die mundart des fürstentums liechtenstein - eLiechtensteinensia
die mundart des fürstentums liechtenstein - eLiechtensteinensia
die mundart des fürstentums liechtenstein - eLiechtensteinensia
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
DIE MUNDART<br />
DES FÜRSTENTUMS<br />
LIECHTENSTEIN<br />
SPRACHFORMENGEBRAUCH, LAUTWANDEL UND<br />
LAUTVARIATION<br />
ROMAN BANZER
Inhalt<br />
ZUM GELEIT 145<br />
I. ALLGEMEINER TEIL 148<br />
1. VORBEMERKUNGEN 148<br />
1.1. DATEN ZUR GESCHICHTE DER<br />
JÜNGEREN VERGANGENHEIT 148<br />
1.2. GEOGRAPHISCHE UND<br />
WIRTSCHAFTLICHE BESCHREIBUNG 149<br />
1.3. ZIELSETZUNG 150<br />
1.4. THEORETISCHE VORBEMERKUNGEN 151<br />
142<br />
II. BESONDERERTEIL 153<br />
2. DER GEBRAUCH VON MUNDART<br />
UND STANDARDSPRACHE 153<br />
2.1. ALLGEMEINES ZUM<br />
SPRACHFORMEN-GEBRAUCH 153<br />
2.2. THEORETISCHE<br />
VORBEMERKUNGEN 155<br />
2.3. CODE-SWITCHING 157<br />
2.4. DIE DOMÄNEN 158<br />
2.4.1. Gerichte 159<br />
2.4.2. Parlamente und Verwaltung 160<br />
2.4.3. Kirche 162<br />
2.4.4. Bildungswesen 163<br />
2.4.5. Öffentlichkeit 167<br />
2.4.6. Familie, Freizeit und Vereine 169<br />
2.4.6.1. Fürstenhaus 171<br />
2.4.7. Arbeitswelt 172<br />
2.4.8. Zusammenfassung 174<br />
2.4.9. Vergleiche zur Schweiz und<br />
zu Österreich 174
3. DIE LIECHTENSTEINER<br />
MUNDART. BEHARRUNG UND<br />
VERÄNDERUNG 176<br />
3.1. ALLGEMEINES ZUR BASISMUNDART 176<br />
3.2. BASISMUNDART-ORTSMUNDART 177<br />
3.2.1. Die Erhebung der Laute der Basis<strong>mundart</strong><br />
178<br />
3.2.2. Untersuchungsanordnung 179<br />
3.2.3. Auswertung 180<br />
3.3. DIE LAUTE DER BASISMUNDART 180<br />
3.3.1. Die Vokale 181<br />
3.3.1.1. Die kurzen Vokale 181<br />
3.3.1.2. Die langen Vokale 185<br />
3.3.1.3. Die Diphthonge 187<br />
3.3.1.4. Abweichungen zu Jutz 189<br />
3.3.2. Die Konsonanten 190<br />
3.3.2.1. Halbvokale 190<br />
3.3.2.2. Liquide 190<br />
3.3.2.3. Nasale 191<br />
3.3.2.4. Labiale 191<br />
3.3.2.5. Gutturale 192<br />
3.3.2.6. Dentale 192<br />
3.4. SPRACHGEOGRAPHISCHE<br />
UNTERSCHIEDE 194<br />
3.4.1. Das Unterland 194<br />
3.4.1.1. Das a- und das o-Gebiet im Unterland 198<br />
3.4.1.2. Hinterschellenberg 199<br />
3.4.2. Das Oberland 201<br />
3.4.2.1. Balzers 201<br />
3.4.2.2. Triesenberg 202<br />
3.4.3. Zusammenfassung 205<br />
3.5. ETYMOLOGISCHE<br />
KORRESPONDENZEN 206<br />
3.5.1. Monophthonge 206<br />
3.5.2. Diphthonge 206<br />
DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />
ROMAN BANZER<br />
4. LAUTWANDEL UND<br />
LAUTVARIATION 207<br />
4.1. THEORETISCHE<br />
VORBEMERKUNGEN 207<br />
4.1.1. Entwicklungsregel 207<br />
4.1.2. Basis<strong>mundart</strong>liches Wort 208<br />
4.2. EMPIRISCHE ANALYSE UND<br />
UNTERSUCHUNGSANORDNUNG 209<br />
4.2.1. Inventar der potentiell variablen<br />
Entwicklungsregeln in basis<strong>mundart</strong>lichen<br />
Wörtern 209<br />
4.2.2. Inventar der potentiell variablen<br />
Entwicklungsregeln in nichtbasis<strong>mundart</strong>lichen<br />
Wörtern 209<br />
4.2.3. Das Untersuchungsinstrumentarium 212<br />
4.2.3.1. Auswahl der Rededeterminanten 213<br />
4.2.3.2. Die Probanden 215<br />
4.2.4. Das Interview 216<br />
4.3. ERGEBNISSE 216<br />
4.3.1. Inventar der variablen<br />
Entwicklungsregeln 218<br />
4.3.2. Basis<strong>mundart</strong>lich-<br />
Nichtbasis<strong>mundart</strong>lich 221<br />
4.3.3. Triesenberg 223<br />
4.3.4. Die Nasalierung im Unterland 223<br />
4.3.5. Die Konsonanten 224<br />
143
4.4. NEUERUNGEN UND<br />
INTERFERENZEN 224<br />
4.4.1. Neuerungen in allen Orts<strong>mundart</strong>en 225<br />
4.4.2. Neuerungen in den Orts<strong>mundart</strong>en<br />
<strong>des</strong> Oberlan<strong>des</strong> 226<br />
4.4.2.1. Neuerungen in der Orts<strong>mundart</strong><br />
von Schaan 227<br />
4.4.3. Neuerungen in den Orts<strong>mundart</strong>en<br />
<strong>des</strong> Unterlan<strong>des</strong> 227<br />
4.4.3.1. Neuerungen in den Orts<strong>mundart</strong>en<br />
von Eschen, Mauren, Gamprin und<br />
Ruggell 229<br />
4.4.3.3. Neuerungen in den Orts<strong>mundart</strong>en<br />
von Gamprin und Hinterschellenberg 229<br />
4.4.2.1. Neuerungen in der Orts<strong>mundart</strong><br />
von Eschen 229<br />
4.5. DIE SOZIALEN UND SITUATIVEN<br />
REDEDETERMINANTEN 230<br />
4.5.1. Das Oberland 230<br />
4.5.2. Das Unterland 231<br />
144<br />
4.6. SCHLUSS 233<br />
III. ANHANG<br />
5. Anmerkungen<br />
6. Bibliografie<br />
7. Abkürzungen<br />
7.1. Geographische Abkürzungen<br />
8. Zur Transkription<br />
9. Liste der Gewährspersonen<br />
10. Curriculum vitae<br />
11. Dankadresse<br />
236<br />
236<br />
239<br />
244<br />
244<br />
245<br />
245<br />
246<br />
246
Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde an<br />
der philosophischen Fakultät der Universität Freiburg<br />
in der Schweiz.<br />
Genehmigt von der Philosophischen Fakultät auf<br />
Antrag der Professoren Walter Haas (1. Gutachter)<br />
und Georges Darms (2. Gutachter).<br />
Freiburg, den 25. Februar 1994<br />
Prof. Dr. Jean-Luc Lambert, Dekan<br />
DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />
ROMAN BANZER<br />
Zum Geleit<br />
Das Fürstentum Liechtenstein gehört zu den Staaten<br />
deutscher Sprache, in denen <strong>die</strong> Mundart im<br />
täglichen Leben eine privilegierte Stellung einnimmt,<br />
da sie von allen Bevölkerungsschichten in<br />
allen alltäglichen Situationen gesprochen wird.<br />
Diese Sprachsitutation, <strong>die</strong> das Fürstentum mit der<br />
deutschen Schweiz teilt, galt vor nicht allzulanger<br />
Zeit weitherum im oberdeutschen Sprachgebiet.<br />
Durch <strong>die</strong> neuern Entwicklungen in der Bun<strong>des</strong>republik<br />
und in Österreich ist sie hinter <strong>die</strong> Grenzen<br />
der beiden Kleinstaaten zurückgedrängt worden,<br />
<strong>die</strong> nie mit Sprach- oder auch nur Dialektgrenzen<br />
zusammenfielen - heute aber zu «Sprachverhaltensgrenzen»<br />
geworden sind.<br />
Der intensive Gebrauch der Mundart im täglichen<br />
Leben bedeutet Lebendigkeit, Lebendigkeit<br />
bedeutet Veränderung. Dass der Wortschatz nur<br />
mit den Entwicklungen <strong>des</strong> Lebens Schritt halten<br />
kann, indem er sich verändert, sieht man leicht<br />
ein. Von der Verständigungsfunktion der Sprache<br />
her schwieriger zu begreifen ist dagegen, dass sich<br />
auch Lautung, Formen und Satzbau in dauerndem<br />
Umbau befinden. Aber <strong>die</strong> Sprache hat auch andere<br />
Aufgaben als <strong>die</strong> blosse Verständigung; nicht<br />
zuletzt <strong>die</strong>nt sie dazu, Zugehörigkeit und deren<br />
Grenzen zu markieren. Dies ist heutzutage vielleicht<br />
<strong>die</strong> wichtigste Funktion der lokalen Mundartunterschiede.<br />
Gerade <strong>die</strong> Laute sind überaus geeignet,<br />
lokale Herkunft zu signalisieren, ohne doch <strong>die</strong><br />
inhaltliche Verständigung zu behindern.<br />
Mit seiner Arbeit hat sich Roman Banzer zwei<br />
Ziele gesetzt. Zum einen will er den Gebrauch der<br />
Mundart im Fürstentum Liechtenstein beschreiben.<br />
Zum andern will er <strong>die</strong> lautlichen Veränderungen,<br />
<strong>die</strong> <strong>die</strong> Mundarten in den letzten Jahrzehnten<br />
erfahren haben, dokumentieren. Bei der<br />
Darstellung <strong>des</strong> Sprachgebrauchs verfällt Banzer<br />
nicht dem Fehler, sich als geborener Liechtensteiner<br />
auch schon für eine geborene Autorität auf <strong>die</strong>sem<br />
Gebiet zu halten; <strong>des</strong>halb begnügte er sich<br />
nicht mit einer essayistischen Beschreibung <strong>des</strong><br />
schon immer Gewussten, sondern erhob in Umfragen<br />
bei zahlreichen Gewährspersonen den Sprachgebrauch<br />
bei den Gerichten, in Parlament und Verwaltung,<br />
in Kirche, Bildungswesen, Öffentlichkeit,<br />
145
Familie, Freizeit und Arbeitswelt; eine Notiz gilt<br />
sogar dem Sprachgebrauch <strong>des</strong> Fürstenhauses.<br />
Ausser im kirchlichen Bereich weisen Banzers<br />
Erhebungen eine grosse Ähnlichkeit zwischen<br />
Liechtenstein und der deutschen Schweiz nach und<br />
unübersehbare Unterschiede gegenüber Vorarlberg.<br />
Diese Konstellation ist ein Hinweis darauf,<br />
dass das österreichische Bun<strong>des</strong>land erst in jüngerer<br />
Zeit einen andern Entwicklungsweg eingeschlagen<br />
hat, da Liechtenstein ja vor noch nicht allzu<br />
langen Jahren enger mit seinem österreichischen<br />
Nachbarn verbunden war. Es wird später einmal<br />
interessant sein zu beobachten, ob der Beitritt <strong>des</strong><br />
Lan<strong>des</strong> zum EWR den Mundartgebrauch zu beeinflussen<br />
vermochte.<br />
Der zweite Teil von Banzers Arbeit, der sich mit<br />
den Lauten der Liechtensteiner Mundarten und<br />
ihren Veränderungen beschäftigt, ist wesentlich<br />
schwieriger zugänglich. Das ist aber, wie ein Blick<br />
in jede einigermassen umfassende dialektologische<br />
Stu<strong>die</strong> zeigt, fast nicht zu vermeiden. Wer Mundarten<br />
vergleichen will, benötigt eine Vergleichsgrundlage.<br />
Da unsere Dialekte nicht von der neuhochdeutschen<br />
Standardsprache abstammen, eignet<br />
sich deren Lautsystem schlecht als «tertium<br />
comparationis», man muss dazu <strong>die</strong> mittelhochdeutschen<br />
Laute wählen. Allein schon <strong>die</strong>s macht<br />
<strong>die</strong> Lektüre dialektologischer Arbeiten nicht eben<br />
zur leichten Bettlektüre. Wenn es darüber hinaus<br />
nicht bloss um den Vergleich von Mundarten sondern<br />
auch noch um <strong>die</strong> vergleichende Beschreibung<br />
ihrer Veränderungen geht, dann vervielfachen<br />
sich <strong>die</strong> Schwierigkeiten für den Autor wie<br />
für den Leser.<br />
Wenn in einer Mundart «ein und dasselbe Wort»<br />
auf zwei verschiedene Weisen ausgesprochen werden<br />
kann, dann ist <strong>die</strong>s ein Indiz dafür, dass eine<br />
Veränderung abläuft. Die meisten Untersuchungen<br />
<strong>mundart</strong>licher Lautveränderungen begnügen sich<br />
damit, einigen zum voraus bekannten Variabein<br />
nachzugehen: «Früher sagte man im Oberland nur<br />
Läätere/Laatere für , heute hört man auch<br />
Leitere - schauen wir uns mal <strong>die</strong>se Varianz<br />
genauer an: Wer sagt wie oft und in welchen Wörtern<br />
noch ää oder aa, wer aber ei?» Die Origina<br />
146<br />
lität von Roman Banzers Ansatz beruht nun vor<br />
allem darauf, dass der Autor sich nicht mit einigen<br />
zufällig beobachteten Variabein zufrieden gibt,<br />
sondern zuerst einen möglichst umfassenden<br />
Überblick über jene Laute zu gewinnen sucht, <strong>die</strong><br />
in den Mundarten <strong>des</strong> Fürstentums überhaupt<br />
variieren. Dazu musste er <strong>die</strong> Mundarten aller elf<br />
Gemeinden <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> (und zusätzlich Hinterschellenbergs)<br />
systematisch auf Variationskandidaten<br />
sozusagen «abklopfen». Das ist einfacher gesagt<br />
als getan und zwingt zu einem mehrstufigen<br />
Vorgehen. Auf einer ersten Stufe geht es um <strong>die</strong><br />
Erhebung eines möglichst konservativen, «grund<strong>mundart</strong>lichen»<br />
Lautstands, der aber doch in<br />
unsern Tagen noch vorhanden ist - <strong>des</strong>halb musste<br />
Banzer <strong>die</strong>sen Lautstand selbst bei alten, eingesessenen<br />
Gewährspersonen erheben, er konnte ihn<br />
nicht einfach etwa aus dem Buch von Leo Jutz<br />
(1925) übernehmen, und der VALTS war noch<br />
nicht so weit publiziert. Resultat ist ein historischer<br />
Lautatlas <strong>des</strong> Fürstentums in Tabellenform, Nebenprodukt<br />
ein Inventar der Veränderungen der<br />
«Grund<strong>mundart</strong>» seit Jutz.<br />
Dieser Lautatlas bildet nun <strong>die</strong> Grundlage für <strong>die</strong><br />
zweite Stufe, <strong>die</strong> Ermittlung der heute möglicherweise<br />
variierenden Laute in den Mundarten. Als<br />
potentielle Variabein betrachtete Banzer zuerst einmal<br />
sämtliche mittelhochdeutschenen Lautungen,<br />
<strong>die</strong> in den Mundarten Liechtensteins geographisch<br />
unterschiedliche Entsprechungen aufweisen, also<br />
etwa mhd. e, <strong>des</strong>sen Fortsetzung im Oberland geschlossen<br />
ausgesprochen wird: Weg, im Unterland<br />
aber offen: Wäg. Bei solchen Unterschieden können<br />
Lautveränderungen durch den Einfluss einer<br />
Nachbar<strong>mundart</strong> erwartet werden, <strong>die</strong> entsprechenden<br />
Laute sind Kandidaten für Variation. Aber<br />
Lautvarianten können sich nicht nur durch den<br />
Einfluss von Nachbar<strong>mundart</strong>en ergeben; häufiger<br />
noch dürften Einflüsse durch <strong>die</strong> Hochsprache<br />
sein. Deshalb ergänzte Banzer den Katalog der potentiellen<br />
Variabein, und auch <strong>die</strong>s wieder auf empirischem<br />
Weg: Er untersuchte <strong>die</strong> freie Rede von<br />
jüngern, weniger «bodenständigen» Sprechern und<br />
fand dabei Abweichungen von den grund<strong>mundart</strong>lich<br />
zu erwartenden Lautungen sowohl in einhei-
mischen Wörtern wie in Neologismen. Auf <strong>die</strong>se<br />
Weise ergab sich schliesslich eine Liste von 53 «variationsverdächtigen»<br />
Lautungen.<br />
Auf der dritten Stufe galt es nun, <strong>die</strong> tatsächliche<br />
Variation zu erheben. Dazu musste Banzer auf<br />
einer neuen Erhebungsreise seine Variablenliste in<br />
allen Gemeinden <strong>des</strong> Fürstentums bei je vier jungem<br />
Personen mit unterschiedlichem Beruf abfragen.<br />
Aufgrund <strong>die</strong>ses Materials nun kann <strong>die</strong> heutige<br />
Variation in den Mundarten Liechtensteins, damit<br />
aber auch ihr «Veränderungspotential» dargestellt<br />
werden.<br />
Dass Variation besteht, wird erwartungsgemäss<br />
bestätigt. Sprachtheoretisch wichtig ist das Ergebnis,<br />
dass <strong>mundart</strong>fremde Lautungen vor allem in<br />
Wörtern vorkommen, <strong>die</strong> aus der Standardsprache<br />
importiert sind und <strong>die</strong> jenen Lautungen sozusagen<br />
als «Trojanisches Pferd» <strong>die</strong>nen. Sprachgeographisch<br />
wichtig ist das Ergebnis, dass sich Mundartausgleich<br />
in Liechtenstein nur in einer Richtung<br />
abspielt: Das Unterland gleicht sich an das Oberland<br />
an. Sprachsoziologisch wichtig ist das unerwartete<br />
Ergebnis, dass sich zumin<strong>des</strong>t aufgrund<br />
<strong>die</strong>ser Stichprobe kein Unterschied im Sprachverhalten<br />
von Pendlern und Nichtpendlern, von manuell<br />
Tätigen und nichtmanuell Tätigen erweisen<br />
lässt. Liechtensteinische Mundartsprecher scheinen<br />
über verschiedene Normen zu verfügen und<br />
genau zu wissen, wie «echte Mundart» beschaffen<br />
ist und wann man sie brauchen muss, wie «weitläufigere<br />
Mundart» beschaffen ist und wo man sie<br />
zu sprechen hat.<br />
Der fernerstehende Dialektologe wird sich vor allem<br />
für <strong>die</strong> allgemeineren Ergebnisse von Roman<br />
Banzers Untersuchung interessieren. Für <strong>die</strong> Liechtensteiner<br />
selber kann <strong>die</strong> Arbeit als Bestan<strong>des</strong>aufnahme<br />
der Lautverhältnisse in den Mundarten<br />
Liechtensteins am Ende <strong>die</strong>ses Jahrhunderts <strong>die</strong>nen,<br />
wobei sie nicht nur eine «bodenständige»<br />
Schicht, sondern auch eine neuere, variierende,<br />
fluktuierende Schicht einzufangen sucht. Wenn man<br />
sich erst an <strong>die</strong> abstrakte Darstellung gewohnt hat,<br />
in der Tabellen eine grosse Rolle spielen, wird man<br />
<strong>die</strong>se Arbeit auch als praktisches Nachschlagewerk<br />
schätzen lernen.<br />
DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />
ROMAN BANZER<br />
Einfach macht es einem Roman Banzer nicht.<br />
Aber er hat es auch sich selber nicht einfach gemacht.<br />
Freiburg, im Frühling 1997<br />
Prof. Dr. Walter Haas<br />
147
I.<br />
Allgemeiner Teil<br />
148<br />
1.<br />
Vorbemerkungen<br />
1.1.<br />
DATEN ZUR GESCHICHTE DER JÜNGEREN<br />
VERGANGENHEIT 1<br />
1719 Erhebung von Vaduz und Schellenberg zum<br />
Reichsfürstentum Liechtenstein.<br />
1806 Liechtenstein wird als souveräner Staat in<br />
den Rheinbund aufgenommen.<br />
1815 Liechtenstein wird souveränes Mitglied <strong>des</strong><br />
Deutschen Bun<strong>des</strong>.<br />
1848 Revolutionsjahr: Das Volk verlangt mehr<br />
Rechte und Freiheit.<br />
1862 Konstitutionelle Verfassung. Aufwertung <strong>des</strong><br />
Landtages.<br />
1866 Auflösung <strong>des</strong> Deutschen Bun<strong>des</strong>.<br />
1868 Auflösung <strong>des</strong> <strong>liechtenstein</strong>ischen Militärs.<br />
1914 Liechtenstein bleibt im Ersten Weltkrieg neutral,<br />
erleidet Versorgungsengpässe und hohe<br />
Arbeitslosigkeit, wird finanziell und wirtschaftlich<br />
ruiniert.<br />
1918 Entstehung der ersten politischen Parteien.<br />
1919 Kündigung <strong>des</strong> Zollvertrages mit Österreich.<br />
1920 Abschluss <strong>des</strong> Postvertrages mit der<br />
Schweiz.<br />
1921 Neue Verfassung.<br />
1924 Zollvertrag mit der Schweiz. Der Schweizer<br />
Franken wird Währung.<br />
1927 Rheineinbruch bei Bendern.<br />
1938 Fürst Franz Josef II. wählt Vaduz als ständigen<br />
Wohnsitz.<br />
1939 Liechtenstein wird nicht in <strong>die</strong> kriegerischen<br />
Auseinandersetzungen <strong>des</strong> Zweiten Weltkriegs<br />
verwickelt.<br />
1945 Rasche Entwicklung von Industrie-, Gewerbe-<br />
und Dienstleistungsbetrieben.<br />
1950 Mitgliedschaft beim Internationale Gerichtshof<br />
in Den Haag.<br />
1960 Beteiligung an der Europäischen Freihandelsassoziation.<br />
1972 Zusatzabkommen über <strong>die</strong> Geltung <strong>des</strong> Abkommens<br />
zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft<br />
und der Schweiz für das<br />
Fürstentum Liechtenstein.<br />
1978 Beitritt zum Europarat.
1980 Währungsvertrag zwischen dem Fürstentum<br />
Liechtenstein und der Schweiz.<br />
1982 Unterzeichnung der Europäischen Menschenrechtskonvention<br />
zum Schutze der<br />
Menschenrechte und Grundfreiheiten.<br />
1984 Frauenstimmrecht eingeführt.<br />
1989 Tod S.D. Fürst Franz Josef II. und I.D. Fürstin<br />
Gina.<br />
1990 Huldigungsfeier Fürst Hans-Adam II.<br />
1990 Beitritt zur UNO.<br />
1991 Beitritt zur EFTA.<br />
1.2.<br />
GEOGRAPHISCHE UND WIRTSCHAFTLICHE<br />
BESCHREIBUNG<br />
Liechtenstein liegt am Rhein zwischen der Schweiz<br />
und Österreich, etwa 50 km südlich von St. Gallen,<br />
in der Mitte zwischen Bregenz und Chur und nur<br />
wenige Kilometer von Feldkirch. Das Land ist<br />
160 km 2<br />
gross, grenzt im Westen an den Kanton<br />
St. Gallen, im Süden an Graubünden und im Norden<br />
und im Osten an Vorarlberg. Von den 160 km 2<br />
sind<br />
34,8 Prozent Wald, 25,2 Prozent unproduktives und<br />
überbautes Land, 24,3 Prozent landwirtschaftliche<br />
Kulturfläche und 15,7 Prozent Alpweiden. Der tiefste<br />
Punkt ist 430 m, der höchste 2599 m über Meer:<br />
der Grauspitz in der zu Triesen gehörigen Alp<br />
Lawena. Liechtenstein besteht aus zwei historisch<br />
begründeten Landschaften, dem Unterland, entstanden<br />
aus der Flerrschaft Schellenberg, und dem<br />
Oberland, entstanden aus der Herrschaft Vaduz.<br />
Zum Unterland gehören <strong>die</strong> Gemeinden Eschen<br />
(10,3 km 2<br />
), Mauren (7,4 km 2<br />
), Ruggell (7,4 km 2<br />
),<br />
Gamprin-Bendern (6,1 km 2<br />
) und Schellenberg<br />
(3,5 km 2<br />
). Zum Oberland gehören Triesenberg<br />
(29,7 km 2<br />
), Schaan (26,8 km 2<br />
), Triesen (26,3 km 2<br />
),<br />
Balzers (19,6 km 2<br />
), Vaduz (17,3 km 2<br />
) und Planken<br />
(5,3 km 2<br />
). Ende 1990 lebten 29'032 Personen in<br />
Liechtenstein, davon 9T57 im Unterland. 2<br />
1812 hatte das Land eine Wohnbevölkerung von<br />
5797 Einwohnern und 1852 von 8162. Diese Zahl<br />
wurde immer wieder durch massive Auswanderungen<br />
dezimiert. «Die Lebensunterhaltsquellen<br />
DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />
ROMAN BANZER<br />
waren <strong>die</strong> Landwirtschaft, etwas Kleingewerbe und<br />
Kleinhandel. Eine Industrie, welche einem grösseren<br />
Bevölkerungsanteil Ver<strong>die</strong>nstgelegenheit geboten<br />
hätte, war nicht vorhanden. Um <strong>die</strong> Jahrhundertwende<br />
bis 1914 waren gute Anfänge auf dem<br />
Wege der Industrialisierung gemacht, auch <strong>die</strong> Maschinenstickerei<br />
als Heimarbeit erlangte grössere<br />
Bedeutung.<br />
Die Folgen <strong>des</strong> Ersten Weltkrieges und der vollständige<br />
wirtschaftliche Zusammenbruch <strong>des</strong> damaligen<br />
Wirtschaftspartners Österreich zerstörten<br />
<strong>die</strong>sen Aufbau. Die Stagnation <strong>des</strong> Bevölkerungsstan<strong>des</strong><br />
hielt ab 1852 bis 1921 an ... nach 1921 ist<br />
ein stetiges Anwachsen der Wohnbevölkerung festzustellen.»<br />
(Beck 1976, S. 115) Danach und vor<br />
allem nach dem Zweiten Weltkrieg erlebte Liechtenstein<br />
einen wirtschaftlichen Aufschwung, der<br />
<strong>die</strong> Industrie und das Gewerbe auf einen aussergewöhnlich<br />
hohen Standard und zu internationaler<br />
Anerkennung brachte. Eben <strong>die</strong>se Exportindustrie<br />
wurde zur Basis der Volkswirtschaft. So waren<br />
1980 von 13'000 Erwerbstätigen 367 (2,8 Prozent)<br />
in der Landwirtschaft tätig, während es 1930 immerhin<br />
noch 40 Prozent waren.<br />
Liechtenstein hat sich in den letzten fünfzig Jahren<br />
von einem armen Bauernland zu einem reichen<br />
Industriestaat entwickelt. Das Äussere <strong>des</strong><br />
Lan<strong>des</strong> hat sich augenfällig geändert und ist ein<br />
deutliches Indiz für <strong>die</strong> Umgestaltung unserer Gesellschaft.<br />
Der wirtschaftliche Aufschwung hat seine<br />
Auswirkungen auf das soziale Geflecht <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong><br />
mit Veränderungen auf kultureller, politischer<br />
und menschlicher Ebene. Dies hat in der Vergangenheit<br />
in unterschiedlichen Bereichen zu Umwälzungen<br />
geführt, <strong>die</strong> nicht ohne politische Meinungsverschiedenheiten<br />
vor sich gingen. In den<br />
letzten Jahren scheint nach einer kaum aufzuhaltenden<br />
Fortschrittsgläubigkeit mit dem Schlagwort<br />
<strong>des</strong> qualitativen Wachstums eine Tempoverlangsamung<br />
stattgefunden zu haben. Die Lebensqualität<br />
rückt wieder mehr in den Mittelpunkt. Dies führte<br />
auch zu einer Rückbesinnung auf Traditionen und<br />
zu einem neuen Erwachen <strong>des</strong> Heimatgefühls, teilweise<br />
verbunden mit Ersatzhandlungen und unechten<br />
folkloristischen Attributen.<br />
149
Hiermit einher gehen auch <strong>die</strong> Diskussionen um<br />
den Verlust der <strong>liechtenstein</strong>ischen Dorf<strong>mundart</strong>en.<br />
Man beklagt den Untergang <strong>des</strong> eigenständigen<br />
Dialekts und verbindet <strong>die</strong>s mit der Aufgabe<br />
einer während Jahrhunderten gewachsenen kulturellen<br />
Eigenart. Man erinnert sich an beinahe in<br />
Vergessenheit geratene Worte, pflegt <strong>die</strong>se in<br />
einem zum Teil künstlichen Stil, und verbindet mit<br />
dem Verschwinden <strong>die</strong>ser althergebrachten Lexeme,<br />
<strong>die</strong> meist aus dem bäuerlichen Umfeld stammen,<br />
gleichbedeutend den Untergang der eigenen<br />
Mundart. «Unsere Leute kommen jetzt viel mehr<br />
mit dem Schriftdeutschen zusammen als früher. Es<br />
kommen heute viele Ausländer ins Land, mit denen<br />
muss man Schriftdeutsch sprechen, weil <strong>die</strong> meisten<br />
unseren Dialekt nicht verstehen können. Es<br />
gibt aber auch Leute, <strong>die</strong> meinen, es sei nobler,<br />
wenn man nur mehr Schriftdeutsch rede und <strong>die</strong><br />
ungehobelte Bauernsprache gar nicht mehr gebrauche.<br />
Diejenigen, <strong>die</strong> so denken, sind gottlob<br />
noch nicht zu zählen, aber es gibt schon einige solche.<br />
Die Hauptgefahr für unseren Dialekt kommt<br />
aber nicht von jener Seite, nein, <strong>die</strong> Hegt im langsamen<br />
Abschleifen und Angleichen. Diejenigen<br />
Ausdrücke, <strong>die</strong> für den Fremden am schwersten<br />
verständlich sind, ersetzt man durch schriftdeutsche<br />
Wörter und damit verliert der Dialekt mit der<br />
Zeit seine Eigenart und auch seinen Reiz» (Frick<br />
1960, o. S.).<br />
Wie sind solche Aussagen zu werten? «Ist nun<br />
aber unsere Muttersprache wirklich bedroht durch<br />
<strong>die</strong> erschreckende Gleichgültigkeit, Verantwortungslosigkeit<br />
und Lieblosigkeit, mit der viele Zeitgenossen<br />
mir ihr umgehen? Es ist schwer, eine<br />
Entwicklung zu beurteilen, in der man mitten drinsteht.<br />
Immerhin lehrt uns <strong>die</strong> Geschichte der deutschen<br />
Sprache recht deutlich, dass sich <strong>die</strong> Sprache<br />
stets gewandelt hat, dass es immer beim Wandel<br />
geblieben und nie zu dem Zerfall gekommen ist,<br />
den man ihr schon ungezählte Male voraussagte.<br />
Auch in früheren Zeiten hat es Verantwortungslosigkeit<br />
und Lieblosigkeit gegenüber der Sprache<br />
gegeben, Auswüchse und Wildwuchs in ihrer Entwicklung.<br />
Aber stets hat sie es verkraftet» (Schläpfer<br />
1987, S. 14). Dass <strong>die</strong> Mundart sich ändert, ist<br />
150<br />
nicht zu bezweifeln, dass <strong>die</strong> Mundart in der heutigen<br />
Zeit Veränderungen durchmacht, wie schon<br />
seit Jahrhunderten nicht mehr, ist offensichtlich.<br />
Aber was lebt, ist aus sich heraus Änderungen unterworfen.<br />
1.3.<br />
ZIELSETZUNG<br />
Wie steht es nun <strong>die</strong>sbezüglich um <strong>die</strong> Mundart <strong>des</strong><br />
Fürstentums Liechtenstein? Die vorhegende Arbeit<br />
ist der Versuch, auf <strong>die</strong> Fragen <strong>des</strong> Sprachwandels<br />
und der Sprachvariation Antworten zu finden. Sie<br />
ist aber auch der Versuch, <strong>die</strong> wichtigsten Aspekte<br />
<strong>des</strong> jetzigen Sprachgebrauchs in wissenschaftlicher<br />
Form abzuhandeln und damit seit mehr als 60 Jahren<br />
- seit der Arbeit «Die Mundart von Südvorarlberg<br />
und Liechtenstein» von Leo Jutz, 1925 -<br />
Neues zu erfahren. Es darf nicht verschwiegen<br />
werden, dass mit dem Vorarlberger Sprachatlas<br />
mit Einschluss <strong>des</strong> Fürstentums Liechtenstein,<br />
Westtirols und <strong>des</strong> Allgäus (VALTS) ein Werk im<br />
Entstehen begriffen ist, das bezüglich Ausdehnung<br />
und Arbeitsaufwand dem hier Gebotenen weit<br />
überlegen ist. So ist es <strong>die</strong> vordringliche Aufgabe<br />
<strong>die</strong>ser Arbeit, sich mit jenen Themata zu beschäftigen,<br />
<strong>die</strong> im Sprachatlas nicht behandelt werden,<br />
welcher sich in seiner Anlage hauptsächlich mit<br />
sprachgeographischen Fragen der Grund<strong>mundart</strong><br />
auseinanderzusetzen hat.<br />
Niemand kann im Moment sagen, was mit der<br />
Mundart Liechtensteins geschieht. Ändert sie sich<br />
wirklich? Gleichen sich <strong>die</strong> Dialekte der Dörfer untereinander<br />
immer mehr an? Ist es bald soweit,<br />
dass man einen Eschner von einem Vaduzer<br />
sprachlich nicht mehr unterschieden kann? Fragen,<br />
<strong>die</strong> einer Klärung harren. Während beispielsweise<br />
in der Schweiz eine kaum überschaubare<br />
Menge an wissenschaftlichen Arbeiten über <strong>die</strong><br />
verschiedensten Bereiche der Mundartforschung<br />
besteht, tut man sich für unser Land schwer, Fun<strong>die</strong>rtes<br />
aus der Forschung zu erfahren. Die bisher<br />
erschienenen Monographien beschränken sich in<br />
ihrer Anlage auf Einzelprobleme und geben somit
kaum Überblick über <strong>die</strong> Gesamtheit der Liechtensteinischen<br />
Mundart. Wir wissen, dass im Rahmen<br />
<strong>die</strong>ser Dissertation nicht alles nachgeholt werden<br />
kann, was in der Vergangenheit versäumt wurde,<br />
hoffen aber, dass sich <strong>die</strong> nachfolgend demonstrierte<br />
Unwissenheit bezüglich <strong>des</strong> fürstlichen<br />
Nachbars etwas mildern lässt. «In Liechtenstein<br />
spricht man deutsch. Allerdings mit einem starken<br />
alemannischen Akzent, der sich an <strong>die</strong> Dialekte in<br />
Vorarlberg und St. Gallen lehnt. Aber: Das Schweizerdeutsch<br />
ist im Vormarsch. Die österreichischen<br />
Ausdrücke sterben langsam aus» (Vogel 1989).<br />
Der Untertitel beschränkt <strong>die</strong> Arbeit in ihrer<br />
Ausdehnung und verweist auf jene Punkte, <strong>die</strong> hier<br />
besonders interessieren: Sprachformengebrauch,<br />
Sprachwandel und Sprachvariation. Zuerst wird<br />
der Sprachformengebrauch behandelt, also der Gebrauch<br />
der verschiedenen Varietäten in den unterschiedlichen,<br />
situativ und sozial bedingten Sprechsituationen.<br />
Als zweites wird <strong>die</strong> Basis<strong>mundart</strong><br />
durch eine phonetische Inventarisierung und eine<br />
phonetisch-sprachgeographische Analyse 3<br />
dargestellt.<br />
Auf <strong>die</strong>sen beiden Kapiteln aufbauend wird<br />
schliesslich <strong>die</strong> Lautvariation und der Lautwandel<br />
untersucht. Die Ausrichtung der vorliegenden Arbeit<br />
ist auf Grund der Analysen <strong>des</strong> Primärmaterials<br />
eindeutig eine praktische. Theorie und Praxis<br />
stehen deutlich in einem ungleichen Verhältnis.<br />
Trotzdem soll nachfolgend kurz festgehalten werden,<br />
welchem Verständnis von Sprache und welcher<br />
wissenschaftlichen Theorie <strong>die</strong> Untersuchung<br />
unterliegt.<br />
1.4.<br />
THEORETISCHE VORBEMERKUNGEN<br />
Untersuchungsgegenstand ist der akustische, auditive<br />
Kanal, ausgeschlossen ist <strong>die</strong> nonverbale Kommunikation.<br />
Die Analyse beschränkt sich auf <strong>die</strong><br />
Darstellungsfunktion 4<br />
(referentiell) der Alltagssprache.<br />
Für <strong>die</strong>se Arbeit ist also <strong>die</strong> Sprache der Wissenschaft,<br />
der Belletristik etc. nicht von Interesse.<br />
Ebensowenig beschäftigen wir uns mit Fachsprachen<br />
oder mit geschriebener Sprache. Theoreti<br />
DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />
ROMAN BANZER<br />
scher Ausgangspunkt ist <strong>die</strong> Sprachsoziologie. Darunter<br />
wird in Anlehnung an Dittmar (1982, S. 20)<br />
eine empirische Disziplin zwischen Linguistik und<br />
Soziologie verstanden, <strong>die</strong> ihre Wurzeln deutlich in<br />
der Sprachwissenschaft hat. Genauer gesagt, es<br />
wird eine dialektsoziologische Arbeit erstellt. Im<br />
Gegensatz zur übergeordneten Sprachsoziologie<br />
befasst sich <strong>die</strong> Dialektsoziologie «mit solchen Varietäten,<br />
<strong>die</strong> unterhalb der Standardsprache angesiedelt<br />
sind.» (Mattheier 1980, S. 15). Diese Theorie<br />
basiert auf der heute in der Sprachwissenschaft<br />
allgemein anerkannten Tatsache der Fleterogenität<br />
und Historizität der Sprache. 5<br />
Wir verstehen Sprache<br />
als kommunikatives Miteinander-in-Beziehung-treten,<br />
sie ist einerseits ein Medium der Informationsübermittlung<br />
und andererseits ein sozial<br />
integrieren<strong>des</strong> Instrument zwischen zwei oder<br />
mehreren Gesprächspartnern. Sprache ist soziale<br />
Interaktion, sie integriert oder schliesst aus. Durch<br />
sie kann Nähe und Kontakt oder eben Ferne und<br />
Kontaktlosigkeit gezeigt werden. Diese an sich triviale<br />
Feststellung unterscheidet sich in der Auffassung<br />
von der Sprache deutlich von jener der klassischen<br />
Dialektologie, wo weder <strong>die</strong> situative noch<br />
soziale Komponente der Sprache im Vordergrund<br />
stand. Aber eben <strong>die</strong>se Voraussetzungen implizieren<br />
<strong>die</strong> Sprachproduktion und damit auch den<br />
Sprachwandel und <strong>die</strong> -Variation als extralinguistisch<br />
determiniert. 6<br />
Phonetische, morphologische,<br />
syntaktische, lexikalische und sprachformenbedingte<br />
Variation und Wandelvorgänge in Abhängigkeit<br />
von aussersprachlichen, sozialen und situativen<br />
Faktoren sind <strong>die</strong> Basis der Theorie der Varietätengrammatik,<br />
<strong>die</strong> <strong>die</strong>ser Arbeit zu Grunde liegt.<br />
«Ausgangspunkt <strong>des</strong> Konzeptes ist <strong>die</strong> Tatsache,<br />
dass eine natürliche Sprache nicht einheitlich ist,<br />
sondern unter anderem zu verschiedenen Zeiten,<br />
an verschiedenen Orten, in verschiedenen sozialen<br />
Schichten und in verschiedenen Kommunikationssituationen<br />
unterschiedliche Ausprägungen aufweist.<br />
Diese unterschiedlichen Ausprägungen kann<br />
man auch als Varietäten ... bezeichnen. Man kann<br />
also eine natürliche Sprache als ein komplexes<br />
System von Varietäten betrachten, <strong>die</strong> miteinander<br />
in einer bestimmten Beziehung, einem Zusammen-<br />
151
Die Einwanderung der Alemannen aus nördlichen<br />
Nachbarländern sowie <strong>die</strong> politische und<br />
kirchliche Trennung <strong>des</strong> Unter- und Oberlan<strong>des</strong> haben<br />
zu einer deutlichen Sprachgrenze im Schaaner<br />
Riet geführt. 8<br />
Die beiden Landschaften Vaduz und<br />
Schellenberg wurden 1719 zum Staat Liechtenstein<br />
geeint und hatten davor eine unterschiedliche wirtschaftlich-politische<br />
und kirchliche Ausrichtung.<br />
Die Verbindung der Unterländer zu Feldkirch im<br />
benachbarten Vorarlberg ist heute noch stark und<br />
bei der älteren Generation belegt durch den Ausdruck<br />
«in <strong>die</strong> Stadt gehen», wenn man nach Feldkirch<br />
auf den Markt ging. «Nicht minder wichtig<br />
war auch <strong>die</strong> kirchliche Einteilung bei der Herausbildung<br />
der heutigen <strong>mundart</strong>lichen Kleinräume.<br />
Eigene Pfarreien (
den Dialekt aufgegeben oder sehr stark an denjenigen<br />
Liechtensteins angepasst haben, kann man von<br />
zirka 20'000 (72 %) Sprechern der Liechtensteinischen<br />
Mundart ausgehen. 11<br />
Ausserdem ist mit 4500<br />
(16 %) fremden Mundartsprechern und etwa 1000<br />
(4%) Hochdeutschsprechenden zu rechnen. Zudem<br />
lebten Ende 1990 2902 (9,9 %) Fremdsprachige in<br />
Liechtenstein. 12<br />
2.2.<br />
THEORETISCHE VORBEMERKUNGEN<br />
Die Sprachsituation <strong>des</strong> Fürstentums Liechtenstein<br />
wird beherrscht durch das funktionale Nebeneinander<br />
von Standard 13<br />
und Dialekt. 14<br />
Man spricht<br />
Mundart und schreibt Hochdeutsch. Beim ungesteuerten<br />
Erstsprachenerwerb im Elternhaus wird<br />
dem Kind in den meisten Fällen Mundart vermittelt.<br />
Dass es sich dabei nicht in jedem Fall um <strong>die</strong><br />
Liechtensteiner Mundart handelt, ist bei dem hohen<br />
Anteil an Ausländern (ca. 30 % der Einwohner)<br />
einleuchtend. Zudem sind auch «Mischehen» mit<br />
einem Liechtensteiner und einem ausländischen<br />
Partner deutscher Sprache recht häufig. Wie der<br />
Spracherwerb in <strong>die</strong>sen Fällen verläuft und inwieweit<br />
sich <strong>die</strong> primär erworbene Sprache bei der<br />
Einschulung wieder ändert, ist für Liechtenstein<br />
bislang nicht untersucht worden. Auf alle Fälle geschieht<br />
<strong>die</strong> sprachliche Sozialisation, <strong>die</strong> Integration<br />
in <strong>die</strong> Sprachgemeinschaft der Mundartsprechenden,<br />
spätestens im Kindergarten. Arbeiten 1<br />
"'<br />
zum Umgang von Kindern mit der Diglossie- oder<br />
Bilingualismussituation haben gezeigt, dass <strong>die</strong>se<br />
<strong>die</strong> Sprache mit denjenigen Menschen in Verbindung<br />
bringen, <strong>die</strong> sie sprechen oder mit denjenigen<br />
Situationen, in denen sie gebraucht wird. Kinder<br />
lernen das Code-switching, wenn das in ihrer<br />
Sprachgemeinschaft zum üblichen Sprachgebrauch<br />
gehört. Wenn in den Kindergärten viele Kinder eingeschult<br />
werden, <strong>die</strong> von Haus aus einen fremden<br />
Dialekt sprechen, geschieht hier mit dem erstmaligen<br />
Eintritt in eine neue Sprachgemeinschaft auch<br />
gleichzeitig <strong>die</strong> Einführung in einen neuen Sprachcode.<br />
Bei Kindern, von denen ein Elternteil nicht<br />
DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />
ROMAN BANZER<br />
nativer Mundartsprecher ist, bleibt immer etwas<br />
an individueller Anderssprachigkeit zurück. Trotz<br />
<strong>die</strong>ser Einschränkungen kann aber sicher festgehalten<br />
werden, dass beim ungesteuerten Erstsprachenerwerb<br />
Mundart «gelernt» wird.<br />
Erst mit Beginn der Primarschule wird dem<br />
Kind normalerweise über einen gesteuerten Zweitsprachenerwerb<br />
<strong>die</strong> Standardsprache verbal und<br />
schriftlich vermittelt. Inwieweit sich <strong>die</strong>ser Spracherwerb<br />
vom Erlernen einer Fremdsprache unterscheidet<br />
und inwieweit hier <strong>die</strong> Regeln der Fremdsprachendidaktik<br />
angewandt werden können, entzieht<br />
sich unserer Kenntnis. Sicher scheint aber,<br />
dass <strong>die</strong> Standardsprache bezüglich Stellenwert<br />
und auch Spracherwerb nicht mit einer Fremdsprache<br />
gleichgestellt werden kann. «Der Deutschschweizer<br />
mag <strong>die</strong> Mundart als seine Muttersprache<br />
ansehen und demgegenüber der Standardsprache<br />
als oder dingua matrigna><br />
(Stiefmuttersprache) einen nachgeordneten Rang<br />
zuweisen; aber es ist doch nicht sinnvoll, keinen<br />
Unterschied zu machen zwischen dem Deutschen,<br />
der normalen Lese- und Schreibsprache, und<br />
dem Französischen, Italienischen und Englischen<br />
als echten Fremdsprachen» (Sieber/Sitta 1986,<br />
S. 33 f.).<br />
Das Sprachsystem <strong>des</strong> Fürstentums Liechtenstein<br />
ist zweistufig. Prinzipiell wird Hochdeutsch<br />
geschrieben und Mundart gesprochen. Allgemein<br />
wird <strong>die</strong>se Situation mit dem Terminus der «Medialen<br />
Diglossie» umschrieben. 16<br />
Ohne hier auf <strong>die</strong><br />
verschiedenen theoretischen Ausrichtungen und<br />
Definitionen der Diglossietheorie einzugehen, soll<br />
als Grundlage eine Definition gegeben werden, <strong>die</strong><br />
in der Tradition der nordamerikanischen Forschung<br />
steht. Ferguson hat 1959 einen Begriff in<br />
<strong>die</strong> Sprachsoziologie eingebracht, 17<br />
der im Laufe<br />
der Zeit von anderen erweitert und verfeinert wurde.<br />
«Diglossia is a relatively stable language Situation<br />
in which, in addition to the primary dialects of<br />
the language (which may include a Standard or regional<br />
Standards), there is a very divergent, highly<br />
codified (often grammatically more complex) superposed<br />
variety, the vehicle of a large and respected<br />
body of written literature, either of an ear-<br />
155
lier period or in another speech Community, which<br />
is learned largely by formal education and is used<br />
for most written and formal purposes but is not<br />
used by any sector of the Community for ordinary<br />
conversation.» (Ferguson 1959, S. 336)<br />
Für den verbalen Kommunikationskanal sind<br />
nach Ferguson eine funktional komplementäre<br />
H- und L-Varietät (high-low) zu unterscheiden. Die<br />
H-Varietät wird für offizielle, öffentliche Anlässe<br />
der Politik, Kirche, Literatur und Kultur gebraucht<br />
und geniesst das höhere Prestige, <strong>die</strong> Grammatik<br />
ist komplexer und präskriptiv, wird in einem formalen<br />
Vorgang gelernt, ist <strong>die</strong> Sprache der Literatur<br />
und hat ein anderes Lexikon als <strong>die</strong> L-Varietät,<br />
<strong>die</strong> für private, informelle Situationen in der Familie,<br />
der Nachbarschaft, dem Freun<strong>des</strong>kreis verwendet<br />
wird, in einem natürlichen Spracherwerb primär<br />
vermittelt wird und keine präskriptive Grammatik<br />
hat. «Gumperz haben wir es zu verdanken,<br />
dass wir uns nun der Tatsache besser bewusst<br />
sind, dass Diglossie weder nur in mehrsprachigen<br />
Gesellschaften, <strong>die</strong> offiziell verschiedene <br />
anerkennen, noch lediglich in Gesellschaften,<br />
<strong>die</strong> Volkssprache und klassische Varietäten verwenden,<br />
vorhanden ist, sondern auch in Gesellschaften,<br />
<strong>die</strong> verschiedene Dialekte, Register oder<br />
funktional differenzierte Sprachvarietäten irgendwelcher<br />
Art benützen.» (Fishman 1975, S. 96) Für<br />
Liechtenstein wäre demzufolge <strong>die</strong> Mundart <strong>die</strong> Lund<br />
das Standarddeutsche <strong>die</strong> H-Varietät. Die Bewertung<br />
der beiden Varietäten ist aber mit Bestimmtheit<br />
eine andere als sie Fishman für seine<br />
Untersuchung festgestellt hat. Die Mundart besitzt<br />
keinesfalls das geringere Prestige, sie geniesst in<br />
der Schweiz und auch in Liechtenstein ein sehr hohes<br />
Ansehen.<br />
Für <strong>die</strong> Sprachsituation der Schweiz wurde in<br />
den 70er Jahren der Begriff der «Medialen Diglossie»<br />
eingeführt. 18<br />
Danach be<strong>die</strong>nt sich <strong>die</strong> Mundart<br />
als gesprochene Sprache <strong>des</strong> verbalen Kommunikationskanals,<br />
und das Standarddeutsche ist an<br />
den Schriftverkehr gebunden. Die Wahl der Varietät<br />
hängt davon ab, ob man spricht oder schreibt.<br />
In <strong>die</strong>ser Begriffsbildung steckt aber wie in allen<br />
Faustregeln <strong>die</strong> Gefahr der Vereinfachung und der<br />
156<br />
Einseitigkeit. Verschiedene wichtige Bedingungen<br />
der Sprachwahl werden ausser acht gelassen.<br />
Jeder Einzelne kann durch eine bewusste Wahl<br />
seinen Sprachcode selber wählen. In den Schulen<br />
wird viel Arbeit und Mühe darauf verwendet, <strong>die</strong><br />
Beherrschung <strong>des</strong> Standarddeutschen zu vermitteln,<br />
und ausserdem haben <strong>die</strong> Ergebnisse unserer<br />
Untersuchungen ergeben, dass fast alle Mundartsprecher<br />
durchaus bereit sind, den Code zu<br />
wechseln, also Llochdeutsch zu sprechen, wenn angenommen<br />
werden muss, dass der Kommunikationspartner<br />
das dialektale Idiom nicht versteht.<br />
Ausserdem wird das komplizierte Bedingungsgeflecht<br />
der Sprachwahl auf <strong>die</strong> mediale Komponente<br />
vereinfacht. Die Abhängigkeit der Varietätenwahl<br />
von sozialen und situativen Rededeterminanten<br />
darf nicht vernachlässigt werden. Die Realität<br />
zeigt, dass es Fälle gibt, in denen Mundart geschrieben<br />
und Hochdeutsch gesprochen wird. Als<br />
Beispiele seien hier etwa der private Briefverkehr<br />
und <strong>die</strong> Werbung in Mundart oder <strong>die</strong> Rede vor<br />
grosser Öffentlichkeit in Hochdeutsch genannt. Zu<br />
verweisen bleibt hier noch auf <strong>die</strong> staatspolitische<br />
Notwendigkeit der mündlichen Beherrschung <strong>des</strong><br />
Llochdeutschen, ohne <strong>die</strong> eine Isolation auf vielen<br />
Ebenen unumgänglich wäre.<br />
Die <strong>liechtenstein</strong>ischen Sprachverhältnisse können<br />
durch <strong>die</strong> Theorie der medialen Diglossie allein<br />
nicht ausreichend erklärt werden. Vor allem müssen<br />
jene Sprachsituationen beschrieben und erklärt<br />
werden, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Regel der medialen Diglossie<br />
durchbrechen, wie z.B. <strong>die</strong> mündliche Verwendung<br />
<strong>des</strong> Hochdeutschen in der Schule oder <strong>die</strong> schriftliche<br />
Verwendung der Mundart zur Vorbereitung<br />
einer Dialektrede.<br />
Es ist zu beachten, dass es für <strong>die</strong> Liechtensteiner<br />
Mundart keine Schreibregeln gibt. Daher ist<br />
der schriftliche Gebrauch der Mundart und <strong>die</strong><br />
Schreibweise ausschliesslich vom subjektiven Empfinden<br />
sowie von persönlichen Vorlieben geprägt<br />
und intersubjektiv schwer nachvollziehbar. Die<br />
Diethsche Dialektschrift ist kaum bekannt und<br />
würde wohl auch nicht gerne akzeptiert werden,<br />
obwohl gerade von Mundartdichtern ab und zu der<br />
Ruf nach einer Vereinheitlichung der Mundart-
Schreibung laut wird. Es scheint jedoch äusserst<br />
fraglich, ob es sinnvoll ist, der Mundart auch in der<br />
Schriftlichkeit den Weg der Ausdehnung weiter zu<br />
ebnen. Aus der Schweiz und dem benachbarten<br />
Ausland gibt es Stimmen, <strong>die</strong> davor warnen, mit<br />
dem Vordringen der Mundart in verschiedenste Bereiche<br />
gleichzeitig auch einer sprachlichen Isolation<br />
Vorschub zu leisten. 19<br />
Eine Untersuchung der<br />
