Wolfgang Büser: "Eis und Schnee auf der Straße - Attendorn
Wolfgang Büser: "Eis und Schnee auf der Straße - Attendorn
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<strong>Eis</strong> <strong>und</strong> <strong>Schnee</strong> <strong>auf</strong> <strong>der</strong> <strong>Straße</strong>:<br />
Der Winterdienst muss nicht r<strong>und</strong> um die Uhr streuen<br />
von <strong>Wolfgang</strong> <strong>Büser</strong> <strong>und</strong> Maik Heitmann<br />
Ob Blitzeis, <strong>Schnee</strong> o<strong>der</strong> Raureif: Das Wetter hat genug Möglichkeiten, den<br />
<strong>Straße</strong>n- <strong>und</strong> Fußgängerverkehr ins Rutschen beziehungsweise aus dem Tritt<br />
zu bringen. Der Winterdienst <strong>der</strong> Städte <strong>und</strong> Gemeinden hält dann dagegen -<br />
manchmal ohne Erfolg. Kommt es schließlich zwischen verunglückten Verkehrsteilnehmern<br />
<strong>und</strong> den Betreibern des Streudienstes zum Streit um Schadenersatz<br />
o<strong>der</strong> Schmerzensgeld, entscheiden nicht selten die Gerichte:<br />
Auf Brücken stets beson<strong>der</strong>s achtsam fahren - Zwar besteht bei Winterglätte gr<strong>und</strong>sätzlich eine Pflicht für<br />
die Kommune, die <strong>Straße</strong>n zu streuen. Jedoch ist dabei zu beachten, dass es "unmöglich ist, sämtliche <strong>Straße</strong>n<br />
völlig fehlerfrei <strong>und</strong> gefahrlos zu gestalten o<strong>der</strong> zu erhalten". Somit besteht keine Pflicht, alle Fahrbahnen bei<br />
Winterglätte r<strong>und</strong> um die Uhr zu behandeln. Erleidet ein Autofahrer morgens um 5.40 Uhr <strong>auf</strong> einer vereisten<br />
Brücke einen Unfall mit einem Schaden an seinem Fahrzeug in Höhe von 4.350 Euro, so kann er diese Summe<br />
auch dann nicht von <strong>der</strong> Gemeinde erstattet bekommen, wenn sie diesen <strong>Straße</strong>nabschnitt (noch) nicht<br />
abgestumpft hatte, obwohl sich bereits eine St<strong>und</strong>e vorher dort ein vergleichbarer Unfall ereignet hatte. Vielmehr<br />
müssten Autofahrer bei einer schwierigen Wetterlage "gewisse Einwirkungen <strong>der</strong> Naturgewalten hinnehmen"<br />
<strong>und</strong> eigene Vorsicht walten lassen, so das Landgericht Osnabrück. (AZ: 5 O 791/07)<br />
"Außerorts" nur an beson<strong>der</strong>s gefährlichen Stellen vorsorgen - Die Streu- <strong>und</strong> Räumpflicht eines B<strong>und</strong>eslandes<br />
für <strong>Straße</strong>n außerhalb von Ortschaften besteht nur an Stellen, die beson<strong>der</strong>s gefährlich sind. Kann<br />
jemand "auch bei Anwendung <strong>der</strong> - <strong>auf</strong>gr<strong>und</strong> <strong>der</strong> winterlichen Verhältnisse - gesteigerten Sorgfalt <strong>und</strong> die<br />
dadurch exakte Beobachtung <strong>der</strong> Fahrbahn die <strong>Straße</strong>nverhältnisse entwe<strong>der</strong> gar nicht o<strong>der</strong> nicht zeitig genug<br />
erkennen (<strong>und</strong> dementsprechend die beson<strong>der</strong>e Gefahr nicht abwenden), so ist von einer gefährlichen Stelle"<br />
