>die</strong> Erarbeitung der Grundlagen zur Beschreibung<br />

der Basis<strong>mundart</strong>. Die Interviews mit den Gewährspersonen<br />

nahmen jeweils einen halben Tag<br />

in Anspruch. Es muss hier aber auch erwähnt werden,<br />

dass <strong>die</strong>se Aufnahmen zu den wohltuenden<br />

Abwechslungen vom Büroalltag gehörten und dem<br />

Autor einen Einblick in eine bäuerliche Kultur und<br />

Lebensform ermöglichten, wie <strong>die</strong>se wohl nicht<br />

mehr lange anzutreffen sein wird. Dem grossen<br />

Aufwand entsprechend wurde im Kapitel «Die<br />

Liechtensteiner Mundart. Beharrung und Veränderung»<br />

ein möglichst umfassender Überblick über<br />

den Lautstand der Basis<strong>mundart</strong> gegeben. Bereits<br />

bei <strong>die</strong>sen Aufnahmen zeigte sich <strong>die</strong> Enge und<br />

Starrheit einer homogenen Dialektbescheibung,<br />

zumal schon zu <strong>die</strong>sem Zeitpunkt manche Variation<br />

augenfällig zu Tage trat. Hilfreich für <strong>die</strong> Erstellung<br />

unserer Interviewmanuskripte war das Vorbild<br />

der Fragebücher zum «Sprachatlas <strong>des</strong> Vorarlbergs<br />

mit Einschluss <strong>des</strong> Allgäus, Liechtensteins<br />

und Tirols». Diese reiche Fragensammlung, <strong>die</strong> Eugen<br />

Gabriel für seine Aufnahmen gebrauchte, basiert<br />

ihrerseits wiederum auf den Fragebüchern<br />

zum Schweizerdeutschen Sprachatlas. Darauf aufbauend<br />

und auf Grund der Erfahrung <strong>des</strong> Verfassers<br />

als Explorator <strong>des</strong> Liechtensteiner Namenbuches<br />

ergab sich eine reiche und umfassende Erhebung<br />

zur Basis<strong>mundart</strong>. Pro Gemeinde wurden<br />

zwei Probanden befragt. Abweichungen anderer<br />

Mundartsprecher einer Gemeinde von unseren Materialien<br />

sind daher nicht nur möglich, sondern<br />

sehr wahrscheinlich. Die Darstellung der Ergebnisse<br />

in Tabellenform ermöglicht einen raschen und<br />

234<br />

vollständigen Überblick. Hier zeigte sich einmal<br />

mehr der Vorteil der Kleinheit <strong>des</strong> untersuchten<br />

Gebietes. Wo sonst noch kann man mit der sprachlichen<br />

Beschreibung von elf Gemeinden zu recht<br />

behaupten, man hätte <strong>die</strong> basis<strong>mundart</strong>lichen Laute<br />

eines ganzen Lan<strong>des</strong> dargestellt?<br />

Das anfängliche Unterfangen, den Lautwandel<br />

auch in Abhängigkeit von der Morphologie zu untersuchen,<br />

mussten wir im Verlauf der Untersuchung<br />

aufgeben. Die dafür benötigte Zeit hätte unsere<br />

Kapazitäten bei weitem überschritten. Als Beobachtung<br />

konnten wir dennoch feststellen, dass<br />

Neuerungen im Lautstand der Orts<strong>mundart</strong>en <strong>des</strong><br />

Fürstentums Liechtenstein in starkem Zusammenhang<br />

stehen mit der Aufnahme von neuen Lexemen<br />

in den Wortschatz, <strong>die</strong> in ihrer hochdeutschen<br />

Morphologie von denjenigen der Orts<strong>mundart</strong>en<br />

abweichen. Als Beispiel sei <strong>die</strong> Substantivbildung<br />

aus Adjektiven genannt. Während <strong>die</strong> Substantive<br />

in den Orts<strong>mundart</strong>en durch Anhängung eines -i<br />

(Dümmi, Schöni) gebildet werden, realisiert das<br />

Standarddeutsche dasselbe durch -keit, -heit<br />

(Dummheit, Schönheit). Die Übernahme fremder<br />

Lexeme mit andersartiger Morphologie verursacht<br />

Änderungen im Lautstand der Mundart. Ein treffen<strong>des</strong><br />

Beispiel ist das Wort «Eigenheim». Das<br />

nichtbasis<strong>mundart</strong>liche Kompositum besteht aus<br />

zwei Wörtern, <strong>die</strong> nativ <strong>mundart</strong>lich sind: «eigen»<br />

und «heim». Deren Realisation geschieht in den<br />

Orts<strong>mundart</strong>en immer durch Monophthong. Im<br />

Kompositum ergeben sich <strong>die</strong> unterschiedlichsten<br />

Formen /ae:geha3:m/, /ejgahejm/, /ae:g8hejm/,<br />

/ejgahcB.-m/, /o.-geho.m/, /sjgshö-.m./, o:gehej:m/.<br />

Die Lautung der Orts<strong>mundart</strong>en ist Wandelvorgängen<br />

und Variationen besonders ausgesetzt, allerdings<br />

bei weitem nicht im gleichen Ausmass,<br />

wie <strong>die</strong>s beim Wortschatz geschieht. Die <strong>die</strong>sbezügliche<br />

gegenseitige Abhängigkeit ist offensichtlich.<br />

Die Veränderungen <strong>des</strong> Wortschatzes wiederum<br />

scheinen in starker Abhängigkeit von sozialen Erneuerungen<br />

der <strong>liechtenstein</strong>ischen Gesellschaft in<br />

den letzten fünfzig Jahren vor sich zu gehen. Die<br />

Gründe hierfür liegen in der Industrialisierung und<br />

der Aufgabe der bäuerlichen Tradition in den letzten<br />

fünfzig Jahren. Das Verschwinden von Gerät-


Schäften, Tätigkeiten und Lebensformen zieht auch<br />

das Verschwinden der damit verbundenen Wörter<br />

nach sich. Besonders deutlich lässt sich <strong>die</strong>ser<br />

Wandelvorgang durch <strong>die</strong> Namenkunde belegen.<br />

Hans Stricker schreibt: «Wer <strong>die</strong> tiefgreifenden<br />

Veränderungen in unserer Natur- und Kulturlandschaft<br />

während der letzten Jahre verfolgt hat, kann<br />

unschwer ermessen, dass mit solchen Vorhaben<br />

(R.B.: Namenbuch) nicht mehr lange zugewartet<br />

werden darf. Nicht nur schwindet mit dem Rückgang<br />

der bäuerlichen Bevölkerung <strong>die</strong> Zahl der<br />

kompetenten Informanten immer mehr, sondern<br />

auch <strong>die</strong> Namen selber sind heute einem beschleunigten<br />

Wandel unterworfen: viele alte Flurbezeichnungen<br />

verschwinden infolge veränderter Nutzungsformen;<br />

<strong>die</strong> allgemeine Verflachung der<br />

Mundart geht auch am noch erhaltenen Namenschatz<br />

nicht spurlos vorüber, und mit der Ausbreitung<br />

moderner, halbstädtischer Lebensformen und<br />

Denkweisen tritt mehr und mehr eine Namenschicht<br />

in den Vordergrund, <strong>die</strong>, wenn sie überhaupt<br />

noch spontan entsteht, doch einer ganz anderen<br />

als der altererbten bäuerlichen Anschauungswelt<br />

entspringt» (Banzer/Stricker 1986, S. 5).<br />

Hinzu kommen <strong>die</strong> von Auf der Maur in besagtem<br />

Artikel festgehaltenen Motive, <strong>die</strong> auch für den<br />

Wandel unserer Orts<strong>mundart</strong>en verantwortlich<br />

sein können. «Die eigentliche Bedrohung für den<br />

kultivierten Umgang mit der deutschen Hochsprache<br />

geht vielmehr von der angelsächsischen Welt<br />

aus, wobei nicht allein entscheidend ist, dass Englisch<br />

heute <strong>die</strong> Geschäftswelt und <strong>die</strong> Naturwissenschaften<br />

dominiert. Von durchdringender, kulturimperialistischer<br />

Wucht ist <strong>die</strong> Unterhaltungsindustrie,<br />

einer der wenigen wirklich blühenden Exportzweige<br />

der US-Wirtschaft. Sie hat <strong>die</strong> Menschen<br />

hier und ihre freie Zeit erobert. Der grösste<br />

Binnenmarkt der Welt mit seiner einheitlichen<br />

Sprache und Kultur hat eine allmächtige Programmindustrie<br />

hervorgebracht, deren international<br />

kompatibles sich spielend<br />

bei uns einsetzen lässt. Die musikalische<br />

Unterhaltung in allen Schattierungen, <strong>die</strong> Filmproduktion<br />

für Kino und Fernsehen, <strong>die</strong> Spiele für<br />

Video und Computer mit ihrer chiffreartigen Spra­<br />

DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />

ROMAN BANZER<br />

che, <strong>die</strong> Videoclips, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Wirklichkeit in Fragmente<br />

zerhacken, sie haben uns eine aufregende<br />

Bildsprache beschert, gegen <strong>die</strong> <strong>die</strong> Schriftlichkeit<br />

der deutschen Kultur nicht ankommt.»<br />

Was für den Umgang mit dem Hochdeutschen<br />

zutrifft, vervielfacht sich für <strong>die</strong> Orts<strong>mundart</strong>en.<br />