schriftlichen Verwendung der Mundart findet in<br />
<strong>die</strong>ser Arbeit nur nebenbei statt. Daher wird im folgenden<br />
ohne weiteren Hinweis unter Mundartgebrauch<br />
immer <strong>die</strong> verbale Verwendung verstanden.<br />
Die Sprachproduktion ist, wie oben ausgeführt,<br />
abhängig von sozialen Faktoren. 20<br />
Die Varietätenwahl<br />
wird induziert durch aussersprachliche, nicht<br />
linguistische Rededeterminanten aus dem sozialen<br />
und situativen Bereich. Die Wissenschaft hat in den<br />
vergangenen Jahrzehnten Untersuchungsansätze<br />
geschaffen, <strong>die</strong> neben der Theorie der medialen<br />
Diglossie helfen, <strong>die</strong> Bedingungen von Sprachwahl<br />
und Sprachvariation und deren gesellschaftliche<br />
Determination zu erklären. Es sind <strong>die</strong>s <strong>die</strong> Begriffe<br />
<strong>des</strong> Code-switching und der Domänen 21<br />
und <strong>die</strong><br />
damit verbundenen Theorien.<br />
2.3.<br />
CODE-SWITCHING<br />
Rund 98 Prozent von über 540 Befragten gaben auf<br />
<strong>die</strong> Frage: «Wie reagieren Sie, wenn Sie mit jemandem<br />
ins Gespräch kommen, der ausschliesslich<br />
Hochdeutsch spricht und den Liechtensteiner Dialekt<br />
schlecht versteht?» <strong>die</strong> Antwort, dass sie sich<br />
anpassen und Hochdeutsch sprechen. Grundsätzlich<br />
beherrschen alle Mundartsprecher Liechtensteins<br />
auch das Standarddeutsch. Teilnehmende<br />
Beobachtungen und Befragungen haben ergeben,<br />
dass viele auch dann gerne zum Standardcode<br />
wechseln, wenn sie wissen, dass der Kommunikationspartner<br />
den Dialekt Liechtensteins versteht,<br />
dass also ein Wechsel aus Verständigungsgründen<br />
nicht notwendig wäre. Die Bereitschaft der <strong>liechtenstein</strong>ischen<br />
Bevölkerung, Standard zu sprechen,<br />
DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />
ROMAN BANZER<br />
ist sehr hoch, wenn Einheimische in sprachlichen<br />
Kontakt mit Personen kommen, von denen angenommen<br />
werden muss, dass sie <strong>die</strong> Mundart<br />
Liechtensteins nicht sprechen. Die Mundart Liechtensteins<br />
kennt hier den stehenden Ausdruck<br />
«nach der Schrift reden».<br />
Allgemein wird unter Code-switching <strong>die</strong> Fähigkeit<br />
der Sprecher verstanden, nach Anforderung<br />
der Sprechsituation aus einem Katalog mit mehreren,<br />
min<strong>des</strong>tens aber zwei Varietäten, eben jene zu<br />
wählen, <strong>die</strong> den geforderten situativ-sozialen Bedingungen<br />
maximal entspricht. Poplack/Sankoff 22<br />
unterscheiden verschiedene Arten <strong>des</strong> Code-switching,<br />
<strong>die</strong> allerdings auf <strong>die</strong> kanadische Gesellschaft<br />
zugeschnitten sind. Sie unterstellen beispielsweise<br />
auch fremde Einschübe (a) der Varietät<br />
A in <strong>die</strong> Varietät B dem Code-switching. Z.B.: «Also<br />
wenn i doo draa denk, dann sollte man meiner<br />
Meinung nach, scho ned a so dumm sii und nüüt<br />
tue.» Diese Fälle möchten wir nicht untersuchen,<br />
obwohl sie auch zum Code-switching gehören. Wir<br />
untersuchen jene Sprechsituationen, in denen der<br />
Sprecher, den Normen der Sprachwahl entsprechend,<br />
für eine längere Dauer - min<strong>des</strong>tens aber so<br />
lange, bis sich <strong>die</strong> Rededeterminanten verändern -<br />
Mundart oder Standard wählt. Natürlich kann der<br />
Wechsel innerhalb eines Gesprächs unvermittelt<br />
und wiederholt geschehen. Man denke als Beispiel<br />
etwa an ein Telephongespräch mit einem Hochdeutschsprechenden<br />
und <strong>die</strong> gleichzeitig stattfindenden<br />
Rückfragen an einen Mundartsprecher, der<br />
beim Gespräch anwesend ist. Den Auslösebedingungen<br />
für <strong>die</strong>sen Registerwechsel wurde in der<br />
Forschung viel Zeit gewidmet. Dabei muss beachtet<br />
werden, dass der Wechsel verschiedene Funktionen<br />
haben kann, nämlich <strong>die</strong> metaphorische und<br />
<strong>die</strong> situative. Die metaphorische Funktion <strong>die</strong>nt<br />
«...z.B. Wechsel von Humor zu Ernst, von Übereinstimmung<br />
zu Meinungsverschiedenheit, vom Unwesentlichen<br />
oder Zweitrangigen zum Wesentlichen<br />
oder Primären ...» (Fishman 1975, S. 43). Es<br />
wird sich in der Untersuchung zeigen, dass <strong>die</strong>se<br />
Funktion vor allem in den Schulen ihre Aufgaben<br />
hat und ganz bewusst eingesetzt wird. Dieser metaphorische<br />
Wechsel ist nach Fishman jedoch nur<br />
157
möglich, weil es allgemeine Normen gibt, che <strong>die</strong><br />
Sprachverwendung regeln. 23<br />
Man weiss, wann<br />
man Mundart und wann Hochdeutsch zu sprechen<br />
hat. Die situative Funktion regelt den Sprachgebrauch,<br />
«...der situative Wechsel wird durch allgemein<br />
gültige Zuweisungen geregelt, d.h. durch<br />
weitverbreitete normative Ansichten und Regulierungen,<br />
<strong>die</strong> allgemeinverbindlich eine bestimmte<br />
Varietät einem bestimmten Zusammentreffen von<br />
Themen, Orten, Personen und Zwecken zuordnet.<br />
Andererseits wird der metaphorische Wechsel von<br />
nicht allgemein gültigen oder kontrastiven Zuweisungen<br />
bestimmt» (Fishman 1975, S. 49).<br />
2.4.<br />
DIE DOMÄNEN<br />
Welches sind nun <strong>die</strong> allgemeingültigen Normen<br />
und normativen Ansichten, <strong>die</strong> den Sprachgebrauch<br />
Liechtensteins regeln? Mit dem Erlernen<br />
einer Varietät verbindet der Sprecher von Anfang<br />
an bestimmte Einstellungen, Funktionen und Situationen,<br />
sogenannte Domänen. «Treten in dem Gesprächskontext<br />
situativ direkt oder indirekt ... Assoziationen<br />
zu <strong>die</strong>sen Bereichen auf, so wechselt<br />
der Sprecher unbewusst in <strong>die</strong> seiner Meinung<br />
nach angemessene Sprachvariante» (Rein 1983,<br />
S. 1449).<br />
«Domänen sind Konstrukte, <strong>die</strong> besonders<br />
brauchbar sind für <strong>die</strong> auf der Makroebene stattfindende<br />
(d. h. auf <strong>die</strong> ganze Gemeinschaft bezogene)<br />
funktionelle Beschreibung der gesellschaftlich<br />
strukturierten Variation der innerhalb grosser<br />
und komplexer diglossischer Gesellschaften»<br />
(Fishman 1975, S. 51). Funktion der Domäne ist<br />
es, jene gesellschaftlichen Faktoren zusammenzu<br />
158<br />
Tabelle 2: Domänen<br />
stellen, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Varietätenwahl bestimmen und <strong>die</strong><br />
allgemeingültige Normen ausmachen. Es ist <strong>die</strong><br />
Suche nach der Erfassung der bestimmenden Rededeterminanten<br />
einer Sprachgemeinschaft auf<br />
übergreifender Ebene und deren Korrelation mit<br />
sozialen Gruppen und kommunikativen Situationen.<br />
«Je<strong>des</strong> sprachliche Netzwerk und jede<br />
Sprachgemeinschaft kennt Klassen von Sprechereignissen,<br />
in denen mehrere scheinbar unterschiedliche<br />
Situationen als gleichartig klassifiziert<br />
werden. Kein sprachliches Netzwerk hat ein<br />
sprachliches Repertoire, das genauso differenziert<br />
ist wie <strong>die</strong> vollständige Liste deutlich verschiedener<br />
Rollenbeziehungen, Themen und Örtlichkeiten,<br />
in <strong>die</strong> ihre Mitglieder einbezogen sind. Genau <strong>die</strong><br />
Frage, wo <strong>die</strong>se Grenzlinien verlaufen, <strong>die</strong> zwischen<br />
einer Klasse von Situationen differenzieren,<br />
<strong>die</strong> normalerweise eine bestimmte Varietät verlangt<br />
und einer anderen Klasse von Situationen,<br />
<strong>die</strong> normalerweise eine andere Varietät erfordert,<br />
muss durch den Forscher empirisch geklärt werden»<br />
(Fishman 1975, S. 57).<br />
Fishman postuliert folgende Domänen mit H-Varietät:<br />
Schule, Kirche, Berufs- und Arbeitswelt sowie<br />
<strong>die</strong> Regierung; mit L-Varietät: Familie, Nachbarschaft<br />
und den Bereich der ungelernten Arbeit.<br />
Bedingt durch <strong>die</strong> mediale Diglossie und <strong>die</strong> gänzlich<br />
anderen sozialen Verhältnisse der hier zu untersuchenden<br />
Sprachgemeinschaft, lassen sich <strong>die</strong><br />
Domänen Fishmans nicht identisch auf Liechtenstein<br />
übertragen. In Anlehnung an Fishman postulieren<br />
wir folgende Domänen und versuchen <strong>die</strong><br />
Hypothesen anhand der vorliegenden Untersuchung<br />
zu verifizieren.<br />
Innerhalb der postulierten Domänen wird im<br />
folgenden untersucht, ob <strong>die</strong> mediale Diglossie<br />
durchbrochen wird. Die Frage heisst: «Gibt es Si-<br />
Domänen mit Standard:<br />
Kirche ;<br />
Bildüngswesen.<br />
Gerichte<br />
Domänen mit Mundart:<br />
Familie, Freizeit, Vereine<br />
Reden in 1<br />
der Öffentlichkeit<br />
Ärbeitswelt ' :<br />
Landtag; .Ämter,. Verwaltung
tuationen, in denen ausschliesslich Hochdeutsch<br />
oder Mundart gesprochen wird? Wenn ja, ist deren<br />
Auftreten in einer Domäne so häufig, dass zu Recht<br />
von einer hochdeutsch-, oder <strong>mundart</strong>beherrschten<br />
Domäne gesprochen werden kann?»<br />
Die indirekt 24<br />
erhobenen Materialien wurden<br />
mit Fragebögen zusammengetragen. Es wurde versucht,<br />
<strong>die</strong> Probandenzahl so hoch wie möglich anzusetzen.<br />
So konnte etwa bei der Befragung der<br />
Lehrer, der Lan<strong>des</strong>verwaltung, der Pfarrer und Gemeindevorsteher<br />
eine Vollerhebung durchgeführt<br />
werden, was jedoch bei den Familien und Vereinen<br />
nicht mehr möglich war. Hier wurden teilnehmende<br />
Beobachtungen und partielle Erhebungen durch<br />
Zufallsauswahl gemacht. Die Daten wurden im Mai<br />
1989 erhoben. Nun haftet <strong>die</strong>sen Erhebungsmethoden<br />
der Verdacht der Subjektivität an. Es ist bekannt,<br />
dass <strong>die</strong> Auskünfte über den Gebrauch der<br />
Mundart und deren Funktion stark von der Einstellung<br />
der Befragten abhängt. Ob jemand beispielsweise<br />
auf <strong>die</strong> Frage «Wie sprechen Sie mit jemandem,<br />
der <strong>die</strong> Mundart Liechtensteins nicht versteht<br />
und nur Hochdeutsch kann?» antwortet, er würde<br />
in <strong>die</strong>sem Fall Hochdeutsch sprechen, oder ob er<br />
antwortet, er würde das nicht tun, hängt einerseits<br />
von der Einstellung <strong>des</strong> Befragten zu den Varietäten<br />
und andererseits von verschiedenen sozialen<br />
Faktoren, wie beispielsweise der Schulbildung und<br />
der allgemeinen Beziehung zu Ausländern ab. Es<br />
kann also durchaus sein, dass hier Antworten erhoben<br />
werden, <strong>die</strong> nicht in jedem Einzelfall der<br />
Wirklichkeit entsprechen. Der Fragebogen ist jedoch<br />
das einzige Instrument der Datensammlung,<br />
das in einem vernünftigen Arbeitsaufwand Aussagen<br />
über eine sehr grosse Probandenmenge zulässt.<br />
«Der Fragebogen hat als Datensammelinstrument<br />
einen hohen Grad an Wissenschaftlichkeit<br />
und formaler Entwicklung erreicht; <strong>die</strong>s auf Grund<br />
<strong>des</strong> ausgedehnten Gebrauchs in den soziolinguistischen<br />
Wissenschaften» (Agheyisi/Fishman 1969,<br />
S. 147, Übersetzung R.B.). Besonders kritisch wird<br />
es, wenn Probanden, etwa Lehrer oder Vorgesetzte,<br />
den Sprachgebrauch von Dritten beschreiben.<br />
Die obengenannten Probleme potenzieren sich geradezu.<br />
Und trotzdem ist der Fragebogen wohl das<br />
DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />
ROMAN BANZER<br />
probateste Erhebungsmittel, wenn grosse Datenmengen<br />
zusammengetragen werden müssen. Fehlerquellen<br />
sollen durch <strong>die</strong> möglichst hohe Zahl der<br />
Befragten und durch teilnehmende Beobachtungen<br />
ausgeschlossen oder zumin<strong>des</strong>t klein gehalten werden.<br />
25<br />
2.4.1.<br />
GERICHTE<br />
Liechtensteins Rechtssprechungsinstanzen sind<br />
einzuteilen in ständige und nichtständige Gerichte.<br />
Lediglich das Landgericht und <strong>die</strong> Staatsanwaltschaft<br />
sind ständig. Die Hälfte der ordentlichen<br />
Richter spricht Liechtensteiner Dialekt, <strong>die</strong> andere<br />
Hälfte spricht ein österreichisches oder ein schweizerisches<br />
Idiom.<br />
Die nichtständigen Gerichte <strong>des</strong> öffentlichen<br />
Rechts unterteilen sich in den Staatsgerichtshof<br />
und <strong>die</strong> Verwaltungsbeschwerdeinstanz (VBI); deren<br />
Mitglieder (ausgenommen der Vorsitzende und<br />
sein Stellvertreter) werden vom Landtag gewählt.<br />
Die Wahl <strong>des</strong> Präsidenten <strong>des</strong> Staatsgerichtshofs<br />
unterliegt der Bestätigung durch den Lan<strong>des</strong>fürsten,<br />
<strong>die</strong> Vorsitzenden der VBI werden auf Vorschlag<br />
<strong>des</strong> Landtages durch den Lan<strong>des</strong>fürsten ernannt.<br />
In Ermangelung von geeigneten Richtern<br />
<strong>liechtenstein</strong>ischer Staatsbürgerschaft werden <strong>die</strong><br />
Mitglieder <strong>des</strong> Staatsgerichtshofes immer wieder<br />
aus dem Ausland rekrutiert. Die VBI wird turnusgemäss<br />
mit den Landtagswahlen besetzt, der<br />
Staatsgerichtshof alle fünf Jahre. Ausserdem sind<br />
das Kriminalgericht, das Schöffengericht, das Jugendgericht,<br />
das Obergericht und der Oberste Gerichtshof<br />
nicht ständig. 26<br />
Bei <strong>die</strong>sen Gerichtsinstanzen kann sich der<br />
Sprachgebrauch je nach Mitgliederstand periodisch<br />
ändern. Grundsätzlich wird als Amtssprache<br />
Hochdeutsch verwendet. Allerdings gibt es in<br />
<strong>die</strong>se Regel häufige Einbrüche. Der Sprachgebrauch<br />
regelt sich je nach der Herkunft <strong>des</strong> Richters<br />
aus Liechtenstein, der Schweiz oder aus Österreich.<br />
Österreich ordnet sich einem pragmatisch<br />
anderen Sprachsystem zu als <strong>die</strong> Schweiz und<br />
159
Liechtenstein. In Österreich findet sich generell Polyglossie,<br />
wobei man nach Wiesinger (1986, S. 106)<br />
an einem Ort mehrere Sprachschichten antrifft, <strong>die</strong><br />
von den einzelnen Mitgliedern unterschiedlich gut<br />
beherrscht werden. Dies sind unter anderem <strong>die</strong><br />
Basis<strong>mundart</strong>, eine Umgangssprache oder ein Verkehrsdialekt<br />
und das Standarddeutsch, wobei <strong>die</strong><br />
beiden letzteren in Österreich ein hohes Prestige<br />
geniessen und dementsprechend als soziale Kennzeichnung<br />
ein besonderes Gewicht bekommen und<br />
sprachsoziologisch gesehen Ausdruck für Elite und<br />
Stand sind. Einige in Liechtenstein tätige Richter<br />
entstammen <strong>die</strong>sem dreistufigen Sprachsystem<br />
und entsprechen <strong>die</strong>sem bei ihrer Arbeit. Dies trifft<br />
in beschränktem Mass auch auf einige Liechtensteiner<br />
zu, <strong>die</strong> ihre juristische Ausbildung in Österreich<br />
absolvierten.<br />
Am Landgericht und bei der Staatsanwaltschaft,<br />
den einzigen ständigen Gerichtsinstitutionen <strong>des</strong><br />
Lan<strong>des</strong>, arbeiten neun Richter mit ungefähr 35 Mitarbeitern.<br />
Zirka 80 Prozent sprechen den Liechtensteiner<br />
Dialekt und 20 Prozent eine fremde Mundart.<br />
Die Sprache unter den Mitarbeitern ist hauptsächlich<br />
der Dialekt <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong>. Es gibt keine Mitarbeiter,<br />
<strong>die</strong> den Dialekt nicht verstehen. Es gibt<br />
kaum Situationen, in denen unter den Mitarbeitern<br />
Hochdeutsch gesprochen wird.<br />
Vor Gericht ist bei der Einvernahme der Parteien<br />
Hochdeutsch vorherrschend. Im persönlichen<br />
Parteienverkehr wird hauptsächlich <strong>die</strong> Mundart<br />
gebraucht. Ausserdem wird der Dialekt in öffentlichen<br />
Verhandlungen gebraucht, wenn alle Parteien<br />
Mundart sprechen. Sie wird dort eingesetzt, wo<br />
Personen vernommen werden, <strong>die</strong> sich gewohnt<br />
sind, Mundart zu sprechen und grosse Mühe haben,<br />
sich in Hochdeutsch auszudrücken. Auch <strong>die</strong><br />
sachbezogene Diskussion kann in Mundart geführt<br />
werden, wenn vorauszusetzen ist, dass sämtliche<br />
Mitglieder <strong>die</strong> Mundart min<strong>des</strong>tens passiv beherrschen.<br />
An allen Gerichten werden <strong>die</strong> Referate, Plädoyers<br />
und Urteile in Standarddeutsch vom Manuskript<br />
abgelesen. Llochdeutsch wird ausserdem im<br />
persönlichen und telefonischen Parteienverkehr<br />
benutzt, wenn sich <strong>die</strong> Partei <strong>des</strong> Hochdeutschen<br />
160<br />
be<strong>die</strong>nt. Weil für <strong>die</strong> Domäne Gericht nur sehr wenige<br />
Fragebögen versandt wurden, erübrigt sich<br />
eine Darstellung in Tabellenform.<br />
2.4.2.<br />
PARLAMENTE UND VERWALTUNG<br />
Folgende Bereiche werden unterschieden.a)<br />
Die Lan<strong>des</strong>verwaltung mit den Ämtern und<br />
Dienststellen, der Landtag (Parlament auf Lan<strong>des</strong>ebene),<br />
<strong>die</strong> Regierung mit den Stabsstellen.<br />
Die Lan<strong>des</strong>verwaltung zählt 37 Ämter und<br />
Dienststellen. Die Amtsvorstände und Dienststellenleiter<br />
sind <strong>liechtenstein</strong>ische Staatsbürger. In<br />
<strong>die</strong> Umfrage wurden ungefähr 340 Mitarbeiter miteinbezogen.<br />
Die Fragebogen wurden jeweils vom<br />
Amtsvorstand oder vom Dienststellenleiter stellvertretend<br />
für sein Amt ausgefüllt.<br />
b) Die Gemeindeverwaltungen mit den Gemeinderäten<br />
(Parlament auf Gemeindeebene) und Vorstehern<br />
(in Vaduz: Bürgermeister).<br />
Die elf Gemeindeverwaltungen werden durch<br />
voll- oder nebenamtliche Vorsteher geleitet. In den<br />
vergangenen Jahren haben <strong>die</strong>se Administrationen<br />
auf Grund der gestiegenen Anforderungen personell<br />
stark expan<strong>die</strong>rt. Ist beispielsweise <strong>die</strong> Gemeinde<br />
Triesen noch in den fünfziger Jahren mit<br />
einem nebenamtlichen Vorsteher und einem vollamtlichen<br />
Kassier ausgekommen, so sind heute<br />
allein im Gemein<strong>des</strong>ekretariat und in der Gemeindekasse<br />
bis zu zehn Personen beschäftigt. In<br />
<strong>die</strong> Umfrage wurden ungefähr 400 Mitarbeiter miteinbezogen.<br />
Die Fragebogen wurden jeweils vom<br />
Vorsteher stellvertretend für seine Gemeindeverwaltung<br />
ausgefüllt.<br />
Im mündlichen Gebrauch wird Hochdeutsch nur<br />
eingesetzt, wenn verschiedene Determinanten <strong>die</strong>s<br />
verlangen, sei <strong>die</strong>s nun im Kontakt mit einem Gesprächspartner,<br />
der <strong>die</strong> Mundart Liechtensteins<br />
nicht versteht, oder im Kontakt mit Fremdsprachigen.<br />
Das Standarddeutsch wird im Schriftverkehr<br />
oder mündlich gebraucht, wenn Personen anwesend<br />
sind, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Mundart nicht verstehen, bei Besuchen<br />
im Ausland, allgemein im Verkehr mit Aus-'
Tabelle 3: Sprachgebrauch<br />
Parlamente und Verwaltung<br />
27<br />
Datengewinnung Land:<br />
Fragebogen<br />
Versand: 37<br />
Rücklauf: 30 (N) = 81%<br />
Probandenauswahl: Vollerfassung<br />
Datengewinnung<br />
Gemeinde:<br />
Fragebogen<br />
Versand: 11<br />
Rücklauf: 10 (N) = 91%,<br />
Probandenauswahl: Vollerfassung<br />
DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />
ROMAN BANZER<br />
Beschreibung, Situation Spezifikation Land' ' Gemeinde<br />
% %<br />
^ _ _<br />
Allg: Präferenz für* Mda.<br />
Hd.<br />
96<br />
o<br />
100<br />
o<br />
bei<strong>des</strong> 4 0<br />
. — „ w* •..,f. 1j<br />
Präfpr( 3<br />
n7 im Snrarhkoritakt Hrl fiir*^ ?<br />
Präferpii7< irr>- ^Firflch'k'nritaiot 'Mda für*<br />
I 1 diOl Ulifi 11X1 kJ.^Jl QVjlllvWl'l LCLUL 1*1V1CI. 1L11.<br />
M'dä.. ;. - o 0<br />
. Hd. 100 , 10t)<br />
Gemisch 0 •o:<br />
, Mda.. 100 100<br />
Hd. 0 0<br />
• • ' .Gemisch 0 0<br />
Sprache <strong>des</strong> täglichen Umgangs* • Mda. 74-, 90<br />
FL fremd** "16 10<br />
vlt/lLl.lDvjl 1 io • •<br />
-' '<br />
, Hd. 0<br />
Sprache der Freizeit Mda. 100 100<br />
Md. 0, 1<br />
0<br />
, , • ' • ~<br />
. . . .<br />
• — — "<br />
i— . '<br />
100 - 100<br />
Persönliches Gespräch bei der Arbeit Mda.<br />
Hd. ö 0<br />
Sprache in Konferenzen Mda, 50 100<br />
Hd. 50 0<br />
Sprache in Rede, Vortrag Mda. 18 30<br />
Hd. 50 30<br />
bei<strong>des</strong> 32 40<br />
Schreibkompetenz Hd.* sehr gut 26 23<br />
gut 65 53<br />
mittel 9 • 2.4<br />
• schlecht 0 0<br />
sehr schlecht • 0, 0<br />
Sprachkompetenz Hd.* sehr gut 23 22<br />
:<br />
gut 58 . 56<br />
mittel , 16 22<br />
schlecht 0 0<br />
sehr schlecht 0 0<br />
* Aussagen der Probanden über andere.<br />
** Mundart.Liechtensteins mit;fremden Einflüssen.<br />
0<br />
161
ländern ausser mit deutschsprachigen Schweizern.<br />
Ausserdem sprechen <strong>die</strong> Mitarbeiter der Verwaltung<br />
generell miteinander Standard, wenn Dritte<br />
anwesend sind, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Mundart nicht verstehen,<br />
und manchmal bei fachwissenschaftlichen Diskussionen<br />
und unter Umständen in Gerichtsverhandlungen.<br />
Einzig <strong>die</strong> Sitzungen <strong>des</strong> Liechtensteinischen<br />
Parlaments - hier wird von allen Mitgliedern<br />
Hochdeutsch gesprochen - nehmen eine Sonderstellung<br />
ein. Ansonsten wird in Besprechungen der<br />
beratenden Kommissionen auf Lan<strong>des</strong>ebene und in<br />
den Sitzungen der Gemeindevertretungen durchwegs<br />
Mundart gesprochen, sofern alle Kommunikationspartner<br />
der Mundart wenigstens passiv<br />
mächtig sind.<br />
In 86,7 Prozent der Fälle gibt es auf den Ämtern<br />
keine Situationen, in denen Mundart geschrieben<br />
wird. In den restlichen Fällen <strong>die</strong>nt es zur Vorbereitung<br />
von Texten, <strong>die</strong> in Mundart gesprochen<br />
werden.<br />
Die Dominanz der Mundart in der Verwaltung ist<br />
zum Teil durch <strong>die</strong> Personalpolitik der Regierung<br />
zu begründen. Als Amtsvorstände, Dienst- und<br />
Stabsstellenleiter werden nur Liechtensteiner Bürger<br />
eingestellt. In den anderen Anstellungen werden<br />
Liechtensteiner Bürger bevorzugt.<br />
2.4.3.<br />
KIRCHE<br />
«Die römisch-katholische Kirche ist <strong>die</strong> Lan<strong>des</strong>kirche<br />
und geniesst als solche den vollen Schutz <strong>des</strong><br />
Staates», heisst es in Artikel 37 der Verfassung. Daneben<br />
gibt es noch protestantische Kirchgemeinden<br />
und kleine religiöse Verbindungen. Von den<br />
29'032 Einwohnern waren Ende 1990 24'638<br />
römisch-katholisch und 2682 protestantisch. Die<br />
anderen gehören einem anderen Glauben an oder<br />
haben keine Angaben gemacht. In Liechtenstein<br />
gibt es zehn Pfarrgemeinden und neun Pfarrer, wovon<br />
nur einer als Muttersprache einen Liechtensteiner<br />
Dialekt spricht. An alle Pfarreien in Liechtenstein<br />
wurde je ein Fragebogen versandt, acht<br />
wurden zurückgesandt.<br />
162<br />
Die offizielle Sprache der Kirche ist das Latein<br />
und <strong>die</strong> jeweilige Lan<strong>des</strong>sprache. Geregelt ist <strong>die</strong>ser<br />
kirchliche Sprachgebrauch in den Nummern<br />
12 ff. der Allgemeinen Einführung zum römischen<br />
Messbuch, <strong>die</strong> Bezug nehmen auf Art. 36 der Konstitution<br />
über <strong>die</strong> heilige Liturgie. Auch unter<br />
Berücksichtigung <strong>des</strong> Art. 6 der Verfassung ergibt<br />
sich auch hier keine eindeutige Trennung zwischen<br />
Mundart und Standardsprache. Wenn <strong>die</strong> Kirche<br />
aber von Lan<strong>des</strong>sprache und <strong>die</strong> Verfassung von<br />
Staats- und Amtssprache sprechen, so kann man<br />
annehmen, dass darunter kaum <strong>die</strong> Mundart, sondern<br />
vielmehr das Hochdeutsch gemeint ist. Die<br />
Mundart hat per Dekret wenig Platz im offiziellen<br />
kirchlichen Alltag. «Auf dem Gebiet der Religion<br />
hat <strong>die</strong> Sprache Funktionen zu erfüllen, <strong>die</strong> von ihrem<br />
Alltagsgebrauch sehr verschieden sind. ... Wie<br />
insbesondere Emile Dürkheim gezeigt hat, durchwaltet<br />
alle Religionen das Bestreben, den sakralen<br />
Bezirk vom säkularen abzugrenzen. Der Gebrauch<br />
der Alltagssprache wird darum - zumin<strong>des</strong>t der<br />
Grundtendenz nach - vermieden» (Stark 1987,<br />
S. 83). Alle Pfarrer sind der Meinung, dass in der<br />
Kirche hauptsächlich Standard gesprochen wird.<br />
Das Standarddeutsch wird vor allem in den normalen<br />
Wochen- und Sonntagsgottes<strong>die</strong>nsten gebraucht,<br />
lediglich in den Schüler-, Kinder- und Jugendgottes<strong>die</strong>nsten<br />
hat auch <strong>die</strong> Mundart in beschränktem<br />
Mass ihren Platz, ausserdem teilweise<br />
bei Taufen und Hochzeiten. Für besonders feierliche<br />
Messen wird immer noch das Latein verwendet.<br />
Die Laienhelfer gebrauchen in der Messfeier fast<br />
durchwegs Standard. In drei Pfarreien spricht keiner<br />
der Laienhelfer <strong>die</strong> Mundart Liechtensteins. In<br />
zwei Pfarreien sprechen alle Laienhelfer <strong>die</strong> Mundart<br />
Liechtensteins. Zwei der Befragten gaben keine<br />
Antwort.<br />
Ausserhalb der Kirche, im persönlichen Kontakt<br />
mit den Kirchgemeindemitgliedern, herrscht <strong>die</strong><br />
Mundart vor. Die Hälfte der Pfarrer verkehrt nach<br />
eigenen Angaben mit den Kirchgemeindemitgliedern<br />
ausserhalb kirchlicher Anlässe in einem Gemisch<br />
verschiedener Mundarten. Zwei Pfarrer verkehren<br />
mit den Kirchgememdemitgliedern ausser-
halb kirchlicher Anlässe in der eigenen, nicht <strong>liechtenstein</strong>ischen<br />
Mundart. Gesamthaft gesehen ist<br />
<strong>die</strong> Kirche eine der wenigen Domänen, in der das<br />
Hochdeutsch eindeutig Vorrang hat. Der Gebrauch<br />
der Mundart bei kirchlichen Anlässen ist verschwindend<br />
klein. Es lässt sich also in <strong>die</strong>sem Fall<br />
mit Recht von einer Domäne sprechen, <strong>die</strong> <strong>die</strong><br />
Sprachverwendung eindeutig regelt.<br />
Weil <strong>die</strong> Anzahl der Probanden in <strong>die</strong>ser Domäne<br />
zu gering ist, erübrigt sich eine Darstellung in<br />
Tabellenform.<br />
2.4.4.<br />
BILDUNGSWESEN<br />
In Liechtenstein gibt es folgende Bildungseinrichtungen:<br />
Kindergärten, Primarschulen, Hilfsschulen,<br />
Sonderschulen, Oberschulen, Sekundärschulen,<br />
Realschulen und ein Gymnasium. 28<br />
Zudem existieren<br />
folgende private oder halbprivate Unterrichtsstätten:<br />
Das Abendtechnikum, <strong>die</strong> Arbeitsstelle<br />
für Erwachsenenbildung, <strong>die</strong> Musikschule,<br />
<strong>die</strong> Internationale Akademie für Philosophie, das<br />
Liechtenstein-Institut, das Bildungshaus Gutenberg<br />
und <strong>die</strong> Waldorfschule. Es fehlen unter anderem<br />
Berufsschulen und Universitäten. Untersucht wurden<br />
<strong>die</strong> öffentlichen Schulen. Diese wurden unterteilt<br />
in Unter- und Oberstufe.<br />
In der Oberstufe werden <strong>die</strong> 10 Sekundärschulen,<br />
das Liechtensteinische Gymnasium, <strong>die</strong> 4 Real<br />
Tabelle 4: Muttersprache •<br />
der Schüler und Lehrer<br />
ä<br />
DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />
ROMAN BANZER<br />
schulen und 5 Oberschulen <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> zusammengefasst.<br />
Diese Schulen sind zentralisiert, und in ihnen<br />
werden 1696 Schüler von insgesamt 204 Lehrern<br />
(inklusive Teilzeitlehrer) aus verschiedenen<br />
Gemeinden unterrichtet. In <strong>die</strong> Umfrage wurden<br />
154 Lehrer und Lehrerinnen miteinbezogen.<br />
In der Unterstufe sind <strong>die</strong> 14 Primarschulen, <strong>die</strong><br />
Hilfsschulen und eine Sonderschule zusammengefasst.<br />
Die Primarschulen sind dezentralisiert in den<br />
Dörfern, und in ihnen werden 1807 Schüler von<br />
139 Lehrern unterrichtet.<br />
Ebenfalls befragt wurden <strong>die</strong> Kindergärten. Hier<br />
werden 784 Kinder von 52 Kindergärtnerinnen unterrichtet.<br />
Über 70 Prozent der antwortenden Lehrer und<br />
über 60 Prozent der Schüler haben nach dem<br />
Urteil der Lehrer eine Mundart <strong>des</strong> Fürstentums<br />
Liechtenstein als Muttersprache. Die aktive Mundartkompetenz<br />
ist hoch. Grösstenteils sind <strong>die</strong> Schüler<br />
in der Lage, <strong>die</strong> Mundart Liechtensteins zu<br />
verstehen. Laut Umfrage gibt es an den Liechtensteiner<br />
Schulen keine Lehrer, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Mundart <strong>des</strong><br />
Lan<strong>des</strong> nicht verstehen.<br />
In der Verfassung <strong>des</strong> Fürstentums Liechtenstein<br />
ist <strong>die</strong> deutsche Sprache als Staats- und Amtssprache<br />
festgelegt. Darüber hinaus legt kein Gesetz,<br />
keine Verordnung und auch keine Weisung<br />
den Sprachgebrauch in den Schulen fest. Obwohl<br />
im Schulgesetz von 1971 in 142 Artikeln alles juristisch<br />
festgelegt scheint, findet sich auch hier keine<br />
Aussage zur Unterrichtssprache. Der Problematik<br />
Oberstufe Unterstufe ' Kindergärten<br />
O/ O/Il 0/<br />
/o „ ! • /o /o<br />
Muttersprache der Lehrer Mda. FL 53 78 85<br />
ändere Mda. 42 . 16- 9<br />
Hd. • 5 • . 6- 6<br />
Muttersprache .der Schüler* Mda. FL 60 ' • 62 62<br />
andere Mda. 28; 27 26<br />
Hd. 9 6 f 2<br />
Fremdsprache, 3 5' 10<br />
1 i<br />
* Aussagen der Probanden über andere..<br />
163
zwischen Standarddeutsch und Mundart, <strong>die</strong> in der<br />
benachbarten Schweiz mittlerweile Bibliotheken<br />
füllt, ist man sich in Liechtenstein in <strong>die</strong>sem Rahmen<br />
offensichtlich gar nicht bewusst. Wie <strong>die</strong><br />
durchgeführten Untersuchungen aufzeigen, ist <strong>die</strong><br />
Unterrichtssprache unter den Lehrern kaum ein<br />
Thema, das zu Auseinandersetzungen führt.<br />
Tabelle 5: Mundartkompetenz<br />
Schüler und Lehrer<br />
Datengewinnung Oberstufe:<br />
Fragebogen<br />
Versand: 154<br />
Rücklauf: 71 (N) = 46,1 %<br />
Probandenauswahl: Teilerfassung<br />
Datengewinnung Unterstufe:<br />
Fragebogen<br />
Versand: 139<br />
Rücklauf: 93 (N) = 66,9 %<br />
Probandenauswahl: Vollerfassung<br />
Datengewinnung Kindergarten:<br />
Fragebogen<br />
Versand: 52<br />
Rücklauf: 33 (N) = 63,5 %<br />
Probandenauswahl: Vollerfassung<br />
164<br />
Ein wenig deutlicher werden <strong>die</strong> Lehrpläne zum<br />
Sprachgebrauch in der Primarschule. «In den ersten<br />
Schulwochen der 1. Schulstufe ist <strong>die</strong> Mundart<br />
Unterrichtssprache. Nachher wird <strong>die</strong> Mundart allmählich<br />
von der schriftdeutschen Sprache abgelöst.<br />
Umschalten auf <strong>die</strong> Mundart (meistens nur für<br />
kürzere Zeit) empfiehlt sich immer dort, wo ir-<br />
Sne7ifikrilion Oberstufe<br />
« %<br />
, Unterstufe<br />
%<br />
Kindergärten<br />
%<br />
Aktive Mündärtkompetenz<br />
der Lehrer<br />
100 %<br />
75 %<br />
• 10<br />
30<br />
44<br />
56<br />
.:<br />
i<br />
-' -<br />
—<br />
50 % 38 , 0<br />
25 % o ' ' ()<br />
0 %' 10 '. 0<br />
anHPTTA MHä 10 o f !<br />
•<br />
Andere Varietät der Lehrer, Hd. 1 22 ' ' 19<br />
<strong>die</strong> nicht Mundart sprechen andere Mda. , 78 '. 81<br />
Fremdsprache 0 o<br />
Aktive Mundartkompetenz 100 % 20 33 , -'j.-9<br />
der Schuler* 75 % 7.0 i 56 ' 32<br />
5 0 % : 10 1.1 29<br />
25 % 0 ' 0 < 4<br />
0% 0 .- 0 : '0'<br />
ändere Mda. 0 0 ' " 26<br />
Andere-Varietät der Schüler, Hd. 23 ni l. >8<br />
<strong>die</strong> nicht Mundart sprechen* andere Mda. 71 .,7,1. 1 51<br />
Fremdsprache .•„ 6 12 i • i. 4i<br />
Schüler, <strong>die</strong> Mundart nicht ' 10 \ 4 « , \ 8<br />
verstehen*<br />
Spraehkompe-;<br />
tenz Hd.* sehr j ?ut 0 0<br />
der Schüler gut : 13 35<br />
mittel. , 72 60<br />
" schlecht • 13 ; .5<br />
sehr schlecht • 2 ; \;0<br />
Schreibkömpetenz Hd.* sehr gut 0 "1 0<br />
der Schüler gut 15 '20<br />
mittel : 63 I • 72<br />
schlecht 20 8<br />
sehr schlecht . 2 0<br />
Aussagen der Probanden über andere.<br />
t *"'
gendwelche Verstehensschwierigkeiten auftreten<br />
und ein Umsetzen in <strong>die</strong> Mundart zur Klärung und<br />
Veranschaulichung <strong>die</strong>nen kann. Umschalten auf<br />
<strong>die</strong> Mundart ist geradezu geboten, wenn ein Kind<br />
beim eigenen spontanen Sprechen Mühe hat und<br />
wenn erwartet werden kann, dass ihm in der<br />
Mundart <strong>die</strong> Formulierung leichter gelingt und <strong>die</strong><br />
Tabelle 6: Sprachgebrauch<br />
— — — — — ;<br />
— 1<br />
DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />
ROMAN BANZER<br />
Hemmungen geringer sind. Bewusste Mundartpflege<br />
erfolgt wirksamer durch den mündlichen Gebrauch<br />
der Mundart im Gespräch. Das Lesen von<br />
Mundarttexten macht den Schülern mehr Schwierigkeiten,<br />
besonders auch wegen der verschiedenen<br />
Lautungen. Mit zunehmender Fähigkeit im bewussteren<br />
Lesen der Schriftsprache wächst auch<br />
Spezifikation Oberstufe<br />
/o<br />
Unterstufe'<br />
10<br />
• Kindergärten'<br />
i /o<br />
. — — _<br />
't r<br />
Unterrichtssprache Mda: 12 100<br />
UA<br />
3;><br />
58 30 0<br />
Hd.<br />
bei<strong>des</strong> 30 35 0<br />
Präferenz der Schüler für* Mda: FL 50 44 58<br />
FL fremd**' 40 51 42<br />
Gemisch 10 5 0<br />
Hd, 0 0 • , 0<br />
Präferenz der Lehrer für Mda. FL 32 72 90<br />
FL fremd** 38: 11 10.<br />
Gemisch, 30 17 0<br />
Hd. 0 0 0<br />
Sprachgebrauch Mda. 75 ' 98 100<br />
Schüler/Lehrer in privaten Hd. 25 .2 0<br />
Situation'enln der Stunde bei<strong>des</strong> 0 0 0<br />
Sprachgebrauch Mda., 100 98 ' 100<br />
Schüler/Lehrer in privaten Hd. 0 ;<br />
2 0<br />
Situationen in der Freizeit bei<strong>des</strong> 0 0 • 0<br />
Sprachgebrauch in Mda.' 86 . 100 100<br />
Lehrerkonferenzen Hd. :3 0 1 0<br />
bei<strong>des</strong>' 11 0 0<br />
Unterrichtseinleitung Mdä. 28 53<br />
Hd. ,64 . 47"<br />
bei<strong>des</strong> 8 0<br />
Rede/Vortrag ausserhalb Mda. 35 46 53<br />
der Schule Hd. 43 0' 0<br />
bei<strong>des</strong> 22 54 47<br />
* Aussagen "der Probanden über andere.<br />
•** Mundart Liechtensteins mit fremden .Einflüssen.<br />
165
<strong>die</strong> Fähigkeit, Mundarttexte zu lesen» (Lehrplan<br />
für <strong>die</strong> Primarschule, Verordnung vom 26. Nov.<br />
1985, LGB1. 1986 Nr. 14). Die Lehrpläne der Oberstufe<br />
sprechen von Sprachgestalten, Sprachverstehen<br />
oder Sprachbeherrschung. Lehrziel für das<br />
Fach Deutsch am Liechtensteinischen'Gymnasium<br />
ist nach Lehrplan «eine angemessene Sprachkompetenz<br />
sowie Verständnis für das Geistesleben im<br />
deutschsprachigen Kulturraum und somit <strong>die</strong> Vorbereitung<br />
auf <strong>die</strong> Hochschule». Die Begriffe Mundart<br />
oder Dialekt tauchen in <strong>die</strong>sen Lehrplänen<br />
nicht mehr auf. Unter Sprache wird hier selbstredend<br />
<strong>die</strong> Standardsprache verstanden.<br />
Trotzdem gibt es natürlich auch in der Oberstufe<br />
immer wieder Sprechsituationen, in denen Mundart<br />
gesprochen wird. Grundsätzlich nimmt der Einsatz<br />
<strong>des</strong> Standarddeutschen als Unterrichtssprache<br />
mit höherer Schulstufe und Schulklasse zu. Im Kindergarten<br />
sind es Ausnahmesituationen, wenn<br />
Hochdeutsch gesprochen wird. Dies geschieht etwa<br />
mit einem Kind, das den Dialekt nicht versteht, mit<br />
<strong>des</strong>sen Eltern oder auch in einer Teamsitzung bei<br />
der jemand anwesend ist, der <strong>die</strong> Mundart nicht<br />
beherrscht.<br />
Mit zunehmendem Alter wächst das Kind unbewusst<br />
in eine schulinterne «Fachdiglossie» hinein.<br />
Darunter verstehen wir <strong>die</strong> Verwendung von<br />
Mundart in den musischen Fächern Zeichnen, Turnen,<br />
Musik, Werken, Handarbeit, Lebens- und Berufskunde<br />
sowie in den Klassenstunden (Stunden<br />
mit dem Klassenlehrer zur Besprechung organisatorischer<br />
Fragen) und von Hochdeutsch in den kursorischen<br />
Fächern Mathematik, Fremdsprachen,<br />
Deutsch, Geschichte, Geographie, Chemie, Physik,<br />
Biologie, Me<strong>die</strong>nkunde, Geschäftskunde usw. Allge-<br />
Tabelle 7: Stellenwert der<br />
Mundart in der Schule<br />
166<br />
Stellenwert Mda. sehr hoch<br />
hoch<br />
mittel<br />
niedrig<br />
sehr niedrig<br />
mein wird in themabezogenen Diskussionen, in<br />
Rollenspielen, in geführten Gesprächen, in Gruppenarbeiten,<br />
in Vorträgen, in Frage- und Antwortspielen<br />
sowie im Fach Deutsch und in provozierten<br />
autoritär lancierten Sprechsituationen Hochdeutsch<br />
gesprochen. Ausser in besagten Fällen<br />
sind <strong>die</strong> Schüler aus eigenem Anlass kaum bereit,<br />
Hochdeutsch zu sprechen, zumal es hierfür innerhalb<br />
der diglossischen Sprachsituation auch keine<br />
einleuchtende Begründung gibt.<br />
In sehr vielen Fällen (83 Prozent der Lehrer haben<br />
auf eine <strong>die</strong>sbezügliche Frage mit Ja geantwortet.)<br />
gibt es in den Schulstunden Situationen, in denen<br />
Mundart gesprochen wird, obwohl für <strong>die</strong>ses<br />
Fach Standard vorherrschend ist. Etwa im persönlichen<br />
Kontakt mit dem Schüler, zu Beginn der Schulstunde,<br />
zur Auflockerung, zur Besprechung von<br />
Organisatorischem oder als Erklärungshilfe, wenn<br />
es in Hochdeutsch Verständigungsschwierigkeiten<br />
gibt, für Zurechtweisungen, um Aufmerksamkeit<br />
herzustellen, in der Klassenstunde allgemein, in Diskussionen,<br />
für Arbeitsanweisungen, in Gruppenarbeiten<br />
oder in Rollenspielen, im privaten Gespräch<br />
während einer Prüfung. 29<br />
Selten reden <strong>die</strong> Schüler untereinander, <strong>die</strong> Lehrer<br />
untereinander oder Schüler mit Lehrern ausserhalb<br />
der Schulstunden Hochdeutsch. Dies geschieht<br />
vor allem im Gespräch mit fremdsprachigen<br />
Kommunikationspartnern, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Mundart<br />
nicht verstehen. In Nachahmung von Film und<br />
Fernsehen gebrauchen <strong>die</strong> Schüler untereinander<br />
hie und da das Standarddeutsch.<br />
Jene, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Mundart in den Schulstunden be-<br />
wusst als didaktisches Mittel einsetzen, bezwecken<br />
damit folgen<strong>des</strong>: Allgemein zum Aufbau von per<br />
Oberstufe ' ' Unterstufe! Kindergarten<br />
Ol Of ' Of<br />
/o /o /o<br />
8 ' 11; * •, 64<br />
33: " 29 l • * \ 32<br />
33 39 \ * 4<br />
22 • * 2i .0.<br />
4 * Ö .0
sönlichem Kontakt, um Erzähltes realistischer erscheinen<br />
zu lassen, um eine bessere Verständigung<br />
zu erzielen, um Vertrauen zu gewinnen, zum Abbau<br />
von Sprachbarrieren, um den emotionalen Zugang<br />
zu einem Thema zu fördern, zur Differenzierung<br />
von persönlichen und offiziellen Situationen,<br />
um eine lockere und ungezwungene Atmosphäre<br />
zu schaffen.<br />
Über 60 Prozent der Lehrer setzen <strong>die</strong> Standardsprache<br />
als didaktisches Mittel ein, um folgen<strong>des</strong> zu<br />
bezwecken: Allgemein, weil Deutsch gelernt werden<br />
muss, zur Verbesserung der Schreib- und Sprachkompetenz,<br />
zur Herstellung von Distanz zwischen<br />
Schüler und Lehrer, um Strenge zu zeigen, zur Differenzierung<br />
von persönlichen und offiziellen Situationen,<br />
zur Präzisierung der Formulierung, weil<br />
Standard exakter ist, oder als Vorbildfunktion für <strong>die</strong><br />
Beherrschung <strong>des</strong> Deutschen.'<br />
Gemäss 91,5 Prozent der befragten Lehrer gibt<br />
es in den Schulen keine Sprachformen, Mundarten<br />
oder Sprachen, <strong>die</strong> vermieden oder deren Sprecher<br />
auf Grund der sprachlichen Andersartigkeit diskriminiert<br />
werden. Jene Lehrer, <strong>die</strong> finden, dass <strong>die</strong><br />
genannte Diskriminierung stattfindet, stellen fest,<br />
dass davon vor allem Türken, Jugoslawen und<br />
Sprecher mit Entlehnungen aus österreichischen<br />
Dialekten oder <strong>die</strong> Einwohner von Triesenberg mit<br />
ihrer Walser<strong>mundart</strong> betroffen sind.<br />
Bei 88,8 Prozent der Lehrer ist Mundart und<br />
Mundartliteratur nach eigenen Angaben kein Unterrichtsthema.<br />
Höchstens in Erzählungen aus den<br />
Dörfern, in Gedichten von Liechtensteinern und in<br />
der Sprachgeschichte Liechtensteins wird <strong>die</strong><br />
Mundart in seltenen Fällen in <strong>die</strong> Schulstunden<br />
miteinbezogen. Von einer Mundartpflege in der<br />
Schule kann also nicht gesprochen werden. Dieser<br />
Meinung schliessen sich 95 Prozent der befragten<br />
Lehrer an. So ergibt der Sprachgebrauch in den<br />
Schulstunden auch kaum Anlass zu Diskussionen.<br />
Lediglich bei 15 Prozent aller Lehrer ist <strong>die</strong> Verwendung<br />
der Mundart im Unterricht ein kontroverses<br />
Thema.<br />
Gemäss unseren Erhebungen gibt es im schulischen<br />
Bereich keine Anlässe, in denen Mundart geschrieben<br />
wird. Im ausserschulischen, privaten<br />
DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />
ROMAN BANZER<br />
Umgang unter Lehrern und Schülern herrscht, wie<br />
im allgemeinen Sprachgebrauch <strong>die</strong> Regel der dialektalen<br />
Präferenz. Die sprachliche Situation in den<br />
Schulstunden wird geregelt durch <strong>die</strong> Fachdiglossie.<br />
2.4.5.<br />
ÖFFENTLICHKEIT<br />
«So selbstverständlich sich Schweizerdeutsch und<br />
Schriftdeutsch in <strong>die</strong> Funktionen der Umgangssprache<br />
einerseits, der Schreib- und Lesesprache<br />
anderseits teilen, so zerfahren wirkt ihr Verhältnis<br />
im Bereich der öffentlichen Rede. Die Wahl der<br />
Sprachform hängt hier von den verschiedensten,<br />
oft ganz äusserlichen Umständen ab und erscheint<br />
nicht selten mehr von Zufall oder Willkür denn<br />
von einer sinnvollen Aufgabenteilung bestimmt»<br />
(Schwarzenbach 1969, S. 241). Diese «babylonische<br />
Sprachverwirrung» scheint für <strong>die</strong> Sprachverwendung<br />
in der Öffentlichkeit auch in Liechtenstein<br />
feststellbar zu sein. Es fällt daher schwer, Kriterien<br />
für eine Analyse zu finden.<br />
Unter öffentlicher Kommunikation verstehen<br />
wir: a) <strong>die</strong> direkte Rede vor einem anwesenden Publikum<br />
(Rede, Vortrag im herkömmlichen Sinn)<br />
und b) <strong>die</strong> indirekte Rede über ein technisches Medium<br />
an ein disperses, nicht direkt anwesen<strong>des</strong> Publikum<br />
(Massenme<strong>die</strong>n).<br />
Liechtenstein hat kein eigenes Fernseh-Programm<br />
und besitzt erst seit 1995 eine eigene private<br />
Radio-Station. Per Verkabelung sind in allen<br />
Haushalten bis zu 20 ausländische Fernsehprogramme<br />
und unzählige Radiosender zu empfangen.<br />
Die lokale Information geschieht über das<br />
Fernsehen DRS (Schweiz) und ORF (Österreich), sowie<br />
über <strong>die</strong> Radiostationen DRS1, Öl sowie über<br />
Lokalradios. 31<br />
Das Sprachverhalten der Liechtensteiner<br />
richtet sich beim Auftreten in einem der<br />
Sendegefässe nach dem Usus <strong>des</strong> einzelnen Senders.<br />
Für lokale Informationen gebraucht DRS fast<br />
ausschliesslich <strong>die</strong> Mundart, der ORF verwendet<br />
zum grössten Teil <strong>die</strong> Standardsprache. Die Situation<br />
bei Radio und Fernsehen DRS ist ein Spiegel der<br />
167
deutschschweizerischen Sprachlandschaft. «Für<br />
Nachrichten der Depeschenagentur, für Internationales,<br />
Wissenschaftliches, Theologisches, Akademisch-Kulturelles,<br />
Literarisches und <strong>die</strong> Präsentation<br />
klassischer Musik bot sich das Hochdeutsch<br />
an. Für Familiäres, Alltägliches, Privates, Bäuerliches,<br />
Volkstümliches und <strong>die</strong> Unterhaltungsmusik<br />
standen <strong>die</strong> Mundarten zur Verfügung ... 1970<br />
betrug der Anteil der Mundart bei Radio DRS 33<br />
Prozent. 1979 war er auf 50 Prozent gestiegen,<br />
heute, nach dem Hinzukommen von DRS 3, beträgt<br />
er, über das ganze gesehen, etwa zwei Drittel»<br />
(Fricker 1988, S. 30 f.). Noch höher liegen <strong>die</strong>se<br />
Zahlen nach eigenen Erfahrungen für das benachbarte<br />
Lokalradio «Gonzen». Allerdings sind uns<br />
hierzu keine detaillierten Untersuchungen bekannt.<br />
Anders gestaltet sich <strong>die</strong> Sprachsituation in<br />
den österreichischen Me<strong>die</strong>n. Sowohl im Radio wie<br />
im Fernsehen ist kaum einmal Mundart zu hören.<br />
Auch in den lokalen Sendegefässen wird fast<br />
durchwegs Hochdeutsch gesprochen. Gemäss Auskunft<br />
<strong>des</strong> ORF gab es vor Jahren im Hörfunk ein<br />
Volkskundemagazin, das in Dialekt moderiert wurde.<br />
