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Vollversion (8.77) - Forschungsjournal Soziale Bewegungen

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<strong>Forschungsjournal</strong> NSB, Jg. 13, Heft 2, 2000 121<br />

TREIBGUT<br />

Krise politischer<br />

Planung oder Krise<br />

sozialwissenschaftlicher<br />

Politikberatung?<br />

Die Krise der politischen Planung oder die<br />

Krise der Politikberatung durch Sozialwissenschaftler<br />

sind zwei Seiten ein und derselben<br />

Medaille. Die Betrachtung ist eine Frage des<br />

Standpunktes. Wer ,von außen' Politik beraten<br />

möchte und feststellt, dass diese sich sperrt,<br />

spricht - vielleicht mit einer Spur Selbstmitleid<br />

- von einer Krise politischer Planung. Wer<br />

,von innen' die Beratungsangebote auch solcher<br />

Sozialwissenschaftler bewertet, die dem<br />

politischen Prozess recht nahe stehen, spricht -<br />

vielleicht mit einer Spur unangemessener Überheblichkeit<br />

- von einer Krise der Politikberatung<br />

durch Sozialwissenschaftler. In letzterer<br />

Betrachtungsweise erscheint Gerd Mielkes 1<br />

Aussage, „Sozialwissenschaften [lieferten] Jahr<br />

um Jahr imposante Mengen von politikrelevanten<br />

Einsichten und Befunden, die eine höchst<br />

brauchbare Grundlage für Beratungs- und Planungsprozesse<br />

im Bereich politischer Entscheidungen<br />

und ihrer Implementation abgeben können"<br />

(Mielke 1999: 40), doch sehr zweifelhaft.<br />

Als Politikwissenschaftler, den es auf das Gebiet<br />

der politischen Beratung einer Fraktion<br />

verschlagen hat, behaupte ich von mir, die Betrachtung<br />

von innen zu haben. Zwar verstehe<br />

ich die Sicht von außen, sage aber zugleich: Sie<br />

ist falsch. Ich will an dieser Stelle die mir<br />

zweifelhafte Verortung des Problems und die<br />

unklare Begrifflichkeit bei Mielke nicht weiter<br />

diskutieren. Vielmehr möchte ich einige Hinweise<br />

geben, was den Zugriff der Politik auf<br />

politische Planung und damit verbundene Bera­<br />

tung verhindert und an die Sozialwissenschaften<br />

appellieren, das Lamentieren einzustellen,<br />

den Gegenstand der Beratung zu akzeptieren<br />

wie er ist und daraus folgend ,passende' Beratungsangebote<br />

zu unterbreiten.<br />

Langfristige Planung vs.<br />

kurzfristige Polit-Show<br />

Mielke konstatiert einen Bedeutungszuwachs<br />

von Presse- und Öffentlichkeitsarbeit und macht<br />

dies für den Bedeutungsverlust politischer Planung<br />

mit verantwortlich. Ich halte diese Diagnose<br />

für richtig. Bedauerlich und unverständlich<br />

ist jedoch, daß Mielke in seinen ohnehin<br />

recht knapp geratenen Ausführungen zur Frage,<br />

wie denn die Position politischer Planung verbessert<br />

werden kann, dazu schlicht gar nichts<br />

sagt. Kann man den Bedeutungszuwachs wieder<br />

zurückschrauben? Kann politische Planung<br />

ihn sich eventuell nutzbar machen, indem sie<br />

Wege zu den Medien findet? Oder muß sie<br />

akzeptieren, dass Politik sich zusehends nach<br />

den Notwendigkeiten der Mediendemokratie<br />

zu richten hat, und versuchen, dies als Rahmenbedingung<br />

in ihre Beratung mit einzubeziehen?<br />

Letzteres ist der richtige Weg. Wer glaubt, die<br />

über Medien vorangetriebene Trivialisierung<br />

von Politik und ihr notwendiges Schielen auf<br />

den kurzfristigen medialen Effekt sei umkehrbar,<br />

irrt. Politische Planung und die Beratung<br />

des politischen Personals kann nur dann erfolgreich<br />

sein und Sinn machen, wenn sie ihre<br />

Vorschläge zum Ersten vom Ausgangspunkt<br />

ihrer .öffentlichen Implementation' her denkt:<br />

Wie kommt ein Vorschlag bei der eigenen Klientel<br />

an? Wie wirkt er auf die politische Konkurrenz?<br />

Wie werden sich wichtige Interessengruppen<br />

positionieren? Kann man eventuell<br />

entstehende politische Konflikte gewinnen? Ist<br />

es möglicherweise sogar sinnvoll, einen Konflikt<br />

mit einer Gruppe zu führen, oder sind die<br />

politischen Kosten zu hoch? Passt ein Vorschlag<br />

zum eigenen und/oder zum gewünschten Image,<br />

und wie verändert sich dieses? Und vor allem:

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