Diese stehen nicht nur unter dem Einfluss <strong>des</strong> Englischen.<br />

Das Hochdeutsche und <strong>die</strong> benachbarten<br />

Dialekte sind ebenso potentielle Quellen für Angleichungsvorgänge.<br />

Allerdings mag ich in das Lied<br />

der sterbenden Dialekte nicht einstimmen. Ich für<br />

meinen Teil fühle mich durch <strong>die</strong>se Arbeit in meiner<br />

Annahme bestätigt, dass <strong>die</strong> Mundarten in unserem<br />

Sprachraum, bedingt durch <strong>die</strong> politischen<br />

und kulturellen Umstände, ihre Stellung wahren<br />

können und <strong>die</strong>s auch im Zuge der grassierenden<br />

Angst vor der Gleichmacherei in einem gemeinsamen<br />

Europa.<br />

235


Anhang<br />

5.<br />

ANMERKUNGEN<br />

1) Es handelt sich hierbei um eine Zusammenfassung der Zeittafel<br />

von Paul Vogt: Historische Daten zur Geschichte Liechtensteins.<br />

In: Fürstentum Liechtenstein, S. 5-8.<br />

2) Die Angaben beruhen auf den Zahlen <strong>des</strong> Statistischen Jahrbuches<br />

1996.<br />

3) Vgl. Mattheier 1980, S. 176; Kolde 1985. S. 8.<br />

4) Löffler (1985, S. 105) unterscheidet nach Jakobson <strong>die</strong> referentielle,<br />

emotive, konative. phatische, metasprachliche und poetische<br />

Funktion der Sprache.<br />

5) Vgl. Mattheier 1980, 178; Jakob 1985. S. 7.<br />

6) Vgl. Löffler 1985, S. 161.<br />

7) Vgl. Gabriel 1981, S. 175.<br />

8) Was auf S. 211 ff. belegt wird.<br />

9) Vgl. dazu Haas 1.982, Karte 1; Jutz 1931, Karte und S. 18 ff.;<br />

Wiesinger 1983, S. 829 ff.<br />

10) Vgl. dazu S. 211 ff.<br />

11) Man muss in <strong>die</strong>sem Zusammenhang wissen, dass <strong>die</strong> <strong>liechtenstein</strong>ische<br />

Einbürgerungspraxis sehr restriktiv ist. So leben 3600<br />

Schweizer mit Niederlassungsbewilligung in Liechtenstein, 1400<br />

(40%) davon seit über 15 Jahren (Statistik 1988, S. 76).<br />

12) Diese Zahlen beruhen auf den Angaben <strong>des</strong> «Statistischen Jahrbuches<br />

1987 für das Fürstentum Liechtenstein», S. 20 ff., und sind<br />

auf- oder abgerundet. Die Zahlen zu den Mundartsprechern sind<br />

Hochrechnungen <strong>des</strong> Verfassers.<br />

13 und 14) Wir verwenden <strong>die</strong> Begriffe Hochdeutsch, Standard und<br />

Standarddeutsch synonym. Vgl. dazu auch Jakob 1985, S. 7 f.; Kolde<br />

1981, S. 66 f. und 99; Sieber/Sitta 1986, S. 29.<br />

15) Vgl. Heller 1987, S. 783.<br />

16) Vgl. Fishman 1975; Haas 1982, S. 106; Kolde 1981, S. 68;<br />

Kremnitz, 1987; Lüdil988; Ris 1973, S.45 f; Sieber/Sitta 1986, S.20.<br />

17) Vgl. Kremnitz 1987, S. 209.<br />

18) Übernommen wurde <strong>die</strong>ser Begriff (gemäss Haas 1986, Anm. 11)<br />

von Gottfried Kolde, der den Begriff in seinem Buch «Sprachkontakte<br />

in gemischtsprachigen Städten». Wiesbaden 1981, S. 65 ff. eingehend<br />

erläutert.<br />

19) Haas 1986, Sieber 1987.<br />

20) Rein 1983, S. 1443 ff; Ruoff 1973, S. 247 ff.<br />

21) Fishman 1975, S. 50.<br />

22) Poplack/Sankoff 1988, S. 1175 ff.<br />

23) Fishman 1975. S. 43 ff.<br />

24) Vgl. zur direkten und indirekten Erhebungsmethode: Werlen<br />

1984, S. 8 f.<br />

25) Mattheier. In: HSK 1.1.1982. S. 625.<br />

236<br />

26) Die Angaben dazu entstammen einem Gespräch mit Frau lic. iur.<br />

Brigitte Feger, dem Liechtensteinischen Staatskalender und Kranz<br />

1976.<br />

27) Wir möchten an <strong>die</strong>ser Stelle daraufhinweisen, dass <strong>die</strong> vorliegenden<br />

Tabellen zum grössten Teil auf indirekt erhobenen Daten basieren,<br />

weil Zweite über Dritte Auskunft geben. Gerichtsvorstände.<br />

Amtsstellenleitor, Lehrer usw. geben Auskunft über den Sprachgebrauch<br />

von Drittpersonen. Besonders deutlich wird <strong>die</strong>s an jener<br />

Stelle der Tabelle, deren erste Linie wie folgt zu lesen ist. «77% der<br />

Amtsleiter sagen, dass 100% der Angestellten <strong>die</strong> Mundart Liechtensteins<br />

aktiv beherrschen.» Wo <strong>die</strong> Probanden nicht zu ihrem eigenen<br />

Sprachgebrauch befragt werden, sind <strong>die</strong> Auswertungen in der<br />

Tabelle mit einem Stern * gekennzeichnet.<br />

28) In der Terminologie halten wir uns an <strong>die</strong> Vorgaben <strong>des</strong> Liechtensteinischen<br />

Schulamtes. Auch <strong>die</strong> hier aufgeführten Zahlen stammen<br />

aus der Schulstatistik 1988 <strong>des</strong> Schulamtes, sofern sie nicht<br />

dem Statistischen Jahrbuch 1988 entnommen sind.<br />

29) Vgl. metaphorischer Wechsel S. 160.<br />

30) Die Erhebung ergibt hierzu keine detaillierten Zahlen.<br />

31) Vgl. Schwarzenbach 1969, S. 380 ff. und Fricker 1988. S. 28 ff.<br />

32) Vgl. Rein 1983, S. 1452; Ruoff 1973. S. 191.<br />

33) Die Prozentaufteilung der Probanden für <strong>die</strong> einzelnen Schichten<br />

wiederspiegelt <strong>die</strong> Grösse der Schicht. Die Zahlen richten sich<br />

approximativ nach der Schulbildung und der Stellung im Beruf aus<br />

Statistik 1988. S. 100 und S. 289. Durch den unterschiedlichen Rücklaufergeben<br />

sich für <strong>die</strong> Auswertung folgende Zahlen: 81% der<br />

retournierten Fragebögen gehören zur Mittelschicht, 15% zur Oberschicht<br />

und 4% zur Unterschicht. Verschiedene Personen, <strong>die</strong> uns <strong>die</strong><br />

Namen der Probanden vermittelt haben, haben <strong>die</strong> Meinung geäussert,<br />

dass es in ihrer Gemeinde schwer gefallen sei, Mitglieder der<br />

Unterschicht zu nennen, weil es fast keine gäbe.<br />

34) Vgl. Ruoff 1973. S. 191.<br />

35) Die Zahlen entstammen dem Statistischen Jahrbuch 1988.<br />

36) Ausgangs- und Benennungspunkte für <strong>die</strong> ehemaligen Gruppensprachen<br />

nach den geographischen Punkten «Bödele» und «Pfänder»<br />

und nach der Textilfabrik «Ganahl». Vgl. dazu Gabriel 1973, S. 75<br />

und Wiesinger 1986, S. 112.<br />

37) Vgl. Schwarzenbach 1969. S. 219.<br />

38) Ebenda, S. 223.<br />

39) Ebenda, S. 225.<br />

40) Ebenda, S. 228.<br />

41) Nichthybride Fremdwörter sind Wörter, deren Einzelelemente<br />

nicht aus verschiedenen Sprachen stammen.<br />

42) Diese 430 Wörter bildeten <strong>die</strong> Basis für den Fragebogen.<br />

43) Uns standen durch <strong>die</strong> bereitwillige Unterstützung von Robert<br />

Allgäuer, Vaduz. Kopien von den Fragebüchern zur Verfügung, <strong>die</strong><br />

Eugen Gabriel für seine Aufnahmen für den VALTS gebraucht hat.<br />

44) Vgl. unter anderem Berger 1913, Gabriel 1981. Jutz 1925,<br />

Meinherz 1920.<br />

45) Die Seitenzahlen verweisen auf Jutz 1925 und Gabriel 1981.