Heute besteht eine einzige Sendung zur Vorarlberger<br />
Mundartdichtung, <strong>die</strong> in Mundart gestaltet<br />
wird, <strong>die</strong> im ganzen Sendeumfang kaum auffällt.<br />
So liegen <strong>die</strong> dialektal moderierten Sendungen <strong>des</strong><br />
österreichischen Rundfunks und <strong>des</strong> Fernsehens<br />
klar unter der 5-Prozent-Grenze.<br />
Zusätzlich sind auch alle Programme der Bun<strong>des</strong>republik<br />
Deutschland über <strong>die</strong> Gemeinschaftsantenne<br />
zu empfangen. Die Vorbildfunktion <strong>des</strong><br />
Hochdeutschen ist in <strong>die</strong>sem Bereich sehr hoch.<br />
Für das Standarddeutsch wird zumin<strong>des</strong>t <strong>die</strong> passive<br />
Kompetenz stark gefördert.<br />
Für <strong>die</strong> öffentliche Rede im herkömmlichen<br />
Sinn, <strong>die</strong> an ein anwesen<strong>des</strong> Publikum gerichtet ist,<br />
haben wir eine Untersuchung angestellt. Während<br />
drei Monaten wurden <strong>die</strong> Daten zu sämtliche Reden<br />
und Vorträgen erhoben, <strong>die</strong> in <strong>die</strong>ser Zeit in<br />
Liechtenstein gehalten wurden. Die Redner wurden<br />
in einem Telephongespräch befragt. Wir inventarisierten<br />
40 Reden, wovon fünf für <strong>die</strong> Auswertung<br />
nicht in Frage kamen, weil der Redner entweder<br />
nicht ausfindig gemacht oder nicht erreicht werden<br />
168<br />
konnte. Wir haben <strong>die</strong> Varietätenwahl in Abhängigkeit<br />
von folgenden Rededeterminanten untersucht:<br />
Manuelle oder nicht-manuelle Berufstätigkeit,<br />
Bildung, Thema (politisch, kulturell, wissenschaftlich,<br />
wirtschaftlich), Geschlecht, <strong>mundart</strong>kompetente<br />
und <strong>mundart</strong>inkompetente Zuhörerschaft,<br />
Vorhandensein eines Manuskriptes.<br />
Keine der Reden wurde von einer Frau gehalten!<br />
Zwei Redner haben einen manuellen Beruf, 16 haben<br />
eine akademische, 13 eine höhere Bildung und<br />
sechs schlössen eine Berufslehre ab. 50 Prozent<br />
der Reden hatten einen kulturellen Inhalt, 30 Prozent<br />
einen politischen, 15 Prozent einen wissenschaftlichen<br />
und 5 Prozent einen wirtschaftlichen.<br />
83 Prozent der Vorträge wurden ab Manuskript gelesen<br />
und waren in 43 Prozent an ein <strong>mundart</strong>kompetentes<br />
Publikum gerichtet.<br />
Rund <strong>die</strong> Hälfte der Reden wurde in Mundart gehalten.<br />
51 Prozent der Befragten gaben an, in ihren<br />
Reden je nach Situation Hochdeutsch oder Mundart<br />
zu gebrauchen. Entscheidend ist für <strong>die</strong>se, ob<br />
<strong>die</strong> Rede an eine <strong>mundart</strong>kompetentes Publikum<br />
gerichtet ist oder nicht. Bei Zuhörern, bei denen<br />
anzunehmen ist, dass sie <strong>die</strong> Mundart nicht verstehen,<br />
wird Standard gebraucht. 43 Prozent sagten,<br />
sie würden ausschliesslich Standard benützen, und<br />
6 Prozent sprechen nach eigenen Angaben in einer<br />
öffentlichen Rede nur Mundart. Nur für eine Rededeterminante<br />
konnte eine signifikante Korrelation<br />
zur Varietätenwahl festgestellt werden. 84 Prozent<br />
der in Mundart gehaltenen Reden fanden vor<br />
einem Publikum statt, von dem der Redner annehmen<br />
musste, dass er zu <strong>mundart</strong>kompetenten Personen<br />
sprach. Nimmt der Redner an, dass im Publikum<br />
Hörer anwesend sind, <strong>die</strong> <strong>die</strong> heimische<br />
Mundart nicht verstehen, spricht er Hochdeutsch.<br />
Das heisst, dass <strong>die</strong> Wahl der Varietät hauptsächlich<br />
von der vermuteten Dialektkompetenz und<br />
dem sozialen Status <strong>des</strong> Publikums und ausserdem<br />
vom Öffentlichkeitsgrad abhängt. Die Reden und<br />
Vorträge wurden aber nicht nur dann in Hochdeutsch<br />
gehalten, wenn anzunehmen war, dass mit<br />
der Wahl der Orts<strong>mundart</strong> Verständigungsschwierigkeiten<br />
bestehen würden, sondern auch, wenn<br />
das Publikum zum grössten Teil aus Vertretern der
Regierung, <strong>des</strong> Klerus, <strong>des</strong> Fürstenhauses, allgemein<br />
aus Vertretern der öffentlichen Ämter bestand.<br />
2.4.6.<br />
FAMILIE, FREIZEIT UND VEREINE<br />
In Liechtenstein gab es 1980 bei 27700 Einwohnern<br />
5883 Familienhaushaltungen. Darunter versteht<br />
das Statistische Amt «Haushaltungen, <strong>die</strong> wenigstens<br />
<strong>die</strong> Familie <strong>des</strong> Haushaltungsvorstan<strong>des</strong><br />
umfassen. Als Familie gilt ein Ehepaar (Vorstand<br />
mit Ehepartner) oder ein Aszendenz-Deszendenzverhältnis<br />
1. Gra<strong>des</strong> (Vorstand mit Kind; Vorstand<br />
mit Vater, Mutter)» (Volkszählung 1980, S. 8). In<br />
<strong>die</strong>sen Familien lebten 21'200 Personen. Über <strong>die</strong><br />
Muttersprache oder <strong>die</strong> ehemalige Staatsbürgerschaft<br />
der Ehegattinnen und Ehegatten konnte<br />
weder das Statistische Amt noch <strong>die</strong> Einwohnerkontrolle<br />
der Gemeinden Auskunft geben. Leider<br />
gibt es in den Statistischen Jahrbüchern keine konkreteren<br />
Angaben über <strong>die</strong> Dialektsprecher in<br />
Liechtenstein. Annäherungen über <strong>die</strong> Zahl der<br />
Mundartsprecher in den Familien erhält man über<br />
Hochrechnungen. Von 12'600 verheirateten Personen<br />
waren ca. 70 Prozent Liechtensteiner Mundartsprecher<br />
(vgl. S. 154 f).<br />
Wie in den bisherigen Kapiteln bereits aufgezeigt<br />
wurde, gibt es nur wenige Faktoren, <strong>die</strong> einen<br />
Mundartsprecher dazu bewegen, Flochdeutsch zu<br />
sprechen. Die Familie, <strong>die</strong> Freizeit und zum grössten<br />
Teil auch <strong>die</strong> Vereine summieren all jene Bedingungen<br />
auf sich, <strong>die</strong> für den <strong>mundart</strong>lichen Sprachgebrauch<br />
Voraussetzung sind: familiäre, private<br />
Situierung, alltäglicher, spontaner, einfacher Gesprächsgegenstand<br />
sowie vorhandene Dialektkompetenz.<br />
Unsere Untersuchung hat gezeigt, dass im<br />
familiären Bereich nur dann Hochdeutsch gesprochen<br />
wird, wenn der Kommunikationspartner <strong>die</strong><br />
Mundart nicht versteht. So bei Besuchen aus<br />
Deutschland oder bei Fremdsprachigen, <strong>die</strong> nur<br />
Standard sprechen. Inwieweit der Sozialstatus der<br />
Sprecher auch in Liechtenstein einen Einfluss auf<br />
<strong>die</strong> Variantenwahl hat, wie <strong>die</strong>s in Deutschland und<br />
DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />
ROMAN BANZER<br />
Österreich der Fall ist, 32<br />
wurde nicht untersucht. Es<br />
ist schon mehrmals betont worden, dass sich<br />
Liechtenstein, was <strong>die</strong> Sprachpragmatik anbetrifft,<br />
zur Schweiz stellt. «Mundart wird erstens ausnahmslos<br />
von allen sozialen Schichten gesprochen;<br />
zweitens reicht ihr Geltungsbereich im pragmatischen<br />
Sinne weit über den irgendeiner in Deutschland<br />
gesprochenen Mundart hinaus. Sie ist nicht<br />
nur <strong>die</strong> Sprache <strong>des</strong> familiären Umgangs, sondern<br />
auch <strong>die</strong> weiter Bereiche <strong>des</strong> öffentlichen Lebens»<br />
(Ris 1973, S. 35). Und dennoch wurde in Vorgesprächen<br />
und durch teilnehmende Beobachtung<br />
festgestellt, dass im Sprachkontakt mit Personen<br />
aus dem süddeutschen oder österreichischen<br />
Raum, <strong>die</strong> eine <strong>mundart</strong>lich gefärbte Umgangssprache<br />
sprechen, auch von Liechtensteinern <strong>die</strong>se<br />
Umgangssprache oder das Hochdeutsch gewählt<br />
wird, auch wenn bekannt ist, dass der Gesprächspartner<br />
<strong>die</strong> Mundart <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> versteht. Es muss<br />
hier festgehalten werden, dass <strong>die</strong>s <strong>die</strong> Ausnahme<br />
ist, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Regel bestätigt. In Gesprächen, in denen<br />
wir den Gründen für <strong>die</strong>sen atypischen Sprachgebrauch<br />
nachgingen, wurde immer wieder geäussert,<br />
es seien sozial Bessergestellte, oder solche, <strong>die</strong><br />
es gerne wären, <strong>die</strong> Llochdeutsch sprechen. Es<br />
gäbe eben auch solche, für <strong>die</strong> das Standarddeutsch<br />
mehr Prestige besitze als <strong>die</strong> Mundart.<br />
Demzufolge wurde versucht, <strong>die</strong> Untersuchung<br />
<strong>des</strong> Sprachgebrauchs in der Familie so anzulegen,<br />
dass <strong>die</strong> Rededeterminante der Schichtzugehörigkeit<br />
in <strong>die</strong> Analyse miteinbezogen wurde. Eine<br />
Schichtung im klassischen Sinn (Unter-, Mittel- und<br />
Oberschicht) fällt schwer, weil in Liechtenstein <strong>die</strong><br />
Oberschicht, vertreten durch ein starkes Bürgertum,<br />
durch Industriemagnaten, einen hohen Klerus, eine<br />
bedeutende Regierungskaste oder durch reiche Financiers,<br />
fehlte. Liechtenstein war bis Ende <strong>des</strong><br />
Zweiten Weltkrieges ein armes Bauernland, das<br />
durch <strong>die</strong> Fürsten von Liechtenstein in Stellvertretung<br />
von Wien aus regiert wurde. Wohl gibt es heute<br />
Arbeitgeber und Arbeitnehmer, aber anderen<br />
Schichten müssen <strong>die</strong>se nicht angehören, zumal <strong>die</strong><br />
Arbeitgeber grösstenteils Arbeiterkinder sind; zudem<br />
lässt der relative Wohlstand aller potentiell<br />
vorhandene Grenzen noch undeutlicher werden.<br />
169
«Die empirische Basis <strong>die</strong>ser Schichtzuteilung<br />
sind <strong>die</strong> sozialen Zustände der Bun<strong>des</strong>republik (...),<br />
<strong>die</strong> aber nicht unbesehen auf alle westlichen Industriestaaten<br />
übertragen werden dürfen. Ebensowenig<br />
ist es statthaft, <strong>die</strong> sozialen und gesellschaftlichen<br />
Bedingungen der USA, <strong>die</strong> als Hintergrund<br />
für amerikanische soziolinguistische Untersuchungen<br />
<strong>die</strong>nen, unbesehen auch für deutsche Verhältnisse<br />
anzunehmen. Solche Merkmalbeschreibungen<br />
gelten nicht universell, wohl nicht einmal für<br />
ein ganzes Land insgesamt. Man muss mit grossen<br />
Unterschieden auch regionaler Art rechnen. (...)<br />
Bei der genannten Unsicherheit in der Abgrenzung<br />
sozialer Schichten und der Schwierigkeit zu bestimmen,<br />
welche sprachlichen Eigenheiten auf<br />
Schichtmerkmale oder auf andere Ursachen (...)<br />
zurückgehen, muss grösste Vorsicht gelten bei der<br />
Annahme von , so als<br />
Tabelle 8: Sprachgebrauch<br />
in den Familien<br />
Datengewinnung: Fragebogen<br />
Versand: 274<br />
Rücklauf: 156 (N) = 57 %<br />
Familienhaushaltungen:<br />
5883<br />
Probandenauswahl: Teilerfassung<br />
mit strukturierter<br />
Vorauswahl<br />
170<br />
* Aussagen der Probanden über andere.<br />
*"* Mundart Liechtensteins mit.fremden Einflüssen.<br />
spräche jede soziale Schicht ihre eigene Sprache»<br />
(Löffler 1985, S. 41).<br />
Trotzdem wird der Versuch einer Schichteinteilung<br />
unternommen, um <strong>die</strong> Abhängigkeit <strong>des</strong><br />
Sprachgebrauchs von eben <strong>die</strong>ser Determinante -<br />
falls vorhanden - zu untersuchen. Es ist nicht unser<br />
Ziel, schichtspezifische Varianten zu elaborieren,<br />
sondern <strong>die</strong> Hypothese der Unabhängigkeit<br />
der Varietätenwahl von der sozialen Zuordnung<br />
der Mundartsprecher zu verifizieren.<br />
Ein Promille der <strong>liechtenstein</strong>ischen Bevölkerung,<br />
unterteilt in Ober-, Mittel-, und Unterschicht,<br />
wurde über den Spachgebrauch in der Familie befragt.<br />
Die Probandenauswahl für unsere «informelle»<br />
Schichteinteilung erfolgte auf Grund der<br />
Information einer Gewährsperson in jeder Gemeinde.<br />
Diese wurden beauftragt, nach folgenden Kriterien<br />
weitere Probanden zu nennen:<br />
Spezifi- 'Ober- Mittel? Unter-:<br />
kation Schicht - Schicht Schicht<br />
% % %<br />
Präferenz', für* Mda, FL J 83 89 80<br />
FL fremd** 4 8 ' 0<br />
Gemisch 4 1 20<br />
Hd. * 4 1 0<br />
Fremdsprache 5. 1 0<br />
Aktive Mundartkompetenz 100 % 62 : 75 40<br />
der Familienmitglieder* ,75 % ' 18 22 , , 40<br />
50 % 16 •2 0<br />
25 % ! o" 1 20<br />
0% , 4 0 0<br />
Andere' Varietät der Familienmitglieder, Hd. 72 65 66<br />
<strong>die</strong> nicht, Mundart sprechen* ändere Mda,* 2-3. 15 33<br />
Fremdsprache '5 : 5 0<br />
Gemisch 0 15 0<br />
Familienmitglieder, <strong>die</strong> Mundart verstehen* 96 98 100<br />
Sprachkontakt mit Hd. Hd. i 100 100 100<br />
Sprachsituation mit Hd. im Bekanntenkreis* 80' 47 ' 20
Oberschicht: sehr hohes Einkommen<br />
sehr grosser Besitz<br />
hohes Ansehen in der Gemeinde<br />
hohe Stellung im Beruf<br />
Mittelschicht: gutes Einkommen<br />
durchschnittlicher Besitz<br />
gutes Ansehen in der Gemeinde<br />
gute Stellung im Beruf<br />
Unterschicht: geringes Einkommen<br />
geringer Besitz<br />
geringes Ansehen in der Gemeinde<br />
niedrige Stellung im Beruf<br />
Die Zahl der Probanden, <strong>die</strong> uns von den Gewährspersonen<br />
in den Gemeinden genannt wurden, war<br />
relativ zur Einwohnerzahl der Gemeinde und betrug<br />
aus der Oberschicht 18 Prozent, der Mittelschicht<br />
79 Prozent und der Unterschicht 12 Prozent.<br />
33<br />
Wir glauben damit eine Auswahl getroffen<br />
zu haben, <strong>die</strong> gemäss unseren Beobachtungen den<br />
Verhältnissen in Liechtenstein entspricht. Dieses<br />
Vorgehen wurde gewählt, weil <strong>die</strong> Vermögens- und<br />
Erwerbsverhältnisse der Probanden nicht in Erfahrung<br />
zu bringen waren, als solche aber unabdingbare<br />
Konstituenten einer Schichtzuteilung in einer<br />
kapitalistischen Gesellschaft sind. Ruoff meint hierzu,<br />
dass ein Proband wohl lieber seine ausserehelichen<br />
Liebesverhältnisse dartut, falls vorhanden, als<br />
dass er Einblick in seine finanziellen Verhältnisse<br />
geben würde. 34<br />
Die Auswertung <strong>die</strong>ser repräsentativen Umfrage<br />
zeigt, dass im Sprachgebrauch zwischen den einzelnen<br />
Schichten keine Unterschiede bestehen, <strong>die</strong><br />
es rechtfertigen würden, von schichtspezifischen<br />
Co<strong>des</strong> zu sprechen. Lediglich <strong>die</strong> Sprachsituation,<br />
in der im Bekanntenkreis Hochdeutsch gesprochen<br />
wird, zeigt Unterschiede, indem in der Oberschicht<br />
im Gespräch mit hochdeutschsprechenden Bekannten<br />
in 80 Prozent der Fälle auch von den<br />
Liechtensteiner Mundartsprechern Hochdeutsch<br />
gesprochen wird, während in der Mittelschicht 47<br />
Prozent und in der Unterschicht 20 Prozent der Befragten<br />
angegeben haben, dass <strong>die</strong> Mitglieder ihrer<br />
Familie hier Standard benutzen. Die Aussage von<br />
Ris für <strong>die</strong> Sprachpragmatik der Schweiz kann also<br />
DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />
ROMAN BANZER<br />
voll und ganz auf Liechtenstein übertragen werden.<br />
Die Verwendung von Hochdeutsch oder Mundart<br />
im familiären Bereich korreliert nicht mit der Rededeterminante<br />
der Schichtzugehörigkeit.<br />
2.4.6.1.<br />
FÜRSTENHAUS<br />
Fürst Franz Josef II. war der erste Vertreter seines<br />
Geschlechts, der seinen ständigen Wohnsitz in<br />
Liechtenstein genommen hatte. Der Vater <strong>des</strong> nun<br />
amtierenden Fürsten ist nicht in Liechtenstein aufgewachsen<br />
und sprach demzufolge auch nicht <strong>die</strong><br />
Mundart <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong>. Dessen Gemahlin, Fürstin<br />
Gina von Liechtenstein, war eine gebürtige Österreicherin.<br />
Beide sprachen Hochdeutsch oder eine<br />
Umgangssprache aus ihrem Geburtsland. Deren<br />
Kinder und Kin<strong>des</strong>kinder sind alle in Liechtenstein<br />
aufgewachsen und haben auch in ihrem Heimatdorf<br />
<strong>die</strong> Grundschule besucht. Daher hat sich <strong>die</strong><br />
zweite und dritte Generation der in Liechtenstein<br />
lebenden Mitglieder <strong>des</strong> Fürstenhauses eine aktive<br />
Mundartkompetenz erworben. Zuhause in der Familie<br />
und auch vielfach im Umgang mit Mundartsprechern<br />
benutzen <strong>die</strong> von Liechtenstein Hochdeutsch<br />
oder eine dem Hochdeutsch sehr nahestehende<br />
Umgangssprache, <strong>die</strong> durch ihre Verbindung<br />
nach Österreich, speziell nach dem Wiener<br />
Raum geprägt ist. Allgemein wird im Fürstenhaus<br />
also überwiegend Hochdeutsch gesprochen. Die<br />
Phase einer aktiven Verwendung der Mundart reduziert<br />
sich bei der zweiten und dritten Generation<br />
der in Liechtenstein lebenden Familienmitglieder<br />
auf <strong>die</strong> Zeit der Grundschule. Man darf hierbei<br />
nicht vergessen, dass nur ein kleiner Teil der ganzen<br />
Familie von Liechtenstein auch in ihrem Land<br />
lebt. Die Kontakte nach der Schulzeit mit den Einwohnern<br />
<strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> sind beschränkt und fördern<br />
den Mundartgebrauch nicht.<br />
171
2.4.7.<br />
ARBEITSWELT<br />
«Nach einem rasanten Aufschwung in den letzten<br />
drei Jahrzehnten hat das industrielle Schaffen in<br />
Liechtenstein einen hohen Standard erreicht. Eine<br />
starke, leistungs- und wettbewerbsfähige Exportindustrie<br />
ist zur wesentlichen volkswirtschaftlichen<br />
Basis geworden» (Kindle o. J., S. 107). Die Erwerbstätigen<br />
in Liechtenstein wurden für unsere Untersuchung<br />
in zwei Klassen aufgeteilt, um zu sehen,<br />
ob höher qualifizierte Arbeiter mehr Hochdeutsch<br />
verwenden als weniger hoch qualifizierte. Der<br />
Liechtensteinischen Industrie- und Handelskammer<br />
sind 31 Betriebe angeschlossen, <strong>die</strong> etwas<br />
mehr als 6000 Mitarbeiter beschäftigen. In den<br />
Banken, Versicherungen und Beratungsgeschäften<br />
arbeiten ca. 2600 Personen. Die Vorgesetzten <strong>die</strong>ser<br />
8600 Arbeitnehmer bilden <strong>die</strong> erste Klasse der<br />
Befragten, <strong>die</strong> zweite rekrutiert sich aus den der<br />
Gewerbe- und Wirtschaftskammer angeschlossenen<br />
Mitgliedern, <strong>die</strong> ca. 7500 Mitarbeiter beschäftigen.<br />
35<br />
Für <strong>die</strong> Untersuchung konnten nicht<br />
alle Betriebe angefragt werden. Auf Grund der<br />
Kenntnis der Betriebsgrösse und Anzahl der Beschäftigten<br />
wurde durch uns eine Auswahl getroffen.<br />
Die Differenz in der Zahl der versandten Fragebogen<br />
und der damit in <strong>die</strong> Untersuchung miteinbezogenen<br />
Mitarbeiter ergibt sich aus der unterschiedlich<br />
grossen Zahl von Gewerbe- und Industriebetrieben<br />
(Gewerbe- und Wirtschaftskammer:<br />
über 1000 Mitglieder; Industrie- und Handelskammer:<br />
31 Mitglieder).<br />
Die Befragung der Vorgesetzten in den Betrieben<br />
Liechtensteins ergab, dass sowohl im persönlichen<br />
wie auch im geschäftlichen Bereich in Industrie<br />
und Gewerbe <strong>die</strong> Mundart vorherrschend ist. Sie<br />
wird grundsätzlich immer dann gebraucht, wenn<br />
der Kommunikationspartner <strong>die</strong> Mundart Liechtensteins<br />
versteht, beispielsweise in den Arbeitspausen,<br />
mit einheimischen Kunden, in Besprechungen,<br />
in Service und Küche, im Verkauf, auf der<br />
Baustelle, in der Werkstatt, im Büro, bei der Produktion.<br />
Hochdeutsch wird generell immer dann<br />
gesprochen, wenn der Kommunikationspartner <strong>die</strong><br />
172<br />
Mundart nicht versteht oder allgemein im Kontakt<br />
mit Standardsprechenden. Hochdeutsch wird beispielsweise<br />
in Besprechungen mit technischem Inhalt,<br />
bei Bestellungen aus Deutschland, im direkten<br />
Kundenkontakt, bei Verständigungsproblemen mit<br />
Ausländern, beim Anlernen von ausländischen Arbeitskräften,<br />
im Verkauf, mit deutscher Kundschaft,<br />
am Telefon mit Deutschen, in der Administration,<br />
an der Rezeption, mit speziellen Kunden<br />
und allgemein mit ausländischen Mitarbeitern gebraucht.<br />
Die Zahlen der Tabelle zeigen, dass eine Zweiteilung<br />
der Arbeit in höher und niedriger zu qualifizierende<br />
Arbeit und deren Korrelation mit der Varietätenwahl<br />
nicht sinnvoll ist. In sämtlichen Arbeitsbereichen<br />
benutzt der Liechtensteiner <strong>die</strong><br />
Mundart, sofern der Kommunikationspartner <strong>die</strong>se<br />
versteht. Natürlich sind in den Banken und Industrien<br />
mit ihren internationalen Geschäftsverbindungen<br />
<strong>die</strong> Sprechsituationen bedeutend häufiger,<br />
in denen <strong>die</strong> Angestellten auf Hochdeutsch umstellen<br />
müssen. Daraus ist zu folgern, dass <strong>die</strong> Fähigkeit<br />
der Angestellten im Umgang mit dem Standarddeutsch<br />
höher ist, als bei jemandem, der sehr<br />
wenig in Situationen kommt, in denen verlangt<br />
wird, Hochdeutsch zu sprechen. Teilnehmende Beobachtungen<br />
können <strong>die</strong>s bestätigen.<br />
Wir beobachteten ausserdem im Hoch- und Tiefbau<br />
<strong>die</strong> Verwendung von Pidgin-Deutsch, den verstümmelten<br />
Gebrauch <strong>des</strong> Dialekts als Anpassung<br />
an morphologische und syntaktische Strukturen<br />
einer Fremdsprache.
Muttersprache der Mitarbeiter* Mda. FL<br />
i andere Mda.<br />
Hd.<br />
Fremdsprache<br />
Sprache im alltäglichen Gebrauch* Mda, FL<br />
Ff fremd**<br />
Gemisch<br />
Hd,<br />
Fremdsprache<br />
Snrarhp im Srirarhicnntatct mit<br />
jemand, der Mundart spricht*<br />
Sprache ihr Sprachkontakt mit<br />
jemand,-der Hochdeutsch spricht*<br />
Spezifikation Industrie<br />
DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />
ROMAN BANZER<br />
/o<br />
57 '<br />
3:5<br />
2<br />
6<br />
53 •<br />
13<br />
34 .<br />
0<br />
0<br />
Mda.<br />
Hd. 5<br />
Mda.<br />
Hd..<br />
Rede, Vortrag Hd.<br />
Mda.<br />
bei<strong>des</strong><br />
.keine. Antwort<br />
Aktive Mda.-Kompetenz*' 100%<br />
75 %<br />
50%<br />
25 %<br />
.0%<br />
Alternative Varietät derjenigen, <strong>die</strong><br />
nicht Mundartisprechen*<br />
ändere Mda.<br />
Hd.<br />
Fremdsprache<br />
Gemisch<br />
7<br />
93<br />
21<br />
57'<br />
- . 5<br />
17<br />
. 18<br />
29<br />
29<br />
• 19<br />
5<br />
Gewerbe<br />
o/<br />
/o<br />
Mitarbeiter, <strong>die</strong>. <strong>die</strong> Mda. nicht verstehen' 15 1<br />
Bewertung.der-Mundart sehr hoch<br />
hoch<br />
•mittel<br />
niedrig<br />
sehr niedrig<br />
keine Antwort<br />
* Aussagen der Probänden über ändere^<br />
** Mundart Liechtensteins mit fremden Einflüssen.<br />
66<br />
•4.<br />
14<br />
16<br />
:45<br />
31<br />
12<br />
0<br />
.0<br />
12<br />
45<br />
45<br />
6<br />
4<br />
4.1<br />
15<br />
44<br />
0<br />
0<br />
92<br />
8<br />
8<br />
92<br />
43<br />
44<br />
13<br />
0<br />
25<br />
20<br />
26<br />
22<br />
7<br />
74<br />
11<br />
5<br />
10<br />
38<br />
49<br />
13<br />
0<br />
0<br />
0<br />
Tabelle 9: Sprachgebrauch<br />
in der Arbeitswelt<br />
Datengewinnung Industrie:<br />
Fragebogen<br />
Versand: 45<br />
Rücklauf: 39 (N) = 86,7 %<br />
Mitarbeiter: 5736<br />
Probandenauswahl: Teilerfassung<br />
Datengewinnung Gewerbe:<br />
Fragebogen<br />
Versand: 180<br />
Rücklauf: 42 (N) = 23,3 %<br />
Mitarbeiter: 827<br />
Probandenauswahl: Teilerfassung<br />
173
2.4.8.<br />
ZUSAMMENFASSUNG<br />
Grundsätzlich wird der Sprachgebrauch durch <strong>die</strong><br />
mediale Diglossie bestimmt. Man spricht Mundart<br />
und schreibt Hochdeutsch und <strong>die</strong>s ohne Ansehen<br />
von Schicht, Bildung, Stellung im Beruf oder anderen<br />
Rededeterminanten. Ausnahmen sind auf bestimmte<br />
Domänen beschränkt. Diese dürfen nicht<br />
so gross gehalten werden wie bei Fishman. Bereits<br />
zu Beginn <strong>die</strong>ses Kapitels waren wir uns bewusst,<br />
dass hier zu differenzieren ist. Der Sprachgebrauch<br />
in den verschiedenen Domänen muss für jede<br />
Sprachgemeinschaft neu eruiert werden. Domänen<br />
<strong>des</strong> Hochdeutschen - Kirche, Bildungswesen und<br />
Gerichte - lassen sich nur bedingt als Konglomerat<br />
von Einstellungen, Funktionen und Situationen zusammenfassen.<br />
Auch hier gibt es immer wieder<br />
Anlässe, in denen <strong>die</strong> Mundart als verbales Kommunikationsmittel<br />
gebraucht wird, wie es auch in<br />
den postulierten Mundartdomänen immer wieder<br />
Hochdeutschnischen gibt.<br />
Hier wird überwiegend Hochdeutsch gesprochen:<br />
- allgemein im Umgang mit Sprechern, <strong>die</strong> <strong>die</strong><br />
Mundart nicht verstehen<br />
- in Geschäftsgesprächen mit Hochdeutschsprechenden<br />
- in öffentlichen Reden und Vorträgen vor einem<br />
Publikum, das nicht zur Gänze aus Zuhörern besteht,<br />
<strong>die</strong> <strong>die</strong> Mundart verstehen<br />
- in kirchlichen Messfeiern (ausser Jugendmessfeiern),<br />
teilweise bei Taufen und Hochzeiten<br />
- im Landtag<br />
- in Vorträgen und Referaten vor Gericht<br />
- vor Gericht, wenn alle Parteien <strong>des</strong> Hochdeutschen<br />
aktiv und passiv mächtig sind, auch wenn<br />
<strong>die</strong> Kommunikatoren native Mundartsprecher<br />
sind<br />
- allgemein in kursorischen Fächern in der Schule<br />
(vgl. S. 163-166)<br />
- in bestimmten Sprechsituationen in der Schule<br />
- in öffentlichen Reden an besonders feierlichen<br />
Anlässen oder in prestigebeladenen Situationen<br />
- im Fürstenhaus<br />
174<br />
Hier wird überwiegend Mundart gesprochen:<br />
- allgemein in persönlichen, familiären, nicht öffentlichen<br />
Sprechsituationen<br />
- allgemein im Umgang mit Sprechern, <strong>die</strong> <strong>die</strong><br />
Mundart verstehen<br />
- allgemein in musischen Fächern in der Schule<br />
- in Geschäftsgesprächen mit Mundartsprechenden<br />
- in öffentlichen Reden und Vorträge vor einem<br />
Publikum, das zur Gänze aus Zuhörern besteht,<br />
<strong>die</strong> <strong>die</strong> Mundart verstehen sowie wenn der Charakter<br />
der Veranstaltung familiär und freundschaftlich<br />
ist<br />
- vor Gericht, wenn eine Partei starke Schwierigkeiten<br />
hat, sich in Hochdeutsch auszudrücken<br />
- in Gemeindeparlamenten<br />
- bei Jugendmessen, teilweise bei Taufen, Hochzeiten<br />
- in Familien, in der Freizeit, in Vereinen<br />
- allgemein in Geschäftsgesprächen, wenn alle<br />
Gesprächspartner <strong>die</strong> Mundart verstehen<br />
- allgemein bei der Arbeit, wenn aUe Gesprächspartner<br />
<strong>die</strong> Mundart verstehen<br />
2.4.9.<br />
VERGLEICHE ZUR SCHWEIZ UND ZU<br />
ÖSTERREICH<br />
Ein Vergleich der Sprachlandschaft Liechtensteins<br />
mit derjenigen der Schweiz beruht auf einer Gegenüberstellung<br />
der vorangehenden Ergebnisse mit den<br />
Resultaten in Schwarzenbachs «Die Stellung der<br />
Mundart in der deutschsprachigen Schweiz» (1969).<br />
Österreich und Liechtenstein vergleichen wir auf<br />
Grund der Arbeit von Wiesinger «Das Schweizerdeutsche<br />
aus österreichischer Sicht» (1986).<br />
In Österreich findet sich generell Polyglossie,<br />
«... wobei man durchschnittlich an einem Ort von<br />
vier Sprachschichten und bei jedem Sprecher von<br />
der mehr oder minder gekonnten Beherrschung<br />
<strong>die</strong>ser Sprachschichten ausgehen kann. Obwohl<br />
der Sprachwissenschaftler <strong>die</strong> einzelnen sprachlichen<br />
Erscheinungsformen klassifizieren und zuordnen<br />
kann und es durchschnittliche, vom Ge-
sprächspartner und der Situation abhängige gesellschaftliche<br />
Gebrauchsnormen gibt, vollzieht sich<br />
ein gleiten<strong>des</strong> Kontinuum. Im allgemeinen ist auf<br />
dem Land der Basisdialekt <strong>die</strong> bodenständige, alltägliche<br />
Sprachform der älteren, alteingesessenen<br />
Bevölkerung und weist daher örtliche bis kleinräumige<br />
Unterschiede auf. Die jüngere Generation<br />
zeigt dort dagegen im alltäglichen Gespräch allerlei<br />
Abweichungen, <strong>die</strong> meistens vom Dialekt der kulturell<br />
<strong>die</strong> Region beherrschenden Stadt ausgehen<br />
und den regionalen Verkehrsdialekt ausmachen»<br />
(Wiesinger 1986, S. 106).<br />
Die Standardsprache geniesst besonders in<br />
Österreich hohes Prestige. Das Hochdeutsche bekommt<br />
als soziale Kennzeichnung ein besonderes<br />
Gewicht und ist sprachsoziologischer Ausdruck für<br />
Elite und Stand. So ist in der Schule und in den<br />
Me<strong>die</strong>n viel seltener Mundart zu hören als in der<br />
benachbarten Schweiz. Ein wenig anders liegen<br />
<strong>die</strong> sprachpragmatischen Begebenheiten in Vorarlberg.<br />
Kennzeichnend ist, dass <strong>die</strong>ses Randgebiet<br />
zwischen alemannischen und bayerischen Dialekten<br />
eben auch aus pragmatischer Sicht eine Zwischenstellung<br />
einnimmt. Die Mundart beherrscht<br />
hier viel mehr Domänen als im restlichen Österreich<br />
und besitzt - ähnlich wie in der Schweiz -<br />
Identifikationscharakter zur Betonung der politischen<br />
und kulturellen Eigenständigkeit. Andererseits<br />
will man aber nicht «hinter Wien zurückstehen»<br />
und ist aus <strong>die</strong>sem Grund natürlich darauf<br />
bedacht, den negativ besetzten Dialekt durch eine<br />
elitär wirkende Umgangssprache zu ersetzen. «Sie<br />
hat eindeutig soziale Hintergründe, da <strong>die</strong>jenigen,<br />
<strong>die</strong> sie sprechen, vorwiegend Angehörige von Fabrikantenkreisen,<br />
sich von jenen sprachlich distanzieren,<br />
welche nicht so reich sind wie sie ... Es<br />
wird wohl selten eine Sprachform geben, deren<br />
Ursprung so eindeutig in den sozialen Verhältnissen<br />
zu suchen ist» (Gabriel 1973, S. 75).<br />
Das «Bödeledeutsch», «Ganahldeutsch» und<br />
«Pfänderdeutsch» 36<br />
findet in den Mundartbeschreibungen<br />
von Jutz noch keine Aufnahme. Gabriel hat<br />
sich damit bislang marginal befasst. Es scheint,<br />
dass sich der Gebrauch einer Umgangssprache erst<br />
in den letzten Jahrzehnten auf immer breitere Be<br />
DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />
ROMAN BANZER<br />
völkerungsschichten auszudehnen beginnt, und<br />
dass <strong>die</strong> jüngeren Vorarlberger, beeinflusst durch<br />
zentrale Me<strong>die</strong>n, den Fremdenverkehr, <strong>die</strong> Wirtschaft<br />
und <strong>die</strong> gestiegene Mobilität <strong>die</strong>se Umgangssprache<br />
auch immer mehr benutzen. Die Unterschiede<br />
aber zwischen dem schweizerischen<br />
Rheintal und dem Vorarlberg sind klar. Hier Diglossie<br />
mit Mundart und Standard. Dort Polyglossie mit<br />
Mundart und Hochdeutsch und dazwischen ein<br />
umgangssprachliches Kontinuum, das sich offensichtlich<br />
auf immer grössere Sprechergruppen ausdehnt.<br />
Der Sprachformengebrauch in der Schweiz und<br />
in Liechtenstein unterscheidet sich nicht wesentlich.<br />
Sowohl in der Schweiz wie auch in Liechtenstein<br />
wird grundsätzlich ein zweistufiges Sprachsystem<br />
verwendet. «Da <strong>die</strong> gesprochene Form <strong>des</strong><br />
Schriftdeutschen, <strong>die</strong> Vortragssprache, auf <strong>die</strong><br />
Schule, einzelne Institutionen und Berufe eingeschränkt<br />
bleibt, fällt dem Schweizerdeutschen zudem<br />
von alters her <strong>die</strong> Aufgabe einer allgemeinen<br />
Umgangssprache zu, ...» (Schwarzenbach 1969,<br />
S.69).<br />
Die grössten Unterschiede bezüglich <strong>des</strong> Sprachformengebrauchs<br />
haben wir für <strong>die</strong> Kirche festgestellt.<br />
Während in Liechtenstein in der Kirche<br />
fast ausschliesslich Standarddeutsch gesprochen<br />
wird, was damit zusammenhängt, dass <strong>die</strong> meisten<br />
Priester keine Liechtensteiner sind, gibt es nach<br />
Schwarzenbach in der Schweiz in den Kirchen <strong>die</strong><br />
unterschiedlichsten Situationen, in denen Mundart<br />
gesprochen wird. Sei <strong>die</strong>s nun das freie Gebet 37<br />
, <strong>die</strong><br />
Mundartpredigt 38<br />
, <strong>die</strong> Feldpredigt 39<br />
oder der<br />
Jugendgottes<strong>die</strong>nst 40<br />
. Ein besonderes Zeichen für<br />
den Unterschied <strong>des</strong> Sprachformengebrauchs in<br />
der Kirche ist <strong>die</strong> Tatsache, dass eine Bibelübersetzung<br />
in Liechtensteiner Dialekt im Gegensatz zur<br />
Schweiz nicht existiert und unserer Ansicht nach<br />
von den Liechtensteinern auch als sehr fremd empfunden<br />
würde.<br />
Auch Schwarzenbach fällt es schwer, für <strong>die</strong> öffentliche<br />
Rede oder den öffentlichen Vortrag Faktoren<br />
zu finden, <strong>die</strong> den Gebrauch von Mundart oder<br />
Hochdeutsch definieren. So kann für verschiedene<br />
Domänen wie Reden bei Schützenempfängen, Bun-<br />
175
<strong>des</strong>feierreden, staatsmännische Reden, Trauerreden,<br />
Vorträge und Referate wohl das Vorherrschen<br />
der einen oder anderen Sprachform beschrieben<br />
werden, <strong>die</strong>s aber nie ohne Ausnahme. «Was der<br />
Mundartrede ihre Stellung heute sichert, ja noch<br />
immer erweitert, ist ihre Nähe zum Gespräch, <strong>die</strong><br />
zum Kennzeichen der heutigen öffentlichen Rede<br />
überhaupt geworden ist. Dass sich daneben im geschlossenen<br />
Vortrag und in FachgeseOschaften das<br />
Schriftdeutsche seinerseits eine wesenseigene Stellung<br />
bewahrt hat, ja auch einmal bei einer Gelegenheitsrede<br />
ohne weiteres verwendet werden<br />
kann, gehört zu den Freiheiten unseres Sprachgebrauchs,<br />
der individueller Gestaltung so weiten<br />
Spielraum lässt, schöpfe der Redner nun <strong>die</strong> Möglichkeiten<br />
<strong>mundart</strong>lichen oder schriftsprachlichen<br />
Ausdrucks oder gar beider in ihrer gegenseitigen<br />
Ergänzung aus» (Schwarzenbach 1969, S. 311).<br />
Die Ausführungen von Schwarzenbach bezüglich<br />
<strong>des</strong> Sprachformengebrauchs vor Gericht beschränken<br />
sich auf den Kanton Zürich. Vor allen<br />
Instanzen wird in Mundart befragt und auch so geantwortet.<br />
Die Vorträge von Staatsanwalt und Verteidiger<br />
erfolgen in Hochdeutsch. Allgemein ist<br />
auch hier <strong>die</strong> Mundart in der Minderheit. Dies gilt<br />
auch für <strong>die</strong> Liechtensteinischen Gerichte, wo in<br />
offiziellen Situationen kaum Mundart gesprochen<br />
wird.<br />
Der Sprachformengebrauch in den kantonalen<br />
Parlamenten der Schweiz ist unterschiedlich. Auf<br />
Bun<strong>des</strong>ebene wird allgemein Hochdeutsch, in den<br />
Gemeindeversammlungen meist Mundart gesprochen.<br />
In Liechtenstein wird in den Gemeindeparlamenten<br />
durchwegs <strong>die</strong> Mundart und im Landtag<br />
durchwegs das Schriftdeutsche verwendet. Ein zusammenfassender<br />
Vergleich <strong>des</strong> Sprachgebrauchs<br />
in den Schulen ist auf Grund der Unübersehbarkeit<br />
nicht möglich. Wir verweisen hier auf <strong>die</strong> ausführliche<br />
Arbeit von Sieber/Sitta 1986.<br />
176<br />
3.<br />
Die Liechtensteiner Mundart.<br />
Beharrung und Veränderung<br />
3.1.<br />
ALLGEMEINES ZUR BASISMUND ART<br />
Die Beschreibung der Laute der Basis<strong>mundart</strong>, <strong>des</strong><br />
Lautwandels, der Lautvariation und damit <strong>die</strong> Darstellung<br />
der Orts<strong>mundart</strong>en auf lautlicher Ebene<br />
bildet den Inhalt der folgenden Untersuchung. Der<br />
kontrastive Vergleich der heute de facto verwendeten<br />
Sprachformen mit der Basis<strong>mundart</strong> beschreibt<br />
<strong>die</strong> Orts<strong>mundart</strong>en. Der Vergleich von Basis<strong>mundart</strong><br />
und Orts<strong>mundart</strong> dokumentiert den<br />
Lautwandel und <strong>die</strong> Variation.<br />
Die Analyse beschränkt sich auf das Lautsystem.<br />
Veränderungen sind in allen grammatischen Bereichen<br />
zu erwarten, aber vor allem <strong>die</strong> Lexik hat in<br />
den vergangenen Jahrzehnten Änderungen durchgemacht,<br />
<strong>die</strong> augenscheinlich und leicht nachvollziehbar<br />
sind. Jeder weiss um das Verschwinden<br />
von Wörtern und <strong>die</strong> Aufnahme von neuen Lexemen<br />
in <strong>die</strong> deutsche Sprache, wie sie in den letzten<br />
Jahrzehnten als Zeichen <strong>des</strong> Wandels unserer Gesellschaft<br />
mit besonderer Vehemenz geschehen ist.<br />
Dies zeigt eine <strong>die</strong>sbezügliche Untersuchung (Banzer<br />
1990) deutlich. Es wurden acht Texte von verschiedenen<br />
Sprechern in unterschiedlichen Situationen<br />
untersucht. Die Texte umfassen insgesamt je<br />
4105 Wörter, davon gehören 403 oder 9,8 Prozent<br />
nicht zur Basis<strong>mundart</strong>. Die Texte 1 bis 8 zeigen<br />
signifikante Unterschiede in der Anzahl der nichtbasis<strong>mundart</strong>lichen<br />
Wörter. Die Prozentzahlen<br />
nichtbasis<strong>mundart</strong>licher Wörter schwanken zwischen<br />
1,5 für Text 1 und 21,2 Prozent für Text 8.<br />
Besonders betroffen davon sind <strong>die</strong> Substantive.<br />
Von total 547 (21 Prozent der Gesamtmenge) Substantiven<br />
entstammen 213 oder 39 Prozent nicht<br />
der Basis<strong>mundart</strong>. Hoch sind <strong>die</strong> Zahlen für <strong>die</strong><br />
Texte der älteren Gewährsperson mit 61,2 Prozent,<br />
53,6 Prozent und 54,8 Prozent. Von den nichtbasis<strong>mundart</strong>lichen<br />
Wörtern sind 213 (60%) Substantive,<br />
68 (19 %) Verben, 50 (14 %) Adjektive und<br />
21 (5 %) übrige. 291 (72 %) der nichtbasis<strong>mundart</strong>lichen<br />
Wörter sind hochdeutsche, 99 (24 %) sind<br />
nichthybride Fremdwörter 41<br />
und 13 (3 %) sind hybride<br />
Wörter. Die Interferenzen sind vor allem für<br />
<strong>die</strong> Texte 5 bis 8 besonders stark. Dies wird belegt
durch <strong>die</strong> Tatsache, dass <strong>die</strong> Substantive in unserem<br />
Fall 21 Prozent <strong>des</strong> Textvolumens ausmachen,<br />
und dass beispielsweise in Text 6 61,2 Prozent der<br />
Substantive nichtbasis<strong>mundart</strong>lich sind. Die Gebersprache<br />
ist hierbei fast ausschliesslich das<br />
Hochdeutsche. Wenn man bedenkt, dass viele<br />
Fremdwörter mit grosser Wahrscheinlichkeit über<br />
das Hochdeutsche in <strong>die</strong> Mundart vermittelt werden,<br />
kann bezüglich der Lexik in <strong>die</strong>sem Fall von<br />
einer starken Nehmer-Geber-Beziehung zwischen<br />
Mundart und Hochdeutsch gesprochen werden.<br />
Interessant ist in <strong>die</strong>sem Zusammenhang <strong>die</strong><br />
Korrelation der Interferenzen mit extralinguistischen<br />
Determinanten. Hier Hessen sich eindeutige<br />
Ergebnisse zeigen. Die Interferenzen korrelieren<br />
mit dem Alter der Gewährsperson, mit dem Gesprächsthema<br />
und mit dem Öffentlichkeitsgrad.<br />
Evident ist in <strong>die</strong>sem Zusammenhang <strong>die</strong> Zunahme<br />
der nichtbasis<strong>mundart</strong>lichen Wörter bei grosser<br />
Öffentlichkeit und Anstieg der Wissenschaftlichkeit<br />
/ Intellektualität der Texte. Zweigeteilt ist <strong>die</strong><br />
Alterskurve. Sie entspricht im Bereich der Familie<br />
und der Freunde in etwa der Norm: «Hohes Alter -<br />
wenig nichtbasis<strong>mundart</strong>liche Wörter» und widerspricht<br />
<strong>die</strong>ser im Bereich der Öffentlichkeit gänzlich,<br />
indem es hier heisst: «Hohes Alter - viel Wörter,<br />
<strong>die</strong> nicht zur Basis<strong>mundart</strong> gehören». Die<br />
Mundart Liechtensteins wird auf lexikalischer Ebene<br />
durch das Hochdeutsche am deutlichsten beeinflusst.<br />
Dennoch untersuchen wir <strong>die</strong> Lautung, weil <strong>die</strong>se<br />
unserer Ansicht nach das primär-qualifizierende<br />
Charakteristikum der Mundart in den einzelnen<br />
Gemeinden Liechtensteins ist. Der Wortschatz differenziert<br />
<strong>die</strong> Dialekte nicht so stark wie <strong>die</strong>s bei<br />
unterschiedlichen Fremdsprachen der Fall ist. Die<br />
Wortgeographie kann zwar areal deutliche Gebrauchsunterschiede<br />
zeigen, und es kann zwischen<br />
weit entfernten Dialekten sicher auch auf Grund<br />
der Lexik zu Verständigungsschwierigkeiten kommen,<br />
bei so nahe verwandten Orts<strong>mundart</strong>en wie<br />
in Liechtenstein ist <strong>die</strong>s mit Ausnahme der Walsersiedlung<br />
Triesenberg jedoch nicht der Fall, obwohl<br />
lokal bedingte Wortschatzunterschiede vorhanden<br />
waren und möglicherweise noch heute vorhanden<br />
DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />
ROMAN BANZER<br />
sind. So sagte man beispielsweise früher im Unterland<br />
für den Zapfhahn am Most- oder Weinfass<br />
«pipa» und im Oberland «schpiina».<br />
3.2.<br />
BASISMUNDART - ORTSMUNDART<br />
Die Lautvariation und der Lautwandel werden über<br />
den Vergleich Basis<strong>mundart</strong> - Orts<strong>mundart</strong> erhoben.<br />
Wir gebrauchen <strong>die</strong> Basis<strong>mundart</strong> für unsere<br />
Arbeit als ein sprachtheoretisches Konstrukt. «Mit<br />
Basisdialekt meinen wir ein archaisches Idealsystem,<br />
das aus den variierenden orts<strong>mundart</strong>lichen<br />
Inventaren, <strong>die</strong> durch <strong>die</strong> kommunikativen<br />
Normen der Sprachgemeinschaft gesteuert werden,<br />
konstruiert wird. Er ist ein linguistisches Modell»<br />
(Jakob 1985, S. 12). Dieses System berücksichtigt<br />
weder <strong>die</strong> Historizität noch Heterogenität<br />
der Mundart, es ist eine sprachtheoretisch homogene<br />
Konstruktion. Die Unterscheidung von Basis<strong>mundart</strong><br />
und Orts<strong>mundart</strong> <strong>die</strong>nt als Grundlage zur<br />
empirischen Beschreibung der Variation und <strong>des</strong><br />
Lautwandels und postuliert keine wirklich existente<br />
homogene, ältere, reine Mundart, wie <strong>die</strong>s in<br />
alten Mundartbeschreibungen öfters geschieht. Wir<br />
verstehen den Begriff der Basis<strong>mundart</strong> in einem<br />
eng definierten Sinn. Arno Ruoff (1973, S. 48) beispielsweise<br />
benutzt den Begriff «Grund<strong>mundart</strong>»<br />
in einem weiteren Sinn: «Unter Mundart (oder Dialekt)<br />
verstehe ich also <strong>die</strong> durch den Lautstand<br />
repräsentierte, in einem engeren Gebiet gültige<br />
Sprachform, wie sie von der Mehrzahl der Einheimischen<br />
im normalen, alltäglichen Gespräch gebraucht<br />
wird. Mundart mit eindeutig örtlicher Ausprägung<br />
bezeichne ich als Orts<strong>mundart</strong>, <strong>die</strong> derzeit<br />
, älteste Schicht <strong>die</strong>ser Orts<strong>mundart</strong> als<br />
Grund<strong>mundart</strong>, deren Veränderung sich wohl langsamer<br />
vollzieht als <strong>die</strong> der anderen Sprachschichten,<br />
<strong>die</strong> aber keinesfalls als völlig stagnierend auf<br />
eine zeitliche Schicht feststellbar ist.»<br />
In den vorangegangenen Kapiteln wurden <strong>die</strong><br />
Begriffe Mundart und Dialekt benützt, ohne Rechenschaft<br />
über deren Bedeutung und Umfang abgelegt<br />
zu haben. Das war auch nicht nötig, wird im<br />
177
folgenden jedoch unabdingbar, wenn es um <strong>die</strong> Unterscheidung<br />
zwischen Basis<strong>mundart</strong> und Orts<strong>mundart</strong><br />
geht.<br />
«Mundart ist stets eine der Schriftsprache vorangehende,<br />
örtlich gebundene, auf mündliche Realisierung<br />
bedachte und vor allem <strong>die</strong> natürlichen<br />
Lebensbereiche einbeziehende Redeweise, <strong>die</strong><br />
nach eigenen, im Verlauf der Geschichte durch<br />
nachbar<strong>mundart</strong>liche und hochsprachliche Einflüsse<br />
entwickelten Sprachnormen von einem grossen<br />
heimatgebundenen Personenkreis in bestimmten<br />
Sprechsituationen gesprochen wird» (Sowinski<br />
1974, S. 180). Diese Definition könnte durchaus<br />
durch eine andere ersetzt werden. Wir verwenden<br />
sie, weil sie relativ offen gehalten ist und trotzdem<br />
<strong>die</strong> nötigen Aspekte der Linguistik, der geographischen<br />
Geltung, <strong>des</strong> sozialen Verwendungsbereichs<br />
und der Historizität und LIeterogenität beinhaltet.<br />
Wir definieren Orts<strong>mundart</strong> als de facto gebrauchtes<br />
Kommunikationsmittel im Gegensatz<br />
zum linguistischen, theoretischen Konstrukt der<br />
Basis<strong>mundart</strong>. Unter Orts<strong>mundart</strong> (ungleich Mundart,<br />
Dialekt; ungleich Basis<strong>mundart</strong>) sind sämtliche<br />
in Gebrauch stehenden Inventare oder Varietäten<br />
zu verstehen, <strong>die</strong> durch <strong>die</strong> sozialen Normen der<br />
Sprachgemeinschaft eines Ortes als dialektal empfunden<br />
und geduldet werden und nicht zur Standardsprache<br />
oder zu einer Fremdsprache gehören.<br />
