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28907 Seiten - Museen in Bayern

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FAKTEN, TENDENZEN, HILFEN<br />

23<br />

BAYERISCHES<br />

LANDESAMT<br />

FÜR<br />

DENKMALPFLEGE<br />

LANDESSTELLE FÜR DIE<br />

NICHTSTAATLICHEN MUSEEN


Museum heute 23<br />

Fakten – Tendenzen – Hilfen<br />

Herausgeber:<br />

Landesstelle für die nichtstaatlichen <strong>Museen</strong><br />

beim Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege<br />

Wagmüllerstr. 20<br />

80538 München<br />

Telefon 089/210140-0<br />

Telefax 089/210140-40<br />

E-Mail museen-<strong>in</strong>-bayern@extern.lrz-muenchen.de<br />

Internet www.museen-<strong>in</strong>-bayern.de<br />

Redaktion:<br />

Dr. Wolfgang Stäbler<br />

Gesamtherstellung:<br />

Lipp GmbH, Graphische Betriebe,<br />

81477 München<br />

Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier<br />

Titelfoto:<br />

Kulturspeicher Würzburg<br />

München, im Juli 2002<br />

ISSN 0944-8497


INHALT<br />

Museumsporträt<br />

Museum im Kulturspeicher Würzburg. E<strong>in</strong> Blick<br />

auf Bau und Sammlungen<br />

(Marlene Lauter und Beate Reese) . . . . . . . . . . . . 3<br />

Arbeitshilfen<br />

E<strong>in</strong> zweites Leben im Museum – für wie lange?<br />

Gedanken zum Bauunterhalt <strong>in</strong> Freilandmuseen<br />

(Sebastian Roser) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10<br />

So steigt die Medienpräsenz. Erfahrungswerte<br />

aus der Agenturpraxis<br />

(Marion Vorbeck) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22<br />

Schöne neue Welt? „Neue Medien“ im Museum<br />

(Christof Flügel) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25<br />

Brücke zwischen Kunst und K<strong>in</strong>d, oder:<br />

Lust auf barocke Kostbarkeiten.<br />

Schlösserführungen für K<strong>in</strong>der und Eltern<br />

(Anita Heft) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29<br />

Fotografie<br />

Konservatorische Sicherung und digitale<br />

Erschliessung historischer Glasplatten-Negativbestände.<br />

Zur Archivierung sowie hitze-<br />

und druckbelastungsfreien „Duplizierung“<br />

(Markus Hundemer) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33<br />

Bücher rund um die Fotografie . . . . . . . . . . . . . . . . 42<br />

Berichte/Aktuelles<br />

Chaos oder Dogma? Auf dem Weg zu e<strong>in</strong>em<br />

globalen Ethik-Begriff<br />

(Manus Br<strong>in</strong>kman) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45<br />

Museumsethik – der Versuch e<strong>in</strong>er Annäherung.<br />

Jahrestagung des Deutschen Museumsbundes<br />

<strong>in</strong> Nürnberg, 5.-8.5.2002<br />

(Wolfgang Stäbler) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50<br />

Warum der Holzschuh geröntgt werden musste –<br />

oder: Musealisierung e<strong>in</strong>es Tagelöhnerhauses<br />

mit den Mitteln moderner Kunst. Das Projekt<br />

„InnenLeben – Haus der Gefühle“ im Westfälischen<br />

Freilichtmuseum Detmold<br />

(Stephan Pahs) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53<br />

<strong>Museen</strong> als Medium – Medien im Museum.<br />

Symposion zu Perspektiven der Museologie,<br />

Stuttgart 5./6. Juli 2002<br />

(Wolfgang Stäbler) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57<br />

Neue Wege der Museumspädagogik.<br />

Fachtagung des Arbeitskreises selbständiger<br />

Kultur-Institute e. V. <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit der<br />

Deutschen UNESCO-Kommission<br />

(Hannelore Kunz-Ott) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60<br />

Internationaler Museumstag 2002. Über 220<br />

bayerische <strong>Museen</strong> luden zum Mitfeiern e<strong>in</strong><br />

(Monika Dreykorn) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61<br />

www.museen-<strong>in</strong>-bayern.de:<br />

Alle bayerischen <strong>Museen</strong> auf e<strong>in</strong>en Klick<br />

(Monika Dreykorn) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62<br />

100 Sonderausstellungen im Schwäbischen Volkskundemuseum<br />

Oberschönenfeld. E<strong>in</strong> Rückblick<br />

anlässlich e<strong>in</strong>es besonderen Jubiläums<br />

(Hans Frei) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64<br />

Neue Bücher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66<br />

Museumseröffnungen <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> . . . . . . . . . . . . . . . 71<br />

Personalia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77<br />

Sonderausstellungen bayerischer <strong>Museen</strong> . . . . . . . 78<br />

Varia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83


MUSEUMSPORTRÄT 3<br />

MUSEUM IM KULTURSPEICHER WÜRZBURG<br />

E<strong>in</strong> Blick auf Bau und Sammlungen<br />

Kulturspeicher Würzburg, E<strong>in</strong>gangsbereich<br />

Das „Museum im Kulturspeicher“ <strong>in</strong> Würzburg wurde am<br />

22. Februar 2002 eröffnet. Im Gebäude e<strong>in</strong>es ehemaligen<br />

Hafenspeichers präsentiert sich die Kunst auf ca.<br />

3.500 m 2 <strong>in</strong> zwei großen, unterschiedlich strukturierten<br />

Abteilungen, die zwei museale Anliegen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Haus<br />

verb<strong>in</strong>den: Zum e<strong>in</strong>en erhielt die lange unter beengten<br />

Raumverhältnissen leidende Städtische Galerie endlich<br />

e<strong>in</strong> angemessenes Quartier, zum anderen konnte die<br />

Sammlung Ruppert <strong>in</strong> Würzburg etabliert werden und mit<br />

ihr e<strong>in</strong> wesentliches Segment der Moderne <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er <strong>in</strong> sich<br />

geschlossenen, überzeugenden Kollektion.<br />

Das Gebäude<br />

Heute noch lässt sich an der Fassade des Gebäudes zur<br />

Straßenseite h<strong>in</strong> das Entstehungsdatum ablesen: 1904<br />

wurde der Speicher errichtet, der damals zu den fort-<br />

schrittlichsten bayerischen Staatshäfen zählte. Dreigeschossig,<br />

e<strong>in</strong> langgestreckter Riegel am Ma<strong>in</strong>, verfügte er<br />

über ca. 8.000 m 2 Fläche zur Aufnahme von Getreide und<br />

anderen Gütern. Als flussabwärts e<strong>in</strong> neuer Hafen entstand,<br />

verlor das Gebäude se<strong>in</strong>e eigentliche Funktion;<br />

temporär nutzten Firmen Teilflächen weiterh<strong>in</strong> als Warenlager.<br />

E<strong>in</strong>drucksvoll ist die Fassade des historistischen<br />

Gebäudes mit se<strong>in</strong>en drei Schweifgiebeln und dem<br />

Kalkste<strong>in</strong>sockel, dem Sandste<strong>in</strong> <strong>in</strong> den oberen Etagen<br />

folgt. Im Inneren prägt e<strong>in</strong> Stützenraster von vier mal vier<br />

Metern den Bau, kräftige Eichenbalken im Erdgeschoss,<br />

<strong>in</strong> den oberen Etagen durch Nadelholz von kle<strong>in</strong>erem<br />

Querschnitt abgelöst.<br />

Über die Jahre hatte der E<strong>in</strong>bau von Büros und Schüttböden<br />

die ursprüngliche Stützenstruktur partiell zum Verschw<strong>in</strong>den<br />

gebracht. Hier setzte der bauliche Entwurf der<br />

Tirschenreuther Architekten Peter und Christian Brückner<br />

an. Die beiden hatten den architektonischen Wettbewerb<br />

gewonnen, den die Stadt Würzburg 1995/96 ausgeschrieben<br />

hatte, um mit der Bauaufgabe „Museum“ zugleich<br />

e<strong>in</strong> bis dato brachliegendes stadtnahes Areal städtebaulich<br />

an die City heranzuführen. Der Entwurf sah die<br />

Entkernung des Gebäudes vor, damit großzügige Räume<br />

für die Kunst entstünden. Das Foyer allerd<strong>in</strong>gs sollte von<br />

der Baugeschichte zeugen und zusammen mit den Fassaden<br />

den Denkmalcharakter des Hauses erhalten. So<br />

blieb die Stützenstruktur im Erdgeschoss <strong>in</strong>takt, <strong>in</strong> den<br />

beiden darüber liegenden Geschossen wurden die<br />

Decken herausgenommen, die Balkendichte e<strong>in</strong> wenig<br />

reduziert, um e<strong>in</strong> nach oben offenes Raumkont<strong>in</strong>uum zu<br />

schaffen. 16 m hoch geht der Blick im Foyer bis zum gläsernen<br />

Dach. Als zentraler Empfang beherbergt die Halle<br />

Kasse und Museumsshop und liefert die Orientierung zu<br />

den beiden verschiedenen Kunstabteilungen.<br />

Das Mauerwerk der Fassade und die Bogenfenster mit<br />

kle<strong>in</strong>teiliger Sprossenstruktur wurden gere<strong>in</strong>igt, schadhafte<br />

Fenster durch entsprechende neue ersetzt. E<strong>in</strong>ige<br />

der alten Holztore bieten nun reizvolle Durchblicke durch<br />

die Ausstellungsräume oder auf den Ma<strong>in</strong>. Kopfbauten zu<br />

beiden <strong>Seiten</strong> des ursprünglichen Baues sorgen für e<strong>in</strong>e<br />

Vergrößerung der Ausstellungsräume bzw. Gewerberäume,<br />

die unabhängig vom Museum straßenseitig zu erreichen<br />

s<strong>in</strong>d. Auf <strong>in</strong>sgesamt 160 m Länge erstreckt sich nun<br />

das Gebäude. Se<strong>in</strong>e Erschließung erfolgt rückseitig;<br />

sogenannte Aussichtskanzeln im ersten und zweiten<br />

Stock leiten den Blick auf das alte Ma<strong>in</strong>becken, auch auf<br />

die Kohleanlieferung für das Kraftwerk <strong>in</strong> der Nachbarschaft,<br />

das den <strong>in</strong>dustriellen Charakter des Standortes<br />

behauptet.<br />

Zwölf Ausstellungsräume wurden als Kuben <strong>in</strong> das Gebäude<br />

h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>gestellt. Straßenseitig ergab sich hierdurch


4<br />

e<strong>in</strong>e doppelte Wand, die als Versorgungsschacht genutzt<br />

wird. Jeweils zwei Räume s<strong>in</strong>d durch breite Tore fließend<br />

über e<strong>in</strong>en kurzen Gang mite<strong>in</strong>ander verbunden; gleiche<br />

Tore führen zum Erschließungsgang auf der Gebäuderückseite,<br />

so dass verschiedene Möglichkeiten des Zugangs<br />

gegeben s<strong>in</strong>d. Die Belichtung der Ausstellungsräume<br />

erfolgt generell durch Kunstlicht. Die eigens für<br />

den Kulturspeicher entworfene Leuchte „White Plane“ hat<br />

<strong>in</strong>zwischen e<strong>in</strong>en Design-Preis erhalten. Ihr <strong>in</strong>direktes<br />

Licht gleitet von der Decke gleichmäßig <strong>in</strong> den Saal.<br />

Die Räume für Verwaltung, Bibliothek, Museumspädagogik<br />

und Café-Restaurant wurden <strong>in</strong> zwei Anbauten auf der<br />

Rückseite verlegt. Zweigeschossig und deutlich kle<strong>in</strong>er<br />

als der Hauptbau s<strong>in</strong>d diese mit grünem Glas verkleidet,<br />

mit Spuren alter Metallplatten bedruckt, die bei der Entkernung<br />

des Gebäudes zutage traten.<br />

MUSEUMSPORTRÄT<br />

Die Sammlung Peter C. Ruppert: Konkrete Kunst <strong>in</strong> Europa<br />

nach 1945<br />

Es darf als Glücksfall bezeichnet werden, dass die Idee,<br />

die Sammlung Ruppert nach Würzburg zu holen, sich mit<br />

der Planung des Speicherumbaus für kulturelle Zwecke<br />

zusammenführen ließ. Seit mehr als 30 Jahren konzentriert<br />

Peter C. Ruppert se<strong>in</strong> Sammel<strong>in</strong>teresse auf die Konkrete<br />

Kunst, diejenige Sparte der Moderne, die vollständig<br />

auf das Abbild des Gegenstandes verzichtet und die<br />

sich, über viele Widerstände h<strong>in</strong>weg, beharrlich als e<strong>in</strong>e<br />

Richtung der Kunst behauptet und bis <strong>in</strong> die Gegenwart<br />

fortentwickelt hat. Seit den 1980er Jahren teilt Rosemarie<br />

Ruppert die Leidenschaft ihres Mannes und hat ihn auf<br />

zahlreichen Kunstreisen begleitet. Anfang der 90er Jahre<br />

kam der erste Kontakt mit der damaligen Leiter<strong>in</strong> der<br />

Städtischen Galerie Würzburg, Britta E. Buhlmann, zu-<br />

Das offene Foyer hat die ursprüngliche Konstruktion des historischen Speicherraums mit Balkenrastern bewahrt


MUSEUMSPORTRÄT 5<br />

stande, die begonnen hatte, Konkrete Kunst <strong>in</strong> Ausstellungsprogramm<br />

und Ankaufspolitik (soweit die spärlichen<br />

Mittel reichten) zu <strong>in</strong>tegrieren.<br />

Das Ergebnis der Zielsetzung der Sammlung Ruppert, die<br />

Entwicklung und Ausbreitung der Konkreten Kunst <strong>in</strong> Europa<br />

zu verfolgen, kann nun an der Präsentation <strong>in</strong> sechs<br />

Räumen auf ca. 1.850 m 2 abgelesen werden. Für die historische<br />

Spanne der Sammlung markiert das Jahr 1945<br />

den Anfang; die jüngsten Arbeiten datieren aus dem Jahr<br />

2001. Insgesamt 171 Künstler aus 22 Ländern s<strong>in</strong>d vertreten,<br />

überwiegend mit charakteristischen E<strong>in</strong>zelwerken.<br />

Im Falle von Heijo Hangen und Günter Fruhtrunk unterbrach<br />

die Fasz<strong>in</strong>ation des Sammlers die eigene Regel;<br />

von beiden Künstlern trug er ganze Werkgruppen zusammen.<br />

Begann die sammlerische Tätigkeit mit dem Erwerb<br />

grafischer Arbeiten von Günter Fruhtrunk, so wurde <strong>in</strong> der<br />

Blick <strong>in</strong> die Ausstellung der Sammlung Konkreter Kunst<br />

Folge das Augenmerk fast ausschließlich auf Gemälde,<br />

Reliefs und Plastiken gerichtet. Unter den Künstlern s<strong>in</strong>d<br />

solche, die aufgrund ihrer zurückgezogenen Arbeit den<br />

Museumsbesucher zu Entdeckungen e<strong>in</strong>laden, wie auch<br />

Klassiker der Konkreten, deren Werke weltweit <strong>in</strong> den<br />

<strong>Museen</strong> der modernen Kunst präsent s<strong>in</strong>d; Josef Albers,<br />

Victor Vasarely, Max Bill und Richard Paul Lohse seien<br />

hier exemplarisch genannt.<br />

Die konsequent europabezogene Haltung im Aufbau der<br />

Sammlung trug dieser e<strong>in</strong>e ehrenvolle Schirmherrschaft<br />

e<strong>in</strong>: Mit Schreiben vom 22. März 1996 ließ Daniel Tarschys<br />

als damaliger Generalsekretär des Europarates Peter<br />

Ruppert die Zusage dazu mitteilen. Tarschys´ Nachfolger<br />

im Amt, Walter Schwimmer, setzt diese Schirmherrschaft<br />

fort und ist mit e<strong>in</strong>em Vorwort im Sammlungskatalog vertreten.


6<br />

Die Ausformung und Verzweigung der Fragestellungen<br />

der Konkreten Kunst verfolgt die Sammlung <strong>in</strong> den<br />

e<strong>in</strong>zelnen Ländern mit charakteristischen Hauptvertretern<br />

wie Barbara Hepworth, dem Ehepaar Mart<strong>in</strong>, Ben Nicholson<br />

und Bridget Riley für England, Antonio Calderara,<br />

Piero Dorazio, Mario Nigro für Italien oder Ad Dekkers,<br />

Jan Schoonhoven und Herman de Vries für die Niederlande.<br />

Die Recherchen des Ehepaars Ruppert reichen<br />

bis nach F<strong>in</strong>nland und Norwegen im Norden und<br />

Griechenland im Süden. Osteuropa präsentiert sich<br />

mit Exponaten von Julije Knijfer, Dora Maurer, Lev Nussberg,<br />

Henryk Stazewski, Zdenek Sykora und Ryszard<br />

W<strong>in</strong>iarski. Die Ausprägungen der deutschen Szene bilden<br />

neben der Schweiz und Frankreich e<strong>in</strong>en weiteren<br />

Schwerpunkt der Sammlung mit Werken von Künstlern<br />

wie Hartmut Böhm, Andreas Brandt, Eberhard Fiebig,<br />

Rupprecht Geiger, Erich Hauser, Erw<strong>in</strong> Heerich, Thomas<br />

Lenk, Adolf Luther, Karl Georg Pfahler und Hans Uhlmann.<br />

Seit den 1960er Jahren erweitern sich die Bildmöglichkeiten<br />

der Konkreten. Manfred Mohr beg<strong>in</strong>nt 1969 mit<br />

Hilfe von Computerprogrammen zu zeichnen, naturwissenschaftliche<br />

Themen erhalten <strong>in</strong> der Kunst mehr und<br />

mehr Gewicht, Fragen nach Ordnung und Chaos, Zufall<br />

und System werden als bildbestimmend diskutiert. All<br />

diese neueren Entwicklungen spiegeln sich <strong>in</strong> der Sammlung<br />

Ruppert. Auch konzeptuelle Ansätze, die sich mit<br />

der Bildwelt der Konkreten berühren, s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> die Sammlung<br />

aufgenommen, wie die Arbeit von He<strong>in</strong>z Gappmayr,<br />

„Senkrechte“, die „absolut koncret“ als Wörter fragmentarisch<br />

<strong>in</strong>e<strong>in</strong>andergreifend an e<strong>in</strong>e Vertikale anlagert; hier<br />

ist sozusagen das Credo des Sammlers Peter Ruppert <strong>in</strong><br />

visueller Form kondensiert. Die Holographie ist mit e<strong>in</strong>er<br />

Arbeit von Dieter Jung vertreten, der das konkrete Formenrepertoire<br />

aus der fassbaren Fläche herausnimmt<br />

und <strong>in</strong> irritierenden sche<strong>in</strong>räumlichen Verhältnissen anordnet.<br />

Auch die Fotografie muss hier genannt werden, die erst <strong>in</strong><br />

den letzten Jahren <strong>in</strong> den Blick der Ruppertschen Sammlertätigkeit<br />

gelangte, dann jedoch mit Kraft und Intensität,<br />

so dass sich von e<strong>in</strong>er eigenen kle<strong>in</strong>en Abteilung sprechen<br />

lässt. Namen wie Peter Keetmann, Gottfried Jäger<br />

und René Mächler stehen für die Bandbreite der Auffassungen<br />

von der Fotografie als formale Reduktion von<br />

Strukturen der gesehenen Welt bis zu seriellen Forme<strong>in</strong>heiten,<br />

wie sie die ohne L<strong>in</strong>se arbeitende Camera obscura<br />

erzeugt, zum kameralosen Fotogramm mit geometrischen<br />

Formen. Schließlich f<strong>in</strong>det auch die H<strong>in</strong>wendung<br />

zum virtuellen Bild <strong>in</strong> der Kunst Beachtung, etwa mit der<br />

Arbeit „Pelopi“ von Gerhard Mantz als re<strong>in</strong>er Computersimulation.<br />

MUSEUMSPORTRÄT<br />

Andreu Alfaro, Rhombus, Edelstahl auf Plexiglassockel, 1977<br />

So präsentiert sich die Sammlung als reich <strong>in</strong> Medien und<br />

Materialien, von den klassischen Werkstoffen Le<strong>in</strong>wand<br />

und Papier über Folien, (Plexi-)Glas zu Holz, Metall, Ste<strong>in</strong><br />

und Erde zu neuen, mit Hilfe von Computer und fotografischen<br />

Verfahren erzeugten Werken. Ihre Darstellung <strong>in</strong><br />

den sechs Räumen folgt <strong>in</strong> zwei Punkten e<strong>in</strong>er geografischen<br />

Gliederung: Arbeiten aus der Schweiz mit Zürich<br />

als e<strong>in</strong>em Kern und Sammelpunkt der Konkreten Kunst<br />

schon seit der Vorkriegszeit s<strong>in</strong>d räumlich konzentriert,<br />

ebenso wie Konkrete Kunst aus Frankreich, wo die Drehscheibe<br />

Paris <strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong> den 50er Jahren e<strong>in</strong>e vitale<br />

Szene hervorbrachte. Im übrigen folgt die Präsentation<br />

künstlerischer Fragestellungen wie „Durchdr<strong>in</strong>gung von<br />

Fläche und Raum“, „Licht und Oberflächen“ usw. gemäß<br />

dem Faktum, dass gerade die länderübergreifende Verbreitung<br />

der Ideen für die Konkrete Kunst typisch ist, was<br />

e<strong>in</strong>e überwiegend von nationalen Aspekten freie Gliederung<br />

nahe legt.


MUSEUMSPORTRÄT 7<br />

Die Städtische Kunstsammlung, 19.-21. Jahrhundert<br />

Akademietradition und Aufbruch/Antiakademische<br />

Strömungen/Weimarer Malerschule<br />

Der erste Ausstellungsraum, der den Rundgang durch die<br />

Städtische Kunstsammlung eröffnet, ist der Kunst des<br />

19. Jahrhunderts gewidmet. Die Sammlung der Städtischen<br />

Galerie hat ihren historischen Anfang <strong>in</strong> der ersten<br />

Hälfte des 19. Jahrhunderts. In dieser Zeit veränderten<br />

sich die Bed<strong>in</strong>gungen künstlerischer Produktion <strong>in</strong> Folge<br />

des Aufbrechens des religiösen und sozialen Gefüges im<br />

Zuge der Französischen Revolution. Die Folgen waren<br />

weitreichend: Sie lösten den Künstler aus den B<strong>in</strong>dungen<br />

von Kirche und Staat und veränderten nach und nach die<br />

Rahmenbed<strong>in</strong>gungen des künstlerischen Schaffens. Ausstellungen<br />

wurden zum Forum für die öffentliche Präsentation<br />

der Werke und entschieden über Akzeptanz oder<br />

Verwerfung e<strong>in</strong>es Künstlers.<br />

An die Stelle kirchlicher, adeliger und höfischer Auftraggeber<br />

trat zunehmend e<strong>in</strong> spezifisch bildungsbürgerliches<br />

Kunstpublikum, das Teilhabe am Besitz von und im<br />

Diskurs über Kunst beanspruchte und sich verstärkt seit<br />

den 20er Jahren des 19. Jahrhunderts <strong>in</strong> Kunstvere<strong>in</strong>en<br />

engagierte. Diesem bürgerlichen Publikum und e<strong>in</strong>em<br />

mehr epochentypischen Zeitgeschmack hatte sich der<br />

vielfach akademisch geschulte Künstler zu stellen, der<br />

von e<strong>in</strong>em entsprechenden Kanon geprägt war. Demnach<br />

genoss das Historienbild die höchste Rangordnung <strong>in</strong> der<br />

Malerei, ger<strong>in</strong>ger bewertet wurden dagegen die Landschaft,<br />

das Stilleben und das Bildnis, das eher als Auftragskunst<br />

entstand. Doch gerade Landschaft, Stilleben<br />

und Bildnis fanden zunehmend bei e<strong>in</strong>em bürgerlichen<br />

Publikum, das neben Adel und Klerus trat, Anklang. Die<br />

Gattungen Historienbild, Porträt, Landschaft s<strong>in</strong>d im ersten<br />

Raum der Ausstellung der Städtischen Kunstsammlungen<br />

vertreten, wobei akademischen Konventionen<br />

verpflichtete Bilder mit solchen kontrastiert s<strong>in</strong>d, <strong>in</strong> denen<br />

sich e<strong>in</strong>e neue Sicht der Wirklichkeit und Malweise abzeichnet.<br />

E<strong>in</strong>e neue Wertigkeit erlebten Porträt, Landschaft und<br />

Stilleben <strong>in</strong> der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts im Münchner<br />

Leibl-Kreis, e<strong>in</strong>er ideellen Geme<strong>in</strong>schaft von Künstlern,<br />

die e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Kunstauffassung und Arbeitsweise<br />

verband. Die Künstler kannten sich von ihrem Studium<br />

an der Kunstakademie München her, wo sie zum<br />

Teil bei den gleichen Lehrern studiert hatten. Darunter<br />

waren Wilhelm Busch, Carl Schuch, Otto Scholderer und<br />

als besondere Vertraute Theodor Alt und Johann Sperl.<br />

Die Künstler des Leibl-Kreises folgten e<strong>in</strong>em neuen Wirklichkeitss<strong>in</strong>n,<br />

der sich gegen die hehren Inhalte von Histo-<br />

rismus und Idealismus wandte und auf e<strong>in</strong> Studium der<br />

Natur und vor allem der holländischen Meister und ihrem<br />

Realismus gründete. Wesentlich für den Leibl-Kreis war<br />

das Streben nach dem sogenannten „Re<strong>in</strong>malerischen“.<br />

Demzufolge s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der malerischen Bearbeitung traditioneller<br />

Themen <strong>in</strong> der Gegenüberstellung von akademischer<br />

Kunst und der Kunst des Leibl-Kreises wesentliche<br />

Veränderungen zu beobachten.<br />

Den Künstlern des Leibl-Kreises ist e<strong>in</strong> eigenes Kab<strong>in</strong>ett<br />

<strong>in</strong>nerhalb des Ausstellungsraumes 03 gewidmet. Es zeigt<br />

Porträts, auch Selbstbildnisse, bäuerliche Motive und<br />

solche aus der Natur, den „Bauerngarten“ und die „Bauernküche“<br />

von Sperl, e<strong>in</strong>e „Waldstudie“ von Theodor Alt.<br />

Liebermanns Nähe zum Leibl-Kreis unterstreicht se<strong>in</strong><br />

Bildnis des Leibl-Intimus Johannes Sperl. Außerdem f<strong>in</strong>det<br />

sich hier die „realistische“ Bearbeitung religiöser Themen<br />

durch Fritz von Uhde.<br />

E<strong>in</strong>en weiteren Schwerpunkt bildet der Maler Ludwig von<br />

Gleichen-Russwurm als Vertreter der Weimarer Malerschule.<br />

Er studierte wie Max Liebermann, der wiederum<br />

mit dem Leibl-Kreis verbunden war, an der Großherzoglichen<br />

Weimarer Malerschule. Hier setzte sich <strong>in</strong> der Prov<strong>in</strong>z<br />

e<strong>in</strong>e neue, an der Rezeption der französischen Impressionisten<br />

geschulte Landschaftsauffassung durch.<br />

Aufgrund ihrer langjährigen Erfahrungen mit der Ple<strong>in</strong>air-<br />

Malerei vermochten die Weimarer Maler die Neuerungen<br />

des französischen Impressionismus auf dem Gebiet der<br />

Farbaufhellung und Wirklichkeitserfassung als Weiterentwicklung<br />

ihrer eigenen Bestrebungen sehen. Der Kunsthistoriker<br />

Julius Meier-Graefe hebt Gleichen-Russwurm<br />

als Maler hervor, der als e<strong>in</strong>er der ersten deutschen Maler<br />

e<strong>in</strong>en impressionistischen Malstil entwickelt hat.<br />

In Abkehr von der klassischen Sehnsuchtslandschaft Italiens<br />

wurde zunehmend – wie auch im Leibl-Kreis – die<br />

Landschaft der unmittelbaren Umgebung dargestellt. Die<br />

Landschaft ersche<strong>in</strong>t durch die genaue Erfassung ihrer<br />

Topografie und der momentan erfassten atmosphärischen<br />

Situation als vertrautes heimatliches Umfeld, das<br />

dem Menschen zur Nutznießung und Muße zur Verfügung<br />

steht.<br />

Deutscher Impressionismus/Kunst der Sezessionen<br />

Im Mittelpunkt des nächsten Ausstellungsraumes steht<br />

die fortschrittliche Malerei des späten deutschen Impressionismus.<br />

Freie Künstlergeme<strong>in</strong>schaften, die sogenannten<br />

„Sezessionen“, bildeten sich zunächst <strong>in</strong> München<br />

(Hugo von Habermann) und dann Ende des 19. Jahrhunderts<br />

<strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>. Besonders die „Berl<strong>in</strong>er Secession“ widmete<br />

sich jener deutschen impressionistischen Malerei,<br />

die Wilhelm II. abschätzig als „R<strong>in</strong>nste<strong>in</strong>kunst“ bezeich-


8<br />

nete. Sie war mehr oder weniger e<strong>in</strong>e von Künstlern geleitete<br />

Ausstellungsgeme<strong>in</strong>schaft mit e<strong>in</strong>er Vere<strong>in</strong>sstruktur.<br />

Künstler wie Robert Breyer, Philipp Franck, Walter Leistikow<br />

und Max Slevogt stellten hier aus, aber auch der<br />

junge Max Beckmann, Ernst Barlach und Käthe Kollwitz.<br />

Zu sehen s<strong>in</strong>d im Kulturspeicher Gemälde von Max<br />

Slevogt, Robert Breyer, Philipp Franck, Joseph Oppenheimer<br />

und Wilhelm Trübner. Das großformatige Gemälde<br />

Trübners, Frau von Holzhausen zu Pferd zeigend, ist e<strong>in</strong>e<br />

Leihgabe der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen,<br />

München.<br />

Neben diesen namhaften Künstlern ist auch als e<strong>in</strong>e mit<br />

Würzburg besonders verbundene Künstlerpersönlichkeit<br />

Gertraud Rostosky <strong>in</strong> diesem Ausstellungsraum präsent.<br />

Wie Max Liebermann arbeitete auch Rostosky im Freien<br />

an der Staffelei. Gerade im Motiv der „Badenden K<strong>in</strong>der“<br />

und der Gartenwirtschaft zeigen sich Motive, die auch<br />

Max Liebermann bearbeitet hat.<br />

Wichtige Impulse für das Würzburger Kunstleben <strong>in</strong> den<br />

1910er und 20er Jahren g<strong>in</strong>gen von dieser Maler<strong>in</strong> aus,<br />

die auf dem großelterlichen Gut „Neue Welt“ e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e<br />

Künstlerkolonie um sich versammelte. Künstler<strong>in</strong>nen und<br />

Künstler aus dem ehemaligen Kreis des „Café du Dome“<br />

<strong>in</strong> Paris, Otto Modersohn, Anton Kerschbaumer und Erich<br />

Heckel, ehemals Mitglied der Expressionisten-Geme<strong>in</strong>schaft<br />

„Brücke“, kamen <strong>in</strong> den Sommermonaten zu Besuch.<br />

Man zog geme<strong>in</strong>sam <strong>in</strong>s Freie und fand oftmals die<br />

Themen bereits <strong>in</strong> der unmittelbaren Umgebung: der<br />

noch nicht kanalisierte Ma<strong>in</strong> mit se<strong>in</strong>en Ufern und Armen,<br />

die hoch über der Stadt liegende Festung Marienberg, die<br />

mit ihren Mauern von der Terrasse der „Neuen Welt“ zu<br />

sehen war, und schließlich auch der Gutshof selber, der –<br />

e<strong>in</strong>gebettet <strong>in</strong> grünen Wiesen – noch ganz alle<strong>in</strong> am Weg<br />

zur Frankenwarte lag.<br />

Zwei Kab<strong>in</strong>ette stellen vertiefend Werke der Künstler der<br />

Secession und Werke von Gertraud Rostosky und ihren<br />

Künstlerfreunden im Medium der Zeichnung, des Aquarells<br />

und der Graphik vor.<br />

Expressionismus und Neue Sachlichkeit<br />

S<strong>in</strong>d die Räume 03 und 04 den bildnerischen Medien gewidmet,<br />

ist im 2. Obergeschoss für das 20. Jahrhundert<br />

die Plastik raumfüllend vertreten. Arbeiten aus den verschiedenen<br />

Werkphasen der <strong>in</strong> Würzburg geborenen Bildhauer<strong>in</strong><br />

