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Euthanasie in Coburg und Meeder - Friedensdank

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kranken Landwirt Bruno Scheler, der <strong>in</strong> der Tötungsantalt Sonnenste<strong>in</strong> am 30.3. 1941<br />

umgebracht wurde. Im Gegensatz zu vielen anderen Getöteten wurde die Urne des<br />

Verstorbenen nach <strong>Meeder</strong> zurückgesendet <strong>und</strong> dort am 19.4.1941 beigesetzt. Die<br />

seltsamen Umstände des Todes veranlassten den damaligen Pfarrer Werner Pürckhauer zu<br />

folgendem langen E<strong>in</strong>trag <strong>in</strong>s Kirchenbuch: "Der Entschlafene, der sich seit e<strong>in</strong>igen Jahren <strong>in</strong><br />

der Pflegeanstalt Kutzenberg befand, wurde etwa 4 Wochen vor se<strong>in</strong>em Tode von dort <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>e andere Anstalt verlegt. Laut Mitteilung der Heil- <strong>und</strong> Pflegeanstalt Sonnenste<strong>in</strong> b./Pirna<br />

(Sa.) wurde die Leiche schon wenige St<strong>und</strong>en nach e<strong>in</strong>getretenem Tod polizeilich<br />

beschlagnahmt u. <strong>in</strong> Auswirkung der seuchenpolizeilichen Vorschriften am anderen Tag die<br />

E<strong>in</strong>äscherung vollzogen, so dass es nicht möglich war, e<strong>in</strong>en Geistlichen h<strong>in</strong>zuzuziehen; als<br />

Todesursache wurde mitgeteilt: Hirnschwellung." Diese Praxis, den Toten möglichst bald<br />

e<strong>in</strong>zuäschern, sollte vor der Entdeckung des Mordes durch e<strong>in</strong>e Autopsie schützen. Es ist<br />

anzunehmen, dass <strong>in</strong> <strong>Meeder</strong> bald die Wahrheit über den Mord herausgef<strong>und</strong>en wurde,<br />

zumal 1943, eigentlich nach Ende des "<strong>Euthanasie</strong>programms", e<strong>in</strong> weiterer "Todesfall" zu<br />

beklagen war.<br />

Die Aktenunterlagen über Ewald Sommer s<strong>in</strong>d sehr spärlich. Weil er nicht sprechen konnte,<br />

wurde er zunächst <strong>in</strong> die Taubstummenschule Bayreuth e<strong>in</strong>gewiesen. Dort stellte sich jedoch<br />

heraus, dass die Gehörleistung ke<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>schränkungen aufwies <strong>und</strong> so wurde er 1935 nach<br />

Bruckberg gebracht, wo er <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em K<strong>in</strong>derheim untergebracht wurde. Dieses musste er<br />

Mitte März 1941 von e<strong>in</strong>em auf den anderen Tag verlassen, da es zu e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>richtung von<br />

"Mutter <strong>und</strong> K<strong>in</strong>d" umfunktioniert wurde. Nicht e<strong>in</strong>mal die Eltern wurden von der Verlegung<br />

benachrichtigt. Ewald Sommer war nicht vollständig auf Hilfe angewiesen; laut ärztlichen<br />

Untersuchungen bemühte er sich, sich zu beschäftigen <strong>und</strong> konnte bei kle<strong>in</strong>eren D<strong>in</strong>gen<br />

anderen Menschen zur Hand gehen. Auf welche Weise Ewald umgebracht wurde ist unklar.<br />

Bei K<strong>in</strong>dern wurde normalerweise e<strong>in</strong>e Lungenentzündung herbeigeführt, an der sie dann<br />

starben. Es ist aber auch möglich, dass er zusammen mit den Erwachsenen durch e<strong>in</strong>e<br />

"Hungerdiät" getötet wurde. Dabei wurde die Kranken derart unterernährt, dass sie an<br />

Entkräftung oder Mangelersche<strong>in</strong>ungen starben.<br />

Es war nur e<strong>in</strong>e Frage der Zeit, bis die Bevölkerung angesichts der vielen toten Beh<strong>in</strong>derten<br />

stutzig werden musste. Zudem leisteten sich die Behörden den e<strong>in</strong>en oder anderen Fehler<br />

beim Lügen. So erhielt z.B. e<strong>in</strong>e Familie die Nachricht, ihr Sohn sei an e<strong>in</strong>er<br />

Bl<strong>in</strong>ddarmentzündung gestorben, obwohl der Wurmfortsatz bereits zehn Jahre vorher<br />

entfernt worden war. So zwang der öffentliche Druck Hitler im August 1941, das<br />

"<strong>Euthanasie</strong>programm" zu stoppen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten über 100000 Beh<strong>in</strong>derte<br />

das Leben verloren.

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