46) Dieses Wort wurde in einer Nacherhebung aufgenommen.<br />

47) Allgemein tritt <strong>die</strong> Nasalierung eines Vokals nur im Unterland<br />

ein. Jutz konnte offenbar in Schaan und Vaduz noch leichte Nasalierung<br />

feststellen. Dies ist für unsere Aufnahmen nicht mehr der Fall,<br />

so wie sich <strong>die</strong> Nasalierung auch im Unterland immer mehr zurückzubilden<br />

scheint. Auch Vetsch konnte 1910 feststellen, dass im Kanton<br />

Appenzell <strong>die</strong> Nasalierung hauptsächlich von der jüngeren Generation<br />

mit starken individuellen Schwankungen langsam aufgegeben<br />

wird. «Alle geschlossenen Vokale sowie ae erscheinen in der Ma.<br />

auch nasaliert. Die Nasalierung betrifft sowohl <strong>die</strong> Kürzen als auch<br />

<strong>die</strong> Längen, doch werden durch <strong>die</strong>selbe bzw. ihre Begleiterscheinungen<br />

<strong>die</strong> Quantitäten manchmal geändert» (Jutz 1925, S. 23).<br />

Die von Jutz 1925, S. 57 aufgeführte Nasalierung <strong>des</strong> a in inachen<br />

kann heute nicht mehr festgestellt werden. Gabriel 1981, S. 240;<br />

Jutz 1925, S. 155ff.<br />

48) Die Dehnung in offener Silbe ist in Hinterschellenberg uneinheitlich<br />

durchgeführt. Gemäss Gabriel (1981, S. 203) erfolgt <strong>die</strong> Dehnung<br />

regelmässig, wenn auf <strong>die</strong> offene Silbe ein Liquid oder Nasal folgt.<br />

Ansonsten sind <strong>die</strong> Verhältnisse uneinheitlich. Im Gegensatz zum<br />

restlichen Unterland wird das a in folgenden Wörtern kurz gesprochen:<br />

Gabel, Hafer, hageln, schlagen, Schnabel, Wade. Weitere kurz<br />

gesprochene Laute unterscheiden den Hinterschellenberg vom Rest<br />

der Gemeinde. So werden <strong>die</strong> Haupttonvokale in [hörn] 'heim',<br />

[motle] 'Mädchen', [nemard] 'niemand' im Hinterschellenberg im<br />

Gegensatz zum übrigen Schellenberg kurz gesprochen.<br />

49) Für nhd. sagen setzen wir mhd. sagen an. Vgl Lexer: Mhd.<br />

Wörterbuch.<br />

50) Die Lautentwicklung zu offenem ä ist selten. Sie ist ein Merkmal,<br />

durch das <strong>die</strong> Balzner Mundart charakterisiert werden kann.<br />

51) Die Nasalierung, <strong>die</strong> regelmässig nur im Unterland eintritt, ist in<br />

<strong>die</strong>sem Fall sehr schwach. Vgl. Jutz 1925, S. 108.<br />

52) Das i wird in <strong>die</strong>sen Fällen im Oberland gedehnt.<br />

53) heisst in Triesenberg [aeti] Äti.<br />

54) Die Dehnung in offener Silbe ist. nur im Unterland konsequent<br />

durchgeführt. Im Oberland ist sie ohne Regelmässigkeiten partiell<br />

distribuiert.<br />

55) Siehe Anmerkung 47.<br />

56) Ebenda.<br />

57) Diese Belege stammen von Jutz und wurden in der Aufnahme<br />

lediglich als Spontanmaterial erhoben. Zu beachten ist der Transkriptionsunterschied<br />

zwischen Jutz und unserer Arbeit. Jutz: [(]<br />

entspricht in etwa unserem [el.<br />

58) Durch Vokalspaltung kann für mhd. o einmal geschlossens [o],<br />

einmal offenes [o] eintreten. Durch <strong>die</strong> Senkung von mhd. ü zu<br />

mda. geschlossenem o, ö kam es zu einer Gleichlautung mit den<br />

Entsprechungen von mhd. o,ö (vgl. Gabriel 1985. S. 127).<br />

59) Bei den Aufnahmen im Unterland konnten wir individuelle<br />

Schwankungen bezüglich der Nasalierung feststellen.<br />

60) Ebenda.<br />

61) In einzelnen Fällen hat der Sekundärumlaut im Unterland eine<br />

offenere Qualität als im Oberland. Diese Feststellung, <strong>die</strong> Jutz (1925,<br />

S. 108) noch konsequent für <strong>die</strong> Gemeinden Gamprin/Bendern,<br />

DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />

ROMAN BANZER<br />

Eschen, Ruggell, Schellenberg gemacht hat, gilt heute so auch in<br />

Mauren. Die Gewährsleute in Mauren sehen das [ae] als typisches<br />

Mundartmerkmal ihrer Ortschaft. Vor allem <strong>die</strong> Gemeinde Schellenberg<br />

aber zeigt nach unseren Erhebungen einen anderen Wert als<br />

das übrige Unterland, nämlich den qualitativ gleichen wie das<br />

Oberland. So sagt man in Ruggell zum Beispiel sääga (sagen) oder<br />

Slrääl mit [ae], in Schellenberg aber mit [e].<br />

62) Dieser Laut wurde nicht erhoben.<br />

63) Gabriel (1981, S. 199) notiert für <strong>die</strong>se Wörter überoffene<br />

Qualität. Diese konnten wir bei unserer Erhebung nicht feststellen.<br />

64) Die Dehnung stammt hier von der unumgelauteten Grundform<br />

Hose, wo das o in offener Silbe steht.<br />

65) In <strong>die</strong>ser Gemeinde ist neben <strong>die</strong>sen Ausnahmen auch <strong>die</strong><br />

Normalform möglich.<br />

66) Ebenda.<br />

67) Basis<strong>mundart</strong>lich ist das mhd. ä in gleicher phonetischer Form<br />

nicht erhalten geblieben. In ganz Liechtenstein hat sich hauptsächlich<br />

der Wandel zu offenem o: schon früh vollzogen.<br />

68) Das Wort rära ist im Unterland nicht belegt. Hier heisst esgrätsa.<br />

69) siehe Anm. 62.<br />

70) Ebenda.<br />

71) Ebenda.<br />

71a) Ebenda.<br />

72) Die mda. Form [SOÖS] Säue als Pluralform zu [su:] Sau kann<br />

nicht direkt auf mhd. iu zurückgeführt werden. Mhd. setzen wir für<br />

das Unterland siu zum Singular sü an. Entsprechend der Normalentwicklung<br />

in <strong>die</strong>ser Kondition wäre für das Unterland *[soej] zu erwarten.<br />

«Im Hiatus und vor w ist in ganz Südvorarlberg und Liechtenstein<br />

Diphtongierung, und zwar fast allgemein zu pu eingetreten.»<br />

(Jutz 1925, S. 99) Gabriel (1981, S. 209) hat [kny:] für das Unterland<br />

erhoben. Jutz stellt sie mit Ausnahme von Balzers für das ganze<br />

Land fest (Jutz 1925, S. 100).<br />

73) Diese Entwicklung widerspricht der Regel der Monophthongierung<br />

<strong>des</strong> mhd. ei als besonderes Mundartmerkmal Liechtensteins.<br />

Vereinzelt haben wir auch Monophthonge gefunden. Im Hiatus ist<br />

<strong>die</strong> diphthongische Entsprechung [sj] regelmässig, Eier. Dieses Wort<br />

wird im Unterland als Pluraletantum gebraucht.<br />

74) Gabriel notiert hier für Gamprin, Ruggell und Schellenberg offenes<br />

o in [go:s] und für Eschen und Mauren [a:]. Diese Unterscheidung<br />

ergab sich durch unsere Aufnahme nicht mehr. Es heisst entweder<br />

[gsjs], [go:s] oder auch [gu:s]. Vgl. auch Jutz 1925, S. 91.<br />

75) siehe Anm. 62.<br />

76) Die Quantitätsunterschiede entsprechen den Ausführungen von<br />

Jutz 1925. 161, indem <strong>die</strong> Dehnung <strong>des</strong> ersten Bestandteils der<br />

Diphtone nicht durchwegs Regel ist.<br />

77) Imma und Biene sind beide in der Basis<strong>mundart</strong> gebräuchlich.<br />

78) Die Gliederung der Konsonanten richtet sich nach der mhd.<br />

Phonetik. Hintangestellt werden <strong>die</strong> mhd. Graphemvarianten.<br />

79) Für mhd. k stellen Jutz 1925 und VALTS im In- und Auslaut mit<br />

wenigen Ausnahmen mda. [k] und im Anlaut [kh] fest.<br />

237


80) In Triesenberg erfolgt Lenisierung im absoluten Auslaut.<br />

81) Im Unterland (ohne Hinterschellenberg) entfällt das d regelmässig<br />

nach / und n im In- und Auslaut. Im Oberland fällt das d am<br />

Wortende nur selten aus.<br />

82) In Triesenberg wird vor palatalen Vokalen i. ö, ü mhd. s > mda. [J]<br />

83) Für [b:nd] setzen wir mhd. län- an. Der Füllpartikel heisst in<br />

Triesenberg neissa.<br />

84) Die hier gebrauchten Nummern entsprechen jenen, <strong>die</strong> auf<br />