Emy Roeder stehen im Mittelpunkt. Von ihr gehen<br />

Verb<strong>in</strong>dungen zu den expressionistischen Künstlern der<br />

Brücke-Geme<strong>in</strong>schaft Erich Heckel und Karl Schmidt-<br />

Rottluff aus sowie zu dem Matisse-Schüler Hans Purrmann,<br />

die sie <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> bzw. <strong>in</strong> Florenz kennenlernte.<br />

MUSEUMSPORTRÄT<br />

Emy Roeder, Betender Knabe, Eichenholz, 1921<br />

Ihre Kunst leitet von den beiden ersten Jahrzehnten des<br />

20. Jahrhunderts und modernen Stilrichtungen wie Expressionismus<br />

und Neue Sachlichkeit <strong>in</strong> die Zeit nach<br />

1945 über, die im Raum 06 vertreten ist. Emy Roeder arbeitete<br />

figürlich bis zu ihrem Tod 1971. Sie gehörte mit zu<br />

den ersten Frauen, die sich <strong>in</strong> der von Männern besetzten<br />

Domäne der Bildhauerei durchsetzen konnten und neue<br />

Themen erprobten. Zeitlebens beschäftigte sich die Bildhauer<strong>in</strong><br />

mit der Kreatur, mit Mensch und Tier und ihrem<br />

Dase<strong>in</strong>, alle<strong>in</strong> oder <strong>in</strong> Gesellschaft anderer. Themen wie<br />

Tierpaare, vere<strong>in</strong>zeltes Tier, Mutter und K<strong>in</strong>d, Geschwister<br />

variierte sie immer neu.<br />

Zusammen mit Gemälden aus der Zeit s<strong>in</strong>d zu sehen<br />

frühe Arbeiten, sowie die Kalkste<strong>in</strong>büste „Friedel Scherber“,<br />

ihre expressionistischen Plastiken („Die Schwangere“,<br />

„Der betende Knabe“, „Jüdische Flüchtl<strong>in</strong>ge“,<br />

„Drei ruhende Kühe“), Tierplastiken, die sachlich anmutende<br />

„Else“ von 1928 und die <strong>in</strong> den 50er Jahren ent-


MUSEUMSPORTRÄT 9<br />

standenen Bildnisköpfe von Hans Purrmann, Erich<br />

Heckel, Karl Schmidt-Rottluff sowie e<strong>in</strong> Selbstporträt.<br />

Figuration und Abstraktion/Positionen zeitgenössischer<br />

Kunst<br />

Der Rundgang leitet nun zur Kunst nach 1945 über. Der<br />

folgende Ausstellungsraum thematisiert <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Präsentation<br />

den Widerstreit zwischen figurativen und abstrakten<br />

Tendenzen, der die Nachkriegsdiskussion <strong>in</strong> Deutschland<br />

entscheidend bestimmte. Für figurative Tendenzen<br />

stehen hier wiederum Plastiken Emy Roeders und e<strong>in</strong><br />

großformatiges Gemälde von Friedemann Hahn. Beide<br />

s<strong>in</strong>d kontrastiert mit abstrakten bzw. konstruktiv wirkenden<br />

Kunstwerken, so e<strong>in</strong>er Plastik von Joannis Avramidis,<br />

die zwischen geometrischer Abstraktion und figürlicher<br />

Darstellung changiert.<br />

Die beiden Holzreliefs anonymer und schematisierter<br />

Menschentypen von Stefan Balkenhol und die K<strong>in</strong>derbildnisse<br />

„Nico am Tisch“ und „Jana“ von Barbara<br />

Camilla Tucholski gehören <strong>in</strong> den Bereich der zeitgenössischen<br />

Kunst. E<strong>in</strong> zentrales Werk ist hier Magdalena Jetelovas<br />

zweiteilige großformatige Arbeit „Ohne Titel“ von<br />

1988, bestehend aus e<strong>in</strong>er Holzplastik mit den Maßen<br />

230 x 380 cm und e<strong>in</strong>em Großdia, das <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es<br />

Leuchtkastens präsentiert wird. Verschiedene Realitätsebenen<br />

durchdr<strong>in</strong>gen sich <strong>in</strong> dieser Arbeit: Zeichnung<br />

Magdalena Jetelova, Ohne Titel, Eichenbalken und Ektachrom<br />

auf Plexiglas, 1988<br />

und greifbares Objekt, Sche<strong>in</strong> und Se<strong>in</strong>, Materialität und<br />

Immaterialität, Produkt und Natur, Raum und Fläche.<br />

Charakteristisch für diese Arbeit ist im Kontext zeitgenössischer<br />

Kunst, dass sich die Grenzen zwischen den<br />

Medien aufheben: Plastik und Fotografie, drei- und zweidimensionales<br />

Medium, Gegenstand und Bild s<strong>in</strong>d mite<strong>in</strong>ander<br />

komb<strong>in</strong>iert, neue Techniken wie der Laserstrahl<br />

– von Jetelova wie e<strong>in</strong> großer Zeichenstift genutzt – s<strong>in</strong>d<br />

e<strong>in</strong>gesetzt. Sie zeichnet damit nicht auf e<strong>in</strong> Blatt, sondern<br />

<strong>in</strong> die Natur.<br />

Vermittlungsangebote<br />

Neben dem kostenlos erhältlichen Raum- und Geschossplan,<br />

der als Wandtafel zusätzlich im Foyer und auf den<br />

Etagen angebracht werden soll, gibt es weitere Angebote,<br />

die dem Besucher bei der Orientierung helfen und<br />

ihn über die ausgestellten Exponate <strong>in</strong>formieren. Mit dem<br />

Datum der Eröffnung wurde e<strong>in</strong> Kurzführer durch beide<br />

Sammlungen herausgebracht, „Der rote Faden“, der sich<br />

reger Nachfrage erfreut. Regelmäßige Führungen am<br />

Sonntag, durchgeführt durch entsprechend geschulte<br />

freie Mitarbeiter, f<strong>in</strong>den <strong>in</strong>tensiven Zuspruch, ebenso wie<br />

sogenannte „Schnupperführungen“, die aus e<strong>in</strong>em Kreis<br />

von Volunteers heraus geleistet werden. Diese Freiwilligen<br />

helfen auch mit großem Enthusiasmus im Aufsichtsdienst<br />

mit. Die Zahl von mehr als hundert während der<br />

ersten drei Monate seit Eröffnung durch die freien wie die<br />

festen Mitarbeiter des Hauses geleisteten Führungen für<br />

Gruppen zeigen das große Besucher<strong>in</strong>teresse, das dem<br />

Museum entgegengebracht wird. Insgesamt haben bis<br />

Pf<strong>in</strong>gsten 2002 über 37.000 Menschen das Museum im<br />

Kulturspeicher besucht.<br />

Für die Betreuung von K<strong>in</strong>dern und Jugendlichen steht<br />

e<strong>in</strong>e Museumspädagog<strong>in</strong> auf Teilzeitbasis zur Verfügung.<br />

Sie wird unterstützt von zwei freien Mitarbeiter<strong>in</strong>nen. Die<br />

<strong>in</strong>zwischen geknüpften zahlreichen Kontakte zu Schulen<br />

und K<strong>in</strong>dergärten haben bereits jetzt zu erfreulich vielen<br />

„Stammkunden-Beziehungen“ zum Museum geführt. E<strong>in</strong><br />

entsprechendes Themenheft mit dem Titel „Zwischen 5<br />

und 20“ dient als Grundlage für die Vere<strong>in</strong>barung von<br />

Führungen mit praktischem Gestaltungsanteil.<br />

Für diejenigen Besucher, die <strong>in</strong>dividuell ohne Führung das<br />

Haus durchwandern möchten, bieten didaktische E<strong>in</strong>heiten<br />

<strong>in</strong> drei der acht Aussichtskanzeln Gelegenheit, sich<br />

mit Fragen von Proportion, Licht und Farbe, Zeit als<br />

Dimension der Bildwahrnehmung usw. zu beschäftigen<br />

und dabei auch selbst etwas <strong>in</strong> die Hand zu nehmen.<br />

Marlene Lauter und Beate Reese


10<br />

EIN ZWEITES LEBEN IM MUSEUM – FÜR WIE LANGE?<br />

Gedanken zum Bauunterhalt <strong>in</strong> Freilandmuseen<br />

Mehr als 25 Jahre nach Gründung der größten Freilandmuseen<br />

<strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> und 20 Jahre nach Etablierung des Referats<br />

Freilichtmuseen bei der Landesstelle für die nichtstaatlichen<br />

<strong>Museen</strong> ist der Aufbau der Freilichtmuseen <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>en stetigen Ausbau übergegangen. <strong>Bayern</strong> besitzt nun<br />

<strong>in</strong> jedem Regierungsbezirk wenigstens e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>richtung,<br />

die als Freilicht- bzw. Freilandmuseum ausgewiesen ist. 1<br />

An die Aufbauphase, die von sehr unterschiedlichen und<br />

sich im Laufe der Zeit wandelnden Konzeptionen geprägt<br />

war, schließt nun e<strong>in</strong>e Phase der Konsolidierung an. Mit<br />

der Erweiterung der Infrastruktur, dem Neu- oder Ausbau<br />

von Depots und der Konzentration der wissenschaftlichen<br />

Arbeit auf Ausstellungen zu unterschiedlichen<br />

Themen des Alltagslebens liegt der Schwerpunkt der<br />

Tätigkeit nicht mehr <strong>in</strong> der Transferierung von Architekturobjekten.<br />

2<br />

Diese Entwicklung gab der Landesstelle bereits 1988 Anlass,<br />

sich mit der Zukunft der Objekte <strong>in</strong> technischer H<strong>in</strong>sicht<br />

zu befassen. 3 Seit 1993 wurde e<strong>in</strong> Programm zur<br />

Beobachtung der Bausubstanz durchgeführt, das –<br />

zunächst als <strong>in</strong>formelle Beobachtung begonnen – <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

methodischen Hilfestellung für den Bauunterhalt der Freilichtmuseen<br />

münden sollte. Die Ergebnisse der ersten<br />

Recherchen und die Summe der Beobachtungen <strong>in</strong> den<br />

<strong>Museen</strong> spitzte Kilian Kreil<strong>in</strong>ger <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Aufsatz zu<br />

e<strong>in</strong>er Frage an alle zu, die mit dem Betrieb und dem<br />

Bestand der Freilichtmuseen befasst s<strong>in</strong>d: „Bewahren –<br />

unmöglich?“ 4 Die nachfolgenden Überlegungen verstehen<br />

sich als Differenzierung der vorangegangenen Frage:<br />

„Bewahren – wie lange?“<br />

Authentizität und Rekonstruktion<br />

Alte Häuser <strong>in</strong> Freilichtmuseen ersche<strong>in</strong>en auf den ersten<br />

Blick als Denkmäler vor Ort, tatsächlich besteht dazu e<strong>in</strong><br />

bedeutender qualitativer Unterschied: 5 Die Denkmalpflege<br />

fordert den Erhalt des Denkmals <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Integrität<br />

am angestammten Ort. Das Museum entnimmt das<br />

Objekt se<strong>in</strong>er ursprünglichen Umgebung und versetzt es<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong> künstlich geschaffenes Umfeld.<br />

Während die Denkmalpflege der Aura des Orig<strong>in</strong>als huldigt,<br />

auch wenn dieses nur noch als Idee der ehemaligen<br />

Form existiert, bildet das gebaute Objekt im Freilichtmuseum<br />

Vergangenheit analytisch oder quasi naturalistisch<br />

ab. Das Freilichtmuseum geht als Ort der Darstellung von<br />

Alltagskultur und Alltagsleben von anderen Voraussetzungen<br />

aus als die praktische Denkmalpflege. Die Anteile<br />

von Rekonstruktionen aufgrund gesicherter Befunde und<br />

der Verwendung von Primärdokumenten ist dabei<br />

ARBEITSHILFEN<br />

schwankend. Sie s<strong>in</strong>d von der jeweiligen Ausgangslage<br />

des Objekts e<strong>in</strong>erseits, und von den Präsentationszielen<br />

andererseits geprägt. 6<br />

In der praktischen Denkmalpflege müssen jedoch aufgrund<br />

von Nutzungszwängen wesentlich mehr Kompromisse<br />

mit den „modernen“ Anforderungen an den Bau<br />

h<strong>in</strong>gens Gebäudes. In den Freilichtmuseen wird ganz<br />

offen davon gesprochen, dass die Bauobjekte <strong>in</strong> der<br />

Regel „Präparate“ oder „Modelle im Maßstab 1:1 unter<br />

Verwendung möglichst großer und ungestörter Teile“<br />

s<strong>in</strong>d.<br />

Zweifellos kann das Freilichtmuseum viel von der „Aura<br />

des Orig<strong>in</strong>als“ retten, die im Zuge e<strong>in</strong>er denkmalgerechten<br />

Instandsetzung <strong>in</strong> situ oft stark reduziert werden<br />

muss, aber das „Denkmal vor Ort“ ist nach der Transferierung<br />

nicht mehr existent. Dies ähnelt dem Dilemma der<br />

Bodendenkmalpflege: Die Untersuchung zerstört <strong>in</strong> der<br />

Regel ihren Untersuchungsgegenstand, und es bleiben<br />

Funde, Primärdokumente, die Dokumentation stratigrafischer<br />

Zusammenhänge, letztlich also Fragmente des Orig<strong>in</strong>als<br />

und die mehr oder weniger vollständige „Abschrift<br />

der Urkunde Haus” erhalten. Die <strong>in</strong>s Museum übertragene,<br />

orig<strong>in</strong>ale und oftmals sehr fragile Substanz ist<br />

e<strong>in</strong> musealisiertes Zeitdokument, das der Interpretation<br />

und Aufbereitung bedarf. Es kann wie e<strong>in</strong> aus se<strong>in</strong>em<br />

ursprünglichen Zusammenhang herausgenommenes, <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er Vitr<strong>in</strong>e ausgestelltes Kulturgut betrachtet werden. 7<br />

Bauobjekte im Freilichtmuseum s<strong>in</strong>d technisch gesehen<br />

komplexe Gefüge aus Primärdokumenten, rekonstruierten<br />

Bauteilen und funktionsbed<strong>in</strong>gten modernen Zusätzen.<br />

Funktionell gesehen s<strong>in</strong>d sie authentische Geschichtszeugnisse,<br />

und zwar <strong>in</strong> diachroner wie <strong>in</strong> synchroner<br />

H<strong>in</strong>sicht. Diachron als Summe der Bauveränderungen,<br />

die zum aktuell sichtbaren Ergebnis geführt<br />

haben, synchron als Darstellung e<strong>in</strong>es bestimmten, als<br />

präsentationswürdig erachteten Zeitschnitts im Gebäude.<br />

Sie s<strong>in</strong>d Forschungs- und Experimentalobjekte, je nach<br />

dem Grad der für die Präsentation benötigten Veränderungen,<br />

Hülle und Schutz für kle<strong>in</strong>teilige Kulturgüter, und<br />

nicht zuletzt Ort der Vermittlung für die Nutzer des Museums,<br />

für die Besucher.<br />

Die Entwicklung der Transferierungskonzepte<br />

<strong>in</strong> bayerischen Freilandmuseen<br />

Die Entwicklung der Übertragungstechniken ist eng verzahnt<br />

mit den Darstellungszielen und ihrer Ausdifferenzierung,<br />

wie sie sich im Zuge des wissenschaftlichen<br />

Diskurses zur Volks- und Alltagskultur entwickelt hat. Der


ARBEITSHILFEN 11<br />

Weg führte vom typologischen Architekturmuseum, also<br />

der Sammlung von landschaftsgebundenen Haustypen<br />

h<strong>in</strong> zum Hausobjekt als Dokument e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>dividuellen sozialen<br />

Geschichte, und schreitet weiter zu den teilweise<br />

äußerst komplexen Rekonstruktionsversuchen von Objekten<br />

mit e<strong>in</strong>er materiell stark reduzierten Quellenlage.<br />

Erschien <strong>in</strong> den Anfängen die Übernahme der konstruktiven<br />

Elemente als ausreichend – vom Fachwerkhaus wurden<br />

lediglich die konstruktiven Hölzer mitgenommen –,<br />

so wurde später – für die differenzierte Darstellung der<br />

Entwicklung von Wohn- und Arbeitssituationen – die<br />

Übertragung der Oberflächen, Putze und Wandbeschichtungen<br />

angestrebt. Inzwischen ist man bei e<strong>in</strong>er experimentellen,<br />

<strong>in</strong> verschiedene Richtungen offenen Handhabung<br />

von Transferierungen angelangt. Dazu gehören<br />

<strong>in</strong>sbesondere jene Transferierungsobjekte, die nicht auf<br />

e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>heitlichen Zeitschnitt oder Darstellungszeitraum<br />

e<strong>in</strong>gerichtet, sondern bei denen zuweilen mehrere, weit<br />

ause<strong>in</strong>anderliegende Zeitschnitte präsentiert werden.<br />

Das Verlassen von sicheren Wegen, und die Versuche,<br />

maximale Authentizität durch die weitgehende Übernahme<br />

auch von vorgeschädigtem Material zu erreichen, s<strong>in</strong>d<br />

als notwendige Experimente anzusehen, um auszuloten,<br />

wo die Grenzen des Machbaren erreicht werden. 8 Es s<strong>in</strong>d<br />

vor allem die evidenten Verfallsersche<strong>in</strong>ungen, die nach<br />

der Tradition der Denkmalpflege <strong>in</strong>tegraler Bestandteil<br />

des Objekts s<strong>in</strong>d. 9<br />

Die Anforderungen an die Übertragung von historischer<br />

Architektur <strong>in</strong>s Museum hat sich zweifellos technischen<br />

und ökonomischen Grenzen genähert; der maximale Anspruch<br />

bestimmt den allgeme<strong>in</strong> angewandten Standard<br />

der Transferierungstechnologie <strong>in</strong> den bayerischen Freilichtmuseen.<br />

In der Praxis liegen <strong>in</strong> jedem der Freilichtmuseen<br />

eigene Erfahrungen mit Transferierungen vor. Es<br />

wurde bislang allerd<strong>in</strong>gs noch nicht ausreichend untersucht,<br />

welche Probleme mit der Bergung des Materials<br />

auf das Museum zukommen, d. h. welche Folgelasten zu<br />

erwarten s<strong>in</strong>d. Kreil<strong>in</strong>ger hat 1988 auf die Adaption von<br />

Merkmalen moderner Bautechnik im Museumsbereich<br />

h<strong>in</strong>gewiesen. 10 Dies bedeutet aber, re<strong>in</strong> technisch gesehen,<br />

nur die Korrektur e<strong>in</strong>er bislang eher unreflektiert<br />

angewandten Methode zur Herstellung größtmöglicher<br />

Authentizität. Die systematische Beschäftigung mit der<br />

historischen Bautechnik wird von Waldemer – allerd<strong>in</strong>gs<br />

<strong>in</strong> Zusammenhang mit neuen Vermittlungsfeldern im Freilichtmuseum<br />

– angemahnt. 11<br />

Die <strong>Museen</strong> profitieren von den eigenen Erfahrungen sowie<br />

von den Entwicklungen <strong>in</strong> der Denkmalpflege <strong>in</strong> den<br />

1980er Jahren, hier <strong>in</strong>sbesondere auf dem Gebiet der<br />

Bauforschung. 12 Die e<strong>in</strong>er Transferierung vorangehende<br />

Schaden durch aufsteigende Nässe an e<strong>in</strong>em Gebäude <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Freilichtmuseum<br />

Objektdokumentation stellt <strong>in</strong> der Regel alle Informationen<br />

zur Verfügung, die nötig s<strong>in</strong>d, e<strong>in</strong> gültiges Wiederaufbaukonzept<br />

zu entwickeln. Dabei bilden die Ergebnisse<br />

der Bauforschung und Substanzuntersuchung lediglich<br />

den Sockel, auf den das Konzept für die Wiedererrichtung<br />

gestellt werden kann. Neuerd<strong>in</strong>gs geht man immer<br />

mehr dazu über, die Objekte für bestimmte Präsentationsziele<br />

zu <strong>in</strong>strumentalisieren – vielleicht e<strong>in</strong>e notwendige<br />

Korrektur des Ansatzes der illusionär-maximalen<br />

Authentizität. 13<br />

Fachlichen Austausch zwischen den <strong>Museen</strong> gibt es sporadisch,<br />

so beispielsweise anlässlich e<strong>in</strong>er Tagung zur<br />

thermischen Bausanierung. Die Qualität <strong>in</strong> der Transferie-<br />

Schadensbild des echten Hausschwamms, entwickelt rund<br />

10 Jahre nach der Transferierung des Gebäudes <strong>in</strong>s Freilichtmuseum


12<br />

rung von Gebäuden hängt jeweils von der Qualifikation<br />

des jeweiligen Bauhofs bzw. der zugezogenen Fremdfirmen<br />

ab. 14<br />

Nur verhältnismäßig selten und knapp wird <strong>in</strong> Publikationen<br />

auf die Methoden der Transferierungstechnologie<br />

e<strong>in</strong>gegangen. 15 Dies macht deutlich, dass die Übertragungstechnik<br />

als marg<strong>in</strong>al betrachtet und als e<strong>in</strong> Problem<br />

e<strong>in</strong>gestuft wird, das vornehmlich handwerklich zu<br />

lösen ist.<br />

Die vorgefundene Substanz wird vorwiegend vom Blickw<strong>in</strong>kel<br />

der sozialhistorischen Forschung aus als Ort und<br />

Manifestation des Alltagslebens bewertet. Wiederaufbaukonzepte<br />

s<strong>in</strong>d vielfach von der Möglichkeit bestimmt, e<strong>in</strong><br />

geschlossenes Ensemble Haus/ E<strong>in</strong>richtung/ soziales<br />

Umfeld vorstellen zu können. Es ist dem E<strong>in</strong>fluss der Landesstelle<br />

zu verdanken, dass <strong>in</strong> den Freilandmuseen wissenschaftlich<br />

qualifizierte Leiter etabliert wurden und sich<br />

die Methoden der modernen Bauforschung <strong>in</strong> der Denkmalpflege<br />

auch bei Transferierungen durchsetzen. Ältere<br />

Transferierungen s<strong>in</strong>d teilweise so oberflächlich dokumentiert,<br />

dass nur noch das Objekt selbst im Museum zu<br />

beurteilen ist.<br />

Konservierung <strong>in</strong> bayerischen Freilichtmuseen<br />

Für den Betrieb e<strong>in</strong>es Freilichtmuseums s<strong>in</strong>d zwei konservatorische<br />

Ansätze relevant: Inventarschutz und Bautenschutz.<br />

Ersterer profitiert von der Entwicklung, welche<br />

die Technologie der Konservierung von Kulturgütern <strong>in</strong><br />

den letzten 20 Jahren genommen hat, ausgehend von<br />

re<strong>in</strong> handwerklichen Verfahren h<strong>in</strong> zur naturwissenschaftlich<br />

untermauerten Ingenieurdiszipl<strong>in</strong>. 16 Der Bautenschutz<br />

h<strong>in</strong>kt jedoch nach: Das Freilichtmuseum übernimmt se<strong>in</strong><br />

Hauptobjekt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em bestimmten Zustand, wertet die<br />

spezifische Objektgeschichte aus und formuliert aus den<br />

Ergebnissen der Untersuchungen e<strong>in</strong> Wiederaufbaubzw.<br />

Realisierungskonzept. Es werden daher auch die<br />

Resultate des historischen Bauunterhalts und des Verfalls<br />

<strong>in</strong>s Museum übernommen.<br />

Die Konservierungstechnik im Freilichtmuseum steht vor<br />

e<strong>in</strong>em Dilemma: Die dem „normalen“ Stoffkreislauf entzogenen<br />

Substanzen waren <strong>in</strong> situ für e<strong>in</strong>e Lebenszeit vorgesehen,<br />

die sich nach der traditionell zu erwartenden<br />

Haltbarkeit oder dem Zyklus e<strong>in</strong>es von modischen Erwägungen<br />

bestimmten Wartungs<strong>in</strong>tervalls richtete. In älteren<br />

Zeiten wurden Häuser unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit<br />

der e<strong>in</strong>gesetzten wirtschaftlichen Aufwendungen<br />

gebaut. Jede Änderung der wirtschaftlichen und sozialen<br />

Umstände zog umgehend bauliche Veränderungen nach<br />

ARBEITSHILFEN<br />

sich. Vom Standpunkt der Konservierung aus betrachtet<br />

werden somit Substanzen und technische Konglomerate<br />

übernommen, die sich e<strong>in</strong>er dauerhaften Konservierung<br />

nach den Regeln der Technik entziehen bzw. Anforderungen<br />

an die Fertigkeit der Restauratoren stellen, die <strong>in</strong> der<br />

praktischen Denkmalpflege <strong>in</strong> dieser Form nicht anfallen. 17<br />

Die Museumsobjekte stellen daher erhebliche fachliche<br />

Ansprüche an ihre Betreuer. Diesem Umstand wird derzeit<br />

<strong>in</strong> den meisten Freilichtmuseen noch zuwenig Rechnung<br />

getragen: Nur <strong>in</strong> Ausnahmefällen konnte e<strong>in</strong>e feste<br />

Stelle für e<strong>in</strong>en Restaurator e<strong>in</strong>gerichtet werden. Es hat<br />

den Ansche<strong>in</strong>, dass die wenig spektakuläre Arbeit der<br />

Restauratoren bei den politischen Gremien, die letztlich<br />

die Entscheidung über den Stellenplan treffen, nur mit ger<strong>in</strong>ger<br />

Aufmerksamkeit rechnen kann.<br />

Die Geschichte der Freilichtmuseen lässt deutliche Abschnitte<br />

<strong>in</strong> der Entwicklung der Konservierungs- und<br />

Präventionstechnologie erkennen:<br />

–Die erste Periode, die bis <strong>in</strong> die Mitte der 1980er Jahre<br />

reicht, ist geprägt von der nahezu kritiklosen Anwendung<br />

vorbeugenden chemischen Holzschutzes. 18 Zu<br />

dieser Zeit waren Ganzteiltransferierungen selten. Gefacheputze<br />

wurden rekonstruiert, Mauern nach Vorbild<br />

neu errichtet.<br />

– In e<strong>in</strong>em zweiten Schritt, und <strong>in</strong> logischer Folge der Versuche,<br />

ganze Wandteile, Fachwerk wie auch Mauerwerk<br />

zu bergen, wurde unter Verzicht auf vorbeugende<br />

Maßnahmen versucht, auch schwer geschädigte Hölzer<br />

wieder e<strong>in</strong>zubauen, und geschädigtes Mauerwerk<br />

durch geeignete Festigungsmaßnahmen für die Wiederverwendung<br />

zu sichern.<br />

–Der dritte Schritt bedeutet den Abschied von Teilen der<br />

authentischen Bautechnik: Gewarnt durch fatale Schäden<br />

nach dem Wiederaufbau, zählt es heute zum Standard,<br />

<strong>in</strong> nicht sichtbaren Bereichen alle Möglichkeiten<br />

moderner Bautechnik vorzuhalten, beispielsweise gegossene<br />

Fundamentplatten, Unterkellerungen, bei<br />

Streifenfundamenten e<strong>in</strong>e flächige Isolierung des Unterbodens.<br />

Mit der Zunahme von Ganzteiltransferierungen müssen<br />

auch vermehrt orig<strong>in</strong>ale gemauerte und geputzte Orig<strong>in</strong>alflächen<br />

konservatorisch behandelt werden. Während<br />

Abbau, Transport und Zwischenlagerung ist das Transferierungsobjekt<br />

stark gefährdet, nicht nur <strong>in</strong> H<strong>in</strong>blick auf<br />

die mechanische Belastung, sondern vor allem durch die<br />

bis zum Wiedere<strong>in</strong>bau nicht kontrollierbaren kle<strong>in</strong>klimatischen<br />

Verhältnisse.<br />

Die Behandlung dieser Flächen stellt hohe Anforderungen<br />

an die beteiligten Fachleute. In der Denkmalpflege be-


ARBEITSHILFEN 13<br />

Konservierter Schaden nach der Ganzteiltransferierung <strong>in</strong>s Freilichtmuseum<br />

währte Methoden zur Sicherung von Befunden greifen bei<br />

der Umsetzung von ganzen Wänden häufig nicht, da nicht<br />

hochwertige, ehemals handwerklich aufwendige Kunstwerke<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em eng begrenzten Umfang geborgen werden,<br />

sondern meist schlecht erhaltene Reste von Alltagskultur,<br />

deren struktureller Aufbau e<strong>in</strong>e wirkungsvolle Stabilisierung<br />

sehr erschwert. Oft s<strong>in</strong>d es gerade diese labilen Oberflächen<br />

im Verbund mit ihren orig<strong>in</strong>alen Trägern und Konstruktionen,<br />

die den Kern der späteren Präsentation bilden.<br />

Grundsätzlich gilt: Je weniger hochwertig e<strong>in</strong>e Oberfläche<br />

oder Konstruktion ausgeführt ist, desto schwieriger wird<br />

e<strong>in</strong>e konservatorische Behandlung. So ist es ungleich<br />

komplizierter, e<strong>in</strong> <strong>in</strong>homogenes, von Putzflickungen<br />

durchsetztes Tünchpaket von 2 bis 30 und mehr Schichten<br />

auf dem Träger zu halten und zu festigen, als e<strong>in</strong>e<br />

hochwertige, direkt auf den Putz oder e<strong>in</strong>en Schlämmputz<br />

aufgetragene polychrome Malerei. Die daraus resultierenden<br />

hohen Kosten für die Konservierung s<strong>in</strong>d dem<br />

Kostenträger und dem Publikum schwer zu vermitteln.<br />

Häufig geht man daher pragmatisch vor: Nur stabile Substanz,<br />

oder solche, die mit m<strong>in</strong>imalen Sicherungsmethoden<br />

zu halten ist, gelangt <strong>in</strong>s Museum. Erst nach dem<br />

Wiederaufbau beg<strong>in</strong>nt man mit der eigentlichen konservatorischen<br />

Behandlung der tragenden Substanz und der<br />

Oberflächen: Vieles bleibt dabei dem Zufall überlassen.<br />

Seit e<strong>in</strong>igen Jahren wird Energie zur Konservierung e<strong>in</strong>gesetzt:<br />

Der E<strong>in</strong>bau von Temperieranlagen setzt das allgeme<strong>in</strong>e<br />

Energieniveau des Gebäudes gegenüber se<strong>in</strong>er<br />

Umgebung herauf, so dass die Mikrobewitterung bei<br />

Außenklimaschwankungen zum Teil abgepuffert werden<br />

kann. Zwar liegen noch ke<strong>in</strong>e abschließenden und durch<br />

statistisch relevante Langzeitmessungen untermauerte<br />

Untersuchungen zur Wirkungsweise der Temperierung<br />

vor, doch können e<strong>in</strong>ige positive Merkmale schon anhand<br />

bloßer Anschauung und Beobachtung am temperierten<br />

Objekt erkannt werden.<br />

Zweifellos verstehen die Verantwortlichen <strong>in</strong> den Freilichtmuseen<br />

die Pflege der orig<strong>in</strong>alen Bausubstanz als wichtigen<br />

Bestandteil der H<strong>in</strong>tergrundarbeit, die konsequente<br />

Umsetzung von Pflegemaßnahmen muss aber angesichts<br />

der beobachteten Verfallsersche<strong>in</strong>ungen immer<br />

noch als Desiderat angesehen werden. 19<br />

Bestandsreduzierende Faktoren<br />

Nicht nur im Freilichtmuseum wird die Frage der Schädigungsfaktoren<br />

für musealisiertes Kulturgut immer wieder<br />

kontrovers diskutiert. E<strong>in</strong>erseits hat die Öffentlichkeit Anspruch<br />

auf Zugänglichkeit, andererseits resultiert aus der<br />

Nutzung e<strong>in</strong>e Gefährdung für die Substanz.<br />

Die Belastung des Kulturgutes durch se<strong>in</strong>e neue, museale<br />

Nutzung ist bestimmt von gesellschaftlichen Faktoren,<br />

die letztlich von <strong>Seiten</strong> der <strong>in</strong> engem fachlichen Rahmen<br />

operierenden Fachleute kaum zu bee<strong>in</strong>flussen s<strong>in</strong>d. Allzu<br />

häufig wird im Kulturbetrieb die Sicherheit und Intaktheit<br />

von unersetzlichem Kulturgut dem kurzfristigen Showeffekt<br />

geopfert. Die Schäden durch Transport und Klimawechsel<br />

s<strong>in</strong>d Legion, ebenso die Abnutzung durch übermäßige<br />

Besucherfrequenz. Auf der anderen Seite ist der<br />

Besucher des Museums dessen Auftraggeber, der erwarten<br />

kann, angemessen bedient zu werden.<br />

Die übernommene Bausubstanz<br />

Historische Gebäude s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Regel e<strong>in</strong>e Komb<strong>in</strong>ation<br />

aus Substanzen, die sich nur unzureichend vertragen.<br />

Massearme und massereiche Bauteile greifen <strong>in</strong>e<strong>in</strong>ander,<br />

elastische und steife Elemente s<strong>in</strong>d punktuell mite<strong>in</strong>ander<br />

verbunden. Es s<strong>in</strong>d daher <strong>in</strong> der Regel die Kontaktzonen<br />

der Materialien, die der besonderen Aufmerksamkeit bedürfen.<br />

Bei organischen Substanzen, meist Hölzern, spielt neben<br />

schädigenden E<strong>in</strong>flüssen wie beispielsweise unkontrollierter<br />

Feuchtigkeit grundsätzlich die chemische Instabilität<br />

organischer Verb<strong>in</strong>dungen e<strong>in</strong>e Rolle, so dass der Abbau<br />

der Substanz auch bei idealen Umweltbed<strong>in</strong>gungen unaufhaltsam<br />

fortschreitet. 20 Bei Mauerwerk steht der durch<br />

schädigende E<strong>in</strong>flüsse bed<strong>in</strong>gte Abbau der Mörtelb<strong>in</strong>demittel<br />

neben dem Verfall der tragenden Substanz, z. B.<br />

von Sand- oder Gipsste<strong>in</strong>, im Vordergrund. Grundsätzlich<br />

verbessern sich aber historische Mörtel im Laufe der Zeit<br />

durch e<strong>in</strong>e fortschreitende Karbonatisierung.


