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Die Nacht ist vorgedrungen, der Tag ist nicht mehr fern, dieses Lied ...

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Predigt zum 2. Advent, <strong>Die</strong> <strong>Nacht</strong> <strong>ist</strong> vergangen<br />

Pastor Ralf Reuter, 7. Dez. 2008, Friedenskirche Göttingen, Röm 13. 8-12<br />

<strong>Die</strong> <strong>Nacht</strong> <strong>ist</strong> <strong>vorgedrungen</strong>, <strong>der</strong> <strong>Tag</strong> <strong>ist</strong> <strong>nicht</strong> <strong>mehr</strong> <strong>fern</strong>, <strong>dieses</strong> <strong>Lied</strong> führt direkt hinein in den<br />

Advent, in die Vorbereitungszeit auf Weihnachten, die Ankunft des Heilandes in unsere<br />

Herzen.<br />

Ist es noch <strong>Nacht</strong>, o<strong>der</strong> <strong>ist</strong> es schon <strong>Tag</strong>, <strong>ist</strong> die Finsternis gewichen, <strong>ist</strong> das Licht schon da?<br />

Klar, dass damit all unsere eigenen Fragen aufgegriffen sind: Bin ich noch da, wo es mir<br />

schwer fällt zu Leben, schwer fällt anzunehmen und nach vorne zu blicken? O<strong>der</strong> bin ich über<br />

den Punkt <strong>der</strong> Resignation hinaus, schon im nach vorne gehen? Sehe ich die noch Finsternis<br />

o<strong>der</strong> schon Licht?<br />

<strong>Die</strong> <strong>Nacht</strong> <strong>ist</strong> <strong>vorgedrungen</strong>, <strong>dieses</strong> <strong>Lied</strong> geht zurück auf die Stelle im Römerbrief, die wir in<br />

<strong>der</strong> Lesung gehört haben: <strong>Die</strong> <strong>Nacht</strong> <strong>ist</strong> vorgerückt, <strong>der</strong> <strong>Tag</strong> aber nahe herbeigekommen. Hier<br />

<strong>ist</strong> es noch in <strong>der</strong> Schwebe, <strong>nicht</strong> <strong>mehr</strong> <strong>Nacht</strong> und noch <strong>nicht</strong> <strong>Tag</strong>. In <strong>der</strong> Antike stieg man in<br />

<strong>der</strong> Regel noch im Dunkeln auf, um dann gerüstet zu sein, wenn <strong>der</strong> <strong>Tag</strong> begann, so konnte<br />

man das <strong>Tag</strong>eslicht vollständig nutzen.<br />

<strong>Die</strong> eigentliche Übersetzung von Martin Luther lautet noch etwas an<strong>der</strong>s: <strong>Die</strong> <strong>Nacht</strong> <strong>ist</strong><br />

vergangen, <strong>der</strong> <strong>Tag</strong> aber her bey komen. Das meint tatsächlich: <strong>Die</strong> <strong>Nacht</strong> <strong>ist</strong> vorbei. Eine<br />

starke Aussage. <strong>Die</strong> <strong>Nacht</strong> <strong>ist</strong> vorbei, das bezieht Luther auf das schon geschehene<br />

Rettungshandeln von Jesus Chr<strong>ist</strong>us. Der Tod <strong>ist</strong> schon überwunden, Jesus <strong>ist</strong> auferstanden.<br />

Auf uns bezogen: In <strong>der</strong> Trauer stehen wir <strong>nicht</strong> in <strong>der</strong> Finsternis, son<strong>der</strong>n schon im Licht <strong>der</strong><br />

Auferstehung, im Licht <strong>der</strong> Hoffnung.<br />

Es sind aber <strong>nicht</strong> nur die ganz tiefen und harten Fragen des Lebens, die sich auf diese Weise<br />

stellen. Der Advent <strong>ist</strong> zum Innehalten, zum Nachdenken da, zum Fragen: Bin ich offen für<br />

die Zukunft, in die Gott mich führen will? Kann ich hören, was er mir sagen will, für die<br />

Schwerpunkte meines Lebens, für das, was für mich gilt und mir die Richtung des Weges<br />

zeigt?<br />

<strong>Die</strong> <strong>Nacht</strong> <strong>ist</strong> vorgerückt, <strong>der</strong> <strong>Tag</strong> aber nahe herbeigekommen, dieser Satz <strong>ist</strong> im Römerbrief<br />

eingebunden in die Aussage: Seid niemandem etwas schuldig, außer dass ihr euch liebt, denn<br />

wer den an<strong>der</strong>en liebt, <strong>der</strong> hat die ‚Gebote’ erfüllt. <strong>Die</strong> Liebe tut dem Nächsten <strong>nicht</strong>s Böses.<br />

<strong>Die</strong> Liebe als die Zukunft, die vor einem liegt, so <strong>ist</strong> das hier gedacht.<br />

