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28907 Seiten - Museen in Bayern

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MUSEUMSPORTRÄT 7<br />

Die Städtische Kunstsammlung, 19.-21. Jahrhundert<br />

Akademietradition und Aufbruch/Antiakademische<br />

Strömungen/Weimarer Malerschule<br />

Der erste Ausstellungsraum, der den Rundgang durch die<br />

Städtische Kunstsammlung eröffnet, ist der Kunst des<br />

19. Jahrhunderts gewidmet. Die Sammlung der Städtischen<br />

Galerie hat ihren historischen Anfang <strong>in</strong> der ersten<br />

Hälfte des 19. Jahrhunderts. In dieser Zeit veränderten<br />

sich die Bed<strong>in</strong>gungen künstlerischer Produktion <strong>in</strong> Folge<br />

des Aufbrechens des religiösen und sozialen Gefüges im<br />

Zuge der Französischen Revolution. Die Folgen waren<br />

weitreichend: Sie lösten den Künstler aus den B<strong>in</strong>dungen<br />

von Kirche und Staat und veränderten nach und nach die<br />

Rahmenbed<strong>in</strong>gungen des künstlerischen Schaffens. Ausstellungen<br />

wurden zum Forum für die öffentliche Präsentation<br />

der Werke und entschieden über Akzeptanz oder<br />

Verwerfung e<strong>in</strong>es Künstlers.<br />

An die Stelle kirchlicher, adeliger und höfischer Auftraggeber<br />

trat zunehmend e<strong>in</strong> spezifisch bildungsbürgerliches<br />

Kunstpublikum, das Teilhabe am Besitz von und im<br />

Diskurs über Kunst beanspruchte und sich verstärkt seit<br />

den 20er Jahren des 19. Jahrhunderts <strong>in</strong> Kunstvere<strong>in</strong>en<br />

engagierte. Diesem bürgerlichen Publikum und e<strong>in</strong>em<br />

mehr epochentypischen Zeitgeschmack hatte sich der<br />

vielfach akademisch geschulte Künstler zu stellen, der<br />

von e<strong>in</strong>em entsprechenden Kanon geprägt war. Demnach<br />

genoss das Historienbild die höchste Rangordnung <strong>in</strong> der<br />

Malerei, ger<strong>in</strong>ger bewertet wurden dagegen die Landschaft,<br />

das Stilleben und das Bildnis, das eher als Auftragskunst<br />

entstand. Doch gerade Landschaft, Stilleben<br />

und Bildnis fanden zunehmend bei e<strong>in</strong>em bürgerlichen<br />

Publikum, das neben Adel und Klerus trat, Anklang. Die<br />

Gattungen Historienbild, Porträt, Landschaft s<strong>in</strong>d im ersten<br />

Raum der Ausstellung der Städtischen Kunstsammlungen<br />

vertreten, wobei akademischen Konventionen<br />

verpflichtete Bilder mit solchen kontrastiert s<strong>in</strong>d, <strong>in</strong> denen<br />

sich e<strong>in</strong>e neue Sicht der Wirklichkeit und Malweise abzeichnet.<br />

E<strong>in</strong>e neue Wertigkeit erlebten Porträt, Landschaft und<br />

Stilleben <strong>in</strong> der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts im Münchner<br />

Leibl-Kreis, e<strong>in</strong>er ideellen Geme<strong>in</strong>schaft von Künstlern,<br />

die e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Kunstauffassung und Arbeitsweise<br />

verband. Die Künstler kannten sich von ihrem Studium<br />

an der Kunstakademie München her, wo sie zum<br />

Teil bei den gleichen Lehrern studiert hatten. Darunter<br />

waren Wilhelm Busch, Carl Schuch, Otto Scholderer und<br />

als besondere Vertraute Theodor Alt und Johann Sperl.<br />

Die Künstler des Leibl-Kreises folgten e<strong>in</strong>em neuen Wirklichkeitss<strong>in</strong>n,<br />

der sich gegen die hehren Inhalte von Histo-<br />

rismus und Idealismus wandte und auf e<strong>in</strong> Studium der<br />

Natur und vor allem der holländischen Meister und ihrem<br />

Realismus gründete. Wesentlich für den Leibl-Kreis war<br />

das Streben nach dem sogenannten „Re<strong>in</strong>malerischen“.<br />

Demzufolge s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der malerischen Bearbeitung traditioneller<br />