14<br />

Der neue Standort<br />

Großen E<strong>in</strong>fluss auf den Bestand von Bausubstanz <strong>in</strong> situ<br />

haben neben empf<strong>in</strong>dlichen Baumaterialien die höchst<br />

unterschiedlichen örtlichen klimatischen Verhältnisse. E<strong>in</strong><br />

grober Überblick über die Schadenshäufigkeit <strong>in</strong> bayerischen<br />

Freilichtmuseen und der Vergleich örtlicher Klimabeobachtungen<br />

führten zu dem Ergebnis, dass e<strong>in</strong>e der<br />

Hauptursachen für Defekte grundsätzlich <strong>in</strong> diesen örtlichen<br />

Klimaverhältnissen zu suchen ist. <strong>Museen</strong> an Standorten<br />

mit niedriger Jahresniederschlagsmenge weisen<br />

deutlich weniger Probleme auf als <strong>Museen</strong> mit hoher<br />

durchschnittlicher Luftfeuchtebelastung.<br />

Im Detail kann sich darüber h<strong>in</strong>aus e<strong>in</strong>e Änderung der<br />

Orientierung des Hauses zur Hauptwetterrichtung negativ<br />

auswirken: Bausubstanz, die an ihrem ursprünglichen Ort<br />

relativ gut geschützt war, und deren Konstruktion auch an<br />

diese Klimaverhältnisse angepasst war, leidet unter den<br />

veränderten Bed<strong>in</strong>gungen. Wird die auf die Wetterbelastung<br />

<strong>in</strong> situ angepasste Geometrie des Hauses, d. h. die<br />

Ausrichtung des Giebels, verändert, oder kommt es am<br />

neuen Standort zu e<strong>in</strong>er Hanglage, oder wird <strong>in</strong> der Nähe<br />

von Gehölzen oder <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er hochwassergefährdeten Lage<br />

wiederaufgebaut, entstehen neue, besondere Gefährdungspotentiale.<br />

E<strong>in</strong>drucksvoll s<strong>in</strong>d die Beobachtungen an Häusern, die<br />

aus Niederungen <strong>in</strong> höhere Lagen versetzt wurden, und<br />

die daher mit wesentlich höherem Schneedruck konfrontiert<br />

werden. Hier wird deutlich, was die Veränderung des<br />

Standortes für die Substanz bedeutet. Die Dachkonstruktion<br />

hält der Schneelast nicht stand, und muss deshalb<br />

verstärkt werden, bzw. der Schnee ist im W<strong>in</strong>ter aufwändig<br />

von den Dächern zu entfernen.<br />

Die Betriebsart<br />

Das Auftauchen von echtem Hausschwamm <strong>in</strong> zwei<br />

bayerischen Freilandmuseen während der Bestandsaufnahme<br />

von 1994/95 hat e<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>glich vorgeführt, wie kle<strong>in</strong>e<br />

Versäumnisse bei der Transferierung <strong>in</strong> Komb<strong>in</strong>ation<br />

mit weiteren ungünstigen Faktoren zu e<strong>in</strong>er Explosion von<br />

Bauschäden führen können. Besonders deutlich zeigte<br />

dies e<strong>in</strong> Fall, <strong>in</strong> dem die lange W<strong>in</strong>terpause <strong>in</strong> den Gebäuden<br />

zu idealen Bed<strong>in</strong>gungen für die Ausbreitung von<br />

holzschädigenden Pilzen führte: Die Gebäude waren etwa<br />

vier Monate verschlossen, unbelichtet, zugluftfrei.<br />

Das Material, mit dem sich die Substanzkonservierung zu<br />

beschäftigen hat, lässt sich technisch meist nur schwer<br />

beschreiben, da naturgegeben ke<strong>in</strong>e Normen, kaum<br />

Messdaten und teilweise auch nur unzureichende Kenntnisse<br />

über die historischen Verarbeitungsverfahren vorliegen.<br />

Methoden der Zustandserfassung<br />

ARBEITSHILFEN<br />

Aufgrund der <strong>in</strong>homogenen Objektstruktur, den une<strong>in</strong>heitlichen,<br />

teilweise divergenten Rahmenbed<strong>in</strong>gungen, <strong>in</strong><br />

welche die Objekte e<strong>in</strong>gefügt s<strong>in</strong>d, ist es zunächst<br />

schwierig, e<strong>in</strong>en Ansatz zu f<strong>in</strong>den, um die Fülle der Objekte<br />

effektiv erfassen und bewerten zu können. Aus<br />

leicht verständlichen Gründen scheuen sich die musealen<br />

E<strong>in</strong>richtungen, sich ernsthaft mit e<strong>in</strong>er Abschätzung der<br />

Folgekosten der Investitionen zu beschäftigen. Pflegemaßnahmen<br />

s<strong>in</strong>d unspektakulär und stehen <strong>in</strong> ihrer öffentlichen<br />

Wirksamkeit weit h<strong>in</strong>ter Neuproduktionen<br />

zurück. 21 Dennoch wird man nicht umh<strong>in</strong> können, e<strong>in</strong>e<br />

systematische Methodik für die Pflege des Bestandes zu<br />

entwickeln, um bösen Überraschungen vorbeugen zu<br />

können und die Kosten für die Bestandskonservierung im<br />

Rahmen zu halten.<br />

Die <strong>in</strong>s Museum übernommenen Objekte müssen als gegebene<br />

Größe angesehen werden. Herkunftsbed<strong>in</strong>gungen<br />

oder Eigenarten des ursprünglichen Standortes spielen<br />

weiter ke<strong>in</strong>e Rolle mehr – der Grad der Vorschädigung<br />

ist technisch dem Interesse des Erhalts des Geschichtszeugnisses<br />

unterzuordnen.<br />

Als Konstanten können die allgeme<strong>in</strong>en Klimadaten des<br />

Museumsstandortes, objektspezifische Eigenheiten wie<br />

Bautechnik, Ausrichtung im Gelände, Untergrund, usw.<br />

gelten. Variablen s<strong>in</strong>d die vom Museum selbst bestimmten<br />

Gegebenheiten, die Betriebsart des jeweiligen<br />

Museums und besonders die Wiederaufbaukonzeption,<br />

die sich <strong>in</strong> sehr unterschiedlicher Weise auf den Bestand<br />

von Orig<strong>in</strong>alsubstanz auswirken kann.<br />

Freilichtmuseumsobjekte s<strong>in</strong>d pr<strong>in</strong>zipiell nicht vergleichbar<br />

mit sonstigen Bauobjekten im öffentlichen Raum. Die<br />

Risiken e<strong>in</strong>er Transferierung können auch nicht mit substanzerhaltenden<br />

Maßnahmen der praktischen Denkmalpflege<br />

verglichen werden: Die Objekte s<strong>in</strong>d nach der<br />

Transferierung ke<strong>in</strong>e eigentlichen Denkmäler mehr. Sie<br />

s<strong>in</strong>d musealisierte Präparate mit e<strong>in</strong>em sehr spezifischen<br />

Dase<strong>in</strong>szweck, und haben e<strong>in</strong>en speziellen didaktischen<br />

Auftrag, <strong>in</strong> dessen Wahrnehmung weiterer Verschleiß <strong>in</strong><br />

Kauf genommen werden muss.<br />

Museumshäuser bestehen zu e<strong>in</strong>em Teil aus authentischer,<br />

zum anderen Teil aus rekonstruierter Substanz.<br />

Beide unterliegen der Notwendigkeit des Bauunterhalts.<br />

Es bestehen aber im Ansatz der Pflegemaßnahmen<br />

grundsätzliche technische Unterschiede: Primärdokumente<br />

unterliegen den strengen Anforderungen der Restaurierung,<br />

rekonstruierte Teile dagegen können bautechnisch<br />

konventionell behandelt werden.


ARBEITSHILFEN 15<br />

Beispiel e<strong>in</strong>es Bogens zur<br />

Schadenserfassung


16<br />

Fotografische Dokumentationen von Schadensstellen ...<br />

Das Freilichtmuseum ist e<strong>in</strong> öffentlicher Ort; somit greifen<br />

pr<strong>in</strong>zipiell alle Bestimmungen für die Sicherheit <strong>in</strong> öffentlichen<br />

Bauten. Abweichungen (z. B. Abweichungen von<br />

den Normen bei der Tragfähigkeit oder bei Baudetails wie<br />

Treppen) werden <strong>in</strong> der Regel über Ausnahmegenehmigungen<br />

seitens der kommunalen Haftpflicht abgedeckt.<br />

Alle Fragen der Bausicherheit haben damit ersten Rang<br />

und müssen aufgrund der geltenden Rechtslage vordr<strong>in</strong>glich<br />

behandelt werden.<br />

Wie für Museumsgut allgeme<strong>in</strong> üblich ist e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>ventarisierende<br />

Erfassung auch für Architekturobjekte notwendig.<br />

Dabei hat im H<strong>in</strong>blick auf die Pflege der Gebäude die<br />

technische Seite den Vorrang. Die Erfassung besteht<br />

zunächst aus der Ermittlung der allgeme<strong>in</strong>en Grundlagen<br />

(Aufmaß, Baumassen, Material).<br />

Die <strong>in</strong> <strong>Museen</strong> historischer Kulturgüter längst übliche<br />

kont<strong>in</strong>uierliche Messung und Aufzeichnung der <strong>in</strong>nenklimatischen<br />

Verhältnisse stößt bei Freilichtmuseen auf<br />

Grenzen: Es macht beispielsweise wenig S<strong>in</strong>n, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

mit dem Außenklima verbundenen Raum (Scheune,<br />

Schupfe, Stall) Messungen durchzuführen. Hier genügt<br />

die Aufbereitung der örtlichen allgeme<strong>in</strong>en Klimadaten,<br />

um das Gefährdungspotential herauszuarbeiten.<br />

Die Betriebsart des Museums, also die Jahresöffnungszeiten,<br />

wirken sich vor allem beim Innenklima von Gebäuden<br />

aus, und sollten zum<strong>in</strong>dest exemplarisch erfasst<br />

werden. Die Besucherfrequenz bildet e<strong>in</strong>en bedeutenden<br />

E<strong>in</strong>flussfaktor, hauptsächlich die mechanische Abnutzung<br />

der Substanz.<br />

Wenn die Rahmendaten vorliegen, kann mit der Erfassung<br />

der Ursachen und Auswirkungen der schädigenden<br />

ARBEITSHILFEN<br />

E<strong>in</strong>flüsse begonnen werden. Die bautechnische Beschreibung<br />

sowie die Ergebnisse der bauhistorischen Untersuchungen<br />

können <strong>in</strong> der Regel als vorhanden vorausgesetzt<br />

werden. Ältere Gebäudebestände <strong>in</strong> Freilichtmuseen<br />

s<strong>in</strong>d zuweilen allerd<strong>in</strong>gs schlecht dokumentiert.<br />

Für die weitere, systematische Beobachtung der Gebäude<br />

kann e<strong>in</strong> Instrumentarium geschaffen werden, das die<br />

detaillierte Aufzeichnung der Auswirkungen der schädigenden<br />

E<strong>in</strong>flüsse erlaubt.<br />

Die <strong>in</strong>formelle Zustandserfassung<br />

Angesichts der Fülle der Objekte wurde als erster Ansatz<br />

e<strong>in</strong>e Zustandserfassung an ausgewählten Objekten <strong>in</strong><br />

den bayerischen Freilichtmuseen angestrebt. Die Testphase<br />

(1994-99) wurde mit der teilweisen Aufnahme von<br />

75 Gebäuden 22 durchgeführt. Zur Erfassung der Objekte<br />

wurden Formulare ausgearbeitet, mit denen e<strong>in</strong>e möglichst<br />

weitgehende systematisch-technische Aufnahme<br />

der Gebäudesubstanz vorgenommen werden kann. Um<br />

die meist <strong>in</strong>homogene Baustruktur adäquat erfassen zu<br />

können, wurden die Räume e<strong>in</strong>zeln bearbeitet.<br />

Zu den Eckdaten e<strong>in</strong>es jeden Gebäudes gehörten die Informationen<br />

über den Bestand an Dokumenten über die<br />

der Transferierung vorgeschalteten Untersuchungen, die<br />

technische Ausstattung vor Ort und die Betriebsweise<br />

des Objekts. Für e<strong>in</strong>e langfristige Beurteilung waren E<strong>in</strong>tragungen<br />

zu den Energiekosten und die bekannten Kosten<br />

des Bauunterhalts vorgesehen. Weitere Objektdaten,<br />

wie Ab- und Wiederaufbaudatum, konnten aus den Museumsakten<br />

entnommen werden. Zunächst wurde an<br />

e<strong>in</strong>e Auswertung der Ergebnisse über e<strong>in</strong>e Datenbank gedacht,<br />

um die Schäden statistisch erfassen zu können.<br />

Dieser Ansatz hat sich als nicht umsetzbar erwiesen, da<br />

dieses Verfahren für die Praxis der Umsetzung e<strong>in</strong>es Bauunterhalts<br />

zu abstrakt ist.<br />

Die Ersterfassung von Schäden an den erwähnten 75 Objekten<br />

ließ bereits <strong>in</strong> dieser Phase e<strong>in</strong>e Reihe von „Standardproblemen“<br />

erkennen. Daneben s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e Fülle von<br />

Detailproblemen aufgefallen, die durchwegs e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>dividuellen<br />

Diskussion bedürfen und durch e<strong>in</strong>e generalisierenden<br />

Behandlungsmethode nicht zu beheben s<strong>in</strong>d. Auch<br />

hat die erste, noch oberflächliche Betrachtung e<strong>in</strong>e derartige<br />

Defektfülle gezeigt, dass neben der konsequenten<br />

Durchführung der beschreibenden Erfassung bestimmte<br />

Schäden auch fotografisch dokumentiert werden müssen.<br />

Nicht erfasst wurde <strong>in</strong> dieser ersten Bestandsaufnahme<br />

e<strong>in</strong>e Unterscheidung zwischen ganzteiltransferierten, teilrekonstruierten<br />

und vollrekonstruierten Bauteilen.<br />

Bei der Auswertung der ersten Generation von Erhebungsbögen<br />

hat sich gezeigt, dass es für die Fortführung


ARBEITSHILFEN 17<br />

der Arbeit günstig ist, die Bestandsdaten der Häuser, d. h.<br />

e<strong>in</strong>e systematische Beschreibung anhand der im Museum<br />

vorliegenden Grundrisse, ggf. auch Schnitte und Ansichten,<br />

herzustellen. Die Schadensbefunde und die Kartierung<br />

der Bauunterhaltsmaßnahmen wurden als Folien<br />

über die Bestandspläne gelegt. Diese Anordnung erlaubt<br />

e<strong>in</strong>e schnelle optische Kontrolle der Entwicklung, und<br />

e<strong>in</strong>e vollständige Dokumentation der erfassten Vorgänge.<br />

Ziel des Erhebungsbogens ist es, e<strong>in</strong>e Plattform für e<strong>in</strong>e<br />

rationelle, schnelle Kontrolle über e<strong>in</strong>en langen Zeitraum<br />

der Bausubstanz zu schaffen. Am Ende stünde e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>heitliches,<br />

für alle Freilichtmuseen nutzbares, und vor allem<br />

auch e<strong>in</strong> nach e<strong>in</strong>heitlichen Pr<strong>in</strong>zipien aufgebautes System<br />

zur Überwachung der Gebäude zur Verfügung. Dies ist vor<br />

allem nötig, um Maßnahmen wie den E<strong>in</strong>bau von Temperieranlagen<br />

im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er Kosten-Nutzenanalyse überprüfen<br />

zu können, aber auch, um die Nachhaltigkeit von Konservierungen<br />

kontrollieren zu können. E<strong>in</strong> weiterer Effekt ist<br />

die Feststellung von Bauunterhaltsaufwendungen für das<br />

e<strong>in</strong>zelne Objekt, sowie die Möglichkeit, Tendenzen <strong>in</strong> der<br />

Schadensentwicklung zu erkennen.<br />

Screen<strong>in</strong>g<br />

Der S<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>tensiveren, über Jahre fortschreibbaren<br />

Bestandserfassung hat sich aus der Auswertung der ersten<br />

Kampagne deutlich abgezeichnet. Die Beschreibung<br />

der Bausubstanz ist nebensächlich, da sie sich aus der<br />

Beschreibung der auftretenden Schäden von selbst ergibt.<br />

Schadensfreie Zonen müssen nicht vermerkt werden.<br />

Die Kartierung soll langfristig vorwiegend diesen Aufgaben<br />

dienen:<br />

–Beobachtung der Entwicklung von Schäden, die nicht<br />

sofort behoben werden können oder sollen;<br />

–Beobachtung von wiederkehrenden Schäden nach e<strong>in</strong>er<br />

Reparatur;<br />

–Dokumentation der Reduktion orig<strong>in</strong>aler Substanz;<br />

– Bewertung der Schäden und Anlage e<strong>in</strong>er Dr<strong>in</strong>glichkeitsliste<br />

für die Behebung festgestellter Schäden;<br />

–Ermittlung der Schadensursache und ggf. Veränderung<br />

der Umgebungsparameter.<br />

Hilfreich für die Entwicklung der Kartierungsmethode s<strong>in</strong>d<br />

Erfahrungen aus dem Bereich der Bauforschung und<br />

Restaurierung <strong>in</strong> der praktischen Denkmalpflege, besonders<br />

auf dem Gebiet der Ste<strong>in</strong>restaurierung. 23 Seit etwa<br />

1987 wird an Modellen gearbeitet, wie Schäden und<br />

Maßnahmen an Naturwerkste<strong>in</strong>fassaden dokumentiert<br />

und die Erkenntnisse <strong>in</strong> Maßnahmenkataloge überführt<br />

werden können. Modelle für e<strong>in</strong>e Schadenserfassung<br />

stellen <strong>in</strong>sbesondere die komplexen Kartierungssysteme<br />

bei Ste<strong>in</strong>schäden dar. Dies ist besonders aus der Inten-<br />

...ergänzen die Erfassungsbögen<br />

sität erklärlich, mit der angesichts der immensen Schäden<br />

an Naturste<strong>in</strong> nach Möglichkeiten geforscht wird,<br />

den Zerfall aufzuhalten. Allerd<strong>in</strong>gs ist die Bausubstanz im<br />

Freilichtmuseum wesentlich komplexer, da fast immer<br />

Materialkomb<strong>in</strong>ationen vorliegen. Auf der anderen Seite<br />

muss nur <strong>in</strong> Teilbereichen e<strong>in</strong>e Schadensdifferenzierung<br />

vorgenommen werden, wie sie bei typischen Ste<strong>in</strong>problemen<br />

zu bewältigen ist. 24<br />

Was auf den ersten Blick als außerordentlich aufwendig anmutet,<br />

lässt sich mit Hilfe der modernen Technik nach der<br />

Erfassung der Basisdaten relativ rasch und mit hoher Genauigkeit<br />

bewältigen. Als Basisdaten gelten die Wiederaufbaupläne,<br />

die im orig<strong>in</strong>alen Maßstab <strong>in</strong> die EDV übernommen<br />

werden. Für die Kartierung s<strong>in</strong>d allerd<strong>in</strong>gs nur vektorisierte<br />

Umsetzungen der Pläne <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em geeigneten Maßstab<br />

(1:100, ggf. 1:200) geeignet. Messbildaufnahmen bilden<br />

e<strong>in</strong>e Alternative, s<strong>in</strong>d aber <strong>in</strong> der Regel nicht vorhanden.<br />

Die Erfassung muss anwenderorientiert erfolgen, d. h. die<br />

Kartierung muss leicht herstell- und lesbar se<strong>in</strong>. Die Darstellung<br />

kann daher nicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e zeichnerische Erfassung<br />

mit langtextlicher Beschriftung oder Legende münden,<br />

wie sie bei Vorbereitungen von Restaurierungen <strong>in</strong> situ<br />

angewendet wird. 25 Die Schadensausdehnung und das<br />

geschädigte Material werden mit spezifischen Schraffuren,<br />

die Schadenursache mit zugeordneten, assoziativen<br />

Symbolen gekennzeichnet.<br />

Neben der E<strong>in</strong>tragung von Flächen- und Punktbefunden<br />

samt den zugehörigen Ursachen <strong>in</strong> die Planungsunterlagen<br />

kann die fotografische Dokumentation hilfreich se<strong>in</strong>,<br />

vor allem <strong>in</strong> Bereichen, <strong>in</strong> denen Veränderungen an den<br />

Oberflächen von Malereien festgestellt wurden. Auch hier<br />

stellt die moderne Technik mit der digitalen Fotografie e<strong>in</strong>


18<br />

effizientes Werkzeug zur Verfügung, große Datenmengen<br />

schnell bearbeiten und weitergeben zu können. 26<br />

Die Schadenshäufigkeit und die flächige Ausdehnung<br />

e<strong>in</strong>es Schadenstyps können statistisch erfasst und ausgewertet<br />

werden. Die Daten werden bei Bedarf ausgedruckt,<br />

beispielsweise als Arbeitsanweisung für den Bautrupp<br />

oder die Restauratoren. Sie s<strong>in</strong>d beliebig kopierbar<br />

und somit allgeme<strong>in</strong> verfügbar. Damit ist e<strong>in</strong> größtmöglicher<br />

Austausch von Informationen über den Bestand der<br />

Objekte e<strong>in</strong>es Freilandmuseums möglich:<br />

–Die Objekte werden exakt publiziert.<br />

– In der Grundlagendatei werden die grundlegenden Gebäudedaten<br />

gespeichert.<br />

–Die Objekte werden bezüglich ihres Zustandes <strong>in</strong> festgelegtem<br />

Rhythmus überprüft und auf aktuellem Stand<br />

gehalten. Dabei werden gleichzeitig auch die Dokumentation<br />

und der Datenbestand gepflegt.<br />

–Veränderungen s<strong>in</strong>d jederzeit nachvollziehbar.<br />

–Die Transparenz e<strong>in</strong>er Maßnahme ist zu jedem Zeitpunkt<br />

gewährleistet.<br />

Die Erfassung der Grundlagen könnte <strong>in</strong> Zusammenarbeit<br />

mit Hochschule<strong>in</strong>richtungen erfolgen, die mit historischer<br />

Bausubstanz beschäftigt s<strong>in</strong>d. Denkbar ist die E<strong>in</strong>arbeitung<br />

der Plandaten durch Architektur- und Bau<strong>in</strong>genieurstudenten<br />

im Rahmen von Praktika oder von Lehrveranstaltungen<br />

über historische Bautechnik. Die Betreuung<br />

dieser Arbeiten müsste allerd<strong>in</strong>gs nach e<strong>in</strong>heitlichen<br />

Kriterien erfolgen und entsprechend kontrolliert werden,<br />

um die technische E<strong>in</strong>heitlichkeit zu gewährleisten.<br />

Die Kartierung muss nicht sofort und flächendeckend<br />

durchgeführt werden, sondern kann optional an die aktuellen<br />

Bedürfnisse angepasst werden: Begonnen wird mit<br />

den „Sorgenk<strong>in</strong>dern“ des Museums, also besonders gefährdeten<br />

oder geschädigten Objekten. Priorität haben<br />

schwere Schäden, wie aktiver Schädl<strong>in</strong>gsbefall oder statische<br />

Setzungen mit progressiver Tendenz. Allerd<strong>in</strong>gs<br />

sollte angestrebt werden, alle Objekte e<strong>in</strong>es Museums<br />

mittelfristig, d. h. <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Zeitraum von ca. 2 Jahren, zu<br />

erfassen, um e<strong>in</strong>en Überblick über den tatsächlichen<br />

Bauunterhaltsbedarf zu gew<strong>in</strong>nen.<br />

Im Idealfall – und der wäre bei der Übertragung von neuen<br />

Objekten durchaus erreichbar – müssten schon mit<br />

Voruntersuchungen die Daten, die für die spätere Pflege<br />

nötig s<strong>in</strong>d, vor dem Abbau erarbeitet werden. Das Raumbuch<br />

könnte dann von Beg<strong>in</strong>n an als Grundlage für die<br />

spätere Gebäudepflege angelegt werden.<br />

Die technischen E<strong>in</strong>richtungen, die zur Herstellung des<br />

Gebäudescann<strong>in</strong>gs nötig s<strong>in</strong>d, dürften <strong>in</strong> so gut wie<br />

ARBEITSHILFEN<br />

jedem Museum verfügbar se<strong>in</strong>: Als Basis e<strong>in</strong> leistungsfähiger<br />

PC, für den Außenbereich e<strong>in</strong> Laptop. Die zur Verfügung<br />

stehende Software ist mittlerweile so billig, dass<br />

ihre Anschaffung kaum e<strong>in</strong> Problem darstellt. 27<br />

Weitere Untersuchungsmethoden für die Bestandskontrolle<br />

Die Ergebnisse der Sichtkontrolle und die Aufzeichnung<br />

von Schadensbildern geben H<strong>in</strong>weise auf e<strong>in</strong>en erweiterten<br />

Untersuchungsbedarf. Dieser ist stets bei gravierenden<br />

Schäden am statischen Gefüge gegeben, die durch<br />

Umlastungen zu Deformationen und Verlusten an der<br />

Oberfläche führen. Beispielsweise verändert e<strong>in</strong>e Schädigung<br />

von Schwelle oder Pfosten die Lastabtragung und<br />

verlagert diese vom Pfosten auf die Gefachefüllung. Bei<br />

Fachwerken ist das erste Symptom hierfür das Abwerfen<br />

von Verputzen. Auch bei Blockbauten ist e<strong>in</strong>e Querschnittsm<strong>in</strong>derung<br />

e<strong>in</strong>er Schwelle u. U. verantwortlich für<br />

den Verlust von Putzoberflächen. Bei Mauerwerk s<strong>in</strong>d es<br />

neben Defekten wie Auffrieren durch ungenügenden Bautenschutz<br />

oder mangelnden Bauunterhalt <strong>in</strong>sbesondere<br />

aufsteigende Salze, die zur Zermürbung der Substanz<br />

führen.<br />

Wenn diese Schäden aufgrund des Transferierungskonzeptes<br />

vom orig<strong>in</strong>alen Standort mit <strong>in</strong>s Museum übertragen<br />

und somit bewusst <strong>in</strong> Kauf genommen wurden, müssen<br />

sie <strong>in</strong> ihrer Entwicklung beobachtet und registriert<br />

werden. Nur dann kann bei maximaler Wahrung der Authentizität<br />

rechtzeitig, vor e<strong>in</strong>em entgültigen Zerfall, konservierend<br />

e<strong>in</strong>gegriffen werden.<br />

•Elektronische Bewegungsmessung<br />

Für die Kontrolle der Bewegung e<strong>in</strong>es Gebäudes stellt<br />

die elektronische Bewegungsmessung e<strong>in</strong> äußerst wirkungsvolles<br />

Instrument dar, das bereits vor e<strong>in</strong>er mit<br />

dem bloßen Auge erkennbaren Formveränderung Setzungen<br />

im Bereich von Millimetern und die Tendenz<br />

der Bewegung darstellen kann. Diese Messungen werden<br />

im allgeme<strong>in</strong>en bautechnischen Bereich zur Untersuchung<br />

von Gebäudesetzungen im Neubaubereich,<br />

bei gefährdeten Felsformationen und bei der Erhaltung<br />

von Burgru<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>gesetzt. 28 An den Untersuchungsobjekten<br />

werden sehr kle<strong>in</strong>e, dauerhaft angebrachte<br />

Messpunkte montiert und von festgelegten Bezugspunkten<br />

aus dreidimensional e<strong>in</strong>gemessen. Das Verfahren<br />

ermöglicht e<strong>in</strong>e turnusmäßige Kontrolle der Geometrie,<br />

und damit e<strong>in</strong> Frühwarnsystem für statische Veränderungen.<br />

• Bohrwiderstandmessung an Holz (Resistografie)<br />

Bei Verdacht auf Schäden der statisch relevanten<br />

Bauhölzer kann die Bohrwiderstandsmessung e<strong>in</strong>gesetzt


ARBEITSHILFEN 19<br />

werden, die weniger die Veränderungen, als den konkret<br />

erreichten Zustand des Bauholzes darstellt. Aufgrund der<br />

– wenn auch ger<strong>in</strong>gen – Beschädigung durch den Messvorgang<br />

sollte diese Methode nur dort e<strong>in</strong>gesetzt werden,<br />

wo der Verdacht aufgrund zerstörungsfreier Methoden erhärtet<br />

ist.<br />

Die Resistografie wurde zunächst zur Kontrolle von lebendem<br />

Holz, z. B. bei Alleebäumen, angewendet, ist jedoch<br />

auch zur Untersuchung von Totholz, also verbautem<br />

Holz geeignet. Seit ca. 1995 wird die Methode bei der<br />

Schadenskartierung historischer Holzbauten e<strong>in</strong>gesetzt. 29<br />

Mittels e<strong>in</strong>er 40 cm langen und nur 3 mm starken Bohrnadel<br />

wird mit gleichmäßigem Vortrieb <strong>in</strong> das Untersuchungsobjekt<br />

e<strong>in</strong>gebohrt. Dabei ermittelt e<strong>in</strong> Sensor<br />

den Torsionswiderstand und gibt diese Daten an das Aufzeichnungsgerät<br />

weiter. Das Ergebnis ist e<strong>in</strong> Oszillogramm,<br />

das die Holzfestigkeit darstellt. Bei hochauflösenden<br />

Geräten kann die Darstellung bis zur Wiedergabe<br />

e<strong>in</strong>zelner Jahresr<strong>in</strong>ge gehen.<br />

Mit dieser Methode wird der <strong>in</strong>nere Zustand des Holzes<br />

im Bereich der Sondage aufgezeichnet. Die Interpretation<br />

der Messkurven erfordert Erfahrung und bedarf unbed<strong>in</strong>gt<br />

begleitender Beobachtungen: Es kann von e<strong>in</strong>er<br />

Messung nicht ohne weiteres auf den Zustand des gesamten<br />

Holzteiles geschlossen werden. Die Messungen<br />

müssen daher an den kritischen Punkten angesetzt werden,<br />

z. B. an e<strong>in</strong>gemauerten Balkenköpfen, also an den<br />

Bereichen, die für Bauschäden anfällig s<strong>in</strong>d. Offensichtliche<br />

