Lenin Werke Band 18 - Red Channel

Die poUtisdßen Parteien in Rußland 33
hat doch gerade dieser Rat eine so hervorragende, mehr noch, führende
Rolle gespielt bei der Auseinanderjagung der II. Duma, bei der Änderung
des Wahlgesetzes und beim Staatsstreich vom 3. Juni.
Um die ökonomische Macht dieser Klasse in Rußland deutlich zu
machen, genügt es, auf die folgende grundlegende Tatsache hinzuweisen,
die durch Zahlen der von der Regierung, vom Innenministerium, herausgegebenen
Bodenstatistik vom Jahre 1905 bewiesen wird.
Im Europäischen Rußland besitzen weniger als 30000 Gutsbesitzer
70 Millionen Desjatinen Land; ebensoviel besitzen die 10 Millionen
Bauernfamilien mit dem kleinsten Bodenanteil. Auf einen Großgrundbesitzer
ergibt das im Durchschnitt ungefähr 2300 Desjatinen Land; auf
einen armen Bauern 7 Desjatinen Land - je Familie, je Hof.
Es ist ganz natürlich und unvermeidlich, daß der Bauer auf einem
solchen „Anteil" nicht leben, sondern nur langsam sterben kann. Ständige
Hungersnöte, von denen Millionen betroffen sind - wie die Hungersnot in
diesem Jahr -, zerstören in Rußland fortlaufend, nach jeder Mißernte, die
Bauernwirtschaft. Die Bauern müssen Land bei den Gutsbesitzern pachten
- gegen Abarbeit jeder Art. Für das Land arbeitet der Bauer mit
seinem Pferd und seinen Geräten bei dem Gutsbesitzer. Das ist der alte
Frondienst, nur daß er offiziell nicht Leibeigenschaft genannt wird. Und
auf Grundstücken von 2300 Desjatinen können die Gutsbesitzer im allgemeinen
auch keine andere Wirtschaft führen als eine auf Schuldknechtschaft
und Abarbeit, d. h. auf Frondienst beruhende Wirtschaft. Mit
Hilfe von Lohnarbeitern bearbeiten sie lediglich einen Teil dieser gewaltigen
Besitzungen.
Weiter, diese selbe Klasse der adligen Gutsbesitzer stellt dem Staat
den weitaus größten Teil aller höheren und mittleren Beamten. Die Privilegien
des Beamtentums in Rußland, das ist die andere Seite der Privilegien
und der auf dem Grundbesitz beruhenden Macht der adligen Gutsbesitzer.
Hieraus wird begreiflidi, daß der Rat des vereinigten Adels und
die „rechten" Parteien nicht zufällig, sondern unvermeidlich, nicht auf
Grund des „bösen Willens" einzelner Personen, sondern unter dem
Druck der Interessen einer unerhört mächtigen Klasse eine Politik der
alten Leibeigenschaftstraditionen vertreten. Die alte herrschende Klasse,
die Nachkömmlinge der Fronherren, die nach wie vor die herrschende
geblieben ist, hat sich die entsprechende Partei geschaffen. Diese Partei,