S. 213-216 für <strong>die</strong> Entwicklungsregeln eingeführt werden.<br />

85) Gabriel 1981. S. 180.<br />

86) Ebenda, S. 214.<br />

87) Ausserdem gibt es mit wenigen Ausnahmen auch keine Dehnung<br />

in offener Silbe. Die mhd. Kürze ist allgemein erhalten.<br />

88) Siehe Anm. 62<br />

89) Ebenda<br />

90) Vgl. S.153 ff.<br />

91) Vgl. Haas 1978, S. 62.<br />

92) Textauszug aus der Gemeinderatssitzung von Schellenberg.<br />

93) Nach Jutz 1960 ist Waldweg ein basis<strong>mundart</strong>liches Wort. Wir<br />

haben es als nbmW aufgenommen, weil es von den Probanden im<br />

Unterland vielfach als fremd empfunden wurde.<br />

94) Jutz 1925, S. 152.<br />

95) Vgl. u.a. Christen 1988, S. 154: Rein 1983, S. 1452, und Ruoff<br />

1973, S. 181 ff. 1.<br />

96) Vgl. Banzer 1990, S. 341 ff.<br />

97) Vgl. S. 153-175.<br />

98) Vgl. Mattheier 1980. S. 42 ff. und 1987, S.78 ff. 22.<br />

99) Statistik 1988, S. 91 und 96. Die Zahlen sind gerundet.<br />

100) Vgl. Mattheier 1980, S. 34 ff. und Ruoff 1973, S. 191.<br />

101) Vgl. Ausführungen dazu im Einleitungskapitel zum Sprachformengebrauch.<br />

102) Ausführliche Darstellung der einzelnen Rededeterminanten und<br />

deren Einfluss auf <strong>die</strong> Sprachproduktion in HSK 3.2. Kapitel II. Vgl.<br />

auch Werlen 1984.<br />

103) Zu den Zahlen vgl. Statistisches Jahrbuch 1988. S. 96.<br />

104) Vgl. Ammon 1973.<br />

105) Vgl. dazu König 1982, S. 473 ff.<br />

106) Dies ist zwar auch bei den Gemeinden Schaan. Vaduz und<br />

Triesen der Fall, wo sich <strong>die</strong> Unterschiede mit ziemlicher Sicherheit<br />

lediglich auf den Nebentonvokalismus und auf <strong>die</strong> Lexik beschränken.<br />

Als wirtschaftliche Zentren werden <strong>die</strong>se Orte aber dennoch<br />

untersucht, um <strong>die</strong> Anzahl der Probanden <strong>des</strong> Oberlan<strong>des</strong> (16)<br />

gegenüber dem Unterland (24) nicht zu sehr aus dem Gleichgewicht<br />

kommen zu lassen.<br />

107) Vgl. Christen 1988, S. 40, und Haas 1978, S. 80 ff.<br />

238<br />

108) Wir verwenden den Begriff Innovation nach der Definition von<br />

Haas nur dann, wenn es sich um individuelle Innovation handelt.<br />

Eine Innvovation wird zur Neuerung, wenn sie von einer Sprachgemeinschaft<br />

in ihren Sprachgebrauch übernommen wurde.<br />

109) Haas (1978) spricht in seinem Kapitel «Sprachwandel als<br />

Gesamtprozess» nicht von Laut- sondern Sprachwandel.<br />

110) Beim neuerlichen Auftauchen von [flaej ], wie es Jutz noch als<br />

basis<strong>mundart</strong>lich notiert, handelt es sich um <strong>die</strong> Ausbreitung einer<br />

«alten» Lautung. Erstaunlich ist in <strong>die</strong>sem Zusammenhang, dass <strong>die</strong><br />

Lautung [ae:] bei der Erhebung zur Basis<strong>mundart</strong> nur mehr von<br />

zwei oder drei Probanden als «alte» Variante zu [sj] erwähnt wurde.<br />

111) Unter Leveling verstehen wir den Übergang einer Innovation<br />

(vgl. Anm. 108) zu einer Neuerung, oder einer Neuerung zu einem<br />

Lautwandel.<br />

112) Hier könnte man auch obd. u voraussetzen, aber [o] deutet auf<br />

mhd. o.