Schäden, Insektenbefall, Pilzbefall, Fäulnis oder mechanische<br />

Beschädigung s<strong>in</strong>d zu beachten.<br />

Die Messungen dienen <strong>in</strong> den Bereichen, die offensichtlich<br />

geschädigt s<strong>in</strong>d, dem Nachweis des statisch wirksamen<br />

Restquerschnittes, und damit als Entscheidungshilfe<br />

für die Methode der Instandsetzung im betroffenen<br />

Bereich. Gravierende Schäden können e<strong>in</strong>gegrenzt und<br />

damit bereits im Vorfeld e<strong>in</strong>er Reparatur die Ausdehnung<br />

des Substanzverlustes auf das Nötigste e<strong>in</strong>geschränkt<br />

werden.<br />

• Physikalische und chemische Untersuchungen an anorganischer<br />

Gebäudesubstanz<br />

Nichtorganische Substanzen, also Geste<strong>in</strong>, Sand und<br />

Mörtel, weisen unter günstigen Umgebungsbed<strong>in</strong>gungen<br />

kaum Verfallsersche<strong>in</strong>ungen auf, jedoch können Innenund<br />

Außenbewitterung dazu führen, was vorwiegend auf<br />

dem Abbau von chemischen B<strong>in</strong>dungen, aber auch mechanischen<br />

E<strong>in</strong>flüssen beruht. Die Ergebnisse dieses Verfalls<br />

lassen sich durch chemisch-physikalische Methoden<br />

nachweisen, die den Zerfall der B<strong>in</strong>demittel von Oberflächen<br />

und der Kernsubstanz dokumentieren.<br />

In diesem Problemfeld bilden die durch Ganzteiltransferierungen<br />

<strong>in</strong>s Museum übertragenen Vorschädigungen<br />

durch bauschädliche Salze den umfangreichsten Komplex.<br />

Besonders bei drohenden Verlusten an orig<strong>in</strong>alen<br />

Oberflächen (Malerei) ist e<strong>in</strong>e genaue Ursachenermittlung<br />

angezeigt. 30 Für die Untersuchung dieser Probleme, aber<br />

auch für die Untersuchung von Pigmenten bieten sich<br />

heute die Infrarotspektrografie oder die Endiffraktogrammie<br />

an.<br />

Anmerkungen<br />

Sebastian Roser<br />

1 Gemäß der Kriterien, wie sie <strong>in</strong>: Zippelius, Adelhart: Freilichtmuseen<br />

<strong>in</strong> Deutschland (= HB Bildatlas Spezial 6), Hamburg<br />

1982 beschrieben werden. Daneben existieren E<strong>in</strong>richtungen,<br />

wie das privat betriebene Museumsdorf Bayerischer Wald <strong>in</strong><br />

Tittl<strong>in</strong>g, die jedoch nicht <strong>in</strong> diese Untersuchung e<strong>in</strong>bezogen<br />

werden konnten.<br />

2Kreil<strong>in</strong>ger, Kilian: Die Situation der Freilichtmuseen heute, <strong>in</strong>:<br />

Arbeitstagung Freilichtmuseen (= Freundeskreis Freilichtmuseum<br />

Südbayern, Schriftenreihe Heft 13/1997), S. 8<br />

3Kreil<strong>in</strong>ger, Kilian: Raumklima im Freilichtmuseum. Klimastabilisierende<br />

Maßnahmen. Internationales Symposium im Freilichtmuseum<br />

des Bezirks Oberbayern an der Glentleiten<br />

5.5.1988, Großweil 1989, S. 6-11<br />

4Kreil<strong>in</strong>ger, Kilian: Bewahren – Unmöglich? <strong>in</strong>: Museum heute<br />

7/1994, S. 9-28<br />

5 Köck, Christoph: Materialität als Programm. Zur wissenschaftlichen<br />

Kooperation von Freilichtmuseum und Volkskunde,<br />

<strong>in</strong>: Arbeitstagung Freilichtmuseen (= Freundeskreis Freilichtmuseum<br />

Südbayern, Schriftenreihe Heft 13/1997),<br />

S.25 ff. Die universitäre Volkskunde hat <strong>in</strong> rascher Folge neue<br />

Ideen im Umgang mit der Museumsform Freilichtmuseum<br />

produziert, die nicht ganz ohne Auswirkung auf den Umgang<br />

mit der materiellen Substanz dieser <strong>Museen</strong> geblieben s<strong>in</strong>d.<br />

Die Geschw<strong>in</strong>digkeit der Ideenproduktion der Volkskunde als<br />

Wissenschaft hängt teilweise mit der Notwendigkeit zusammen,<br />

„aktuell“ bleiben zu müssen, um nicht als entbehrliches<br />

Orchideenfach abgedrängt zu werden.<br />

6 vgl. Ahrens, Claus: Wiederaufgebaute Vorzeit. Archäologische<br />

Freilichtmuseen <strong>in</strong> Europa, Neumünster 1990, S. 22 ff.<br />

7 vgl. Köck (wie Anm. 5), hier S. 26<br />

8 Oberflächlich mag der Ärger über Nachsanierungsbedarf verständlich<br />

se<strong>in</strong>. Bei genauerem H<strong>in</strong>sehen s<strong>in</strong>d mißlungene<br />

Versuche jedoch differenzierter zu bewerten, als es <strong>in</strong> der Hitze<br />

des von persönlichen Ause<strong>in</strong>andersetzungen geprägten<br />

Konzeptwechsels geschieht. Heimrath, Ralf: Die Aufgaben


20<br />

e<strong>in</strong>es Freilandmuseums am Beispiel Neusath-Perschen, <strong>in</strong>:<br />

Mitteilungen des Oberpfälzischen Bauernhofmuseums<br />

29/1995, S. 11 f.: „Das Ergebnis für heute ist niederschmetternd.<br />

Wir haben teilweise Gebäude, bei denen das Obergeschoß<br />

wegen E<strong>in</strong>sturzgefahr gesperrt werden mußte, aber<br />

nicht, weil die Besucher zu sehr herumgetrampelt waren,<br />

sondern weil man e<strong>in</strong>e geschädigte Bausubstanz und e<strong>in</strong>e<br />

durch früher fehlerhaft durchgeführte Umbaumaßnahmen <strong>in</strong>stabil<br />

gewordene Baukonstruktion authentisch übernommen<br />

hat. Hier ist der Perfektionist <strong>in</strong> Verkennung der Gefahren<br />

über das museale Ziel h<strong>in</strong>ausgeschossen.“<br />

9 Denecke, Dietrich/ Daxelmüller, Christoph: Kontroversen um<br />

die Konzeption und kulturelle Aufgabe von Freilichtmuseen.<br />

Das Beispiel: Oberpfälzer Freilandmuseum (= Heimat Nabburg,<br />

15/1994), S. 61. Den Alterungsprozess der orig<strong>in</strong>alen<br />

Bausubstanz und Schäden am Exponatgebäude gänzlich<br />

aufzuhalten, ist ke<strong>in</strong>em Freilichtmuseum möglich; es ist bis<br />

zu e<strong>in</strong>em bestimmten Stadium auch aus didaktischen Überlegungen<br />

bei der Vermittlung von Architekturgeschichte nicht<br />

erwünscht.<br />

10 Kreil<strong>in</strong>ger, wie Anm. 3<br />

11 Waldemer, Georg: Wie man früher baute – E<strong>in</strong> Ausstellungsdefizit<br />

im Freilichtmuseum? <strong>in</strong>: Arbeitstagung Freilichtmuseen<br />

(= Freundeskreis Freilichtmuseum Südbayern, Schriftenreihe<br />

Heft 13/1997), S. 52-64<br />

12 Der Versuch, Bautechnik <strong>in</strong> historischem Bestand als Ingenieursstudiengang<br />

durch die E<strong>in</strong>richtung e<strong>in</strong>es Lehrstuhls an<br />

der FH <strong>in</strong> Potsdam zu verankern, kann als gescheitert betrachtet<br />

werden. Noch im Zuge des Berufungsverfahrens<br />

wurde e<strong>in</strong> Umwidmung <strong>in</strong> Richtung Restaurator für Wandmalerei<br />

vorgenommen.<br />

13 Kreil<strong>in</strong>ger (wie Anm. 2), S. 9: „Obwohl ... oft jüngere Zeitstellungen<br />

bevorzugt oder mehrere Zeitstellungen herausgearbeitet<br />

wurden, so scheute man sich <strong>in</strong> E<strong>in</strong>zelfällen dennoch<br />

nicht, mit Hilfe wissenschaftlich fundierter Rekonstruktionen<br />

auch früheste Zeitphasen zu repräsentieren.“<br />

14 Kreil<strong>in</strong>ger, wie Anm. 2<br />

15 z. B. Bedal, Konrad/Heidrich, Hermann: Bauernhäuser aus<br />

dem Mittelalter. E<strong>in</strong> Handbuch zur Baugruppe Mittelalter im<br />

Fränkischen Freilandmuseum <strong>in</strong> Bad W<strong>in</strong>dsheim (= Schriften<br />

und Kataloge des Fränk. Freilandmuseums Bad W<strong>in</strong>dsheim<br />

28), Bad W<strong>in</strong>dsheim 1997, S. 281 ff.<br />

16 Diese E<strong>in</strong>ordnung entspricht dem gegenwärtigen Stand der<br />

Erkenntnis der Diplomrestauratoren nach e<strong>in</strong>er Ausbildung an<br />

e<strong>in</strong>er Fachhochschule.<br />

17 Zur Konglomeratbildung tragen <strong>in</strong>sbesondere der historische<br />

Bauunterhalt und die wiederholte Reparatur von typischen<br />

Schwachstellen der Konstruktion bei. Abhängig vom Präsentationskonzept<br />

kann eben die für das Objekt prägende Addition<br />

unterschiedlicher baulicher Zeitschichten zum Thema<br />

werden: Zu den laufenden Unterhaltsmaßnahmen gehörte an<br />

erster Stelle die Wartung der Dächer. Während bei Stroh- und<br />

Sch<strong>in</strong>deldächern ke<strong>in</strong>e konkreten Befunde mehr zu erwarten<br />

s<strong>in</strong>d und nur Archivalien über den Unterhalt berichten können,<br />

läßt sich am Bestand von hart gedeckten Dächern die<br />

ARBEITSHILFEN<br />

kont<strong>in</strong>uierliche Erneuerung beschädigter Flächen gut nachweisen.<br />

Von Bauschäden besonders betroffene Wandflächen,<br />

wie die Kontaktzone zum Erdreich, also Fundament,<br />

Mauerwerk bis Brüstungshöhe, bei Fachwerk und Blockbau<br />

Schwellbalken und Ständerfüße, wurden ausgewechselt.<br />

Weitere von Verwitterung besonders betroffene Flächen, wie<br />

die Westseiten von Blockbauten, mußten nach längerer<br />

Standzeit unter ungünstigen Umständen ebenfalls ausgewechselt<br />

werden.<br />

Besonders überholungsbedürftig waren stets die Feuerstellen,<br />

Kam<strong>in</strong>e und Öfen. Abgesehen von technischen Veränderungen<br />

<strong>in</strong> der Heiztechnik oder behördlich erzwungenen Veränderungen<br />

hatten diese Bauteile nur e<strong>in</strong>e begrenzte Standzeit.<br />

E<strong>in</strong> Kachelofen verbraucht sich <strong>in</strong> weniger als e<strong>in</strong>er Generation.<br />

Alle Bodenbeläge unterlagen e<strong>in</strong>er kont<strong>in</strong>uierlichen<br />

Abnutzung und wurden, wenn e<strong>in</strong>fache Reparaturen nicht<br />

mehr ausreichten, ausgewechselt. Die Ausbauteile, wie Türen<br />

und Fenster, waren nicht nur dem Verschleiß durch die<br />

Nutzung unterworfen, sondern zuweilen auch modischen<br />

Veränderungen bzw. technischen Weiterentwicklungen, die<br />

allerd<strong>in</strong>gs nur <strong>in</strong> wirtschaftlich prosperierenden Häusern zum<br />

E<strong>in</strong>satz kamen. Armut wirkte sich, abgesehen von Verschleiß<br />

oder mangelndem Bauunterhalt, häufig „konservierend“ auf<br />

die Substanz aus.<br />

Putze und Mauerwerk wurden vor allem <strong>in</strong> den Bereichen geschädigt,<br />

die von außen durch Feuchtigkeit <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit<br />

Frost, von <strong>in</strong>nen durch Kondensatanlagerung bee<strong>in</strong>trächtigt<br />

werden. Weitere Schadensquellen bilden Stallnutzungen oder<br />

die Nähe von Versitz- oder Abortgruben aufgrund wandernder<br />

bauschädlicher Salze. E<strong>in</strong>e Schadensquelle, die auf den<br />

ersten Blick nicht direkt als solche empfunden wird, bilden<br />

stets die Ergebnisse von handwerklich unzulänglich ausgeführten<br />

Umbauten oder entsprechenden statischen Reparaturen.<br />

Die Überarbeitungen der Innen- und Außenoberflächen e<strong>in</strong>es<br />

Hauses waren zunächst wohl weniger von Bedürfnis nach<br />

technischer Intaktheit, als vielmehr vom Repräsentationsbedürfnis<br />

der Bewohner geprägt. Seit der spätmittelalterlichen<br />

Epoche s<strong>in</strong>d polychrome figürliche und ornamentale Ausmalungen<br />

<strong>in</strong> repräsentativen Wohnräumen bekannt. So ist offensichtlich,<br />

dass mit der Verbürgerlichung der ländlichen Welt<br />

auch die Häufigkeit und Qualität der malerischen Ausstattung<br />

der Häuser zunimmt.<br />

Ab dem späten 18. Jahrhundert entwickelt sich e<strong>in</strong> Bewußtse<strong>in</strong><br />

für Bauhygiene, d. h. zur E<strong>in</strong>dämmung von Schädl<strong>in</strong>gen<br />

und Lästl<strong>in</strong>gen (Sp<strong>in</strong>nen, Fliegen, Milben usw.) werden Maßnahmen<br />

ergriffen, die zu e<strong>in</strong>er grundlegenden Änderung der<br />

Ausstattung von Wohnräumen führen. Bei der Übernahme e<strong>in</strong>es<br />

Objekts <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Museum werden diese Spuren des Lebens<br />

<strong>in</strong> den Häusern unter Umständen zu e<strong>in</strong>em Thema der Darstellung.<br />

Abhängig vom jeweiligen Präsentationskonzept<br />

werden die Spuren des Bauunterhalts zu Bedeutungsträgern<br />

und damit zum Gegenstand der Konservierung und – später<br />

– der Wartung von Kernsubstanz und Oberflächen.<br />

18 Zippelius (wie Anm. 1), S. 38. Nach dem Bekanntwerden der<br />

skandalösen Haltung der Industrie, die die toxische Wirkung<br />

der verwendeten Substanzen auf den Menschen trotz besseren<br />

Wissens geleugnet hatte, verschwanden diese vorbeu-


ARBEITSHILFEN 21<br />

genden Maßnahmen gänzlich aus dem Repertoire der <strong>Museen</strong>.<br />

Als Alternativen wurden Begasungsverfahren entwickelt,<br />

die heute e<strong>in</strong>e giftfreie Beseitigung von Schädl<strong>in</strong>gen<br />

durch CO2 ermöglicht.<br />

19 Kreil<strong>in</strong>ger (wie Anm. 2), S. 8: „Bauschadensanalysen s<strong>in</strong>d seit<br />

längerem ke<strong>in</strong> Fremdwort mehr; sie helfen auch, geplante<br />

Ganzteilversetzungen rechtzeitig zu beurteilen.“ – Dem Autor<br />

ist bislang ke<strong>in</strong>e <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Hausdokumentation verankerte<br />

echte Bauschadensanalyse bekannt. Die Realität ist eher vergleichbar<br />

mit Notbergungen <strong>in</strong> der Bodendenkmalpflege: Erst<br />

bergen, dann darüber nachdenken, wie das geborgene Gut<br />

konservatorisch zu behandeln ist.<br />

20 Als Beispiel können die Untersuchungen an Regensburger<br />

Denkmälern gelten, mit denen historische Hölzer ab dem<br />

13. Jh. technisch überprüft wurden: Die Kurven weisen größtenteils<br />

starke Versprödungsmerkmale auf, welche die statische<br />

Funktion bee<strong>in</strong>trächtigen. Trotz <strong>in</strong>tensiver Suche nach<br />

vergleichbaren Untersuchungsansätzen s<strong>in</strong>d noch ke<strong>in</strong>e Vergleichsdaten,<br />

<strong>in</strong>sbesondere ke<strong>in</strong>e systematischen über die<br />

Biegezugfestigkeit historischer Hölzer, greifbar. Hier wird allgeme<strong>in</strong><br />

noch sehr grob, d. h. nach der maximalen statischen<br />

Anforderung gearbeitet.<br />

21 Die Realität des Bauunterhalts sieht nach – vorsichtiger – Befragung<br />

der Museumsleitungen nicht so selbstverständlich<br />

aus, wie sie Kreil<strong>in</strong>ger als gegeben annimmt: „Dieser großen<br />

Qualität fachlicher Arbeit muß e<strong>in</strong>e hohe Qualität der Erhaltungsmethoden<br />

entsprechen. Denn nur, wenn diese großen<br />

Leistungen Chancen haben, langfristig erhalten zu werden,<br />

s<strong>in</strong>d sie ke<strong>in</strong>e Denkmäler von Fehl<strong>in</strong>vestitionen. Im Vorgriff<br />

soll aber bereits festgestellt se<strong>in</strong>, daß <strong>in</strong>zwischen die Freilichtmuseen,<br />

zum<strong>in</strong>dest <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong>, die Qualität e<strong>in</strong>er Versetzung<br />

nicht mehr alle<strong>in</strong> daran messen, wie gut diese selbst<br />

gelungen ist, sondern auch daran, wie gut die Vorkehrung zur<br />

Erhaltung dieses Werkes gelungen s<strong>in</strong>d.“ Kreil<strong>in</strong>ger (wie<br />

Anm. 2), S. 7<br />

22 Amerang (10 Gebäude) – Bad W<strong>in</strong>dsheim (4 Gebäude) – F<strong>in</strong>sterau<br />

(9 Gebäude) – Fladungen (2 Gebäude) – Glentleiten (22<br />

Gebäude) – Illerbeuren (12 Gebäude) – Mass<strong>in</strong>g (6 Gebäude)<br />

– Neusath-Perschen (10 Gebäude)<br />

23 vgl. Petzet, Michael/Mader, Gert: Praktische Denkmalpflege,<br />

Stuttgart/Berl<strong>in</strong>/Köln 1993 – Mader beklagt noch 1993<br />

(S. 208), dass man bezüglich der Diagnostik statischer, bauphysikalischer<br />

und altersbed<strong>in</strong>gter Schadenssituationen bei<br />

Baudenkmälern am Anfang stehe. Im Bereich der Ste<strong>in</strong>restaurierung<br />

wurden jedoch deutliche Fortschritte erzielt, die<br />

sich <strong>in</strong> Projektierungen komplexer Baumaßnahmen niederschlagen.<br />

Generell ist jedoch zu bemerken, dass <strong>in</strong> diesem<br />

Bereich oft Projektierungskosten enorm hoch ausfallen, je<br />

nach der von der aufsichtführenden Behörde geforderten Informationsdichte<br />

und dem Genauigkeitsgrad.<br />

24 Die Differenzierung von Ste<strong>in</strong>schäden, die e<strong>in</strong>e genaue petrographische<br />

Erfassung und Aufzeichnung der spezifischen<br />

Verwitterungsformen enthält, mag für den Bereich der Ste<strong>in</strong>schäden<br />

im Freilandmuseum größtenteils überzogen ersche<strong>in</strong>en;<br />

dennoch läßt sich die str<strong>in</strong>gente Erfassungsmethode<br />

auch auf Konglomerate, wie sie im Freilichtmuseum vorlie-<br />

gen, übertragen. Die Fragestellung richtet sich auf die exakte<br />

Qualifizierung der Schäden, soweit sie im Rahmen der zur<br />

Verfügung stehenden Untersuchungsmethoden möglich<br />

s<strong>in</strong>d, und der Quantifizierung.<br />

25 vgl. Petzet/Mader (wie Anm. 23), S. 192 u. 198 mit Abb. 73<br />

26 Gegenüber der digitalen Fotografie gibt es berechtigte Vorbehalte.<br />

Die nahezu unbegrenzten Manipulationsmöglichkeiten<br />

entwerten den Urkundencharakter dieses Mediums, und<br />

die Haltbarkeit von Ausdrucken dürfte diejenige von konventionellen<br />

Farbabzügen kaum übersteigen. Das Problem der<br />

Datenpflege, die Haltbarkeit der Datenträger usw., die seit<br />

der E<strong>in</strong>führung von elektronischen Medien e<strong>in</strong> Problem bildet,<br />

darf nicht unterschätzt werden. Allerd<strong>in</strong>gs sche<strong>in</strong>en sich<br />

die Standards durch den E<strong>in</strong>fluß des Internets <strong>in</strong> Richtung auf<br />

e<strong>in</strong>e breitere Basis für den Datenaustausch h<strong>in</strong>zubewegen.<br />

Die Datenträger werden ebenfalls haltbarer, <strong>in</strong>sbesondere bei<br />

den optischen Systemen (CD-Technik). E<strong>in</strong> weiteres Argument<br />

ist die nur temporäre Gültigkeit der bestandserfassenden<br />

Fotografie im Bauunterhalt: Es geht lediglich um Vergleichsdaten,<br />

um <strong>in</strong> der Abfolge der Jahre Veränderungen abschätzen<br />

zu können, die durch Zeichnen und Messen e<strong>in</strong>es<br />

Schadensbildes nicht erreicht werden können. Durch die<br />

kont<strong>in</strong>uierliche Nutzung des Mediums ist im übrigen die regelmäßige<br />

Wartung der Daten gewährleistet.<br />

27 Der Markt stellt heute e<strong>in</strong>e Fülle e<strong>in</strong>facher CAD-Programme<br />

zur Verfügung. Wir bevorzugen seit 1988 die Programml<strong>in</strong>ie<br />

von Micrografx „Designer“. Dieses Programm stellt für e<strong>in</strong>en<br />

angemessenen Preis die Funktionen zur Verfügung, die wir<br />

bei der Schadenskartierung benötigen.<br />

28 Die Leistungsfähigkeit der geodätischen Deformationsmessung<br />

wird immer wieder bei spektakuläreren Ereignissen, wie<br />

drohenden Felsabstürzen, unter Beweis gestellt; vgl. Geo-<br />

News Nr. 1, Geodätische Deformationsmessung, S. 3<br />

29 Mattheck, C./Hunger, E./R<strong>in</strong>n, F.: Bohrwiderstandsmessgerät,<br />

Forschungszentrum Karlsruhe, Sonderdruck 40206<br />

30 Die Anwesenheit von bauschädlichen Salzen stellt die Restauratoren<br />

häufig vor unlösbare Probleme: Relativ gut zu<br />

bewältigen s<strong>in</strong>d noch die Aufgaben e<strong>in</strong>er Konservierung bei<br />

e<strong>in</strong>heitlichem Material, z. B. Naturste<strong>in</strong>en ohne Oberflächenbeschichtung,<br />

die e<strong>in</strong>e Extraktion der Salze mittels Kompressen<br />

zulassen. Schwieriger wird es, wenn e<strong>in</strong>e salzbefrachtete<br />

Trägersubstanz mit e<strong>in</strong>er Beschichtung, z. B. Putz oder Farbauflagen<br />

verbunden ist, die sich unter der physikalischen und<br />

chemischen E<strong>in</strong>wirkung der Schadsalze bereits verändert<br />

hat: E<strong>in</strong>e Vorfestigung sperrt u. U. die Salze e<strong>in</strong> und macht<br />

e<strong>in</strong>e Extraktion deshalb unmöglich, ohne Vorfestigung würde<br />

e<strong>in</strong>e Kompressenbehandlung aber zu e<strong>in</strong>er weiteren Zerstörung<br />

der Oberflächen führen. Zur Festlegung e<strong>in</strong>er für die<br />

Behandlung der betroffenen Flächen möglichen Verfahrensweise<br />

muß daher e<strong>in</strong>e qualitative und quantitative Analyse<br />

der vorliegenden Schadsalze vorgeschaltet werden. Diese<br />

Analysen kommen im Freilichtmuseum jedoch nur an den<br />

Bauteilen <strong>in</strong> Frage, die als Ganzes transferiert wurden. Bei rekonstruierten<br />

Putzen und Oberflächen muß die Beschichtung<br />

als Opferschicht aufgefaßt werden, die bei Bedarf turnusmäßig<br />

erneuert wird.


22<br />

SO STEIGT DIE MEDIENPRÄSENZ<br />

Erfahrungswerte aus der Agentur-Praxis<br />

Längst noch nicht jedes Museum betreibt e<strong>in</strong>e strategische<br />

Öffentlichkeitsarbeit für sämtliche Zielgruppen,<br />

längst nicht jedes Museum kann sich e<strong>in</strong>e eigene Stelle für<br />

PR leisten. E<strong>in</strong> Teilbereich zum<strong>in</strong>dest, die Pressearbeit, ist<br />

aber <strong>in</strong>zwischen <strong>in</strong> fast allen Häusern zur festen Rout<strong>in</strong>e<br />

geworden. Rout<strong>in</strong>e verführt jedoch zu E<strong>in</strong>fallslosigkeit, die<br />

wiederum für die Resonanz <strong>in</strong> den Medien verheerende<br />

Folgen haben kann. Trotzdem wundern sich die Verantwortlichen,<br />

warum die erwünschte optimale Folge nicht<br />

e<strong>in</strong>trifft: zahlreiche Veröffentlichungen <strong>in</strong> regionalen, möglichst<br />

auch <strong>in</strong> überregionalen Medien, die mittels ihrer Besprechungen<br />

wahre Besucherströme <strong>in</strong>s Haus lenken. Wer<br />

Medienkontakte eher als Alibi denn als Aufgabe betrachtet,<br />

vergibt wertvolle Chancen: auf mehr Besucher-Erfolg,<br />

auf mehr Renommee und letztlich auf mehr E<strong>in</strong>nahmen.<br />

Kreativität versus Budgetflaute<br />

E<strong>in</strong> Paradoxon: Wenn es um die Beziehungen zu den Medien<br />

geht, zeigt sich noch immer e<strong>in</strong>e Vielzahl von <strong>Museen</strong><br />

wenig kreativ, auch wenn sie ihre Exponate noch so<br />

e<strong>in</strong>fallsreich präsentiert. Ob der Grund <strong>in</strong> Arbeitsüberlastung,<br />

Personalmangel, Selbstüberschätzung („Die<br />

Presse merkt von selbst, welche Qualität wir zu bieten haben...“)<br />

oder gar ger<strong>in</strong>gem Selbstbewusstse<strong>in</strong> („Unser<br />

Haus ist doch viel zu kle<strong>in</strong>!“) liegt: Noch immer werden die<br />

Medien bisweilen als wichtigste Mittler zum Besucher<br />

und zu Förderern unterschätzt.<br />

Geldknappheit jedoch kann als Argument nicht gelten.<br />

Basismaßnahmen wie e<strong>in</strong>e ansprechende Pressemitteilung<br />

und e<strong>in</strong> H<strong>in</strong>tergrundtext für die wichtigsten Lokalredaktionen<br />

oder e<strong>in</strong> auch Mail<strong>in</strong>g für Freunde des Hauses<br />

kann sich selbst das kle<strong>in</strong>ste Haus leisten. Wer dafür aus<br />

Budgetgründen langfristig ke<strong>in</strong>en externen Berater engagieren<br />

kann, hat e<strong>in</strong>e weitere Möglichkeit, den professionellen<br />

Umgang mit den Medien kennen zu lernen und zu<br />

proben: Er lässt sich e<strong>in</strong>en Tag lang coachen und ist somit<br />

auch für die Zukunft gerüstet. PR-Fachleute geben <strong>in</strong><br />

solchen Workshops weitere wertvolle Tipps für die Praxis<br />

– und schnüren geme<strong>in</strong>sam mit den Mitarbeitern e<strong>in</strong> <strong>in</strong>dividuelles,<br />

auf das Haus abgestimmtes Bündel kostengünstiger<br />

Maßnahmen. Wer noch dazu e<strong>in</strong>ige Regeln im<br />

Umgang mit den Journalisten beachtet, wird bald die ersten<br />

Erfolge se<strong>in</strong>er Aktivitäten sehen.<br />

<strong>Museen</strong> haben Mitbewerber<br />

E<strong>in</strong>fach nur <strong>in</strong>teressant zu se<strong>in</strong> reicht auch für <strong>Museen</strong> <strong>in</strong>zwischen<br />

längst nicht mehr aus, um dankbar von der Zielgruppe<br />

Journalisten aufgegriffen zu werden. Man stelle<br />

sich den Lokal- oder Kulturjournalisten vor, auf dessen<br />

Schreibtisch sich täglich Pressemitteilungen und E<strong>in</strong>ladungen<br />

stapeln; denn auch die Konkurrenz macht von<br />

sich reden. Sendeplatz oder <strong>Seiten</strong>anzahl s<strong>in</strong>d jedoch begrenzt.<br />

Die Frage ist: Für welches Museum, für welche<br />

Kulture<strong>in</strong>richtung wird sich der Redakteur also entscheiden?<br />

Ohneh<strong>in</strong> stehen die prom<strong>in</strong>enten Schauen <strong>in</strong> großen<br />

Häusern ganz oben <strong>in</strong> der publizistischen Rangfolge; sie<br />

müssen schon alle<strong>in</strong>e aus Konkurrenzgründen zu den anderen<br />

Medien „stattf<strong>in</strong>den“. Aber auch, wer nicht das<br />

Glück hat, e<strong>in</strong>e Sammlung Rau, Brandhorst oder Gesammeltes<br />

e<strong>in</strong>es so prom<strong>in</strong>enten Stifters wie Lothar Günter<br />

Buchheim zu zeigen, kann Aufmerksamkeit erregen und<br />

zahlreiche Veröffentlichungen und Berichte erreichen.<br />

Welche Kriterien die Entscheidung<br />

von Journalisten bee<strong>in</strong>flussen<br />

Der Journalist, das fremde Wesen<br />

ARBEITSHILFEN<br />

•Interessieren sich me<strong>in</strong>e Leser/Zuschauer/Zuhörer<br />

für Kultur im Allgeme<strong>in</strong>en?<br />

•Interessieren sie sich für das Museumsgeschehen?<br />

•Interessieren sie sich für dieses spezielle Museum?<br />

•Interessieren sie sich für die gebotenen Neuigkeiten<br />

aus diesem Museum?<br />

•Berichtet auch die Medien-Konkurrenz über dieses<br />

Thema?<br />

•Erhalte ich für me<strong>in</strong> Medium Themen exklusiv?<br />

• Lassen sich im Umfeld des Artikels Anzeigen akquirieren?<br />

Redakteure wählen ihre Themen nach bestimmten Kriterien aus<br />

Oft werde ich gefragt: „Wie denkt e<strong>in</strong> Journalist? Was<br />

spricht ihn an?“ Solche Überlegungen s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> erster<br />

Schritt zum Erfolg. Denn der Fragende macht sich Gedanken<br />

über e<strong>in</strong>e se<strong>in</strong>er wichtigsten Zielgruppen. Wer<br />

Bedürfnisse und Tagesablauf se<strong>in</strong>es Gegenübers e<strong>in</strong>zuschätzen<br />

lernt und sie schließlich berücksichtigt, hat den<br />

entscheidenden Vorteil vor den Mitbewerbern. Man versetze<br />

sich weiterh<strong>in</strong> <strong>in</strong> den Alltag e<strong>in</strong>es Redakteurs, zwischen<br />

Konferenzen, Postdurchsicht, Recherche, Schreiben,<br />

Korrekturlesen, Andruck, Pressekonferenzen,<br />

Abendterm<strong>in</strong>en, Planen der nächsten Ausgaben. Wer e<strong>in</strong>em<br />

so enormen Zeit- (und Konkurrenz-)druck ausgesetzt<br />

ist, legt mittelmäßige Anschreiben leicht beiseite.<br />

Auch wenn der Absender versucht hat, alles se<strong>in</strong>er<br />

Me<strong>in</strong>ung nach Wissenswerte <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Pressemitteilung zu<br />

packen – für den Journalisten und somit für den Leser,<br />

Zuseher oder Zuhörer s<strong>in</strong>d solche Inhalte nicht unbed<strong>in</strong>gt<br />

von Nutzen. Interessante, auch für den Laien auf dem


ARBEITSHILFEN 23<br />

Feld der Kunstgeschichte oder e<strong>in</strong>er anderen Thematik<br />

des Museums verständliche Themenvorschläge dagegen<br />

nimmt der Redakteur viel eher an oder wandelt sie ab.<br />

Schließlich ist se<strong>in</strong>e Zielgruppe der Leser oder Rundfunknutzer,<br />

und für diesen muss er sich täglich Berichtenswertes<br />

überlegen. Warum ihn nicht dabei über bloße<br />

Ankündigungen h<strong>in</strong>aus unterstützen?<br />

Dienstleistung für den Redakteur<br />

Es kann nicht oft genug betont werden: Der Absender<br />

sollte sich Gedanken über den Nutzen für den Journalisten<br />

und damit auch über den Nutzen für dessen Rezipienten<br />

machen und diesen <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Text betonen.<br />