Orts<strong>mundart</strong>en sind keine abgeschlossenen, homogenen<br />
Grössen. Variation, Heterogenität und Historizität<br />
sind konstituierende Elemente.<br />
«Sprache ist nicht homogen, sondern heterogen.<br />
Da sie sich zweckgebunden an <strong>die</strong> Unterschiede in<br />
den menschlichen Tätigkeiten anpasst, kann man<br />
ihre funktionale Variation nur verstehen, wenn<br />
man den sozialen Kontext in <strong>die</strong> Sprachbetrachtung<br />
von vornherein einbezieht. Gerade aufgrund<br />
der sprachlichen Variation können für verschiedene<br />
kommunikative Zwecke flexibel stilistische Varianten<br />
gewählt werden ...» (Dittmar 1982, S. 27).<br />
Unser Begriff der Orts<strong>mundart</strong> ist gleichzusetzen<br />
mit der Definition, <strong>die</strong> Ammon (1986, S. 227 ff.) für<br />
den Dialekt gibt. Sie passt besonders gut in <strong>die</strong> <strong>liechtenstein</strong>ische<br />
Diglossiesituation, weil Standarddeutsch<br />
nicht als Referenz miteinbezogen wird.<br />
178<br />
Eine Orts<strong>mundart</strong> liegt dann vor,<br />
1. wenn es sich um eine Varietät handelt,<br />
2. <strong>die</strong> keiner anderen Varietät übergeordnet ist,<br />
3. <strong>die</strong> nicht standardisiert ist.<br />
Orts<strong>mundart</strong>en sind Sprachen im Sinne von Varietäten,<br />
deren funktionale Normen ausschliesslich<br />
durch <strong>die</strong> Mitglieder einer Sprachgemeinschaft definiert<br />
werden. Varietäten funktionieren immer in<br />
Abhängigkeit von aussersprachlichen Determinanten<br />
und können sich auf allen grammatikalischen<br />
Ebenen unterscheiden, der phonetischen, morphologischen,<br />
syntaktischen und lexikalischen. Varietäten<br />
können durch verschiedene Determinanten<br />
unterschieden werden: räumlich-geographisch, historisch,<br />
funktional, sozial wertend. Eine Orts<strong>mundart</strong><br />
ist keiner anderen Orts<strong>mundart</strong> übergeordnet,<br />
nach den Worten von Ammon überdacht<br />
sie keine andere Varietät derselben Sprache.<br />
«Wenn man <strong>die</strong> Region einer Varietät als Menge<br />
von Gebietspunkten auffasst, so kann man es auch<br />
folgendermassen formulieren: <strong>die</strong> Region einer solchen<br />
Varietät a, <strong>die</strong> [R.B.: eine Orts<strong>mundart</strong>] ist,<br />
bildet keine echte Obermenge über der Region irgendeiner<br />
anderen Varietät b derselben Sprache»<br />
(Ammon 1986, S. 228). Es wäre also falsch, von<br />
einer <strong>liechtenstein</strong>ischen Orts<strong>mundart</strong> zu sprechen.<br />
Es gibt nur eine bestimmte Zahl von Orts<strong>mundart</strong>en,<br />
<strong>die</strong> zusammen <strong>die</strong> Liechtensteinische<br />
Mundart ergeben. Orts<strong>mundart</strong>en sind nicht standardisiert.<br />
Das heisst, dass es keine schriftlich niedergelegten,<br />
verbindlich geltenden Regeln gibt, <strong>die</strong><br />
den Sprachgebrauch bestimmen. Es liegt keine<br />
Grammatik vor, <strong>die</strong> präskriptiv gebraucht wird.<br />
3.2.1.<br />
DIE ERHEBUNG DER LAUTE DER<br />
BASISMUNDART<br />
Die Basis<strong>mundart</strong> ist gemäss unserer Definition ein<br />
archaisches Idealsystem, <strong>die</strong> idealisierte Sprachform<br />
der Orte Liechtensteins in homogener und<br />
konstanter Form. Die Lautung der Basis<strong>mundart</strong><br />
der Orte <strong>des</strong> Fürstentums Liechtenstein wird in<br />
diachroner Analyse sprachgeographisch darge-
stellt. Als Ordnungsprinzip <strong>die</strong>nt das mittelhochdeutsche<br />
Normalsystem, das als solches nie gesprochen<br />
wurde, in der Literatur aber als normatives<br />
System einheitlich gebraucht wurde. «Es entspricht<br />
dialektologischer Tradition, <strong>die</strong> <strong>mundart</strong>lichen<br />
Laute auf das <br />
Vokalsystem zu beziehen. Selbstverständlich besteht<br />
kein Zweifel daran, dass ein <br />
Normalmittelhochdeutsch nie bestanden hat, es ist<br />
ja auch nicht denkbar, dass eine so weiträumige<br />
Sprache je hätte einheitlich sein können» (Haas<br />
1978, S. 107). Es müssen alle mittelhochdeutschen<br />
Laute in allen möglichen Wortstellungen und in<br />
allen möglichen Vokal- oder Konsonantenverbindungen<br />
in ihrer Entwicklung zu den bestehenden<br />
<strong>mundart</strong>lichen Entsprechungen untersucht werden.<br />
Daraus ergibt sich, welche Laute sich in welcher<br />
Umgebung wie entwickelt haben. Es zeigen<br />
sich Tendenzen gleichmässiger Entwicklungen<br />
(z.B. Einfluss <strong>des</strong> Nasals), vor allem aber zeigen<br />
sich jene Wortstellungen und Lautkombinationen,<br />
<strong>die</strong> keinen Einfluss auf <strong>die</strong> Entwicklung der mittelhochdeutschen<br />
Laute gehabt haben. Wir untersuchen<br />
Lautentwicklungen und können dadurch für<br />
<strong>die</strong> Basis<strong>mundart</strong> Entwicklungsregeln festhalten,<br />
<strong>die</strong> wir nachfolgend definieren.<br />
Nachdem sich Jutz als erster unter <strong>die</strong>sem<br />
Aspekt mit der Liechtensteinischen Mundart auseinandergesetzt<br />
hat, kennen wir <strong>die</strong> linguistischen<br />
Bedingungen der Lautentwicklung. Gemäss Untersuchungsanlage<br />
werden Basis<strong>mundart</strong>en und <strong>die</strong><br />
Orts<strong>mundart</strong>en im Jahr 1989 miteinander verglichen,<br />
um somit den Lautwandel und <strong>die</strong> Lautvariation<br />
zu erheben. Die Ergebnisse von Jutz aus dem<br />
Jahr 1925 können daher nicht übernommen werden,<br />
<strong>die</strong> basis<strong>mundart</strong>lichen Daten für unseren<br />
Vergleich müssen für 1989 erhoben werden.<br />
3.2.2.<br />
UNTERSUCHUNGSANORDNUNG<br />
In einem ersten Arbeitsgang wurden sämtliche bei<br />
Jutz festgestellten Lautentwicklungen extrahiert,<br />
systematisiert und zu einem Katalog zusammenge-<br />
DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />
ROMAN BANZER<br />
fasst. Nach einer Überprüfung der Vollständigkeit<br />
wurden <strong>die</strong> bei Jutz genannten Beispiele aufgelistet<br />
und wenn nötig ergänzt, damit für <strong>die</strong> Erstellung<br />
<strong>des</strong> Fragebogens pro Lautentwicklung normalerweise<br />
drei Belege zur Verfügung standen. Bei den<br />
Nasalen war <strong>die</strong>s nicht immer möglich. Daraus ergab<br />
sich eine Liste mit zirka 430 Wörtern. 42<br />
Die Datenerhebung erfolgte durch direkte Befragung<br />
mit Hilfe eines Fragebogens. Die Fragen sind<br />
geschlossen und lassen nur eine richtige Antwort<br />
zu, eben <strong>die</strong> Nennung jenes Wortes, in welchem<br />
der Laut steht, der von uns in <strong>die</strong>ser Stellung erhoben<br />
werden soll. 43<br />
Die Fragen wurden nach Themenbereichen geordnet,<br />
um somit ein freies Gespräch zu ermöglichen.<br />
Die Antworten wurden zur Kontrolle auf Tonband<br />
aufgenommen. Wenn möglich wurde jedoch<br />
während der Aufnahme der vom Proband produzierte<br />
Laut in phonetischer Schrift auf einem Auswertungsbogen<br />
transkribiert.<br />
Pro Gemeinde wurden zwei Gewährspersonen<br />
befragt (vgl. Liste im Anhang). Eine Ausnahme<br />
machte hier lediglich <strong>die</strong> Gemeinde Schellenberg,<br />
weil in der Mundart der Gewährsleute im Weiler<br />
Hinterschellenberg zum Teil vom Rest der Gemeinde<br />
abweichende Formen auftreten. Hier wurden<br />
vier Aufnahmen gemacht.<br />
Die Gewährspersonen erfüllten folgende Voraussetzung:<br />
Hohes Alter, Verbundenheit mit dem Dorf,<br />
keine längerdauernden Auslandsaufenthalte, Mutter<br />
und Vater aus Liechtenstein (wenn möglich aus<br />
dem gleichen Dorf). Pro Dorf wurden eine Frau und<br />
ein Mann befragt. Der Fragebogen lag lediglich<br />
dem Explorator vor.<br />
Um <strong>die</strong> erhobenen Daten zu vergleichen, muss<br />
<strong>die</strong> Gesprächssituation mit den Rededeterminanten<br />
Aufnahmeort, Gesprächsinhalt, Intention, Anzahl<br />
der Kommunikatoren, Stil und Öffentlichkeitsgrad<br />
sowie Alter der Gewährsperson grundsätzlich für<br />
jede Aufnahme identisch sein. Die Rededeterminante<br />
Aufnahmeort ist für uns dann für alle identisch,<br />
wenn der Grad der Vertrautheit <strong>des</strong> Probanden<br />
mit den sozialen und situativen Faktoren möglichst<br />
hoch ist. Die mentale Einstellung zum Ort bestimmt<br />
den Grad der Vertrautheit. Es ist entschie-<br />
179
den wichtiger, alle Probanden an einem von ihnen<br />
ausgewählten und gut bekannten Ort zu befragen,<br />
als beispielsweise alle in das gleiche Schulzimmer<br />
zu bitten, nur um der Regel vom gleichen Aufnahmeort<br />
Genüge zu tun.<br />
Fast alle Fragen entstammen dem bäuerlichen<br />
Leben und sind somit ganz besonders auf <strong>die</strong> Gewährspersonen<br />
zugeschnitten, da <strong>die</strong>se einem<br />
«Jungen» gerne aus ihrer Erfahrung und aus vergangenen<br />
Zeiten erzählten. Es war denn auch vielfach<br />
eher ein Problem, ausschweifende Exkurse zu<br />
bremsen, als <strong>die</strong> Befragten zur Auskunft zu animieren.<br />
Die metakommunikative Aufmerksamkeit auf<br />
das Tonband und den unbekannten Explorator<br />
konnte meist schon nach wenigen Minuten abgebaut<br />
werden. Bei den Aufnahmen gelang es dadurch,<br />
eine ungezwungene Unterhaltung auf Tonband<br />
festzuhalten, <strong>die</strong> dem starren Frage-Antwortrhythmus<br />
nicht unterlag. Ort, Inhalt, Intention, Anzahl<br />
der Kommunikatoren, Stil und Öffentlichkeitsgrad<br />
wurden so gewählt, dass in allen Fällen eine<br />
vertraute und persönliche Gesprächssituation entstand.<br />
In einem kurzen Vorgespräch wurde <strong>die</strong> Intention<br />
der Unterhaltung umschrieben. Damit wurde<br />
eine Situation «weise Alte» - «interessierter<br />
Junger» geschaffen, <strong>die</strong> den Probanden in <strong>die</strong> Rolle<br />
<strong>des</strong> Kundigen brachte. Man kann also davon ausgehen,<br />
dass durch <strong>die</strong>se Voraussetzungen ein Korpus<br />
produziert wurde, in dem <strong>die</strong> einzelnen Laute<br />
natürlich realisiert wurden.<br />
3.2.3.<br />
AUSWERTUNG<br />
Die Exploration der Daten erfolgte in direkter Methode,<br />
für <strong>die</strong> Darstellung wurde ein Weg gewählt,<br />
der von der bisherigen Aufarbeitung sprachgeographischer<br />
Inventare in kleinräumigen Grammatiken<br />
oder Sprachatlanten abweicht. Sowohl <strong>die</strong> kartographische<br />
(vgl. unter anderem SDS und VALTS)<br />
wie auch <strong>die</strong> «erzählende» Bearbeitung 44<br />
der areallinguistischen<br />
Daten haben neben vielen Vorteilen<br />
einen entscheidenden Nachteil: sie bieten keinen<br />
Gesamtüberblick über <strong>die</strong> Entwicklung der einzel<br />
180<br />
nen mittelhochdeutschen Laute. Beim ersten verlieren<br />
sich <strong>die</strong> Daten auf den Karten, beim zweiten<br />
im Text. Beide Nachteile können durch <strong>die</strong> Darstellung<br />
anhand einer Tabelle umgangen werden. Die<br />
diachrone Betrachtungsweise zeigt sämtliche Entwicklungen<br />
der mittelhochdeutschen Laute in allen<br />
Gemeinden <strong>des</strong> Fürstentums Liechtenstein in tabellarischer<br />
Anordnung.<br />
Innerhalb der Beschreibung eines mittelhochdeutschen<br />
Lautes werden zuerst <strong>die</strong> qualitativen<br />
und dann <strong>die</strong> quantitativen Entwicklungen aufgeführt.<br />
Innerhalb der qualitativen Entwicklungen<br />
werden jene zuerst aufgeführt, <strong>die</strong> dem mhd. Laut<br />
gemäss Normalsystem (Haas 1978, S. 107 ffJ entsprechen<br />
und am häufigsten vorkommen. Die Belegwörter<br />
werden standarddeutsch geschrieben,<br />
wenn sie zur Lexik <strong>des</strong> Standarddeutschen gehören.<br />
Wörter, <strong>die</strong> lediglich in der Lexik der Mundart<br />
vorkommen, werden nach den Diethschen Regeln<br />
geschrieben.<br />
3.3.<br />
DIE LAUTE DER BASISMUNDART<br />
Die nachfolgenden Ausführungen basieren in ihrer<br />
Anlage ebenso auf der Arbeit von Jutz 1925 wie<br />
<strong>die</strong>jenigen über <strong>die</strong> Vokale. In den Fragekatalog zur<br />
Basis<strong>mundart</strong> wurden Wörter in jenen Konditionen<br />
aufgenommen, von denen durch Jutz bekannt war,<br />
dass mögliche Abweichungen vom Mittelhochdeutschen<br />
zu erwarten waren.<br />
«Während <strong>die</strong> Entwicklung der Vokale und<br />
Diphthonge in Südvorarlberg und Liechtenstein<br />
grosse Mannigfaltigkeit zeigt und besonders das<br />
Bild der heute geltenden Qualitäten sehr bunt ist,<br />
haben <strong>die</strong> Konsonanten im allgemeinen eine mehr<br />
einheitliche Entwicklung genommen. Allerdings<br />
finden sich auch im Konsonantismus mancherlei<br />
Verschiedenheiten, <strong>die</strong> zwar dem Charakter <strong>die</strong>ser<br />
Laute entsprechend nicht immer deutlich ins Gehör<br />
fallen, sich aber dennoch bei genauerer Beobachtung<br />
als tiefgreifend erweisen. In<strong>des</strong> erstrecken<br />
sich in der Regel gemeinsame Verhältnisse auf<br />
grössere Gebiete, so dass heute nicht jene Zersplit-
terung festgestellt werden kann, wie sie den Verhältnissen<br />
beim Vokalismus eigentümlich ist» (Jutz<br />
1925, S. 184).<br />
Die folgende tabellarische Auswertung beschreibt<br />
<strong>die</strong> Basis<strong>mundart</strong> der Gemeinden <strong>des</strong> Für<br />
3.3.1.<br />
DIE VOKALE<br />
3.3.1.1.<br />
DIE KURZEN VOKALE<br />
DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />
ROMAN BANZER<br />
stentums Liechtenstein. Pro Gemeinde wurden in<br />
unserer Untersuchung drei Personen befragt. Pro<br />
Lautentwicklung wurden von der Gewährsperson<br />
drei oder mehr Wörter mit dem entsprechenden<br />
Laut produziert.<br />
Mhd., Bern., Beispiel B T V S P E M G R Sb HSb Tb<br />
M l , .1<br />
Mna. a<br />
a in geschlossener Silbe,<br />
J 1925, S. 56«<br />
'Achsel', 'Backe', 'Hammer'<br />
a, im einsilbigen Wort<br />
vor r + Konsonant<br />
a a a a a a a a a a a a<br />
'schwarz' a a a a a a a a a a a a:<br />
'March' 46<br />
a a a a a a a a a a a a:<br />
'Markt'<br />
a vor sc/*, G 1981, S. 181;<br />
J 1925, S. 109<br />
a a a a a a a a a a a a<br />
'Asche', 'Tasche', 'waschen'<br />
a, Nasalierung<br />
e e B E e 33 33 33 33 33 e 33<br />
47<br />
'an-'<br />
a, Dehnung in offener Silbe im Ul,<br />
J 1925, S. 57<br />
a: a: a: a: a: a: a: a: a: a: a: a<br />
'Gabel', 'Magen', 'Wagen' a a a a a a: a: a: a: a: a 48<br />
a<br />
'Hase'<br />
a, Dehnung vor r + Konsonant,<br />
G 1981, S. 197<br />
a: a a a a a: a: a: a: a: a a<br />
'Abfahrt', 'Garten', 'warm'<br />
a, Dehnung im einsilbigen Wort<br />
a: a: a: a: a: a: a: a: a: a: a: a:<br />
'Gras' a: a: a: a: a: 33. aa: 33: ae: aa: 33: a<br />
Tag'<br />
a, Sonderfälle<br />
a: a: a: a: a: a: a: a: a: a: a: a<br />
'Lärche' 33 33 33 33 33 33 33 33 33 33 33 e:<br />
'sägen', 'tragen' e: s: B: s: B: e: 33: B: B: B: B: 33.<br />
'sagen' 49<br />
s e B s s as: 33: aa: as: B: B 33<br />
'sparen', J 1925, S. 110 s B B s s as: 33: as: 33: 33: B: a<br />
Mhd. e<br />
e, Hebung, Dehnung in<br />
offener Silbe<br />
'eben' e e e e e e: e: e: e: e: e 33<br />
ledig' e e e e e e: e: e: e: e: e e<br />
'Zehen' e e e e e e: e: e: e: e: e e:<br />
e vor / + Konsonant, J 1925, S. 65<br />
'Feld', 'Geld' e B B s e B B e B e e SB:<br />
e vor nasaler Konsonanz<br />
'Lehne' e: e: e: e: e: e: & e: e: e: e: 33:<br />
181
Mhd., Bern., Beispiel B T V S P E M G R S b HSb Tb<br />
e, Senkung vor r + Konsonant,<br />
G 1981, S. 198<br />
'Berg', 'Ferse', 'Gerste' 33 33 33 33 33 33 33 33 33 33 33 33:<br />
Senkung<br />
'gesehen', 'scheren' e e B e s B E B 6 B £ e:<br />
Kürzung<br />
'Herrgott', 'herrlich' e e E e B B £ E £ E B 33<br />
Hebung<br />
'sechs' e e e e e e e e e e e 33<br />
Dehnung in offener Silbe,<br />
G 1981, S. 204; J 1925, S. 62<br />
'Besen', 'kleben', 'weben' s e B e e B: E: B: E: E: 6 33<br />
'Läger' s: s: e: E: e: B: B: s: B: B: B: 33<br />
'Reben' e: s: s: E: B: B: B: B: B: E: B: 33:<br />
Dehnung im einsilbigen Wort,<br />
J 1925, S. 158 f.<br />
'gelb' s: e: e: B: e: E: B: B: B: B: E: 33:<br />
'Mehl' e: e: s: E: s: B: E: B: E: B: B: 33<br />
'Bär' e: e: s: E: B: B: B: s: E: s: B: 33<br />
'Vieh' s: e: e: B: E: E: E: B: B: B: B: e:<br />
[hd. e<br />
vor oraler Konsonanz<br />
'Beck', 'Bett', 'Kessel' e e e e e e e e e e e e<br />
'Kette'<br />
vor nasaler Konsonanz,<br />
J 1925, S. 108 und 148<br />
'denken', 'Hemd',<br />
e e e e e e e e e e e 0<br />
menga 'mancher' e e e e e e e e e e<br />
'Pinsel'<br />
Rundung, J 1925, S. 64 und 106<br />
e e e e e £ e e E e B e<br />
'Apfel', 'dreschen', 'Schwester'<br />
Diphthongierung vor<br />
r + Konsonant, G 1981, S. 201<br />
0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0<br />
'Herbst', 'Kerze', 'März' 52<br />
1:9 1:9 1:9 1:9 1:9 id 19 19 19 19 19 B<br />
'hart'<br />
Diphthongierung und Rundung<br />
vor r +Nasal, G 1981, S. 201<br />
e 1:9 1:9 1:9 1:9 19 19 19 19 19 19 B<br />
'Ärmel', 'Wärme'<br />
Dehnung in offener Silbe<br />
1:9 1:9 1:9 1:9 1:9 Y9 Y9 X9 Y9 X9 Y9 e<br />
'Beeren', Eni r<br />
' 3<br />
'Grossvater' e: e: e: e: e: e: e: e: e: e: e: 55<br />
e<br />
'legen', 'reden' e e e e e e: e: e: e: e;54 e: 56<br />
e
DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />
ROMAN BANZER<br />
Mhd., Bern., Beispiel B T V S P E M G R S b HSb Tb<br />
Mhd. i<br />
i, Senkung vor oraler Konsonanz,<br />
G 1981, S. 194;<br />
J 1925, S. 69 und 72<br />
'Biss', 'Milch', 'Tisch' e e e e e e e e e e e i<br />
aber: 'dick' e i i i i e i i i i i i<br />
'Sieb' e e i: e e i: e i: i: e e i<br />
'sieben' (7)<br />
i, Senkung vor nasaler Konsonanz,<br />
J 1925, S. 72<br />
e e i / e e e e e e e i<br />
'bringen', 'Kind' 57<br />
i, Diphthongierung vor r<br />
/ i i i i i ; i i i i i<br />
'dir' 1:9 1:9 1:9 1:9 1:9 1:9 1:9 1:9 1:9 1:9 1:9 Li<br />
'mir'<br />
i, Rundung und/oder Diphthongierung<br />
vor r + Konsonant,<br />
G 1981, S. 201; J 1925, S. 72<br />
1:9 1:9 1:9 1:9 1:9 Y.-e 1:9 X:9 Y:S Y:9 Y:9 I:<<br />
'Wirt' 0 0 0 0 0 Y9 19 Y9 Y9 Y9 Y9 y<br />
'T-Iir'tp' ' WircfVi 1<br />
mite . rillsun i. c 1. c 1. Ö 1 . o l.Cf I'3<br />
'Birne'<br />
i, Rundung, J 1925, S. 73<br />
1:9 e 1:9 1:9 V.B 1:9 1:9 1:9 1:9 1:9 1:9 f<br />
'Schimmel'<br />
i, Dehnung in offener Silbe<br />
y y y y y y y y y y y y<br />
'schielen', 'Wiese'<br />
i, Dehnung im einsilbigen Wort<br />
e e e e e e: e: e: e: e: e: i<br />
'Schmied' e e e e e e: e: e: e: e: e: i<br />
'Stiel' e: e: e: e: e: e: e: e: e: e: e: i<br />
Mhd. o<br />
o, keine Senkung vor /<br />
'folgen', 'Holz', 'Wolle'<br />
o, Senkung<br />
0 0 0 0 0 0 0 0 o o 0 o<br />
58<br />
(und Dehnung<br />
in offener Silbe)<br />
Cotta 'Patin', Ross 'Pferd' 3 o D 0 0 0 0 0 0 0 o 0<br />
'Boden', 'Hose' 0 0 0 0 0 O: 0: 0: 0: 0: 0: o<br />
'Hof, 'Trog'<br />
o, Senkung vor r + Konsonant<br />
0: 0: 0: O: 0: 0: 0: 0: 0: 0: 0: 0<br />
'Dorn', 'Korn', 'Morgen', 'Torkel' 0<br />
o, teilweise Senkung<br />
0 0 0 0 a a a a a 0 o:<br />
'flott' 0 0 0 0 0 0 o 0 0 0 o o<br />
'Frosch'<br />
o, vor nasaler Konsonanz<br />
0 0 0 0 0 0 o 0 0 0 0 o<br />
'kommen' 59<br />
0 o o 0 0 o 0 D 0 0 0 o<br />
o, Dehnung in offener Silbe<br />
'hobeln', 'Ofen', 'Vogel' o 0 o 0 0 o: o: o: o: o: o o<br />
Mhd. u<br />
u, keine Senkung vor<br />
nasaler Konsonanz<br />
'Hund', 'Sommer' 60<br />
u u u u u u u u u u u u<br />
183
Mhd., Bern., Beispiel B T V S P E M G R Sb HSb Tb<br />
u, Senkung vor oraler Konsonanz<br />
'Brücke', 'Küche' o 0 0 o o o o 0 0 0 0 u<br />
'Rücken' o o o o o 0 o 0 o 0 0 y<br />
aber: 'Fuchs' 0 o o u o u 0 0 u u u u<br />
u, Diphthongierung vor<br />
r + Konsonant, G 1981, S. 201<br />
'Wurzel' 0 o 0 0 0 U9 US aa aa aa u<br />
'Burg* u u o u u aa ua aa aa aa aa u<br />
u, Dehnung in offener Silbe,<br />
G 1981, S. 201<br />
'Stube', 'Zuber' 0 0 0 0 0 o: o: o: o: o: o: u<br />
u, Dehnung im einsilbigen Wort<br />
'Zug' 0 o o 0 o o: o: o: o: o: o: u<br />
Mhd. ä<br />
ä vor oraler Konsonanz<br />
'prächtig'<br />
ä vor r + Konsonant, J 1925, S. 107<br />
B B B e s 33 33 33 33 33 33 33<br />
'Erbsen', 'gerben' B 61<br />
B B B B B B B B B ß as:<br />
'färben' 33 33 33 33 33 33 33 33 33 33 33 as:<br />
ä vor nasaler Konsonanz<br />
(Dehnung in offener Silbe)<br />
Fähnli 'Fähnlein' e: e: e: e: e: e: e: e: e: e: e: as:<br />
ä, Dehnung in offener Silbe, G 1981,<br />
S. 198 und 203; J 1925, S. 108<br />
'Gläser' B: B: B: B: B: 33: 33: 33: e: 33: e: e<br />
'Gräber' B: B: B: B: B: e: e: e: e: 33: e: e<br />
'Räder* B: B: B: B: B: as: as: 33: 33: e: e: e<br />
Flädli 'Flädchen' B: B B B B 33: as: as: 33: aa: £ as:<br />
Rädli 'Rädchen' B: s: El s: B: 33: 33: 33: as: 33: e<br />
Mhd. ö<br />
ö vor oraler Konsonanz,<br />
G 1981, 195; J 1925, S. 113<br />
Götti 'Pate' 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0<br />
'hübsch' 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 y<br />
ö vor nasaler Konsonanz<br />
'können' 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 -62<br />
ö, Dehnung in offener Silbe<br />
'Öfen' 0 0 0 0 0 0: 0: 0: 0: 0: 0.- 0<br />
ö, Senkung vor r + Konsonant 63<br />
'Dörflein', 'Körblein' ce OB ce ce ce 33 33 33 33 33 OB 0;<br />
ö, Senkung und analoge Dehnung<br />
in offener Silbe 64<br />
Hösli 'Höschen' 03 ce 03 ce ce ce: ce: ce: ce: ce: ce: 0<br />
Mhd. ü<br />
ü, Senkung vor oraler Konsonanz,<br />
G 1981, S. 195; J 1925, S. 117, 119<br />
'Füchse', 'Schlüssel' 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 y
DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />
ROMAN BANZER<br />
Mhd., Bern., Beispiel B T V S P E M G R Sb HSb Tb<br />
ü, keine Senkung vor nasaler<br />
Konsonanz, J 1925, S. 120<br />
•fünf y<br />
'wünschen' y<br />
ü, Diphthongierung vor r + Konsonant,<br />
J 1925, S. 117 und 119<br />
y: y: y<br />
y: y: y<br />
y<br />
y<br />
y<br />
y<br />
y<br />
y<br />
y<br />
y<br />
y<br />
y<br />
y<br />
y<br />
y<br />
y<br />
y<br />
y<br />
'Bürger', Türken 'Mais'<br />
ü, Hochalemannische Dehnung<br />
0 0 0 0 0 YS YS YS YS YS YS y<br />
'Türe'<br />
ü, Sonderfälle<br />
0: 0: 0: 0: 0: Y:S Y;S Y.-S Y:S Y/S Y.S y<br />
'dürfte' ce: ce: ce: ce. ce: as: as: as: 7:S 6:<br />
' 33: 0:<br />
Kürbsen 'Kürbisse' 0 0 0 0 0 19 19 YS 19 /s 66<br />
YS y<br />
'mögen' ce ce ce ce ce ce: ce: ce: ce: ce: ce: u<br />
3.3.1.2.<br />
DIE LANGEN VOKALE Mhd. ä<br />
ä, Verdumpfung, J 1925, S. 59<br />
'Adern', 'Abend', 'Schwager' 0: o: 0: o-. c: o: 0: 0: 0: o: o: a:<br />
aber: 'Rahm' 67<br />
d, Hebung, Nasalierung,<br />
J 1925, S. 60<br />
a: a: a: a: o.- o.- a: 0: o: o: 0: o-.u<br />
Omet 'Emd', 'Mond', 'Samen'<br />
äw, J 1925, S. 62<br />
o: o: o: o: o: 5; 5: 5.- 5; 5: 5: a:<br />
'blau', 'grau'<br />
ä, Sonderfall, Hebung<br />
o:u o-.u o-.u o-.u o-.u o-.u o-.u o-.u o-.u o-.u o-.u a:<br />
'Montag'<br />
ä, Sonderfall, Kürzung<br />
e: e: e: e: e: e: e: e: e: e: e: e:<br />
'Monat' (mhd. mänöt) o o o o o 5: 5: 5: 5: 5: 5: a:<br />
Mhd. e<br />
e vor oraler Konsonanz, J 1925, S. 67<br />
rära, grätsa 'weinen' 68<br />
e vor nasaler Konsonanz<br />
E: e: e: e: e: E: E: E: E: E: E: as:<br />
'zehn'<br />
e, Hebung<br />
e e e e e e: e: e: e: e: e: as<br />
'kehren', 'Lehrer', 'Schnee' e: e: e: e: e: e: e: e: e: e: e: e:<br />
e, Hebung, Kürzung, G 1981, S. 205<br />
'Melo<strong>die</strong>' e e e e e e e e e e e e<br />
Mhd. 1<br />
i vor oraler Konsonanz ausser w,<br />
G 1981, S. 205;<br />
J 1925, S. 73<br />
'Eis', 'fein', 'Weib' /: /: f; i: i: i: i: i: i: i: i: i:<br />
i vor nasaler Konsonanz<br />
'Biene', 'sein' (spontan erhoben) /: /: k h i: i: i: i: i: i: i: i:<br />
185
186<br />
Mhd., Bern., Beispiel B T V S P E M G R S b HSb Tb<br />
i, Diphthongierung im Hiatus und<br />
Auslaut vor w<br />
'Blei', 'schneien' sj ej sj sj sj sj sj sj sj sj sj sj<br />
1 Kürzung vor t, G 1981, S. 208;<br />
J 1925, S. 73<br />
'reiten', 'Scheit' / ;' / / /' / / / / / / i:<br />
i, Sonderfälle, G 1981, S. 208;<br />
J 1925, S. 68, 73 u. 120<br />
Zelata "Zeile' e e e e e e e e e e e i<br />
Mhd. 6<br />
6 vor oraler Konsonanz<br />
'Brot', 'Rosen' o: o: o: o: o: o: o: o: o: o: o: o:<br />
6, vor nasaler Konsonanz,<br />
G 1981, S. 205;<br />
J 1925, S. 80<br />
'Bohnen'<br />
6, Sonderfall<br />
'Gehorsam', 'Osten'<br />
Mhd. ü<br />
ü vor oraler Konsonanz,<br />
G1981.S. 209; J 1925, S. 83<br />
'Maus', 'Schaufel'<br />
ü, Kürzung vor nasaler Konsonanz,<br />
G 1981, S. 208; J 1925, S. 85<br />
'Daumen'<br />
'Pflaumen'<br />
aber: 'Laune' (spontan erhoben)<br />
ü, Diphthongierung im Hiatus und<br />
Auslaut vor w, J 1925, S. 85<br />
'Bau'<br />
'Sau', 'Säue' (Ol)<br />
ü, Kürzung vor t, G 1981, S. 208<br />
'Euter', 'Haut'<br />
0: 0: 0: 0: 0: 5: 5: 5: 5: 5: 5: 0:<br />
0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0<br />
u: u: u: u: u: u: u: u: u: u: u: u:<br />
u u u u u u u u u u u u:<br />
u u u u u u u u u u u u<br />
u: u: u: u: u: u: u: u: u: u: u: u:<br />
ou ou ou ou ou ou ou ou ou ou ou ou<br />
ou ou ou ou ou u: u: u: u: u: u: ou<br />
u u u u u u u u u u u u:<br />
Mhd. ce<br />
ae vor oraler Konsonanz, G 1981,<br />
S. 198; J 1925, S. 108 und 110<br />
Teer', 'Schere', 'zäh' e: e: e: e: e: as: as: as: as: as: as: e:<br />
as, Rundung, vor nasaler Konsonanz<br />
'Späne' 0: 0: 0: 0: 0: ce: ce: ce: ce: ce: ce: - 69<br />
ae, Rundung<br />
'häkeln', 'Schwägerin' ce: ce: ce: ce: ce: ce: ce: ce: ce: ce: ce: as:<br />
'später' ce: ce: ce: ce: ce: ce: ce: ce: ce: ce: ce: e:<br />
Tschöka 'Beine' s: ce: 7,1<br />
ae, Diphthongierung, J1925.S. 111<br />
a:<br />
'mähen', 'sähen' e.j s:j e:j s:j s:j e:j s:j e:j s:j e:j s:j e:
DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />
ROMAN BANZER<br />
Mhd., Bern., Beispiel B T V S p E M G R Sb HSb Tb<br />
ae, Kürzung, G 1981, S. 198<br />
gäbig S e e e e « e e e<br />
ae vor nasaler Konsonanz<br />
'käme' e: s: e: ßj et e: e: e: e: e: e: _71<br />
Mhd. ce<br />
03 vor nasaler Konsonanz,<br />
J 1925, S. 116<br />
'Föhn', 'schön' 0: 0: 0: 0: 0: ce: ce: ce: ce: ce: ae: 0:<br />
ce, Hebung, J 1925, S. 115<br />
'böse', 'Grösse' 0: 0: 0: 0: 0: 0: 0: 0: 0: 0: 0: 0:<br />
Mhd. iu<br />
iu vor oraler Konsonanz,<br />
G 1981, S. 203; J 1925, S. 98<br />
'Fliegen'<br />
'Mäuse'<br />
ausserdem: 'drei' (neutrum)<br />
iu vor nasaler Konsonanz,<br />
J 1925, S. 98<br />
y:<br />
y:<br />
y:<br />
y<br />
y<br />
y<br />
y<br />
y<br />
y<br />
y<br />
y<br />
y<br />
y<br />
y<br />
y<br />
y<br />
y<br />
y<br />
y<br />
y<br />
y<br />
y<br />
y<br />
y<br />
y<br />
y<br />
y<br />
y<br />
y<br />
y<br />
y<br />
y<br />
y<br />
cey<br />
y<br />
y<br />
'bräunen'<br />
aber: nünt 'nichts'<br />
iu, Diphthongierung im Hiatus<br />
und Auslaut vor w<br />
'neu' (spontan erhoben),<br />
y:<br />
y<br />
y<br />
y<br />
y<br />
y<br />
y<br />
y<br />
y<br />
f<br />
y y y<br />
2<br />
y<br />
Y<br />
y<br />
Y<br />
y-<br />
Y<br />
y<br />
y<br />
'reuen' (spontan erhoben) Q3j 03] cey ce/' 03J ce/ cey cey cey cey cey cey<br />
'Säue' 72<br />
19 ou ou<br />
'Knie' 03j 03j 03j cey 03j y y y y y y cey<br />
iu Kürzung vor t, G 1981, S. 208<br />
'Kreuz', 'Leute', 'läuten' y y y y y y y y y y y y<br />
3.3.1.3.<br />
DIE DIPHTHONGE Mhd. ei<br />
ei. Monophthongierung,<br />
G 1981, S. 211; J 1925, S. 91<br />
'Leiter', 'Mädchen', 'Teil'<br />
Leiterli 'Leiterchen',<br />
aa: as: as: as: as: a: a: o: o: o: sj sj<br />
'Teile', 'Seile'<br />
ei, Monophthongierung u.<br />
Nasalierung, J 1925, S. 122<br />
as: as: as: as: as: as: as: ce: ce: ce: sj sj<br />
'daheim', 'Stein', 'Zeine' as: as: as: as: as: 5: 5: 5: 5: 5: 5: sj<br />
'Steine'<br />
ei, Sonderfall, keine Monophthongierung<br />
as: as: as: as: as: ce: ce: ce: ce: ce: ce: sj<br />
73<br />
, J 1925, S. 88<br />
'Eier', 'Fleisch', 'heilig' sj sj sj sj sj ej sj sj sj ej sj ej<br />
'Geiss' 74<br />
, 'Geissel' as: as: as: as: as: sj sj sj sj sj sj sj<br />
'Weizen' sj as: as: as: as: sj sj ej ej sj sj sj<br />
187
Mhd., Bern., Beispiel B T V S P E M G R S b HSb Tb<br />
Mhd. öu<br />
öu, Monophthongierung,<br />
J 1925, S.124<br />
'Freude', 'geraucht', 'Heu' 0: 0: 0: 0: 0: 0: 0: 0: 0: 0: 0: cej<br />
öu vor nasaler Konsonanz,<br />
Monophthongierung<br />
söömla 'säumen' 0: 0: 0: 0: 0: de: ce: ce: de: ce: de: - 75<br />
öu. Monophthongierung im Hiatus,<br />
J 1925, S. 125<br />
'freuen', 'heuen', 'streuen' cej cej cej cej cej cej cej cej cej cej cej cej<br />
öu. Monophthongierung u. Kürzung<br />
'Bäume' c e c e c e c e c e c e c e c e c e c e c e e<br />
Mhd. ou<br />
ou vor oraler Konsonanz,<br />
Monophthongierung zu<br />
geschlossenem Vokal,<br />
G 1981, S. 210; J 1925, S. 96<br />
'Augen', 'Laub', 'Taufe' o: o: o: o: o: o: o: o: o: o: o: ou<br />
'Glaube' 0 0 0 0 0 0 : o: o: o: o: o: ou<br />
ou vor nasaler Konsonanz,<br />
Monophthongierung zu<br />
offenem Vokal<br />
'Baum' 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0<br />
ouw, J 1925, S. 96<br />
'Frau', 'hauen' ou ou ou ou ou ou ou ou ou ou ou ou<br />
Mhd. ie<br />
ie vor oraler Konsonanz<br />
Kriesi 'Kirsche', 'Ziegel' t:9 1:9 i:s l:B 1:9 1:9 r.s i:B 1:9 1:9 1:9 1:9<br />
ie, Monophthongierung vor nasaler<br />
Konsonanz, J 1925, S. 100<br />
'Riemen', niena 'nirgends',<br />
'Ver<strong>die</strong>nst' v.s i:9 r.s v.s v.9 e: e: e: e: e: e: 1:9<br />
Mhd. üe<br />
üe vor oraler Konsonanz,<br />
J 1925, S. 125, 161<br />
'Frühling', 'Küfer', 'Kühe' YS 1(<br />
üe, Monophthongierung<br />
vor nasaler Konsonanz (Ul)<br />
'Blümlein', 'grün' Y:S<br />
Mhd. uo<br />
uo Diphthong erhalten<br />
'Kuh', 'Stuhl' 0:9<br />
uo vor nasaler Konsonanz<br />
'Blume', 'tun' u:s<br />
YS Yd YS Yd Y9 Yd YS YS YS YS YS<br />
Y-.s Y-.s Y:s Y.s ce: de: de: de: de: de: Y:S<br />
U:S U:S U:8 U:S U:8 U:S U:9 U:S U:S U:9 U:8<br />
U:S U:S U:S U:S 5: 5: 5: 5: 5: 5: U:S
3.3.1.4.<br />
ABWEICHUNGEN ZU JUTZ<br />
Die vorliegenden Unterschiede in der Lautung von<br />
Jutz und unserer Arbeit gehen zum grössten Teil<br />
auf <strong>die</strong> unterschiedliche Transkription zurück. Der<br />
Transkription der Hochzungenvokale i, ü, u durch<br />
Jutz als offenes [}, u] entspricht in unserer<br />
Transkription [e, 0, o]. Jutz macht auf <strong>die</strong>se Tatsache<br />
selbst aufmerksam: «...doch während <strong>die</strong> geschlossenen<br />
Vokale im aUgemeinden quaütativ sehr<br />
fest und gleichmässig sind, zeigen <strong>die</strong>se [R.B.: <strong>die</strong><br />
DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />
ROMAN BANZER<br />
offenen Vokale] mancherlei, wenn auch nur geringfügige<br />
Schwankungen nach beiden Seiten» (Jutz<br />
1925, S. 199). Es handelt sich demzufolge bei den<br />
meisten Abweichungen nicht um Lautwandelvorgänge,<br />
sondern um Unterschiede in der Transkription.<br />
Die Fälle, wo sich <strong>die</strong> Laute unserer Erhebung<br />
von derjenigen von Jutz unterscheiden, sind mit *<br />
bezeichnet.<br />
Zu erheben, ob in der Zeit seit der Erhebung<br />
durch Jutz ein Lautwandel stattgefunden hat, ist<br />
nicht Ziel unserer Untersuchung.<br />
Betrifft bei Jutz Beispiel unsere Erhebung<br />
a nach nK La] (57) 'machen' la] *<br />
e, Senkung vor mhd. h [?1 'gesehen' (V, S) le]<br />
e vor r im Auslaut 1/1 (106) 'Beere' le.]<br />
i vor Reibelauten Li] (69) 'gepfiffen' [ej<br />
Li] (69) 'gebissen' Ie]<br />
1/1 (69) 'Mist' [e]<br />
auch in Li] (69) 'schwitzen' Ie]<br />
i vor / und /-Verbindungen m (69) 'gespielt' le]<br />
[/] (69) 'billig' [e]<br />
auch in Li] (69) 'Schmitte' le]<br />
i vor r + Konsonant [ia] (106, 183) 'Hirte' L7.e?]*<br />
o vor r + Konsonant [a.] (77) 'Korn' [a]*<br />
u iu} (81) 'Nutzen' lo]<br />
[u] (81) Tupfen' [0]<br />
ö m (H4) 'Öl' [0.1<br />
ü [#(117) 'Flügel' [0]<br />
[£] (118) 'Türe' [0.J<br />
ä vor m, n [ö] (60) 'Samen' lo:, 0':]*<br />
e I/] (67) 'Ehre' le:]<br />
W (67) 'weh' le:}<br />
IT\ (67) 'kehren' le:]<br />
i in (74) 'fein* Ii:]<br />
189
3.3.2.<br />
DIE KONSONANTEN<br />
3.3.2.1.<br />
HALBVOKALE<br />
Betrifft bei Jutz Beispiel unsere Erhebung<br />
ö W (79) 'Brot' [o.-l<br />
[ü] (79) 'bloss' lo:]<br />
M (79) 'zwei' n. lo:]<br />
6 vor nK [öl (80) 'donnern' lo]*<br />
03 [#(115) 'hören' [0.]<br />
iu im Auslaut vor w [Qu] (99) 'Säue' [ou]*<br />
öu vor nK [Ü] (124) 'Heu' [0.'1<br />
ou [ü] (95) 'Laub' lo:]<br />
[$ (95) 'taufen' lo:]<br />
[gl (95) 'Auge' lo.-l<br />
Mhd. > Mda. Beispiele<br />
Mhd. w<br />
w > [v]<br />
w<br />
> [m]<br />
uow > [oeb]<br />
w in ouw<br />
fällt aus<br />
Mhd.j<br />
j > Ü]<br />
y fällt aus<br />
allgemein im Anlaut, [vslu] [1] - allgemein im In- und Anlaut, [le:r] 'Lehrer'<br />
- im Auslaut nach langem Vokal, [me:l] 'Mehl', [tae.-l] 'Teil'<br />
/ > [II] - im Auslaut nach kurzem Vokal, [moll] moll, [voll] 'voll'<br />
/ fällt aus - in Wörtern in schwachtoniger Satzstellung, [as], [ase] 'als'
3.3.2.3.<br />
NASALE Mhd. > Mda. Beispiele<br />
DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />
ROMAN BANZER<br />
Mhd. m<br />
m > [m] - im Anlaut allgemein, [me:jB] 'mähen'<br />
- im Inlaut nach r und /, [i:erml] 'Ärmel'<br />
- im Auslaut nach r und /, [wa:rm] 'warm'<br />
- im Auslaut, [bom] 'Baum'<br />
- intervokalisch, [pTarntj] 'Pflaume'<br />
m > [n] - vor Dental, [khunj] '(du) kommst'<br />
-mb- > Im] - Assimilation, [imme] Imme 'Biene' 77<br />
, Lfimml] 'Schimmel'<br />
m fällt aus - Tb, [cuj] '(du) kommst<br />
Mhd. n<br />
n > [n] - allgemein in allen Umgebungen, [khorn] 'Korn', [nase] 'Nase',<br />
[wmtar] 'Winter'<br />
nn > [nn] - zwischen Vokalen, [khonns] 'können', [tsennß] zenna 'verspotten',<br />
n > [m] - nur in: [bemsl] 'Pinsel', [hampfh?] hampfla 'Handvoll'<br />
n fällt aus - mit Ersatzdehnung vor Spirans [fy.f] 'fünf<br />
- im Auslaut [jtae:] 'Stein', [a:] 'an'<br />
- in Triesenberg Vokalisierung im Auslaut, [do:re] 'Dornen', [ho:rß]<br />
'Horn', [xo:re] 'Korn'<br />
- Ausfall in 'Fenster', [fejtar]<br />
- in Triesenberg aber: [faenjter]<br />
3.3.2.4.<br />
LABIALE Mhd. pf, ph<br />
pf > [pf] - in Anlaut, [pfar] 'Pfarrer', [pflummB] 'Pflaume'<br />
- im Auslaut nach m [khrampf] 'Krampf, [/trumpf] 'Strumpf<br />
- nach r, [kharpfe] 'Karpfen' (sp), aber: [Ja:rf] 'scharf<br />
- nach kurzen Vokalen, [epfj] 'Apfel', [tsapfe] 'Zapfen'<br />
Mhd. p<br />
p > [pl - in der Verbindung sp, [hajpl] 'Haspel'<br />
- in Lehnwörtern, [plate] 'Platte', [pres] 'Presse'<br />
p > [p] - im Auslaut [rap] 'Rabe'<br />
p > [b] - [bemzj] 'Pinsel', [budle] Budle 'Flasche'<br />
Mhd. b<br />
b > [b] - im Anlaut erhalten, [bom] 'Baum'<br />
- im Inlaut, [faerbe] 'färben'<br />
- im Auslaut, [khorb] 'Korb'<br />
b > [p] - Anlautverhärtung bei den Vorsilben be-, ge- und Synkope, [paöt]<br />
'gebaut'; ausserdem [pu-.r] 'Bauer'<br />
- Fortisierung vor Konsonant bei Synkope eines Vokals, [hierpft]<br />
'Herbst'<br />
- Tb, [dope] 'droben', [ajopu] 'heroben'<br />
Mhd./ v<br />
f > [f] - allgemein in allen Wortstellungen, [loft] 'Luft', [elf] 'elf, [fae:] 'Vieh'<br />
/ > hf] - anlautend in bestimmten Wörtern, [pTegl] 'Flegel', [pfo:] 'Föhn'<br />
191
3.3.2.5.<br />
GUTTURALE Mhd. > Mda. Beispiele<br />
Mhd. k, ck<br />
k > [kl - nach [rj], [turjkj] 'dunkel', [rarjk] 'Rank'<br />
k > [kh] - allgemein im Anlaut, [khind] 'Kind', [khoa] 'Kuh' 79<br />
ck > [kh] - [bekh] 'Beck'<br />
k > [c] - im Auslaut nach / und r, [khalc] 'Kalk', [marc] 'March'<br />
- in Triesenberg im Anlaut, [calx] 'Kalch', [ce:rg] 'kehren', [gxafar]<br />
Chüefer 'Küfer'<br />
[cyrbse] 'Kürbse'<br />
k > [g] - in Triesenberg nach [rj], [turjgj] 'dunkel', [rang] 'Rank'<br />
k > [x] - in Triesenberg, [calx] 'Kalk', [marx] 'March', [melxe] 'melken'<br />
Mhd.gr<br />
g > [gl - unregelmässig im Anlaut, [geld] 'Geld'<br />
- regelmässig im In- und Auslaut ausser nach n, [wage] 'Wagen',<br />
[wo:g] 'Waage',<br />
g > [k] - unregelmässig im Anlaut, [kmaemd] 'Gemeinde', [kfel] 'Glück',<br />
[kcjmpe] gumpa 'hüpfen'<br />
n<br />
9 > tOgl - [menge] menga 'mancher'<br />
g fällt aus - in der 2./3. Pers. Sing. Präs. in den Verben 'sagen', 'legen',<br />
'tragen', [se:jt] '(du) sagst'<br />
Mhd. h<br />
h > [h] - allgemein im Anlaut, [hammar] 'Hammer', [hentje] Hentscha 'Handschuh'<br />
- in der Verbindung mhd. ht, [nact] 'Nacht'<br />
h > [k] - im Inlaut vor s, [seks] 'sechs'<br />
h fällt aus - unregelmässiger Schwund im Auslaut, [tse:] 'zäh'<br />
- in Triesenberg, [kse:] 'gesehen'<br />
h > [x] - in Triesenberg im In- und Auslaut, [raexe] 'Rechen', [naxt] 'Nacht',<br />
[tS33:X] 'zäh'<br />
Mhd. ch<br />
ch > [5] - im Auslaut nach Vokal, [tac] 'Dach'<br />
ch > [h] - zwischen Vokalen, [bahe] 'backen', [mang] 'machen', [ksehe]<br />
'gesehen'<br />
ch > [x] - in Triesenberg, [baxe] 'backen', [tax] 'Dach', [maxe] 'machen'<br />
3.3.2.6.<br />
DENTALE Mhd. t, d<br />
t > [t] - allgemein im Anlaut, [tonnare] 'donnern', [torkj] 'Torkel'<br />
- im In- und Auslaut nach Liquid, [wort.] 'Wort'<br />
- im In- und Auslaut nach Vokal, [Jmete] 'Schmiede'<br />
t > [d] - in Triesenberg Auslautlenisierung, [bro:d]'Brot' 80<br />
, [hu:d]'Haut',<br />
[nitsigend] nitzigend<br />
d > [d] - allgemein im Anlaut, [donjtig] 'Donnerstag', [donne] 'drunten'<br />
- im Oberland allgemein im In- und Auslaut, [haJde] 'Halde',<br />
[hund] 'Hund'<br />
- in Triesenberg, [ba:ld] 'bald', [gaeld] gell<br />
192
Mhd. > Mda. Beispiele<br />
DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />
ROMAN BANZER<br />
t, d fällt aus - im Unterland regelmässiger Ausfall <strong>des</strong> d in den Kombinationen<br />
-nd, -Id-, [halB] 'Halde', [nun] 'Hund', [va:l] 'Wald', [ba:l] 'bald',<br />
[gel] gell s<br />
\ [hinns] hinna 'hinten', [hunns] hunna 'herunten'<br />
- im Oberland Ausfall <strong>des</strong> d in den Wörtern 'bald', gell, 'hinten',<br />
'herunten'<br />
tw > [tswl - [tswag] 'Zwang', [tswerg] 'Zwerg'<br />
Mhd. z, tz<br />
z > [Is] - im Anlaut, [tsiegj] 'Ziegel', [fcapfe] 'Zapfen'<br />
- im Inlaut nach /, r, n, [ha:rts] 'Harz'<br />
zz > [ts] - [wa;:tSB] 'Weizen'<br />
Mhd. s, z (lang)<br />
s > [z] - allgemein im An-und Auslaut, [ze:jB]'sähen', [gra:z]'Gras',<br />
- im Inlaut vor /, [hazlg] Hasla 'Haselstauden', [1sy:zlB] 'zeuseln',<br />
[bemzj] 'Pinsel'<br />
s > [s] - [ros] 'Ross'<br />
zz > [ss] - Geminata blieb erhalten, [g33:ss] 'Geiss', LflossJ] 'Schlüssel',<br />
[wasser] 'Wasser'<br />
s > [f] - allgemein vor p und t, teilweise auch vor ', m, n, w, LfprirjB]<br />
'springen', [alt] 'Ast',<br />
[lletB] 'Schlitten', [Imed] 'Schmied', [Inabl] 'Schnabel'<br />
- nach starktonigem Vokal vor r, [ferli] 'Ferse'<br />
- in Triesenberg: [i:l] 'Eis', [hyji] 'Häuslein' 82<br />
s fällt aus - [b:nd] '(sie) lassen' 83<br />
, [narniB] nämma 'weiss nicht was'<br />
Mhd. sch<br />
sch > [|] - allgemein in allen Wortstellungen, LfimmJ] 'Schimmel', [dreh]<br />
'Dresche'<br />
193
3.4.<br />
SPRACHGEOGRAPHISCHE UNTERSCHIEDE<br />
3.4.1.<br />
DAS UNTERLAND<br />
Liechtenstein ist aufgeteilt in zwei Landschaften,<br />
das Ober- und das Unterland. Diese Teilung begründet<br />
sich aus der Geschichte. Der heutige Staat<br />
Liechtenstein entstand durch den Kauf der Herrschaft<br />
Schellenberg (16991 und den Kauf der Grafschaft<br />
Vaduz (1712) von den Grafen von Hohenems<br />
durch <strong>die</strong> Familie Liechtenstein. Die Trennung der<br />
beiden Landschaften lässt sich aber noch weiter in<br />
der Geschichte zurückverfolgen. Im Frühmittelalter<br />
gehörte das Unterland als Teil <strong>des</strong> Bistums Chur<br />
zum Drusianischen Kapitel, das einen grossen Teil<br />
Vorarlbergs umfasste, während<strong>des</strong>sen das Oberland<br />
zum Kapitel Unter der Landquart gehörte. Diese religiöse<br />
Teilung lässt sich im Karolingerreich auch<br />
auf politischer Ebene beobachten. So gehörte das<br />
Unterland zum Drusianischen Ministerium und das<br />
Oberland zum Ministerium Unter der Landquart.<br />
Die beiden Landschaften waren bis in unser<br />
Jahrhundert geographisch und topographisch getrennt.<br />
Das ausgedehnte Ried zwischen Schaan als<br />
nördlichster Gemeinde <strong>des</strong> Oberlands und dem Unterland<br />
war zwar kein unüberwindliches Hindernis,<br />
verstärkte durch <strong>die</strong> grosse Ausdehnung <strong>die</strong> Abgrenzung<br />
aber deutlich. Der Scheidgraben, der <strong>die</strong><br />
beiden Landschaften heute noch trennt, ist so immer<br />
noch eine deutliche Sprachgrenze zwischen<br />
den Mundarten <strong>des</strong> Ober- und Unterlan<strong>des</strong>.<br />
Der Zollvertrag mit Österreich (1852) und <strong>die</strong> Bedeutung<br />
Feldkirchs als Marktstadt bewirkten eine<br />
deutliche Anbindung <strong>des</strong> Unterlan<strong>des</strong> an das österreichische<br />
Nachbarland. Noch heute ist zu spüren,<br />
was bis zum Zollabschluss mit der Schweiz (1924) viel<br />
194<br />
Abb. 1: Die sprachgeographischen<br />
Unterschiede<br />
zwischen dem Oberland<br />
(Ol) und dem Unterland<br />
(Ul).<br />
Er Merkmal Beispiel Ol Ul<br />
1 DoS Magen' fal fal<br />
6 a vor sch 'Asche' N [ae]<br />
8 e vor nK 'denken' W m<br />
9 germ e 'Weg' W [ae]<br />
13 i vor r + Kons 'Wirt' [0] [xe]<br />
16 o vor r + Kons 'Korn' [0] [a]<br />
17a cen vor nK 'Föhn' [0-.] [ce:]<br />
18 ö vor r + Kons 'Körblein' [ce] N<br />
21 u vor r + Kons 'Wurzel' [o] [O0]<br />
24 ü vor r + Kons 'Bürger' [0] [X6]<br />
26 ä vor nK 'Samen' [o:] [5:]<br />
27 ce vor nK 'käme' I«:] m<br />
28 6 vor nK 'Bohnen' [o:] [5:]<br />
30 ei vor oK 'Leiter' [ae;] [Ö:,d:]<br />
30a ei vor oK 'Fleisch' [ae:ßj] [sj]<br />
31 ei vor oK, Plural 'Seile' [ae:] [Ö3:,88:]<br />
35 ei vor nK 'Stein' [ae:] [5:]<br />
36 ei vor nK, Plural 'Steine' [ae:] [Ö3:]<br />
40 ie vor nK 'Riemen' [US] m<br />
41 uo vor nK 'Blume' M l [5:]<br />
42 üe vor nK 'grün' [*:a] [ce:]
deutlicher war: Feldkirch in Vorarlberg war Orientierungspunkt<br />
für das Liechtensteiner Unterland.<br />
Diese politische, religiöse, wirtschaftliche und<br />
kulturelle Ausrichtung <strong>des</strong> Unterlan<strong>des</strong> mag auch<br />
Grund sein für <strong>die</strong> doch erheblichen Unterschiede in<br />
den Mundarten <strong>des</strong> Ober- und Unterlan<strong>des</strong>. Auffällig<br />
ist in <strong>die</strong>sem Zusammenhang, dass es zwischen<br />
der nördlichsten Gemeinde <strong>des</strong> Oberlan<strong>des</strong> und der<br />
südlichsten Gemeinde <strong>des</strong> Unterlan<strong>des</strong> keinen kontinuierlicher<br />
Übergang in den Lautungen gibt, indem<br />
sich <strong>die</strong> für das Unterland typischen Lautungen<br />
in ihrer Häufigkeit <strong>des</strong> Auftretens in unterschiedlichen<br />
Konditionen von Norden nach Süden verlieren.<br />
Im Gegenteil: der Scheidgraben trennt <strong>die</strong> Dialekte<br />
<strong>des</strong> Oberlan<strong>des</strong> und <strong>des</strong> Unterlan<strong>des</strong> bis auf<br />
wenige Ausnahmen mit einem harten Schnitt. So<br />
lassen sich für Schaan in unserer Untersuchung nur<br />
vereinzelt Laute finden, <strong>die</strong> eine Nähe zu den Unterländer<br />
Mundarten zeigen. Schaan als Grenzgemeinde<br />
zum Unterland gehört sprachlich eindeutig zum<br />
Oberland.<br />
8 4<br />
Er l<br />
DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />
ROMAN BANZER<br />
Das Ergebnis der dialektgeographischen Differenzierung<br />
ist sehr auffällig. Was sich auf Grund der<br />
geschichtlichen Grundlagen vermuten Hess, trifft<br />
auch sprachlich zu. Das Oberland und das Unterland<br />
unterscheiden sich in ihren Mundarten deutlich.<br />
An der Grenze Ober- und Unterland finden sich<br />
gemäss den Erhebungen zur Basis<strong>mundart</strong> 22 Isophone<br />
als Grenzlinien, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Ausdehnung der<br />
Oberländer und Unterländer Mundarten beschränken.<br />
Die Isophone betreffen vor allem <strong>die</strong> unterschiedliche<br />
Entwicklung der mhd. Laute in den<br />
Konditionen Vokal in nasaler Umgebung, Vokal vor<br />
r und Konsonant und <strong>die</strong> unterschiedliche Entwicklung<br />
<strong>des</strong> mhd. ei. Lediglich ein Isophon beschreibt<br />
<strong>die</strong> Entwicklung eines mitthochdeutschen Konsonanten,<br />
nämlich den Schwund von mhd. d im Inund<br />
Auslaut. Typisch für das Unterland ist auch <strong>die</strong><br />
konsequente Dehnung der Vokale in offener Silbe.<br />
Diesbezügliche, weiter unten beschriebene Ausnahmen<br />
betreffen vor allem den Weiler Hinterschellenberg<br />
in der Gemeinde Schellenberg.<br />
Unterland (E, M, G, Sb, HSb) Beispiel Oberland (B, T, V, S)<br />
Konsequente Dehnung Partielle Dehnung<br />
in offener Silbe in offener Silbe<br />
[ma:gE] 'Magen' [magB]<br />
[Ja:bB] 'Schaben' [Jabe]<br />
[wa:ge] 'Wagen' [wagB]<br />
[tra3:gB] 'tragen' [tre:gB]<br />
[zae:gB] 'sägen' [ze:gB]<br />
Er 6 Mhd. a > [33] vor sch Mhd. a > [e] vor sch<br />
[seih] 'Asche' leih]<br />
[teejjn] 'Tasche' [teih]<br />
[WSSJJB] 'waschen' [weih]<br />
Er 7/9 Die mda. Entsprechungen Die mda. Entsprechungen<br />