6.<br />

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58)<br />

Coseriu (1988)<br />

Coseriu Eugenio: Einführung<br />

in <strong>die</strong> Allgemeine<br />

Sprachwissenschaft.<br />

Tübingen, 1988.<br />

Die Sprachlandschaft<br />

Rheintal (1981)<br />

Gesellschaft Schweiz-<br />

Liechtenstein: Die Sprachlandschaft<br />

Rheintal.<br />

St. Gallen, 1981. (= Schriftenreihe<br />

4)<br />

Die viersprachige<br />

Schweiz (1982)<br />

Schläpfer Rudolf (Hrsg.):<br />

Die viersprachige Schweiz.<br />

Zürich, Köln, 1982.<br />

Dieth (1968/2)<br />

Dieth Eugen: Vademecum<br />

der Phonetik. Bern, 1968/2.<br />

Dittmar (1980)<br />

Dittmar Norbert: Soziolinguistik.<br />

Exemplarische<br />

und kritische Darstellung<br />

ihrer Theorie, Empirie<br />

und Anwendung. Mit kommentierter<br />

Bibliographie.<br />

Königstein/Ts, 1980.<br />

Dittmar (1982)<br />

Dittmar Norbert: Soziolinguistik<br />

- Teil 1. Theorie,<br />

Methodik und Empirie ihrer<br />

Forschungsrichtungen.<br />

In: Studium Linguistik 12<br />

(1982), S. 20-52.<br />

Dittmar (1983)<br />

Dittmar Norbert: Soziolinguistik<br />

- Teil 2. Soziolinguistik<br />

in der Bun<strong>des</strong>republik<br />

Deutschland. In: Studium<br />

Linguistik 14 (1983),<br />

S. 20-58.<br />

Dittmar/Schlobinski (1985)<br />

Dittmar Norbert und<br />

Schlobinski Peter: Die Bedeutung<br />

von sozialen Netzwerken<br />

für <strong>die</strong> Erforschung<br />

von Ortssprachen.<br />

In: Ortssprachenforschung<br />

1985,S.158-188.<br />

Ferguson (1959)<br />

Ferguson Charles A.:<br />

Diglossia. In: Word 15<br />

(1959), S. 325-340.<br />

Fishman (1975)<br />

Fishman Joshua A.: Soziologie<br />

der Sprache. Eine interdisziplinäresozialwissenschaftliche<br />

Betrachtung<br />

der Sprache in der Gesell-<br />

239


schaft. Übersetzt von Hannelore<br />

Hirsch und Kurt<br />

Wächter, München 1975.<br />

Frick (1960)<br />

Frick Alexander: Liechtensteiner<br />

Mundarten. Aufgenommen<br />

1960. Geleitwort<br />

von Alt-Regierungschef<br />

Alexander Frick zu verschiedenenMundartschallplatten.<br />

Vaduz, 1960.<br />

Frick (1964)<br />

Frick Alexander: Unsere<br />

Mundart - ein gefährdetes<br />

Kulturgut. In: Bergheimat.<br />

Jahresschrift <strong>des</strong> Liechtensteiner<br />

Alpenvereins Vaduz<br />

1964, S. 11-27.<br />

Frick (1990)<br />

Frick Alexander: Die<br />

Mundarten von Liechtenstein.<br />

Bearbeitet von Eugen<br />

Gabriel. Vaduz, 1990.<br />

Fricker (1988)<br />

Fricker Hans-Peter: Zur<br />

Sprachwahl in Radio und<br />

Fernsehen. Von der<br />

Schwierigkeit, Publikumsgeschmack,<br />

Zeitgeist, Gestaltungsfreiraum<br />

der Programmschaffenden<br />

und<br />

bildungspolitische Forderungen<br />

miteinander in<br />

Einklang zu bringen.<br />

In: Mundart - Hochsprache<br />

in Schule und Me<strong>die</strong>n.<br />

S. 28-35. (= EDK-Dossier 7)<br />

Fürstentum Liechtenstein<br />

(o.J.)<br />

Löbl Robert (Hrsg.): Fürstentum<br />

Liechtenstein.<br />

Zell am See, o. J.<br />

Gabriel (1963)<br />

Gabriel Eugen: Die Mundarten<br />

an der alten churrätisch-konstanzischenBistumsgrenze<br />

im Vorarlbergischen<br />

Rheintal. Eine<br />

sprachwissenschaftliche<br />

und sprachpsychologische<br />

240<br />

Untersuchung der Mundarten<br />

von Dornbirn, Lustenau<br />

und Hohenems.<br />

Mit Flexionslehre. Marburg,<br />

1963. (= Deutsche<br />

Dialektgeographie 66)<br />

Gabriel (1966)<br />

Gabriel Eugen: Die <strong>liechtenstein</strong>ischen<br />

Mundarten.<br />

In: JBL65 (1966),<br />

S. 179-205.<br />

Gabriel (1973)<br />

Gabriel Eugen: Appellphonologie<br />

und Soziolinguistik.<br />

In: Bausinger 1973,<br />

S. 71-76.<br />

Gabriel (1981)<br />

Gabriel Eugen: Die Mundarten<br />

von Liechtenstein.<br />

In: Das Fürstentum Liechtenstein.<br />

Ein lan<strong>des</strong>kundliches<br />

Portrait. Hrsg. Müller<br />

Wolfgang. Bühl/Baden<br />

1981. (Veröffentlichung<br />

<strong>des</strong> Alemannischen Instituts<br />

Freiburg i. Br, 50)<br />

Gabriel (1981/11)<br />

Gabriel Eugen: Die <strong>liechtenstein</strong>ische<br />

Mundart im<br />

Rahmen ihrer Nachbar<strong>mundart</strong>en.<br />

In: Die<br />

Sprachlandschaft Rheintal<br />

1981, S. 59-95.<br />

Gabriel (1982)<br />

Gabriel Eugen: Die Mundarten<br />

<strong>des</strong> Bodenseeraums.<br />

In: Schriften <strong>des</strong> Vereins<br />

für Geschichte <strong>des</strong> Bodensees,<br />

99/100 (1981/82),<br />

S.281-300.<br />

Gabriel (1985)<br />

Gabriel Eugen: Die Schaaner<br />

Mundart. In: Festschrift<br />

für Alexander Frick<br />

zum 75. Geburtstag. Hrsg.<br />

Robert Allgäuer. Schaan,<br />

1985, S. 122-142.<br />

Haas (1978)<br />

Haas Walter: Sprachwandel<br />

und Sprachgeographie.<br />

Untersuchungen zur<br />

Struktur der Dialektverschiedenheit<br />

am Beispiel<br />

der schweizerdeutschen<br />

Vokalsysteme. Wiesbaden,<br />

1978. (= Zeitschrift für<br />

Dialektologie und Linguistik.<br />

Beihefte 30)<br />

Haas (1982)<br />

Haas Walter: Die deutschsprachige<br />

Schweiz. In: Die<br />

viersprachige Schweiz<br />

1982, S. 72-160.<br />

Haas/Näf (1983)<br />

Haas Walter und Näf Anton:<br />

Wortschatzprobleme<br />

im Alemannischen. 7. Arbeitstagung<br />

alemannischer<br />

Dialektologen in Freiburg<br />

i.Ü., 1.-3. Oktober 1981,<br />

Freiburg 1983. (= Germanistica<br />

Friburgensia 7)<br />

Haas (1986)<br />

Haas Walter: Der beredte<br />

Deutschschweizer oder <strong>die</strong><br />

Hollandisierung <strong>des</strong> Hinterwäldlers.<br />

In: Löffler H.<br />

(Hrsg.), S. 41-59.<br />

Haraldsen (1979)<br />

Haraldsen Jan-Vidar: Die<br />

Grammatik der Liechtensteinischen<br />

Mundarten in<br />

konfrontativer Sicht zur<br />

deutschen Standardsprache.<br />

Oslo, 1979. (Masch.).<br />

Heller (1987)<br />

Heller Monica: Language<br />

and Identity. In: HSK<br />

3. Jan. 1987. S. 781-785.<br />

Holmes (1976)<br />

Holmes Janet: A review of<br />

some methods of investigation<br />

attitu<strong>des</strong> to language,<br />

dialects and accents.<br />

In: Viereck 1976,<br />

S. 301-330.<br />

Hotzenköcherle (1984)<br />

Hotzenköcherle Rudolf:<br />

Die Sprachlandschaften<br />

der deutschen Schweiz.<br />

Herausgegeben von Bigler<br />

Nikiaus und Schläpfer Robert<br />

unter der Mitarbeit<br />

von Börlin Rolf. Aarau,<br />

Frankfurt am Main, Salzburg,<br />

1984. (= Sprachlandschaft<br />

1)<br />

Hotzenköcherle (1986)<br />

Hotzenköcherle Rudolf:<br />

Dialektstrukturen im Wandel.<br />

Herausgegeben von<br />

Schläpfer Robert und Trüb<br />

Rudolf. Aarau, Frankfurt<br />

am Main, Salzburg, 1986.<br />

(= Sprachlandschaft 2)<br />

HSK (1. 1. 1982)<br />

Besch Werner, Knoop Ulrich,<br />

Putschke Wolfgang,<br />

Wiegand Herbert Ernst<br />

(Hrsg): Dialektologie. Ein<br />

Handbuch zur deutschen<br />

und allgemeinen Dialektforschung.<br />

Erster Halbband.<br />

Berlin, New York,<br />

1982. (= Handbücher zur<br />

Sprach- und Kommunikationswissenschaft.<br />

1.1)<br />

HSK (1. 2. 1983)<br />

Besch Werner, Knoop Ulrich,<br />

Putschke Wolfgang,<br />

Wiegand Herbert Ernst<br />

(Hrsg): Dialektologie. Ein<br />

Handbuch zur deutschen<br />

und allgemeinen Dialektforschung.<br />

Zweiter Halbband.<br />

Berlin, New York,<br />

1983. (= Handbücher zur<br />

Sprach- und Kommunikationswissenschaft.<br />

1.2)<br />

HSK (2. 1. 1984)<br />

Besch Werner, Reichmann<br />

Oskar, Sonderegger Stefan<br />

(Hrsg.): Sprachgeschichte.<br />

Ein Handbuch zur Geschichte<br />

der deutschen<br />

Sprache und ihrer Erforschung.<br />

Berlin, New York,<br />

1984. (= Handbücher zur<br />

Sprach- und Kommunikationswissenschaft.<br />

2.1)