Kann ich dem Journalisten e<strong>in</strong>en <strong>in</strong>teressanten oder ungewöhnlichen<br />

Aspekt anbieten? Diese Punkte sollten<br />

zum zentralen Thema der Pressemitteilungen und -texte<br />

gemacht werden. Das Texten selbst sollte dabei als Kunst<br />

und nicht als lästige Praktikanten-Pflicht betrachtet werden:<br />

Schließlich entscheidet nicht nur der Inhalt, sondern<br />

auch dessen Präsentation über das Presseecho.<br />

Medienarbeit wird von den Verfassern von Pressetexten<br />

und -mitteilungen bisweilen auch dazu <strong>in</strong>strumentalisiert,<br />

sich als Experte zu profilieren. Dieser Ansatz ist von vornehere<strong>in</strong><br />

zum Scheitern verurteilt. Auch wenn dadurch e<strong>in</strong><br />

Kreis von Kunsthistoriker-Kollegen angeregt se<strong>in</strong> mag –<br />

der Journalist sieht <strong>in</strong> allzu komplizierten Ausführungen<br />

ke<strong>in</strong>en Nutzen für se<strong>in</strong>e Redaktion und se<strong>in</strong>e Rezipienten;<br />

aus Zeitmangel liest er unter Umständen den Sermon<br />

nicht e<strong>in</strong>mal bis zu Ende durch.<br />

Bietet ihm e<strong>in</strong> Mitbewerber allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong> spannendes<br />

Detail, e<strong>in</strong>en (und sei es auch nur lokal) zugkräftigen Namen<br />

oder e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>teressante H<strong>in</strong>tergrund<strong>in</strong>formation und<br />

wird dies mit der entsprechenden Maßnahme kommuniziert,<br />

steigt die Chance für die Berichterstattung sofort.<br />

Ist der Neuigkeitsgehalt darüber h<strong>in</strong>aus <strong>in</strong> verständliche<br />

Sprache und <strong>in</strong> ansprechender Optik verpackt, bedeutet<br />

dies e<strong>in</strong>en regelrechten Service für den Redakteur: Er<br />

kann den Text leichter überfliegen und versteht schneller,<br />

worum es geht. E<strong>in</strong> kurzer Satz muss noch lange ke<strong>in</strong><br />

schlechter Satz se<strong>in</strong>. Für Fachpublikationen empfiehlt<br />

sich ohneh<strong>in</strong> e<strong>in</strong> gesonderter Text.<br />

Themenmanagement<br />

Oft wird das Potential der Medienarbeit bei weitem nicht<br />

ausgeschöpft. Dabei handelt es sich – wie bereits angesprochen<br />

– weniger um kosten<strong>in</strong>tensive Faktoren als um<br />

den Mangel an kreativer Umsetzung. Selbst wenn e<strong>in</strong>zel-<br />

Themen, die für Lesestoff sorgen können –<br />

e<strong>in</strong>e Anregung<br />

•Neuankauf<br />

•Vorabbericht zur Ausstellungseröffnung – nach<br />

welchen Kriterien funktioniert die Hängung?<br />

• Bericht über die Eröffnung durch e<strong>in</strong>en wichtigen<br />

Multiplikator oder Schirmherr<br />

•Interview mit e<strong>in</strong>em ausstellenden Künstler<br />

•Anbau, Umbau, Renovierung, Neubau<br />

•Kooperation mit anderen <strong>Museen</strong><br />

•prom<strong>in</strong>enter Stifter, Sponsor<br />

• veränderte personelle Situation<br />

• f<strong>in</strong>anzielle Situation des Hauses<br />

•Gründung e<strong>in</strong>es Freundeskreises<br />

•Restaurierung e<strong>in</strong>es Werkes<br />

•Besuch <strong>in</strong> der Restaurierungswerkstatt<br />

•Museumspädagogik<br />

• Museumsshop<br />

•Museumscafé<br />

•Anregung für e<strong>in</strong>en Ausflug mit Museumsbesuch<br />

•(kulturelle) Veranstaltungen im Hause (z. B. Konzert)<br />

Themenmanagement setzt Kreativität voraus<br />

ne Projekte an Kulturprofis e<strong>in</strong>er PR-Agentur gegeben<br />

werden, lassen sich die Kosten <strong>in</strong> Grenzen halten oder unter<br />

Umständen durch e<strong>in</strong>fallsreiches Fundrais<strong>in</strong>g decken.<br />

E<strong>in</strong>stweilen wird noch allzu oft lediglich e<strong>in</strong>e rout<strong>in</strong>ierte,<br />

schlecht getextete Pressemitteilung mit der Bitte um<br />

Ankündigung e<strong>in</strong>er Ausstellung verfasst, e<strong>in</strong> komplizierter<br />

Fachartikel der Pressee<strong>in</strong>ladung beigelegt sowie e<strong>in</strong>ige<br />

mehr oder weniger schlechte Fotografien. Denken wir wiederum<br />

<strong>in</strong> den Journalisten und se<strong>in</strong>en Alltag, wird nun verständlich,<br />

warum so viele Schauen e<strong>in</strong>fach übergangen<br />

werden. Wie soll sich der Redakteur bei solchem Material<br />

für die Ausstellung <strong>in</strong>teressieren, geschweige denn begeistern?<br />

Die Journalisten müssen überzeugt werden, warum<br />

gerade diese Präsentation so <strong>in</strong>teressant ist.<br />

E<strong>in</strong>e Analyse der Pressearbeit vieler Häuser zeigt, dass<br />

Themenmanagement hier noch e<strong>in</strong> Fremdwort ist. Das<br />

Geheimnis erfolgreicher Pressearbeit ist e<strong>in</strong>fach: Oft s<strong>in</strong>d<br />

es die Themen h<strong>in</strong>ter den Themen, die hoch<strong>in</strong>teressant<br />

s<strong>in</strong>d. Welche Facette me<strong>in</strong>es Hauses oder der Schau<br />

könnte die Leser des Blattes, die Radiohörer oder Fernsehzuschauer<br />

<strong>in</strong>teressieren? Rezepte hierzu gibt es nicht:<br />

Das Themenmanagement muss <strong>in</strong>dividuell auf das e<strong>in</strong>zelne<br />

Museum und se<strong>in</strong>e Möglichkeiten zugeschnitten<br />

se<strong>in</strong>. Das kann beispielsweise bei e<strong>in</strong>em Neubau oder<br />

Umbau beg<strong>in</strong>nen, e<strong>in</strong>em Neuankauf und se<strong>in</strong>em Weg bis<br />

<strong>in</strong>s Museum, dem 10.000. oder 100.000. Besucher, e<strong>in</strong>er


24<br />

Reportage über die Ideen der Museumspädagogen im<br />

Hause, e<strong>in</strong>er Umfrage unter jugendlichen Besuchern.<br />

Was erlebt e<strong>in</strong> Museumswärter? Warum gibt es e<strong>in</strong>e Temperieranlage?<br />

Warum s<strong>in</strong>d Gemäldetransporte so hochkompliziert?<br />

Welcher Mensch steckt h<strong>in</strong>ter e<strong>in</strong>em Sammler,<br />

Stifter oder Sponsor?<br />

Diese Gedanken mögen als Anregung für e<strong>in</strong>e speziell auf<br />

das eigene Haus konzipierte Medienstrategie dienen.<br />

Neuigkeiten und Veränderungen s<strong>in</strong>d der Anlass für die<br />

Medien, zu berichten. E<strong>in</strong> funktionierendes Themenmanagement<br />

gibt auch über Schauen h<strong>in</strong>aus stichhaltige Gründe,<br />

die Medien zu kontaktieren. Sie haben ja dem Journalisten<br />

Stoff für neue Geschichten zu bieten – und halten<br />

sich dabei im Gespräch. Externe PR-Beratung kann helfen,<br />

Themen festzumachen, die quasi vor der Türe des<br />

Hauses liegen. Auch große Häuser erhalten so neue Impulse<br />

und e<strong>in</strong>e „Anschubhilfe“ zu kreativer Medienarbeit.<br />

Presseverteiler<br />

Unerlässlich ist e<strong>in</strong> Verteiler mit wirklich aktuellen Ansprechpartnern.<br />

Wer persönlich angesprochen wird, fühlt<br />

sich dem Absender automatisch verbundener und ist geneigter,<br />

sich dem folgenden Text zu widmen. Die Aktualisierung<br />

des Presseverteilers muss stetig erfolgen, da sich<br />

das Personalkarussell <strong>in</strong> den Medien immer schneller<br />

dreht und daher Kultur- oder Lokalredakteure, die zehn<br />

Jahre dieselbe Position ausfüllen, die Ausnahme s<strong>in</strong>d. Im<br />

Laufe der Zeit erfährt man von besonderen Wünschen<br />

e<strong>in</strong>zelner Redaktionen oder Personen. Professionell reagiert,<br />

wer diese umgehend <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e extra Rubrik se<strong>in</strong>es<br />

Presseverteilers aufnimmt. Hierbei kann es sich beispielsweise<br />

um Fotowünsche („nur auf CD-ROM“,), um Veranstaltungen<br />

(„will zur Vernissage e<strong>in</strong>geladen werden“) oder<br />

um spezielle Inhalte („hat schon e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong> Interview mit<br />

der Museumsleitung veröffentlicht“) handeln.<br />

Wer die Erwartungen der Medien berücksichtigt, hat mehr Erfolg <strong>in</strong> der Pressearbeit<br />

Gegenseitige Erwartungen<br />

ARBEITSHILFEN<br />

Versuchen Sie e<strong>in</strong>en persönlichen Kontakt zu den für Sie<br />

wichtigsten Medien aufzubauen. Gönner und Freunde<br />

des Hauses können Ihnen <strong>in</strong> entscheidenden Momenten<br />

weiter helfen. E<strong>in</strong> Jour Fixe, vielleicht jedes Quartal veranstaltet,<br />

ist Anlass für e<strong>in</strong> Zusammentreffen <strong>in</strong> exklusiver<br />

Runde und für den Informationsfluss. Für ger<strong>in</strong>gen Aufwand<br />

gew<strong>in</strong>nt der Veranstalter so wichtige Verbündete.<br />

Oft wird der Rundfunk vernachlässigt und so wertvolle<br />

Chancen vergeben, zum<strong>in</strong>dest <strong>in</strong> Lokalsendern zu ersche<strong>in</strong>en.<br />

Diese Medien haben ihre eigenen Gesetzmäßigkeiten<br />

und sollten während der oft langen Planungsphasen<br />

mit e<strong>in</strong>er eigenen Aussendung berücksichtigt werden.<br />

Das Themenmanagement für Radio und Fernsehen bietet<br />

natürlich noch weit mehr Möglichkeiten (O-Töne, Rundgang<br />

durch die neue Schau, Momentaufnahmen).<br />

Auch <strong>in</strong> Zeiten von Internet, Übertragungsmöglichkeiten<br />

wie ISDN und CD-ROM sollte man nicht außer Acht lassen,<br />

dass Redakteure auch s<strong>in</strong>nliche Menschen s<strong>in</strong>d. Liegen<br />

der Pressemappe zusätzlich Fotos bei, die technisch<br />

tadellos s<strong>in</strong>d und die Lust auf die Ausstellung machen,<br />

regt das den Redakteur viel eher zur Ideenf<strong>in</strong>dung an als<br />

e<strong>in</strong> lapidares: „Bildmaterial können Sie sich über ISDN<br />

herunterladen“. Und vergessen wir nicht, dass Themen <strong>in</strong><br />

Redaktionen oft e<strong>in</strong>en weiten Weg bis zur Veröffentlichung<br />

zurückzulegen haben: Im schwierigsten Fall muss<br />

erst e<strong>in</strong>mal der Ressortleiter, dann der Textchef und<br />

schließlich die Chefredaktion vom Thema überzeugt werden.<br />

Gutes Bildmaterial, das den Redakteur auf se<strong>in</strong>em<br />

Weg durch die „Instanzen“ begleitet, kann da e<strong>in</strong>e positive<br />

Entscheidung erleichtern.<br />

Was für die Regionalzeitungen berichtenswert ist, s<strong>in</strong>d für<br />

überregionale Feuilletons leicht „Peanuts“. Strapazieren<br />

Sie die Journalisten dort nicht unnötig und verschicken<br />

Sie regional relevante Nachrichten nur an Redaktionen<br />

aus dem Umkreis ihres Hauses.<br />

Museum Medien<br />

• zahlreiche Berichterstattung • <strong>in</strong>teressant präsentierte Themen<br />

• positive Berichterstattung • professionell aufbereitete Pressetexte<br />

• Bekanntheitsgrad steigern • qualitativ hochwertige Fotos<br />

• Besucher animieren • auf die Ersche<strong>in</strong>ungsweise abgestimmter Informationsfluss<br />

• Profilierung <strong>in</strong> der Fachwelt<br />

• Imageaufwertung<br />

• Sponsoren/Freunde f<strong>in</strong>den<br />

• kompetenter Ansprechpartner


ARBEITSHILFEN 25<br />

Beziehungsdreieck<br />

Medien<br />

Museum<br />

Was bedeutet „Vorlaufzeit“?<br />

Besucher<br />

Leser<br />

Zuhörer<br />

Zuseher<br />

Wer Medien anspricht, spricht letztendlich potentielle Besucher an<br />

Stellen Sie sich vor, Sie arbeiten bei e<strong>in</strong>em Magaz<strong>in</strong>, das<br />

monatlich ersche<strong>in</strong>t. Sie erhalten die Pressemitteilung zu<br />

e<strong>in</strong>er Ausstellung erst zwei Wochen vor deren Eröffnung.<br />

Zu spät, um term<strong>in</strong>gerecht zu ersche<strong>in</strong>en – der sogenannte<br />

Schlusstag ist bereits zu nahe, um wegen e<strong>in</strong>er<br />

Kulturmeldung die gesamte Planung umzustoßen. Dies<br />

bedeutet nämlich e<strong>in</strong>en erheblichen Mehraufwand und<br />

bleibt aktuell brisanten Ereignissen vorbehalten.<br />

Der Verfasser hat se<strong>in</strong>e Chance verspielt, <strong>in</strong> Ihrem Heft zu<br />

ersche<strong>in</strong>en, das vielleicht e<strong>in</strong> durchaus wichtiger Multiplikator<br />

wäre. Würden Sie sich und Ihr Medium nicht sogar<br />

e<strong>in</strong> wenig missachtet sehen und dem Haus weniger geneigt<br />

gegenüber stehen, wenn ihm dieser Lapsus noch<br />

e<strong>in</strong>-, zweimal häufiger unterläuft? Niemand braucht sich<br />

zu wundern, wenn dann der Journalist „verschnupft“ reagiert.<br />

E<strong>in</strong>e Grundregel für Presseaussendungen lautet<br />

deshalb: Nehmen Sie Rücksicht auf Ersche<strong>in</strong>ungsweise<br />

und Redaktionsschluss der Medien, die Sie kontaktieren.<br />

Verstehen Sie sich <strong>in</strong> diesem Fall als kompetenter Zuarbeiter<br />

für den Journalisten. Se<strong>in</strong>en Rhythmus br<strong>in</strong>gen Sie<br />

auf professionelle Weise <strong>in</strong> Erfahrung, <strong>in</strong>dem Sie e<strong>in</strong><br />

Mail<strong>in</strong>g mit der Bitte um Beantwortung aussenden. Der<br />

Redakteur kreuzt an, welche Vorlaufzeiten er hat und wie<br />

(etwa per E-Mail oder per Post) er <strong>in</strong>formiert werden will.<br />

Der Aufwand lohnt sich: Ganz nebenbei haben Sie Ihr<br />

Haus <strong>in</strong> Er<strong>in</strong>nerung gebracht und sich als kooperativer<br />

Ansprechpartner ausgewiesen.<br />

Marion Vorbeck<br />

Die Verfasser<strong>in</strong> ist Kunsthistoriker<strong>in</strong>, war lange Jahre Kultur-Journalist<strong>in</strong><br />

und ist PR-Fachwirt<strong>in</strong> (BAW). Sie besitzt<br />

e<strong>in</strong>e Agentur für Kultur-PR <strong>in</strong> München.<br />

SCHÖNE NEUE WELT?<br />

„Neue Medien“ im Museum<br />

„Es ist leichter, Fragen aufzuwerfen, als sie zu beantworten.“<br />

(Amartya Kum Senb, Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften<br />

1998)<br />

Der <strong>in</strong> der Öffentlichkeit viel strapazierte Begriff der „neuen<br />

Medien“ erfordert für den Bereich der nichtstaatlichen<br />

<strong>Museen</strong> den Versuch e<strong>in</strong>er Standortbestimmung und<br />

Def<strong>in</strong>ition. Doch was s<strong>in</strong>d „neue Medien“? Alles, was<br />

über die klassischen Mittel der Wissensvermittlung im<br />

Museum, also Texttafeln, Bilder und Grafik h<strong>in</strong>ausgeht, ist<br />

für den Bereich der <strong>Museen</strong> (relativ) neu. E<strong>in</strong>ige Beispiele<br />

u. a. aus dem archäologischen Umfeld: Das Spektrum<br />

reicht dabei vom Bildschirm, auf dem (e<strong>in</strong>gespielt über<br />

CD-ROM) Bilder römischer Götterstatuetten aus Weißenburg<br />

<strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> ersche<strong>in</strong>en (im Archäologie-Museum<br />

Qu<strong>in</strong>tana Künz<strong>in</strong>g), über stationäre Computersysteme,<br />

auf denen e<strong>in</strong>e fremdproduzierte CD-ROM über den römischen<br />

Limes abgespielt wird (Römer- und Bajuwarenmuseum<br />

Kipfenberg) bis h<strong>in</strong> zu aufwendig produzierten<br />

audiovisuellen Multivisionsschauen mit der Geschichte<br />

des Jurameeres und des Urvogels Archaeopteryx (Juramuseum<br />

auf der Willibaldsburg <strong>in</strong> Eichstätt). Diese Multivisionsschauen<br />

mit Bild- und Toneffekten, wie sie beispielsweise<br />

im Naturkundemuseum Coburg, aber auch<br />

bei den archäologischen Landesausstellungen <strong>in</strong> Rosenheim<br />

1993 (Kelten) und 2000 (Römer) zum E<strong>in</strong>satz kamen,<br />

zielen eher auf die emotionale Ebene des Besuchers. Die<br />

relativ hohen Kosten von ungefähr € 70.000 dürften im<br />

Bereich der nichtstaatlichen <strong>Museen</strong> rasch f<strong>in</strong>anzielle<br />

Grenzen setzen.<br />

Versuch e<strong>in</strong>er Def<strong>in</strong>ition<br />

Besonders bei Museumsneuplanungen wird oft der<br />

Wunsch nach der E<strong>in</strong>beziehung „neuer Medien“<br />

geäußert, ohne dass diese Vorstellungen zunächst näher<br />

konkretisiert werden können. Im wesentlichen verteilen<br />

sich ihre Anwendungsmöglichkeiten im Museum auf folgende<br />

Bereiche:<br />

–Besucher<strong>in</strong>formationssysteme, mobil oder stationär<br />

–Unterstützung der Gestaltung <strong>in</strong> Dauer- und Sonderausstellungen<br />

–Datenbanken zur Objektverwaltung und Inventarisierung<br />

Diese Def<strong>in</strong>ition gliedert die „neuen Medien“ nach ihrem<br />

möglichen Verwendungszweck im Museum, während<br />

Multimediaproduzenten den Begriff nach den Medienträgern<br />

gliedern. Demnach gibt es als Haupte<strong>in</strong>satzgebiete<br />

die CD-ROM als „elektronisches Buch“, das Internet sowie<br />

Besucher<strong>in</strong>formationssysteme. E<strong>in</strong>gebunden werden


26<br />

können Textpassagen, Bilder, Filme und dreidimensionale,<br />

virtuelle Rekonstruktionen. Unsere Diskussion der<br />

„neuen Medien“ <strong>in</strong> <strong>Museen</strong> beschränkt sich auf die Besucher<strong>in</strong>formationssysteme<br />

und die Möglichkeiten der<br />

unterstützenden Ausstellungsgestaltung.<br />

„Neue Medien“ <strong>in</strong>s Museum: Warum?<br />

Die Motivation für den E<strong>in</strong>satz „neuer Medien“ liegt oft<br />

genug im verständlichen Wunsch der <strong>Museen</strong> nach<br />

Modernität und höherer Besucherakzeptanz. Am 4. Deutschen<br />

Archäologenkongress <strong>in</strong> Hamburg 2002 kristallisierte<br />

sich <strong>in</strong> der Arbeitsgruppe „Archäologie im Museum“<br />

(www.archaeologie-im-museum.de) aber heraus,<br />

dass neue Wege der Vermittlung nicht unbed<strong>in</strong>gt zu<br />

größeren Besucherzahlen führen müssen. Dies lässt sich<br />

anschaulich am Beispiel des Niederbayerischen Vorgeschichtsmuseums<br />

Landau an der Isar, e<strong>in</strong>em Zweigmuseum<br />

der Archäologischen Staatssammlung München,<br />

verfolgen. Im Jahr 2001 wurden <strong>in</strong> diesem <strong>in</strong>teraktiven<br />

Archäologiemuseum, das 1997 mit e<strong>in</strong>er ehrenden<br />

Erwähnung des European Museum of the Year Award<br />

ausgezeichnet wurde, beachtenswerte 11.200 Besucher<br />

gezählt. Im Vergleich dazu hatte im selben Jahr das eher<br />

traditionell mit Grafik-/Texttafeln gestaltete Römer- und<br />

Bajuwarenmuseum Kipfenberg 10.000 Besucher, zu denen<br />

noch e<strong>in</strong>mal etwa 10.000 durch Sonderaktivitäten der<br />

Museumsleiter<strong>in</strong> kamen.<br />

Noch immer werden „neue Medien“ <strong>in</strong> den meisten <strong>Museen</strong><br />

nur als Fakultativangebot gesehen, um e<strong>in</strong>e bereits<br />

vorhandene Ausstellung attraktiver zu gestalten oder zu<br />

modernisieren. Gerade bei kompletten Neugestaltungen<br />

(z. B. Stadtmuseum im Fembo-Haus Nürnberg) oder Neugründungen<br />

(Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände<br />

Nürnberg) ist aber die Chance geboten, die<br />

„neuen Medien“ als e<strong>in</strong> zusätzliches, nicht als ausschließliches<br />

Element der Ausstellungsgestaltung von Anfang an<br />

konzeptionell und damit auch <strong>in</strong> die F<strong>in</strong>anzierungsplanung<br />

e<strong>in</strong>zubeziehen.<br />

Es steht außer Frage, dass auch beim E<strong>in</strong>satz „neuer<br />

Medien“ das Exponat im Zentrum stehen muss und der<br />

Mediene<strong>in</strong>satz nur e<strong>in</strong> Mittel zur Umsetzung der Inhalte<br />

se<strong>in</strong> kann. Lediglich e<strong>in</strong>ige <strong>Museen</strong>, wie z. B. das Neanderthalmuseum<br />

<strong>in</strong> Mettmann (www.neanderthal.de)<br />

setzen konzeptionell gezielt auf die geballte Präsenz der<br />

„neuen Medien“ und zeigen Orig<strong>in</strong>alexponate nur an<br />

wenigen Stellen. Der Hauptvorteil ist sicherlich die Möglichkeit<br />

der spielerischen Vermittlung und Vertiefung<br />

von Wissens<strong>in</strong>halten durch die Interaktivität. Dem Besucher<br />

können zusätzliche Informationen angeboten wer-<br />

den. Die Gefahr dabei liegt aber dar<strong>in</strong>, dass <strong>in</strong> die <strong>in</strong>teraktiven<br />

Programme zu viele Detail<strong>in</strong>formationen e<strong>in</strong>fließen,<br />

die Besucher überfordern können, oder dass<br />

wesentliche Basis<strong>in</strong>formationen nicht leicht als solche<br />

erkennbar s<strong>in</strong>d.<br />

Am Beispiel der CD-ROM des Naturkunde- und Mammutmuseums<br />

<strong>in</strong> Siegsdorf lassen sich die genannten Vorund<br />

Nachteile der „neuen Medien“ zeigen. E<strong>in</strong>e Untersuchung<br />

von Isabell Bosch kam zu dem Schluss, dass<br />

diese CD-ROM, die dem virtuellen Besucher <strong>in</strong> der Reihenfolge<br />

des tatsächlichen Rundganges e<strong>in</strong>en Museumsbesuch<br />

anbietet, als Vor<strong>in</strong>formation oder als Nachbereitung<br />

e<strong>in</strong>es Museumsbesuches hervorragend geeignet ist.<br />

Dagegen fragt das Lernprogramm dieser CD-ROM stellenweise<br />

zu präzises Wissen ab, das Schüler niedrigerer<br />

Jahrgangsstufen leicht überfordern könnte. E<strong>in</strong> weiteres<br />

Problem bei der Erstellung e<strong>in</strong>es <strong>in</strong>teraktiven Angebots<br />

für Museumszwecke s<strong>in</strong>d sicherlich der Zeit- und Kostenaufwand.<br />

So nahm beispielsweise die Produktion der<br />

Multimedia CD-ROM „Mythos Moor“ etwa zwei Jahre <strong>in</strong><br />

Anspruch, auch wenn zu beachten ist, dass dies e<strong>in</strong><br />

registriertes Projekt im Rahmen der Weltausstellung<br />

EXPO 2000 <strong>in</strong> Hannover war. Die Kosten für die Erstellung<br />

e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>teraktiven CD-ROM wie dieser können sich auf bis<br />

zu € 100.000,- summieren, weshalb sie am ehesten bei<br />

großen Sonderausstellungen, die durch Projektmittel<br />

f<strong>in</strong>anziert werden, zum E<strong>in</strong>satz kommen.<br />

Mobile Besucher<strong>in</strong>formationssysteme<br />

ARBEITSHILFEN<br />

Der Hauptvorteil der mobilen Besucher<strong>in</strong>formationssysteme<br />

besteht dar<strong>in</strong>, dass damit besucherorientierte und <strong>in</strong>dividuelle<br />

Führungen möglich werden. Bei den mobilen<br />

Informationssystemen werden über e<strong>in</strong>em „Identifier“ an<br />

der Vitr<strong>in</strong>e, der auf e<strong>in</strong>en vom Besucher getragenen Empfänger<br />

reagiert, automatisch die relevanten Informationen<br />

zum jeweiligen Objekt an den Empfänger übermittelt, die<br />

man dann über Kopfhörer hören kann. E<strong>in</strong>e andere Möglichkeit<br />

der mobilen Informationssysteme besteht dar<strong>in</strong>,<br />

dass der Besucher über e<strong>in</strong>e Ziffernkomb<strong>in</strong>ation, die am<br />

Empfangsgerät e<strong>in</strong>gegeben wird, Programme zu e<strong>in</strong>zelnen<br />

Themen, die ihn <strong>in</strong>teressieren, jeweils selbst starten<br />

kann. Diese mobilen Führungssysteme werden z. B. mit<br />

großem Erfolg im Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände<br />

<strong>in</strong> Nürnberg oder im Levi-Strauss-Museum<br />

Buttenheim e<strong>in</strong>gesetzt. Die Vorteile für den täglichen Museumsbetrieb<br />

liegen dar<strong>in</strong>, dass zum e<strong>in</strong>en Gruppenführungen,<br />

die <strong>in</strong> engen Räumen organisatorisch zum<br />

Problem werden können, durch diese <strong>in</strong>dividuelle Lösung<br />

entfallen, zum anderen können die Informationen auch für<br />

ausländische Museumsbesucher <strong>in</strong> Fremdsprachen an-


ARBEITSHILFEN 27<br />

geboten werden. Darüber h<strong>in</strong>aus lassen sich die im Gerät<br />

gespeicherten technischen Daten, die bei jedem Gebrauch<br />

automatisch erfasst werden, auch museologisch<br />

auswerten. Welches Informationsangebot wird besonders<br />

oft angewählt? Hören sich die Besucher den vollständigen<br />

Text ab oder nicht oder brechen sie schon vorher ab?<br />

Werden Informationen mehrfach abgerufen?<br />

E<strong>in</strong>e Neuerung im Bereich der mobilen Besucher<strong>in</strong>formationssysteme<br />

bieten Handheld-Computer. Der Besucher<br />

kann dabei se<strong>in</strong>e Informationen <strong>in</strong> Bild, Video, Ton und<br />

Text empfangen. Geplant ist der E<strong>in</strong>satz solcher Geräte,<br />

die zur Zeit mit etwa 750 €/Stück noch relativ teuer s<strong>in</strong>d,<br />

im Museum für Konkrete Kunst Ingolstadt. Erste Erfahrungen<br />

damit gibt es beispielsweise im Heidelberger Carl-<br />

Bosch-Museum.<br />

Stationäre Informationssysteme<br />

Wie die mobilen bieten auch die stationären Systeme den<br />

Vorteil, dass den <strong>in</strong>teressierten Besuchern ergänzende Informationen<br />

vermittelt werden können. Der Nachteil liegt<br />

aber dar<strong>in</strong>, dass meistens nur wenige Besucher diese<br />

Informationen auch gleichzeitig abrufen können, weil entweder<br />

zu wenige Term<strong>in</strong>als vorhanden oder die Touchscreens,<br />

auf denen die Informationen zur Verfügung<br />

stehen, zu kle<strong>in</strong> s<strong>in</strong>d. E<strong>in</strong>e mögliche Lösung dieses Problems<br />

bieten Multimedia-Touchmach<strong>in</strong>es, bei denen die<br />

Informationen, die von e<strong>in</strong>em Besucher über Touchscreen<br />

abgerufen werden, gleichzeitig auf e<strong>in</strong>e Projektionswand<br />

über dem Term<strong>in</strong>al rückprojiziert werden, um sie allen Besuchern<br />

zugänglich zu machen. Informationsstelen mit<br />

Touchscreen werden direkt neben dem Objekt platziert<br />

und s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>dividuell steuerbar. Mit Preisen zwischen 5.000<br />

und 10.000 € nur für die Hardware s<strong>in</strong>d diese statischen<br />

Informationselemente wohl nur für wenige <strong>Museen</strong> erschw<strong>in</strong>glich.<br />

Virtuelle Welten: Besser als jede Realität?<br />

Besonders bei archäologischen <strong>Museen</strong> bieten sich<br />

Computeranimationen zur Rekonstruktion vergangener<br />

Lebenswelten, die oft nur durch fragmentarisch erhaltenes<br />

Fundmaterial belegbar s<strong>in</strong>d, an. Diese virtuellen<br />

Welten, die e<strong>in</strong>er provokanten These von M. Emele zufolge<br />

„besserer, sauberer und glaubwürdiger als jede Realität<br />

s<strong>in</strong>d“, lassen sich besonders gut zur Illustration des<br />

historischen Umfeldes archäologischer Funde e<strong>in</strong>setzen,<br />

wie dies beispielsweise bei der virtuellen Rekonstruktion<br />

der ste<strong>in</strong>zeitlichen Stadt von Çatal Höyük (Türkei) erfolgte.<br />

E<strong>in</strong> weiteres E<strong>in</strong>satzgebiet der virtuellen Welten ist die<br />

Mythos Moor: Startseite der CD, von der aus man <strong>in</strong> Wort und<br />

Bild, Filmen und Spielen verschiedenste Facetten des Moores<br />

erkunden kann<br />

Darstellung archäologischer Ausgrabungen, die aus konservatorischen<br />

Gründen nicht der Allgeme<strong>in</strong>heit zugänglich<br />

s<strong>in</strong>d. Beispielhaft wurde diese virtuelle Darstellung<br />

des archäologischen Status Quo, verknüpft mit der Darstellung<br />

von Rekonstruktionen, bei der <strong>in</strong>ternationalen<br />

Sonderausstellung „Pompeji Wiederentdeckt“ praktiziert,<br />

die unter anderem <strong>in</strong> Stuttgart gezeigt wurde.<br />

<strong>Museen</strong> <strong>in</strong>s Netz<br />

E<strong>in</strong>en gänzlich anderen Aspekt bilden die virtuellen<br />

<strong>Museen</strong>, wobei hier zwischen der nur im Netz zu betrachtenden<br />