von mhd. e und ä von mhd. e und ä sind<br />
unterscheiden sich qualitativ. qualitativ gleich<br />
[mes] 'Messe' [mes]<br />
[we:g] 'Weg' [we:g]<br />
[basgh] 'Bächlein' [beeil]<br />
[taedi] 'Täli' [te:ll]<br />
Er 8 Mhd. e > [e] vor Nasal Mhd. e > [e] vor Nasal<br />
[derjkB] 'denken' [derjkB], in Balzers [e]<br />
195
Unterland (E, M, G, Sb, HSb) Beispiel Oberland (B, T, V, S)<br />
Er 13 Konsequente Diphthongierung<br />
<strong>des</strong> mhd. i vor r + Kons<br />
[w*ert]<br />
[hrart]<br />
'Wirt'<br />
'Hirte'<br />
Er 16 Mhd. o > [a] vor r + Kons<br />
[darn] 'Dorn'<br />
[kharn] 'Korn'<br />
[marn] 'morgen'<br />
Er 17a Mhd. ce > [ce:] vor Nasal<br />
[pfVje:] 'Föhn'<br />
Er 18 Mhd. ö > [a?] vor r + Kons<br />
[dasrn] 'Dornen'<br />
[khsrbli] 'Körblein'<br />
[khaernli] 'Körnlein'<br />
Er 21 Diphthongierung <strong>des</strong> mhd. u<br />
vor r + Kons<br />
[buerg]<br />
[wu:8rtsk?]<br />
Er 24 Diphthongierung <strong>des</strong> mhd. ü<br />
vor r + Kons<br />
[bx erger]<br />
[t*erke]<br />
Er 26 Mhd. ä > [5:] vor Nasal<br />
[5:met] 'Emd'<br />
[z5:me] 'Samen'<br />
Er 27 Mhd. a3 > [e.-] vor Nasal<br />
[khäm]<br />
Er 28 Mhd. ö > [5:] vor Nasal<br />
[böme]<br />
Partielle Diphthongierung<br />
<strong>des</strong> mhd. i vor r + Kons<br />
[wart]<br />
[liiert]<br />
Mhd. o > [o] vor r + Kons<br />
[dorn]<br />
[khorn]<br />
[morn]<br />
Mhd. oe > [0:] vor Nasal<br />
[pfo:]<br />
Mhd. ö > [ce] vor r + Kons<br />
[dcern]<br />
[khoerbli]<br />
[khcernli]<br />
Keine Diphthongierung<br />
<strong>des</strong> mhd. u vor r + Kons<br />
'Burg' [borg]<br />
'Wurzel' [worfele]<br />
Keine Diphthongierung<br />
<strong>des</strong> mhd. ü vor r + Kons<br />
'Bürger' [borger]<br />
Türken [torke]<br />
'käme'<br />
'Bohnen'<br />
Er 30 Mhd. ei > [a:, 0:] vor Oral<br />
[lo:tere, -a:-] 'Leiter'<br />
[mo:tli, -a:-] 'Mädchen'<br />
[to:l, -a:-] 'Teil'<br />
Er 30a Keine Monopthongierung<br />
Mhd. ei > [ej]<br />
[flejj] 'Fleisch'<br />
[gejs] 'Geiss'<br />
[wejtse] 'Weizen'<br />
Mhd. ä > [0:] vor Nasal<br />
[o:met]<br />
[zo:me]<br />
Mhd. 33 > [e:] vor Nasal<br />
[khe:m]<br />
Mhd. ö > [o:] vor Nasal<br />
[bo:na]<br />
Mhd. ei > [33:] vor Oral<br />
[la3:tere]<br />
[m33:tll]<br />
[faerl]<br />
Partielle Monopthongierung<br />
Mhd. ei > [33:, ej]<br />
[flaaij, -ej-]<br />
[g33:S, -ej-]<br />
[w33:tSB, -ej-]
DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />
ROMAN BANZER<br />
Unterland (E, M, G, Sb, HSb) Beispiel Oberland (B, T, V, S)<br />
Er 31 Mhd. ei > [ae:, ce:]<br />
vor Oral, Plural<br />
[103:t8rll, -33:-]<br />
[ZCB:1, -33:-]<br />
[t03:l, -33:-]<br />
Er 36 Mhd. ei > [ce:]<br />
vor Nasal, Plural<br />
'Leiterchen'<br />
'Seile'<br />
'Teile'<br />
Er 35 Mhd. ei > [5:] vor Nasal<br />
[deh5:m] 'daheim'<br />
[/tos] 'Stein'<br />
[tsömB] 'Zeine'<br />
Steine'<br />
Er 40 Mhd. ie > [§:] vor Nasal<br />
[nemu] 'nirgends'<br />
[re:me] 'Riemen'<br />
[verdemjt] 'Ver<strong>die</strong>nst'<br />
Er 41 Mhd. uo > [5:] vor Nasal<br />
[bl5:me] 'Blume'<br />
[tö:] 'tun'<br />
Er 42 Mhd. üe > [ce-.] vor Nasal<br />
[blö3:mli] 'Blümlein'<br />
[grce:] 'grün'<br />
Er 48 Regelmässiger Ausfall <strong>des</strong> d in<br />
den Kombinationen<br />
-nd (im Auslaut) und -Id-<br />
[ha:lB] 'Halde'<br />
[hun] 'Hund'<br />
[wa:l] 'Wald'<br />
Mhd. ei > [ae:]<br />
vor Oral, Plural<br />
[l33:terll]<br />
[Z33:l]<br />
[tae:l]<br />
Mhd. ei > [ae-.] vor Nasal<br />
[dahae:m]<br />
[Jtae:]<br />
[tS33:ne]<br />
Mhd. ei > [ae:]<br />
vor Nasal, Plural<br />
[ftSß:]<br />
Mhd. ie > [v.a] vor Nasal<br />
[ni:enB]<br />
[ri:amB]<br />
[vardi:enjt]<br />
Mhd. uo > [n:e] vor Nasal<br />
[blu:emB]<br />
[to:a]<br />
Mhd. üe > [Y:e] vor Nasal<br />
[bk:amh]<br />
[gn£:a]<br />
Kein Ausfall <strong>des</strong> d in den<br />
Kombinationen -nd<br />
(im Auslaut) und -Idthaddu]<br />
[hund]<br />
[wa:ld]<br />
197
3.4.1.1.<br />
DAS A- UND DAS O-GEBIET IM UNTERLAND<br />
Im Unterland gibt es dialektgeographisch zwei Gebiete,<br />
<strong>die</strong> sich in der Lautung unterscheiden. Das a-<br />
Gebiet umfasst <strong>die</strong> Gemeinden Eschen und Mauren.<br />
Hier wird mhd. ei vor oraler Konsonanz zu<br />
[a:]. Das o-Gebiet umfasst <strong>die</strong> Gemeinden Gamprin/Bendern,<br />
Schellenberg (nicht Hinterschellenberg)<br />
und Ruggell. Hier wird mhd. ei vor oraler<br />
Konsonanz zu [o:]<br />
198<br />
Abb. 2: Die sprachgeographischen<br />
Unterschiede<br />
zwischen dem a-Gebiet<br />
(Eschen, Mauren) und dem<br />
o-Gebiet (Gamprin, Schellenberg,<br />
Ruggell).<br />
Das a-Gebiet<br />
Eschen, Mauren<br />
Er 30 Mhd. ei > [a:] vor Oral<br />
[la:t8re]<br />
[ma:tli]<br />
[tad]<br />
Er 31 Mhd. ei > [33:]<br />
vor Oral, Plural<br />
[lae:terli]<br />
[za3:l]<br />
ttae:l]<br />
Er Merkmal Beispiel o-Gebiet a-Gebiet<br />
30 ei vor oK 'Leiter' [a:] [o:]<br />
31 ei vor oK, Plural 'Seile' [se:] [ce:]<br />
Das o-Gebiet<br />
Beispiel Gamprin, Ruggell, Schellenberg<br />
Mhd. ei > [0:] vor Oral<br />
'Leiter' [b:terB]<br />
'Mädchen' [mo:tli]<br />
'Teil' [to:l]<br />
Mhd. ei > [ce:]<br />
vor Oral, Plural<br />
'Leiterchen' [lce: ter Ii]<br />
'Seile' [zoe:l]<br />
'Teile' [te:l]
3.4.1.2.<br />
HINTERSCHELLENBERG<br />
Der Weiler Hinterschellenberg hebt sich in einzelnen<br />
Lautentwicklungen von den Weilern Mittelschellenberg<br />
und Vorderschellenberg ab. Auffällig<br />
ist hier das Zusammengehen verschiedener Lautungen<br />
mit dem Oberland. So realisieren <strong>die</strong> Gewährspersonen<br />
vom Hinterschellenberg <strong>die</strong> mda. Entsprechungen<br />
zu mhd. e, ä und o, ö vor r + Konsonant<br />
gleich wie im Oberland. Ausserdem werden<br />
<strong>die</strong> Vokale in offener Silbe im Gegensatz zum Unterland<br />
nur partiell, und zwar gleichgehend mit dem<br />
Oberland, gedehnt. Ortstypisch für den Hinterschellenberg<br />
ist <strong>die</strong> Entwicklung von mhd. ei vor Oral (im<br />
Gegensatz zum a- oder o-Gebiet) zu mda. [ej:]. Die<br />
Unterschiede zum Unterländer Dialekt lassen sich<br />
teilweise durch <strong>die</strong> geographische Lage <strong>des</strong> Hinterschellenbergs<br />
begründen. Der Weiler liegt am nördlichen<br />
Abhang <strong>des</strong> Eschnerbergs, unmittelbar an<br />
der Grenze zu Österreich. Gemäss Auskunft von<br />
Hinterschellenberger Gewährspersonen haben <strong>die</strong><br />
Hinterschellenberger immer wirtschaftlichen und<br />
kulturellen Kontakt zur österreichischen Nachbargemeinde<br />
Nofels gehabt. Gemäss VALTS realisieren<br />
<strong>die</strong> Einwohner von Nofels von den Lautentwicklungen,<br />
bei denen der Hinterschellenberg vom Unterland<br />
abweicht, lediglich mhd. ae gleich wie <strong>die</strong> Einwohner<br />
<strong>des</strong> Hinterschellenbergs. Gabriel notiert im<br />
VALTS auf Karte 2 sowohl für das Oberland, Unterland<br />
und Nofels in den Wörtern Faden, Wagen lange<br />
Quantität <strong>des</strong> Haupttonvokals. Gemäss unserer Erhebung<br />
ist <strong>die</strong> Dehnung in offener Silbe im Oberland<br />
und in Hinterschellenberg nur partiell durchgeführt<br />
worden und gilt für Faden, Wagen nicht.<br />
DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />
ROMAN BANZER<br />
Er Merkmal Beispiel Sb HSb<br />
1 DoS 'Magen' [a:] [a]<br />
7 ä im Diminutiv 'Bächlein' [ae] M<br />
16 o vor r + Kons 'Korn' [a] W<br />
18 ö vor r + Kons 'Körblein' N [ce]<br />
30 ei vor oK 'Leiter' [o:]<br />
31 ei vor oK, Plural 'Seile' [ce:] leJT<br />
35 ei vor nK 'Stein' [ae:] [5:]*<br />
* nicht gleich wie im Oberland<br />
Abb. 3: Die sprachgeographischen<br />
Unterschiede<br />
zwischen Schellenberg<br />
und Hinterschellenberg.<br />
199
Schellenberg Beispiel Hinte.rschellenberg<br />
Konsequente Dehnung<br />
in offener Silbe<br />
Er 1 [ma:ge] 'Magen'<br />
[ja.:b,B] 'Schaben'<br />
[wa:ge] 'Wagen'<br />
[trae:gB] 'trägen'<br />
[za3:gBi 'sägen'<br />
,Er 7/9 Die mda. Eritspfechungen von<br />
mhd. e! und ä unterscheiden sich ,<br />
von mhd. e und ä sind<br />
qualitativ<br />
[mes] 'Messe'<br />
twe:g] ( 'Weg'<br />
[baecli] * 'Bächlein'<br />
[ta3:li] Tali'<br />
Er 16 Mhd. o > [a] vor r + Kons<br />
[darn]<br />
[kharn]<br />
[marri]<br />
Er 18 Mhd. ö > las] vor r + Kons<br />
[daerrp<br />
[khajrbli]<br />
[khasrnh]<br />
Er 30 Mhd. ei > |o:l vor Oral<br />
[lodere]<br />
[ma:tli]<br />
lto:l]<br />
Er 31 Mhd. ei > |u;:|<br />
vor Oral, Plural<br />
[Ice-tarli]<br />
[zcel]<br />
[t03:l]<br />
Partielle Dennungln offener<br />
Silbe ['<br />
[mage] -<br />
Üabe]<br />
[wäge]<br />
ltre:gt?| ,<br />
[Ze":ge] '\ l<br />
Die mda. Entsprechungen<br />
qualitativ,gleiclr»<br />
[mes]<br />
[we:g|<br />
:<br />
[bech]<br />
[te:h]<br />
Mhd. o > |D] vorr 4- Kons<br />
'Dorn' Idbrn] :V :"<br />
'Korn' [khorn] * , f<br />
'morgen' , Imornl •<br />
Mhd. ö > Joe] vor r f- Kons<br />
'Dornen' [dcern]<br />
'Kqfbleln' [khcerbli] •<br />
'Körnlein'- [khcernliL.<br />
Mhd. ei S> ,[ej] vor Oral }<br />
'Leiter' 'Dejterp] -; |<br />
'Mädchen' [m'ejtli]<br />
'Teil' ' ( tteji]<br />
i ' { ;/ |<br />
Mi.d.. ei >|['ej] :*<br />
VQi Oral,; Plural * , .<br />
'Leiterchen' [lejterli]<br />
'Seile' [zejl] 4<br />
Teile'' [tejl] ' ;
3.4.2.<br />
DAS OBERLAND<br />
3.4.2.1.<br />
BALZERS<br />
Als südlichste Talgemeinde im Oberland an der<br />
Grenze zu Graubünden hebt sich <strong>die</strong> Gemeinde Balzers<br />
in ihrer Lautung von den sonst gängigen Realisationen<br />
der Lautungen in den Oberländer Ortschaften<br />
ab. Die Einwohner von Balzers sind noch heute<br />
wegen einiger sprachlicher Besonderheiten gerne<br />
Anlass zu Spott und Neckereien durch <strong>die</strong> Nachbargemeinden.<br />
Bislang wurde aber weder das Sprechtempo,<br />
noch <strong>die</strong> eigene Klangfarbe wissenschaftlich<br />
untersucht, obwohl <strong>die</strong>se als besonderes Charakteristikum<br />
von Balzers gelten. Wir haben uns in unserer<br />
Arbeit auf <strong>die</strong> Entwicklung der mhd. Laute im<br />
DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />
ROMAN BANZER<br />
Hauptton beschränkt und können somit zu den<br />
oben genannten Balzner Eigenheiten keine Aussage<br />
machen. «Das hier eigenartige und langsame<br />
Sprechtempo ist im Lande wohlbekannt; sie (R.B.:<br />
Balzner Mundart) darf als <strong>die</strong> klangvollste Orts<strong>mundart</strong><br />
<strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> bezeichnet werden. Nach<br />
freundlicher Mitteilung von R. Hotzenköcherle, der<br />
sie sich bei meiner zweiten Lautaufnahme im Jahre<br />
1964 anhörte, klingt sie wie <strong>die</strong> der Bündner Herrschaft,<br />
mit der der Ort seit jeher geographisch und<br />
wirtschaftlich mehr verbunden war als das übrige<br />
Liechtenstein.» 85<br />
Auffällig ist in <strong>die</strong>sem Zusammenhang<br />
<strong>die</strong> Entwicklung der Laute vor Nasal. Wie wir<br />
nach unserer Erhebung durch Beobachtung festgestellt<br />
haben, verhalten sich <strong>die</strong> Balzner in der Realisation<br />
von Vokalen vor Nasalen auch noch in anderen<br />
Fällen als bei mhd. e vom restlichen Oberland<br />
abweichend. So in [bcene] statt [bY:ni] Bühne und<br />
[kcenne] statt [k0nns] können.<br />
Balzers Beispiel Oberland<br />
Er 8 Mhd. e > [e] vor Nasal<br />
IterjkB]<br />
[hemp]<br />
[merjB]<br />
'denken'<br />
'Hemd'<br />
'mancher'<br />
Er 11 Konsequente Senkung<br />
der Hochzungenvokale<br />
[tekh] 'dick'<br />
Er 15 Mhd. o > [o, o]<br />
[folgB]<br />
[WOIIB]<br />
[flot]<br />
[froj]<br />
Er 30a Mhd. ei > [ej] oder [33:]<br />
[flcjil<br />
[ge:S]<br />
[wejiSB]<br />
'folgen'<br />
'Wolle'<br />
'flott'<br />
Frosch'<br />
'Fleisch'<br />
'Geiss'<br />
'Weizen'<br />
Mhd. e > [e] vor Nasal<br />
[terjkE]<br />
[hemp]<br />
[merjB]<br />
keine konsequente Senkung<br />
der Hochzungenvokale<br />
[tikh], [tekh]<br />
Mhd. 0 > [0]<br />
[folg«]<br />
[wo IIB]<br />
[flot]<br />
[froj]<br />
Mhd. ei > [33:]<br />
[flejh, [fte-J]<br />
[ge:S]<br />
[W33:tSB]<br />
201
3.4.2.2.<br />
TRIESENBERG<br />
Ein Sonderfall unter den Mundarten Liechtensteins<br />
ist <strong>die</strong> Gemeinde Triesenberg. Die östlich oberhalb<br />
von Triesen gelegene Bergseite wurde um zirka<br />
1280 durch einwandernde Walser besiedelt. So<br />
kann ich zwar <strong>die</strong> Aussage von Gabriel 86<br />
, dass sich<br />
<strong>die</strong> Mundart von Triesenberg unbehelligt von allen<br />
Einflüssen bis heute als reine Walser<strong>mundart</strong> erhalten<br />
hat, nicht teilen, da <strong>die</strong> Sprachwandelvorgänge<br />
in den letzten Jahrzehnten auch vor Triesenberg<br />
nicht Halt gemacht haben, dennoch ist sicher, dass<br />
in Triesenberg auch heute noch ein Walserdialekt<br />
gesprochen wird, der sich deutlich von den Tal<strong>mundart</strong>en<br />
abhebt. Hierzu hat sicher <strong>die</strong> Isolation<br />
der Berggemeinde über Jahrhunderte hinweg bei<br />
202<br />
getragen. Als eigenständige Mundart, in ihrer Andersartigkeit<br />
gegenüber den Tal<strong>mundart</strong>en, würde<br />
<strong>die</strong>se der Davoser Gruppe zugeteilte Walser<strong>mundart</strong><br />
eine eigene, ausführlich Abhandlung, wie sie im<br />
vorliegenden Rahmen nicht gegeben werden kann,<br />
ver<strong>die</strong>nen. Toni Banzer hat in seiner Arbeit (Banzer<br />
Toni 1990/1991) einen ersten wichtigen Schritt getan.<br />
Die unten aufgeführten Entwicklungsregeln<br />
entstanden aus der Gegenüberstellung der Mundart<br />
von Triesenberg und den Mundarten der Talgemeinden<br />
im Oberland. Die Werkzeuge der Sprachdatenerhebung,<br />
ausgearbeitet für <strong>die</strong> Talgemeinden,<br />
wurden unverändert auf <strong>die</strong> Gemeinde Triesenberg<br />
übertragen. Es ist daher gut möglich, dass<br />
durch den kontrastiven Vergleich nicht alle für Triesenberg<br />
eigentümlichen Lautentwicklungen erhoben<br />
wurden.<br />
Triesenberg Beispiel Oberland<br />
Er 3 Keine Dehnung im einsilbigen<br />
Wort vor auslautender Lenis 87<br />
[gras]<br />
[itil]<br />
[tag]<br />
'Gras'<br />
'Stiel'<br />
'Tag'<br />
Er 6 Mhd. a > [39]<br />
[ae/ls] 'Asche'<br />
Er 7 Mhd. ä > [as]<br />
[bfflxli] 'Bächlein'<br />
Er 9 Mhd. e > [ae]<br />
[faeld] 'Feld'<br />
Er 11 Mhd. i > [i]<br />
[bis] 'Biss'<br />
Er 13 Mhd. i > [y] vor r + Kons<br />
[wyrt] 'Wirt'<br />
Er 18 Mhd. ö > [0] vor r + Kons<br />
[eorrbli] 'Körblein'<br />
Er 19 Mhd. u > [u]<br />
[fuks] 'Fuchs'<br />
Dehnung im einsilbigen<br />
Wort vor auslautender Lenis<br />
lgra:z]<br />
[Jte:l]<br />
[ta:g]<br />
Mhd. a > [e]<br />
leih]<br />
Mhd. ä > [e]<br />
[becli]<br />
Mhd. e > [e]<br />
[feld]<br />
Mhd. i > [e]<br />
[bess]<br />
Mhd. i > [0] vor r + Kons<br />
[w0rt]<br />
Mhd. ö > [ce] vor r+Kons<br />
[khcerbli]<br />
Mhd. u > [0]<br />
[foks]
DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />
ROMAN BANZER<br />
Triesenberg Beispiel Oberland<br />
Er 21 Mhd. u > [u] vor r + Kons<br />
Iburg] 'Burg'<br />
Er 22 Mhd. ü > [y]<br />
tfyks] 'Füchse'<br />
Er 24 Mhd. ü > [y] vor r + Kons<br />
[byrger] 'Bürger'<br />
Er 25 Mhd. ä > [a:]<br />
[a:dsre]<br />
[|wa:ger]<br />
'Adern'<br />
'Schwager'<br />
Er 26 Mhd. ä > [a:] vor Nasal<br />
[zäune] 'Samen'<br />
Er 30 Mhd. ei > [ej]<br />
[lejtere]<br />
T4- 111<br />
ItejI]<br />
'Leiter'<br />
"7Y.il'<br />
leu<br />
Er 31 Mhd. ei > [ej] Plural<br />
[zejl] 'Seile'<br />
Er 35 Mhd. ei > [ej] vor Nasal<br />
[Jtej] 'Stein'<br />
Er 36 Mhd. ei > [ej]<br />
vor Nasal, Plural<br />
Lftej] 'Steine'<br />
Er 38 Mhd. ou > [oo]<br />
[ouge]<br />
[bom]<br />
[hob]<br />
Er 39 Mhd. öu > [oej]<br />
[frcejd]<br />
[krcejgd]<br />
[hcej]<br />
'Augen'<br />
'Baum'<br />
'Laub'<br />
'Freude'<br />
'geraucht'<br />
'Heu'<br />
Er 43 Mhd. n bleibt erhalten<br />
[fasnjter] 'Fenster'<br />
Er 47 Mhd. ch bleibt erhalten<br />
[Ii]<br />
'sich'<br />
Mhd. u > [o] vor r + Kons<br />
[borg]<br />
Mhd. ü > [0]<br />
[foks]<br />
Mhd. ü > [0] vor r + Kons<br />
[b0rgar]<br />
Mhd. ä > [o:]<br />
[o:dere]<br />
[jwo:ger]<br />
Mhd. ä > [o:] vor Nasal<br />
[zo:me]<br />
Mhd. ei > [aa:]<br />
[lse-.tere]<br />
r+~, Ii<br />
1133: lj<br />
Mhd. ei > [33:] Plural<br />
[Z33:l]<br />
Mhd. ei > [33:] vor Nasal<br />
Lftae:]<br />
Mhd. ei > [33:]<br />
vor Nasal, Plural<br />
Lftae:]<br />
Mhd. ou > [o:, o]<br />
[0:ge]<br />
[bom]<br />
[lo:b]<br />
Mhd. öu > [0:]<br />
[fr0:d]<br />
[kr0:gd]<br />
[h 0:]<br />
Mhd. n fällt aus<br />
[fejtar]<br />
Mhd. ch fallt aus<br />
Isi]<br />
Er 50 Mhd. s > [fjvor und nach Mhd. s > [s, z] vor und nach<br />
palatalen Vokalen palatalen Vokalen<br />
[hy:Ji] 'Häuslein' [hy:zli]<br />
[i:J] 'Eis' [i:z]<br />
[Ii:] 'sie' [zi:]<br />
203
Triesenberg Beispiel Oberland<br />
Er 51 Mhd. k > [x, c] im Anlaut<br />
[xa3:z] 'Käse'<br />
[cmd] 'Kind'<br />
[xue] 'Kuh'<br />
Er 52 Mhd. k > [g] nach Nasal<br />
[toogl]<br />
[xrarjg]<br />
[trioge]<br />
Er 53 Mhd. ch > [x] intervokalisch<br />
[maxe]<br />
'dunkel'<br />
'Rank'<br />
'trinken'<br />
machen<br />
Mhd. k > [kh] im Anlaut<br />
[khe:z]<br />
[khmd]<br />
[khö8]<br />
Mhd. k > [kh] nach Nasal<br />
[döQkhJ]<br />
[rankh]<br />
[trirjkhe]<br />
Mhd. ch > [h] intervokalisch<br />
[mahB]<br />
Ausserdem finden sich in Triesenberg vom restlichen<br />
Oberland abweichende Lautungen, <strong>die</strong> wir<br />
in der Zusammenfassung (S. 205) und im Inventar<br />
der variablen Entwicklungsregeln auf den Seiten<br />
218 bis 220 nicht aufgeführt haben. Dies weil wir<br />
<strong>die</strong> Gemeinde Triesenberg in <strong>die</strong> Untersuchung bezüglich<br />
Lautwandel und Lautvariation nicht mit<br />
einbeziehen. Wie schon an anderer Stelle argumentiert,<br />
hätte eine <strong>die</strong>sbezügliche Untersuchung<br />
auf Grund der Stellung der Triesenberger Mundart<br />
als Walser<strong>mundart</strong> den Rahmen <strong>die</strong>ser Arbeit gesprengt.<br />
Triesenberg in Oberland<br />
Mhd. a > [aa] 'sagen' Mhd. a > [e]<br />
Mhd. e > [33] 'eben' Mhd. e > [e]<br />
Mhd. e > [a3:] 'Lehne' Mhd. e > [e:]<br />
Mhd. e > [33] 'Besen' Mhd. e > [e]<br />
Mhd. e > [33:] 'Berg' Mhd. e > [as]<br />
Mhd. e > [e],Diph vor r + K 'Herbst' Mhd. e > [i:e]<br />
Mhd. i > [i] 'Wiesen' Mhd. i > [e]<br />
Mhd. ä > [33], vor r + K 'Erbsen' Mhd. ä > [e]<br />
Mhd. ä > [33:] 'Flädli' Mhd. ä > [e]<br />
Mhd. u > [Y] 'wünschen' Mhd. ü > [*:]<br />
Mhd. u > [0:] 'dürfte' Mhd. u > [ce:]<br />
Mhd. 6 > [u:] 'Haut' Mhd. 6 > [u]<br />
Mhd. ou > [0] 'Baum' Mhd. ou > [0]
3.4.3.<br />
ZUSAMMENFASSUNG<br />
Er betrifft Beispiel<br />
1 DoS 'Magen'<br />
3 DlsW 'Gras'<br />
5 Plural 'Ross'<br />
6 a vor sch 'Asche'<br />
7 ä im Diminutiv 'Bächlein'<br />
8 e vor nK 'denken'<br />
9 germ e 'Weg'<br />
11 i vor oK 'Biss'<br />
13 i vor r + Kons 'Wirf<br />
15 o vor oK Gotta<br />
16 o vor r + Kons 'Korn'<br />
17 ö vor nK 'könnte'<br />
17a ce vor nK 'Föhn'<br />
18 ö vor r + Kons 'Körblein'<br />
19 u vor oK 'Küche'<br />
21 uvor r + Kons 'Wurzel'<br />
22 üvor oK 'Füchse'<br />
24 ü vor r + Kons 'Bürger'<br />
25 ä vor oK 'Adern'<br />
26 d vor nK 'Samen'<br />
27 ce vor nK 'käme'<br />
28 d vor nK 'Bohnen'<br />
30 ei vor oK 'Leiter'<br />
31 ei vor oK, Plural 'Seile'<br />
35 ei vor nK 'Stein'<br />
36 ei vor nK, Plural 'Steine'<br />
38 ou vor oK 'Auge'<br />
39 ö« vor oK 'Freude'<br />
40 ie vor nK 'Riemen'<br />
41 wo vor nK 'Blume'<br />
42 üe vor nK 'grün'<br />
48 d in -wd, -/cr 1<br />
- 'Wald'<br />
50 s 'Eis'<br />
51 k im Anlaut 'Kasten'<br />
52 £ nach nK 'dunkel'<br />
53 ch intervokalisch 'machen'<br />
DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />
ROMAN BANZER<br />
Ol B Tb Ul EM GRSbHSb<br />
1 1 11 I 1 II 11 I 1 I 1<br />
a a a a: a: a: a<br />
a: a: a 33: se: ae: ae:<br />
0 0 0 0 0 0 0<br />
e e 33 33 33 as 33<br />
e e 33 33 33 33 e<br />
e e e e e g e<br />
e: e: 33 e: e: e: e:<br />
e e i e e e e<br />
0 0 y Y9 xs Y9<br />
0 0 0 0 0 0 0<br />
0 0 o: a a a 0<br />
0 0 _88 0 0 0 0<br />
0: 0: 0: CE: ffi: ce: de:<br />
ce ce 0: ae 33 33 03<br />
o 0 u 0 0 0 0<br />
0 0 u na 09 ne vs<br />
0 0 y 0 0 0 0<br />
0 0 y 3C9 YS 3C9 Y9<br />
o: 0: a: 0: 0: 0: 0:<br />
o: o: a: 5: 5: 5: 5:<br />
e: e: _89 e: e: e: e:<br />
o: o: o: 5: 5: ö: 5:<br />
38: 33: ej a: 0: ej<br />
as: 33: ej ae: ce: ej<br />
33: 33: ej 5: 5: 5: 5:<br />
33: ae: ej (B: Ö3: ce: Ö3:<br />
o: o: oo o: o: o: o:<br />
0: 0: cej 0: 0: 0: 0:<br />
1:9 1:3 1:9 e: e: e: e:<br />
ö:9 V.S 13:9 5: 5: Ö: 5:<br />
Y:9 1:9 Y:S ce: de: 03: ce:<br />
d d d<br />
S S J s s S s<br />
kh kh X kh kh kh kh<br />
kh kh 9 kh kh kh kh<br />
h h X h h h h<br />
205
3.5.<br />
ETYMOLOGISCHE<br />
KORRESPONDENZEN<br />
3.5.1.<br />
MONOPHTHONGE<br />
Für <strong>die</strong> folgende Auflistung<br />
haben wir bezüglich<br />
der Nasalierung<br />
nicht differenziert.<br />
3.5.2.<br />
DIPHTHONGE LeJJ<br />
[OU]<br />
[oej]<br />
[XB]<br />
[18]<br />
[oe]<br />
206<br />
Mda. Mhd. Mda. Mhd.<br />
la] a, o [a.] a, ä (Tb), ei (E, M)<br />
[»3 a (Ul), e, ä, e (Tb) [33:1 a.e (Tb), ä, e (Tb), ce,<br />
M a, e, e, ä, e, ce le:] a,e, ä, e<br />
[e] e, i, ä (Tb), e, i te-.l e, e, i, ä, e, ce (Tb)<br />
Ii] i m i<br />
[il i, i [i:] i, i<br />
[0] o, 6, ou [0:1 o, ä, 6, ei<br />
[0] o, u, ä, 6 (Tb), ou [0:] o, u, 6, ou<br />
[Ol u [O:]<br />
[U] u, ü [U:] u, ü<br />
[y] i, u (Tb), ö, ü (Tb), iu [yO ü, i, iu<br />
M iu M<br />
[0] e, i, o, ö, ü [0:1 ö, ü, ce, ce, öu<br />
[03] ö [ce:] ö, ü, ce, ce, ei, öu, üe<br />
ei<br />
iu, ou<br />
iu (Tb), öu<br />
e, i<br />
e, ie (Tb)<br />
u<br />
N]<br />
[0:ü]<br />
[CB:j]<br />
[X:9]<br />
[i:e]<br />
[o:e]<br />
i (Tb) m<br />
ä<br />
iu (Tb)<br />
üe<br />
e, i, ie<br />
u
4.<br />
Lautwandel und Lautvariation<br />
4.1.<br />
THEORETISCHE VORBEMERKUNGEN<br />
Die Begriffe Lautwandel und Lautvariation beschreiben<br />
ein grosses Feld an Untersuchungsmöglichkeiten.<br />
Es folgen daher vorweg zur Einschränkung<br />
und Zielsetzung <strong>die</strong>ses Teils der Arbeit definitorische<br />
Überlegungen. Die Sprache allgemein und<br />
damit auch <strong>die</strong> Varietäten oder Dialekte sind heterogen,<br />
d.h. sie sind Veränderungen unterworfen<br />
und Teile davon variieren in Abhängigkeit von sozialen<br />
Faktoren. Die Sprache ist kein homogenes<br />
und unabänderliches und auch kein kategorischpräskriptives<br />
System. Kommunikation beinhaltet,<br />
in Abhängigkeit von extralinguistischen Faktoren,<br />
linguistische Variation und Lautwandel, weil unterschiedliche<br />
Menschen in unterschiedlichen Sprechsituationen<br />
unterschiedlich sprechen.90 «Ferdinand<br />
de Saussure (1916) hat bestimmte Unregelmässigkeiten)<br />
als für das Sprachsystem irrelevante<br />
Elemente der Ebene der zugeschlagen. Damit<br />
werden <strong>die</strong>se Phänomene aus dem primären<br />
Interessengebiet der Linguistik weggerückt, oder<br />
vielmehr: sie können vernachlässigt werden. Ob<br />
überhaupt von einem homogenen Sprachsystem<br />
ausgegangen werden kann, und wie eine solche<br />
Gruppe mit homogenem Sprachgebrauch allenfalls<br />
aussieht, ist im Laufe der Wissenschaftsgeschichte<br />
der Dialektologie und der modernen Varietäteniinguistik<br />
unterschiedlich beantwortet worden» (Christen<br />
1988, S. 37).<br />
Die Begriffe <strong>des</strong> Lautwandels und der Lautvariation<br />
sind heute in der Mundartforschung allgemein<br />
anerkannt, und bedeutende Strömungen moderner<br />
Linguistik basieren auf der Annahme, dass sich <strong>die</strong><br />
Sprachen dauernd ändern und in Abhängigkeit von<br />
verschiedenen situativen und sozialen Faktoren<br />
variieren. Ausschliesslich diachrone oder synchrone<br />
Untersuchungen treten in den Hintergrund<br />
und werden immer mehr von einer dynamischen<br />
Sprachtheorie abgelöst, <strong>die</strong> versucht, «sowohl das<br />
funktionieren) wie das als von<br />
einander abhängige und somit miteinander zu vereinbarende<br />
von Sprachen (zu) beschreiben<br />
und beide auf <strong>die</strong> gleichen Voraussetzun<br />
DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />
ROMAN BANZER<br />
gen zurück(zu)führen» (Haas 1978, S. 2). Homogene<br />
Sprachsysteme und Erklärungsversuche der<br />
Variation durch koexistierende Systeme wurden als<br />
nicht haltbar verworfen. 91<br />
Die Varietätengrammatik ist der Versuch, den<br />
Anforderungen der dynamischen Sprachtheorie<br />
gerecht zu werden. «Die korrelative Soziolinguistik<br />
befasst sich ... mit Variation. Sie untersucht also<br />
auf den genannten sprachlichen Teilgebieten Erscheinungen,<br />
<strong>die</strong> innerhalb der Realisierungen<br />
eines Sprachsystems variabel sind, was genau genommen<br />
heisst, dass ein und <strong>die</strong>selbe Person <strong>die</strong><br />
Varianten der Variablen nebeneinander verwendet.<br />
Korrelieren heisst dann, <strong>die</strong> Verschiebungen in der<br />
Verwendung <strong>die</strong>ser Varianten feststellen, <strong>die</strong> mit<br />
einer Reihe von pragmatischen Faktoren übereinstimmen.<br />
Genau genommen liegt also keine Variation<br />
vor, wenn innerhalb einer Gesellschaft in einer<br />
bestimmten Teilgruppe eine sprachliche Erscheinung<br />
und in einer anderen Teilgruppe eine entsprechende<br />
andere jeweils kategorisch angetroffen<br />
wird» (Goossens 1986, S. 257). In Übereinstimmung<br />
mit der generellen Einschränkung der Untersuchungsausrichtung<br />
<strong>die</strong>ser Arbeit auf <strong>die</strong> lautliche<br />
Ebene, müssen <strong>die</strong> Fragen auf den Lautwandel und<br />
<strong>die</strong> Lautvariation, deren Vorkommen in den Liechtensteinischen<br />
Orts<strong>mundart</strong>en, deren geographische<br />
Distribution und deren Korrelation mit sozialen<br />
und situativen Faktoren ausgerichtet sein.<br />
4.1.1.<br />
ENTWICKLUNGSREGEL<br />
Wir stellen fest, dass <strong>die</strong> Sprachlautungen der Orts<strong>mundart</strong>en<br />
<strong>des</strong> Fürstentums Liechtenstein schwanken.<br />
Je nach Sprechsituation und linguistischer<br />
Kondition kann sich <strong>die</strong> Realisation eines Lautes in<br />
den Orts<strong>mundart</strong>en von jener in der Basis<strong>mundart</strong><br />
unterscheiden, d.h. dass nicht alle Laute der Orts<strong>mundart</strong>en<br />
gleich wie in der Basis<strong>mundart</strong> realisiert<br />
werden. In den Orts<strong>mundart</strong>en gibt es variierende<br />
Laute. Wir untersuchen <strong>die</strong> Schwankungen<br />
der Laute und eruieren, welche Laute der Orts<strong>mundart</strong>en<br />
in welcher Form nicht der Basismund-<br />
207
art entsprechend realisiert werden. Die Vergleichbarkeit<br />
der Laute basiert auf der Hypothese, dass<br />
der Lautwandel regelmässig abläuft, so dass in<br />
allen Gemeinden, oder in definierten Zusammenfassungen<br />
einzelner Gemeinden, Laute in Ableitung<br />
von mhd. Ausgangselementen eine identische<br />
Entwicklung durchmachen. Die Schwankungen<br />
können - müssen aber nicht - ein Indiz für Veränderungen<br />
im System sein.<br />
Die Beschreibung der Variation wird mit Hilfe<br />
von historisch formulierten Entwicklungsregeln<br />
durchgeführt. Die Grundlage ist demzufolge ein historisches,<br />
diachrones Vorgehen. Die Basis<strong>mundart</strong><br />
als theoretisches Konstrukt postuliert <strong>die</strong> identische<br />
Realisation der Lautklassen im Idealfall.<br />
Daraus ergaben sich <strong>die</strong> im vorhergehenden Kapitel<br />
formulierten kategorischen Entwicklungsregeln<br />
(kEr). Die nicht den basis<strong>mundart</strong>lich Entwicklungsregeln<br />
entsprechenden Lautentwicklungen<br />
der Orts<strong>mundart</strong>en werden durch variable Entwicklungsregeln<br />
(vEr) beschrieben, <strong>die</strong> jenen Zeitpunkt<br />
<strong>des</strong> Verlaufs <strong>des</strong> Lautwandels festhalten, in<br />
dem <strong>die</strong> alte und <strong>die</strong> neue Form nebeneinander<br />
existieren.<br />
Für unseren Fall erfolgt <strong>die</strong> Beschreibung <strong>des</strong><br />
Status der Variabilität einer variablen Entwicklungsregel<br />
nicht nach Wahrscheinlichkeitsprinzipien.<br />
Den kategorisch und variabel gebrauchten<br />
Lauten einer Entwicklungsregel werden aus der<br />
Analyse <strong>des</strong> Korpus Prozentzahlen zugeordnet, <strong>die</strong><br />
zeigen, welcher Laut in welcher Gemeinde für den<br />
beschriebenen Fall von den vier Probanden wie<br />
häufig gebraucht wird.<br />
kEr:<br />
Mhd. [xj wird in einer bestimmten linguistischen<br />
Kondition in der Gemeinde Y zu [zj.<br />
208<br />
vEr:<br />
Mhd. [x] wird unter bestimmten linguistischen und<br />
extralinguistischen Konditionen in<br />
der Gemeinde A in yl % zu [zl]<br />
der Gemeinde B in y2 % zu [z2]<br />
der Gemeinde C in y3 % zu [z3]<br />
der Gemeinde n in yn % zu [znj.<br />
Die extralinguistischen Konditionen sind im kommenden<br />
noch zu klären.<br />
4.1.2.<br />
BASISMUNDARTLICHES WORT<br />
Wir unterscheiden zwischen basis<strong>mundart</strong>lichem<br />
Wort (bmW) und nichtbasis<strong>mundart</strong>lichem Wort<br />
(nbmW). Die Definition <strong>des</strong> Terminus «nichtbasis<strong>mundart</strong>liches<br />
Wort» fällt schwer, weil es keine objektiven<br />
oder linguistischen Werte gibt, <strong>die</strong> eine<br />
eindeutige Zuordnung vorschreiben. Wir gebrauchen<br />
eine Arbeitsdefmition, <strong>die</strong> sich an <strong>die</strong> Begriffserklärung<br />
<strong>des</strong> Terminus «Basis<strong>mundart</strong>» anschliesst.<br />
Ein Wort ist nichtbasis<strong>mundart</strong>lich, wenn<br />
es eine oder mehrere der nachfolgend genannten<br />
Bedingungen erfüllt.<br />
a) Wenn ein Wort von den Benutzern als nichtbasis<strong>mundart</strong>lich<br />
empfunden und nicht geduldet<br />
wird, d.h. wenn das Sprachverhalten der Probanden<br />
<strong>die</strong> Fremdartigkeit dadurch bestätigt,<br />
dass das Wort vermieden oder übersetzt wird,<br />
oder aber allgemein Schwierigkeiten in der<br />
Lautproduktion verursacht.<br />
b) Wenn historisch abgeschätzt werden kann, dass<br />
ein Lexem erst in jüngster Vergangenheit in <strong>die</strong><br />
Orts<strong>mundart</strong>en aufgenommen wurde.<br />
Tabelle 10: Variabilität •-• - — - : - .—=—- -<br />
Tnvariabilität * Variabilität Inväriabilität<br />
. . .. • ; " s | _<br />
' /kliuni/ ; u) /kharti/ , /kliOni/ |<br />
\ j§,/khOfri/ "• \. -f
c) Wenn es im Wörterbuch von Jutz nicht enthalten<br />
ist.<br />
d) Wenn es gemäss der Kompetenz <strong>des</strong> Verfassers<br />
als nativer Mundartsprecher nicht zur Basis<strong>mundart</strong><br />
gehört.<br />
4.2.<br />
EMPIRISCHE ANALYSE UND<br />
UNTERSUCHUNGSANORDNUNG<br />
Die nachfolgende Untersuchung muss <strong>die</strong> variablen<br />
Entwicklungsregeln der Orts<strong>mundart</strong>en festhalten.<br />
Wir erstellen ein Inventar von potentiell variablen<br />
Entwicklungsregeln und testen in einer Erhebung,<br />
ob der Gebrauch der darin verwendeten Laute in<br />
der Sprachwirklichkeit variiert, wovon <strong>die</strong> Variation<br />
abhängt und wie häufig <strong>die</strong> Variation auftritt.<br />
Die Inventarisierung der potentiell vEr erfolgt in<br />
zwei Stufen. Erstens durch <strong>die</strong> Inventarisierung<br />
der Unterschiede der einzelnen Dörfer auf Grund<br />
der in der Basis<strong>mundart</strong> festgehaltenen Entwicklungen<br />
der Laute. Daraus ergibt sich ein Inventar<br />
von potentiell vEr, das sich lediglich auf mögliche<br />
Neuerungen in basis<strong>mundart</strong>lichen Wörtern bezieht.<br />
Zweitens untersuchen wir <strong>die</strong> nichtbasis<strong>mundart</strong>lichen<br />
Wörter auf mögliche Neuerungen.<br />
Wir sind uns bewusst, dass auf Grund <strong>die</strong>ses Vorgehens<br />
nicht mit Sicherheit festgestellt werden<br />
kann, ob alle Variablen in <strong>die</strong> Untersuchung eingeschlossen<br />
sind. Wir können daher für <strong>die</strong> weitere<br />
Arbeit nicht behaupten, dass nicht auch andere<br />
Laute unter bestimmten Bedingungen variieren.<br />
4.2.1.<br />
INVENTAR DER POTENTIELL VARIABLEN<br />
ENTWICKLUNGSREGELN IN<br />
BASISMUNDARTLICHEN WÖRTERN<br />
Für den Verlauf <strong>des</strong> Ausgleichs und <strong>des</strong>sen Begründung<br />
gibt es verschiedene Theorien. Die bekannteste<br />
ist wohl <strong>die</strong>jenige von Schirmunski, welche<br />
besagt, dass beim Ausgleich zweier in Kontakt stehender<br />
Dialekte <strong>die</strong> primären Merkmale, also jene,<br />
DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />
ROMAN BANZER<br />
<strong>die</strong> den einen Dialekt durch ihre Auffälligkeit vom<br />
andern unterscheiden, angeglichen werden, während<strong>des</strong>sen<br />
<strong>die</strong> sekundären, unauffälligen Merkmale<br />
erhalten bleiben. Wir übernehmen <strong>die</strong>se Unterscheidung<br />
für unsere Arbeit und betrachten jene<br />
Laute in basis<strong>mundart</strong>lichen Wörtern als potentiell<br />
variierend, bei denen ein Ungleichgewicht zwischen<br />
basis<strong>mundart</strong>licher und orts<strong>mundart</strong>licher<br />
Variante besteht. Auf der Seite 209 wurden <strong>die</strong>se<br />
zusammengestellt.<br />
4.2.2.<br />
INVENTAR DER POTENTIELL VARIABLEN<br />
ENTWICKLUNGSREGELN IN NICHTBASIS-<br />
MUNDARTLICHEN WÖRTERN<br />
In einer Analyse von je einem Text aus dem Oberland,<br />
Unterland und der Gemeinde Triesenberg<br />
stellen wir Abweichungen vom Material der bisherigen<br />
Inventarisierung fest. Vor allem ist es Aufgabe<br />
der Textanalyse, standarddeutsche Importe<br />
festzuhalten. Es wurden drei Texte mit insgesamt<br />
drei Stunden Gesprächsdauer ausgewertet. Sie<br />
stammen aus Triesen (Text 1; Familie), Schellenberg<br />
(Text 2; Gemeinderat) und Triesenberg (Text<br />
3; Sitzung der Freizeitkommission Triesenberg).<br />
Die Gespräche wurden auf Tonband aufgenommen,<br />
transkribiert und in einem weiteren Abhörvorgang<br />
auf jene Laute untersucht, <strong>die</strong> mit der Basis<strong>mundart</strong><br />
nicht übereinstimmen. Diese Gesprächsstellen<br />
wurden phonetisch transkribiert. Die Texte 1 und 2<br />
wurden dabei vollständig auf Abweichungen zur<br />
Mundart untersucht. Für den Text aus Triesenberg<br />
war <strong>die</strong>s schwerer. So ist bereits an <strong>die</strong>ser Stelle<br />
darauf aufmerksam zu machen, dass <strong>die</strong> Inventarisierung<br />
für Triesenberg möglicherweise unvollständig<br />
ist.<br />
Die drei Texte wurden ausgewählt, weil <strong>die</strong> darin<br />
vorkommenden Sprecher das folgende ideale Anforderungsprofil<br />
erfüllten-.<br />
- geringes Alter (20-30)<br />
- schwache Ortsloyalität<br />
- Aufenthalte im Ausland<br />
209
- keine Bindung zu Grund und Boden durch den<br />
Beruf (keine Bauern, Förster, Landarbeiter, etc.)<br />
- Vater oder Mutter sollen nicht gebürtige Liechtensteiner<br />
sein<br />
- mit sozialem Netzwerk ausserhalb <strong>des</strong> eigenen<br />
Dorfes<br />
- wenig Mitgliedschaften in Dorfvereinen<br />
- Pendler.<br />
Auszug aus Text 2: «Guet, i mööcht eu zor hötiga<br />
Setzig begrüassa, speziell begrüassa mööcht i d'r<br />
Herr Frommelt, Büro Sprenger und Steiner. D'r<br />
Herr Frommelt het scho vor meerera Woche, ja i<br />
wet ned säga, s'Leitblatt, aber zo min<strong>des</strong>tens us<br />
sira Verantwortig ussa, het er d'r Wusch güsseret,<br />
dass er emool könnte <strong>die</strong> ganz Situation vo d'r<br />
Wasserversorgig, im Düerawaald, em Gmoondsroot<br />
nomool voorbringe. Er isch einfach der Uuffassig,<br />
dass <strong>des</strong> Projekt, der Kostenrahma wo mier<br />
gsproche hond, üüs ned das bringt und vor allem<br />
Probleem i d'r Wasserversorgig wören ufträte, i<br />
glob im wesentliche goots jo um der klini Schacht,<br />
wo vorgseha ischd, er köönt üs, wetti säga, vo der<br />
fachlicha Sita hera, o d'Konsequenza vor Ooga<br />
füera, was jetzt <strong>die</strong> sogenannt Minimallöösig, wie's<br />
mier eigentlich vorgsäha hetten, bringa wörd, zom<br />
andera, köönt er üüs aber oo ufzooga, was an Uus-<br />
Tabelle 11: Zusätzliche<br />
potentiell variable<br />
Entwicklungsregeln aus<br />
den Texten<br />
210<br />
Laut bmW/nbmW Beispiel<br />
ö vor nK bmW<br />
Plural mit Umlaut bmW<br />
Restitution, <strong>des</strong> n bmW<br />
Restitution <strong>des</strong> r bmW<br />
Restitution <strong>des</strong> x bmW<br />
ä in -nd, -Id-, im Komp nbmW<br />
i vor oK. nbmW<br />
i vor f 4 Kons nbmW<br />
6: vor nK nbmW<br />
ü vor oK nbmW<br />
ü vor oK nbmW<br />
ei vor oK nbmW<br />
ez'vornK nbmW<br />
r nbmW<br />
X nbmW<br />
bau noch em hötiga technischa Stand vom Wessa<br />
und oo us sirer Erfahrig, wo'n er i d'r Praxis hät,<br />
wie'n er mier gset het, het er praktisch sämtliche<br />
Sanierige i da liechtesteiner Alpegebiet gmacht,<br />
glob i d'r Schwiz o no, und Herr Frommelt i möcht<br />
Ihne gad s Wort gee.» 92<br />
Aus der Analyse der Texte ergaben sich mda.<br />
Entsprechungen zu mhd. Lauten in basis<strong>mundart</strong>lichen<br />
Wörtern und mda. Entsprechungen zu mhd.<br />
Lauten in nichtbasis<strong>mundart</strong>lichen Wörtern, <strong>die</strong> im<br />
bisherigen Inventar nicht aufgeführt sind. Das Inventar<br />
der potentiell vEr mit basis<strong>mundart</strong>lichen<br />
Wörtern wird durch weitere Entwicklungsregeln<br />
ergänzt, <strong>die</strong> untersucht werden müssen.<br />
Aus beiden Analysen ergibt sich ein Inventar<br />
von potentiell variierenden Lauten, das in der Tabelle<br />
12 zusammenfassend dargestellt ist. In Spalte<br />
eins steht <strong>die</strong> Nummer der Entwicklungsregel. In<br />
Spalte zwei steht <strong>die</strong> Beschreibung der Entwicklungsregel.<br />
In Spalte drei steht ein Beispiel zur Entwicklungsregel.<br />
Die vierte Spalte zeigt, ob eine Entwicklungsregel<br />
aus der Analyse der Basis<strong>mundart</strong><br />
stammt. Die fünfte Spalte zeigt, ob eine Entwicklungsregel<br />
aus der Analyse der Texte stammt. Hat<br />
eine Entwicklungsregel einen positiven Eintrag in<br />
den Spalten vier und fünf, dann ist eine potentielle<br />
Variable aus dem Inventar der Basis<strong>mundart</strong> auch<br />
'könnt'<br />
Flösser<br />
'Fenster'<br />
'nur'<br />
'sich'<br />
'Waldweg' •<br />
'Abriss'<br />
'Landwirtschaftsamt'<br />
'Kommission'<br />
'Einfluss''<br />
'geäussert''<br />
'Eigenheim'<br />
'Einheiten' ,<br />
'mehrfach'<br />
'grundsätzlich'<br />
[ce] statt [0]<br />
[ce] statt [o]<br />
[fenjier] statt [fejtsr]<br />
[nur] statt [no]<br />
[sig] statt [si]<br />
[d] »fällt aus •<br />
Iii statt [eL :,<br />
[i] statt [0], [xa] •<br />
[ö] statt [5]<br />
[u] statt [o]<br />
M statt [0]<br />
[ej] >statt [ae:], [a-], [o:]<br />
[ej] statt ,[5]<br />
[me;p] statt |mo:-|<br />
[-lic] statt [-Ii]
Tabelle 12: Inventar der<br />
potentiell variierenden<br />
Laute<br />
DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />
ROMAN BANZER<br />
T Tlo / T Tl /<br />
hr Betrittt Beispiel BmW Text Ul/ EL/ Ul/ Ul/<br />
T Tl r> Ula/ UCK TL<br />
Ul D UlO<br />
1D<br />
i DUO ividgeii + + +<br />
o U0o, nDulW 'darlegen +<br />
*><br />
JJ1SW 'Gras' + + +<br />
A<br />
4 r<br />
D<br />
uisw, nDmw<br />
Plural mit Umlaut<br />
Stil<br />
Rösser<br />
+<br />
+<br />
6<br />
7<br />
a vor sch<br />
ä im Diminutiv<br />
'Asche'<br />
'Bächlein'<br />
+<br />
+ +<br />
+<br />
+<br />
-<br />
+<br />
- + +<br />
+<br />
8 e vor nK 'denken' + +<br />
y germ e rem + + +<br />
1 A<br />
IU<br />
11<br />
germ e, nbmW<br />
ivor oK<br />
'vorgesehen'<br />
'Biss' +<br />
+<br />
+ +<br />
+<br />
+<br />
1 o i vor oK, nbmW 'Abriss' + +<br />
"1 Iii O<br />
lo<br />
14<br />
i vor r+Kons<br />
i vor r+Kons,<br />
Wirt<br />
'Landwirt<br />
+ + +<br />
+<br />
+<br />
+<br />
nbmW<br />
schaftsamt'<br />
10 o vor oK nott + +<br />
lo o vor r+Kons 'Korn' + + + +<br />
1 / o vor nK 'könnte' +<br />
1 7 r»<br />
1 / a<br />
18<br />
ce vor nK<br />
o vor r+Kons<br />
'Föhn'<br />
'Körblein'<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+ + +<br />
iy u vor oK 'Fuchs' + +<br />
zu<br />
o 1
in der Textanalyse als von der kategorischen Entwicklungsregel<br />
abweichend aufgefallen. Neben<br />
einer Zusammenfassung der potentiell variierenden<br />
Laute gibt <strong>die</strong> Tabelle 12 in den Spalten sechs<br />
bis zehn Auskunft darüber, ob sich der Laut für <strong>die</strong><br />
entsprechende Gemeinde / Region von einer anderen<br />
Gemeinde/Region unterscheidet. Diese Spalten<br />
beantworten mit Ja (+) oder Nein (-), ob das in der<br />
Entsprechungsregel genannte Merkmal <strong>die</strong> im<br />
Spaltenkopf genannte Region/Gemeinde von der<br />
nächst grösseren Region/Gemeinde unterscheidet.<br />
Hier kommen alle Gemeinden, das Oberland (Ol),<br />
das Unterland (Ul), das a-Gebiet im Unterland<br />
(Eschen und Mauren), das o-Gebiet im Unterland<br />
(Gamprin, Ruggell und Schellenberg) in Frage.<br />
4.2.3.<br />
DAS UNTERSUCHUNGSINSTRUMENTARIUM<br />
Es muss praktisch untersucht werden, ob <strong>die</strong> durch<br />
<strong>die</strong> theoretische Analyse als potentiell variabel fixierten<br />
Entwicklungsregeln in den Orts<strong>mundart</strong>en<br />
auch variabel gebraucht werden. Dazu muss ein<br />
Untersuchungsinstrumentarium gefunden werden,<br />
das optimal den Ansprüchen der geringen Bearbeitungszeit<br />
und maximalen Validität gerecht wird.<br />
Zur Erhebung der Sprachdaten verwenden wir ein<br />
Corpus von Übersetzungssätzen. Wir kennen <strong>die</strong><br />
Vorbehalte, <strong>die</strong> gegen <strong>die</strong>ses Verfahren der Datenerhebung<br />
immer wieder ins Feld geführt werden.<br />
Stellvertretend möchten wir im folgenden <strong>die</strong> sicherlich<br />
ernst zu nehmenden Einwände von Ruoff<br />
diskutieren. Ruoff bezweifelt vor allem <strong>die</strong> Validität<br />
der Sprachdatenerhebung durch <strong>die</strong> Wenkersätze<br />
auf den Ebenen der Morphologie, Syntax und Lexik,<br />
nicht aber auf jener der Phonetik. «Die möglichen<br />
Ergebnisse der Wenkersatz-Aufnahme sind<br />
auf andere Weise - und besser - zu erreichen, denn<br />
andere als spezifisch laut- und wortgeographische<br />
Erkenntnisse sind aus der Tonaufnahme <strong>die</strong>ser<br />
Sätze nicht zu erwarten» (Ruoff 1965, S. 112). Mehr<br />
wollen wir für unsere Untersuchung nicht. Dennoch<br />
versuchen wir unsere Übersetzungssätze so<br />
zu bauen, dass sie der Kritik von Ruoff standhalten<br />
212<br />
können, <strong>die</strong> zusammenfassend so formuliert werden<br />
kann.<br />
- Die Sätze müssen sowohl bezüglich Morphologie,<br />
Lexik und Syntax <strong>mundart</strong>getreu sein, d. h.<br />
sie müssen der Grammatik der Basis<strong>mundart</strong><br />
entsprechen.<br />
- Die Sätze müssen realitätsnah sein. Es dürfen<br />
keine Sätze zur lautlichen Übersetzung vorgelegt<br />
werden, <strong>die</strong> im Leben <strong>des</strong> Probanden keinen<br />
Sinn ergeben. «Der Bezug auf eine wirkliche<br />
oder wenigstens mögliche, gedachte Realität der<br />
Sache oder <strong>des</strong> Satzes ist aber nötig, selbst wenn<br />
es nur um den Lautstand <strong>des</strong> betreffenden Wortes<br />
geht» (Ruoff 1965, S. 101).<br />
- Auffällige Problemhäufungen in einem Satz sollen<br />
vermieden werden. Der Satz «Was sitzen da<br />
für Vögelchen auf dem Mäuerchen» wirkt durch<br />
den doppelten Gebrauch <strong>des</strong> Diminutives gestellt.<br />
«Man kann sich wohl <strong>die</strong> gegenseitige Bedingtheit<br />
im Bezug von Gedanke - Laut - Wort - Satz nicht unausweichlich<br />
genug vorstellen. Nur im normalen Gespräch<br />
erscheinen normale Sätze und darin normale<br />
Laute. Eine wunde Stelle in <strong>die</strong>sem Zusammenhang<br />
zieht das ganze Korpus in Mitleidenschaft: Auch <strong>die</strong><br />
Satzkette taugt eben nur so viel wie ihr schwächstes<br />
Glied» (Ruoff 1965, S. 107). Bei der Erstellung der<br />
Übersetzungssätze haben wir versucht, den Anforderungen<br />
von Ruoff gerecht zu werden. Die Liste der<br />
Wörter, <strong>die</strong> abgefragt werden, ergibt sich aus dem<br />
Inventar potentiell vEr.<br />
Nichtbasis<strong>mundart</strong>liche Wörter<br />
Abriss, anstreben, Beitrag, Bereich, bereit, bereits,<br />
darlegen, Eigenheim, Eigenleitung, eigentlich, Einfluss,<br />
Einheiten, einzeln, einzelne, geäussert, gespiesen,<br />
grundsätzlich, Hügel, jeweils, Kommission,<br />
Landwirtschaftsamt, Leistung, Leitblatt,<br />
mehrfach, Mehrheit, Möglichkeit, reichen, richtig,<br />
Schwierigkeit, Situation, steil, Stil, Subvention,<br />
teils, Telephon, unterbreiten, vorgesehen, Wahrheit,<br />
Waldweg 93<br />
, wirtschaftlich.