HSK (2. 2. 1985)<br />

Besch Werner, Reichmann<br />

Oskar, Sonderegger Stefan<br />

(Hrsg.): Sprachgeschichte.<br />

Ein Handbuch zur Geschichte<br />

der deutschen<br />

Sprache und ihrer Erforschung.<br />

Berlin, New York,<br />

1985. (= Handbücher zur<br />

Sprach- und Kommunikationswissenschaft.<br />

2.2)<br />

HSK (3. 1. 1987)<br />

Ammon Ulrich, Dittmar<br />

Norbert, Mattheier Klaus<br />

J. (Hrsg): Soziolinguistik.<br />

Ein internationales Handbuch<br />

zur Wissenschaft von<br />

Sprache und Gesellschaft.<br />

Berlin, New York, 1987.<br />

(= Handbücher zur<br />

Sprach- und Kommunikationswissenschaft.<br />

3.1)<br />

HSK (3. 2. 1988)<br />

Ammon Ulrich, Dittmar<br />

Norbert, Mattheier Klaus<br />

J. (Hrsg): Soziolinguistik.<br />

Ein internationales Handbuch<br />

zur Wissenschaft von<br />

Sprache und Gesellschaft.<br />

Berlin, New York, 1988.<br />

(= Handbücher zur SprachundKommunikationswissenschaft.<br />

3.2)<br />

Jakob (1985)<br />

Jakob Karlheinz: Dialekt<br />

und Regionalsprache im<br />

Raum Heilbronn. Zur Klassifizierung<br />

von Dialektmerkmalen<br />

in einer dialektgeographischenÜbergangslandschaft.<br />

Marburg,<br />

1985. (= Stu<strong>die</strong>n zur Dialektologie<br />

in Südwestdeutschland.<br />

Beiträge zum<br />

Südwestdeutschen Sprachatlas<br />

3)<br />

JBL (1901 ff.)<br />

Jahrbuch <strong>des</strong> Historischen<br />

Vereins für das Fürstentum<br />

Liechtenstein. Vaduz<br />

1901 ff.<br />

Job/Altmann (1985)<br />

Job Ulrike und Altmann<br />

Gabriel: Ein Modell für anstrengungsbedingteLautveränderung.<br />

In: Folia Linguistica<br />

Historica 1985,<br />

S.401-407.<br />

Jutz (1925)<br />

Jutz Leo: Die Mundart von<br />

Südvorarlberg und Liechtenstein,<br />

Heidelberg 1925.<br />

Jutz (1926)<br />

Jutz Leo: Sprachmischung<br />

in den Mundarten Vorarlbergs.<br />

In: Germanisch-<br />

Romanische Monatszeitschrift<br />

(14) 1926,<br />

S. 256-269.<br />

Jutz (1929)<br />

Jutz Leo: Die Grenze k/x<br />

anl. germ. k und <strong>die</strong> Gliederung<br />

<strong>des</strong> Alemannischen.<br />

In: Teuthonista 6<br />

(1929), S. 39-49.<br />

Jutz (1931)<br />

Jutz Leo: Die alemannischen<br />

Mundarten. Halle,<br />

1931.<br />

Jutz (1960)<br />

Jutz Leo: Vorarlbergisches<br />

Wörterbuch mit Einschluss<br />

<strong>des</strong> Fürstentums<br />

Liechtenstein. Wien, 1960.<br />

Kindle (o. J.)<br />

Kindle Herbert: Dynamische<br />

Industrie an Wachstumsgrenzen.<br />

In: Fürstentum<br />

Liechtenstein, S. 107 f.<br />

Klein (1974)<br />

Klein Wolfgang: Variation<br />

in der Sprache. Ein Verfahren<br />

zu ihrer Beschreibung.<br />

Kronberg, 1974.<br />

(= Skripten Linguistik und<br />

Kommunikationswissenschaft<br />

5)<br />

DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />

ROMAN BANZER<br />

Klein (1976)<br />

Klein Wolfgang: Sprachliche<br />

Variationen. In: Studium<br />

Linguistik 1. 1976,<br />

S. 29-47.<br />

Klein (1988)<br />

Klein Wolfgang: Varietätengrammatik.<br />

In: HSK<br />

3.2.1988, S. 997-1007.<br />

Klein/Wunderlich (1971)<br />

Klein Wolfgang und Wunderlich<br />

Dieter: Aspekte der<br />

Soziolinguistik. Frankfurt/Main,<br />

1971.<br />

Kohler (1977)<br />

Kohler Klaus: Einführung<br />

in <strong>die</strong> Phonetik <strong>des</strong> Deutschen.<br />

Berlin, 1977.<br />

Kolde (1981)<br />

Kolde Gottfried: Sprachkontakt<br />

in gemischtsprachigen<br />

Städten. Vergleichende<br />

Untersuchungen<br />

über Voraussetzungen und<br />

Formen sprachlicher Interaktionverschiedensprachlicher<br />

Jugendlicher<br />

in den Schweizer Städten<br />

Biel/Bienne und Fribourg/<br />

Freiburg i.Ü. Wiesbaden,<br />

1981. (= Zeitschrift für<br />

Linguistik und Dialektologie.<br />

Beihefte 37.)<br />

Kontroversen (1986)<br />

Schöne Albrecht (Hrsg.):<br />

Kontroversen, alte und<br />

neue. Akten <strong>des</strong> VII. Kongresses<br />

der Internationalen<br />

Vereinigung für germanische<br />

Sprach- und Literaturwissenschaft.<br />

Bd. 4.<br />

Dialektologie und Linguistik:<br />

Die Kontroverse um<br />

<strong>die</strong> Mundart. Hrsg. v. Polenz<br />

Peter, Erben Johannes,<br />

Jan Goossens. Tübingen,<br />

1986.<br />

Köhler (1987)<br />

Köhler Reinhard: Sprachliche<br />

Selbstregulation als<br />

Mechanismus <strong>des</strong> Sprachwandels.<br />

In: Sprachwandel<br />

1987, S. 185-201.<br />

König (1982)<br />

König Werner: Probleme<br />

der Repräsentativität in<br />

der Dialektologie. In: HSK<br />

1.1. 1982, S. 463-485.<br />

König/Stopp (1980)<br />

König Werner und Stopp<br />

Hugo (Hrsg.): Historische,<br />

geographische und soziale<br />

Übergänge im Alemannischen.<br />

München, 1980.<br />

(= Schriften der Philosophischen<br />

Fakultäten der Universität<br />

Augsburg 16)<br />

Kranz (1976)<br />

Kranz Walter: Fürstentum<br />

Liechtenstein. Eine Dokumentation.<br />

Vaduz, 1976.<br />

Kremnitz (1987)<br />

Kremnitz Georg: Diglossie/Polyglossie.<br />

In: HSK<br />

3.1. 1987, S. 208- 219.<br />

Kufner (1961)<br />

Kufner Herbert L.: Strukturelle<br />

Grammatik der<br />

Münchner Stadt<strong>mundart</strong>.<br />

München, 1961.<br />

Labov(1978)<br />

Labov William: Sprache im<br />

sozialen Kontext. Beschreibung<br />

und Erklärung struktureller<br />

und sozialer Bedeutung<br />

von Sprachvariation.<br />

Hrsg. Dittmar Norbert<br />

und Rieck Bert-Olaf.<br />

Kronberg, 1978.<br />

Liebray (1969)<br />

Liebray Gilbert: Das phonologische<br />

System der Oftersheimer<br />

Mundart. Marburg<br />

1969. (= Deutsche<br />

Dialektgeographie 70)<br />

Löffler (1980)<br />

Löffler Heinrich: Probleme<br />

der Dialektologie. Eine Einführung.<br />

Darmstadt, 1980.<br />

241


Löffler (1985)<br />

Löffler Heinrich: Germanistische<br />

Soziolinguistik.<br />

Berlin, 1985. (= Grundlagen<br />

der Germanistik 28)<br />

Löffler (1986)<br />

Löffler Heiner (Hrsg.): Das<br />

Deutsch der Schweiz: Zur<br />

Sprach- und Literatursituation<br />

der Schweiz. Vorträge,<br />

gehalten anlässlich<br />

eines Kolloquiums zum<br />

100jährigen Bestehen <strong>des</strong><br />

Deutschen Seminars der<br />

Universität Basel. Aarau,<br />

Frankfurt am Main, Salzburg,<br />

1986. (= Sprachlandschaft<br />

4)<br />

Lüdi (1988)<br />

Lüdi Georges: Diglossie et<br />

Polyglossie. Version vom<br />

24. 8.1988 für das Lexikon<br />

der Romanistischen Linguistik.<br />

Mattheier (1980)<br />

Mattheier Klaus J.: Pragmatik<br />

und Soziologie der<br />

Dialekte. Einführung in <strong>die</strong><br />

kommunikative Dialektologie<br />

<strong>des</strong> Deutschen. Heidelberg,<br />

1980.<br />

Mattheier (1987)<br />

Mattheier Klaus J.: Variabilität<br />

zwischen Dialekt<br />

und Standardsprache. In:<br />

Zeitschrift für Germanistik<br />

8 (1987), S. 544-558.<br />

Maurer (1942)<br />

Maurer Friedrich (Hrsg.):<br />

Oberrheiner, Schwaben,<br />

Südalemannen. Strassburg,<br />

1942.<br />

Meinherz (1920)<br />

Meinherz Paul: Die Mundart<br />

der Bündner Herrschaft.<br />

Frauenfeld, 1920.<br />

Moulton (1961)<br />

Moulton William G.: Lautwandel<br />

durch innere Kausalität:<br />

<strong>die</strong> ostschweizeri­<br />

242<br />

sche Vokalspaltung. In:<br />

Zeitschrift für Mundartforschung<br />

28 (1961),<br />

S. 228-251.<br />

Mundart und Hochsprache<br />

in Me<strong>die</strong>n und Schule<br />

Schweizerische Konferenz<br />

der kantonalen Erziehungsdirektoren<br />

und der<br />

Schweizerischen Radiound<br />

Fernsehgesellschaft:<br />

Mundart und Hochsprache<br />

in Schule und Me<strong>die</strong>n. Referate<br />

und Diskussionsergebnisse<br />

<strong>des</strong> nationalen<br />

Forums veranstaltet von<br />

der EDK und SRG. Bern,<br />

1988. (= EDK-Reihe Dossier<br />

7)<br />

Nipp (1924)<br />

Nipp Eugen: Alte Sprachuberreste<br />

und frem<strong>des</strong><br />

Sprachgut in Liechtenstein.<br />

In: JBL 1924,<br />

S. 95-114.<br />

Ortssprachenforschung<br />

(1985)<br />

Besch Werner und Mattheier<br />

Klaus J. (Hrsg.):<br />

Ortssprachenforschung.<br />

Beiträge zu einem Bonner<br />

Kolloquium. Berlin, 1985.<br />

Perspektiven (1985)<br />

Perspektiven der angewandten<br />

Soziolinguistik.<br />

Kongressakten der Paderborner<br />

Fachtagung. Hrsg.<br />

v. Hartig Matthias. Tübingen,<br />

1985. (= Tübinger<br />

Beiträge zur Linguistik)<br />

Poplack/Sankoff (1988)<br />

Poplack Shana und Sankoff<br />

David: Code-Switching.<br />

In: HSK<br />

3. 2. 1988. S. 1174-1181.<br />

Raith/Schulze/Wandt<br />

(1986)<br />

Raith Joachim, Schulze<br />

Rainer, Wandt Karl-Heinz:<br />

Grundlagen der Mehrsprachigkeitsforschung.For­<br />

schungsrahmen,Konzepte,Beschreibungsprobleme, Fallstu<strong>die</strong>n. Wiesbaden,<br />