Sammlung oder Ausstellung und der www-<br />

Präsentation e<strong>in</strong>er real existieren Sammlung zu unterscheiden<br />

ist. Auch hier s<strong>in</strong>d zwei Beispiele archäologischer<br />

<strong>Museen</strong> zu nennen, die Internetpräsentation der<br />

Antikensammlung der Friedrich-Alexander-Universität<br />

Erlangen-Nürnberg (www.phil.uni-erlangen.de/~p1altar/<br />

aeriahome.html) und die Sammlungen des Archäologischen<br />

Instituts der Universität Gött<strong>in</strong>gen (www.gwdg.de/<br />

~archeo/html/galerie.html). In beiden Fällen lassen sich<br />

die mit Hilfe e<strong>in</strong>es 3D-Scanners erfassten Ausstellungsobjekte,<br />

die <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Bilddatensystem e<strong>in</strong>gebunden wurden,<br />

<strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es <strong>in</strong>teraktiven Panoramaraumes betrachten.<br />

Der Besucher im WorldWideWeb kann mit Hilfe der<br />

QuickTime-Virtual-Reality‘-Technologie dabei se<strong>in</strong>en<br />

Rundgang selbst bestimmen, sich frei <strong>in</strong> den virtuellen<br />

Ausstellungsräumen bewegen und die e<strong>in</strong>zelnen Objekte<br />

aus verschiedenen Blickw<strong>in</strong>keln betrachten oder vorgeschlagenen<br />

thematischen Rundwegen folgen. Mit der<br />

Anb<strong>in</strong>dung an das Internet und der Präsentation e<strong>in</strong>zelner<br />

Sammlungen im www ist e<strong>in</strong> weiterer Aspekt angesprochen,<br />

der gerade für die nichtstaatlichen <strong>Museen</strong> zuneh-


28<br />

mend wichtig wird: Die werbewirksame Selbstdarstellung<br />

nach außen im Internet und die s<strong>in</strong>nvolle Verknüpfung zu<br />

<strong>Museen</strong> gleicher oder ähnlicher Thematik <strong>in</strong> virtuellen<br />

Museumsverbünden, wie dies das Projekt toymuse der<br />

europäischen Spielzeugmuseen (www.toymuse.net) exemplarisch<br />

zeigte. Dabei sollten die <strong>Museen</strong> aber nicht<br />

nur über die offizielle Homepage auff<strong>in</strong>dbar se<strong>in</strong>, sondern<br />

die <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen Websites enthaltenen Informationen<br />

über Suchmasch<strong>in</strong>en auch e<strong>in</strong>en Quere<strong>in</strong>stieg <strong>in</strong> die offizielle<br />

Website e<strong>in</strong>es Museums ermöglichen.<br />

Der E<strong>in</strong>satz „neuer Medien“ im Museum kann, wenn er<br />

sorgfältig geplant und vom Anfang an konzeptionell e<strong>in</strong>bezogen<br />

wird, zu e<strong>in</strong>er s<strong>in</strong>nvollen Ergänzung des Vermittlungsangebotes<br />

im Museum und zu e<strong>in</strong>er überzeugenden<br />

Werbung für das Museum werden. Bei Interesse können<br />

nähere Informationen zu den im Text genannten Anwendungsbereichen<br />

bei der Landesstelle für die nichtstaatlichen<br />

<strong>Museen</strong> <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> angefordert werden.<br />

Literatur<br />

Christof Flügel<br />

Appel, Eva: <strong>Museen</strong> im Internet – e<strong>in</strong>ige Beobachtungen, Augsburger<br />

Volkskundliche Naachrichten 15/2002, S. 17-22<br />

Compania Media (Hrsg.): Neue Medien <strong>in</strong> <strong>Museen</strong> und Ausstellungen.<br />

E<strong>in</strong>satz – Beratung – Produktion, E<strong>in</strong> Praxis-Handbuch,<br />

Bielefeld 1998<br />

Duerkohp, Frank: Das virtuelle Museum. Multimediale Präsentation<br />

e<strong>in</strong>es Museums durch <strong>in</strong>teraktive Medien am Beispiel der<br />

Sammlungen des Archäologischen Instituts der Universität Gött<strong>in</strong>gen,<br />

<strong>in</strong>: Noelke (s. u.), S. 280-283<br />

Emele, Mart<strong>in</strong>: Virtuelle Welten: Besser, sauberer und glaubwürdiger<br />

als jede andere Realität, <strong>in</strong>: Noelke (s. u.), S. 262-267<br />

Gebhard, Rupert: Der E<strong>in</strong>satz <strong>in</strong>teraktiver Medien im Niederbayerischen<br />

Vorgeschichtsmuseum Landau a. d. Isar, <strong>in</strong>: Weber<br />

(s. u.), S. 110-113<br />

Gemmeke, Claudia: Real und digital. Multimedia im Museum, <strong>in</strong>:<br />

Gemmeke, Claudia /John, Hartmut/Krämer, Harald (Hrsg.): Euphorie<br />

Digital? Aspekte der Wissensvermittlung <strong>in</strong> Kunst, Kultur<br />

und Technologie, Schriften zum Kultur- und Museumsmanagement,<br />

Bielefeld 2001, S. 183-189<br />

Klotz, He<strong>in</strong>rich: Die Entdeckung von Çatal Höyük. Der archäologische<br />

Jahrhundertfund, München 1997<br />

Pompeji Wiederentdeckt, Ausstellungskatalog New York u. a.<br />

1990-1993, Rom 1993<br />

ARBEITSHILFEN<br />

Noelke, Peter (Hrsg.): Archäologische <strong>Museen</strong> und Stätten der<br />

römischen Antike – Auf dem Wege vom Schatzhaus zum Erlebnispark<br />

und virtuellen Informationszentrum? Referate des 2. Internationalen<br />

Kolloquiums zur Vermittlungsarbeit <strong>in</strong> <strong>Museen</strong>,<br />

Köln 3.-6. Mai 1999, Bonn 2001<br />

Stäbler, Wolfgang: Virtuell, real – oder doch lieber beides? Zur<br />

realen Eröffnung e<strong>in</strong>er virtuellen Ausstellung, Museum heute<br />

22/2001, S. 52 f.<br />

Weber, Gerhard (Hrsg.): Archäologie und Market<strong>in</strong>g. Alte und<br />

neue Wege <strong>in</strong> der Präsentation archäologischer Stätten. Neue<br />

Medien, Beiträge zum 3. Cambodunum-Symposium, Kempten<br />

9. u. 10. Oktober 2000, Kempten i. A. 2001


ARBEITSHILFEN 29<br />

BRÜCKE ZWISCHEN KUNST UND KIND, ODER:<br />

LUST AUF BAROCKE KOSTBARKEITEN<br />

Schlösserführungen für K<strong>in</strong>der und Eltern<br />

Professionelle K<strong>in</strong>derführungen<br />

S<strong>in</strong>d K<strong>in</strong>derführungen e<strong>in</strong>e Kunst? M<strong>in</strong>iaturisierte Erwachsenenführungen,<br />

nur sachlich und zeitlich reduziert,<br />

gehen an den k<strong>in</strong>dlichen Erfahrungswelten vorbei und<br />

lassen den K<strong>in</strong>dern kaum Raum, eigene Vorstellungen zu<br />

entwickeln und e<strong>in</strong>zubr<strong>in</strong>gen. Deshalb s<strong>in</strong>d bei K<strong>in</strong>der-<br />

Führungen fundierte fachliche Kenntnisse über die kognitive,<br />

emotionale und soziale Entwicklung des anvisierten<br />

k<strong>in</strong>dlichen Zielpublikums ebenso wichtig wie die, dem zu<br />

vermittelnden Gegenstand angemessenen, kunsthistorischen<br />

Kenntnisse.<br />

Noch komplexer wird die Führungsstruktur, sollen Eltern-<br />

K<strong>in</strong>d-Führungen angeboten werden, welche den Erwachsenen<br />

nicht nur e<strong>in</strong>e Statistenrolle zuweisen. Zudem bilden<br />

sich, selbst bei e<strong>in</strong>er kurzen Führungszeit von etwa<br />

zwei Stunden, zwischen den K<strong>in</strong>dern Ansätze zu e<strong>in</strong>er<br />

Gruppenbildung heraus. Sollen deshalb K<strong>in</strong>derführungen<br />

nachhaltig wirksam werden, müssen alle diese Faktoren<br />

nicht nur bedacht, sondern <strong>in</strong> ihren wechselseitigen Vernetzungen<br />

berücksichtigt werden.<br />

Wozu Theorie?<br />

Professionelle Museumspädagogik benötigt aus diesen<br />

Gründen e<strong>in</strong>e fundierte Vermittlungstheorie. Basis me<strong>in</strong>er<br />

museumspädagogischen Arbeit ist die „Themenzentrierte<br />

Interaktion“ von Ruth C. Cohn 1 , e<strong>in</strong>e didaktische Methode,<br />

die e<strong>in</strong> ausgezeichnetes theoretisches Modell bietet,<br />

alle bei K<strong>in</strong>der-Führungen auftretenden Phänomene optimal<br />

zu erfassen und zu erklären. Wesentlich ist hier, dass<br />

das e<strong>in</strong>zelne K<strong>in</strong>d, die Gruppe und der zu vermittelnde<br />

Gegenstand von gleicher Wertigkeit s<strong>in</strong>d. Bei der Planung<br />

e<strong>in</strong>er Führung steht die Balance dieser drei Punkte im<br />

Zentrum aller Überlegungen, ebenso wichtig ist aber der<br />

„Globe“, d. h. <strong>in</strong> unserem Fall das umgebende museale<br />

Umfeld. Bei dem Entwerfen e<strong>in</strong>er erfolgreichen K<strong>in</strong>der-<br />

Führung s<strong>in</strong>d alle diese Faktoren zu berücksichtigen und<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e „Inszenierung“ e<strong>in</strong>zubr<strong>in</strong>gen.<br />

„Das strukturelle Bild der Themenzentrierten Interaktion<br />

(TZI) ist daher das Ich-Wir-Es-Dreieck: die Verb<strong>in</strong>dung<br />

dreier Punkte von gleicher Wichtigkeit – Individuum,<br />

Gruppe und das Thema -, das sich <strong>in</strong> der gegenseitigen<br />

Umgebungskugel, dem Globe, bef<strong>in</strong>det.“ 2 Anreichern<br />

(Enrichment-Program) läßt sich dieses didaktische Modell<br />

hervorragend mit anderen z. B. erlebnispädagogischen<br />

Theorien 3 und erlebnisorientierten Spielen: „Flow-learn<strong>in</strong>g“<br />

und Erfahren mit allen S<strong>in</strong>nen bilden die Basis me<strong>in</strong>er<br />

Entwürfe für jede konkrete Führung.<br />

Der „Globe“ <strong>in</strong> fürstlichen Räumen<br />

Grundsätzlich gilt: barocke Räume s<strong>in</strong>d für K<strong>in</strong>der ungewohnte<br />

Umgebungen, die sich gänzlich von ihren alltäglichen<br />

Erfahrungsräumen unterscheiden. Kenntnisse über<br />

angemessene Verhaltensweisen (z. B. nichts anfassen,<br />

nicht rennen, nicht laut schreien) sollte von der führenden<br />

Person nicht vorausgesetzt, sondern als wesentliches<br />

Moment <strong>in</strong> die Führung e<strong>in</strong>gebaut werden. Schlösser s<strong>in</strong>d<br />

mit kostbaren Materialien ausgestattet, welche den K<strong>in</strong>dern<br />

aus ihrem üblichen Umfeld nicht bekannt se<strong>in</strong> dürften.<br />

Diese Materialien sollten die K<strong>in</strong>der – soweit dies<br />

möglich ist – authentisch erfahren können. Schlösser s<strong>in</strong>d<br />

Raumkunstmuseen, deshalb verschmelzen hier „Globe“<br />

und zu vermittelnde Gegenstände zur ganzheitlichen<br />

Raumkunsterfahrung.<br />

Gerade barocke Kunst wurde explizit als Gesamtkunstwerk<br />

zur Betörung der S<strong>in</strong>ne gedacht, geplant und ausgeführt.<br />

Dieses Zusammenwirken von E<strong>in</strong>drücken kann<br />

den K<strong>in</strong>dern, ihrem Erfahrungshorizont angepasst, ganzheitlich<br />

erfolgreich nahegebracht werden. Durch E<strong>in</strong>satz<br />

von Musik oder durch gezieltes Ausblenden e<strong>in</strong>es S<strong>in</strong>nes<br />

(z. B. Augen-Verb<strong>in</strong>den) können K<strong>in</strong>der, gerade auch die<br />

ganz Kle<strong>in</strong>en (unter 6 Jahren), dieses barocke Raumerlebnis<br />

hautnah am eigenen Leib nachvollziehen.<br />

Die Wiederentdeckung griechischer und römischer Mythologie<br />

durch die adelige Führungsschicht schlägt sich<br />

<strong>in</strong> der Thematik barocker Raumausstattung sichtbar nieder.<br />

Weiß man, wie sehr K<strong>in</strong>der Geschichten lieben und<br />

versteht man, diese Geschichten über griechische und<br />

römische Götter, Gött<strong>in</strong>nen und Helden dem Auffassungsvermögen<br />

der anvisierten Altersstufe anzupassen,<br />

so werden die K<strong>in</strong>der zu wissbegierigen Zuhörern, die<br />

nach „mehr“ verlangen.


30<br />

Höfisches Leben <strong>in</strong> den Räumen barocker Schlösser ist<br />

nur für den E<strong>in</strong>geweihten und <strong>in</strong>direkt sichtbar. Die Raumausstattung,<br />

vor allem Bilder und Möbel s<strong>in</strong>d Quellen und<br />

Ausgangspunkte für spannende Geschichten aus der damaligen<br />

Zeit. Besonders K<strong>in</strong>derporträts oder bestimmte<br />

Details auf Abbildungen können, auf K<strong>in</strong>der-Ebene geschickt<br />

„übersetzt“, tiefgreifendes Interesse wecken.<br />

K<strong>in</strong>d und s<strong>in</strong>nliches Be-greifen<br />

K<strong>in</strong>der – und nicht nur diese – erfahren ihre Welt mit allen<br />

S<strong>in</strong>nen. Dieses Erleben mit allen S<strong>in</strong>nen – vielerorts nur<br />

als Floskel gebraucht –, diese Form der Weltaneignung<br />

muss gerade bei Schlösserführungen überaus Ernst genommen<br />

werden. In unserer Gesellschaft dom<strong>in</strong>iert der<br />

Seh-S<strong>in</strong>n, und allzu leicht wird vergessen, dass unsere<br />

Umgebung auch durch Hören, Riechen, Fühlen und<br />

Schmecken erfahren wird. Bei der Planung e<strong>in</strong>er K<strong>in</strong>der-<br />

Führung gilt es, jeden Raum nach se<strong>in</strong>en Möglichkeiten<br />

zu befragen, welche s<strong>in</strong>nliche Qualitäten dieses Umfeld<br />

enthält, und welche S<strong>in</strong>ne zu dessen Erfahrung genutzt<br />

werden können.<br />

K<strong>in</strong>der lernen ganzheitlich. In ihrem alltäglichen Umfeld<br />

erobern sie sich aktiv, spontan, konzentriert und ausdauernd<br />

e<strong>in</strong>e neue Umgebung oder e<strong>in</strong>en ihnen bislang unbekannten<br />

Gegenstand, wenn er für sie attraktiv ersche<strong>in</strong>t<br />

und neue Erfahrungen birgt. Zugleich muss aber<br />

e<strong>in</strong>e Verknüpfung mit ihren bisherigen Lebenserfahrungen<br />

möglich se<strong>in</strong>, es muss e<strong>in</strong>e Integration des „Neuen<br />

Wissens“ auf möglichst vielen Ebenen erfolgen können.<br />

Das Anspruchsniveau der Führung darf also weder zu<br />

hoch noch zu niedrig se<strong>in</strong>, bereits <strong>in</strong> den ersten M<strong>in</strong>uten<br />

der Führung müssen die K<strong>in</strong>der den E<strong>in</strong>druck haben,<br />

dass es spannende und lustvolle D<strong>in</strong>ge zu tun geben<br />

wird. Zu große Altersunterschiede <strong>in</strong>nerhalb der Gruppe<br />

s<strong>in</strong>d deshalb nicht vorteilhaft.<br />

Spielend lernen K<strong>in</strong>der sprechen. Raff<strong>in</strong>iert strukturierte<br />

Führungen können K<strong>in</strong>dern spielend die Grammatik von<br />

Architektur und Raumausstattung vermitteln. Auf andere<br />

Umgebungen übertragbar, kann dieses Wissen explizit<br />

als „Schlüssel“ angeboten werden. Der Reiz, sich selbst<br />

als kompetente Entdecker und „Entzifferer“ zu erleben,<br />

kann so zusätzlich motivieren.<br />

Bereits Kle<strong>in</strong>k<strong>in</strong>der s<strong>in</strong>d imstande, Gegenstände als Symbol<br />

für gerade nicht anwesende Personen zu begreifen.<br />

E<strong>in</strong> Gegenstand kann also an e<strong>in</strong>e Sache oder auch an<br />

e<strong>in</strong>en Sachverhalt er<strong>in</strong>nern und e<strong>in</strong>e Reihe von angenehmen<br />

oder unangenehmen Er<strong>in</strong>nerungen auslösen. E<strong>in</strong><br />

kle<strong>in</strong>es „symbolische Er<strong>in</strong>nerungsstück“, e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>es Ge-<br />

schenk zum Mitnehmen kann also als „Repräsentant“ für<br />

die gesamte Führung erlebt werden und auch zu Hause<br />

an die Führung er<strong>in</strong>nern.<br />

Über die Sprache h<strong>in</strong>aus sollten andere Zugangsweisen,<br />

z. B. akustische und haptische Erfahrungsmöglichkeiten,<br />

bei e<strong>in</strong>er K<strong>in</strong>der-Führung immer wieder angeboten werden.<br />

Durch die gezielte Ausschaltung e<strong>in</strong>es S<strong>in</strong>nes können diese<br />

nichtsprachlichen Erfahrungen noch <strong>in</strong>tensiviert werden,<br />

Fantasie und Kreativität können sich entfalten.<br />

K<strong>in</strong>der-Führungen als Gruppenerlebnis<br />

ARBEITSHILFEN<br />

Schlosstreppen mit dem eigenen Leib erfahren: Wir tragen e<strong>in</strong>en<br />

imag<strong>in</strong>ären Reifrock und Schuhe mit Absätzen und üben uns im<br />

vorsichtigen H<strong>in</strong>auf- und H<strong>in</strong>abschreiten der Freitreppe zum<br />

Spiegelsaal der Amalienburg<br />

Selbst <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em so kurzen Zeitraum wie bei e<strong>in</strong>er zweistündigen<br />

K<strong>in</strong>derführung entstehen Ansätze zur Gruppenbildung.<br />

Geschickte Arrangements und gezielte Angebote<br />

während der Führung können dies verstärken und<br />

so zu e<strong>in</strong>em positiven „Lern-Klima“ beitragen. Durch die<br />

unbewusste wechselseitige Animation der K<strong>in</strong>der entsteht<br />

e<strong>in</strong>e kollektive Neugier auf das nächste Erlebnis, auf


ARBEITSHILFEN 31<br />

den nächsten Raum. Gegenseitiges Helfen und wechselseitige<br />

Rücksichtnahme verstärken das Gefühl, geme<strong>in</strong>sam<br />

wertvolle Erfahrungen machen zu können.<br />

Wenn es möglich ist, sollten die begleitenden Erwachsenen<br />

<strong>in</strong> diesen Gruppenprozess <strong>in</strong>tegriert werden. Vor Ort<br />

als Helfer und Begleiter der K<strong>in</strong>der (z. B. Führen der „bl<strong>in</strong>den“<br />

K<strong>in</strong>der), die – je nach Anforderung der jeweiligen<br />

Situation – aktiv oder passiv ihren K<strong>in</strong>dern beistehen,<br />

später zu Hause als <strong>in</strong>formierte Gesprächspartner, die geme<strong>in</strong>sam<br />

mit ihren K<strong>in</strong>dern das Erlebte nochmals Revue<br />

passieren lassen oder die K<strong>in</strong>der ermutigen, ihre E<strong>in</strong>drücke<br />

aktiv z. B. auf bildnerischer oder gestalterischer<br />

Ebene zu verarbeiten.<br />

Darüber h<strong>in</strong>aus können die Erwachsenen bei K<strong>in</strong>derfragen<br />

auch ihr eigenes Wissen, unbemerkt von anderen, erweitern,<br />

ohne verme<strong>in</strong>tlich ihr „Gesicht“ verlieren zu müssen.<br />

Die K<strong>in</strong>der stellen oft jene Fragen, die Erwachsene<br />

als „k<strong>in</strong>disch“ empf<strong>in</strong>den. Das konkrete Betasten von mitgebrachten<br />

Orig<strong>in</strong>alobjekten, das Hören von Musik und<br />

das Suchen nach unauffälligen, für K<strong>in</strong>der oft <strong>in</strong>teressanten<br />

Details macht ihnen erfahrungsgemäß aber ebenso<br />

viel Freude wie den K<strong>in</strong>dern. Die Familie als Gruppe wie<br />

auch die Erwachsenen als Gruppe, diese Erfahrungen<br />

können sich wechselseitig verstärken. Hier kann e<strong>in</strong>e<br />

neue Form von Elternbildung entstehen.<br />

Nymphenburg und se<strong>in</strong>e Schlösschen: spannungs- und<br />

fantasievolles „Inszenieren“ mit allen S<strong>in</strong>nen<br />

Be-greifen mit den S<strong>in</strong>nen macht S<strong>in</strong>n<br />

K<strong>in</strong>d, Gruppe und Schloss s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er „fantasie-vollen<br />

Inszenierung“ auf verschiedenen Ebenen <strong>in</strong> Beziehung zu<br />

br<strong>in</strong>gen. Möglichkeiten zur s<strong>in</strong>nlichen Erfahrung bilden<br />

dabei das Hauptmotiv. Als Ouvertüre und Auftakt zum<br />

Thema dient die Intensivierung der körperlichen Erfahrung<br />

durch die E<strong>in</strong>schränkung e<strong>in</strong>es S<strong>in</strong>nes: Die Augen<br />

werden verbunden. Die Spannung steigt, völlige Konzentration<br />

auf die eigenen körperlichen Fähigkeiten ist ebenso<br />

notwendig wie das unbed<strong>in</strong>gte Vertrauen <strong>in</strong> die führende<br />

erwachsene Person. Die Eltern s<strong>in</strong>d aktiv als Begleiter<br />

gefordert, das geme<strong>in</strong>same Gruppenerlebnis beg<strong>in</strong>nt.<br />

Durch das Verb<strong>in</strong>den der Augen konzentrieren sich die<br />

K<strong>in</strong>der auf das H<strong>in</strong>aufschreiten auf der fürstlichen<br />

Freitreppe von Schloss Nymphenburg, der Höhenunterschied<br />

wird körperlich nachvollziehbar, das Schreiten <strong>in</strong><br />

fürstlichen Gewändern – e<strong>in</strong>e knappe Information der<br />

K<strong>in</strong>der über adelige Kleidungsstücke und Verhaltensweisen<br />

erfolgte vor dem Augenverb<strong>in</strong>den – kann von den<br />

K<strong>in</strong>dern durch das langsame H<strong>in</strong>aufgehen ansatzweise<br />

erlebt werden.<br />

Im Hauptsaal (Ste<strong>in</strong>erner Saal) angelangt, bleiben die<br />

Augen noch immer verbunden. Die K<strong>in</strong>der erhalten e<strong>in</strong><br />

Seidenkissen (das edle Material ist Spiegel der kostbaren<br />

Ausstattung des Schlosses), lassen sich nieder und dürfen<br />

den Prunksaal zunächst akustisch erleben: sie hören<br />

den ersten Satz aus Vivaldis „Die Vier Jahreszeiten“. Barock<br />

als Gesamtkunstwerk, Musik aus dieser Epoche und<br />

die damalige Nutzung des Schlosses als Sommerresidenz<br />

bzw. des Raumes als Festsaal erleben die K<strong>in</strong>der so<br />

<strong>in</strong>tensiv und direkt, ohne weitschweifige verbale Erläuterungen<br />

durch die führende Person. Außerdem fördert das<br />

zeitweilige „Erbl<strong>in</strong>den“ Konzentration und Vorstellungskraft.<br />

Eltern und auch fremde Besucher s<strong>in</strong>d beim Anblick<br />

der völlig <strong>in</strong> sich versunkenen K<strong>in</strong>der immer wieder entzückt<br />

und hören selbst auch gerne „Orig<strong>in</strong>alklänge“ <strong>in</strong><br />

diesem festlichen Raum. Beim Abnehmen der Augenb<strong>in</strong>den<br />

ist das Erstaunen der K<strong>in</strong>der meist groß und es<br />

dauert e<strong>in</strong>e Weile, bis sie ihre akustischen und jetzt auch<br />

optischen Erfahrungen <strong>in</strong> E<strong>in</strong>klang br<strong>in</strong>gen können.<br />

Die Sprache des Materials<br />

Die Erkundung des Saales und se<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>richtung erfolgt<br />

nicht nur auf verbaler und optischer Ebene. In kostbare<br />

Behältnisse verpackt – das Nichtsichtbare steigert die<br />

Spannung – s<strong>in</strong>d zum Erstaunen der K<strong>in</strong>der Objekte, die<br />

sich an Wand und Decke bef<strong>in</strong>den: Stuckteile, geschliffene<br />

Kristalle, ähnlich den Lüstern im Saal, echte Perlen,<br />

Edelste<strong>in</strong>e und ähnliche edle D<strong>in</strong>ge, die sie auch an<br />

Wand, Decke oder <strong>in</strong> Gemälden entdecken können. Die<br />

K<strong>in</strong>der dürfen diese „Ersatzobjekte“ <strong>in</strong> die Hand nehmen,<br />

betrachten, befühlen. Es ist sehr bee<strong>in</strong>druckend, wie lange<br />

selbst die ganz Kle<strong>in</strong>en geduldig warten können, bis<br />

sie endlich diese Kostbarkeiten <strong>in</strong> die Hand nehmen dürfen.<br />

Sie wissen die Exklusivität und E<strong>in</strong>maligkeit der Objekte<br />

zu schätzen und behandeln sie mit besonderer<br />

Sorgfalt. Ihr Bedürfnis, etwas anzufassen, was sie nicht<br />

kennen, um es im wahrsten S<strong>in</strong>n des Wortes zu begreifen,<br />

wird so auf angenehme und den K<strong>in</strong>dern angemessene<br />

Weise gestillt. Die K<strong>in</strong>der fühlen sich mit ihren Bedürfnissen<br />

angenommen und widmen sich mit wahrer H<strong>in</strong>gabe<br />

und erstaunlicher Ausdauer ihren „Entdeckungen“.<br />

Raum für Raum wird so von den K<strong>in</strong>dern erobert, systematisch<br />

die „Kleidung“ von Wand, Decke und Boden<br />

imag<strong>in</strong>är untersucht. Raumausstattungen, die sich von<br />

den bisherigen unterscheiden, oder Gemälde werden<br />

durch immer wieder neue Objekte erfahrbar und damit <strong>in</strong>teressant:<br />

Wandbespannungen oder Möbelbezüge werden<br />

anhand kle<strong>in</strong>er Stücke e<strong>in</strong>es Orig<strong>in</strong>alsstoffes ertastet,<br />

Details aus Gemälden durch authentische Gegenstände<br />

begreifbar. Die Krönungsmäntel, mit Hermel<strong>in</strong> gefüttert,<br />

können nie mehr im Leben mit anderen Pelzen – die Aussage<br />

e<strong>in</strong>es K<strong>in</strong>des: „Das ist e<strong>in</strong> Dalmat<strong>in</strong>erfell!“ ist wohl


32<br />

Mit verbundenen Augen im Nymphenburger Schlosspark<br />

mit dem Disney-Film „101 Dalmat<strong>in</strong>er“ <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung zu<br />

setzen – verwechselt werden, hat man erst e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>en<br />

echten Hermel<strong>in</strong>schwanz <strong>in</strong> der Hand gehalten und e<strong>in</strong>iges<br />

über das Leben des Wiesels und se<strong>in</strong>e Verhaltensweisen<br />

erfahren.<br />

Bücher, Geschichten und Kissen, e<strong>in</strong>e erstaunliche<br />

Komb<strong>in</strong>ation<br />

Wichtig ist auch, K<strong>in</strong>dern zu zeigen, woher bestimmte<br />

Informationen stammen. Ich zeige deshalb meist ke<strong>in</strong>e<br />

Kopien, sondern br<strong>in</strong>ge die entsprechenden K<strong>in</strong>der-<br />

Sachbücher, aber auch andere Sachbücher mit, schlage<br />

die <strong>Seiten</strong> auf und mache so die K<strong>in</strong>der mit me<strong>in</strong>en Quellen<br />

vertraut. Die Erwachsenen ermuntere ich, später zu<br />

Hause geme<strong>in</strong>sam mit ihren K<strong>in</strong>dern, <strong>in</strong> Büchereien oder<br />

Buchhandlungen nach diesen Fach<strong>in</strong>formationen zu<br />

suchen.<br />

Das Fresko an der Decke wird zum Bilderbuch, die Bilder<br />

an der Decke oder an der Wand können von den K<strong>in</strong>dern<br />

<strong>in</strong> Ruhe genossen werden: sie nehmen ihre Kissen mit<br />

von Raum zu Raum, machen es sich bequem und hören<br />

entspannt zu. Die ganz Kle<strong>in</strong>en kommen sogar auf die<br />

Idee, sich auf „ihre“ Kissen zu legen und so mit unverkrampftem<br />

Blick zur Decke <strong>in</strong> aller Ruhe den Geschichten<br />

zu lauschen. So ist es erstaunlicherweise möglich, selbst<br />

sehr komplizierte Verwicklungen <strong>in</strong> der griechischen<br />

Götterwelt der K<strong>in</strong>dergruppe nahe zu br<strong>in</strong>gen. Die Kissen<br />

bilden sozusagen das Rückgrat der Führung, die K<strong>in</strong>der<br />

haben etwas <strong>in</strong> der Hand, das Ritual des Sichsetzens ist<br />

schnell e<strong>in</strong>geübt, die K<strong>in</strong>der s<strong>in</strong>d entspannt beim<br />

Zuhören, unkontrolliertes Umherlaufen kommt ihnen gar<br />

nicht <strong>in</strong> den S<strong>in</strong>n.<br />

Geschichte und Geschichten oder das Ende ist der Anfang:<br />

„K<strong>in</strong>der s<strong>in</strong>d nicht belehrbar. Sie können nur selbst<br />

lernen.“ 4<br />

Schloss-Führungen für K<strong>in</strong>der sollen das Tor zu neuen<br />

Welten öffnen; Neugier, Freude und emotionales Berührtse<strong>in</strong><br />

bilden die Basis für diese Welt-Aneignung. Nicht<br />

Jahreszahlen und Namen bayerischer Herrscher s<strong>in</strong>d<br />

deshalb das Wichtigste, sondern der Dialog mit den D<strong>in</strong>gen<br />

und den anderen Mitmenschen.<br />

Die Meeresgött<strong>in</strong> Thetis auf dem Deckenbild des kurfürstlichen<br />

Schlafzimmers beschenkt den Fürsten mit den<br />

Schätzen des Meeres. Am Ende der Führung im Schloss<br />

Nymphenburg darf sich jedes K<strong>in</strong>d aus e<strong>in</strong>er großen<br />

