Vollversion (8.77) - Forschungsjournal Soziale Bewegungen
Vollversion (8.77) - Forschungsjournal Soziale Bewegungen
Vollversion (8.77) - Forschungsjournal Soziale Bewegungen
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Bürgergesellschaft als Prozess 63<br />
sich die Positionierung der/s Einzelnen im Wesentlichen<br />
nach seiner Erwerbsarbeit richtete,<br />
ist ein Auslaufmodell. Eine Vollbeschäftigung<br />
der klassischen Art wird es nicht mehr geben.<br />
Bei einer solidarischen Neuverteilung von Arbeit<br />
kann es daher auch nicht allein um eine<br />
Umverteilung der heutigen Erwerbsarbeit durch<br />
entsprechende Arbeitszeitverkürzung gehen. Sie<br />
erfordert vielmehr eine neue Bewertung des Verhältnisses<br />
von heute bezahlter Erwerbstätigkeit<br />
auf der einen und bisher unentgeltlich geleisteter,<br />
aber gesellschaftlich mindestens ebenso<br />
wertvoller Nicht-Erwerbsarbeit in Familien oder<br />
sozialen Einrichtungen auf der anderen Seite.<br />
Die Ideen und Konzepte hierfür, vom Dreischichtenmodell<br />
der Arbeit im Bericht an den<br />
Club of Rome (Giarini/Liedtke 1998) bis zum<br />
so genannten Münchner Modell von Gerd Mutz<br />
(1999), sind zahlreich.<br />
Auch hier werden die Veränderungen nicht in<br />
Einheitslösungen für alle, sondern in einer Vielzahl<br />
unterschiedlicher und flexibel an die jeweilige<br />
Situation angepasster Arbeitsformen<br />
bestehen und eher von den vielen kleinen lokalen<br />
Projekten als von den großen Organisationen<br />
ausgehen. Mehr Anreize dafür zu schaffen,<br />
wäre vermutlich ein wesentlich wirksamerer<br />
Beitrag zur Förderung bürgerschaftlichen<br />
Engagements, als es jeder moralische Appell<br />
je sein kann.<br />
Adrian Reinert ist Geschäftsführer der Stiftung<br />
MITARBEIT in Bonn.<br />
Literatur<br />
Evers, Tilman 1999: Bürgergesellschaft - Ideengeschichtliche<br />
Irritationen eines Sympathiebegriffes.<br />
In: Rundbrief Bürgerbeteiligung Stiftung MIT<br />
ARBEIT, Jg. 2, Heftl, 12-18.<br />
Gaskin, KatherinelSmith, Justin D./Paulwitz, Irmtraud<br />
1996: Ein neues bürgerschaftliches Europa.<br />
Eine Untersuchung zur Verbreitung und Rolle von<br />
Volunteering in zehn Ländern. Freiburg i.Br.<br />
Giarini, OrionILledtke, Patrick M. 1998: Wie wir<br />
arbeiten werden. Der neue Bericht an den Club of<br />
Rome. Hamburg.<br />
Granovetter, Mark 1973: The Strength of Weak<br />
Ties. In: American Journal of Sociology, Vol 78,<br />
1360-1380.<br />
Klages, Helmut/Gensicke, Thomas 1999: Wertewandel<br />
und bürgerschaftliches Engagement an der<br />
Schwelle zum 21. Jahrhundert. Speyer.<br />
Mutz, Gerd 1999: Strukturen einer Neuen Arbeitsgesellschaft.<br />
Der Zwang zur Gestaltung der Zeit.<br />
In: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 9/99,3-11.<br />
Ostrom, Elinor 1990: Governing the Commons.<br />
The Evolution of Institutions for Collective Action.<br />
Cambridge.<br />
Putnam, Robert D. 1993: Making Democracy<br />
Work. Civic Traditions in Modem Italy. Princeton.<br />
Rothstein, Bo 1994: Vad bör staten göra? Om<br />
välfärdsstatens moraliska och politiska logik.<br />
Stockholm.<br />
Stiftung MITARBEIT (Hg.) 1998: Wege zur Zukunftsfähigkeit,<br />
ein Methodenhandbuch. Bonn.<br />
Stiftung MITARBEIT (Hg.) 1999: Wozu Freiwilligen-Agenturen?<br />
- Visionen und Leitbilder. Bonn.