1986. (= Zeitschrift<br />

für Dialektologie und Linguistik.<br />

Beihefte 52)<br />

Reiffenstein (1983)<br />

Reiffenstein Ingo: Deutsch<br />

in Österreich. In: Tendenzen,<br />

Formen, Strukturen<br />

1983, S. 15-27.<br />

Rein (1983)<br />

Rein Kurt: Bestimmende<br />

Faktoren für den variierenden<br />

Sprachgebrauch<br />

<strong>des</strong> Dialektsprechers. In:<br />

HSK 1. 2. 1983.<br />

S.1443-1445.<br />

Ris (1973)<br />

Ris Roland: Dialekte und<br />

Sprachbarrieren aus<br />

Schweizer Sicht. In: Bausinger<br />

1973, S. 29-62.<br />

Ruoff (1965)<br />

Ruoff Arno: Wenkersätze<br />

auf Tonband. In: Sprachen<br />

- Zuordnung - Strukturen.<br />

Festgabe seiner Schüler<br />

für Eberhard Zwirner. Den<br />

Haag, 1965, S. 94-113.<br />

Ruoff (1973)<br />

Ruoff Arno: Grundlagen<br />

und Methoden der Untersuchung<br />

gesprochener<br />

Sprache. Einführung in <strong>die</strong><br />

Reihe «Idiomatica» mit<br />

einem Katalog der angewendetenTonbandaufnahmen.<br />

Tübingen, 1973.<br />

(= Idiomatica 1. Veröffentlichungen<br />

der Tübinger<br />

Arbeitsstelle «Sprache in<br />

Südwestdeutschland»)<br />

Scheutz (1982)<br />

Scheutz Hannes: Dialektwandel<br />

und Dialektbau.<br />

Stu<strong>die</strong>n zur Theorie und<br />

Empirie von Sprachvariation<br />

und sprachlichem<br />

Wandel. Salzburg, 1982.<br />

(Diss. Masch.)<br />

Schläpfer (1987)<br />

Schläpfer Robert: Sprachzerfall,<br />

Sprachwandel,<br />

Sprachpflege. Zürich, 1987.<br />

Schreiber (1980)<br />

Schreiber Erhard: Repetitorium<br />

der Kommunikationswissenschaft.München,<br />

1980. (= Uni Papers)<br />

Schwarzenbach (1969)<br />

Schwarzenbach Rudolf:<br />

Die Stellung der Mundart<br />

in der deutschsprachigen<br />

Schweiz. Stu<strong>die</strong>n zum<br />

Sprachbrauch der Gegenwart.<br />

Frauenfeld, 1969.<br />

(= Beiträge zur schweizerdeutschenMundartforschung<br />

17)<br />

Senft (1982)<br />

Senft Gunter: Sprachliche<br />

Varietät und Variation im<br />

Sprachverhalten Kaiserslauterer<br />

Metallarbeiter.<br />

Untersuchungen zu ihrer<br />

Begrenzung, Beschreibung<br />

und Bewertung. Bern,<br />

Frankfurt am Main, 1982.<br />

Sieber (1987)<br />

Sieber Peter: Mit vielen<br />

Zungen reden. In: Mundart<br />

und Hochsprache in<br />

Me<strong>die</strong>n und Schulen,<br />

S. 9-18.<br />

Sieber/Sitta (1986)<br />

Sieber Peter und Sitta<br />

Horst: Mundart und<br />

Standardsprache als Problem<br />

der Schule. Aarau,<br />

Frankfurt am Main, Salzburg,<br />

1986. (= Sprachlandschaft<br />

3)<br />

Snaider/Osgood (1969)<br />

Snaider J. und Osgood Ch.<br />

E.: Semantic differential<br />

technique. A source book.<br />

Chicago, 1969.