Muschel e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Meeresschnecke zum Mitnehmen<br />

aussuchen. Das kle<strong>in</strong>e Geschenk stellt zugleich Symbol<br />

und Versprechen dar: Er<strong>in</strong>nerung an das positive Erlebnis<br />

und Vorfreude auf die nächste Führung. Beglückt umklammern<br />

die K<strong>in</strong>der ihren „Schatz“ und etliche s<strong>in</strong>d<br />

schon wieder gekommen – zu e<strong>in</strong>er anderen Führung mit<br />

allen S<strong>in</strong>nen.<br />

Anita Heft<br />

Anmerkungen<br />

ARBEITSHILFEN<br />

1 Cohn, Ruth C.: Es geht ums Anteilnehmen. Die Begründer<strong>in</strong><br />

der TZI zur Persönlichkeitsentfaltung, Freiburg im Breisgau<br />

1993<br />

2 ebd., S. 21<br />

3 Cornell, Joseph: Mit Freude die Natur erleben. Naturerfahrungsspiele<br />

für alle, Mülheim an der Ruhr 1991, vgl. S.46-47<br />

4Elschenbroich, Donata: Weltwissen der Siebenjährigen. Wie<br />

K<strong>in</strong>der die Welt entdecken können, München 2001, S.45


FOTOGRAFIE 33<br />

KONSERVATORISCHE SICHERUNG UND DIGITALE<br />

ERSCHLIESSUNG HISTORISCHER GLASPLATTEN-<br />

NEGATIVBESTÄNDE<br />

Zur Archivierung sowie hitze- und druckbelastungsfreien<br />

„Duplizierung“<br />

Trotz mancher Publikation seit den 1970er und 80er Jahren<br />

ist <strong>in</strong> den meisten europäischen Ländern das<br />

Bewusstse<strong>in</strong> um die Gefährdung der Bestände fotografischer<br />

Altaufnahmen erst <strong>in</strong> den vergangenen Jahren<br />

richtig gewachsen. Dies steht nicht zuletzt im Zusammenhang<br />

mit der ernorm gestiegenen Wertschätzung<br />

alter Fotografien (vor allem der sog. v<strong>in</strong>tage pr<strong>in</strong>ts, also<br />

den Orig<strong>in</strong>alabzügen von Aufnahmen bedeutender Fotografen)<br />

auf dem <strong>in</strong>ternationalen Kunstmarkt.<br />

In der Vergangenheit wurde dem Fotobestand <strong>in</strong> <strong>Museen</strong>,<br />

Archiven und Sammlungen oft nur ger<strong>in</strong>ges konservatorisches<br />

Interesse zuteil, da er entweder als leicht reproduzierbares<br />

„Arbeitsmittel“ oder als eher ungeliebter, weil<br />

häufig recht unordentlicher Sammlungsteil galt. Nun zeigt<br />

die Diskussion der vergangenen Jahre, dass auch hier e<strong>in</strong><br />

Umdenken zum<strong>in</strong>dest begonnen hat. Handelt es sich –<br />

<strong>in</strong>zwischen weitgehend unbestritten – doch um nicht<br />

mehr bzw. weniger als unser visuelles „Gedächtnis“ des<br />

Zeitraumes von etwa 1840 bis heute. In der Folge wurde<br />

und wird <strong>in</strong> zahlreichen Institutionen, <strong>Museen</strong>, Sammlungen<br />

und Archiven über Erhaltung und Erschließung nachgedacht,<br />

wurden Lösungswege erarbeitet und erprobt.<br />

Durch die rasante Entwicklung im Bereich digitaler Bildverarbeitung<br />

wird heute jedoch <strong>in</strong> den meisten Institutionen<br />

die Digitalisierung der Bildbestände und zur Verfügungstellung<br />

der entsprechenden Daten <strong>in</strong> Intra- bzw.<br />

Internet als Ziel avisiert, konkret geplant bzw. bereits umgesetzt.<br />

Auch das <strong>in</strong> den letzten Jahren <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er HiDA-<br />

Datenbank <strong>in</strong>ventarisierte Fotoarchiv der Landesstelle für<br />

die nichtstaatlichen <strong>Museen</strong> <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> mit se<strong>in</strong>en gut<br />

45.000 Bildern (von 1870 bis heute) wird zur Zeit digitalisiert<br />

und mit e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>fachen Suchmaske sowohl im<br />

geplanten Intranet der Landesstelle als auch – wohl bis<br />

Ende 2002 – im Internet unter www.museen-<strong>in</strong>-bayern.de<br />

zur Verfügung stehen.<br />

Zur Archiv- und Erschließungssituation von Glasplattennegativen<br />

Als <strong>in</strong> ihrer Substanz besonders gefährdet erwiesen sich<br />

(neben den feuergefährlichen Zellulosenitratfilmen) die<br />

Bestände an historischen Glasplattennegativen, bei der<br />

die lichtempf<strong>in</strong>dliche Fotoschicht auf e<strong>in</strong>er Glasplatte als<br />

Träger liegt. Glas war (bis zur Entwicklung moderner Filmmaterialien)<br />

haltbarster und wichtigster Träger fotografischer<br />

Information im Zeitraum von etwa 1855 bis 1950.<br />

Dies gilt <strong>in</strong>sbesondere für die großformatige Fotografie –<br />

vor allem im professionellen Bereich. Zugleich ist Glas als<br />

dünne Scheibe sehr bruchanfällig und die fotografische<br />

Schicht haftet nur bed<strong>in</strong>gt an der Glasoberfläche.<br />

Mit marmoriertem Papier beklebte Archivbox aus Pappe (ca.<br />

1910/20) zur Aufbewahrung von etwa hundert 18 x 24 cm Glasplatten.<br />

Solche zwar schönen, aber lign<strong>in</strong>haltigen Schachteln<br />

s<strong>in</strong>d nicht archivgerecht<br />

Die im Laufe der Zeit <strong>in</strong> allen Sammlungen entstandenen<br />

Schäden an Glasplatten-Negativen wie Aussilberung,<br />

Verblassungen, Verfärbungen, Ablösungen, Organismenbefall<br />

oder Glasbruch entstanden sowohl durch ungeeignete<br />

Archivierungsbed<strong>in</strong>gungen, wie auch durch mangelhafte<br />

Herstellung oder Verarbeitung im fotografischen<br />

Entwicklungsprozess. Schon früh hatte man <strong>in</strong> vielen<br />

Archiven die schädigende Wirkung der Ausgasungen von<br />

Nitrozellulosefilmen sowohl auf Positivabzüge als auch<br />

auf Negative erkannt und diese vom restlichen Fotobestand<br />

separiert. Ebenso war die besondere Gefährdung<br />

des Glasplatten-Negativbestandes <strong>in</strong>sgesamt schon früh<br />

erkannt worden. Denn die Negative – ob auf Film oder<br />

Glas – stellen das eigentliche fotografische „Orig<strong>in</strong>al“ dar<br />

und enthalten mehr an fotografischer Information als<br />

jeder Abzug. So g<strong>in</strong>g man z. B. ab 1978 e<strong>in</strong>e Restaurierungskampagne<br />

an den gut 60.000 Glasnegativen des<br />

Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege <strong>in</strong> München<br />

an, um diese vor dem weiteren Verfall zu bewahren.<br />

Als die Maßnahme nach neun Jahren aus verschiedenen<br />

Gründen abgebrochen wurde, waren nach großem Kosten-<br />

und Zeitaufwand immerh<strong>in</strong> 15.100 Glasplatten e<strong>in</strong>er<br />

konservierenden bzw. restaurierenden Bearbeitung unterzogen<br />

worden. Die adäquate Archivierung und Erfassung<br />

dieses wissenschaftlich und künstlerisch bedeutenden<br />

Bestandes konnte damals jedoch nur stellenweise realisiert<br />

werden, und so muss, wie Sigrid Patellis schrieb,<br />

dieses Archiv „e<strong>in</strong> Ort für E<strong>in</strong>geweihte bleiben, die alle<strong>in</strong><br />

wissen, <strong>in</strong> welcher Sedimentschicht der langen Amtsge-


34<br />

schichte möglicherweise e<strong>in</strong>e gesuchte Aufnahme zu f<strong>in</strong>den<br />

ist“. 1 Diese Feststellung dürfte für den wohl überwiegenden<br />

Teil der Glasplatten-Negativbestände – gleich<br />

welcher Institution oder Sammlung – leider bis heute immer<br />

noch zutreffend se<strong>in</strong>.<br />

Die Lagerungssituation der Glasplattennegative ist häufig<br />

höchst bedenklich: Die Platten f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> nicht archivgerechte<br />

Tüten e<strong>in</strong>gesteckt (z. B. <strong>in</strong> säurehaltige Umschläge,<br />

die mit schwefelhaltigen Klebern geklebt und mit<br />

lösemittelhaltigen „T<strong>in</strong>ten“ beschriftet wurden), gar <strong>in</strong> Zeitungspapier<br />

e<strong>in</strong>gewickelt oder sie liegen zu zwanzig lose<br />

<strong>in</strong> ihrer alten Verkaufspackung – lign<strong>in</strong>haltigen Pappschachteln,<br />

die ke<strong>in</strong>eswegs archivgeeignet s<strong>in</strong>d. Manchmal<br />

f<strong>in</strong>den sich auch Hunderte <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e alte, mit marmoriertem<br />

Papier beklebte „Archiv“-Box aus Karton e<strong>in</strong>gelegt.<br />

Diese Archivierungsmethode sieht zwar von außen<br />

recht hübsch aus, ist aber ansonsten gänzlich ungeeignet.<br />

Nicht nur, dass die meist säurehaltige Pappe die<br />

Filmschicht schädigt: Solche Großbehältnisse enthalten<br />

<strong>in</strong> der Regel reihenweise gebrochene Glasplatten, die unter<br />

dem enormen Gewicht des Stapels bei e<strong>in</strong>er Druckbewegung<br />

des Behältnisses zerbrachen.<br />

Solcherart verpackte Bestände von Glasplatten, denen<br />

meist ke<strong>in</strong>e Positivabzüge mehr zugeordnet werden können,<br />

s<strong>in</strong>d freilich nur sehr e<strong>in</strong>geschränkt benutzbar. Nicht<br />

nur das Auspacken jeder e<strong>in</strong>zelnen Glasplatte (hoffentlich<br />

mit sauberen Baumwollhandschuhen) ist sehr zeitaufwendig,<br />

auch des Beurteilen des jeweils Abgebildeten im<br />

Negativ bedarf e<strong>in</strong>es geschulten Auges. Ob die Fotoschicht<br />

e<strong>in</strong>er Platte unter Lockerungen leidet, stellt sich<br />

leider erst nach ihrem Auspacken heraus. Das bedeutet,<br />

dass das Aus- und E<strong>in</strong>packen nur zum Zwecke des Anschauens,<br />

was denn auf e<strong>in</strong>er Platte abgebildet ist, jedes<br />

Mal Teile der lockeren Fotoschicht zum Abbröseln br<strong>in</strong>gen<br />

kann und daher zur Stillung – auch der wissenschaftlichen<br />

– Neugier möglichst unterbleiben sollte: Es gibt andere,<br />

schonendere Wege der Erschließung!<br />

Duplizierungsverfahren mittels Film<br />

Um den Verlust der e<strong>in</strong>zigartigen Information des Glasplattenbestandes<br />

im Deutschen Museum <strong>in</strong> München zu<br />

verh<strong>in</strong>dern, wurde zwischen 1994 und 2001 <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Pilotprojekt mit Unterstützung der Fritz-Thyssen-Stiftung<br />

der Gesamtbestand an 13.000 Glasplattennegativen auf<br />

orthochromatischen Halbtonfilm dupliziert. Angewandt<br />

wurde die „Zweischritt-Methode der Glasplattenduplizierung“,<br />

<strong>in</strong>dem man zuerst im Kontaktkopiergerät mit automatischer<br />

Vakuumsteuerung e<strong>in</strong> Zwischenpositiv auf Film<br />

herstellt, von dem dann e<strong>in</strong> neues Filmnegativ für den La-<br />

FOTOGRAFIE<br />

Neue, <strong>in</strong>nen ungepufferte Glasnegativschachteln aus Archivkarton<br />

für 18 x 24 cm Glasplatten-Negative. Alte Hüllen aus Pergam<strong>in</strong><br />

(geklebt), neue Hüllen aus hoch-verdichtetem Polyethylen<br />

(geschweißt)<br />

borgebrauch bzw. zur Ansicht erzeugt wird. Die Glasplatten<br />

wurden anschließend e<strong>in</strong>zeln <strong>in</strong> ungepufferte Glasplattenumschläge<br />

und zu je 25 <strong>in</strong> speziellen Glasplattenschachteln<br />

neu archiviert. 2 Gewiss kann die fotografische<br />

Information dieses Bestandes <strong>in</strong> bestmöglicher Auflösung<br />

und im Rahmen der Haltbarkeit des verwendeten<br />

Filmmaterials <strong>in</strong> den nächsten 150 Jahren als gesichert<br />

gelten. Ebenso werden die Glasplatten nun durch die<br />

Neuarchivierung <strong>in</strong> konservatorisch bestmöglicher Weise<br />

(bei entsprechendem Klima) aufbewahrt. Neben Personalkosten<br />

für die Duplizierung von etwa € 46.000,– kamen<br />

bei diesem siebenjährigen Projekt noch die Kosten<br />

der hierfür notwendigen professionellen Labore<strong>in</strong>richtung,<br />

der Archivierungsmaterialien sowie Filmkosten von<br />

ca. € 28.000,– h<strong>in</strong>zu. Die Erschließung, d. h. Benutzung<br />

des Bestandes ist jedoch nur sehr e<strong>in</strong>geschränkt möglich,<br />

da dies ausschließlich über den neuen Negativbestand<br />

erfolgen kann. Die <strong>in</strong>zwischen e<strong>in</strong>gestellte Produktion<br />

des hier verwendeten Halbtonfilmes sowie die hohen


FOTOGRAFIE 35<br />

Kosten werden wohl dazu führen, dass die Anwendung<br />

dieses Verfahrens auf den Bestand des Deutschen<br />

Museums beschränkt bleiben wird.<br />

Digitale Duplizierung<br />

Die rasante Entwicklung bei der Erfassung, Erschließung<br />

und Speicherung digitaler Bilddaten <strong>in</strong> den letzten Jahren<br />

ließ <strong>in</strong>zwischen jedoch neue Wege zu. So stand 1994 bei<br />

Projektbeg<strong>in</strong>n im Deutschen Museum trotz der beachtlichen<br />

Projektmittel noch ke<strong>in</strong> h<strong>in</strong>reichend großes, bezahlbares<br />

Speichermedium zur Verfügung, was für die Überlegungen<br />

e<strong>in</strong>er eventuell digitalen Duplizierung damals<br />

das Aus bedeutete. Inzwischen (Frühjahr 2002) werden<br />

Laptops der unteren Preiskategorie mit 20 Gigabyte<br />

fassenden Speicherplatten ausgeliefert. Das erlaubt die<br />

Daten von etwa 28.500 Bildern <strong>in</strong> der Qualität e<strong>in</strong>es guten<br />

Kle<strong>in</strong>bildabzuges der Größe 13 x18 cm speichern –<br />

und die Entwicklung immer mächtigerer Datenspeicher<br />

geht rasch weiter voran. Mit den heute büroüblichen<br />

Computern und T<strong>in</strong>tenstrahldruckern lassen sich aus diesen<br />

Daten durchaus qualitätvolle Ausdrucke und damit<br />

„Abzüge“ etwa von digital erfassten Glasplatten-Negativen<br />

herstellen, die den Vergleich mit e<strong>in</strong>er Ausbelichtung<br />

auf Fotopapier (selbst dem professionellen Abzug) nicht<br />

mehr zu scheuen brauchen.<br />

Bisher wurde „Flachware“ wie Glasplatten zumeist <strong>in</strong><br />

Flachbettscannern digitalisiert. Die Glasplatten wurden <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>e Durchlicht-Schublade e<strong>in</strong>gelegt, wo e<strong>in</strong>e „lichterzeugende“<br />

und e<strong>in</strong>e „lichtmessende“ Zeile das Bild zeilenweise<br />

abtastet. Hierbei wird e<strong>in</strong>e digitale Bilddatei erzeugt,<br />

die <strong>in</strong> gewisser Farbtiefe, Größe und Auflösung<br />

und e<strong>in</strong>em bestimmten Farbraum das e<strong>in</strong>gescannte Bild<br />

mehr oder weniger orig<strong>in</strong>algetreu am Bildschirm oder<br />

auch im Ausdruck wiederzugeben <strong>in</strong> der Lage ist. Solche<br />

Flachbettscanner mit Durchlichte<strong>in</strong>heit – ähnlich den sogenannten<br />

Scanbacks (also an Stelle der Filmkassette an<br />

e<strong>in</strong>er Mittel- oder Großformatkamera e<strong>in</strong>zusetzende Digitalisierungsrückteile)<br />

– brauchen jedoch je nach Vorlagengröße<br />

und Auflösungsgüte bis zu 10 M<strong>in</strong>uten für e<strong>in</strong>e<br />

Aufnahme, womit bei größeren zu digitalisierenden Mengen<br />

der Faktor Zeit und damit die Personalkosten e<strong>in</strong>e<br />

entscheidende Rolle spielen. Von der Verwendung<br />

büroüblicher Scanner bei der Digitalisierung von Glasplatten-Negativen<br />

ist abzuraten, e<strong>in</strong>erseits wegen der<br />

hierbei verwendeten Lichtstärken, vor allem aber wegen<br />

der entstehenden Temperaturen, welche die Fotoschicht<br />

der Glasplatten auf Kollodium- oder Gelat<strong>in</strong>ebasis schädigen.<br />

Die Kaltlichtquellen <strong>in</strong> büroüblichen Scannern erreichen<br />

zwar nur etwa 30 Grad, jedoch strahlen die Transformatoren<br />

<strong>in</strong> den Geräten bis zu 80 Grad C. ab, was bei<br />

e<strong>in</strong>em Dauerbetrieb zu erheblicher Hitzebildung <strong>in</strong> den<br />

Geräten führt – die dünne Fotoschicht wird im Scanprozess<br />

quasi e<strong>in</strong>mal durchgebacken. Zu Bedenken ist auch,<br />

dass die Mechanik büroüblicher Scangeräte nicht für den<br />

Dauerbetrieb ausgelegt ist – im Gegensatz zu professionellen<br />

Scangeräten, die zudem mittels raff<strong>in</strong>ierter Lichtführung<br />

möglichst jede Wärmebelastung von der e<strong>in</strong>zuscannenden<br />

Vorlage fernzuhalten suchen.<br />

Zur Entwicklung digitaler Fotografie und Bildbearbeitung<br />

Die vor wenigen Jahren noch als technische – und zugleich<br />

sehr teure – Spielerei angesehene digitale Fotografie<br />

hat <strong>in</strong> den vergangen zwei Jahren e<strong>in</strong>e erstaunliche<br />

Entwicklung erlebt. Man muss ke<strong>in</strong> Prophet se<strong>in</strong> um vorherzusagen,<br />

dass <strong>in</strong> wenigen Jahren die analoge Fotografie<br />

nur mehr e<strong>in</strong>e Nischenfunktion <strong>in</strong> wenigen professionellen<br />

Bereichen, wie etwa bei bestimmten Großfor-<br />

Mit Kartonmaske abgedeckter Kaltnormlicht-Leuchttisch mit<br />

Digitalkamera zur fotografischen Duplizierung von Glasplattennegativen


36<br />

maten oder <strong>in</strong> der Sicherheitsverfilmung haben wird. Im<br />

Frühjahr 2001 kamen semiprofessionelle kompakte 3 Millionen-Pixel-Kameras<br />

und im Frühjahr 2002 desgleichen<br />

Kameras mit e<strong>in</strong>er Chipauflösung von 5 Millionen Pixel<br />

auf den Markt – bei Preisen von jeweils um 1000 bis<br />

1200 €. Entsprechen erstere – e<strong>in</strong> gutes Objektiv vorausgesetzt<br />

– ohne weiteres der Qualität des herkömmlichen<br />

Kle<strong>in</strong>bildes, zeigen letztere e<strong>in</strong>e Auflösungsleistung, die<br />

be<strong>in</strong>ahe der e<strong>in</strong>er 6 x 6 cm Mittelformatkamera entspricht.<br />

Im Gegensatz zum Scanverfahren, bei der e<strong>in</strong><br />

Bild zeilenweise abgetastet wird, haben diese Kameras<br />

e<strong>in</strong>en lichtempf<strong>in</strong>dlichen Chip an der Stelle im Kameragehäuse,<br />

wo früher der Film belichtet wurde. Nicht nur die<br />

jeweils beste Blende und Belichtungszeit ergibt sich aus<br />

raff<strong>in</strong>ierten Messe<strong>in</strong>richtungen – das entsprechende<br />

Kameramodell vorausgesetzt –, auch Lichtverteilung,<br />

Farbtemperatur und -sättigung oder Dichte und Gradation<br />

e<strong>in</strong>er Vorlage werden differenziert erkannt und im<br />

„Foto“ entsprechend umgesetzt.<br />

Parallel zur Entwicklung der digitalen Fotografie wurden<br />

normale Bürocomputer so leistungsfähig, dass professionelle<br />

Bildbearbeitungssoftware wie etwa Photoshop oder<br />

Bilddatenbanken nun nicht mehr nur auf teuren Rechnern<br />

<strong>in</strong>stalliert werden können. Damit eröffneten sich auch für<br />

den schmaleren Geldbeutel neue Methoden und Möglichkeiten<br />

der digitalen Erschließung selbst umfangreicherer<br />

Negativbestände. Denn <strong>in</strong> der digitalen Bilderwelt<br />

und se<strong>in</strong>er Bearbeitungssoftware ist e<strong>in</strong> „Negativ“ nur e<strong>in</strong><br />

bzw. zwei „Maus-Klicks“ vom „Positiv“ entfernt und kann<br />

beliebig oft identisch dupliziert oder <strong>in</strong> Bilddatenbanken<br />

bzw. Bildverwaltungsprogrammen zur Ansicht h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>gestellt<br />

werden.<br />

Fotografische Digitalisierung von Glasplattennegativen<br />

Im Zusammenhang mit der Projektierung des digitalen<br />

Fotoarchivs der Landesstelle für die nichtstaatlichen<br />

<strong>Museen</strong> wurde auch über die digitale E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung sowie<br />

die Verbesserung der Lagerungssituation des kle<strong>in</strong>en historischen<br />

Glasplatten-Negativbestandes Überlegungen<br />

angestellt. E<strong>in</strong>erseits sollte die fotografische Information<br />

jeder Platte <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Qualität verfügbar gemacht werden,<br />

die als Druckvorlage <strong>in</strong> der Größe von m<strong>in</strong>destens<br />

13 x 18 cm ausreicht. Andererseits sollte die Vorgehensweise<br />

bei der Digitalisierung wie bei der Neuarchivierung<br />

den konservatorischen Erfordernissen genügen, wobei<br />

natürlich e<strong>in</strong>e möglichst kostengünstige Lösung zu f<strong>in</strong>den<br />

war. Die aus diesen Überlegungen entstandene und hier<br />

erläuterte Methode der Duplizierung kle<strong>in</strong>erer Bestände<br />

von Glasplatten-Negativen mittels digitaler Fotografie<br />

und anschließender „Serien“-Bearbeitung mit der Bildbe-<br />

FOTOGRAFIE<br />

arbeitungssoftware Photoshop wurde im November 2001<br />

auf dem Jahrestreffen der Leiter und MitarbeiterInnen der<br />

bayerischen Freilichtmuseen sowie im April 2002 auf<br />

e<strong>in</strong>em Treffen des Arbeitskreises Fotografie Münchner<br />

<strong>Museen</strong> und Sammlungen zum Thema „Digitale Fotografie<br />

<strong>in</strong> der musealen Dokumentation, Denkmalpflege und<br />

Restaurierung“ vorgestellt.<br />

In Erweiterung des Pilotprojektes im Fotoarchiv der Landesstelle<br />

wurde im November 2001 e<strong>in</strong> weiterer Bestand<br />

von 554 stark gefährdeten Glasplattennegativen ( 1 ⁄3 im<br />

Format 18 x 24 cm, 2 ⁄3 im Format 13 x 18 cm) mit Hilfe dieses<br />

Verfahrens digitalisiert und so für die Wissenschaft<br />

erschlossen. Der historisch hoch bedeutende Glasplattenbestand<br />

des Archivs für Hausforschung am Institut für<br />

Volkskunde der Bayerischen Akademie der Wissenschaften<br />

konnte hierbei von zwei e<strong>in</strong>gearbeiteten Mitarbeitern<br />

<strong>in</strong> fünf Tagen digital erfasst, mit Negativnummern <strong>in</strong>ventarisiert<br />

und <strong>in</strong> archivgerechten Hüllen und Schachteln<br />

neu archiviert werden. Mengen bis etwa 2000 Glasplatten<br />

können also durchaus <strong>in</strong> Eigenregie und <strong>in</strong> überschaubar<br />

kurzer Zeit mit relativ ger<strong>in</strong>gen Kosten digitalisiert und<br />

neuarchiviert werden – das Vorhandense<strong>in</strong> unten beschriebener<br />

technischer Ausstattung und Kenntnisse zu<br />

se<strong>in</strong>er Bedienung vorausgesetzt. Bei größeren Beständen<br />

sollten jedoch eher Angebote von professionellen Dienstleistern<br />

e<strong>in</strong>geholt werden. Bei ihnen kommen sehr rationelle<br />

computergesteuerte Verfahren zur Anwendung, was<br />

bei größeren Mengen zu niedrigeren Stückpreisen führt.<br />

Qualitätsstandards und konservatorische Überlegungen<br />

Bei obengenannten zwei Digitalisierungsprojekten war<br />

nicht davon ausgegangen worden, dass die fotografische<br />

Information der Glasplatten-Negative 1:1 <strong>in</strong> digitale Daten<br />

übertragen werden sollte. Diese Maximal-Forderung hätte<br />

aus Kostengründen das Aus für das Projekt bedeutet<br />

und es wäre wohl alles so geblieben wie es war – der<br />

Glasplattenbestand wäre eigentlich unbenutzbar unter<br />

se<strong>in</strong>en zerstörerischen Archivierungsbed<strong>in</strong>gungen verblieben.<br />

Parallel zu den Qualitätsanforderungen im Fotoarchiv<br />

der Landesstelle wurde auch hier die M<strong>in</strong>destgröße<br />

e<strong>in</strong>es digitalen Bildes als druckfähige Vorlage <strong>in</strong><br />

den Maßen 13 x 18 cm (bei 300 dpi) def<strong>in</strong>iert. Denn diese<br />

Bildgröße hat sich für alle Publikationen der Landesstelle<br />

ebenso wie für die Aufgaben der Öffentlichkeitsarbeit und<br />

Fortbildung als ausreichend erwiesen. Zugleich ermöglicht<br />

diese Bildgröße aber auch e<strong>in</strong>e h<strong>in</strong>reichende Auflösung<br />

der Details zur Beurteilung des Dargestellten.<br />

Selbstverständlich bef<strong>in</strong>det sich auf e<strong>in</strong>er 18 x 24 cm<br />

großen Glasnegativplatte mehr an fotografischer Information,<br />

vor allem wenn sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er qualitativ erstklassigen


FOTOGRAFIE 37<br />

Kollodiumnegativ (ca. 1890)<br />

a) im Auflicht seitenverkehrt aufgenommen. Das weißliche Kollodiumnegativ<br />

zeigt starke Schäden im Randbereich und ist fast<br />

bis zur Unkenntlichkeit verblasst<br />

b) im Durchlicht seitenverkehrt digital fotografiert. Hier zeigt<br />

sich, dass die – wenn auch verblasste – Filmschicht noch differenzierte<br />

fotografische Information enthält<br />

c) im Computer seitenrichtig als Positiv dargestellt sowie im<br />

Tonwertumfang <strong>in</strong> der Gradation korrigiert<br />

Großformat-Plattenkamera belichtet wurde. Daher sollte<br />

die Digitalisierung unbed<strong>in</strong>gt mit e<strong>in</strong>er Verbesserung der<br />

Archivierungsbed<strong>in</strong>gungen der „Orig<strong>in</strong>ale“ e<strong>in</strong>hergehen,<br />

damit der Verfallsprozess der Fotoschichten zum<strong>in</strong>dest<br />

verlangsamt wird. Die weiter unten beschriebene Pflege<br />

bzw. Migration der digitalen Bilddaten vorausgesetzt und<br />

im Rahmen des Obengesagten wird durch die digitale<br />

Erfassung die „Bild<strong>in</strong>formation“ sozusagen <strong>in</strong> ihrem<br />

jetzigen Zustand „bewahrt“, kann jedoch, falls erwünscht,<br />

mit der entsprechenden Bildverarbeitungssoftware weitgehend<br />

<strong>in</strong> ihrem „orig<strong>in</strong>alen“ Tonwertumfang rekonstruiert<br />

werden.<br />

Bei e<strong>in</strong>er Digitalisierung von Glasplatten-Negativen <strong>in</strong><br />

büroüblichen Flachbettscannern entstehen durch die Betriebshitze<br />

Schädigungen der Fotobeschichtung. Daneben<br />

ließ der Zeitaufwand von 5-10 M<strong>in</strong>uten pro Scan (<strong>in</strong><br />

der Stunde s<strong>in</strong>d also nur ca. acht Platten zu schaffen) uns<br />

andere Wege suchen. H<strong>in</strong>zu kommt, dass die Fotoschicht<br />

auf vielen Glasplatten-Negativen besonders am Rand nur<br />

mehr sehr locker haftet und oftmals bereits schollenartig<br />

absteht. Das heißt, dass diese Stellen sehr druckempf<strong>in</strong>dlich<br />

s<strong>in</strong>d. Wenn e<strong>in</strong>e solche Platte mit der Schicht nach<br />

unten <strong>in</strong> die Durchlichte<strong>in</strong>heit e<strong>in</strong>es Flachbettscanners<br />

e<strong>in</strong>gelegt wird „erdrückt“ bereits das Eigengewicht der<br />

Glasplatte an den Auflageflächen die lose abstehende Fotoschicht,<br />

was zur Ablösung führt. Zur Hitzeempf<strong>in</strong>dlichkeit<br />

kommt also häufig e<strong>in</strong>e extreme Druckempf<strong>in</strong>dlichkeit<br />

h<strong>in</strong>zu. Was mit solch lockeren Schichten – ohne vorherige<br />

aufwändige Festigung – <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Vakuumkontakt-Kopiergerät<br />

passiert, kann man sich im Übrigen leicht ausmalen.<br />

Technische und personelle Voraussetzungen<br />

E<strong>in</strong> Weg zur hitze- und druckbelastungsfreien Digitalisierung,<br />

die auch stark gefährdete Glasplattennegative nicht<br />

weiter schädigt, eröffnete sich mit der Entwicklung der<br />

digitalen Fotografie. Die im Frühjahr 2001 auf den Markt<br />

gekommenen und nicht mehr nur für Presseagenturen<br />

bezahlbaren 3 Millionen-Pixel-Digitalkameras erfüllten die<br />

a<br />

b<br />

c


38<br />

Digital reproduzierter, stark verblasster Orig<strong>in</strong>al-Album<strong>in</strong>abzug<br />

von Mittenwalds oberem Markt. Foto um 1875 des Kgl. Bayer.<br />

Hofphotographen Bernhard Johannes<br />

Unten: Nach automatischer Tonwertkorrektur und Schärfung mit<br />

der Bildbearbeitungssoftware Photoshop. Deutlich ist nun die<br />

Postkutsche Richtung München vor dem Gasthof Zur Post wieder<br />

zu erkennen<br />

Qualitätsstandards der Landesstelle an Bildgröße und<br />

Auflösung (adäquat zum Kle<strong>in</strong>bild). E<strong>in</strong> Normkaltlicht-<br />

Leuchttisch mit e<strong>in</strong>fachem Reprostativ war ebenso wie<br />

das professionelle Bildverarbeitungsprogramm „Photoshop“<br />

auf e<strong>in</strong>em h<strong>in</strong>reichend dimensionierten Computer<br />

(128 MB Arbeitsspeicher und 7 GB Festplatte) im Hause<br />

vorhanden und e<strong>in</strong>e Bilddatenbank wurde <strong>in</strong> den letzten<br />

Jahren am Fotoarchiv der Landesstelle aufgebaut.<br />

In Kurzform beschrieben, legten wir e<strong>in</strong> Glasplattennegativ<br />

e<strong>in</strong>fach mit der Fotoschicht nach oben (!) auf e<strong>in</strong>en<br />

Kaltlichtleuchttisch und fotografierten es digital. Anschließend<br />

wurde das so erzeugte digitale Bild im Computer<br />

ohne sichtbare „Verluste“ seitenrichtig gestellt und zum<br />

Positiv umgerechnet. Damit erzeugt man e<strong>in</strong>en Datensatz,<br />

den man mit dem T<strong>in</strong>tenstrahldrucker als Bild ausdrucken,<br />

ganz klassisch als Foto ausbelichten lassen<br />

oder <strong>in</strong> jede Bilddatenbank onl<strong>in</strong>e oder offl<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>stellen<br />

kann. Selbstverständlich s<strong>in</strong>d für die Durchführung des<br />

Verfahrens fotografische Grundkenntnisse erforderlich,<br />

ebenso Kenntnisse <strong>in</strong> Bildbearbeitung und Bildverwaltung<br />

am Computer, die man sich aber, wenn man ke<strong>in</strong><br />

ganz blutiger Anfänger ist – zum<strong>in</strong>dest bis zu e<strong>in</strong>er gewissen<br />

Grundstufe relativ schnell aneignen kann. Auch<br />

zeigte sich, dass e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>gespieltes Team von zwei Personen<br />

e<strong>in</strong> äußerst effizientes und flottes Vorgehen erlaubt.<br />

Mit der im Folgenden beschriebenen Vorgehensweise<br />

und den erwähnten Geräten wurde e<strong>in</strong>e Lösung erarbeitet,<br />

die mit vorhandenen Mitteln und Personal kostengünstig<br />

die fotografische Information der empf<strong>in</strong>dlichen Glasnegative<br />

des Fotoarchivs der Landesstelle und des Archivs<br />

für Hausforschung der Bayerischen Akademie der<br />

Wissenschaften wieder verfügbar machte. Das Digitalisierungsprojekt<br />

wurde <strong>in</strong>sgesamt im veranschlagten Rahmen<br />

von Zeit wie Kosten durchgeführt und kann h<strong>in</strong>sichtlich<br />

se<strong>in</strong>es Ergebnisses <strong>in</strong> jeder H<strong>in</strong>sicht als gelungen bezeichnet<br />

werden.<br />

Vorgehensweise<br />

FOTOGRAFIE<br />

Die Digitalisierung erfolgte mit der Digitalkamera Nikon<br />

Coolpix 995 <strong>in</strong> Programmautomatik im Schwarz-Weiß-<br />

Modus mit 2.048 x 1.536 Pixel im JPEG-Format (Komprimierung<br />

Normal, ca. 700 KB Dateigröße pro Bild) im<br />

Durchlichtverfahren vom Reprostativ aus. Im Schwarz-<br />

Weiß-Modus als Graustufenbild aufgenommene, digitale<br />

Bilder belegen <strong>in</strong> der Kamera zwar denselben Speicherplatz<br />

wie Farbfotos, besitzen aber e<strong>in</strong>e höhere Detailauflösung.<br />

Wegen des deutlich ger<strong>in</strong>geren Speicherbedarfs<br />

wurden ke<strong>in</strong>e unkomprimierten TIFF-Bilder (pro Bild ca.<br />

9.000 KB Dateigröße), sondern komprimierte JPEG-Bilder<br />

aufgenommen. Denn die von e<strong>in</strong>er 3-Millionen-Pixel-<br />

Digitalkamera erzeugten JPEGs (e<strong>in</strong> Dateiformat aus e<strong>in</strong>em<br />

verlustbehafteten Komprimierungsverfahren zur Reduzierung<br />

der jeweiligen Dateigröße und damit des<br />

benötigten Speicherplatzes) s<strong>in</strong>d qualitativ so gut, dass<br />

sie anschließend ohne weiteres bis zu 18 x 24 cm Größe<br />

bei 300 dpi Auflösung „aufgeblasen“ (bikubisch <strong>in</strong>terpoliert)<br />

werden können: E<strong>in</strong> sichtbarer Verlust an Bild<strong>in</strong>formation<br />

tritt bei dieser Komprimierungsstufe und Größe<br />

noch nicht auf.