Themen <strong>in</strong> der Gegenüberstellung von akademischer<br />

Kunst und der Kunst des Leibl-Kreises wesentliche<br />

Veränderungen zu beobachten.<br />

Den Künstlern des Leibl-Kreises ist e<strong>in</strong> eigenes Kab<strong>in</strong>ett<br />

<strong>in</strong>nerhalb des Ausstellungsraumes 03 gewidmet. Es zeigt<br />

Porträts, auch Selbstbildnisse, bäuerliche Motive und<br />

solche aus der Natur, den „Bauerngarten“ und die „Bauernküche“<br />

von Sperl, e<strong>in</strong>e „Waldstudie“ von Theodor Alt.<br />

Liebermanns Nähe zum Leibl-Kreis unterstreicht se<strong>in</strong><br />

Bildnis des Leibl-Intimus Johannes Sperl. Außerdem f<strong>in</strong>det<br />

sich hier die „realistische“ Bearbeitung religiöser Themen<br />

durch Fritz von Uhde.<br />

E<strong>in</strong>en weiteren Schwerpunkt bildet der Maler Ludwig von<br />

Gleichen-Russwurm als Vertreter der Weimarer Malerschule.<br />

Er studierte wie Max Liebermann, der wiederum<br />

mit dem Leibl-Kreis verbunden war, an der Großherzoglichen<br />

Weimarer Malerschule. Hier setzte sich <strong>in</strong> der Prov<strong>in</strong>z<br />

e<strong>in</strong>e neue, an der Rezeption der französischen Impressionisten<br />

geschulte Landschaftsauffassung durch.<br />

Aufgrund ihrer langjährigen Erfahrungen mit der Ple<strong>in</strong>air-<br />

Malerei vermochten die Weimarer Maler die Neuerungen<br />

des französischen Impressionismus auf dem Gebiet der<br />

Farbaufhellung und Wirklichkeitserfassung als Weiterentwicklung<br />

ihrer eigenen Bestrebungen sehen. Der Kunsthistoriker<br />

Julius Meier-Graefe hebt Gleichen-Russwurm<br />

als Maler hervor, der als e<strong>in</strong>er der ersten deutschen Maler<br />

e<strong>in</strong>en impressionistischen Malstil entwickelt hat.<br />

In Abkehr von der klassischen Sehnsuchtslandschaft Italiens<br />

wurde zunehmend – wie auch im Leibl-Kreis – die<br />

Landschaft der unmittelbaren Umgebung dargestellt. Die<br />

Landschaft ersche<strong>in</strong>t durch die genaue Erfassung ihrer<br />

Topografie und der momentan erfassten atmosphärischen<br />

Situation als vertrautes heimatliches Umfeld, das<br />

dem Menschen zur Nutznießung und Muße zur Verfügung<br />

steht.<br />

Deutscher Impressionismus/Kunst der Sezessionen<br />

Im Mittelpunkt des nächsten Ausstellungsraumes steht<br />

die fortschrittliche Malerei des späten deutschen Impressionismus.<br />

Freie Künstlergeme<strong>in</strong>schaften, die sogenannten<br />

„Sezessionen“, bildeten sich zunächst <strong>in</strong> München<br />

(Hugo von Habermann) und dann Ende des 19. Jahrhunderts<br />

<strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>. Besonders die „Berl<strong>in</strong>er Secession“ widmete<br />

sich jener deutschen impressionistischen Malerei,<br />

die Wilhelm II. abschätzig als „R<strong>in</strong>nste<strong>in</strong>kunst“ bezeich-

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