Sowinski (1974)<br />

Sowinski Bernhard:<br />

Grundlagen <strong>des</strong> Studiums<br />

der Germanistik 1. Wien,<br />

Köln, 1974.<br />

Sprachverhalten (1981)<br />

Besch Werner, Hufschmidt<br />

Jochen, Kall-Holland Angelika,<br />

Klein Eva, Mattheier<br />

Klaus J.: Sprachverhalten<br />

in ländlichen Gemeinden.<br />

Ansätze zur<br />

Theorie und Methode. ForschungsberichtErp-Projekt.<br />

Bd. 1. Berlin, 1981.<br />

Sprachwandel (1987)<br />

Boretzky Norbert, Enninger<br />

Werner, Stolz Thomas<br />

(Hrsg.): Beiträge zum<br />

3. Essener Kolloquium<br />

über Sprachwandel und<br />

seine bestimmenden Faktoren.<br />

Bochum, 1987.<br />

(= Bochum - Essener Beiträge<br />

zur Sprachwandelforschung<br />

4)<br />

Stark (1987)<br />

Stark Werner: Religion. In:<br />

HSK 3. 1. 1987, S. 83-85.<br />

Statistik (1988)<br />

Statistisches Jahrbuch<br />

1988, Fürstentum Liechtenstein.<br />

Hrsg. vom Amt<br />

für Volkswirtschaft, Vaduz.<br />

Vaduz, 1988.<br />

Stricker (1980)<br />

Stricker Hans: Zum Problem<br />

der etappenweisen<br />

Verdeutschung Unterrätiens<br />

aus romanischer<br />

Sicht. In: König/Stopp<br />

1980, S. 67-79.<br />

Stricker (1981)<br />

Stricker Hans: Zur Sprachgeschichte<br />

<strong>des</strong> Rheintals<br />

vor allem Werdenbergs<br />

und Liechtensteins. In: Die<br />

Sprachlandschaft Rheintal<br />

1981, S. 7-59.<br />

Tendenzen, Formen und<br />

Strukturen (1983)<br />

Tendenzen, Formen und<br />

Strukturen der deutschen<br />

Standardsprache nach<br />

1945. Vier Beiträge zum<br />

Deutsch in Österreich, der<br />

Schweiz, der Bun<strong>des</strong>republik<br />

Deutschland und der<br />

Deutschen Demokratischen<br />

Republik. Von Ingo<br />

Reiffenstein, Heinz Rupp<br />

u.a. Marburg, 1983.<br />

(= Marburger Stu<strong>die</strong>n zur<br />

Germanistik 3)<br />

Ternes (1987)<br />

Ternes Elmar: Einführung<br />

in <strong>die</strong> Phonologie. Darmstadt,<br />

1987.<br />

Trost (1968)<br />

Trost Pavel: Primäre und<br />

sekundäre Dialektmerkmale.<br />

In: Zeitschrift für<br />

Mundartforschung NF 4<br />

(1968), S. 823-827.<br />

VALTS (1985 ff.)<br />

Gabriel Eugen (Hrsg.): Vorarlberger<br />

Sprachatlas mit<br />

Einschluss <strong>des</strong> Fürstentums<br />

Liechtenstein, Westtirols<br />

und <strong>des</strong> Allgäus.<br />

Bregenz 1985 ff.<br />

Vetsch (1910)<br />

Vetsch Jakob: Die Laute<br />

der Appenzeller Mundarten.<br />

Mit vier Beilagen.<br />

Frauenfeld, 1910. (= Beiträge<br />

zur schweizerdeutschen<br />

Grammatik 1)<br />

Viereck (1976)<br />

Sprachliches Handeln -<br />

Soziales Verhalten. Ein<br />

Reader zur Pragmalinguistik<br />

und Soziolinguistik.<br />

Hrsg. von Wolfgang Viereck.<br />

München, 1976. (=<br />

Kritische Information 52)<br />

DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />

ROMAN BANZER<br />

Vogel (1989)<br />

Vogel Thomas: Briefkasten-Ländle.<br />

In: Coop-Zeitung,<br />

Nr. 28/13. Juli 1989,<br />

S. 19.<br />

Volkszählung (1980)<br />

Volkszählung 2. Dezember<br />

1980, Bd. 5. Haushaltungen,<br />

Familien. Hrsg. Amt<br />

für Volkswirtschaft, Vaduz.<br />

Vaduz, 1980.<br />

Weinreich (1976)<br />

Weinreich Uriel: Sprachen<br />

im Kontakt. Ergebnisse<br />

und Probleme der Zweisprachigkeitsforschung.<br />

München, 1976. (= Becksche<br />

Elementarbücher)<br />

Werlen (1984)<br />

Werlen Erika: Stu<strong>die</strong>n zur<br />

Datenerhebung in der Dialektologie.<br />

Wiesbaden<br />

1984. (= Zeitschrift für<br />

Dialektologie und Linguistik.<br />

Beihefte 46)<br />

Werlen (1986)<br />

Werlen Iwar: Dialektsprechen<br />

in mehrdialektaien<br />

Gesellschaften am Beispiel<br />

<strong>des</strong> südlichen Deutschland<br />

und der deutschen<br />

Schweiz. In: Kontroversen<br />

1986, S. 279-299.<br />

Wiesinger (1983)<br />

Wiesinger Peter: Die Einteilung<br />

der deutschen Dialekte.<br />

In: HSK 1. 2. 1983,<br />

S. 807-907.<br />

Wiesinger (1986)<br />

Wiesinger Peter: Das<br />

Schweizerdeutsche aus<br />

österreichischer Sicht. In:<br />

Löffler 1986, S. 101-117.<br />

Wiesinger/Raffm (1982)<br />

Wiesinger Peter und Raffln<br />

Elisabeth: Bibliographie<br />

zur Grammatik der deutschen<br />

Dialekte. Laut-, For­<br />

men-, Wortbildungs- und<br />

Satzlehre 1800-1980.<br />

Bern, Frankfurt am Main,<br />

1982.<br />

243


7.<br />

ABKÜRZUNGEN<br />

absA<br />

absoluter Auslaut<br />

aD<br />

anderer Dialekt<br />

bg<br />

bei<strong>des</strong> gleich<br />

bmW<br />

basis<strong>mundart</strong>liches Wort<br />

DlsW<br />

Dehnung im einsilbigen<br />

Wort<br />

Deh<br />

Dehnung<br />

Delab<br />

Delabialisierung<br />

Diph<br />

Diphthongierung<br />

DoS<br />

Dehnung in offener Silbe<br />

FL<br />

Mundart <strong>des</strong> Fürstentums<br />

Liechtenstein<br />

Fs<br />

Fremdsprache<br />

Gern<br />

Gemisch<br />

HaD<br />

Hochalemannische Dehnung<br />

Heb<br />

Hebung<br />

HuAw<br />

Hiatus und Auslaut vor w<br />

Kür<br />

Kürzung<br />

Lab<br />

Labialisierung<br />

Mon<br />

Monophthongierung<br />

N 244<br />

Stichprobenmenge<br />

Nas<br />

Nasalierung<br />

nbmW<br />

nichtbasis<strong>mundart</strong>liches<br />

Wort<br />

nr<br />

nicht regelmässig<br />

Nf<br />

Normalfall<br />

nK<br />

nasale Konsonanz<br />

oK<br />

orale Konsonanz<br />

Pal<br />

Palatalisierung<br />

Plo<br />

Plosiv<br />

r+Kons<br />

r + Konsonant<br />

r+Nas<br />

r + Nasal<br />

Sen<br />

Senkung<br />

Sf<br />

Sonderfall<br />

sp<br />

spontan erhobenes Material<br />

Ula<br />

A-Gebiet im Unterland,<br />

vgl. S. 201<br />

Ulo<br />

O-Gebiet im Unterland,<br />

vgl. S. 201<br />

Vel<br />

Velarisierung<br />

7.1.<br />

GEOGRAPHISCHE<br />

ABKÜRZUNGEN<br />

B<br />

Balzers<br />

E<br />

Eschen<br />

EMa<br />

Eschen und Mauren<br />

(a-Gebiet)<br />

G<br />

Gamprin<br />

GRSbo<br />

Gamprin, Ruggell und<br />

Schellenberg (o-Gebiet)<br />

HSb<br />

Hinterschellenberg<br />

Ol<br />

Oberland<br />

M<br />

Mauren<br />

R<br />

Ruggell<br />

S<br />

Schaan<br />

Sb<br />

Schellenberg<br />

T<br />

Triesen<br />

Tb<br />

Triesenberg<br />

Ul<br />

Unterland<br />

V<br />

Vaduz


8.<br />

ZUR TRANSKRIPTION<br />

Zur Transkription verwenden wir <strong>die</strong> Lautschrift<br />

API. Zwei Gründe haben uns zu <strong>die</strong>ser Entscheidung<br />

veranlasst. Einerseits ist computertechnisch<br />

weder hard- noch softwaremässig eine sinnvolle<br />

Möglichkeit vorhanden, <strong>die</strong> Lautschrift <strong>des</strong> SDS<br />

umzusetzen, andererseits entspricht <strong>die</strong> Verwendung<br />

der API-Lautschrift durchaus dem linguistischen<br />

Gebrauch. All jene, <strong>die</strong> sich mit der Realisierung<br />

einer Lautschrift auf Computer befasst haben,<br />

können <strong>die</strong> daraus entstehenden Schwierigkeiten<br />

bestätigen. Bei vereinzelten phonetischen Transkriptionen<br />

im laufenden Text, etwa bei Angaben<br />

von Beispielen, wurde <strong>die</strong> «Schwyzertütsch! Dialäktschrift»<br />

nach Dieth verwendet, sofern durch <strong>die</strong><br />

Weglassung der API-Lautschrift <strong>die</strong> Transparenz<br />

der Aussage nicht beeinträchtigt wurde. Der Einfachheit<br />

halber wird bei ein- und zweisilbigen Wörtern<br />

auf <strong>die</strong> Setzung <strong>des</strong> Akzents verzichtet, weil<br />

<strong>die</strong> Haupttonsilben durch <strong>die</strong> Erstbetonung in<br />

zweisilbigen Wörtern ohnehin gegeben sind. Ausnahmen<br />

werden gekennzeichnet. Es bleibt noch<br />

darauf hinzuweisen, dass im Text entsprechend<br />

den alten Schreibtraditionen <strong>die</strong> männliche Form<br />

gebraucht wird, obwohl unter bestimmten Begriffen<br />

auch Frauen gemeint sein können. Es heisst<br />

also Probanden und nicht Probandlnnen. Wir sind<br />

uns der diskriminierenden Elemente der deutschen<br />

Sprache bewusst, sahen uns jedoch nicht in der<br />

Lage, bereits in <strong>die</strong>ser Arbeit das Bekannte umzusetzen.<br />

Für <strong>die</strong> Zukunft soll hier Besserung versprochen<br />

sein.<br />

Zum Transkriptionsalphabet: [b, d, g] und [z] bedeuten<br />

hier <strong>die</strong> stimmlosen Lenislaute [b , d , g , z.j.<br />

DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />

ROMAN BANZER<br />

9.<br />

LISTE DER GEWÄHRSPERSONEN<br />

Allgäuer Pia Eschen Basis<br />

Banzer Anton Triesen Variation<br />

Banzer Desiree Triesen Variation<br />

Banzer Marie-Louise Triesen Variation<br />

Banzer Willi Triesen Variation<br />

Banzer Karin Schaan Variation<br />

Batliner Vinzenz Eschen Variation<br />

Beck Klara Planken Basis<br />

Brendle Wilhelm Schellenberg Basis<br />

Brunhart Rosa Balzers Basis<br />

Büchel Franz Ruggell Basis<br />

Büchel Gabi Mauren Variation<br />

Büchel Gaby Balzers Variation<br />

Büchel Walter Gamprin Variation<br />

Büchel Klaus Mauren Variation<br />

Büchel Josef Schellenberg Variation<br />

Fehr Franz Eschen Variation<br />

Frick Helmuth Balzers Variation<br />

Gantner Heinrich Planken Basis<br />

Gerner Ludwig Eschen Basis<br />

Goop Alfred Schellenberg Variation<br />

Hasler Ewald Gamprin Variation<br />

Hasler Herbert Schellenberg Variation<br />

klassier Alois Schellenberg Variation<br />

Hassler Edi Schellenberg Variation<br />

Heeb Almerida Gamprin Basis<br />

Heeb Kreszenz Schaan Basis<br />

Heeb Erwin Gamprin Basis<br />

Heidegger Maria Triesen Basis<br />

Hemmerle Emil Vaduz Basis<br />

Hübe Maria Triesenberg Basis<br />

Hoop Martina Ruggell Basis<br />

Kaiser Fredi Mauren Variation<br />

245


10.<br />

CURRICULUM VITAE<br />

Ich wurde am 10. Januar 1957 als erstes von fünf<br />

Kindern der Barbara und <strong>des</strong> Wilhelm Banzer-Kofler<br />

in Triesen geboren. In der Familie wuchs ich in<br />

meinem Geburtsort auf und besuchte dort <strong>die</strong><br />

Volksschule. 1970 trat ich in das Gymnasium Untere<br />

Waid, Mörschwil, ein und wechselte 1975 ordnungsgemäss<br />

an das Gymnasium Friedberg, Gossau,<br />

wo ich 1978 <strong>die</strong> Matura ablegte. Hernach begann<br />

ich mein Studium an der Universität Freiburg<br />

in der Schweiz mit dem Hauptfach Germanische<br />

Philologie bei Prof. Eduard Studer, mit dem ersten<br />

Nebenfach Deutsche Literatur bei verschiedenen<br />

Dozenten und mit dem zweiten Nebenfach Journalistik<br />

und Kommunikationswissenschaft bei Prof.<br />

Louis Bosshart. Im März 1985 schloss ich das Studium<br />

mit dem Lizentiat ab, wonach ich während<br />

drei Jahren beim Liechtensteiner Namenbuch als<br />

wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig war. Seit Mai<br />

1988 arbeitete ich an der Dissertation. Im Januar<br />

1990 trat ich <strong>die</strong> Stelle als Leiter der Arbeitsstelle<br />

für Erwachsenenbildung, Schaan, an.<br />

246<br />

11.<br />

DANKADRESSE<br />

Für <strong>die</strong> Hilfe bei der Erstellung <strong>die</strong>ser Arbeit gilt es<br />

zu danken. Ich tue <strong>die</strong>s von ganzem Herzen. Zuerst<br />

möchte ich mich bei meinen Gewährsleuten bedanken.<br />

Ohne ihre bereitwillige Mitarbeit wäre <strong>die</strong>se<br />

Untersuchung nicht möglich gewesen. Das sind all<br />

jene, <strong>die</strong> ich persönlich aufgesucht habe und <strong>die</strong><br />

mir in einem Interview Red und Antwort gestanden<br />

haben (Liste im Anhang). Aber auch jenen (ca.<br />

500) Personen sei herzlich gedankt, <strong>die</strong> namentlich<br />

nicht genannt werden und mit dem Ausfüllen und<br />

Zurücksenden <strong>des</strong> Fragebogens <strong>die</strong> Kapitel zur<br />

Sprachpragmatik getragen haben. Wo aber bliebe<br />

all <strong>die</strong>s ohne finanzielle Unterstützung? Mein spezieller<br />

Dank ergeht hier an Robert Allgäuer (Kulturbeirat<br />

der Regierung), Dr. Alois Ospelt (Historischer<br />

Verein), Leonhard Vogt (Stipen<strong>die</strong>n) und <strong>die</strong> Stifter<br />

und Verwalter der Legerlotz Stiftung. Es ist müssig<br />

zu sagen, dass ohne deren Verständnis <strong>die</strong>se Arbeit<br />

nicht möglich gewesen wäre! Ich danke meinen<br />

Lehrern. Prof. Walter Haas hat <strong>die</strong>se Arbeit wissenschaftlich<br />

geleitet und überwacht. Seine Anregungen<br />

und Ratschläge trugen massgeblich zum Inhalt<br />

und zur jetzigen Form bei. Dank an Toni Banzer<br />

und Herbert Hübe für manche Kleinkorrektur, <strong>die</strong><br />

Grosses bewirkt hat. Prof. E. Studer danke ich für<br />

<strong>die</strong> Führung durchs Grundstudium. Zu guter Letzt<br />

bleibt noch der Dank an meine Familie, an Verwandte,<br />

Freunde und Bekannte, <strong>die</strong> mir geholfen<br />

haben.


DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />

ROMAN BANZER<br />

ANSCHRIFT DES AUTORS<br />

Dr. Roman Banzer<br />

Am Bach 16<br />

FL-9495 Triesen<br />

247

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