Und dann die Frage: Ist die Liebe schon da, o<strong>der</strong> <strong>ist</strong> in uns noch <strong>Nacht</strong>, Finsternis? Wenn du<br />

sie noch <strong>nicht</strong> spürst, die Liebe, dann öffne dein Herz und lass sie ankommen in dir, suche die<br />

Möglichkeiten, wo du sie wie<strong>der</strong> erhältst und dann auch weitergeben kannst.<br />

Advent als das Kommen <strong>der</strong> Liebe, damit wir <strong>nicht</strong> in <strong>der</strong> Finsternis bleiben, damit Licht<br />

wird. Verstehen kann man das ganz unmittelbar: Einen Blick für seinen Nächsten haben, <strong>der</strong><br />

Hilfe braucht, je<strong>der</strong> und jede kennt einen, <strong>der</strong> sie beson<strong>der</strong>s braucht. Und darauf vertrauen,<br />

dass auch zu einem selber jemand kommt und einen sieht. Ob in <strong>der</strong> Familie, in <strong>der</strong><br />

Gemeinde, überall.<br />

Natürlich setzt das voraus, dass man selber <strong>nicht</strong> in <strong>der</strong> Finsternis steht, denn da sieht man<br />

<strong>nicht</strong>s, da <strong>ist</strong> um einen herum alles finster. Martin Luther hat sehr optim<strong>ist</strong>isch übersetzt: <strong>Die</strong>


<strong>Nacht</strong> <strong>ist</strong> vergangen, wir sind schon im Licht, also steht auf und je<strong>der</strong> tue seine Pflicht.<br />

Chr<strong>ist</strong>en sehen wir bereits, wo wir gebraucht werden, und setzen uns ein.<br />

Paulus selber hält das wohl noch etwas in <strong>der</strong> Schwebe: <strong>Die</strong> <strong>Nacht</strong> <strong>ist</strong> vorgerückt, <strong>der</strong> <strong>Tag</strong><br />

aber nahe herbeigekommen: So lasst uns nun ablegen die Werke <strong>der</strong> Finsternis und anlegen<br />

die Waffen des Lichts. Hier <strong>ist</strong> noch von einem Kampf die Rede, von dem Durchsetzen, auch<br />

wenn Paulus ganz sicher <strong>ist</strong>, dass wir schon eine Weile auf dem richtigen Wege sind und die<br />

Rettung auf jeden Fall möglich <strong>ist</strong>, weil sie schon einmal geschehen <strong>ist</strong>, in <strong>der</strong> Auferstehung<br />

von Jesus.<br />

Aber es <strong>ist</strong> wohl so: Das Licht muß sich jeden <strong>Tag</strong> neu in uns durchsetzen. Man könnte<br />

vielleicht sagen: Das Licht <strong>ist</strong> da, aber ich selber merke es <strong>nicht</strong> immer. Mir geht es<br />

manchmal verloren und dann <strong>ist</strong> es finster. Weil ich nur zurückschaue und die Gegenwart gar<br />

<strong>nicht</strong> wahrnehme, o<strong>der</strong> weil ich mich verloren habe in <strong>der</strong> Hektik und verlaufen in den<br />

vermeintlichen Anfor<strong>der</strong>ungen. O<strong>der</strong> weil ich gedacht habe ich müsse nur an mich denken<br />

und nur meinen Vorteil sehen und es damit immer nur bergauf gehe und die Krise mich<br />

plötzlich umwirft und infrage stellt.<br />

Das <strong>ist</strong> die Situation, die <strong>der</strong> Advent aufnimmt. Er sagt: Öffne dein Herz, und lass das hinein,<br />

was da kommen will: <strong>Die</strong> Liebe. Lass sie hinein, und sei <strong>nicht</strong> ungeduldig, es dauert wie beim<br />

Adventskranz, wo die Lichter nur Sonntag für Sonntag <strong>mehr</strong> werden, wo die Helligkeit und<br />

Wärme nur langsam zunimmt. Sieh, Gott zieht dich mit ins Licht, immer wie<strong>der</strong> neu. Du b<strong>ist</strong><br />

hineingestellt in das große Zukunftshandeln Gottes, du b<strong>ist</strong> mit dabei in seiner Schöpfung, du<br />

b<strong>ist</strong> mit vorgesehen für seine Ewigkeit.<br />

Der Blick nach vorne, das <strong>ist</strong> Advent, <strong>der</strong> Blick auf Weihnachten, auf diesen Heiland und<br />

Retter. Es <strong>ist</strong> <strong>der</strong> Weg von <strong>der</strong> <strong>Nacht</strong> zum <strong>Tag</strong>, aus <strong>der</strong> Finsternis zum Licht. In ihn lasst uns<br />

hineinfinden, und mitnehmen in diesen <strong>Tag</strong>en. Amen.

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