Basis<strong>mundart</strong>liche Wörter<br />
Adern, Alpmeister, Augen, Äste, Baum, Bächlein,<br />
Beispiel, Besen, Blumen, Blümlein, Bohnen,<br />
Brücke, Burg, Bürger, daheim, dick, Dorn, Dornen,<br />
drei, dunkel, dürfen, einfach, Eis, Emd, Feld, Fenster,<br />
Fleisch, flott, folgen, Föhn, Freude, Frosch,<br />
Fuchs, Füchse, fürchten, Gartenarbeit, gär, Geiss,<br />
Geissei, geräucht, getragen, graben, Gras, grün,<br />
haben, Halde, Häuslein, heben, Heizung, Hemd,<br />
her, Heu, Holzbödili, Hund, hübsch, ihiworga,<br />
käme, Käse, kein, Kind, Korn, könnte, Körblein,<br />
Körnlein, krachen, Kuh, Küche, lachen, lassen<br />
(sie), Laub, leer, leisten, Leiter, Leiterchen, Leitung,<br />
Liechtenstein, Lohn, machen, Magen, Mädchen,<br />
menga, Messe, Monat, Mond, morgen, nähme, nirgends,<br />
nur, Rank, Rechen, rein, Riemen, Rohre,<br />
Rösser, Rücken, sagen, Samen, sägen, Schaben,<br />
Schafe, Schlüssel, schon, schön, Schüssel, Schwager,<br />
schwer, Seile, sich, Sicht, sie, Stein, Steine,<br />
Tag, Tasche, Täli, tät, Teile, tun, Türka, überhaupt,<br />
Ver<strong>die</strong>nst, vielleicht, Vorteil, Wagen, Wald, Waldweg,<br />
waschen, weben, Weg, Weizen, wichtig, Wiese,<br />
wird, wirklich, Wirt, Wolle, Wurzel, zäh, Zeine,<br />
Zeinen, zur.<br />
Entsprechend der Häufigkeit <strong>des</strong> Auftretens in<br />
den Texterhebungen werden auch im Fragebogen<br />
einzelnen Phänomen mehr oder weniger Belegwörter<br />
zugeordnet.<br />
Spezielles Augenmerk wird der Entwicklung der<br />
Nasalierung im Unterland geschenkt werden. Die<br />
Erhebungen zur Basis<strong>mundart</strong> haben hierzu wenig<br />
gebracht. Nasalierungen waren nur mehr vereinzelt<br />
festzustellen.<br />
Auch teilnehmende Beobachtungen und das Abhören<br />
von Tonmaterial bekräftigen <strong>die</strong> Llypothese,<br />
dass <strong>die</strong> Nasalierung im Unterland im Rückzug<br />
begriffen ist, nachdem sie früher nach den Arbeiten<br />
von Jutz einmal viel stärker vertreten war. 94<br />
Es<br />
muss festgestellt werden, ob und wie stark <strong>die</strong> Nasalierung<br />
in den Unterländer Orts<strong>mundart</strong>en noch<br />
vorhanden ist. Die Erhebung erfolgt mittels Wortlisten,<br />
sämtliche Laute werden sowohl in an-, inwie<br />
auch auslautender Stellung abgefragt.<br />
DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />
ROMAN BANZER<br />
4.2.3.1.<br />
AUSWAHL DER REDEDETERMINANTEN<br />
Es gilt für unser Experiment <strong>die</strong> Determinanten zu<br />
definieren, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Sprachproduktion bestimmen,<br />
und deren Anzahl soweit zu reduzieren, dass neben<br />
den linguistischen Ergebnissen auch über einzelne<br />
extralinguistische Faktoren, <strong>die</strong> unser<br />
sprachliches Handeln hauptsächlich bestimmen,<br />
Aussagen gemacht werden können. Verschiedene<br />
soziale und situative Determinanten beeinflussen<br />
<strong>die</strong> Sprachproduktion. 95<br />
- Determinanten auf der Kommunikatorseite sind:<br />
Berufstätigkeit, Intention, psychischer Zustand,<br />
Alter, soziales Geschlecht, Bildung, Pendlerstatus,<br />
Muttersprache, Nationalität.<br />
- Determinanten auf der Rezipientenseite sind:<br />
angenommene Sachkompetenz, vermuteter Rang,<br />
Thema, Anzahl der Hörer.<br />
- Determinanten auf der Gegenstandsseite sind:<br />
Thema/Inhalt, Stil, Vorbereitung, Raum, Öffentlichkeit,<br />
Untersuchungsinstrument.<br />
Nicht alle sozialen und situativen Faktoren können<br />
in <strong>die</strong> Untersuchung miteinbezogen werden. Aus<br />
<strong>die</strong>sem Grund ist es für <strong>die</strong> Validität der Arbeit unerlässlich,<br />
sich Rechenschaft zu geben, inwieweit<br />
einzelne Faktoren vernachlässigt werden können,<br />
ohne <strong>die</strong> Untersuchung und damit <strong>die</strong> Ergebnisse<br />
negativ zu beeinflussen. Es stellt sich in unserem<br />
Fall <strong>die</strong> Frage, welche Rededeterminanten für den<br />
Lautwandel in unserem Land hauptsächlich verantwortlich<br />
sind. Wir diskutieren den Einbezug der<br />
wichtigsten sozialen und situativen Faktoren in <strong>die</strong><br />
Untersuchung.<br />
Wie Untersuchungen 96<br />
belegen, korrelieren lexikalische<br />
Interferenzen mit dem Alter der Probanden,<br />
dem Gesprächsthema und dem Grad der Öffentlichkeit<br />
eines Gesprächs. In der Untersuchung<br />
der alltäglichen Sprache der Mundartdomänen 97<br />
verzichten wir auf <strong>die</strong> Berücksichtigung der beiden<br />
Determinanten
Die Dialektalität der Sprache der Mundartsprecher<br />
erhöht sich mit steigendem Alter. 98<br />
Die soziopsychologische<br />
Forschung unterscheidet verschiedene<br />
Altersstufen, unter anderem das Erwachsenenalter,<br />
wobei <strong>die</strong> Entwicklungspsychologie das<br />
Erwachsensein <strong>des</strong> Menschen mit 20 oder 25 Jahren<br />
ansetzt. Es darf dabei allerdings nicht vergessen<br />
werden, dass gerade auch im Erwachsenenalter<br />
noch Veränderungen vor sich gehen, <strong>die</strong> der<br />
Theorie der «ruhigen Periode» widersprechen.<br />
Auch in <strong>die</strong>sem Altersbereich findet durch <strong>die</strong><br />
starke soziale Einbindung und <strong>die</strong> häufigen Kontakte<br />
eine andauernd starke Konfrontation mit der<br />
Sprache statt.<br />
Wir haben uns dafür entschieden, für unsere<br />
Untersuchung das Alter 25 bis 45 Jahre anzusetzen.<br />
Einerseits kann davon ausgegangen werden,<br />
dass in <strong>die</strong>ser Zeit jugendliche Slangbildung und<br />
Freude zur Veränderung nicht mehr so gross sind<br />
und somit von einer bestimmten «Einheitlichkeit»<br />
ausgegangen werden kann. Andererseits bezieht<br />
sich <strong>die</strong> Untersuchung (wie nachfolgend erläutert<br />
wird) auf <strong>die</strong> Arbeitstätigen und hier vertritt <strong>die</strong><br />
Gruppe der 25- bis 45-jährigen <strong>die</strong> Mehrheit <strong>des</strong><br />
Lan<strong>des</strong>. 13'000 99<br />
Arbeiterinnen und Arbeiter sowie<br />
3200 Hausfrauen, <strong>die</strong> in der Statistik als Nichterwerbstätige<br />
geführt werden, ergeben eine Gruppe<br />
von 16'200 Arbeitstätigen. 9000 davon entspre<br />
Tabelle 13: Pendlertum 103<br />
214<br />
chen unserem Altersideal. Das sind 56 Prozent<br />
der Arbeitstätigen oder 30 Prozent der gesamten<br />
Wohnbevölkerung.<br />
Die geschlechtsabhängigen Unterschiede in der<br />
Sprachproduktion interessieren uns hier nicht. In<br />
das Sample sollen gleich viele Frauen wie Männer<br />
integriert werden. Dies war für kleine Gemeinden<br />
nicht immer möglich, weil es schwer war, hier<br />
Frauen zu finden, <strong>die</strong> nicht pendeln und nicht<br />
manuell arbeiten. Aus <strong>die</strong>sem Grund sind nur 36<br />
Prozent Probandinnen in <strong>die</strong> Untersuchung miteinbezogen<br />
worden. 100<br />
Sollte es sich zeigen, dass<br />
signifikante Unterschiede auf Grund <strong>des</strong> «sozialen<br />
Geschlechts» 101<br />
auftauchen, so werden <strong>die</strong>se in den<br />
Ergebnissen aufbereitet. 102<br />
Die Zugehörigkeit zu einer Orts<strong>mundart</strong> wird<br />
folgendermassen definiert. All jene, <strong>die</strong> seit dem<br />
Besuch <strong>des</strong> Kindergartens in Liechtenstein leben,<br />
sind nach unserer Auffassung Sprecher einer <strong>liechtenstein</strong>ischen<br />
Orts<strong>mundart</strong>. Damit sind auch alle<br />
in das Sample eingeschlossen, <strong>die</strong> keine <strong>liechtenstein</strong>ische<br />
Staatsbürgerschaft besitzen, aber schon<br />
seit ihrer Kindheit im Land leben.<br />
Liechtenstein hat sich in den vergangenen 50<br />
Jahren mit Riesenschritten vom armen Bauernstaat<br />
zum reichen Industrieland entwickelt. Damit<br />
kamen mit einem neuen beruflichen und auch sozialen<br />
Umfeld Grenzgänger und Ausländer nach<br />
Gemeinde Erwerbs Stationäre Wegpendler Wegpendler Zupendler Zupendler<br />
tätige % %<br />
Planken 121 35 86 71 % 4 3 %<br />
Mauren 1203 461 742 62% 167 14%<br />
Ruggell 523 204 319 61 % 49 9 %<br />
Triesen 1557 639 918 59% 220 14%<br />
Gamprin 396 165 231 58% 259 65%<br />
Schellenberj l 293 123 170 58% 11 4%<br />
Eschen 1361 628 733 54% 332 24 %<br />
Triesenberg 1040 593 447 43% 53 5 %<br />
Schaan 2472 1628 844 34% 1316 53%<br />
Balzers 1518 950 568 37% 382 25 %<br />
Vaduz 2421 1810 611 25 % 2151 89%<br />
Total 12905 7236 5669 51 % 4944 28 %
Liechtenstein. Somit wurde <strong>die</strong> einheimische Bevölkerung<br />
durch <strong>die</strong> Auflösung bäuerlich-dörflicher<br />
Strukturen, <strong>die</strong> sprachlich ihre Spuren hinterlassen<br />
hat, vermehrt mit benachbarten und fremden Idiomen<br />
konfrontiert. Wir stellen daher <strong>die</strong> Hypothese<br />
auf, dass <strong>die</strong> Arbeitstätigkeit und das Pendlertum<br />
hauptsächlich verantwortlich sind für <strong>die</strong> sprachlichen<br />
Veränderungen. «Durch das Datenmaterial<br />
konnte mit statistischer Signifikanz nachgewiesen<br />
werden, dass am Untersuchungsort Knutwil eine<br />
Reihe von Grundfaktoren für den Vokalisierungsgebrauch<br />
bestimmend sind. Die deutlichsten Vokalisierungsunterschiede<br />
kommen durch <strong>die</strong> Art der<br />
Berufstätigkeit zustande, während der Einfluss der<br />
Berufsposition weniger klar wird» (Christen 1988,<br />
S. 207). Auch andere Untersuchungen haben <strong>die</strong><br />
Relevanz <strong>die</strong>ses sozialen Faktors belegt. 104<br />
Aufgrund der gleichen sprachpragmatischen<br />
Verhältnisse in der Schweiz und in Liechtenstein<br />
sowie aufgrund der vergleichbaren wirtschaftlichsozialen<br />
Verhältnisse (Wirtschaftszentrum mit dörflicher<br />
Umgebung) nehmen wir an, dass <strong>die</strong>ser<br />
Faktor auch für unser Untersuchungsgebiet von<br />
entscheidender Bedeutung ist. Wir unterteilen also<br />
<strong>die</strong> Probanden in manuell tätige (m) und nicht manuell<br />
tätige (nm) und postulieren <strong>die</strong> Abhängigkeit<br />
der Sprachproduktion von der Arbeitstätigkeit.<br />
Nicht weniger wichtig für den Sprachausgleich<br />
innerhalb <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> ist unserer Meinung nach<br />
das Zu- und Wegpendeln der Einwohner Liechtensteins<br />
vom Wohn- zum Arbeitsort. Der Einfluss <strong>des</strong><br />
Wirtschaftszentrums (Schaan und Vaduz) vor allem<br />
auf <strong>die</strong> Orts<strong>mundart</strong>en <strong>des</strong> Unterlan<strong>des</strong> hat sich in<br />
den Voruntersuchungen der Texte gezeigt. Wir unterteilen<br />
in Pendler (P) und Stationäre (St) und postulieren<br />
<strong>die</strong> Abhängigkeit der Sprachproduktion<br />
vom Pendlertum.<br />
DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />
ROMAN BANZER<br />
Die restlichen Determinanten werden konstant<br />
gehalten oder sind für unsere Untersuchung nicht<br />
von ausschlaggebender Bedeutung. Dies führt zu<br />
einer Einengung der Untersuchung. Man darf allerdings<br />
nicht vergessen, dass im Rahmen der vorliegenden<br />
Arbeit nicht mehr realisierbar ist, zudem<br />
muss man sich vor Augen halten, dass in der Analyse<br />
<strong>die</strong> sozialbedingte Abhängigkeit von fast 50 variablen<br />
Lauten untersucht wird und es aus arbeitstechnischen<br />
Gründen nicht möglich ist, eben <strong>die</strong>se<br />
Variablen mit mehreren Rededeterminanten zu<br />
korrelieren.<br />
4.2.3.2.<br />
DIE PROBANDEN<br />
s Tabelle 14: Probanden<br />
pro Dorf , , ' Total<br />
1 Pendler, manuell ll Pendler, manuell<br />
1 Pendler, nicht manuell 11 Pendler, :nicht manuell<br />
1 Stationärer, manuell 11 Stationärer, manuell<br />
1 Stationärer, nicht manuell 11 Stationärer, nicht manuell<br />
Die Auswahl der Probanden erfolgt durch eine geschichtete<br />
Stichprobe. 105<br />
Die Gewährsleute werden<br />
von Referenzpersonen vorgeschlagen. Nach statistischen<br />
Regeln ergäbe sich an <strong>die</strong> Forderung der<br />
Repräsentativität eine viel zu hohe Zahl an Probanden,<br />
<strong>die</strong> nie zu bewältigen wäre. Die Untersuchung<br />
wird eingeschränkt auf Erwerbstätige, <strong>die</strong> ihren<br />
Arbeitsort im Wohnort haben oder zur Arbeit wegpendeln.<br />
Pro Dorf werden vier Probanden befragt,<br />
woraus sich <strong>die</strong> folgende Struktur ergibt:<br />
Planken wird in <strong>die</strong>se Untersuchung nicht aufgenommen,<br />
weil <strong>die</strong> 290 Einwohner zählende Gemeinde<br />
bei der Analyse der Basis<strong>mundart</strong> in der<br />
Lautung keinerlei Abweichungen von der Nachbargemeinde<br />
Schaan zeigte.' 06<br />
Zusätzlich wird der<br />
Weiler Hinterschellenberg in der Gemeinde Schellenberg<br />
in <strong>die</strong> Untersuchung aufgenommen, weil<br />
<strong>die</strong> Aufnahmen zur Basis<strong>mundart</strong> hier Abweichungen<br />
zur restlichen Gemeinde belegen.<br />
215
Der Proband oder <strong>die</strong> Probandin sollen grundsätzlich<br />
folgendem idealen Anforderungsprofil entsprechen:<br />
Berufstätigkeit: manuell oder nicht manuell<br />
Pendlerstatus: Pendler oder Stationär<br />
Alter: 25-45 Jahre<br />
Bildung: indifferent<br />
Muttersprache: Liechtensteinische Orts<strong>mundart</strong><br />
Nationalität: FL und andere<br />
Die Übersetzungssätze und deren Auswertung<br />
müssen folgen<strong>des</strong> beantworten:<br />
1. Gibt es für mhd. [x] mda. variabel /p/ oder /q/?<br />
2. Werden <strong>die</strong> potentiellen Variablen variabel gebraucht?<br />
3. Wie lautet <strong>die</strong> variable Entwicklungsrege]<br />
(vEr)?<br />
4. Woher stammen <strong>die</strong> neuen Variablen?<br />
5. In welchen Orts<strong>mundart</strong>en gilt <strong>die</strong> vEr?<br />
6. Welches sind <strong>die</strong> Variablen in den vEr?<br />
7. Wie lautet <strong>die</strong> vEr im linguistischen Zusammenhang?<br />
8. Korreliert der Gebrauch der vEr mit räumlichen<br />
und linguistischen Faktoren?<br />
9. Korreliert der Gebrauch der vEr mit sozial bedingten<br />
Rededeterminanten?<br />
10. Lassen sich aus der geographischen Lokalisierung<br />
der Neuerungen Angleichungsvorgänge<br />
der Orts<strong>mundart</strong>en erkennen?<br />
11. Besteht ein Zusammenhang zwischen Lautneuerung<br />
und lexikalischer Neuerung?<br />
12. Gibt es Lautwandel?<br />
4.2.4.<br />
DAS INTERVIEW<br />
Die Sprachdatenerhebung geschah mit Übersetzungssätzen<br />
in einer direkten Erhebung. Die Probanden<br />
wurden gebeten, <strong>die</strong> auf Papier vorliegenden<br />
Sätze in Mundart zu formulieren. Der Explorator<br />
hielt auf einem nur ihm vorliegenden Auswertungsbogen<br />
während <strong>des</strong> Interviews <strong>die</strong> jeweils zu<br />
erhebenden Laute fest. Dieser Arbeitsgang wurde<br />
dadurch erleichtert, dass der Auswertungsbogen in<br />
216<br />
der Art <strong>des</strong> multiple-choice vorstrukturiert war.<br />
Mögliche Varianten <strong>des</strong> zu produzierenden Lautes<br />
waren auf dem Auswertungsbogen vorgegeben und<br />
konnten bei der Erhebung angestrichen werden.<br />
Abweichungen davon wurden notiert. Die Interviews<br />
mit den Übersetzungssätzen wurden nicht<br />
auf Tonband festgehalten. Wir glaubten dadurch<br />
<strong>die</strong> Gesprächssituation, <strong>die</strong> durch das Vorlesen von<br />
Sätzen ohnehin «unnatürlich» genug ist, nicht noch<br />
mehr zu belasten. Die Determinaten auf der Rezipienten-<br />
und Gegenstandsseite wurden bei allen<br />
Interviews gleich gehalten.<br />
Determination auf der Rezipienten- und Gegenstandsseite:<br />
angenommene<br />
Sachkompetenz: hoch<br />
vermuteter Rang: indifferent<br />
Thema/Inhalt: Information<br />
Anzahl Hörer: 1<br />
Stil: formal<br />
Vorbereitung: nicht vorbereitet<br />
Raum: Heim <strong>des</strong> Probanden<br />
Öffentlichkeit: keine<br />
Untersuchungsinstrument:<br />
Übersetzungssätze<br />
Den Probanden wurden zu Beginn <strong>des</strong> Interviews<br />
drei Sätze zur Probe vorgelegt, <strong>die</strong> nicht in <strong>die</strong><br />
Erhebung aufgenommen wurden. Hier konnten <strong>die</strong><br />
Vorgehensweise und mögliche Probleme aufgezeigt<br />
werden. Die Erhebungen haben gezeigt, dass <strong>die</strong><br />
Übersetzungssätze bis auf wenige Ausnahmen keinerlei<br />
Schwierigkeiten bereiteten.<br />
4.3.<br />
ERGEBNISSE<br />
Wenn der Heterogenitätsbegriff länger brauchte,<br />
bis er mit Überwindung <strong>des</strong> Strukturalismus in den<br />
Sechziger Jahren Einlass in <strong>die</strong> deutsche Dialektologie<br />
fand, ist der Vorgang der Durchmischung und<br />
<strong>des</strong> Ausgleiches unter den Mundarten schon länger<br />
ein Thema. «Bekanntlich erklärte seinerzeit Ferdi-
nand Wrede Mischung und Ausgleich für <strong>die</strong> allezeit<br />
gültigen Hauptgesetze der Mundartentwicklung.<br />
Unter Ausgleich verstand er nichts anderes<br />
als Durchsetzung der Mischungsergebnisse, <strong>die</strong><br />
Vereinheitlichung an Stelle eines früheren Nebeneinander»<br />
(Trost 1968, S. 823). Wir haben uns also<br />
mit zwei Begriffen und zwei Inhalten zu beschäftigen<br />
- dem Lautwandel und der Lautvariation. Die<br />
Trennung zwischen Lautwandel und -Variation ist<br />
eine theoretische Abstraktion. Beide Vorgänge sind<br />
eng miteinander verbunden.<br />
Die Variation kann als Vorstufe <strong>des</strong> Wandels gesehen<br />
werden. 107<br />
Neben der Feststellung der Variabilität<br />
der Orts<strong>mundart</strong>en und der Interdependenz<br />
von Sprache und Gesellschaft beschreiben wir den<br />
Status der Variabilität. Für <strong>die</strong> Theorie <strong>des</strong> Lautwandels<br />
folgen wir den Ausführungen von Haas<br />
(1978) und fassen kurz zusammen. Lautwandel<br />
erfolgt nicht nach dem Prinzip der Gradualität. Es<br />
sind nicht mikroskopisch kleine Schritte, <strong>die</strong> aus<br />
einem Laut im Verlauf der Zeit durch mannigfache<br />
Abschleifungen einen anderen Laut entstehen lassen.<br />
Ein Sprecher übernimmt eine Innovation als<br />
selbständiges Element und gebraucht <strong>die</strong>ses neben<br />
dem alten. Dabei sind Zwischenstufen nicht ausgeschlossen.<br />
Diese bilden eine eigenständige Lautverschiebung<br />
im Sinne einer schrittweisen Merkmalsveränderung.<br />
Wir unterscheiden Lautwandel, individuelle<br />
Innovation und Neuerung 108<br />
als Begriffe zur<br />
Beschreibung <strong>des</strong> Verlaufs <strong>des</strong> Lautwandels. 109<br />
Wir verwenden den Begriff der Innovation nach der<br />
Definition von Haas nur dann, wenn es sich um eine<br />
individuelle Innovation handelt. Eine Innovation<br />
wird zur Neuerung, wenn sie in den Sprachgebrauch<br />
einer Sprachgemeinschaft übernommen wird.<br />
Lautwandel und Lautvariation sind konstituierende<br />
Elemente jeder Sprache. Auch <strong>die</strong> Orts<strong>mundart</strong>en<br />
<strong>des</strong> Fürstentums Liechtenstein variieren<br />
und wandeln sich in Abhängigkeit von unterschiedlichen<br />
linguistischen und sozialen Faktoren.<br />
Wir haben ein Inventar der potentiell variablen<br />
Entwicklungsregeln erstellt und durch <strong>die</strong> Auswertung<br />
der Fragebögen festgestellt, dass <strong>die</strong> untersuchten<br />
Entwicklungsregeln kategorisch oder variabel<br />
angewandt werden.<br />
DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />
ROMAN BANZER<br />
Wir können mit unserer Untersuchung belegen,<br />
dass verschiedene Lautwandelvorgänge stattgefunden<br />
haben. Eine konstante Entwicklungsregel wurde<br />
hierbei variabel, <strong>die</strong> Neuerung verdrängte <strong>die</strong><br />
basis<strong>mundart</strong>liche Variante immer mehr, bis<br />
schlussendlich <strong>die</strong> neu eingeführte Variante zur<br />
neuen Konstanten wurde (Er 8; e vor Nasal, denken;<br />
im Ul nicht [e] sondern [e]). Diese Vorgänge<br />
sind selten. Häufiger trifft man den Fall, dass Neuerung<br />
und ehemalige Konstante der Basis<strong>mundart</strong><br />
als Varianten in einer variablen Entwicklungsregel<br />
nebeneinander gebraucht werden. Diese Fälle der<br />
Lautvariation können, müssen aber nicht zu einem<br />
Lautwandel führen. Das Leveling der variablen<br />
Entwicklungsregeln ist unterschiedlich weit fortgeschritten.<br />
Die Anzahl der variablen Entwicklungsregeln<br />
ist pro Gemeinde unterschiedlich gross. Sie<br />
ist im Unterland grösser als im Oberland. Die<br />
Neuerungen stammen häufig aus dem Hochdeutschen<br />
und den benachbarten Dialekten. Die Orts<strong>mundart</strong>en<br />
<strong>des</strong> Unterlan<strong>des</strong> werden vor allem<br />
durch <strong>die</strong> Orts<strong>mundart</strong>en <strong>des</strong> Oberlan<strong>des</strong> beeinflusst.<br />
Die lautliche Angleichung an das Oberland<br />
ist augenfällig, wo hingegen der umgekehrte Wandelvorgang<br />
nicht beobachtet werden konnte.<br />
Von Neuerungen besonders betroffen sind <strong>die</strong><br />
Hochzungenvokale [i, ü, uj. zehn Entwicklungsregeln<br />
enthalten einen Hochzungenvokal. Auch das<br />
mhd. ei kommt in den Entwicklungsregeln häufig<br />
vor, nicht weniger als neun Entwicklungsregeln beschreiben<br />
den Gebrauch <strong>des</strong> mhd. Diphthongs ei in<br />
den Orts<strong>mundart</strong>en Liechtenstein.<br />
Tabelle 15 beschreibt <strong>die</strong> Variation in den Entwicklungsregeln<br />
für <strong>die</strong> einzelnen Gemeinden. Pro<br />
Gemeinde wurden gemäss Untersuchungsanordnung<br />
vier Probanden befragt. Pro Entwicklungsregel<br />
wurden den Probanden drei oder mehr Beispiele<br />
vorgelegt. Man kann also davon ausgehen, dass<br />
für das Oberland N = 60, für das Unterland N = 72,<br />
für eine einzelne Gemeinde N = 12 ist.<br />
Die nachfolgende Tabelle zeigt <strong>die</strong> Entwicklungsregeln<br />
und beschreibt, wie oft welche Variante<br />
in welcher Kondition in welcher Orts<strong>mundart</strong><br />
durchschnittlich gebraucht wird. Die basis<strong>mundart</strong>liche<br />
Variante ist fett gedruckt. Die beiden Be-<br />
217
griffe Stabilität und Variabilität beschreiben in Prozentzahlen<br />
den Gebrauch von basis<strong>mundart</strong>lichen<br />
und nichtbasis<strong>mundart</strong>lichen Varianten in einer<br />
variablen Entwicklungsregel (vEr).<br />
Wir wiederholen und betonen auch an <strong>die</strong>ser<br />
Stelle noch einmal, dass sich <strong>die</strong> Angaben lediglich<br />
auf das untersuchte Korpus beziehen. Das heisst,<br />
dass weder mit Sicherheit alle variablen Entwicklungsregeln<br />
einer Gemeinde aufgeführt sind, noch<br />
alle Einwohner eine Entwicklungsregel in der unten<br />
vorgeschriebenen Form produzieren. Dies war<br />
lediglich für unsere Probanden der Fall.<br />
218<br />
Tabelle 15: Basis<strong>mundart</strong>liche<br />
(fett) und nichtbasis<strong>mundart</strong>liche<br />
Varianten in<br />
den Entwicklungsregeln<br />
4.3.1.<br />
INVENTAR DER VARIABLEN<br />
ENTWICKLUNGSREGELN<br />
1 DoS Ol 100.0% kurz<br />
'Magen' Ul 94.0 % lang<br />
6.0 % kurz<br />
2 DoS, nbmW Ol 100.0 % kurz<br />
'darlegen' Ul 83.1 % lang<br />
16.9 % kurz<br />
3 DlsW FL 100.0 % lang<br />
'Gras'<br />
4 DlsW, nbmW<br />
'Stil'<br />
FL 100.0 % lang<br />
5 Plural mit Umlaut Ol 68.0 % kein<br />
Rösser Umlaut<br />
32.0% Umlaut<br />
Ul 57.8 % kein<br />
Umlaut<br />
42.2 % Umlaut<br />
6 a vor sch Ol, Sb, HSb 100.0 % /£/<br />
'Asche' E, M, G, R 58.7 % /ae/<br />
39.1 % Isl<br />
2.2 % M<br />
7 ä im Diminutiv Ol, Sb, HSb 100.0 %<br />
'Bächlein' E, M, G, R 73.5 % /3t}/<br />
26.5 % fsl<br />
8 e vor nK Ol 100.0 % /e/<br />
'denken' Ul 0.0 % /e/<br />
9 germ e Ol, Sb, HSb 100.0 % /e/<br />
'Feld' E, M, G, R 86.3 % /ae/<br />
13.7% /£/<br />
10 germ e, nbmW Ol, Sb, HSb 100.0 %<br />
'vorgesehen' E 75.0 % Isl<br />
25.0% /ae/<br />
11 i vor oK FL 71.7 % /e/<br />
'Biss' 28.3 % Iii
12 i vor oK, nbmW Ol 27.1 % /i/<br />
'Abriss', u.a. 35.2 % /e/<br />
12.8 % 4s/<br />
24.9 % /sj/<br />
Ul 53.0 % /e/<br />
23.5 % /i/<br />
23.5 % /ej/<br />
13 i vor r + Kons Ol 1 OO 0 % lol<br />
'Wirt' Ul 52.3 % /Y.8/<br />
33.7 % As/<br />
14.0 % /0/<br />
14 i vor r + Kons, nbmW Ol 97.0 % /»/<br />
'Landwirtschaftsamt' Ul 3.0% /ia/<br />
53.7 %<br />
25.3 % lldl<br />
21.0% M<br />
15 o vor oK FL 86.7 %<br />
'flott' 13.3 % /Ol<br />
16 o vor r + Kons B, T, V 1 on n % /Ol<br />
'Korn' S 87.5 % 10/<br />
12.5 % M<br />
Ul 67.5 % /Ol<br />
c l .y /o 1 Ist/ tu<br />
9.6 % 1X9/<br />
1.0% /0l<br />
17 ö vor nK Ol 100.0 % /»:/<br />
'könnte' Ul 100.0 % lo:f<br />
17a am vor nK Ol 100.0 % lo:/<br />
'Föhn' Ul 62.5 % /CK/<br />
37.5 % lad<br />
18 ö vor r + Kons Ol 100.0 % /oe/<br />
'Körblein' Ul 91.4 % /CE/<br />
8.6 % /ae/<br />
19 u vor oK FL 92.6 % lol<br />
'Fuchs' 7.4 % IvJ<br />
20 u vor oK, nbmW Ol, E, M, R 100.0% lol<br />
'Einfluss' G, Sb 62.3 % lol<br />
37.7 % lul<br />
21 u vor r + Kons Ol 66.6 % lol<br />
'Burg' E,M,G, R, HSb 33.4% IvJ<br />
Sb 92.0 % /OB/<br />
8.0 % /Ü/<br />
DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />
ROMAN BANZER<br />
22 ü vor oK FL 74.2 % lol<br />
'Füchse' 25.8 %<br />
23 ü vor oK, nbmW Ol 84.5 % lol<br />
'geäussert' 15.5 % ¥<br />
Ul 58.5 % lol<br />
41.5% ¥<br />
24 ü vor r + Kons Ol 100.0 % lol<br />
Bürger' Ul 97.2 % IIBI<br />
2.8 % lol<br />
25 d vor oK FL 100.0 % 10:1<br />
'Adern'<br />
26 ä vor nK Ol 68.7 % lo:l<br />
'Samen' 31.3 % la-.l<br />
Ul 70.8 % 15:, Öl<br />
20.8 % lel<br />
6.3 % /a:/<br />
2.1 % /de:/<br />
27 vor nK Ol, Sb, HSb 100.0 % IE:/<br />
'käme' E, M, G, R 62.5 % 18:/<br />
16.7 % /ae:/<br />
20.8 % /e:/<br />
28 d vor nK Ol 100.0 % /O:/<br />
'Bohnen' Ul 90.0 % /5:, 5/<br />
10.0 % lol<br />
29 d vor nK, nbmW Ol 100.0 % lo:l<br />
'Kommission' Ul 56.0 % 15:1<br />
44.0 % /o:l<br />
30 ei vor oK Ol 18.8 % /ej/<br />
'Leiter' 74.9 % /ae:/<br />
6.3 % /a:/<br />
Ul 2.0 % /ej/<br />
64.6 % /O:/<br />
31.4% /a:/<br />
2.0 % /33:/<br />
Ol 67.0 % /ej/<br />
'Fleisch' 32.3 % /33:/<br />
0.7 % /a:/<br />
Ul 96.8 % /ej/<br />
1.6% /33:/<br />
0.5 % /a:/<br />
1.1 % lo:/<br />
30a ei vor oK 110<br />
219
31 ei vor oK, Plural Ol 93.8 % /ae:/<br />
'Seile' 6.2 % /ej/<br />
E, M 41.7 % /33:/<br />
41.7 % /Sj/<br />
16.6 % /a:/<br />
G, R, Sb, HSb 2.1 % /33/<br />
23.9 % /ej/<br />
63.4 % /C9:/<br />
10.6 % /O:/<br />
32 ei vor oK, Komp, Ol 69.0 % /ej/<br />
nbmW 31.0 % /ae:/<br />
'Eigenheim' Ul 50.5 % /ej/<br />
44.5 % /&/<br />
5.0 % /a:, 33:/<br />
33 ei vor oK, nbmW Ol 87.1 % /Sj/<br />
'Leitblatt' 12.9 % /ae:/<br />
Ul 89.5 % /ei/<br />
10.5 % /o:/<br />
34 ei vor oK, hd Suffix, Ol 65.8 % /sj/<br />
nbmW 34.2 % lel<br />
'Wahrheit' Ul 76.7 % /sj/<br />
23.3 % /e/<br />
35 ei vor nK Ol 100.0 % /ae/<br />
'Stein' Ul 88.3 % /Ö:, 5/<br />
8.3 % /ej/<br />
3.4 % /33:/<br />
36 ei vor nK, Plural Ol 100.0% /ae:/<br />
'Steine' Ul 100.0 % AB/<br />
37 ei vor nK, nbmW FL 91.7% /ej/<br />
'Einheiten' 8.3 % /ae, 5/<br />
38 ou vor oK FL 81.6% Mon<br />
'Auge' 18.4% Diph<br />
39 öu vor oK FL 100.0 % /&'./<br />
'Freude'<br />
40 ie vor nK Ol 100.0 % /»/<br />
'Riemen' Ul 78.3 % /e:/<br />
21.7% Ae/<br />
41 uo vor nK Ol 100.0 % /o:e/<br />
'Blume' Ul 66.3 % /Ö:/<br />
33.7 % /ö:9/<br />
220<br />
42 «e vor nK Ol 100.0%<br />
'grün' Ul 87.5 % /de:/<br />
12.5 % /y.-a/<br />
43 Restitution « Ol 93.5 % *<br />
'Fenster' 6.5 % /n/<br />
Ul 53.0 % *<br />
47.0 % /n/<br />
44 Restitution r Ol 87.5 % *<br />
'nur' 12.5% /r/<br />
Ul 66.6 % *<br />
33.4 % A7<br />
45 r, nbmW FL 45.7 % *<br />
'mehrfach' 54.3 % Irl<br />
46 Restitution x FL 77.5 % *<br />
'sich' 22.5 %<br />
47 nbmW FL 50.9 % *<br />
'grundsätzlich' 49.1 % nu<br />
48 d in -nd, -/d- Ol 100.0% /d/<br />
'Wald' Ul 57.0 % *<br />
43.0 % /d/<br />
49 d in -zzd, -Id-, nbmW Ol 100.0% /d/<br />
'Waldweg' Ul 50.0 % *<br />
50.0 % /d/<br />
50 s FL 100.0% Iii<br />
'Eis'<br />
51 k im Anlaut FL 100.0 % nu<br />
'Kasten'<br />
52 k nach nK FL 100.0% nu<br />
'dunkel'<br />
53 ch intervokalisch FL 100.0 % nu<br />
'machen'<br />
* = fällt aus
4.3.2.<br />
BASISMUNDARTLICH - NICHTBASISMUND-<br />
ARTLICH<br />
In basis<strong>mundart</strong>lichen Wörtern werden mehr basis<strong>mundart</strong>liche<br />
Varianten gebraucht (80 %) als<br />
in nichtbasis<strong>mundart</strong>lichen Wörtern (59 %). Die<br />
Mundartsprecher variieren bei nichtbasis<strong>mundart</strong>lichen<br />
Wörtern häufiger als bei den basis<strong>mundart</strong>lichen.<br />
Im Unterland variieren <strong>die</strong> Mundartsprecher<br />
bei nichtbasis<strong>mundart</strong>lichen Wörtern häufiger<br />
als im Oberland. Dies trifft aber auch bei basis<strong>mundart</strong>lichen<br />
Wörtern zu.<br />
Die Stabilität von basis<strong>mundart</strong>lichen Lauten in<br />
nichtbasis<strong>mundart</strong>lichen Wörtern variiert stark.<br />
Das Spektrum liegt zwischen 100 Prozent basis<strong>mundart</strong>licher<br />
und 100 Prozent nichtbasis<strong>mundart</strong>licher<br />
Realisation eines Lautes. Die Resultate in<br />
Tabelle 17 sind uneinheitlich und abhängig von<br />
den Wörtern. Wir vermuten, dass <strong>die</strong> basis<strong>mundart</strong>liche<br />
Realisation eines Lautes in einem nichtbasis<strong>mundart</strong>lichen<br />
Wort von verschiedenen Fakto-<br />
DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />
ROMAN BANZER<br />
Tabelle 16: Stabilität in<br />
bmW - nbmW,<br />
N/Gemeinde = 12<br />
Tabelle 17: Stabilität der<br />
Laute in nichtbasis<strong>mundart</strong>lichen<br />
Wörtern in %,<br />
N/Gemeinde = 12<br />
B T V S E M G R Sb HSb Ol Ul FL<br />
bmW(%) 88 87 86 85 79 73 73 69 74 74 86 73 80<br />
nbmW(%) 67 62 65 63 54 62 52 55 53 46 64 54 59<br />
Er Betrifft Beispiel B T V S E M G R Sb HSb<br />
2 DoS, nbmW 'darlegen' 100 100 100 100 100 100 100 66 60 73<br />
4 DlsW, nbmW 'Stil' 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100<br />
10 germ e, nbmW 'vorgesehen' 100 100 100 100 75 100 100 100 100 100<br />
12 ivoroK, nbmW 'Abriss' 36 31 36 38 55 57 50 42 33 23<br />
14 i vor r + Kons, nbmW 'Landwirtschaftsamt' 100 100 100 88 63 57 63 63 75 63<br />
20 u vor oK, nbmW 'Einfluss' 100 100 100 100 100 100 50 100 100 75<br />
23 ü vor oK, nbmW 'geäussert' 100 88 62 88 66 86 47 62 62 28<br />
29 ö vor nK nbmW 'Kommission' 100 100 100 100 37 37 56 19 87 100<br />
32 ei im Komp, nbmW 'Eigenheim' 21 37 47 19 0 19 0 93 87 68<br />
33 eivoroK, nbmW 'Leitblatt' 21 11 12 7 14 20 13 12 4 0<br />
34 ei vor oK, hd Suffix, nbmW 'Wahrheit' 56 12 50 19 12 6 37 35 29 21<br />
37 ei vor nK, nbmW 'Einheiten' 0 25 33 0 0 25 0 0 0 0<br />
45 Restitution r, nbmW 'mehrfach' 66 25 0 66 100 100 100 0 0 0<br />
47 Restitution x, nbmW 'grundsätzlich' 50 50 75 50 25 50 50 66 50 25<br />
49 d in-nd,-ld-, nbmW 'Waldweg' 100 100 100 100 75 50 25 25 50 75<br />
221
en abhängt. Zu <strong>die</strong>sen Faktoren können neben<br />
möglichen anderen folgende gehören: Die Grösse<br />
der Sprachgemeinschaft, <strong>die</strong> eine Neuerung benutzt;<br />
das «Alter» eines nichtbasis<strong>mundart</strong>lichen<br />
Wortes; <strong>die</strong> Nähe zu anderen Neuerungen.<br />
Nichtbasis<strong>mundart</strong>liche Wörter, deren Laute selten<br />
basis<strong>mundart</strong>lich realisiert werden, sind oft<br />
sehr «junge» Neuerungen (Leitblatt).<br />
Bei den nichtbasis<strong>mundart</strong>lichen Wörtern stellt<br />
sich <strong>die</strong> Frage nach der Fähigkeit der Mundart,<br />
fremde Lexeme aufzunehmen und anzupassen.<br />
Wir unterscheiden nichtbasis<strong>mundart</strong>liche Wörter<br />
mit <strong>mundart</strong>konformer Morphologie (z.B. Eigenheim)<br />
und nichtbasis<strong>mundart</strong>liche Wörter mit<br />
<strong>mundart</strong>fremder Morphologie (z.B. Schwierigkeit).<br />
Die grosse Zahl an hochdeutschen Neuerungen in<br />
der Phonetik ist vor allem in Zusammenhang mit<br />
der Lexik und Morphologie zu sehen. Hochdeutsche<br />
Wörter mit <strong>mundart</strong>konformer Morphologie<br />
werden phonetisch angepasst. Bei der Übernahme<br />
von hochdeutschen Wörtern mit <strong>mundart</strong>fremder<br />
Morphologie erfolgt zum grössten Teil keine vollständige<br />
Anpassung an <strong>die</strong> Orts<strong>mundart</strong>en Liechtensteins.<br />
Als Beispiel seien hier <strong>die</strong> hochdeutschen<br />
Suffixe -heit oder -keit genannt, <strong>die</strong> über den Import<br />
standarddeutscher Wörter immer häufiger<br />
Verbreitung finden und das mda. native -i (/dymi/,<br />
Dümmi ), das originär zur Suffixbildung<br />
aus Adjektiven <strong>die</strong>nt, immer mehr verdrängen.<br />
Zu beachten ist hier der interessante Fall <strong>des</strong><br />
nichtbasis<strong>mundart</strong>lichen Kompositums (Eigen<br />
222<br />
Tabelle 18: Varianten und<br />
Lexik, N = 4105 Wörter<br />
heim). Dieses Kompositum, bestehend aus zwei basis<strong>mundart</strong>lichen<br />
Wörtern /as:gq/ (Ol), /ä:gq/ (Ul),<br />
und /hse:m/ (Ol), /hä~ :m/ (Ul) , ist ein<br />
nichtbasis<strong>mundart</strong>liches Wort. Während jeder Teil<br />
für sich wenig Neigung zur Variation zeigt, sind <strong>die</strong><br />
Laute in den Komposita stark variabel. 39,1 Prozent<br />
aller Probanden haben das mhd. ei nichtbasis<strong>mundart</strong>lich<br />
produziert.<br />
Die Untersuchung Banzer 1990 zeigt, dass eine<br />
Aussage zur Anzahl der nichtbasis<strong>mundart</strong>lichen<br />
Wörter in den Orts<strong>mundart</strong>en nicht ohne weiteres<br />
generalisiert werden kann. Vor allem das Alter, das<br />
Gesprächsthema und der Öffentlichkeitsgrad sind<br />
ausschlaggebend für den Gebrauch von nichtbasis<strong>mundart</strong>lichen<br />
Wörtern.<br />
Die Untersuchung zum Wandel <strong>des</strong> Lexikons der<br />
Mundarten <strong>des</strong> Fürstentums Liechtenstein erfolgt<br />
anhand eines eigens erhobenen Korpus. Hierbei<br />
wurden freie Gespräche auf Tonband aufgenommen<br />
und transkribiert. Die Probandenwahl erfolgte<br />
mit gewissen Einschränkungen nach dem Zufallsprinzip.<br />
Dadurch ergaben sich acht Texte. «Ein<br />
Text besteht aus durchschnittlich 513 Wörtern (N).<br />
Das entspricht einer Gesprächsdauer von etwa fünf<br />
Minuten. ... Die Texte umfassen insgesamt 4105<br />
Wörter, davon gehören 403 oder 9,8 Prozent nicht<br />
zur Basis<strong>mundart</strong>. Die Texte 1 bis 8 zeigen signifikante<br />
Unterschiede in der Anzahl der basis<strong>mundart</strong>lichen<br />
Wörter» (Banzer 1990, S. 351). Wenn hier<br />
ein Mittel von rund 10 Prozent nichtbasis<strong>mundart</strong>licher<br />
Wörter im Alltagsgebrauch angenommen<br />
wird, so muss man sich bewusst sein, dass in den<br />
nbmW<br />
10%<br />
bma fremd<br />
produziert produziert<br />
59 % 41 %<br />
Lexik FL<br />
bma fremd<br />
produziert produziert<br />
80% 20%
dort untersuchten Texten 1,5 Prozent bis 21,2 Prozent<br />
nichtbasis<strong>mundart</strong>liche Wörter <strong>des</strong> Gesamttextes<br />
ermittelt wurden.<br />
4.3.3.<br />
TRIESENBERG<br />
Keine Ergebnisse resultieren aus der Untersuchung<br />
für <strong>die</strong> Walsergemeinde Triesenberg. Bereits nach<br />
den ersten zwei Aufnahmen zeigte sich, dass der<br />
benützte Fragebogen nicht <strong>die</strong> erwünschten Resultate<br />
erbrachte. Aus teilnehmenden Beobachtungen<br />
ist uns bekannt, dass einige Einwohner Triesenbergs<br />
ihren Walserdialekt fast bis zur Gänze aufgeben,<br />
wenn sie mit mehreren Einwohnern einer anderen<br />
Gemeinde auswärts kommunizieren. Sie<br />
sprechen dann meist eine den oberländischen Orts<strong>mundart</strong>en<br />
angepasste Varietät, <strong>die</strong> sie aber sogleich<br />
wieder aufgeben, wenn sie zurück in ihre<br />
Heimatgemeinde kommen. So können Pendler an<br />
ihrem Arbeitsort völlig anders als zu Hause sprechen.<br />
Dieser Wechsel der Varietäten, der vor allem<br />
bei der jüngeren Generation häufig zu beobachten<br />
ist, hängt von der Gesprächssituation ab, <strong>die</strong><br />
hauptsächlich bestimmt ist durch <strong>die</strong> Gesprächsteilnehmer,<br />
den Ort, <strong>die</strong> soziale Einbindung und<br />
möglicherweise auch stark durch <strong>die</strong> Bewertung<br />
<strong>des</strong> eigenen Idioms. Toni Banzer konnte in seiner<br />
Arbeit <strong>die</strong> Abhängigkeit der Sprachproduktion vom<br />
Faktor Alter für Triesenberg belegen (Banzer Toni<br />
1990/91, S. 59). Um den Sprachwandel in Abhän-<br />
Tabelle 19: Stabilität der<br />
nasalierten Vokale in %,<br />
N/Gemeinde = 12<br />
DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />
ROMAN BANZER<br />
gigkeit vom Pendeln zum Arbeitsort beschreiben<br />
zu können, müsste ein anderes Untersuchungsinstrumentarium<br />
angewandt werden als <strong>die</strong> von uns<br />
verwendeten Fragebögen. Direkte teilnehmende<br />
Beobachtungen und Tonbandaufnahmen von Gesprächen<br />
am Arbeitsort könnten hier unter Umständen<br />
weiterhelfen.<br />
4.3.4.<br />
DIE NASALIERUNG IM UNTERLAND<br />
Nach Jutz ist <strong>die</strong> Nasalierung im Unterland auf bestimmte<br />
Laute beschränkt und im Oberland nur<br />
mehr als Individualismus vorhanden, obwohl <strong>die</strong><br />
Nasalierung auch hier einmal gegolten hat. Vetsch<br />
schrieb 1910 bezüglich der Nasalierung im Appenzell:<br />
«Auf dem ganzen Gebiete wird von den älteren<br />
Leuten noch jeder Vokal in nasaler Umgebung nasaliert<br />
gesprochen. Die Nasalierung ist also sowohl<br />
progressiv als regressiv und betrifft Kürze und Länge;<br />
auch wo der Nasal im Auslaut geschwunden ist,<br />
ist <strong>die</strong> Nasalierung meist erhalten. Die jüngere Generation<br />
jedoch hat ausser in I (R.B.: Innerrhoden)<br />
<strong>die</strong> Nasalierung in weitem Umfange aufgegeben,<br />
doch mit starken individuellen Schwankungen»<br />
(Vetsch 1910, S. 104). Diese Feststellung von Vetsch<br />
aus dem Jahre 1910 für <strong>die</strong> Appenzeller Mundarten<br />
gilt teilweise auch für das Liechtensteiner<br />
Unterland. Wenn Jutz (1925) grundsätzlich für alle<br />
Vokale in nasaler Umgebung Nasalierung mit<br />
unterschiedlichen Stärkegraden erhoben hat, so<br />
Er Betrifft E M G R Sb HS Ul<br />
8 e vor nK 0 0 0 0 0 0 0.0<br />
17 ö vor nK 66 75 84 84 75 66 75.0<br />
26 d vor nK 93 81 87 68 87 93 84.8<br />
27 ce vor nK 60 0 10 0 100 100 45.0<br />
28 6 vor nK 85 90 95 90 90 90 90.0<br />
35 ei vor nK 83 79 74 66 76 84 77.0<br />
36 ei vor nK 100 100 100 100 100 100 100.0<br />
40 ie vor nK 100 92 73 55 75 75 78.3<br />
41 uo vor nK 75 62 62 62 75 62 66.3<br />
42 üe vor nK 75 62 100 87 87 75 81.0<br />
223
waren bereits bei unseren Aufnahmen zur Basis<strong>mundart</strong><br />
grosse individuelle Unterschiede vorhanden,<br />
was uns schliesslich auch veranlasst hat, <strong>die</strong><br />
Nasalierung in den Erhebungen zu den Orts<strong>mundart</strong>en<br />
mittels eines besonderen Teils im Fragebogen<br />
gesondert zu betrachten.<br />
Die <strong>die</strong>sbezüglichen Auswertungen haben ergeben,<br />
dass heute in frappanter Konsequenz bei allen<br />
Probanden sowohl an-, in- und auch auslautend<br />
nur mehr <strong>die</strong> kurzen und langen o- und ö- Laute<br />
nasaliert werden. Eine Ausnahme macht hier das<br />
-o- im Personennamen Anton, das in <strong>die</strong>ser standardnahen<br />
Form nicht nasaliert wird. In der <strong>mundart</strong>lichen<br />
Abkürzung Tone, Toni hingegen wird das<br />
-o- klar mit nasaler Färbung gesprochen. Dies belegt<br />
<strong>die</strong> Auswertungstabelle der Orts<strong>mundart</strong>en <strong>des</strong><br />
Unterlan<strong>des</strong> im Anhang.<br />
Wie Tabelle 22 zeigt, erhielten wir andere Ergebnisse,<br />
als wir <strong>die</strong> Laute in nasaler Stellung nicht<br />
gesondert, sondern im Rahmen der allgemeinen<br />
Untersuchung erhoben haben. Hier haben wir herausgefunden,<br />
dass auch andere Laute ausser den<br />
-o- und -ö- Lauten noch nasaliert gesprochen werden.<br />
Zudem hat sich hier ergeben, dass auch bei<br />
den -o- und -ö- Lauten <strong>die</strong> nasalierte Form nicht<br />
durchwegs gebraucht wird. Wieso <strong>die</strong>se Differenzen?<br />
Unserer Ansicht nach gibt es hierfür zwei<br />
Flauptgründe. Bei der Erhebung wurden unterschiedlich<br />
Lexeme gebraucht. Wahrscheinlich unterscheiden<br />
sich <strong>die</strong>se Lexeme im Leveling. 111<br />
Die Aufnahme der Neuerungen ins Lexikon<br />
scheint in den einen Fällen bereits abgeschlossen<br />
zu sein, während<strong>des</strong>sen <strong>die</strong> anderen noch im Stadium<br />
der Variabilität stehen. Zudem ist auch<br />
durchaus möglich, dass durch <strong>die</strong> Untersuchungsanlage,<br />
in der <strong>die</strong> Nasalierung in einem gesonderten<br />
Block zusammengefasst wurde, Beeinflussungen<br />
bei der Sprachproduktion entstanden.<br />
224<br />
4.3.5.<br />
DIE KONSONANTEN<br />
Lediglich 11 von 53 Entwicklungsregeln beschreiben<br />
<strong>die</strong> Entwicklung der mhd. Konsonanten in den<br />
Orts<strong>mundart</strong>en <strong>des</strong> Fürstentums Liechtenstein.<br />
Auffallend ist <strong>die</strong> starke Resistenz der Konsonanten<br />
gegen Neuerungen. Nur in sehr wenigen<br />
Fällen konnten wir hier Unterschiede zur Basis<strong>mundart</strong><br />
feststellen. Diesen haftet unserer Ansicht<br />
nach sehr stark der Beigeschmack der Innovation<br />
an, also der subjektiven Variable. Dies scheint bei<br />
/six/ «sich», /fenjter/ «Fenster» u.a. so zu sein.<br />
4.4.<br />
NEUERUNGEN UND INTERFERENZEN<br />
In den variablen Entsprechungsregeln der Orts<strong>mundart</strong>en<br />
werden als Varianten zu den basis<strong>mundart</strong>lichen<br />
Lauten Neuerungen gebraucht. Die<br />
nachfolgende Tabelle listet <strong>die</strong> Varianten auf, <strong>die</strong><br />
einen basis<strong>mundart</strong>lichen Laut ersetzen. Woher<br />
stammen <strong>die</strong> Neuerungen? Verschiedene Möglichkeiten<br />
bieten sich an:<br />
a) Ausgleich innerhalb der <strong>liechtenstein</strong>ischen<br />
Orts<strong>mundart</strong>en<br />
b) Neuerungen aus benachbarten Dialekten<br />
c) Neuerungen aus der Standardsprache<br />
d) Koinzidente Interferenz. Eine Neuerung oder<br />
auch Ausweitung oder Verallgemeinerung kann<br />
gleichzeitig ein Laut sowohl einer fremden<br />
Mundart als auch der Standardsprache sein. Wir<br />
sprechen in <strong>die</strong>sem Fall von einer koinzidenten<br />
Neuerung.<br />
e) «autochthone» Innovationen, <strong>die</strong> im eigenen<br />
System entstehen.<br />
Als Gebervarietäten werden sämtüche Gemeinden<br />
Liechtensteins, das Ober- und das Unterland, <strong>die</strong><br />
benachbarten Kantone der Schweiz, St. Gallen (SG)<br />
und Graubünden (GR), das österreichische Bun<strong>des</strong>land<br />
Vorarlberg (Vrlbg) und das Standarddeutsche<br />
(Lid) untersucht.
