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Vollversion (8.77) - Forschungsjournal Soziale Bewegungen

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Freiwilligenagenturen 69<br />

gesetzt. Dies gilt für die Freiwilligenzentren in<br />

der Trägerschaft konfessioneller Wohlfahrtsverbände,<br />

aber auch für andere Freiwilligenagenturen<br />

wie z.B. den Münchner ,Tatendrang'<br />

(Prokop et al. o.J.). Eine weitere Schwerpunktsetzung<br />

wird erkennbar, wenn man die Arbeitsbereiche<br />

betrachtet. Auch wenn in der Konzeption<br />

noch vielfach von einer breiten Engagementförderung<br />

die Rede ist, lässt sich in der<br />

Praxis dann doch häufig eine starke Orientierung<br />

auf die Vermittlung engagementbereiter<br />

Bürger in Organisationen beobachten. Demgegenüber<br />

bleiben die Organisationsberatung und<br />

Aktivitäten für eine lokale Engagement-Kultur<br />

randständig.<br />

Die starke Orientierung auf den sozialen, wohlfahrtsverbandlichen<br />

und kirchlichen Bereich<br />

wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst:<br />

der Gründungsgeschichte der jeweiligen Einrichtungen;<br />

der Trägerschaft durch einen Spitzenverband<br />

der Freien Wohlfahrtspflege und<br />

nicht zuletzt auch der Qualifikationen der Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter, die zum großen<br />

Teil aus der sozialen oder pädagogischen Arbeit<br />

kommen. Darüber hinaus könnte die Fokussierung<br />

vieler Freiwilligenagenturen auf das<br />

<strong>Soziale</strong> auch durch fachliche Diskussionen und<br />

wissenschaftliche Forschungstätigkeiten beeinflusst<br />

sein, die für den sozialen Bereich am<br />

weitesten gediehen sind, während andere Engagementfelder<br />

unterbelichtet sind. 10<br />

Und als<br />

letzter Aspekt sei noch darauf hingewiesen,<br />

dass bei der Orientierung auf <strong>Soziale</strong>s auch<br />

die Debatten um einen Umbau des Sozialstaates<br />

und einen Ausbau zivilgesellschaftlicher<br />

Institutionen eine Rolle spielen könnten. Die<br />

Förderang freiwilligen sozialen Engagements<br />

weckt möglicherweise Hoffnungen, damit Einschnitte<br />

im Bereich sozialer Dienstleistungen<br />

auffangen zu können.<br />

Die ausgeprägte Orientierung auf den sozialen<br />

und wohlfahrtsverbandlichen Bereich ist inso­<br />

fern problematisch, da damit die Vielfalt des<br />

freiwilligen Engagements in den verschiedenen<br />

gesellschaftlichen Bereichen ausgeblendet<br />

bleibt und keine umfassende Engagementförderang<br />

betrieben wird.<br />

Auch die Fokussierung vieler Frei willigenagenturen<br />

auf die Vermittlung engagementinteressierter<br />

Bürger erweist sich als Problem und<br />

stellt letztendlich eine ,Falle' dar: Freiwilligenagenturen<br />

sind nicht in erster Linie Instanzen<br />

zur Vermittlung von Bürgern in Organisationen,<br />

sondern ihr Auftrag besteht in einer<br />

umfassenden Engagementförderung. Die Vermittlungstätigkeit<br />

ist dabei nur eine Aktivität<br />

unter anderen und kann keineswegs die Zusammenarbeit<br />

mit Organisationen und Aktivitäten<br />

für eine lokale Engagement-Kultur ersetzen.<br />

Hinzu kommt, dass sowohl die Erfahrungen<br />

länger bestehender deutscher Agenturen<br />

als auch die internationalen Erfahrungen" zeigen,<br />

dass sich mit den konkret erfassbaren Zahlen<br />

vermittelter Bürgerinnen und Bürger die<br />

öffentliche Förderung von Freiwilligenagenturen<br />

nicht legitimieren lässt (näheres dazu im<br />

folgenden Kapitel). Die Tätigkeit von Freiwilligenagenturen<br />

macht offensichtlich nur dann<br />

Sinn, wenn es vielfältige Aktivitäten für eine<br />

umfassende Engagementförderang gibt.<br />

Fragt man nach den Hintergründen für eine<br />

derartige Schwerpunktsetzung vieler Freiwilligenagenturen<br />

in der Vermittlungstätigkeit, so<br />

dürfte dies in verschiedenen Entwicklungen<br />

gegründet sein. Die Beratung und Begleitung<br />

gemeinnütziger Organisationen bei der Gewinnung<br />

und der Arbeit mit Freiwilligen setzt eine<br />

Kooperationsbereitschaft der Organisationen<br />

voraus. Sie müssen bereit sein, gegenüber den<br />

von außen kommenden Mitarbeiterinnen und<br />

Mitarbeitern der Freiwilligenagentur ihre Praxis<br />

der Arbeit mit Freiwilligen offen zu legen<br />

und Einblicke in innerorganisatorische Abläufe<br />

zu gewähren. Dies erweist sich dann als

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