auszugehen, so das Oberlandesgericht Braunschweig. Den Beweis dafür muss aber <strong>der</strong> geschädigte Autofahrer<br />
führen. (Hier hatte <strong>der</strong> Fahrer an einem Einmündungsbereich einen Unfall verursacht, nachdem er zuvor<br />
<strong>auf</strong> einer schneeglatten B<strong>und</strong>esstraße gefahren war. Das Gericht konnte hier keine "beson<strong>der</strong>e Gefährlichkeit"<br />
erkennen. Es ging vielmehr davon aus, dass <strong>der</strong> Fahrer an dieser Stelle sein Tempo nicht "<strong>der</strong> erhöhten<br />
Rutschgefahr angepasst" hatte. (AZ: 3 U 42/05)<br />
Die Kommune kann nicht zugleich <strong>auf</strong> je<strong>der</strong> <strong>Straße</strong> sein - Die Städte <strong>und</strong> Gemeinden dürfen die Reihenfolge,<br />
in <strong>der</strong> sie im Winter einzelne <strong>Straße</strong>nzüge von <strong>Schnee</strong> <strong>und</strong> <strong>Eis</strong> befreien, selbst festlegen - vorausgesetzt,<br />
sie halten sich dabei an sachgerechte Kriterien (wie beispielsweise <strong>der</strong> Verkehrsbedeutung o<strong>der</strong> dem<br />
Verkehrs<strong>auf</strong>kommen). Ist eine <strong>Straße</strong> erst für die Tour "ab halb zehn" vorgesehen (die Streupflicht beginnt<br />
um 7.00 Uhr), weil die <strong>Straße</strong> nicht so verkehrswichtig ist, so kann ein Autofahrer, <strong>der</strong> dort <strong>auf</strong> Glatteis um<br />
9.30 Uhr einen Unfall hat, keinen Schadenersatz von <strong>der</strong> Stadt verlangen. Die Kommune hat ihre Verkehrssicherungspflicht<br />
nicht verletzt, weil sie "nicht alle <strong>Straße</strong>nzüge gleichzeitig räumen" kann. Die Räum - <strong>und</strong><br />
Streupflichten gelten nicht "uneingeschränkt". (Saarländisches Oberlandesgericht, 4 U 19/05-70)<br />
Kommune muss <strong>auf</strong> "kommende Glätte" vorbeugend agieren - Die Kommunen sind verpflichtet, insbeson<strong>der</strong>e<br />
stark befahrene <strong>Straße</strong>n, die Brücken überqueren, bei Gefahr von <strong>Schnee</strong>- <strong>und</strong> <strong>Eis</strong>glätte beson<strong>der</strong>s<br />
intensiv in den Streudienst einzubeziehen. Sie müssen Berichte des Deutschen Wetterdienstes verfolgen <strong>und</strong><br />
dar<strong>auf</strong>hin gegebenenfalls auch noch abends tätig werden, wenn es voraussichtlich dann "zur Glättebildung<br />
kommen" wird. (Hier war dies nicht geschehen, was einen Taxifahrer ins Schleu<strong>der</strong>n brachte <strong>und</strong> vor eine<br />
Laterne prallen ließ. Da er jedoch nach Zeugenaussagen "zu schnell" beziehungsweise "zügig" unterwegs<br />
war, erkannte das Landgericht Essen ein 50prozentiges Mitverschulden.) (AZ: 9 U 169/04)<br />
Kommune darf Streumittel frei wählen - Setzt eine Kommune bei <strong>Schnee</strong>- <strong>und</strong> <strong>Eis</strong>glätte an einer Bushaltestelle<br />
Tausalz als Streumittel ein, so kann ein Anwohner, dessen - <strong>auf</strong> einem Sandsteinsockel erbautes - Haus<br />
durch aus dem Boden <strong>auf</strong>steigendes Salzwasser beschädigt wird, keinen Schadenersatz für die Sanierung von<br />