Wenn hier von Gebervarietät gesprochen wird,<br />
könnte der Eindruck entstehen, dass durch <strong>die</strong><br />
Neuerungen Laute in <strong>die</strong> Orts<strong>mundart</strong>en aufge<br />
nommen werden, <strong>die</strong> vorher nicht vorhanden wa<br />
ren. Dies ist eindeutig nicht der Fall. Keine neue<br />
Variable ist nicht gleichzeitig in einer anderen lin<br />
guistischen Umgebung bereits vorhanden. Es han<br />
delt sich im weitesten Sinn um Verallgemeinerun<br />
gen («Anwendung der Regel in mehr Kontexten»)<br />
oder um Ausweitungen («Anwendung der gleichen<br />
Merkmalsveränderung auf mehr Ausgangselemen<br />
te») (Haas 1978, S. 80).<br />
4.4.1.<br />
NEUERUNGEN IN ALLEN ORTSMUNDARTEN<br />
14 Entwicklungsregeln werden mit den beschrie<br />
benen Varianten in allen Orts<strong>mundart</strong>en variabel<br />
gebraucht. Besonders stark von Neuerungen be<br />
troffen sind <strong>die</strong> Entwicklungen aus dem mhd. ei,<br />
<strong>die</strong>s betrifft <strong>die</strong> Entwicklungsregeln 30-37. Grund<br />
hierfür dürfte sein, dass <strong>die</strong> aus dem mhd. ei ent<br />
standenen Monophthonge primäres Unterschei<br />
dungsmerkmal zu den benachbarten Dialekten der<br />
Ostschweiz sind. Mundartfremde Lautungen kom<br />
men vor allem in Neologismen vor, in jenen lexika<br />
lischen Neubildungen, <strong>die</strong> meist aus dem Hoch<br />
deutschen in <strong>die</strong> Liechtensteinische Mundart auf<br />
genommen werden. Dass in <strong>die</strong>sem Fall <strong>die</strong> dipht<br />
hongische Lautung ei für das Hochdeutsche und<br />
<strong>die</strong> benachbarten Dialekte in vielen Fällen gleicher-<br />
massen gilt, während<strong>des</strong>sen <strong>die</strong> Orts<strong>mundart</strong>en<br />
Liechtensteins in den entsprechenden Konditionen<br />
meist einen Monophthong haben, fördert derartige<br />
Neuerungen.<br />
DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />
ROMAN BANZER<br />
Er 5<br />
Basis<strong>mundart</strong>:<br />
Variante 1:<br />
mögliche Gebervarietät:<br />
Er 11<br />
Basis<strong>mundart</strong>:<br />
Variante h<br />
mögliche Gebervarietät:<br />
Er 12<br />
Basis<strong>mundart</strong>:<br />
Variante 1:<br />
mögliche Gebervarietät:<br />
Er 15<br />
Basis<strong>mundart</strong>:<br />
Variante 1:<br />
mögliche Gebervarietät:<br />
Er 19<br />
Basis<strong>mundart</strong>:<br />
Variante 1:<br />
mögliche Gebervarietät:<br />
Er 22<br />
Basis<strong>mundart</strong>:<br />
Variante 1:<br />
mögliche Gebervarietät:<br />
Er 23<br />
Basis<strong>mundart</strong>:<br />
Variante 1:<br />
mögliche Gebervarietät:<br />
Er 33<br />
Basis<strong>mundart</strong>:<br />
Variante 1:<br />
mögliche Gebervarietät:<br />
Er 34<br />
nbmW<br />
Basis<strong>mundart</strong>:<br />
Variante 1:<br />
mögliche Gebervarietät:<br />
Er 38<br />
Basis<strong>mundart</strong>:<br />
Variante 1:<br />
mögliche Gebervarietät:<br />
Umlaut<br />
kein Umlaut, z.B. /ros/<br />
Umlaut, z.B. /rceser/<br />
Verallgemeinerung<br />
i vor oK<br />
/e/, z.B. /bes/<br />
IM, z.B. /bis/<br />
SG, GR, Vlbg, Hd, Tb<br />
i vor oK, nbmW<br />
lel, z.B. /*abres/<br />
IU, z.B. /abris/<br />
Hd<br />
o vor oK<br />
lol, z.B. /froj/<br />
lol, z.B. /froj/<br />
B, Verallgemeinerung<br />
der Senkung von mhd. o<br />
u vor oK<br />
lol, z.B. /foks/<br />
IvJ, z.B. /fuks/<br />
SG, GR, Vlbg, Hd, Tb<br />
« vor oK<br />
lol, z.B. /f0ks/<br />
lyl, z.B. /fyks/<br />
SG, GR, Vlbg, Hd, Tb<br />
ü vor oK, nbmW<br />
lol, z.B. /*k0S9rat/<br />
lyl, z.B. /kyseret/<br />
Hd<br />
ei vor oK, nbmW<br />
Ist:/, z.B. /*l33:tblat/<br />
/ej/, z.B. /lejtblat/<br />
Hd<br />
ei vor oK, hd Suffix,<br />
lal, z.B. /*wo:rat/<br />
/ej/, z.B. /W0:hejt/<br />
SG, GR, Hd<br />
ou vor oK<br />
Mon, z.B /o:g/<br />
Diph, z.B. /aug/<br />
GR, Hd<br />
225
Er 43 Restitution n<br />
Basis<strong>mundart</strong>: fällt aus, z.B. /fejtsr/<br />
Variante 1: /n/, z.B. /fenjter/<br />
mögliche Gebervarietät: Hd<br />
Er 44 Restitution r<br />
Basis<strong>mundart</strong>: fällt aus, z.B. /no/<br />
Variante 1: /r/, z.B. /nur/<br />
mögliche Gebervarietät: Hd<br />
Er 46 Restitution x<br />
Basis<strong>mundart</strong>: fällt aus, z.B. /si/<br />
Variante 1: /x/, z.B. /six/<br />
mögliche Gebervarietät: Hd<br />
Er 47 x, nbmW<br />
Basis<strong>mundart</strong>: fällt aus, z.B.<br />
/*grunzetsli/<br />
Variante 1: /x/, z.B. /grunzetslix/<br />
mögliche Gebervarietät: Hd<br />
4.4.2.<br />
NEUERUNGEN IN DEN ORTSMUNDARTEN DES<br />
OBERLANDES<br />
Acht Entwicklungsregeln werden mit den beschriebenen<br />
Varianten in allen Orts<strong>mundart</strong>en <strong>des</strong> Oberlands<br />
variabel gebraucht. Wie für das ganze Land<br />
kann auch für das Oberland festgestellt werden,<br />
dass <strong>die</strong> Entwicklungen aus dem mhd. ei stark<br />
variieren. Es fällt auf, dass das Unterland für das<br />
Oberland nur in einem Fall mögliche Gebervarietät<br />
ist. Die Neuerungen stammen überwiegend aus<br />
dem Hochdeutschen. Wie auf den Seiten 231 ff. gezeigt,<br />
sind <strong>die</strong> Verhältnisse im Unterland völlig entgegengesetzt.<br />
226<br />
Er 21 u vor r + Kons<br />
Basis<strong>mundart</strong>: /o/, z.B. /borg/<br />
Variante 1:<br />
m f\cf Ii f*r>o ( -r» i~»7*S yi Ö+Q t •<br />
IllUgUCllt! VJCJJCI V d r i c L a L .<br />
/u/, z.B. /bürg/<br />
CC HR Ufl<br />
Er 24 ü vor r + Kons<br />
Basis<strong>mundart</strong>: /0, ce/, z.B. /b0rgsr/<br />
Variante 1: /y/, z.B. /byrgar/<br />
IIlUgllLllt; OBJJürValTtilal. er r.R HH<br />
Er 26 d vor nK<br />
Basis<strong>mundart</strong>: /o:/, z.B. /zo:mB/, /o:met/<br />
Variante 1: /a:/, z.B. /za:me/<br />
uioguciie vjejjervarieiai. Th c.u HH<br />
Variante 2: /e/, z.B. /emd/<br />
mögliche Gebervarietät: Hd<br />
Er 30 ei vor oK<br />
DdSIMIl uiiudn. /ce./, Z.D. /ice.i9re/<br />
Variante 1: /cj/, z.B. /lejtare/<br />
mögliche Gebervarietät: SG, GR, Hd<br />
Variante 2: /a/, z.B. /la:tere/<br />
mögliche Gebervarietät: E, M<br />
Er 30a ei vor oK, neu<br />
Basis<strong>mundart</strong>: /ej/, Z.B. /flejj/<br />
Variante 1: /ae:/, z.B. /flae.-J/<br />
mögliche Gebervarietät: FL, SG, GR, Hd<br />
Er 31 ei vor oK<br />
Basis<strong>mundart</strong>: /ae:/, z.B. /zae :y<br />
Variante 1: /ej/, z.B. /zejl/<br />
mögliche Gebervarietät: SG, GR, Hd, Tb<br />
Er 32 ei vor oK, Komp, nbmW<br />
Basis<strong>mundart</strong>: /ae:/, z.B. /*cE:g8ha3:m/<br />
Variante 1: /ej/, z.B. /ejgehejm/<br />
mögliche Gebervarietät: SG, GR, Hd, Tb<br />
Er 37 ei vor nK, nbmW<br />
Basis<strong>mundart</strong>: /ae:/, Z.B. /*33:hejt/<br />
Variante 1: /ej/, z.B. /ejnhejt/<br />
mögliche Gebervarietät: SG, GR, Hd
4.4.2.1.<br />
NEUERUNGEN IN DER ORTSMUNDART VON<br />
SCHAAN<br />
Schaan grenzt an das Unterland. Auf den Seiten<br />
196 ff. haben wir <strong>die</strong> dialektgeographischen Unterschiede<br />
beschrieben. Neben der unten genannten<br />
Entwicklungsregel, mit der sich <strong>die</strong> Sprecher von<br />
Schaan von den übrigen Gemeinden <strong>des</strong> Oberlan<strong>des</strong><br />
unterscheiden, haben wir nach der Untersuchung<br />
noch weitere Variationen beobachtet. So<br />
sprechen <strong>die</strong> Schaaner Note [note] mit offenem,<br />
kurzem o wie im Unterland. Jutz schreibt, dass<br />
sich in Schaan in nasaler Umgebung noch oft nasalierte<br />
Vokale neben rein oral gesprochenen wahrnehmen<br />
lassen. (Jutz 1925, S. 148) Wir stellen fest,<br />
dass in Schaan <strong>die</strong> Nasalierung ganz aufgegeben<br />
wurde. Allerdings sind wie in Note gezeigt, <strong>die</strong> offenen,<br />
nicht nasalierten Qualitäten vereinzelt noch<br />
anzutreffen. Wie Eugen Gabriel in seiner Arbeit<br />
(Gabriel 1985, S. 127) sagt, wurden früher in<br />
Schaan noch Laute (gleich wie im Unterland) gebraucht,<br />
wie sie heute nicht mehr üblich sind. Wir<br />
können <strong>die</strong>se Aussage bestätigen. Man spricht in<br />
Schaan heute [o] vor r + Konsonant statt früher [a]<br />
wie im Unterland, z.B. [korn] statt [karn] Korn.<br />
Die folgende Neuerung kommt nur in der Orts<strong>mundart</strong><br />
von Schaan vor. Zudem sind hier auch<br />
alle Neuerungen der Orts<strong>mundart</strong>en <strong>des</strong> Oberlan<strong>des</strong><br />
belegt.<br />
Er 16 o vor r + Kons 112<br />
Basis<strong>mundart</strong>: /o/, z.B. /ihiworge/<br />
Variante 1: /a/, z.B. /ihiworge/<br />
mögliche Gebervarietät: ?<br />
DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />
ROMAN BANZER<br />
4.4.3.<br />
NEUERUNGEN IN DEN ORTSMUNDARTEN DES<br />
UNTERLANDES<br />
18 Entwicklungsregeln werden mit den beschriebenen<br />
Varianten in allen Orts<strong>mundart</strong>en <strong>des</strong> Unterlan<strong>des</strong><br />
variabel gebraucht. In 16 Fällen ist das<br />
Oberland mögliche Gebervarietät. Nur zwei Entwicklungsregeln<br />
betreffen einen Konsonanten. Das<br />
Unterland ist für das Oberland in einem Fall mögliche<br />
Gebervarietät. Das Geber-Nehmer-Verhältnis<br />
ist einseitig, das Unterland gleicht sich an das<br />
Oberland an. Als Grund hierfür sehen wir <strong>die</strong> wirtschaftliche<br />
Entwicklung in Liechtenstein, zumal<br />
weder <strong>die</strong> sprachliche Nähe zu den Dialekten der<br />
schweizerischen und vorarlbergischen Nachbarschaft<br />
noch <strong>die</strong> grössere Unterscheidung vom<br />
Hochdeutschen im Vergleich mit den Mundarten<br />
<strong>des</strong> Oberlan<strong>des</strong> als Erklärung <strong>die</strong>nen kann. Das<br />
wirtschaftlich Zentrum Liechtensteins befindet sich<br />
in Vaduz und Schaan. Viele Arbeitstätige aus dem<br />
Unterland pendeln in <strong>die</strong>ses Zentrum. Entsprechende<br />
Zahlen finden sich in der Tabelle 13 auf<br />
Seite 218. Wir konnten beobachten, dass <strong>die</strong> Sprecher<br />
<strong>des</strong> Unterlan<strong>des</strong>, übrigens wie <strong>die</strong> Triesenberger,<br />
sich in ihrer Sprache stark dem Oberländer anpassen,<br />
wenn sie abseits der Sprachgemeinschaft<br />
der Orts<strong>mundart</strong> mit Oberländern sprechen. Offensichtlich<br />
verursacht <strong>die</strong>ses Code-switching zumin<strong>des</strong>t<br />
teilweise den Sprachwandel der Orts<strong>mundart</strong>en.<br />
Elemente, <strong>die</strong> im Berufsleben an <strong>die</strong> benachbarten<br />
Orts<strong>mundart</strong>en angepasst werden, sind<br />
Wandelvorgängen besonders ausgesetzt.<br />
Diese Neuerungen gelten in allen Gemeinden<br />
<strong>des</strong> Unterlan<strong>des</strong>. Zudem sind hier auch <strong>die</strong> Neuerungen<br />
aller Orts<strong>mundart</strong>en belegt.<br />
Er 1<br />
Basis<strong>mundart</strong>:<br />
Variante 1:<br />
mögliche Gebervarietät:<br />
Er 8<br />
Basis<strong>mundart</strong>:<br />
lang / kurz<br />
lang, z.B. /ma:gB/<br />
kurz, z.B. /mage/<br />
Ol<br />
e vor nK<br />
/e/, z.B. /deckt?/<br />
227
Variante 1:<br />
mögliche Gebervarietät:<br />
Er 13<br />
Basis<strong>mundart</strong>:<br />
Variante 1:<br />
mögliche Gebervarietät:<br />
Variante 2:<br />
mögliche Gebervarietät:<br />
Er 14<br />
Basis<strong>mundart</strong>:<br />
Variante 1:<br />
mögliche Gebervarietät:<br />
Er 17a<br />
Basis<strong>mundart</strong>:<br />
Variante 1:<br />
mögliche Gebervarietät:<br />
Er 18<br />
Basis<strong>mundart</strong>:<br />
Variante 1:<br />
mögliche Gebervarietät:<br />
Er 24<br />
Basis<strong>mundart</strong>:<br />
Variante 1:<br />
mögliche Gebervarietät:<br />
Er 26<br />
Basis<strong>mundart</strong>:<br />
Variante 1:<br />
mögliche Gebervarietät:<br />
Variante 2:<br />
mögliche Gebervarietät:<br />
Er 28<br />
Variante Basis<strong>mundart</strong>: 1:<br />
mögliche Variante 1: Gebervarietät:<br />
mögliche Gebervarietät:<br />
228<br />
Er 30<br />
Basis<strong>mundart</strong>:<br />
/e/, z.B. /denke/<br />
Ol, SG, GR, Hd<br />
i vor r + Kons<br />
/xa/, Z.B. /w*art/<br />
/ia/, z.B. /wiart/<br />
Verallgemeinerung<br />
/&/, z.B. /wort/<br />
Ol<br />
z vor r + Kons, nbmW<br />
/*a/, z.B.<br />
/*landwYartjaftsamt/<br />
/0:, 0/, z.B.<br />
/Iandw0rtjaftsamt/<br />
Ol, SG, GR<br />
ce vor nK<br />
/ce:/, z.B. /pfce:/<br />
/0:/, z.B. /pfo:/<br />
Ol, SG, GR<br />
ö vor r + Kons<br />
/ae/, z.B. /khaerbli/<br />
/ce/, z.B. /khcerbli/<br />
Ol, SG, GR<br />
ü vor r +Kons<br />
/Y.8/, z.B. /biarger/<br />
/0/, z.B. /borgar/<br />
Ol<br />
d vor nK<br />
/5:/, z.B. /zö.me/,<br />
/5:mat/<br />
/a:/, z.B. /za:me/<br />
Tb, SG, GR, Hd<br />
/e/, z.B. /emd/<br />
Hd<br />
d vor nK<br />
/5:/, z.B. /bö:ne/<br />
/o:/, z.B. /boma/<br />
Ol<br />
ei vor oK<br />
fo-J, /a:/, z.B. (E, M)<br />
/la:tare/, (G, R, Sb)<br />
/b:tare/<br />
/ej/, z.B. /lejtare/<br />
SG, GR, Hd<br />
Variante 2:<br />
mögliche Gebervarietät:<br />
Er 31<br />
Basis<strong>mundart</strong>:<br />
Variante 1:<br />
mögliche Gebervarietät:<br />
Variante 2:<br />
mögliche Gebervarietät:<br />
Er 32<br />
Basis<strong>mundart</strong>:<br />
Variante 1:<br />
mögliche Gebervarietät:<br />
Variante 2:<br />
mögliche Gebervarietät:<br />
Er 35<br />
Basis<strong>mundart</strong>:<br />
Variante 1:<br />
mögliche Gebervarietät:<br />
Variante 2:<br />
mögliche Gebervarietät:<br />
Er 40<br />
Basis<strong>mundart</strong>:<br />
Variante 1:<br />
mögliche Gebervarietät:<br />
Er 41<br />
Basis<strong>mundart</strong>:<br />
Variante 1:<br />
mögliche Gebervarietät:<br />
Er 42<br />
Basis<strong>mundart</strong>:<br />
Variante 1:<br />
mögliche Gebervarietät:<br />
Er 48<br />
Basis<strong>mundart</strong>:<br />
Variante 1:<br />
mögliche Gebervarietät:<br />
Er 49<br />
Basis<strong>mundart</strong>:<br />
Variante 1:<br />
mögliche Gebervarietät:<br />
/ae:/, z.B. /las:tarE/<br />
Ol<br />
ei vor oK<br />
/ae:/, /ce:/, z.B. (E, M)<br />
/Z33:l/, (G, R, Sb) /zce:l/<br />
/ej/, z.B. /zejl/<br />
SG, GR, Hd<br />
/O:/, Z.B. /Z0:1/<br />
Verallgemeinerung von<br />
mhd. ei > [o:]<br />
ei vor oK, Komp, nbmW<br />
/5:/, z.B. /*5:gahö:m/<br />
/ej/, z.B. /ejgahejm/<br />
SG, GR, Hd<br />
/a?:/, z.B. /ae:gaha3:m/<br />
Ol<br />
ei vor nK<br />
/Ö:, 57, Z.B. /ft5:/<br />
/ej/, z.B. /Jtej/<br />
SG, GR, Hd<br />
/SB-J, Z.B. //tas.-/<br />
Ol<br />
ie vor nK<br />
/§:/, z.B. /re:me/<br />
/ja/, z.B. /name/<br />
Ol, SG, GR, Vlbg<br />
uo vor nK<br />
lö-.l, z.B. /blö:mB/<br />
Diph, z.B. /blname/<br />
Ol, SG, GR, Vlbg<br />
üe vor nK<br />
/ce:/, z.B. /grtie:/<br />
/*:a/, z.B. /grx:a/<br />
Ol<br />
c? in -nd, -Idfällt<br />
aus, z.B. /wa:l/<br />
/d/, z.B. /wa:ld/<br />
Ol, Hd<br />
d in -nd, -Id-, nbmW<br />
fällt aus, z.B./*wa:lwe:g/<br />
/d/, z.B. /waldwe:g/<br />
Ol, Hd
4.4.3.1.<br />
NEUERUNGEN IN DEN ORTSMUNDARTEN VON<br />
ESCHEN, MAUREN, GAMPRIN UND RUGGELL<br />
Die folgenden Neuerungen gelten nur in den Orts<strong>mundart</strong>en<br />
von Eschen, Mauren, Gamprin und<br />
Ruggell. Zudem sind hier auch <strong>die</strong> Neuerungen<br />
aller Orts<strong>mundart</strong>en und <strong>die</strong>jenigen <strong>des</strong> Unterlan<strong>des</strong><br />
belegt.<br />
Er 6<br />
Basis<strong>mundart</strong>:<br />
Variante 1:<br />
mögliche Gebervarietät:<br />
Variante 2:<br />
mögliche Gebervarietät:<br />
Er 7<br />
Basis<strong>mundart</strong>:<br />
Variante 1:<br />
mögliche Gebervarietät:<br />
Vlbg<br />
Er 9<br />
Basis<strong>mundart</strong>:<br />
Variante 1:<br />
mögliche Gebervarietät:<br />
Er 27<br />
Basis<strong>mundart</strong>:<br />
Variante 1:<br />
mögliche Gebervarietät:<br />
Variante 2:<br />
mögliche Gebervarietät:<br />
a vor sch<br />
/&/, z.B. /aslle/, /asjjt/<br />
/e/, z.B. /ejje/<br />
Ol, Sb, HSb, SG, GR,<br />
Vlbg<br />
/e/, z.B. /ejt/<br />
Verallgemeinerung von<br />
mhd. e > [e] vor oraler<br />
Konsonanz<br />
ä im Diminutiv<br />
/se/, z.B. /bsscli/<br />
M, z.B. /becli/<br />
Ol, Sb, HSb, SG, GR,<br />
germ e<br />
33:, z.B. /fa3ld/<br />
e:, Z.B. /feld/<br />
Ol, Sb, HSb, SG, GR,<br />
Vlbg<br />
ae vor nK<br />
§:, z.B. /khe:m/<br />
c:, Z.B. /khe:m/<br />
Ol<br />
33:, Z.B. /k33:m/<br />
Verallgemeinerung von<br />
mhd. ae > [ae:] vor<br />
oraler Konsonanz<br />
DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />
ROMAN BANZER<br />
4.4.3.2.<br />
NEUERUNGEN IN DEN ORTSMUNDARTEN VON<br />
GAMPRIN UND HINTERSCHELLENBERG<br />
Er 20<br />
Basis<strong>mundart</strong>:<br />
Variante 1;<br />
mögliche Gebervarietät:<br />
u vor oK, nbmW<br />
/o/, z.B. /*i:flos/<br />
/u/, z.B. /i-.flus/<br />
SG, GR, Hd<br />
4.4.3.3.<br />
NEUERUNGEN IN DER ORTSMUNDART VON<br />
ESCHEN<br />
Er 10<br />
Basis<strong>mundart</strong>:<br />
Variante 1:<br />
mögliche Gebervarietät:<br />
germ e, nbmW<br />
/33:/, Z.B. /*V0:rkS33:hB/<br />
/e/, z.B. /vo:rksehe/<br />
Ol, Ul, SG, GR, Hd<br />
229
4.5.<br />
DIE SOZIALEN UND SITUATIVEN REDE<br />
DETERMINANTEN<br />
Eine Abhängigkeit der Sprachproduktion im allgemeinen<br />
und <strong>des</strong> Lautwandels und der Lautvariation<br />
im besonderen von extrasprachlichen (ausser<br />
der sprachgeographischen) Rededeterminanten<br />
konnte nicht nachgewiesen werden. Weder <strong>die</strong> Beeinflussung<br />
der Orts<strong>mundart</strong>en durch <strong>die</strong> Arbeitstätigkeit<br />
noch durch das Pendlertum waren durch<br />
unsere Arbeit zu verifizieren. Die <strong>die</strong>sbezügliche<br />
Diskussion folgt unten.<br />
In der Anlage der Untersuchung haben wir uns<br />
auf <strong>die</strong> Bearbeitung von zwei Rededeterminanten<br />
beschränkt. Die Ergebnisse waren für uns sehr<br />
überraschend. Die aufgestellten Hypothesen, dass<br />
<strong>die</strong> Art der Arbeit (manuell - nicht manuell) und<br />
Tabelle 20: Laute in bmW<br />
und nbmW <strong>des</strong> Oberlan<strong>des</strong>,<br />
N = 168<br />
Tabelle 21: Korrelation<br />
Rededeterminanten /<br />
Lautwandel im Oberland,<br />
N= 168<br />
230<br />
das Wegpendeln zum Arbeitsort Einfluss auf <strong>die</strong><br />
Sprache der Probanden haben, konnte nicht belegt<br />
werden. Die Tabellen zeigen, dass <strong>die</strong> Abweichungen<br />
zu den lan<strong>des</strong>üblichen Mittelwerten gering<br />
sind. Auch für das Unterland, das in seinen Orts<strong>mundart</strong>en<br />
stark vom Oberland beeinflusst wird,<br />
konnte keine Korrelation zwischen der Sprachproduktion<br />
und den genannten sozialen und situativen<br />
Faktoren aufgezeigt werden.<br />
4.5.1.<br />
DAS OBERLAND<br />
Die Tabellen 20 bis 23 zeigen zweierlei deutlich.<br />
Erstens ist <strong>die</strong> Anzahl der basis<strong>mundart</strong>lichen Varianten<br />
in basis<strong>mundart</strong>lichen Wörtern entscheidend<br />
höher als in nichtbasis<strong>mundart</strong>lichen Wör-<br />
Gemeinde Qualifikation basis<strong>mundart</strong>. basis<strong>mundart</strong>.<br />
Varianten in bmW<br />
%<br />
Varianten in nbmW<br />
%<br />
Balzers Pendler, manuell 96 53<br />
Balzers Pendler, nicht manuell 94 62<br />
Balzers stationär, manuell 96 62<br />
Balzers stationär, nicht manuell 95 62<br />
Triesen Pendler, manuell 95 70<br />
Triesen Pendler, nicht manuell 95 62<br />
Triesen stationär, manuell 94 38<br />
Triesen stationär, nicht manuell 96 47<br />
Vaduz Pendler, manuell 97 65<br />
Vaduz Pendler, nicht manuell 90 62<br />
Vaduz stationär, manuell 96 82<br />
Vaduz stationär, nicht manuell 93 50<br />
Schaan Pendler, manuell 89 38<br />
Schaan Pendler, nicht manuell 93 50<br />
Schaan stationär, manuell 96 50<br />
Schaan stationär, nicht manuell 94 47<br />
basis<strong>mundart</strong>. Varianten in bmW<br />
basis<strong>mundart</strong>. Varianten in nbmW<br />
Durchschnitt- Pendler Stationäre Manuell Nicht-Manuell<br />
% % % %<br />
%<br />
94.3<br />
56.3<br />
93.6<br />
57.7<br />
95.0<br />
54.8<br />
94.9<br />
57.3<br />
93.8<br />
55.3
tern. Zweitens konnten wir nicht nachweisen, dass<br />
<strong>die</strong> Arbeitstätigkeit und das Pendlertum signifikanten<br />
Einfluss auf den Gebrauch der Varianten haben.<br />
Die Abweichungen der einzelnen Gruppen in<br />
Tabelle 21 (Pendler, Stationärer, Manuell, Nicht-<br />
Manuell) vom Durchschnittswert ist mit maximal<br />
0,7 Prozent für basis<strong>mundart</strong>liche Varianten und<br />
maximal 1,4 Prozent für nichtbasis<strong>mundart</strong>liche<br />
Varianten verschwindend klein.<br />
Im Fragebogen wurden 168 Wörter erhoben,<br />
wovon 34 nichtbasis<strong>mundart</strong>lich waren. Die Abweichungen<br />
vom Durchschnitt (56,3 %) der basis<strong>mundart</strong>lich<br />
produzierten Laute in nichtbasis<strong>mundart</strong>lichen<br />
Wörtern liegen für einzelne Probanden<br />
maximal 25,7 Prozent über oder maximal 18.3<br />
Prozent unter dem Durchschnittswert. Diese Streuung<br />
zeigt, dass einzelne Probanden mehr zur Übernahme<br />
von Neuerungen neigen als andere. Es ist<br />
allerdings nicht gelungen, gewisse sprachliche Tendenzen<br />
einzelnen sozialen oder situativen Faktoren<br />
zuzuordnen.<br />
Wir wiederholen und betonen auch an <strong>die</strong>ser<br />
Stelle noch einmal, dass sich <strong>die</strong> Angaben lediglich<br />
auf das untersuchte Korpus beziehen. Das heisst,<br />
dass weder mit Sicherheit alle variablen Entwicklungsregeln<br />
einer Gemeinde aufgeführt sind, noch<br />
alle Einwohner eine Entwicklungsregel in der von<br />
uns beschriebenen vorgeschriebenen Form produzieren.<br />
Dies war lediglich für unsere Probanden<br />
der Fall. In allen Tabellen handelt es sich immer<br />
um <strong>die</strong> untersuchten Laute.<br />
4.5.2.<br />
DAS UNTERLAND<br />
Auch für das Unterland konnten wir nicht nachweisen,<br />
dass <strong>die</strong> Arbeitstätigkeit und das Pendlertum<br />
signifikanten Einfluss auf den Gebrauch der Varianten<br />
haben. Wie im Oberland sind auch im Unterland<br />
<strong>die</strong> Abweichungen der einzelnen Gruppen (in<br />
Tabelle 23) vom Durchschnitt mit maximal 0,6 Prozent<br />
für basis<strong>mundart</strong>liche Varianten und maximal<br />
4,2 Prozent für nichtbasis<strong>mundart</strong>liche Varianten<br />
unbedeutend.<br />
DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />
ROMAN BANZER<br />
Im Fragebogen wurden 168 Wörter erhoben,<br />
wovon 35 nichtbasis<strong>mundart</strong>liche Wörter waren.<br />
Eines mehr als im Oberland, weil «Wiese» im Unterland<br />
nicht basis<strong>mundart</strong>lich ist. Im Unterland<br />
werden im Unterschied zum Oberland sowohl in<br />
basis<strong>mundart</strong>lichen wie auch in nichtbasis<strong>mundart</strong>lichen<br />
Wörtern mehr Laute fremd realisiert.<br />
Bringt man <strong>die</strong>se Aussage in Verbindung mit den<br />
Ergebnissen auf den Seiten 231 ff, wo wir feststellten,<br />
dass für <strong>die</strong> meisten Neuerungen als mögliche<br />
Gebervarietät das Oberland vorkommt und den Ergebnissen<br />
aus Tabelle 15, wo wir sehen, dass im<br />
Unterland mehr Entwicklungsregeln variieren,<br />
kommen wir zum Schluss, dass das Potential zu<br />
Neuerungen und damit möglicherweise zum Lautwandel<br />
im Unterland deutlich höher anzusetzen ist<br />
als im Oberland.<br />
Wir waren überrascht, dass unsere Untersuchung<br />
nicht <strong>die</strong> erwarteten Resultate brachte. Auch<br />
Toni Banzer hat in seiner Arbeit, <strong>die</strong> zeitlich parallel<br />
zu der vorliegenden entstanden ist, deutlich gezeigt,<br />
dass <strong>die</strong> in unserer Arbeit untersuchten Rededeterminaten<br />
(Pendler, Arbeit) isoliert betrachtet<br />
keinen Einfluss auf <strong>die</strong> Sprachproduktion der Walsergemeinde<br />
Triesenberg haben. «Fast schon identisch<br />
mit den Ergebnissen für <strong>die</strong> Variable Berufs-<br />
Art fällt <strong>die</strong> Auswertung zur Variable Berufs-Ort<br />
aus. Die Triesenberger Mundart scheint in ihrem<br />
Wandelprozess auch von <strong>die</strong>sem Faktor nicht beeinflusst<br />
zu werden, wenn er isoliert bewertet<br />
wird» (Banzer Toni 1991, S. 73). Offenbar bedingen<br />
kleinmaschigere Faktoren das komplizierte Zusammenspiel<br />
von Sprache und sozialem Geflecht.<br />
Diese wurden in unsere Analyse offensichtlich<br />
nicht aufgenommen. Wir vermuten, dass <strong>die</strong> Rededeterminanten<br />
<strong>des</strong> Gesprächspartners und <strong>des</strong> Gesprächsortes<br />
hier nicht hätten vernachlässigt werden<br />
dürfen. In nachfolgenden Beobachtungen ist<br />
uns vor allem aufgefallen, dass Probanden bei der<br />
Erhebung durch den Fragebogen zu Hause viel näher<br />
an der Basis<strong>mundart</strong> sprachen, als wenn sie<br />
bei geschäftlichen oder gesellschaftlichen Anlässen<br />
auftraten und so das primäre soziale Netzwerk der<br />
Familie oder der engen Freunde verliessen. Ganz<br />
besonders konnte <strong>die</strong>s für <strong>die</strong> Gemeinden <strong>des</strong> Un-<br />
231
terlan<strong>des</strong> und für Triesenberg festgestellt werden.<br />
Man stelle sich einen Ruggeller (Pendler, Nicht<br />
Pendler) in folgenden Gesprächssituationen vor.<br />
- Gesprächssituation 1:<br />
Ort: Vaduz<br />
Gesprächspartner:<br />
ein Balzner, Vaduzer, Schaaner und Ruggeller<br />
Gesprächsart: Unterhaltung<br />
- Gesprächssituation 2:<br />
Ort: Ruggell<br />
Gesprächspartner:<br />
vier Ruggeller und ein Schaaner<br />
Gesprächsart: Unterhaltung<br />
Unseren teilnehmenden Beobachtungen zufolge<br />
passt sich der Pendler der Gesprächssituation dahingehend<br />
an, dass er im ersten Fall <strong>die</strong> Primärmerkmale<br />
seiner Orts<strong>mundart</strong> stark an <strong>die</strong> Orts<strong>mundart</strong>en<br />
<strong>des</strong> Oberlan<strong>des</strong> anpasst. Dies ist für<br />
den Nicht-Pendler nicht in gleichem Mass der Fall,<br />
weil er nicht «gelernt» hat, sich der fremden Varietät<br />
anzupassen. In der zweiten Gesprächssituaton<br />
sprechen sowohl der Pendler als auch der<br />
Nicht-Pendler eine der Basis<strong>mundart</strong> nahe Orts<strong>mundart</strong>.<br />
Die Fähigkeit <strong>des</strong> Code-switching beschränkt<br />
sich hier nicht nur auf das Umschalten von Mundart<br />
und Hochdeutsch. Wir konnten eine ausgeprägte<br />
Fähigkeit der Variation innerhalb der Mundart feststellen.<br />
Mundartsprecher wählen zwischen basis<strong>mundart</strong>naher<br />
und basis<strong>mundart</strong>ferner Variable je<br />
nach Sprechsituation. Diese Beobachtung wurde<br />
hier nicht weiter untersucht. Der Einfluss der Befragungsart<br />
(Fragebogen) wurde besonders deutlich.<br />
Zu erwartende Ergebnisse blieben teilweise<br />
aus. Dennoch konnten wir deutliche Unterschiede<br />
zwischen dem Oberland und dem Unterland auf<br />
den vorangehenden Seiten herausarbeiten.<br />
Tabelle 22: Laute in bmW<br />
und nbmW <strong>des</strong> Untertan- Gemeinde Qualifikation basis<strong>mundart</strong>. basis<strong>mundart</strong>.<br />
<strong>des</strong>, N = 168 Varianten in bmW Varianten in nbmW<br />
Ol Ol<br />
lo lo<br />
232<br />
Eschen Pendler, manuell 75 50<br />
Eschen Pendler, nicht manuell 84 76<br />
Eschen stationär, manuell 86 56<br />
Eschen stationär, nicht manuell 84 44<br />
Mauren Pendler, manuell 74 50<br />
Mauren Pendler, nicht manuell 75 38<br />
Mauren stationär, manuell 69 41<br />
Mauren stationär, nicht manuell 77 65<br />
Gamprin Pendler, manuell 88 24<br />
Gamprin Pendler, nicht manuell 91 24<br />
Gamprin stationär, manuell 90 21<br />
Gamprin stationär, nicht manuell 86 32<br />
Ruggell Pendler, manuell 83 20<br />
Ruggell Pendler, nicht manuell 84 38<br />
Ruggell stationär, manuell 88 70<br />
Ruggell stationär, nicht manuell 84 35<br />
Schellenberg Pendler, manuell 85 18<br />
Schellenberg Pendler, nicht manuell 82 14<br />
Schellenberg stationär, manuell 90 32<br />
Schellenberg stationär, nicht manuell 84 47<br />
Hinterschellenberg Pendler, manuell 87 41<br />
Hinterschellenberg Pendler, nicht manuell 82 23<br />
Hinterschellenberg stationär, manuell 83 41<br />
Hinterschellenberg stationär, nicht manuell 82 32
Tabelle 23: Korrelation<br />
Rededeterminanten /<br />
Lautwandel im Unterland,<br />
N = 168<br />
Tabelle 24: Basis<strong>mundart</strong>liche<br />
Varianten in Er mit<br />
Konsonanten in %, N/Gemeinde<br />
= 12<br />
basismda. Varianten in bmW<br />
basismda. Varianten in nbmW<br />
DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />
ROMAN BANZER<br />
Durchschnitt- Pendler Stationäre Manuell Nicht-Manuell<br />
%<br />
%<br />
% %<br />
%<br />
Nr. Betrifft Beispiel B T V s E M G R Sb HSb<br />
43 Restitution n 'Fenster' 87 100 100 87 87 62 50 37 37 50<br />
44 Restitution r 'nur' 100 100 100 50 100 75 50 50 75 50<br />
45 K nbmW 'mehrfach' 66 25 0 66 100 100 100 0 0 0<br />
46 Restitution x 'sich' 75 75 75 100 100 100 50 50 75 75<br />
47 x, nbmW 'grundsätzlich' 50 50 75 50 25 50 50 66 50 25<br />
48 d in -nd, -Id- 'Wald' 100 100 66 100 66 50 80 58 55 33<br />
49 d in -nd, -Id-, nbmW 'Waldweg' 100 100 100 100 75 50 25 25 50 75<br />
50 s 'Eis' 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100<br />
51 k im Anlaut 'Kasten' 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100<br />
52 k vor nK 'dunkel' 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100<br />
53 ch intervokalisch 'machen' 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100<br />
4.6.<br />
SCHLUSS<br />
«Europas Trottel, <strong>die</strong> niemand mehr versteht» titelt<br />
Jost auf der Maur polemisierend in der Weltwoche<br />
vom 2. April 1992 und stellt fest, dass <strong>die</strong> Mundart<br />
in der Schweiz immer mehr Bereiche einnimmt.<br />
«Nur für eine Minderheit ist es selbstverständlich,<br />
mit Deutschen und Österreichern sofort in der<br />
Schriftsprache zu sprechen. Die Mehrheit hält min<strong>des</strong>tens<br />
so lange am Dialekt fest, als <strong>die</strong> Verständigung<br />
sichergestellt ist. Die Hochsprache ist unbeliebt.<br />
Der Unterschied zwischen Deutschschweizern<br />
und Deutschen wird als bedeutender empfunden<br />
als zwischen Romands und Franzosen oder<br />
Tessinern und Italienern.»<br />
In <strong>die</strong>ser Situation war besonders interessant zu<br />
erfahren, in welchem Verhältnis Mundart und<br />
Hochdeutsch im Fürstentum Liechtenstein zueinander<br />
stehen. Die Nachbarschaft zweier unterschiedlicher<br />
Sprachsysteme, das zweistufige<br />
83,0<br />
38,8<br />
82,5<br />
34,6<br />
83,6<br />
43,0<br />
83,2<br />
38,7<br />
82,9<br />
39,0<br />
(Mundart - Hochdeutsch) der Schweiz und das<br />
mehrstufige (Mundart - Umgangssprachen - Hochdeutsch)<br />
in Österreich, bot für unseren Untersuchungsraum<br />
eine beachtenswerte Ausgangslage.<br />
Man hätte annehmen können, dass <strong>die</strong> Einbindung<br />
in den österreichischen Wirtschaftsraum noch zu<br />
Beginn <strong>die</strong>ses Jahrhunderts Spuren im Sprachsytem<br />
Liechtensteins hinterlassen hat. Dies konnte<br />
durch unsere Untersuchung widerlegt werden.<br />
Teilnehmende Beobachtungen, <strong>die</strong> darauf hinweisen,<br />
dass durch <strong>liechtenstein</strong>ische Mundartsprecher<br />
eine dem Österreichisch nahestehende Umgangssprache<br />
gebraucht wird, sind <strong>die</strong> grosse Ausnahme<br />
und beschränken sich auf enge Kreise, <strong>die</strong><br />
in starkem und dauerndem Kontakt zu Bekannten<br />
im Nachbarland stehen. Die Sprachsituation Liechtensteins<br />
ist beinahe deckungsgleich mit derjenigen<br />
der Schweiz. Die Ausnahmen hierzu wurden auf<br />
den Seiten 174 f. dargestellt. Der Begriff der «medialen<br />
Diglossie» (man spricht Mundart und<br />
schreibt Hochdeutsch) ist als Faustregel auch auf<br />
233
Liechtenstein anwendbar. Erstmals konnte der<br />
Sprachgebrauch in Liechtenstein in <strong>die</strong>ser Ausführlichkeit<br />
dokumentiert werden. Die in der Ausgangslage<br />
der Arbeit angestrebten Ziele wurden<br />
erreicht. Die Vorherrschaft der Mundart in fast<br />
allen mündlichen Kommunikationssituationen und<br />
<strong>die</strong> grosse Bereitschaft der Mundartsprecher, auf<br />
Standarddeutsch umzuschalten, wenn sie merken,<br />
dass der Gesprächspartner Verständnisschwierigkeiten<br />
hat, sind wichtige Merkmale der Sprachsituation<br />
im Fürstentum Liechtenstein.<br />
Besonders zeitaufwendig und arbeitsintensiv<br />
war <strong>die</strong> Erarbeitung der Grundlagen zur Beschreibung<br />
der Basis<strong>mundart</strong>. Die Interviews mit den Gewährspersonen<br />
nahmen jeweils einen halben Tag<br />
in Anspruch. Es muss hier aber auch erwähnt werden,<br />
dass <strong>die</strong>se Aufnahmen zu den wohltuenden<br />
Abwechslungen vom Büroalltag gehörten und dem<br />
Autor einen Einblick in eine bäuerliche Kultur und<br />
Lebensform ermöglichten, wie <strong>die</strong>se wohl nicht<br />
mehr lange anzutreffen sein wird. Dem grossen<br />
Aufwand entsprechend wurde im Kapitel «Die<br />
Liechtensteiner Mundart. Beharrung und Veränderung»<br />
ein möglichst umfassender Überblick über<br />
den Lautstand der Basis<strong>mundart</strong> gegeben. Bereits<br />
bei <strong>die</strong>sen Aufnahmen zeigte sich <strong>die</strong> Enge und<br />
Starrheit einer homogenen Dialektbescheibung,<br />
zumal schon zu <strong>die</strong>sem Zeitpunkt manche Variation<br />
augenfällig zu Tage trat. Hilfreich für <strong>die</strong> Erstellung<br />
unserer Interviewmanuskripte war das Vorbild<br />
der Fragebücher zum «Sprachatlas <strong>des</strong> Vorarlbergs<br />
mit Einschluss <strong>des</strong> Allgäus, Liechtensteins<br />
und Tirols». Diese reiche Fragensammlung, <strong>die</strong> Eugen<br />
Gabriel für seine Aufnahmen gebrauchte, basiert<br />
ihrerseits wiederum auf den Fragebüchern<br />
zum Schweizerdeutschen Sprachatlas. Darauf aufbauend<br />
und auf Grund der Erfahrung <strong>des</strong> Verfassers<br />
als Explorator <strong>des</strong> Liechtensteiner Namenbuches<br />
ergab sich eine reiche und umfassende Erhebung<br />
zur Basis<strong>mundart</strong>. Pro Gemeinde wurden<br />
zwei Probanden befragt. Abweichungen anderer<br />
Mundartsprecher einer Gemeinde von unseren Materialien<br />
sind daher nicht nur möglich, sondern<br />
sehr wahrscheinlich. Die Darstellung der Ergebnisse<br />
in Tabellenform ermöglicht einen raschen und<br />
234<br />
vollständigen Überblick. Hier zeigte sich einmal<br />
mehr der Vorteil der Kleinheit <strong>des</strong> untersuchten<br />
Gebietes. Wo sonst noch kann man mit der sprachlichen<br />
Beschreibung von elf Gemeinden zu recht<br />
behaupten, man hätte <strong>die</strong> basis<strong>mundart</strong>lichen Laute<br />
eines ganzen Lan<strong>des</strong> dargestellt?<br />
Das anfängliche Unterfangen, den Lautwandel<br />
auch in Abhängigkeit von der Morphologie zu untersuchen,<br />
mussten wir im Verlauf der Untersuchung<br />
aufgeben. Die dafür benötigte Zeit hätte unsere<br />
Kapazitäten bei weitem überschritten. Als Beobachtung<br />
konnten wir dennoch feststellen, dass<br />
Neuerungen im Lautstand der Orts<strong>mundart</strong>en <strong>des</strong><br />
Fürstentums Liechtenstein in starkem Zusammenhang<br />
stehen mit der Aufnahme von neuen Lexemen<br />
in den Wortschatz, <strong>die</strong> in ihrer hochdeutschen<br />
Morphologie von denjenigen der Orts<strong>mundart</strong>en<br />
abweichen. Als Beispiel sei <strong>die</strong> Substantivbildung<br />
aus Adjektiven genannt. Während <strong>die</strong> Substantive<br />
in den Orts<strong>mundart</strong>en durch Anhängung eines -i<br />
(Dümmi, Schöni) gebildet werden, realisiert das<br />
Standarddeutsche dasselbe durch -keit, -heit<br />
(Dummheit, Schönheit). Die Übernahme fremder<br />
Lexeme mit andersartiger Morphologie verursacht<br />
Änderungen im Lautstand der Mundart. Ein treffen<strong>des</strong><br />
Beispiel ist das Wort «Eigenheim». Das<br />
nichtbasis<strong>mundart</strong>liche Kompositum besteht aus<br />
zwei Wörtern, <strong>die</strong> nativ <strong>mundart</strong>lich sind: «eigen»<br />
und «heim». Deren Realisation geschieht in den<br />
Orts<strong>mundart</strong>en immer durch Monophthong. Im<br />
Kompositum ergeben sich <strong>die</strong> unterschiedlichsten<br />
Formen /ae:geha3:m/, /ejgahejm/, /ae:g8hejm/,<br />
/ejgahcB.-m/, /o.-geho.m/, /sjgshö-.m./, o:gehej:m/.<br />
Die Lautung der Orts<strong>mundart</strong>en ist Wandelvorgängen<br />
und Variationen besonders ausgesetzt, allerdings<br />
bei weitem nicht im gleichen Ausmass,<br />
wie <strong>die</strong>s beim Wortschatz geschieht. Die <strong>die</strong>sbezügliche<br />
gegenseitige Abhängigkeit ist offensichtlich.<br />
Die Veränderungen <strong>des</strong> Wortschatzes wiederum<br />
scheinen in starker Abhängigkeit von sozialen Erneuerungen<br />
der <strong>liechtenstein</strong>ischen Gesellschaft in<br />
den letzten fünfzig Jahren vor sich zu gehen. Die<br />
Gründe hierfür liegen in der Industrialisierung und<br />
der Aufgabe der bäuerlichen Tradition in den letzten<br />
fünfzig Jahren. Das Verschwinden von Gerät-
Schäften, Tätigkeiten und Lebensformen zieht auch<br />
das Verschwinden der damit verbundenen Wörter<br />
nach sich. Besonders deutlich lässt sich <strong>die</strong>ser<br />
Wandelvorgang durch <strong>die</strong> Namenkunde belegen.<br />
Hans Stricker schreibt: «Wer <strong>die</strong> tiefgreifenden<br />
Veränderungen in unserer Natur- und Kulturlandschaft<br />
während der letzten Jahre verfolgt hat, kann<br />
unschwer ermessen, dass mit solchen Vorhaben<br />
(R.B.: Namenbuch) nicht mehr lange zugewartet<br />
werden darf. Nicht nur schwindet mit dem Rückgang<br />
der bäuerlichen Bevölkerung <strong>die</strong> Zahl der<br />
kompetenten Informanten immer mehr, sondern<br />
auch <strong>die</strong> Namen selber sind heute einem beschleunigten<br />
Wandel unterworfen: viele alte Flurbezeichnungen<br />
verschwinden infolge veränderter Nutzungsformen;<br />
<strong>die</strong> allgemeine Verflachung der<br />
Mundart geht auch am noch erhaltenen Namenschatz<br />
nicht spurlos vorüber, und mit der Ausbreitung<br />
moderner, halbstädtischer Lebensformen und<br />
Denkweisen tritt mehr und mehr eine Namenschicht<br />
in den Vordergrund, <strong>die</strong>, wenn sie überhaupt<br />
noch spontan entsteht, doch einer ganz anderen<br />
als der altererbten bäuerlichen Anschauungswelt<br />
entspringt» (Banzer/Stricker 1986, S. 5).<br />
Hinzu kommen <strong>die</strong> von Auf der Maur in besagtem<br />
Artikel festgehaltenen Motive, <strong>die</strong> auch für den<br />
Wandel unserer Orts<strong>mundart</strong>en verantwortlich<br />
sein können. «Die eigentliche Bedrohung für den<br />
kultivierten Umgang mit der deutschen Hochsprache<br />
geht vielmehr von der angelsächsischen Welt<br />
aus, wobei nicht allein entscheidend ist, dass Englisch<br />
heute <strong>die</strong> Geschäftswelt und <strong>die</strong> Naturwissenschaften<br />
dominiert. Von durchdringender, kulturimperialistischer<br />
Wucht ist <strong>die</strong> Unterhaltungsindustrie,<br />
einer der wenigen wirklich blühenden Exportzweige<br />
der US-Wirtschaft. Sie hat <strong>die</strong> Menschen<br />
hier und ihre freie Zeit erobert. Der grösste<br />
Binnenmarkt der Welt mit seiner einheitlichen<br />
Sprache und Kultur hat eine allmächtige Programmindustrie<br />
hervorgebracht, deren international<br />
kompatibles sich spielend<br />
bei uns einsetzen lässt. Die musikalische<br />
Unterhaltung in allen Schattierungen, <strong>die</strong> Filmproduktion<br />
für Kino und Fernsehen, <strong>die</strong> Spiele für<br />
Video und Computer mit ihrer chiffreartigen Spra<br />
DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />
ROMAN BANZER<br />
che, <strong>die</strong> Videoclips, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Wirklichkeit in Fragmente<br />
zerhacken, sie haben uns eine aufregende<br />
Bildsprache beschert, gegen <strong>die</strong> <strong>die</strong> Schriftlichkeit<br />
der deutschen Kultur nicht ankommt.»<br />
Was für den Umgang mit dem Hochdeutschen<br />
zutrifft, vervielfacht sich für <strong>die</strong> Orts<strong>mundart</strong>en.<br />
Diese stehen nicht nur unter dem Einfluss <strong>des</strong> Englischen.<br />
Das Hochdeutsche und <strong>die</strong> benachbarten<br />
Dialekte sind ebenso potentielle Quellen für Angleichungsvorgänge.<br />
Allerdings mag ich in das Lied<br />
der sterbenden Dialekte nicht einstimmen. Ich für<br />
meinen Teil fühle mich durch <strong>die</strong>se Arbeit in meiner<br />
Annahme bestätigt, dass <strong>die</strong> Mundarten in unserem<br />
Sprachraum, bedingt durch <strong>die</strong> politischen<br />
und kulturellen Umstände, ihre Stellung wahren<br />
können und <strong>die</strong>s auch im Zuge der grassierenden<br />
Angst vor der Gleichmacherei in einem gemeinsamen<br />
Europa.<br />
235
Anhang<br />
5.<br />
ANMERKUNGEN<br />
1) Es handelt sich hierbei um eine Zusammenfassung der Zeittafel<br />
von Paul Vogt: Historische Daten zur Geschichte Liechtensteins.<br />
In: Fürstentum Liechtenstein, S. 5-8.<br />
2) Die Angaben beruhen auf den Zahlen <strong>des</strong> Statistischen Jahrbuches<br />
1996.<br />
3) Vgl. Mattheier 1980, S. 176; Kolde 1985. S. 8.<br />
4) Löffler (1985, S. 105) unterscheidet nach Jakobson <strong>die</strong> referentielle,<br />
emotive, konative. phatische, metasprachliche und poetische<br />
Funktion der Sprache.<br />
5) Vgl. Mattheier 1980, 178; Jakob 1985. S. 7.<br />
6) Vgl. Löffler 1985, S. 161.<br />
7) Vgl. Gabriel 1981, S. 175.<br />
8) Was auf S. 211 ff. belegt wird.<br />
9) Vgl. dazu Haas 1.982, Karte 1; Jutz 1931, Karte und S. 18 ff.;<br />
Wiesinger 1983, S. 829 ff.<br />
10) Vgl. dazu S. 211 ff.<br />
11) Man muss in <strong>die</strong>sem Zusammenhang wissen, dass <strong>die</strong> <strong>liechtenstein</strong>ische<br />
Einbürgerungspraxis sehr restriktiv ist. So leben 3600<br />
Schweizer mit Niederlassungsbewilligung in Liechtenstein, 1400<br />
(40%) davon seit über 15 Jahren (Statistik 1988, S. 76).<br />
12) Diese Zahlen beruhen auf den Angaben <strong>des</strong> «Statistischen Jahrbuches<br />
1987 für das Fürstentum Liechtenstein», S. 20 ff., und sind<br />
auf- oder abgerundet. Die Zahlen zu den Mundartsprechern sind<br />
Hochrechnungen <strong>des</strong> Verfassers.<br />
13 und 14) Wir verwenden <strong>die</strong> Begriffe Hochdeutsch, Standard und<br />
Standarddeutsch synonym. Vgl. dazu auch Jakob 1985, S. 7 f.; Kolde<br />
1981, S. 66 f. und 99; Sieber/Sitta 1986, S. 29.<br />
15) Vgl. Heller 1987, S. 783.<br />
16) Vgl. Fishman 1975; Haas 1982, S. 106; Kolde 1981, S. 68;<br />
Kremnitz, 1987; Lüdil988; Ris 1973, S.45 f; Sieber/Sitta 1986, S.20.<br />
17) Vgl. Kremnitz 1987, S. 209.<br />
18) Übernommen wurde <strong>die</strong>ser Begriff (gemäss Haas 1986, Anm. 11)<br />
von Gottfried Kolde, der den Begriff in seinem Buch «Sprachkontakte<br />
in gemischtsprachigen Städten». Wiesbaden 1981, S. 65 ff. eingehend<br />
erläutert.<br />
19) Haas 1986, Sieber 1987.<br />
20) Rein 1983, S. 1443 ff; Ruoff 1973, S. 247 ff.<br />
21) Fishman 1975, S. 50.<br />
22) Poplack/Sankoff 1988, S. 1175 ff.<br />
23) Fishman 1975. S. 43 ff.<br />
24) Vgl. zur direkten und indirekten Erhebungsmethode: Werlen<br />
1984, S. 8 f.<br />
25) Mattheier. In: HSK 1.1.1982. S. 625.<br />
236<br />
26) Die Angaben dazu entstammen einem Gespräch mit Frau lic. iur.<br />
Brigitte Feger, dem Liechtensteinischen Staatskalender und Kranz<br />
1976.<br />
27) Wir möchten an <strong>die</strong>ser Stelle daraufhinweisen, dass <strong>die</strong> vorliegenden<br />
Tabellen zum grössten Teil auf indirekt erhobenen Daten basieren,<br />
weil Zweite über Dritte Auskunft geben. Gerichtsvorstände.<br />
Amtsstellenleitor, Lehrer usw. geben Auskunft über den Sprachgebrauch<br />
von Drittpersonen. Besonders deutlich wird <strong>die</strong>s an jener<br />
Stelle der Tabelle, deren erste Linie wie folgt zu lesen ist. «77% der<br />
Amtsleiter sagen, dass 100% der Angestellten <strong>die</strong> Mundart Liechtensteins<br />
aktiv beherrschen.» Wo <strong>die</strong> Probanden nicht zu ihrem eigenen<br />
Sprachgebrauch befragt werden, sind <strong>die</strong> Auswertungen in der<br />
Tabelle mit einem Stern * gekennzeichnet.<br />
28) In der Terminologie halten wir uns an <strong>die</strong> Vorgaben <strong>des</strong> Liechtensteinischen<br />
Schulamtes. Auch <strong>die</strong> hier aufgeführten Zahlen stammen<br />
aus der Schulstatistik 1988 <strong>des</strong> Schulamtes, sofern sie nicht<br />
dem Statistischen Jahrbuch 1988 entnommen sind.<br />
29) Vgl. metaphorischer Wechsel S. 160.<br />
30) Die Erhebung ergibt hierzu keine detaillierten Zahlen.<br />
31) Vgl. Schwarzenbach 1969, S. 380 ff. und Fricker 1988. S. 28 ff.<br />
32) Vgl. Rein 1983, S. 1452; Ruoff 1973. S. 191.<br />
33) Die Prozentaufteilung der Probanden für <strong>die</strong> einzelnen Schichten<br />
wiederspiegelt <strong>die</strong> Grösse der Schicht. Die Zahlen richten sich<br />
approximativ nach der Schulbildung und der Stellung im Beruf aus<br />
Statistik 1988. S. 100 und S. 289. Durch den unterschiedlichen Rücklaufergeben<br />
sich für <strong>die</strong> Auswertung folgende Zahlen: 81% der<br />
retournierten Fragebögen gehören zur Mittelschicht, 15% zur Oberschicht<br />
und 4% zur Unterschicht. Verschiedene Personen, <strong>die</strong> uns <strong>die</strong><br />
Namen der Probanden vermittelt haben, haben <strong>die</strong> Meinung geäussert,<br />
dass es in ihrer Gemeinde schwer gefallen sei, Mitglieder der<br />
Unterschicht zu nennen, weil es fast keine gäbe.<br />
34) Vgl. Ruoff 1973. S. 191.<br />
35) Die Zahlen entstammen dem Statistischen Jahrbuch 1988.<br />
36) Ausgangs- und Benennungspunkte für <strong>die</strong> ehemaligen Gruppensprachen<br />
nach den geographischen Punkten «Bödele» und «Pfänder»<br />
und nach der Textilfabrik «Ganahl». Vgl. dazu Gabriel 1973, S. 75<br />
und Wiesinger 1986, S. 112.<br />
37) Vgl. Schwarzenbach 1969. S. 219.<br />
38) Ebenda, S. 223.<br />
39) Ebenda, S. 225.<br />
40) Ebenda, S. 228.<br />
41) Nichthybride Fremdwörter sind Wörter, deren Einzelelemente<br />
nicht aus verschiedenen Sprachen stammen.<br />
42) Diese 430 Wörter bildeten <strong>die</strong> Basis für den Fragebogen.<br />
43) Uns standen durch <strong>die</strong> bereitwillige Unterstützung von Robert<br />
Allgäuer, Vaduz. Kopien von den Fragebüchern zur Verfügung, <strong>die</strong><br />
Eugen Gabriel für seine Aufnahmen für den VALTS gebraucht hat.<br />
44) Vgl. unter anderem Berger 1913, Gabriel 1981. Jutz 1925,<br />
Meinherz 1920.<br />
45) Die Seitenzahlen verweisen auf Jutz 1925 und Gabriel 1981.
