Vier Wochen Exeter - NA-BIBB
Vier Wochen Exeter - NA-BIBB
Vier Wochen Exeter - NA-BIBB
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Im Zusammenhang mit typischen englischen Speisen sei kurz auf „Fish and Chips“ und „Chicken<br />
Curry“ eingegangen. „Fish and Chips“ kamen in England gegen Mitte des 19. Jahrhunderts auf<br />
und entwickelten sich schnell zur am weitesten verbreiteten Speise. Angemerkt sei, dass der echte<br />
Conaisseur Fish and Chips nur aus Zeitungspapier isst. Zwischenzeitlich wurde Fish and Chips<br />
allerdings von Chicken Curry überholt. Interessanterweise ist Chicken Curry zwar von einem<br />
indischen Koch erfunden worden – dieser lebte jedoch in England. Und erst aus England fand<br />
Chicken Curry den Weg nach Indien. – So viel zu einer kleinen landeskundlichen Einlage in<br />
unserem Unterricht.<br />
Doris erfüllte in einer Hinsicht auch das Klischee über englische Frauen: Einmal in der Woche<br />
ging sie zum Bingo spielen. Bingo ist für englische Frauen das, was für deutsche Männer die<br />
Skatrunde ist. Außerdem gehörte sie einer Weightwatcher Gruppe an und an ihrem Kühlschrank<br />
hingen einige Plaketten mit der Aufschrift: „Weightwatcher of the Week“.<br />
An den ersten Abenden nahm ich um 19.00 Uhr an den von ehrenamtlichen Mitarbeitern – die<br />
unter Verweis auf ihre Ehrenamtlichkeit die Annahme von Trinkgeld verweigerten – geführten<br />
Stadtführungen teil. Hierbei freundete ich mich mit einem spanischen Lehrer-Ehepaar an. Die<br />
erste Führung hatte natürlich ein besonders typisches englisches Thema: Geister und Flüche in<br />
<strong>Exeter</strong>. Wir hatten eine sehr amüsante Führerin und wurden in die finstersten Ecken des<br />
mittelalterlichen <strong>Exeter</strong> geführt. Permanent wurden wir zur Vorsicht aufgerufen, um nicht einem<br />
Fluch bzw. Geist zum Opfer zu fallen…<br />
Nach dieser ersten Führung setzten die beiden Spanier und ich uns in ein kleines Café mit Blick<br />
auf die <strong>Exeter</strong> Cathedral und bestellten uns „Devon Cream Tea“. Dies besteht aus „Scones“ mit<br />
Marmelade und „Clotted Cream“. Scones sind ein Mischung aus süßem Brot oder Kuchen –<br />
jedenfalls hat es eine sehr feste und krümelige Konsistenz. „Scones“ kannte ich bereits aus<br />
meinem Buch „British Life“, in dem das Kochrezept dazu abgedruckt ist. Clotted Cream ist eine<br />
Art Schlagsahne – allerdings sehr fest in der Konsistenz, fast schon wie Butter. Diese Scones<br />
schneidet man auf und tut Marmelade und Clotted Cream darauf. Dazu trinkt man natürlich Tee.<br />
Normalerweise werden zwei Scones bestellt – was auch völlig ausreichend ist, da diese Mahlzeit<br />
sehr mächtig ist. – Bei dieser Mahlzeit stellte ich dann auch fest, wie preiswert Tee in englischen<br />
Restaurants ist: 65 p pro Tasse. Eine Tasse Kaffee kostete mindestens 1,20 Pfund. Das merkte ich<br />
mir dann für weitere Aufenthalte in Pubs und Restaurants.<br />
Die zweite Führung, die ich mitmachte, ging zu den Katakomben von <strong>Exeter</strong>. Diese waren im 19.<br />
Jahrhundert kommerziell angelegt worden – doch aufgrund der hohen Gebühren wurden von den<br />
18.000 Plätzen nur vier belegt. Ein seinerzeit großer wirtschaftlicher Flop also.<br />
Auf einer anderen Führung wurde erwähnt, dass 25% der Bausubstanz von <strong>Exeter</strong> durch einen<br />
Bombenangriff im zweiten Weltkrieg zerstört worden sei. Der Hintergrund für diesen<br />
Bombenangriff soll der Folgende gewesen sein: Nach der Bombardierung von Dresden soll Hitler<br />
sich wutentbrannt einen Baedeker haben geben lassen und sich fünf historisch wertvolle Städte in<br />
England ausgesucht haben, um diese zur Vergeltung zu bombardieren. <strong>Exeter</strong> soll eine dieser fünf<br />
Städte gewesen sein. – Ferner wurde erwähnt, dass im Rahmen eines Modernisierungswahns in<br />
den sechziger Jahren, weitere 25% der alten Bausubstanz abgerissen worden sein soll. Dies hörte<br />
ich dahin gehend sehr gerne, da ich meine lieben deutschen Landsleute für ähnliche Taten in<br />
dieser Epoche bis zu diesem Zeitpunkt nie sonderlich gut leiden konnte – hiermit waren ihre<br />
Taten von meinen eigentlich für ihren Traditionssinn bekannten und diesbezüglich von mir so<br />
geschätzten Engländern aber im Sinne einer Relativierung rehabilitiert (na ja: sagen wir zumindest<br />
teilweise).<br />
Nach dem Abendessen und den ggf. durchgeführten Führungen trafen wir Schüler uns manchmal<br />
in Pubs in der City. Die Tatsache, dass man sich in englischen Pubs seine Getränke an der Theke<br />
abholen muss, was mit langem Warten verbunden sein kann, ist schon etwas<br />
gewöhnungsbedürftig. Erfreulich hingegen war die Tatsache, dass die lieben Engländer nicht