<strong>der</strong> Gemeinde verlangen (hier gefor<strong>der</strong>t in Höhe von 2.600 €), da diese in <strong>der</strong> Wahl des Streumittels frei ist<br />
<strong>und</strong> gerade an einer Bushaltestelle durch den Einsatz von Tausalz eine bessere Wirkung erzielt wird als beim<br />
Streuen von Splitt. Die <strong>Straße</strong>nanlieger müssen die Beeinträchtigungen hinnehmen <strong>und</strong> sich die ungünstige<br />
Lage ihres Gr<strong>und</strong>stücks selbst anrechnen lassen. (Thüringer Oberlandesgericht, 4 U 218/05)
Wird freiwillig geräumt, muss es gründlich sein - Wird ein Landstraßenabschnitt von <strong>Schnee</strong> <strong>und</strong> <strong>Eis</strong> befreit,<br />
obwohl es sich nicht um eine beson<strong>der</strong>e Gefahrenstelle handelt <strong>und</strong> das Land an sich nicht zur Räumung<br />
verpflichtet wäre, so kann ein Autofahrer, <strong>der</strong> <strong>auf</strong> einer 100 Meter langen vereisten Teilstrecke, die nicht geräumt<br />
worden war, von <strong>der</strong> Fahrbahn abkommt, dennoch Schadenersatz vom Land verlangen, da er nicht<br />
damit rechnen musste, dass die <strong>Straße</strong> nicht komplett verkehrssicher gemacht wurde. (Hier wurde dem Autofahrer<br />
ein 50prozentiges Mitverschulden angelastet, weil er seinen Fahrstil nicht den Witterungsverhältnissen<br />
angepasst hatte - mit <strong>der</strong> Folge, dass <strong>der</strong> gefor<strong>der</strong>te Schadenersatz in Höhe von 3.300 Euro nur zur Hälfte<br />
zugesprochen wurde.) (Brandenburgisches Oberlandesgericht, 2 U 36/03)<br />
An Bushaltestellen ist beson<strong>der</strong>s sorgfältig zu streuen - Stürzt ein Busfahrer <strong>auf</strong> Glatteis, als er an einer<br />
Bushaltestelle seinen mobilen Arbeitsplatz kurz verlässt <strong>und</strong> <strong>auf</strong> die <strong>Straße</strong> tritt, so muss die Kommune<br />
Schmerzensgeld zahlen, wenn sich herausstellt, dass sie dort trotz Blitzeis nicht genug abstumpfende Mittel<br />
gestreut hat. Insbeson<strong>der</strong>e an solchen "fußgängerintensiven" Stellen muss beson<strong>der</strong>s sorgfältig vorgesorgt<br />
werden. Allerdings kann <strong>der</strong> Busfahrer nur 50 Prozent seines Schadens ersetzt verlangen, wenn er einräumt,<br />
"im Radio von <strong>der</strong> bevorstehenden kritischen Wetterlage gehört gehabt zu haben". (OLG Hamm, 9 U 116/03)<br />
Winterdienst gibt's nur an kritischen Stellen - Fährt ein Autofahrer an einem sonnigen Wintertag außerhalb<br />
geschlossener Ortschaften <strong>auf</strong> einer Landstraße durch ein Waldstück <strong>und</strong> kommt er in einer langgezogenen<br />
<strong>und</strong> übersichtlichen Kurve durch Glatteis von <strong>der</strong> <strong>Straße</strong> ab, so kann er für die bei dem Unfall erlittenen<br />
Verletzungen kein Schmerzensgeld wegen Verletzung <strong>der</strong> Streupflicht vom Land verlangen, wenn es sich<br />
nicht um einen beson<strong>der</strong>s kritischen <strong>Straße</strong>nabschnitt handelte. Der Autofahrer hätte wissen müssen, dass es<br />
an sonnigen Stellen nicht, an schattigen aber glatt sein kann. (Oberlandesgericht München, 1 U 4755/03)