46) Dieses Wort wurde in einer Nacherhebung aufgenommen.<br />
47) Allgemein tritt <strong>die</strong> Nasalierung eines Vokals nur im Unterland<br />
ein. Jutz konnte offenbar in Schaan und Vaduz noch leichte Nasalierung<br />
feststellen. Dies ist für unsere Aufnahmen nicht mehr der Fall,<br />
so wie sich <strong>die</strong> Nasalierung auch im Unterland immer mehr zurückzubilden<br />
scheint. Auch Vetsch konnte 1910 feststellen, dass im Kanton<br />
Appenzell <strong>die</strong> Nasalierung hauptsächlich von der jüngeren Generation<br />
mit starken individuellen Schwankungen langsam aufgegeben<br />
wird. «Alle geschlossenen Vokale sowie ae erscheinen in der Ma.<br />
auch nasaliert. Die Nasalierung betrifft sowohl <strong>die</strong> Kürzen als auch<br />
<strong>die</strong> Längen, doch werden durch <strong>die</strong>selbe bzw. ihre Begleiterscheinungen<br />
<strong>die</strong> Quantitäten manchmal geändert» (Jutz 1925, S. 23).<br />
Die von Jutz 1925, S. 57 aufgeführte Nasalierung <strong>des</strong> a in inachen<br />
kann heute nicht mehr festgestellt werden. Gabriel 1981, S. 240;<br />
Jutz 1925, S. 155ff.<br />
48) Die Dehnung in offener Silbe ist in Hinterschellenberg uneinheitlich<br />
durchgeführt. Gemäss Gabriel (1981, S. 203) erfolgt <strong>die</strong> Dehnung<br />
regelmässig, wenn auf <strong>die</strong> offene Silbe ein Liquid oder Nasal folgt.<br />
Ansonsten sind <strong>die</strong> Verhältnisse uneinheitlich. Im Gegensatz zum<br />
restlichen Unterland wird das a in folgenden Wörtern kurz gesprochen:<br />
Gabel, Hafer, hageln, schlagen, Schnabel, Wade. Weitere kurz<br />
gesprochene Laute unterscheiden den Hinterschellenberg vom Rest<br />
der Gemeinde. So werden <strong>die</strong> Haupttonvokale in [hörn] 'heim',<br />
[motle] 'Mädchen', [nemard] 'niemand' im Hinterschellenberg im<br />
Gegensatz zum übrigen Schellenberg kurz gesprochen.<br />
49) Für nhd. sagen setzen wir mhd. sagen an. Vgl Lexer: Mhd.<br />
Wörterbuch.<br />
50) Die Lautentwicklung zu offenem ä ist selten. Sie ist ein Merkmal,<br />
durch das <strong>die</strong> Balzner Mundart charakterisiert werden kann.<br />
51) Die Nasalierung, <strong>die</strong> regelmässig nur im Unterland eintritt, ist in<br />
<strong>die</strong>sem Fall sehr schwach. Vgl. Jutz 1925, S. 108.<br />
52) Das i wird in <strong>die</strong>sen Fällen im Oberland gedehnt.<br />
53) heisst in Triesenberg [aeti] Äti.<br />
54) Die Dehnung in offener Silbe ist. nur im Unterland konsequent<br />
durchgeführt. Im Oberland ist sie ohne Regelmässigkeiten partiell<br />
distribuiert.<br />
55) Siehe Anmerkung 47.<br />
56) Ebenda.<br />
57) Diese Belege stammen von Jutz und wurden in der Aufnahme<br />
lediglich als Spontanmaterial erhoben. Zu beachten ist der Transkriptionsunterschied<br />
zwischen Jutz und unserer Arbeit. Jutz: [(]<br />
entspricht in etwa unserem [el.<br />
58) Durch Vokalspaltung kann für mhd. o einmal geschlossens [o],<br />
einmal offenes [o] eintreten. Durch <strong>die</strong> Senkung von mhd. ü zu<br />
mda. geschlossenem o, ö kam es zu einer Gleichlautung mit den<br />
Entsprechungen von mhd. o,ö (vgl. Gabriel 1985. S. 127).<br />
59) Bei den Aufnahmen im Unterland konnten wir individuelle<br />
Schwankungen bezüglich der Nasalierung feststellen.<br />
60) Ebenda.<br />
61) In einzelnen Fällen hat der Sekundärumlaut im Unterland eine<br />
offenere Qualität als im Oberland. Diese Feststellung, <strong>die</strong> Jutz (1925,<br />
S. 108) noch konsequent für <strong>die</strong> Gemeinden Gamprin/Bendern,<br />
DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />
ROMAN BANZER<br />
Eschen, Ruggell, Schellenberg gemacht hat, gilt heute so auch in<br />
Mauren. Die Gewährsleute in Mauren sehen das [ae] als typisches<br />
Mundartmerkmal ihrer Ortschaft. Vor allem <strong>die</strong> Gemeinde Schellenberg<br />
aber zeigt nach unseren Erhebungen einen anderen Wert als<br />
das übrige Unterland, nämlich den qualitativ gleichen wie das<br />
Oberland. So sagt man in Ruggell zum Beispiel sääga (sagen) oder<br />
Slrääl mit [ae], in Schellenberg aber mit [e].<br />
62) Dieser Laut wurde nicht erhoben.<br />
63) Gabriel (1981, S. 199) notiert für <strong>die</strong>se Wörter überoffene<br />
Qualität. Diese konnten wir bei unserer Erhebung nicht feststellen.<br />
64) Die Dehnung stammt hier von der unumgelauteten Grundform<br />
Hose, wo das o in offener Silbe steht.<br />
65) In <strong>die</strong>ser Gemeinde ist neben <strong>die</strong>sen Ausnahmen auch <strong>die</strong><br />
Normalform möglich.<br />
66) Ebenda.<br />
67) Basis<strong>mundart</strong>lich ist das mhd. ä in gleicher phonetischer Form<br />
nicht erhalten geblieben. In ganz Liechtenstein hat sich hauptsächlich<br />
der Wandel zu offenem o: schon früh vollzogen.<br />
68) Das Wort rära ist im Unterland nicht belegt. Hier heisst esgrätsa.<br />
69) siehe Anm. 62.<br />
70) Ebenda.<br />
71) Ebenda.<br />
71a) Ebenda.<br />
72) Die mda. Form [SOÖS] Säue als Pluralform zu [su:] Sau kann<br />
nicht direkt auf mhd. iu zurückgeführt werden. Mhd. setzen wir für<br />
das Unterland siu zum Singular sü an. Entsprechend der Normalentwicklung<br />
in <strong>die</strong>ser Kondition wäre für das Unterland *[soej] zu erwarten.<br />
«Im Hiatus und vor w ist in ganz Südvorarlberg und Liechtenstein<br />
Diphtongierung, und zwar fast allgemein zu pu eingetreten.»<br />
(Jutz 1925, S. 99) Gabriel (1981, S. 209) hat [kny:] für das Unterland<br />
erhoben. Jutz stellt sie mit Ausnahme von Balzers für das ganze<br />
Land fest (Jutz 1925, S. 100).<br />
73) Diese Entwicklung widerspricht der Regel der Monophthongierung<br />
<strong>des</strong> mhd. ei als besonderes Mundartmerkmal Liechtensteins.<br />
Vereinzelt haben wir auch Monophthonge gefunden. Im Hiatus ist<br />
<strong>die</strong> diphthongische Entsprechung [sj] regelmässig, Eier. Dieses Wort<br />
wird im Unterland als Pluraletantum gebraucht.<br />
74) Gabriel notiert hier für Gamprin, Ruggell und Schellenberg offenes<br />
o in [go:s] und für Eschen und Mauren [a:]. Diese Unterscheidung<br />
ergab sich durch unsere Aufnahme nicht mehr. Es heisst entweder<br />
[gsjs], [go:s] oder auch [gu:s]. Vgl. auch Jutz 1925, S. 91.<br />
75) siehe Anm. 62.<br />
76) Die Quantitätsunterschiede entsprechen den Ausführungen von<br />
Jutz 1925. 161, indem <strong>die</strong> Dehnung <strong>des</strong> ersten Bestandteils der<br />
Diphtone nicht durchwegs Regel ist.<br />
77) Imma und Biene sind beide in der Basis<strong>mundart</strong> gebräuchlich.<br />
78) Die Gliederung der Konsonanten richtet sich nach der mhd.<br />
Phonetik. Hintangestellt werden <strong>die</strong> mhd. Graphemvarianten.<br />
79) Für mhd. k stellen Jutz 1925 und VALTS im In- und Auslaut mit<br />
wenigen Ausnahmen mda. [k] und im Anlaut [kh] fest.<br />
237
80) In Triesenberg erfolgt Lenisierung im absoluten Auslaut.<br />
81) Im Unterland (ohne Hinterschellenberg) entfällt das d regelmässig<br />
nach / und n im In- und Auslaut. Im Oberland fällt das d am<br />
Wortende nur selten aus.<br />
82) In Triesenberg wird vor palatalen Vokalen i. ö, ü mhd. s > mda. [J]<br />
83) Für [b:nd] setzen wir mhd. län- an. Der Füllpartikel heisst in<br />
Triesenberg neissa.<br />
84) Die hier gebrauchten Nummern entsprechen jenen, <strong>die</strong> auf<br />
S. 213-216 für <strong>die</strong> Entwicklungsregeln eingeführt werden.<br />
85) Gabriel 1981. S. 180.<br />
86) Ebenda, S. 214.<br />
87) Ausserdem gibt es mit wenigen Ausnahmen auch keine Dehnung<br />
in offener Silbe. Die mhd. Kürze ist allgemein erhalten.<br />
88) Siehe Anm. 62<br />
89) Ebenda<br />
90) Vgl. S.153 ff.<br />
91) Vgl. Haas 1978, S. 62.<br />
92) Textauszug aus der Gemeinderatssitzung von Schellenberg.<br />
93) Nach Jutz 1960 ist Waldweg ein basis<strong>mundart</strong>liches Wort. Wir<br />
haben es als nbmW aufgenommen, weil es von den Probanden im<br />
Unterland vielfach als fremd empfunden wurde.<br />
94) Jutz 1925, S. 152.<br />
95) Vgl. u.a. Christen 1988, S. 154: Rein 1983, S. 1452, und Ruoff<br />
1973, S. 181 ff. 1.<br />
96) Vgl. Banzer 1990, S. 341 ff.<br />
97) Vgl. S. 153-175.<br />
98) Vgl. Mattheier 1980. S. 42 ff. und 1987, S.78 ff. 22.<br />
99) Statistik 1988, S. 91 und 96. Die Zahlen sind gerundet.<br />
100) Vgl. Mattheier 1980, S. 34 ff. und Ruoff 1973, S. 191.<br />
101) Vgl. Ausführungen dazu im Einleitungskapitel zum Sprachformengebrauch.<br />
102) Ausführliche Darstellung der einzelnen Rededeterminanten und<br />
deren Einfluss auf <strong>die</strong> Sprachproduktion in HSK 3.2. Kapitel II. Vgl.<br />
auch Werlen 1984.<br />
103) Zu den Zahlen vgl. Statistisches Jahrbuch 1988. S. 96.<br />
104) Vgl. Ammon 1973.<br />
105) Vgl. dazu König 1982, S. 473 ff.<br />
106) Dies ist zwar auch bei den Gemeinden Schaan. Vaduz und<br />
Triesen der Fall, wo sich <strong>die</strong> Unterschiede mit ziemlicher Sicherheit<br />
lediglich auf den Nebentonvokalismus und auf <strong>die</strong> Lexik beschränken.<br />
Als wirtschaftliche Zentren werden <strong>die</strong>se Orte aber dennoch<br />
untersucht, um <strong>die</strong> Anzahl der Probanden <strong>des</strong> Oberlan<strong>des</strong> (16)<br />
gegenüber dem Unterland (24) nicht zu sehr aus dem Gleichgewicht<br />
kommen zu lassen.<br />
107) Vgl. Christen 1988, S. 40, und Haas 1978, S. 80 ff.<br />
238<br />
108) Wir verwenden den Begriff Innovation nach der Definition von<br />
Haas nur dann, wenn es sich um individuelle Innovation handelt.<br />
Eine Innvovation wird zur Neuerung, wenn sie von einer Sprachgemeinschaft<br />
in ihren Sprachgebrauch übernommen wurde.<br />
109) Haas (1978) spricht in seinem Kapitel «Sprachwandel als<br />
Gesamtprozess» nicht von Laut- sondern Sprachwandel.<br />
110) Beim neuerlichen Auftauchen von [flaej ], wie es Jutz noch als<br />
basis<strong>mundart</strong>lich notiert, handelt es sich um <strong>die</strong> Ausbreitung einer<br />
«alten» Lautung. Erstaunlich ist in <strong>die</strong>sem Zusammenhang, dass <strong>die</strong><br />
Lautung [ae:] bei der Erhebung zur Basis<strong>mundart</strong> nur mehr von<br />
zwei oder drei Probanden als «alte» Variante zu [sj] erwähnt wurde.<br />
111) Unter Leveling verstehen wir den Übergang einer Innovation<br />
(vgl. Anm. 108) zu einer Neuerung, oder einer Neuerung zu einem<br />
Lautwandel.<br />
112) Hier könnte man auch obd. u voraussetzen, aber [o] deutet auf<br />
mhd. o.
6.<br />
BIBLIOGRAPHIE<br />
Agheyisi/Fishman (1969)<br />
Agheyisi Rebecca und<br />
Fishman Joshua A.: Language<br />
Attitüde Stu<strong>die</strong>s:<br />
A Brief Survey of Methodological<br />
Approaches.<br />
In: Anthropological Linguistics.<br />
Volume 11, Number<br />
1. Bloomington, Ind. 1969.<br />
Ammon (1972)<br />
Ammon Ulrich: Dialekt,<br />
soziale Ungleichheit und<br />
Schule. Weinheim, 1972.<br />
Ammon (1973)<br />
Ammon Ulrich: Dialekt<br />
und Einheitssprache in ihrer<br />
sozialen Verflechtung.<br />
Weinheim, 1973.<br />
Ammon (1986)<br />
Ammon Ulrich: «Dialekt»<br />
und «Soziolekt». In: Kontroversen<br />
1986, S. 27-68.<br />
Aspekte (1983)<br />
Aspekte der Dialekttheorie.<br />
Hrsg. Mattheier Klaus<br />
J. Tübingen, 1983.<br />
Banzer (1990)<br />
Banzer Roman: Pragmatik<br />
und Interferenzen der<br />
Mundarten <strong>des</strong> Fürstentums<br />
Liechtenstein, <strong>des</strong><br />
St. Galler Rheintales und<br />
Vorarlbergs. In: Grenzdialekte.<br />
Hrsg. von Ludger<br />
Kremer und Hermann Niebaum.<br />
Groningen, 1990.<br />
S.341-360.<br />
Banzer/Stricker (1986)<br />
Banzer Roman und<br />
Stricker Hans: Flurnamen<br />
der Gemeinde Triesen.<br />
Karte und Begleitheft.<br />
Herausgegeben vom<br />
Liechtensteiner Namenbuch<br />
im Auftrag der Re<br />
gierung <strong>des</strong> Fürstentums<br />
Liechtenstein. Triesen,<br />
1986.<br />
Banzer Toni (1990/1991)<br />
Banzer Toni: Sprachwandel<br />
in Triesenberg (FL).<br />
Phonologische und morphologischeVeränderungen<br />
in der einzigen Walser<strong>mundart</strong>Liechtensteins.<br />
Triesen, 1990/1991<br />
(Lizentiatsarbeit in Freiburg/Schweiz,<br />
Kopie<br />
Maschinenschriftliches<br />
Exemplar)<br />
Baur(1978)<br />
Baur Gerhard W: Bibliographie<br />
zur Mundartforschung<br />
in Baden-Württemberg,<br />
Vorarlberg und<br />
Liechtenstein, Tübingen,<br />
1978. (= Idiomatica 7)<br />
Bausinger (1973)<br />
Bausinger Hermann<br />
(Hrsg.): Dialekt als Sprachbarriere.<br />
Ergebnisbericht<br />
einer Tagung zur alemannischen<br />
Dialektforschung.<br />
Tübingen, 1973.<br />
Beck (1976)<br />
Beck Benno: Bevölkerungsstand<br />
- Bevölkerungsbewegung<br />
1812-1974. In:<br />
Fürstentum Liechtenstein.<br />
Eine Dokumentation. Bearbeitet<br />
von Walter Kranz.<br />
Hrsg. Presse- und Informationsstelle<br />
der Regierung<br />
<strong>des</strong> Fürstentums<br />
Liechtenstein. Vaduz, 1976.<br />
Berger (1913)<br />
Berger Jakob: Die Laute<br />
der Mundarten <strong>des</strong> St. Galler<br />
Rheintals und der angrenzendenvorarlbergischen<br />
Gebiete. Frauenfeld,<br />
1913. (= Beiträge zur<br />
Schweizerdeutschen<br />
Grammatik 3)<br />
DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />
ROMAN BANZER<br />
Berruto (1987)<br />
Berruto Gaetano: Varietät.<br />
In: HSK 3. Januar 1987,<br />
S. 263-268.<br />
Besch/Löffler (1977)<br />
Besch Werner und Löffler<br />
Heinrich: Alemannisch.<br />
Düsseldorf, 1977. (= Dialekt<br />
/ Hochsprache - Kontrastiv<br />
3)<br />
Boretzky/Enninger/<br />
Stolz (1987)<br />
Boretzky Norbert, Enninger<br />
Werner und Stolz Thomas:<br />
Beiträge zum 3. Essener<br />
Kolloquium über<br />
Sprachwandel und seine<br />
bestimmenden Faktoren.<br />
Bochum, 1987.<br />
Cherubim (1975)<br />
Cherubim Dieter: Sprachwandel.<br />
Reader zur diachronenSprachwissenschaft.<br />
Berlin, 1975.<br />
Christen (1988)<br />
Christen Helen: Sprachliche<br />
Variation in der<br />
deutschsprachigen<br />
Schweiz. Dargestellt am<br />
Beispiel der 1-Vokalisierung<br />
in der Gemeinde<br />
Knutwil und in der Stadt<br />
Luzern. Wiesbaden, 1988.<br />
(= Zeitschrift für Dialektologie<br />
und Linguistik. Beihefte<br />
58)<br />
Coseriu (1988)<br />
Coseriu Eugenio: Einführung<br />
in <strong>die</strong> Allgemeine<br />
Sprachwissenschaft.<br />
Tübingen, 1988.<br />
Die Sprachlandschaft<br />
Rheintal (1981)<br />
Gesellschaft Schweiz-<br />
Liechtenstein: Die Sprachlandschaft<br />
Rheintal.<br />
St. Gallen, 1981. (= Schriftenreihe<br />
4)<br />
Die viersprachige<br />
Schweiz (1982)<br />
Schläpfer Rudolf (Hrsg.):<br />
Die viersprachige Schweiz.<br />
Zürich, Köln, 1982.<br />
Dieth (1968/2)<br />
Dieth Eugen: Vademecum<br />
der Phonetik. Bern, 1968/2.<br />
Dittmar (1980)<br />
Dittmar Norbert: Soziolinguistik.<br />
Exemplarische<br />
und kritische Darstellung<br />
ihrer Theorie, Empirie<br />
und Anwendung. Mit kommentierter<br />
Bibliographie.<br />
Königstein/Ts, 1980.<br />
Dittmar (1982)<br />
Dittmar Norbert: Soziolinguistik<br />
- Teil 1. Theorie,<br />
Methodik und Empirie ihrer<br />
Forschungsrichtungen.<br />
In: Studium Linguistik 12<br />
(1982), S. 20-52.<br />
Dittmar (1983)<br />
Dittmar Norbert: Soziolinguistik<br />
- Teil 2. Soziolinguistik<br />
in der Bun<strong>des</strong>republik<br />
Deutschland. In: Studium<br />
Linguistik 14 (1983),<br />
S. 20-58.<br />
Dittmar/Schlobinski (1985)<br />
Dittmar Norbert und<br />
Schlobinski Peter: Die Bedeutung<br />
von sozialen Netzwerken<br />
für <strong>die</strong> Erforschung<br />
von Ortssprachen.<br />
In: Ortssprachenforschung<br />
1985,S.158-188.<br />
Ferguson (1959)<br />
Ferguson Charles A.:<br />
Diglossia. In: Word 15<br />
(1959), S. 325-340.<br />
Fishman (1975)<br />
Fishman Joshua A.: Soziologie<br />
der Sprache. Eine interdisziplinäresozialwissenschaftliche<br />
Betrachtung<br />
der Sprache in der Gesell-<br />
239
schaft. Übersetzt von Hannelore<br />
Hirsch und Kurt<br />
Wächter, München 1975.<br />
Frick (1960)<br />
Frick Alexander: Liechtensteiner<br />
Mundarten. Aufgenommen<br />
1960. Geleitwort<br />
von Alt-Regierungschef<br />
Alexander Frick zu verschiedenenMundartschallplatten.<br />
Vaduz, 1960.<br />
Frick (1964)<br />
Frick Alexander: Unsere<br />
Mundart - ein gefährdetes<br />
Kulturgut. In: Bergheimat.<br />
Jahresschrift <strong>des</strong> Liechtensteiner<br />
Alpenvereins Vaduz<br />
1964, S. 11-27.<br />
Frick (1990)<br />
Frick Alexander: Die<br />
Mundarten von Liechtenstein.<br />
Bearbeitet von Eugen<br />
Gabriel. Vaduz, 1990.<br />
Fricker (1988)<br />
Fricker Hans-Peter: Zur<br />
Sprachwahl in Radio und<br />
Fernsehen. Von der<br />
Schwierigkeit, Publikumsgeschmack,<br />
Zeitgeist, Gestaltungsfreiraum<br />
der Programmschaffenden<br />
und<br />
bildungspolitische Forderungen<br />
miteinander in<br />
Einklang zu bringen.<br />
In: Mundart - Hochsprache<br />
in Schule und Me<strong>die</strong>n.<br />
S. 28-35. (= EDK-Dossier 7)<br />
Fürstentum Liechtenstein<br />
(o.J.)<br />
Löbl Robert (Hrsg.): Fürstentum<br />
Liechtenstein.<br />
Zell am See, o. J.<br />
Gabriel (1963)<br />
Gabriel Eugen: Die Mundarten<br />
an der alten churrätisch-konstanzischenBistumsgrenze<br />
im Vorarlbergischen<br />
Rheintal. Eine<br />
sprachwissenschaftliche<br />
und sprachpsychologische<br />
240<br />
Untersuchung der Mundarten<br />
von Dornbirn, Lustenau<br />
und Hohenems.<br />
Mit Flexionslehre. Marburg,<br />
1963. (= Deutsche<br />
Dialektgeographie 66)<br />
Gabriel (1966)<br />
Gabriel Eugen: Die <strong>liechtenstein</strong>ischen<br />
Mundarten.<br />
In: JBL65 (1966),<br />
S. 179-205.<br />
Gabriel (1973)<br />
Gabriel Eugen: Appellphonologie<br />
und Soziolinguistik.<br />
In: Bausinger 1973,<br />
S. 71-76.<br />
Gabriel (1981)<br />
Gabriel Eugen: Die Mundarten<br />
von Liechtenstein.<br />
In: Das Fürstentum Liechtenstein.<br />
Ein lan<strong>des</strong>kundliches<br />
Portrait. Hrsg. Müller<br />
Wolfgang. Bühl/Baden<br />
1981. (Veröffentlichung<br />
<strong>des</strong> Alemannischen Instituts<br />
Freiburg i. Br, 50)<br />
Gabriel (1981/11)<br />
Gabriel Eugen: Die <strong>liechtenstein</strong>ische<br />
Mundart im<br />
Rahmen ihrer Nachbar<strong>mundart</strong>en.<br />
In: Die<br />
Sprachlandschaft Rheintal<br />
1981, S. 59-95.<br />
Gabriel (1982)<br />
Gabriel Eugen: Die Mundarten<br />
<strong>des</strong> Bodenseeraums.<br />
In: Schriften <strong>des</strong> Vereins<br />
für Geschichte <strong>des</strong> Bodensees,<br />
99/100 (1981/82),<br />
S.281-300.<br />
Gabriel (1985)<br />
Gabriel Eugen: Die Schaaner<br />
Mundart. In: Festschrift<br />
für Alexander Frick<br />
zum 75. Geburtstag. Hrsg.<br />
Robert Allgäuer. Schaan,<br />
1985, S. 122-142.<br />
Haas (1978)<br />
Haas Walter: Sprachwandel<br />
und Sprachgeographie.<br />
Untersuchungen zur<br />
Struktur der Dialektverschiedenheit<br />
am Beispiel<br />
der schweizerdeutschen<br />
Vokalsysteme. Wiesbaden,<br />
1978. (= Zeitschrift für<br />
Dialektologie und Linguistik.<br />
Beihefte 30)<br />
Haas (1982)<br />
Haas Walter: Die deutschsprachige<br />
Schweiz. In: Die<br />
viersprachige Schweiz<br />
1982, S. 72-160.<br />
Haas/Näf (1983)<br />
Haas Walter und Näf Anton:<br />
Wortschatzprobleme<br />
im Alemannischen. 7. Arbeitstagung<br />
alemannischer<br />
Dialektologen in Freiburg<br />
i.Ü., 1.-3. Oktober 1981,<br />
Freiburg 1983. (= Germanistica<br />
Friburgensia 7)<br />
Haas (1986)<br />
Haas Walter: Der beredte<br />
Deutschschweizer oder <strong>die</strong><br />
Hollandisierung <strong>des</strong> Hinterwäldlers.<br />
In: Löffler H.<br />
(Hrsg.), S. 41-59.<br />
Haraldsen (1979)<br />
Haraldsen Jan-Vidar: Die<br />
Grammatik der Liechtensteinischen<br />
Mundarten in<br />
konfrontativer Sicht zur<br />
deutschen Standardsprache.<br />
Oslo, 1979. (Masch.).<br />
Heller (1987)<br />
Heller Monica: Language<br />
and Identity. In: HSK<br />
3. Jan. 1987. S. 781-785.<br />
Holmes (1976)<br />
Holmes Janet: A review of<br />
some methods of investigation<br />
attitu<strong>des</strong> to language,<br />
dialects and accents.<br />
In: Viereck 1976,<br />
S. 301-330.<br />
Hotzenköcherle (1984)<br />
Hotzenköcherle Rudolf:<br />
Die Sprachlandschaften<br />
der deutschen Schweiz.<br />
Herausgegeben von Bigler<br />
Nikiaus und Schläpfer Robert<br />
unter der Mitarbeit<br />
von Börlin Rolf. Aarau,<br />
Frankfurt am Main, Salzburg,<br />
1984. (= Sprachlandschaft<br />
1)<br />
Hotzenköcherle (1986)<br />
Hotzenköcherle Rudolf:<br />
Dialektstrukturen im Wandel.<br />
Herausgegeben von<br />
Schläpfer Robert und Trüb<br />
Rudolf. Aarau, Frankfurt<br />
am Main, Salzburg, 1986.<br />
(= Sprachlandschaft 2)<br />
HSK (1. 1. 1982)<br />
Besch Werner, Knoop Ulrich,<br />
Putschke Wolfgang,<br />
Wiegand Herbert Ernst<br />
(Hrsg): Dialektologie. Ein<br />
Handbuch zur deutschen<br />
und allgemeinen Dialektforschung.<br />
Erster Halbband.<br />
Berlin, New York,<br />
1982. (= Handbücher zur<br />
Sprach- und Kommunikationswissenschaft.<br />
1.1)<br />
HSK (1. 2. 1983)<br />
Besch Werner, Knoop Ulrich,<br />
Putschke Wolfgang,<br />
Wiegand Herbert Ernst<br />
(Hrsg): Dialektologie. Ein<br />
Handbuch zur deutschen<br />
und allgemeinen Dialektforschung.<br />
Zweiter Halbband.<br />
Berlin, New York,<br />
1983. (= Handbücher zur<br />
Sprach- und Kommunikationswissenschaft.<br />
1.2)<br />
HSK (2. 1. 1984)<br />
Besch Werner, Reichmann<br />
Oskar, Sonderegger Stefan<br />
(Hrsg.): Sprachgeschichte.<br />
Ein Handbuch zur Geschichte<br />
der deutschen<br />
Sprache und ihrer Erforschung.<br />
Berlin, New York,<br />
1984. (= Handbücher zur<br />
Sprach- und Kommunikationswissenschaft.<br />
2.1)
HSK (2. 2. 1985)<br />
Besch Werner, Reichmann<br />
Oskar, Sonderegger Stefan<br />
(Hrsg.): Sprachgeschichte.<br />
Ein Handbuch zur Geschichte<br />
der deutschen<br />
Sprache und ihrer Erforschung.<br />
Berlin, New York,<br />
1985. (= Handbücher zur<br />
Sprach- und Kommunikationswissenschaft.<br />
2.2)<br />
HSK (3. 1. 1987)<br />
Ammon Ulrich, Dittmar<br />
Norbert, Mattheier Klaus<br />
J. (Hrsg): Soziolinguistik.<br />
Ein internationales Handbuch<br />
zur Wissenschaft von<br />
Sprache und Gesellschaft.<br />
Berlin, New York, 1987.<br />
(= Handbücher zur<br />
Sprach- und Kommunikationswissenschaft.<br />
3.1)<br />
HSK (3. 2. 1988)<br />
Ammon Ulrich, Dittmar<br />
Norbert, Mattheier Klaus<br />
J. (Hrsg): Soziolinguistik.<br />
Ein internationales Handbuch<br />
zur Wissenschaft von<br />
Sprache und Gesellschaft.<br />
Berlin, New York, 1988.<br />
(= Handbücher zur SprachundKommunikationswissenschaft.<br />
3.2)<br />
Jakob (1985)<br />
Jakob Karlheinz: Dialekt<br />
und Regionalsprache im<br />
Raum Heilbronn. Zur Klassifizierung<br />
von Dialektmerkmalen<br />
in einer dialektgeographischenÜbergangslandschaft.<br />
Marburg,<br />
1985. (= Stu<strong>die</strong>n zur Dialektologie<br />
in Südwestdeutschland.<br />
Beiträge zum<br />
Südwestdeutschen Sprachatlas<br />
3)<br />
JBL (1901 ff.)<br />
Jahrbuch <strong>des</strong> Historischen<br />
Vereins für das Fürstentum<br />
Liechtenstein. Vaduz<br />
1901 ff.<br />
Job/Altmann (1985)<br />
Job Ulrike und Altmann<br />
Gabriel: Ein Modell für anstrengungsbedingteLautveränderung.<br />
In: Folia Linguistica<br />
Historica 1985,<br />
S.401-407.<br />
Jutz (1925)<br />
Jutz Leo: Die Mundart von<br />
Südvorarlberg und Liechtenstein,<br />
Heidelberg 1925.<br />
Jutz (1926)<br />
Jutz Leo: Sprachmischung<br />
in den Mundarten Vorarlbergs.<br />
In: Germanisch-<br />
Romanische Monatszeitschrift<br />
(14) 1926,<br />
S. 256-269.<br />
Jutz (1929)<br />
Jutz Leo: Die Grenze k/x<br />
anl. germ. k und <strong>die</strong> Gliederung<br />
<strong>des</strong> Alemannischen.<br />
In: Teuthonista 6<br />
(1929), S. 39-49.<br />
Jutz (1931)<br />
Jutz Leo: Die alemannischen<br />
Mundarten. Halle,<br />
1931.<br />
Jutz (1960)<br />
Jutz Leo: Vorarlbergisches<br />
Wörterbuch mit Einschluss<br />
<strong>des</strong> Fürstentums<br />
Liechtenstein. Wien, 1960.<br />
Kindle (o. J.)<br />
Kindle Herbert: Dynamische<br />
Industrie an Wachstumsgrenzen.<br />
In: Fürstentum<br />
Liechtenstein, S. 107 f.<br />
Klein (1974)<br />
Klein Wolfgang: Variation<br />
in der Sprache. Ein Verfahren<br />
zu ihrer Beschreibung.<br />
Kronberg, 1974.<br />
(= Skripten Linguistik und<br />
Kommunikationswissenschaft<br />
5)<br />
DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />
ROMAN BANZER<br />
Klein (1976)<br />
Klein Wolfgang: Sprachliche<br />
Variationen. In: Studium<br />
Linguistik 1. 1976,<br />
S. 29-47.<br />
Klein (1988)<br />
Klein Wolfgang: Varietätengrammatik.<br />
In: HSK<br />
3.2.1988, S. 997-1007.<br />
Klein/Wunderlich (1971)<br />
Klein Wolfgang und Wunderlich<br />
Dieter: Aspekte der<br />
Soziolinguistik. Frankfurt/Main,<br />
1971.<br />
Kohler (1977)<br />
Kohler Klaus: Einführung<br />
in <strong>die</strong> Phonetik <strong>des</strong> Deutschen.<br />
Berlin, 1977.<br />
Kolde (1981)<br />
Kolde Gottfried: Sprachkontakt<br />
in gemischtsprachigen<br />
Städten. Vergleichende<br />
Untersuchungen<br />
über Voraussetzungen und<br />
Formen sprachlicher Interaktionverschiedensprachlicher<br />
Jugendlicher<br />
in den Schweizer Städten<br />
Biel/Bienne und Fribourg/<br />
Freiburg i.Ü. Wiesbaden,<br />
1981. (= Zeitschrift für<br />
Linguistik und Dialektologie.<br />
Beihefte 37.)<br />
Kontroversen (1986)<br />
Schöne Albrecht (Hrsg.):<br />
Kontroversen, alte und<br />
neue. Akten <strong>des</strong> VII. Kongresses<br />
der Internationalen<br />
Vereinigung für germanische<br />
Sprach- und Literaturwissenschaft.<br />
Bd. 4.<br />
Dialektologie und Linguistik:<br />
Die Kontroverse um<br />
<strong>die</strong> Mundart. Hrsg. v. Polenz<br />
Peter, Erben Johannes,<br />
Jan Goossens. Tübingen,<br />
1986.<br />
Köhler (1987)<br />
Köhler Reinhard: Sprachliche<br />
Selbstregulation als<br />
Mechanismus <strong>des</strong> Sprachwandels.<br />
In: Sprachwandel<br />
1987, S. 185-201.<br />
König (1982)<br />
König Werner: Probleme<br />
der Repräsentativität in<br />
der Dialektologie. In: HSK<br />
1.1. 1982, S. 463-485.<br />
König/Stopp (1980)<br />
König Werner und Stopp<br />
Hugo (Hrsg.): Historische,<br />
geographische und soziale<br />
Übergänge im Alemannischen.<br />
München, 1980.<br />
(= Schriften der Philosophischen<br />
Fakultäten der Universität<br />
Augsburg 16)<br />
Kranz (1976)<br />
Kranz Walter: Fürstentum<br />
Liechtenstein. Eine Dokumentation.<br />
Vaduz, 1976.<br />
Kremnitz (1987)<br />
Kremnitz Georg: Diglossie/Polyglossie.<br />
In: HSK<br />
3.1. 1987, S. 208- 219.<br />
Kufner (1961)<br />
Kufner Herbert L.: Strukturelle<br />
Grammatik der<br />
Münchner Stadt<strong>mundart</strong>.<br />
München, 1961.<br />
Labov(1978)<br />
Labov William: Sprache im<br />
sozialen Kontext. Beschreibung<br />
und Erklärung struktureller<br />
und sozialer Bedeutung<br />
von Sprachvariation.<br />
Hrsg. Dittmar Norbert<br />
und Rieck Bert-Olaf.<br />
Kronberg, 1978.<br />
Liebray (1969)<br />
Liebray Gilbert: Das phonologische<br />
System der Oftersheimer<br />
Mundart. Marburg<br />
1969. (= Deutsche<br />
Dialektgeographie 70)<br />
Löffler (1980)<br />
Löffler Heinrich: Probleme<br />
der Dialektologie. Eine Einführung.<br />
Darmstadt, 1980.<br />
241
Löffler (1985)<br />
Löffler Heinrich: Germanistische<br />
Soziolinguistik.<br />
Berlin, 1985. (= Grundlagen<br />
der Germanistik 28)<br />
Löffler (1986)<br />
Löffler Heiner (Hrsg.): Das<br />
Deutsch der Schweiz: Zur<br />
Sprach- und Literatursituation<br />
der Schweiz. Vorträge,<br />
gehalten anlässlich<br />
eines Kolloquiums zum<br />
100jährigen Bestehen <strong>des</strong><br />
Deutschen Seminars der<br />
Universität Basel. Aarau,<br />
Frankfurt am Main, Salzburg,<br />
1986. (= Sprachlandschaft<br />
4)<br />
Lüdi (1988)<br />
Lüdi Georges: Diglossie et<br />
Polyglossie. Version vom<br />
24. 8.1988 für das Lexikon<br />
der Romanistischen Linguistik.<br />
Mattheier (1980)<br />
Mattheier Klaus J.: Pragmatik<br />
und Soziologie der<br />
Dialekte. Einführung in <strong>die</strong><br />
kommunikative Dialektologie<br />
<strong>des</strong> Deutschen. Heidelberg,<br />
1980.<br />
Mattheier (1987)<br />
Mattheier Klaus J.: Variabilität<br />
zwischen Dialekt<br />
und Standardsprache. In:<br />
Zeitschrift für Germanistik<br />
8 (1987), S. 544-558.<br />
Maurer (1942)<br />
Maurer Friedrich (Hrsg.):<br />
Oberrheiner, Schwaben,<br />
Südalemannen. Strassburg,<br />
1942.<br />
Meinherz (1920)<br />
Meinherz Paul: Die Mundart<br />
der Bündner Herrschaft.<br />
Frauenfeld, 1920.<br />
Moulton (1961)<br />
Moulton William G.: Lautwandel<br />
durch innere Kausalität:<br />
<strong>die</strong> ostschweizeri<br />
242<br />
sche Vokalspaltung. In:<br />
Zeitschrift für Mundartforschung<br />
28 (1961),<br />
S. 228-251.<br />
Mundart und Hochsprache<br />
in Me<strong>die</strong>n und Schule<br />
Schweizerische Konferenz<br />
der kantonalen Erziehungsdirektoren<br />
und der<br />
Schweizerischen Radiound<br />
Fernsehgesellschaft:<br />
Mundart und Hochsprache<br />
in Schule und Me<strong>die</strong>n. Referate<br />
und Diskussionsergebnisse<br />
<strong>des</strong> nationalen<br />
Forums veranstaltet von<br />
der EDK und SRG. Bern,<br />
1988. (= EDK-Reihe Dossier<br />
7)<br />
Nipp (1924)<br />
Nipp Eugen: Alte Sprachuberreste<br />
und frem<strong>des</strong><br />
Sprachgut in Liechtenstein.<br />
In: JBL 1924,<br />
S. 95-114.<br />
Ortssprachenforschung<br />
(1985)<br />
Besch Werner und Mattheier<br />
Klaus J. (Hrsg.):<br />
Ortssprachenforschung.<br />
Beiträge zu einem Bonner<br />
Kolloquium. Berlin, 1985.<br />
Perspektiven (1985)<br />
Perspektiven der angewandten<br />
Soziolinguistik.<br />
Kongressakten der Paderborner<br />
Fachtagung. Hrsg.<br />
v. Hartig Matthias. Tübingen,<br />
1985. (= Tübinger<br />
Beiträge zur Linguistik)<br />
Poplack/Sankoff (1988)<br />
Poplack Shana und Sankoff<br />
David: Code-Switching.<br />
In: HSK<br />
3. 2. 1988. S. 1174-1181.<br />
Raith/Schulze/Wandt<br />
(1986)<br />
Raith Joachim, Schulze<br />
Rainer, Wandt Karl-Heinz:<br />
Grundlagen der Mehrsprachigkeitsforschung.For<br />
schungsrahmen,Konzepte,Beschreibungsprobleme, Fallstu<strong>die</strong>n. Wiesbaden,<br />
1986. (= Zeitschrift<br />
für Dialektologie und Linguistik.<br />
Beihefte 52)<br />
Reiffenstein (1983)<br />
Reiffenstein Ingo: Deutsch<br />
in Österreich. In: Tendenzen,<br />
Formen, Strukturen<br />
1983, S. 15-27.<br />
Rein (1983)<br />
Rein Kurt: Bestimmende<br />
Faktoren für den variierenden<br />
Sprachgebrauch<br />
<strong>des</strong> Dialektsprechers. In:<br />
HSK 1. 2. 1983.<br />
S.1443-1445.<br />
Ris (1973)<br />
Ris Roland: Dialekte und<br />
Sprachbarrieren aus<br />
Schweizer Sicht. In: Bausinger<br />
1973, S. 29-62.<br />
Ruoff (1965)<br />
Ruoff Arno: Wenkersätze<br />
auf Tonband. In: Sprachen<br />
- Zuordnung - Strukturen.<br />
Festgabe seiner Schüler<br />
für Eberhard Zwirner. Den<br />
Haag, 1965, S. 94-113.<br />
Ruoff (1973)<br />
Ruoff Arno: Grundlagen<br />
und Methoden der Untersuchung<br />
gesprochener<br />
Sprache. Einführung in <strong>die</strong><br />
Reihe «Idiomatica» mit<br />
einem Katalog der angewendetenTonbandaufnahmen.<br />
Tübingen, 1973.<br />
(= Idiomatica 1. Veröffentlichungen<br />
der Tübinger<br />
Arbeitsstelle «Sprache in<br />
Südwestdeutschland»)<br />
Scheutz (1982)<br />
Scheutz Hannes: Dialektwandel<br />
und Dialektbau.<br />
Stu<strong>die</strong>n zur Theorie und<br />
Empirie von Sprachvariation<br />
und sprachlichem<br />
Wandel. Salzburg, 1982.<br />
(Diss. Masch.)<br />
Schläpfer (1987)<br />
Schläpfer Robert: Sprachzerfall,<br />
Sprachwandel,<br />
Sprachpflege. Zürich, 1987.<br />
Schreiber (1980)<br />
Schreiber Erhard: Repetitorium<br />
der Kommunikationswissenschaft.München,<br />
1980. (= Uni Papers)<br />
Schwarzenbach (1969)<br />
Schwarzenbach Rudolf:<br />
Die Stellung der Mundart<br />
in der deutschsprachigen<br />
Schweiz. Stu<strong>die</strong>n zum<br />
Sprachbrauch der Gegenwart.<br />
Frauenfeld, 1969.<br />
(= Beiträge zur schweizerdeutschenMundartforschung<br />
17)<br />
Senft (1982)<br />
Senft Gunter: Sprachliche<br />
Varietät und Variation im<br />
Sprachverhalten Kaiserslauterer<br />
Metallarbeiter.<br />
Untersuchungen zu ihrer<br />
Begrenzung, Beschreibung<br />
und Bewertung. Bern,<br />
Frankfurt am Main, 1982.<br />
Sieber (1987)<br />
Sieber Peter: Mit vielen<br />
Zungen reden. In: Mundart<br />
und Hochsprache in<br />
Me<strong>die</strong>n und Schulen,<br />
S. 9-18.<br />
Sieber/Sitta (1986)<br />
Sieber Peter und Sitta<br />
Horst: Mundart und<br />
Standardsprache als Problem<br />
der Schule. Aarau,<br />
Frankfurt am Main, Salzburg,<br />
1986. (= Sprachlandschaft<br />
3)<br />
Snaider/Osgood (1969)<br />
Snaider J. und Osgood Ch.<br />
E.: Semantic differential<br />
technique. A source book.<br />
Chicago, 1969.
Sowinski (1974)<br />
Sowinski Bernhard:<br />
Grundlagen <strong>des</strong> Studiums<br />
der Germanistik 1. Wien,<br />
Köln, 1974.<br />
Sprachverhalten (1981)<br />
Besch Werner, Hufschmidt<br />
Jochen, Kall-Holland Angelika,<br />
Klein Eva, Mattheier<br />
Klaus J.: Sprachverhalten<br />
in ländlichen Gemeinden.<br />
Ansätze zur<br />
Theorie und Methode. ForschungsberichtErp-Projekt.<br />
Bd. 1. Berlin, 1981.<br />
Sprachwandel (1987)<br />
Boretzky Norbert, Enninger<br />
Werner, Stolz Thomas<br />
(Hrsg.): Beiträge zum<br />
3. Essener Kolloquium<br />
über Sprachwandel und<br />
seine bestimmenden Faktoren.<br />
Bochum, 1987.<br />
(= Bochum - Essener Beiträge<br />
zur Sprachwandelforschung<br />
4)<br />
Stark (1987)<br />
Stark Werner: Religion. In:<br />
HSK 3. 1. 1987, S. 83-85.<br />
Statistik (1988)<br />
Statistisches Jahrbuch<br />
1988, Fürstentum Liechtenstein.<br />
Hrsg. vom Amt<br />
für Volkswirtschaft, Vaduz.<br />
Vaduz, 1988.<br />
Stricker (1980)<br />
Stricker Hans: Zum Problem<br />
der etappenweisen<br />
Verdeutschung Unterrätiens<br />
aus romanischer<br />
Sicht. In: König/Stopp<br />
1980, S. 67-79.<br />
Stricker (1981)<br />
Stricker Hans: Zur Sprachgeschichte<br />
<strong>des</strong> Rheintals<br />
vor allem Werdenbergs<br />
und Liechtensteins. In: Die<br />
Sprachlandschaft Rheintal<br />
1981, S. 7-59.<br />
Tendenzen, Formen und<br />
Strukturen (1983)<br />
Tendenzen, Formen und<br />
Strukturen der deutschen<br />
Standardsprache nach<br />
1945. Vier Beiträge zum<br />
Deutsch in Österreich, der<br />
Schweiz, der Bun<strong>des</strong>republik<br />
Deutschland und der<br />
Deutschen Demokratischen<br />
Republik. Von Ingo<br />
Reiffenstein, Heinz Rupp<br />
u.a. Marburg, 1983.<br />
(= Marburger Stu<strong>die</strong>n zur<br />
Germanistik 3)<br />
Ternes (1987)<br />
Ternes Elmar: Einführung<br />
in <strong>die</strong> Phonologie. Darmstadt,<br />
1987.<br />
Trost (1968)<br />
Trost Pavel: Primäre und<br />
sekundäre Dialektmerkmale.<br />
In: Zeitschrift für<br />
Mundartforschung NF 4<br />
(1968), S. 823-827.<br />
VALTS (1985 ff.)<br />
Gabriel Eugen (Hrsg.): Vorarlberger<br />
Sprachatlas mit<br />
Einschluss <strong>des</strong> Fürstentums<br />
Liechtenstein, Westtirols<br />
und <strong>des</strong> Allgäus.<br />
Bregenz 1985 ff.<br />
Vetsch (1910)<br />
Vetsch Jakob: Die Laute<br />
der Appenzeller Mundarten.<br />
Mit vier Beilagen.<br />
Frauenfeld, 1910. (= Beiträge<br />
zur schweizerdeutschen<br />
Grammatik 1)<br />
Viereck (1976)<br />
Sprachliches Handeln -<br />
Soziales Verhalten. Ein<br />
Reader zur Pragmalinguistik<br />
und Soziolinguistik.<br />
Hrsg. von Wolfgang Viereck.<br />
München, 1976. (=<br />
Kritische Information 52)<br />
DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />
ROMAN BANZER<br />
Vogel (1989)<br />
Vogel Thomas: Briefkasten-Ländle.<br />
In: Coop-Zeitung,<br />
Nr. 28/13. Juli 1989,<br />
S. 19.<br />
Volkszählung (1980)<br />
Volkszählung 2. Dezember<br />
1980, Bd. 5. Haushaltungen,<br />
Familien. Hrsg. Amt<br />
für Volkswirtschaft, Vaduz.<br />
Vaduz, 1980.<br />
Weinreich (1976)<br />
Weinreich Uriel: Sprachen<br />
im Kontakt. Ergebnisse<br />
und Probleme der Zweisprachigkeitsforschung.<br />
München, 1976. (= Becksche<br />
Elementarbücher)<br />
Werlen (1984)<br />
Werlen Erika: Stu<strong>die</strong>n zur<br />
Datenerhebung in der Dialektologie.<br />
Wiesbaden<br />
1984. (= Zeitschrift für<br />
Dialektologie und Linguistik.<br />
Beihefte 46)<br />
Werlen (1986)<br />
Werlen Iwar: Dialektsprechen<br />
in mehrdialektaien<br />
Gesellschaften am Beispiel<br />
<strong>des</strong> südlichen Deutschland<br />
und der deutschen<br />
Schweiz. In: Kontroversen<br />
1986, S. 279-299.<br />
Wiesinger (1983)<br />
Wiesinger Peter: Die Einteilung<br />
der deutschen Dialekte.<br />
In: HSK 1. 2. 1983,<br />
S. 807-907.<br />
Wiesinger (1986)<br />
Wiesinger Peter: Das<br />
Schweizerdeutsche aus<br />
österreichischer Sicht. In:<br />
Löffler 1986, S. 101-117.<br />
Wiesinger/Raffm (1982)<br />
Wiesinger Peter und Raffln<br />
Elisabeth: Bibliographie<br />
zur Grammatik der deutschen<br />
Dialekte. Laut-, For<br />
men-, Wortbildungs- und<br />
Satzlehre 1800-1980.<br />
Bern, Frankfurt am Main,<br />
1982.<br />
243
7.<br />
ABKÜRZUNGEN<br />
absA<br />
absoluter Auslaut<br />
aD<br />
anderer Dialekt<br />
bg<br />
bei<strong>des</strong> gleich<br />
bmW<br />
basis<strong>mundart</strong>liches Wort<br />
DlsW<br />
Dehnung im einsilbigen<br />
Wort<br />
Deh<br />
Dehnung<br />
Delab<br />
Delabialisierung<br />
Diph<br />
Diphthongierung<br />
DoS<br />
Dehnung in offener Silbe<br />
FL<br />
Mundart <strong>des</strong> Fürstentums<br />
Liechtenstein<br />
Fs<br />
Fremdsprache<br />
Gern<br />
Gemisch<br />
HaD<br />
Hochalemannische Dehnung<br />
Heb<br />
Hebung<br />
HuAw<br />
Hiatus und Auslaut vor w<br />
Kür<br />
Kürzung<br />
Lab<br />
Labialisierung<br />
Mon<br />
Monophthongierung<br />
N 244<br />
Stichprobenmenge<br />
Nas<br />
Nasalierung<br />
nbmW<br />
nichtbasis<strong>mundart</strong>liches<br />
Wort<br />
nr<br />
nicht regelmässig<br />
Nf<br />
Normalfall<br />
nK<br />
nasale Konsonanz<br />
oK<br />
orale Konsonanz<br />
Pal<br />
Palatalisierung<br />
Plo<br />
Plosiv<br />
r+Kons<br />
r + Konsonant<br />
r+Nas<br />
r + Nasal<br />
Sen<br />
Senkung<br />
Sf<br />
Sonderfall<br />
sp<br />
spontan erhobenes Material<br />
Ula<br />
A-Gebiet im Unterland,<br />
vgl. S. 201<br />
Ulo<br />
O-Gebiet im Unterland,<br />
vgl. S. 201<br />
Vel<br />
Velarisierung<br />
7.1.<br />
GEOGRAPHISCHE<br />
ABKÜRZUNGEN<br />
B<br />
Balzers<br />
E<br />
Eschen<br />
EMa<br />
Eschen und Mauren<br />
(a-Gebiet)<br />
G<br />
Gamprin<br />
GRSbo<br />
Gamprin, Ruggell und<br />
Schellenberg (o-Gebiet)<br />
HSb<br />
Hinterschellenberg<br />
Ol<br />
Oberland<br />
M<br />
Mauren<br />
R<br />
Ruggell<br />
S<br />
Schaan<br />
Sb<br />
Schellenberg<br />
T<br />
Triesen<br />
Tb<br />
Triesenberg<br />
Ul<br />
Unterland<br />
V<br />
Vaduz
8.<br />
ZUR TRANSKRIPTION<br />
Zur Transkription verwenden wir <strong>die</strong> Lautschrift<br />
API. Zwei Gründe haben uns zu <strong>die</strong>ser Entscheidung<br />
veranlasst. Einerseits ist computertechnisch<br />
weder hard- noch softwaremässig eine sinnvolle<br />
Möglichkeit vorhanden, <strong>die</strong> Lautschrift <strong>des</strong> SDS<br />
umzusetzen, andererseits entspricht <strong>die</strong> Verwendung<br />
der API-Lautschrift durchaus dem linguistischen<br />
Gebrauch. All jene, <strong>die</strong> sich mit der Realisierung<br />
einer Lautschrift auf Computer befasst haben,<br />
können <strong>die</strong> daraus entstehenden Schwierigkeiten<br />
bestätigen. Bei vereinzelten phonetischen Transkriptionen<br />
im laufenden Text, etwa bei Angaben<br />
von Beispielen, wurde <strong>die</strong> «Schwyzertütsch! Dialäktschrift»<br />
nach Dieth verwendet, sofern durch <strong>die</strong><br />
Weglassung der API-Lautschrift <strong>die</strong> Transparenz<br />
der Aussage nicht beeinträchtigt wurde. Der Einfachheit<br />
halber wird bei ein- und zweisilbigen Wörtern<br />
auf <strong>die</strong> Setzung <strong>des</strong> Akzents verzichtet, weil<br />
<strong>die</strong> Haupttonsilben durch <strong>die</strong> Erstbetonung in<br />
zweisilbigen Wörtern ohnehin gegeben sind. Ausnahmen<br />
werden gekennzeichnet. Es bleibt noch<br />
darauf hinzuweisen, dass im Text entsprechend<br />
den alten Schreibtraditionen <strong>die</strong> männliche Form<br />
gebraucht wird, obwohl unter bestimmten Begriffen<br />
auch Frauen gemeint sein können. Es heisst<br />
also Probanden und nicht Probandlnnen. Wir sind<br />
uns der diskriminierenden Elemente der deutschen<br />
Sprache bewusst, sahen uns jedoch nicht in der<br />
Lage, bereits in <strong>die</strong>ser Arbeit das Bekannte umzusetzen.<br />
Für <strong>die</strong> Zukunft soll hier Besserung versprochen<br />
sein.<br />
Zum Transkriptionsalphabet: [b, d, g] und [z] bedeuten<br />
hier <strong>die</strong> stimmlosen Lenislaute [b , d , g , z.j.<br />
DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />
ROMAN BANZER<br />
9.<br />
LISTE DER GEWÄHRSPERSONEN<br />
Allgäuer Pia Eschen Basis<br />
Banzer Anton Triesen Variation<br />
Banzer Desiree Triesen Variation<br />
Banzer Marie-Louise Triesen Variation<br />
Banzer Willi Triesen Variation<br />
Banzer Karin Schaan Variation<br />
Batliner Vinzenz Eschen Variation<br />
Beck Klara Planken Basis<br />
Brendle Wilhelm Schellenberg Basis<br />
Brunhart Rosa Balzers Basis<br />
Büchel Franz Ruggell Basis<br />
Büchel Gabi Mauren Variation<br />
Büchel Gaby Balzers Variation<br />
Büchel Walter Gamprin Variation<br />
Büchel Klaus Mauren Variation<br />
Büchel Josef Schellenberg Variation<br />
Fehr Franz Eschen Variation<br />
Frick Helmuth Balzers Variation<br />
Gantner Heinrich Planken Basis<br />
Gerner Ludwig Eschen Basis<br />
Goop Alfred Schellenberg Variation<br />
Hasler Ewald Gamprin Variation<br />
Hasler Herbert Schellenberg Variation<br />
klassier Alois Schellenberg Variation<br />
Hassler Edi Schellenberg Variation<br />
Heeb Almerida Gamprin Basis<br />
Heeb Kreszenz Schaan Basis<br />
Heeb Erwin Gamprin Basis<br />
Heidegger Maria Triesen Basis<br />
Hemmerle Emil Vaduz Basis<br />
Hübe Maria Triesenberg Basis<br />
Hoop Martina Ruggell Basis<br />
Kaiser Fredi Mauren Variation<br />
245
10.<br />
CURRICULUM VITAE<br />
Ich wurde am 10. Januar 1957 als erstes von fünf<br />
Kindern der Barbara und <strong>des</strong> Wilhelm Banzer-Kofler<br />
in Triesen geboren. In der Familie wuchs ich in<br />
meinem Geburtsort auf und besuchte dort <strong>die</strong><br />
Volksschule. 1970 trat ich in das Gymnasium Untere<br />
Waid, Mörschwil, ein und wechselte 1975 ordnungsgemäss<br />
an das Gymnasium Friedberg, Gossau,<br />
wo ich 1978 <strong>die</strong> Matura ablegte. Hernach begann<br />
ich mein Studium an der Universität Freiburg<br />
in der Schweiz mit dem Hauptfach Germanische<br />
Philologie bei Prof. Eduard Studer, mit dem ersten<br />
Nebenfach Deutsche Literatur bei verschiedenen<br />
Dozenten und mit dem zweiten Nebenfach Journalistik<br />
und Kommunikationswissenschaft bei Prof.<br />
Louis Bosshart. Im März 1985 schloss ich das Studium<br />
mit dem Lizentiat ab, wonach ich während<br />
drei Jahren beim Liechtensteiner Namenbuch als<br />
wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig war. Seit Mai<br />
1988 arbeitete ich an der Dissertation. Im Januar<br />
1990 trat ich <strong>die</strong> Stelle als Leiter der Arbeitsstelle<br />
für Erwachsenenbildung, Schaan, an.<br />
246<br />
11.<br />
DANKADRESSE<br />
Für <strong>die</strong> Hilfe bei der Erstellung <strong>die</strong>ser Arbeit gilt es<br />
zu danken. Ich tue <strong>die</strong>s von ganzem Herzen. Zuerst<br />
möchte ich mich bei meinen Gewährsleuten bedanken.<br />
Ohne ihre bereitwillige Mitarbeit wäre <strong>die</strong>se<br />
Untersuchung nicht möglich gewesen. Das sind all<br />
jene, <strong>die</strong> ich persönlich aufgesucht habe und <strong>die</strong><br />
mir in einem Interview Red und Antwort gestanden<br />
haben (Liste im Anhang). Aber auch jenen (ca.<br />
500) Personen sei herzlich gedankt, <strong>die</strong> namentlich<br />
nicht genannt werden und mit dem Ausfüllen und<br />
Zurücksenden <strong>des</strong> Fragebogens <strong>die</strong> Kapitel zur<br />
Sprachpragmatik getragen haben. Wo aber bliebe<br />
all <strong>die</strong>s ohne finanzielle Unterstützung? Mein spezieller<br />
Dank ergeht hier an Robert Allgäuer (Kulturbeirat<br />
der Regierung), Dr. Alois Ospelt (Historischer<br />
Verein), Leonhard Vogt (Stipen<strong>die</strong>n) und <strong>die</strong> Stifter<br />
und Verwalter der Legerlotz Stiftung. Es ist müssig<br />
zu sagen, dass ohne deren Verständnis <strong>die</strong>se Arbeit<br />
nicht möglich gewesen wäre! Ich danke meinen<br />
Lehrern. Prof. Walter Haas hat <strong>die</strong>se Arbeit wissenschaftlich<br />
geleitet und überwacht. Seine Anregungen<br />
und Ratschläge trugen massgeblich zum Inhalt<br />
und zur jetzigen Form bei. Dank an Toni Banzer<br />
und Herbert Hübe für manche Kleinkorrektur, <strong>die</strong><br />
Grosses bewirkt hat. Prof. E. Studer danke ich für<br />
<strong>die</strong> Führung durchs Grundstudium. Zu guter Letzt<br />
bleibt noch der Dank an meine Familie, an Verwandte,<br />
Freunde und Bekannte, <strong>die</strong> mir geholfen<br />
haben.
DIE MUNDART DES FÜRSTENTUMS LIECHTENSTEIN<br />
ROMAN BANZER<br />
ANSCHRIFT DES AUTORS<br />
Dr. Roman Banzer<br />
Am Bach 16<br />
FL-9495 Triesen<br />
247