FOTOGRAFIE 39<br />

Selbstverständlich existieren von anderen Herstellern<br />

Geräte, mit denen dies wohl <strong>in</strong> gleicher Weise gelungen<br />

wäre. Die Erwähnung e<strong>in</strong>es Fabrikates darf also nicht als<br />

ausschließlich und damit als e<strong>in</strong>seitige „Werbung“ missverstanden<br />

werden. Dies gilt <strong>in</strong>sbesondere für die hier<br />

erwähnte Digitalkamera des Herstellers Nikon. Gleichwohl<br />

sollte beachtet werden, dass zu e<strong>in</strong>er qualitätsvollen<br />

fotografischen Digitalisierung von Glasplattennegativen<br />

nicht nur e<strong>in</strong>e hohe Güte des Objektives gehört, sondern<br />

auch die guten Mess- und E<strong>in</strong>stellmöglichkeiten e<strong>in</strong>er<br />

Kamera hohen Anteil haben.<br />

Als Lichtquelle diente e<strong>in</strong> Normkaltlicht-Leuchttisch (Just<br />

CM 5000/DM, Daylight). Hierbei wurde die Glasplatte mit<br />

der Schicht nach oben auf dem Leuchttisch digital fotografiert<br />

– also ohne jede Wärme- und Druckbelastung.<br />

Um Überstrahlungen zu vermeiden, wurde die Leuchttischfläche<br />

mit e<strong>in</strong>er die jeweilige Glasplattengröße freilassenden<br />

schwarzen Kartonmaske abgedeckt. Die Belichtung<br />

erfolgte bei 1/8 bis 1/30 Sekunde bei mittlerer<br />

Blendenöffnung und adäquat zu 100 ASA Empf<strong>in</strong>dlichkeit.<br />

Die so erzielte Tiefenschärfe bewirkte, dass selbst<br />

schollenartig abstehende Teile der Fotoschicht scharf abgebildet<br />

wurden. Die automatische Matrixmessung dieser<br />

Kamera über 256 Felder bewirkt e<strong>in</strong>e außergewöhnlich<br />

präzise, <strong>in</strong>dividuelle Messung jeden Negatives, ebenso<br />

wie die automatische Messung von Helligkeit und Kontrast,<br />

welche <strong>in</strong> der Regel zu e<strong>in</strong>er hervorragenden Abbildung<br />

der <strong>in</strong>dividuellen Dichte- bzw. Gradationsverhältnisse<br />

führt.<br />

Die so entstandene, seitenverkehrte Negativaufnahme<br />

wurde dann im Computer (Bildbearbeitungsprogramm<br />

Photoshop 5.5) als Date<strong>in</strong>ame mit der Negativnummer<br />

bezeichnet, gruppenweise über Makrobefehlsketten (unter<br />

automatischer Stapelverarbeitung: „Aktionen“) <strong>in</strong> e<strong>in</strong><br />

seitenrichtiges Positiv umgewandelt und e<strong>in</strong>erseits als<br />

„rohes“, unkorrigiertes JPEG-Bild <strong>in</strong> höchster Qualität auf<br />

CD gesichert (CDs sollten nicht auf der „bedruckten“<br />

Schichtseite beschriftet oder beklebt sowie lichtgeschützt<br />

gelagert werden). Andererseits wurde das „Roh“-<br />

Positivbild <strong>in</strong> Photoshop über Makrobefehlsketten (unter<br />

Stapelverarbeitung: „Aktionen“) automatisch im Tonwert<br />

korrigiert und geschärft (unscharf maskieren: Radius 0,2,<br />

Stärke 250) sowie ebenfalls als JPEG <strong>in</strong> höchster Qualität<br />

gespeichert. Bei gut 98% aller Bilder führte diese Korrektur<br />

zu e<strong>in</strong>er weitgehenden Rekonstruktion ihrer Gradation,<br />

d. h. ihres wohl ehemals vorhandenen Tonwertumfanges.<br />

Dies bewirkt, dass auch „verblasste“ Bilder ihren<br />

vollen Gradationsumfang an hellen und dunklen Partien<br />

wiedererlangen – mit teilweise verblüffend guten Ergebnissen,<br />

wodurch <strong>in</strong> viele Bilder wieder Plastizität und Tiefe<br />

zurückkehrt.<br />

Gelat<strong>in</strong>enegativ von Mittenwalds oberem Markt um 1910. Mit der<br />

Software Photoshop seitenrichtig und zum Positiv umgerechnet<br />

sowie im Tonwert korrigiert<br />

Für das Archiv für Hausforschung der bayerischen Akademie<br />

der Wissenschaften wurden aus diesen korrigierten<br />

Bilddaten zusätzlich im Fotogroßlabor für ca. 0,50 €<br />

je e<strong>in</strong> Fotoabzug 13 x 18 cm (auf Fujicolor Crystal Paper)<br />

im Graustufenmodus ausbelichtet. Im Preis <strong>in</strong>begriffen<br />

war hierbei der rückseitige Aufdruck des Date<strong>in</strong>amens,<br />

also der Negativnummer des jeweiligen Glasplattennegatives.<br />

Das Foto-Positiv wurde mit lösemittelfreiem Cellulosekleber<br />

auf e<strong>in</strong>en, mit der jeweiligen Negativnummer<br />

bedruckten Archivkarton aufgeklebt und diese nach<br />

Negativnummern sortiert <strong>in</strong> Archiv-Ordnern abgeheftet.<br />

Die so erzeugten Foto-Positivabzüge s<strong>in</strong>d zu weiten Teilen<br />

von e<strong>in</strong>er Güte, die sich durchaus mit der e<strong>in</strong>es guten<br />

Handabzuges vergleichen lässt.<br />

Aus den gleichen korrigierten Bilddaten wurden ebenfalls<br />

über Makrobefehlsketten (Photoshop, unter automatischer<br />

Stapelverarbeitung: „Aktionen“) sogenannte Anschaubilder<br />

<strong>in</strong> der Höhe von 518 Pixel (die Breite der<br />

Quer- bzw. Hochformate ergibt sich dann von alle<strong>in</strong>e) bei<br />

e<strong>in</strong>er Auflösung von 72 dpi (Bildschirmauflösung) und als<br />

JPEG mittlerer Kompressionstufe (7-8) erzeugt. Hierdurch<br />

entstanden Bilddateien von nur etwa 70 KB Speicherplatzbedarf.<br />

Diese Bildgröße und Auflösung reicht ohne<br />

weiteres aus, um die Aufnahme e<strong>in</strong>es Gebäudes oder<br />

Kunstwerks mit genügend Details am Computerbildschirm<br />

beurteilen zu können, um etwa e<strong>in</strong> Motiv zu identifizieren<br />

oder e<strong>in</strong>e Auswahl von Bildern zusammenzustellen.<br />

Die benötigte Rechenzeit zur Erzeugung von etwa<br />

600 Anschaubildern betrug <strong>in</strong> etwa e<strong>in</strong>e Stunde. Diese<br />

Anschaubilder wurden mit Angaben zu Ort, Motiv, Zeit<br />

und Fotograf (soweit bekannt) über ihren Date<strong>in</strong>amen ei-


40<br />

Gelat<strong>in</strong>enegativ e<strong>in</strong>er oberbayerischen Familie vor ihrem Anwesen,<br />

um 1910. Im Durchlicht mit der Schicht nach oben, also ohne<br />

Hitze- und Druckbelastung seitenverkehrt digital fotografiert,<br />

im Computer seitenrichtig gestellt,<br />

im Computer zum seitenrichtigen Positiv umgerechnet und im<br />

Tonwert korrigiert. Im Offsetdruck ist es leider nicht möglich, die<br />

so wieder sichtbar gemachten, fe<strong>in</strong>en Tonwertabstufungen <strong>in</strong><br />

ihrem ganzen Umfang darzustellen<br />

nerseits <strong>in</strong> die Bilddatenbank der Landesstelle e<strong>in</strong>gefügt,<br />

andererseits ebenfalls auf CD gesichert. Durch Duplizierung<br />

dieser Computer-Anschaubilder auf CD (Brennzeit<br />

etwa 10 M<strong>in</strong>uten, Materialkosten ca. 1-2 €) konnten nun<br />

die etwa 600 Glasplattennegative des Archivs für Hausforschung<br />

anderen Forschern kostengünstig und unter<br />

Schonung des Orig<strong>in</strong>albestandes zur Verfügung gestellt<br />

werden, wodurch die Identifizierung des großteils noch<br />

unbekannten Dargestellten hoffentlich im Laufe der Zeit<br />

möglich wird. Die gleichen Anschaubilder werden auch<br />

im geplanten Intranet der Landestelle und – wohl bis<br />

Ende 2002 – wie schon erwähnt im Internetauftritt<br />

des Fotoarchivs der Landestelle zu betrachten se<strong>in</strong><br />

(www.museen-<strong>in</strong>-bayern.de).<br />

Zur Archivierung von Glasplatten-Negativen<br />

Nie vergessen sollte man, dass die Negative die eigentlichen<br />

„Orig<strong>in</strong>ale“ darstellen, und wenn sich schon ke<strong>in</strong>e<br />

optimale Restaurierung und Konservierung f<strong>in</strong>anzieren<br />

lässt, dann gilt es zum<strong>in</strong>dest pragmatisch den weiteren<br />

Verfall zu verlangsamen, also die M<strong>in</strong>destforderung nach<br />

e<strong>in</strong>er präventiven Konservierung zu stellen. 3 Im Fotoarchiv<br />

der Landesstelle wurden transparent-matte, hoch verdichtete<br />

Polyethylen-Hüllen (P.A.T gestestet, luftdurchlässig<br />

und chlor-, schwefel-, säure- und weichmacherfrei, Fa.<br />

Light-Impressions Rochester NY, USA) verwendet. Ihre<br />

Handhabung ist sehr e<strong>in</strong>fach, sie lassen sich mit e<strong>in</strong>em<br />

speziellen Archivschreiber gut beschriften und vor allem<br />

kann man durch die Durchsichtigkeit der Hüllen auch ohne<br />

Auspacken beurteilen, ob man die richtige Glasplatte <strong>in</strong><br />

Händen hält, bzw. sogar mit der Lupe auf dem Leuchttisch<br />

e<strong>in</strong> Detail überprüfen. Die ebenfalls empfehlenswerten<br />

speziellen Glasplattenumschläge aus ungepuffertem Archivpapier<br />

ermöglichen dies ohne Auspacken nicht – und<br />

Pergam<strong>in</strong>tüten, die es <strong>in</strong>zwischen auch <strong>in</strong> archivgerechter<br />

Ausführung gibt, s<strong>in</strong>d nach wie vor leider nur „halbdurchsichtig“.<br />

Die so neu verpackten und beschrifteten Glasplatten<br />

wurden dann zu je 25 (auf jeden Fall sehr locker)<br />

stehend im Querformat <strong>in</strong> speziellen Glasplattenschachteln<br />

gelagert. Diese sollten aus säurefreiem, zum<strong>in</strong>dest <strong>in</strong>nen<br />

ungepuffertem Archivkarton se<strong>in</strong> – wie sie von etlichen<br />

Herstellern angeboten werden. An Kosten e<strong>in</strong>er adäquaten<br />

Archivierung kann man als Anhaltspunkt für Hülle<br />

und Schachtel bei e<strong>in</strong>er 13 x 18 cm großen Glasplatte von<br />

anteilig etwa 0,60 bis 0,80 € ausgehen.<br />

Datensicherung im digitalen Fotoarchiv<br />

FOTOGRAFIE<br />

Dass mit der Digitalisierung von Glasplatten-Negativen<br />

die Notwendigkeit der Betreuung und Sicherung der


FOTOGRAFIE 41<br />

digitalen Daten und damit e<strong>in</strong>es digitalen Fotoarchivs entsteht,<br />

darauf soll zum Schluss mit Nachdruck h<strong>in</strong>gewiesen<br />

werden. Damit verbunden ist nicht nur die Sorge um<br />

die heutige Verfügbarkeit der Bilddaten, sondern vor<br />

allem auch die zuküftige. Über die Problematik der Haltbarkeit<br />

von Datenträgern und der Migration von Datensätzen<br />

und damit ihrer zukünftigen Lesbarkeit kann man<br />

<strong>in</strong> allen e<strong>in</strong>schlägigen Fach- und Publikumszeitschriften<br />

jeden Monat neu „Erbauliches“ lesen. Während die Frage<br />

der Langzeit-Haltbarkeit von Daten auf CDs <strong>in</strong>zwischen<br />

ke<strong>in</strong>e Rolle mehr spielt, da sie ohneh<strong>in</strong> <strong>in</strong> fünf bis spätestens<br />

zehn Jahren auf neue Träger kopiert werden müssen,<br />

ist die zukünftige Migration der Bilddaten auf neue Hardund<br />

Softwarestandards auch bezüglich der Kosten die<br />

große Unbekannte. Da an der Landesstelle e<strong>in</strong> auch von<br />

den größten Foto- und Bildarchiven (unter anderem Foto-<br />

Marburg) verwendetes Datenformat zur Speicherung der<br />

Bilder Verwendung f<strong>in</strong>det, kann man durchaus begründet<br />

hoffen, dass e<strong>in</strong> funktionierendes und kostengünstiges<br />

Verfahren für die Datenmigration entwickelt werden wird.<br />

Resümee<br />

Durch die Digitalisierung von Fotografien besteht – die<br />

stete Pflege und Migration der Datensätze vorausgesetzt<br />

– erstmals die Möglichkeit, fotografische Information<br />

ohne weitere Verluste aufzubewahren. Inzwischen schaffen<br />

immer mehr <strong>Museen</strong> und Sammlungen Digitalkameras<br />

zur Dokumentation an. So könnte auch an kle<strong>in</strong>eren<br />

Institutionen die Methode der fotografischen Digitalisierung<br />

e<strong>in</strong>en Weg eröffnen, die Jahr für Jahr mehr und mehr<br />

verlorengehende, fotografische Information der Glasplatten-Negative<br />

als „bewegliche Denkmäler“ an die nächsten<br />

Generationen weiterzugeben.<br />

Markus Hundemer<br />

Anmerkungen<br />

1 Denkmalpflege Information 3/1987, S. 6<br />

2 vgl. Füßl, Wilhelm/Becker, Hans-Joachim: Sicherung und Erschließung<br />

historischer Glasplattenbestände zur Geschichte<br />

der Technik, Museum heute 20/2000, S. 52-55<br />

3 H<strong>in</strong>weise auf Archivbed<strong>in</strong>gungen und Archivmaterialien:<br />

Schmidt, Marjen: Fotografien <strong>in</strong> <strong>Museen</strong>, Archiven und Sammlungen<br />

(= MuseumsBauste<strong>in</strong>e 2), München 2 1995<br />

Literatur<br />

Photographie im Dienste der Denkmalpflege. Das Bildarchiv des<br />

Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege: Aufbau und Erhaltung,<br />

Denkmalpflege Information, Ausgabe D 3/2, Juli 1987<br />

Schmidt, Marjen: Fotografien <strong>in</strong> <strong>Museen</strong>, Archiven und Sammlungen.<br />

Konservieren, Archivieren, Präsentieren (= Museums-<br />

Bauste<strong>in</strong>e 2), München 2 1995<br />

Fiedler, Stefan: Digitale Fotografie und Datenverwaltung, Grafische<br />

Sammlung Albert<strong>in</strong>a Wien, <strong>in</strong>: Rundbrief Fotografie N.F.<br />

23/1999, S. 25-26<br />

Hitzenberger, Inge/Sitt<strong>in</strong>ger, Alfons: Die Fotosammlung Gollwitzer<br />

<strong>in</strong> Arnstorf. E<strong>in</strong> Arbeitsbericht, <strong>in</strong>: Museum heute 17/1999,<br />

S. 45-50<br />

Füßl, Wilhelm/Becker, Hans-Joachim: Sicherung und Erschließung<br />

historischer Glasplattenbestände zur Geschichte der Technik,<br />

<strong>in</strong>: Museum heute 20/2000, S. 52-55<br />

Weber, Hartmut/Maier, Gerald (Hrsg.): Digitale Archive und<br />

Bibliotheken: Neue Zugangsmöglichkeiten und Nutzungsqualitäten,<br />

Stuttgart 2000<br />

Gemmeke, Claudia/John, Hartmut/Krämer, Arnold (Hgg.): Euphorie<br />

digital? Aspekte der Wissensvermittlung <strong>in</strong> Kunst, Kultur<br />

und Technologie, Bielefeld 2001<br />

Schneider, Sigrid: Fotografie und neue Medien, <strong>in</strong>: Rundbrief<br />

Fotografie N.F. 31, Vol. 8, No. 3, 2001, S. 41-46;<br />

Digitalisierung von Archivmaterial, <strong>in</strong>: Restauro 5/2001, S. 351<br />

Held, Laura: Handbuch für DigitalisiererInnen (Rezension), <strong>in</strong>: Informationen<br />

zu Kunst, Museum und Bibliothek news, Jahrgang<br />

7/2001, Heft 3, S. 45-46<br />

Pfenn<strong>in</strong>ger, Kathryn: Bildarchiv digital, Hrsg. Landesstelle für<br />

Museumsbetreuung Baden-Württemberg <strong>in</strong> Zusammenarbeit<br />

mit dem Museumsverband Baden-Württemberg e.V., Stuttgart<br />

2001<br />

Digitale Fotografie <strong>in</strong> der musealen Dokumentation. Jahrestreffen<br />

der Leiter und MitarbeiterInnen der bayerischen Freilichtmuseen,<br />

München 12.11.2001, <strong>in</strong>: Museum heute 22/2001,<br />

S. 29-31<br />

Lupprian, Karl-Ernst: E<strong>in</strong> Archiv für 1000 Jahre? Wege zu e<strong>in</strong>er<br />

dauerhaften Archivierung digitaler Unterlagen, <strong>in</strong>: EDV-Tage<br />

Theuern 2001, hrsg. Haus der Bayerischen Geschichte, Generaldirektion<br />

der Staatlichen Archive <strong>Bayern</strong>s, Landesstelle für die<br />

nichtstaatlichen <strong>Museen</strong>, Bergbau- und Industriemuseum Ostbayern,<br />

Kümmersbruck 2002, S. 59-62


42<br />

BÜCHER RUND UM DIE FOTOGRAFIE<br />

ZUM VIERTEN UND SICHER NICHT LETZTEN MAL:<br />

NEUAUFLAGE DER „FAUSTREGELN FÜR DIE FOTO-<br />

ARCHIVIERUNG“<br />

Zum Klassiker s<strong>in</strong>d sie <strong>in</strong>zwischen schon geworden: Die<br />

„Faustregeln für die Fotoarchivierung“, als Sonderheft<br />

des Rundbriefs Fotografie herausgegeben von der<br />

Arbeitsgruppe „Fotografie im Museum“ des Museumsverbands<br />

Baden-Württemberg <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit<br />

der Sektion Geschichte und Archive der Deutschen Gesellschaft<br />

für Photographie und dem Sächsischen Museumsbund.<br />

Alle<strong>in</strong> schon die Aufmachung – jetzt e<strong>in</strong><br />

praktisch-kle<strong>in</strong>formatiges R<strong>in</strong>gbuch – und Umfang – jetzt<br />

gegenüber der letzten Auflage von 1997 von 80 auf 126<br />

<strong>Seiten</strong> angewachsen – zeigen, dass es sich bei der Neuausgabe<br />

nicht nur um e<strong>in</strong> Facelift<strong>in</strong>g handelt, sondern<br />

dass e<strong>in</strong> komplett runderneuertes und wesentlich erweitertes<br />

Arbeitsmittel vor uns liegt.<br />

Im allgeme<strong>in</strong>en Teil mit Schwerpunkten wie „Grundsätzliches“,<br />

„Klima & Licht“, „Schank“, „Schachtel“ oder<br />

„hantieren“ hat sich an der Form e<strong>in</strong>er Checkliste mit Notizmöglichkeit<br />

und am apodiktischen Tonfall, <strong>in</strong> welchem<br />

dem Leser e<strong>in</strong>geschärft wird, was er zu nutzen und zu<br />

vermeiden hat, auf den ersten Blick seit früheren Ausgaben<br />

pr<strong>in</strong>zipiell wenig verändert, und sogar im letzten Heft<br />

bereits veraltete Literaturangaben (Marjen Schmidts wegweisendes<br />

Buch „Fotografien <strong>in</strong> <strong>Museen</strong>, Archiven und<br />

Sammlungen“ wurde 1995 aktualisiert neu aufgelegt)<br />

wurden wieder übernommen. Bei näherem H<strong>in</strong>sehen<br />

zeigt sich aber, dass wesentliche <strong>in</strong>haltliche Erweiterungen<br />

bei den jetzt 125 Faustregeln stattgefunden haben<br />

und dabei nicht zuletzt auch virulente Themen wie Duplizieren<br />

durch E<strong>in</strong>scannen oder der E<strong>in</strong>satz von Digitalcameras<br />

berücksichtigt s<strong>in</strong>d.<br />

Die wesentliche Verbesserung stellt aber der Anhang dar.<br />

Tabellen von der Term<strong>in</strong>ologie von Digitaldrucksystemen<br />

über empfohlene Temperatur- und Luftfeuchte- oder<br />

maximale Beleuchtungswerte <strong>in</strong>formieren <strong>in</strong> übersichtlicher<br />

Form über Grundsätzliches. Normen, Literatur und<br />

Internet-L<strong>in</strong>ks wurden zusammengetragen und überregionale<br />

und regionale Verbände und Arbeitsgruppen<br />

aufgelistet. Neu und besonders hilfreich ist e<strong>in</strong>e Adressliste<br />

von freiberuflichen und angestellten Fotorestauratoren<br />

mit ihren jeweiligen Arbeitsschwerpunkten. E<strong>in</strong><br />

umfangreiches Lieferantenverzeichnis e<strong>in</strong>schlägiger Produkte<br />

und e<strong>in</strong> Register runden den Band ab.<br />

Fazit: Wer e<strong>in</strong>e frühere Ausgabe der „Faustregeln“ besitzt,<br />

sollte diese schnellstens entsorgen und die Neuausgabe<br />

bestellen, um wieder auf dem Laufenden zu se<strong>in</strong><br />

und nicht wichtige Informationen zu verpassen. Wer mit<br />

der Archivierung von Fotografien zu tun hat und die<br />

Faustregeln noch nicht se<strong>in</strong> Eigen nennt, kommt am Bezug<br />

ohneh<strong>in</strong> kaum vorbei, denn die Tipps und weiterführenden<br />

H<strong>in</strong>weise des R<strong>in</strong>gbuchs s<strong>in</strong>d weit mehr wert<br />

als se<strong>in</strong> Preis.<br />

Wolfgang Stäbler<br />

Dobrussk<strong>in</strong>, Sebastian u. a.: Faustregeln für die Fotoarchivierung<br />

(= Rundbrief Fotografie, Sonderheft 1), Essl<strong>in</strong>gen<br />

4 2001, ISSN 0945-0327; Bezug bei FOTOTEXT Verlags-<br />

und Redaktionsbüro Wolfgang Jaworek, Liststr. 7 B,<br />

70180 Stuttgart, Fax 0711/609024, E-Mail w.jaworek@<br />

fototext.s.shuttle.de, Internet www.foto.unibas.ch/~rundbrief<br />

BILDARCHIV DIGITAL<br />

FOTOGRAFIE<br />

Das von Kathryn Pfenn<strong>in</strong>ger erarbeitete 84seitige Handbuch<br />

„Bildarchiv Digital“ erschien zeit- und <strong>in</strong>haltsgleich<br />

als Museumsmagaz<strong>in</strong> 8 der Landesstelle für Museumsbetreuung<br />

Baden-Württemberg und als Sonderheft 7 von<br />

Rundbrief Fotografie. Das klar strukturierte Buch gibt<br />

knapp und präzise e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> die Problematik der<br />

digitalen Bilderwelt und <strong>in</strong> die notwendigen Vorüberlegungen<br />

bei Planung und Durchführung bei der Digitalisierung<br />

von Fotoarchiven. Insbesondere die ersten Kapitel<br />

über die vor e<strong>in</strong>er Digitalisierungsmaßnahme abzuklärenden<br />

Punkte, wie Bestandssichtung, Zielformulierung und<br />

Auswahl e<strong>in</strong>er Datenbank können jedem, der sich mit diesem<br />

Thema befassen will oder muss, nur wärmstens<br />

empfohlen werden.<br />

Die Angaben des Kapitels 16 (S. 54ff.) zu den „Technischen<br />

Voraussetzungen für die Digitalisierung“ s<strong>in</strong>d<br />

schon nach zwei Jahren so veraltet, dass man dieses<br />

Kapitel e<strong>in</strong>fach als „historisch“ betrachten sollte. Denn erzeugt<br />

man zum Beispiel nicht gerade 100 MB pro Bild, so<br />

ist die Größe der standardmäßig (Frühsommer 2002) ausgelieferten<br />

Festplattenspeicher auf Laptops mit 20 GB für<br />

e<strong>in</strong>e Tagesproduktion wohl leicht ausreichend. So kann<br />

der Rezensent neben <strong>in</strong>zwischen veralteten technischen<br />

Leistungsmerkmalen auch nur an e<strong>in</strong>er Stelle e<strong>in</strong>e ergänzende<br />

Korrektur anmerken (S. 45): Ke<strong>in</strong>eswegs muss e<strong>in</strong><br />

<strong>in</strong> Graustufen abgespeichertes Bild immer um zwei Drittel<br />

weniger Speicherplatz benötigen als e<strong>in</strong> <strong>in</strong> Farbe (RGB)<br />

abgespeichertes identisches Bild. E<strong>in</strong> durch Scannen erzeugtes<br />

Graustufenbild kann um zwei Drittel kle<strong>in</strong>er se<strong>in</strong><br />

als e<strong>in</strong> farbiges Bild, da im Farbbild für jedes Pixel die<br />

dreifache Menge an Information gespeichert werden<br />

muss (jeweils anteilig für Rot, Gelb und Blau). E<strong>in</strong> mit bestimmten<br />

Digitalkameras (z. B. Nikon Coolpix 995 oder<br />

5000) aufgenommenes Graustufenbild benötigt jedoch


FOTOGRAFIE 43<br />

den gleichen Speicherplatz wie e<strong>in</strong> Farbbild, da hier <strong>in</strong> jeder<br />

der drei „Farben“ (also Lichtwellenlängen) je e<strong>in</strong> Graustufenbild<br />

erzeugt und rechnerisch übere<strong>in</strong>andergelegt<br />

wird. Durch diesen „Trick“ erreichen die mit e<strong>in</strong>er Digitalkamera<br />

aufgenommenen Graustufenbilder e<strong>in</strong>e höhere<br />

Detailauflösung und ihre fe<strong>in</strong>e Tonwertabstufung.<br />

Neben dieser Marg<strong>in</strong>alie darf als Resümee jedoch festgehalten<br />

werden: „Bildarchiv digital“ ist als verständlich<br />

geschriebene E<strong>in</strong>führung und zum Nachschlagen bei E<strong>in</strong>zelfragen<br />

das zur Zeit Beste was es im deutschsprachigen<br />

Raum zu diesem Thema gibt.<br />

Markus Hundemer<br />

Kathryn Pfenn<strong>in</strong>ger: Bildarchiv digital. Mit e<strong>in</strong>em Vorwort<br />

von Thomas Rosemann, Hrsg. Landesstelle für Museumsbetreuung<br />

Baden Württemberg <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit<br />

dem Museumsverband Baden-Württemberg e. V., Stuttgart<br />

2001, ISBN 3-8062-1572-3; zugleich: Rundbrief<br />

Fotografie. Sammeln – Bewahren – Erschließen – Vermitteln,<br />

Sonderheft 7, Stuttgart 2001, ISSN 0945-0327<br />

DER RAUMBILD-VERLAG OTTO SCHÖNSTEIN<br />

E<strong>in</strong> Beitrag zur Geschichte der Stereoskopie<br />

Stereofotografien ermöglichten es schon seit Mitte des<br />

19. Jahrhunderts, etwa <strong>in</strong> Panoramen auf Jahrmärkten<br />

oder mit eigenen Betrachtungsgeräten Bilder mit e<strong>in</strong>em<br />

räumlichen E<strong>in</strong>druck zu erzeugen. Bei den Stereoaufnahmen<br />

handelt es sich um zwei vom gleichen Standort, aber<br />

mit etwas unterschiedlichem Blickw<strong>in</strong>kel aufgenommene<br />

Fotos, die nebene<strong>in</strong>ander präsentiert beim Betrachten<br />

durch e<strong>in</strong>e spezielle Optik e<strong>in</strong>en dreidimensionalen E<strong>in</strong>druck<br />

des Motivs entstehen lassen. Spezialisierte Verlage<br />

vertrieben vor allem zwischen den letzten Jahren des<br />

19. Jahrhunderts bis <strong>in</strong> die 1950er Jahre Fotoserien, die<br />

z. B. „plastische“ Städteansichten boten.<br />

Abbildungen rechts:<br />

Reit im W<strong>in</strong>kl 1927 (Foto: Otto Schönste<strong>in</strong>)<br />

Goebbels auf dem Reichsparteitag <strong>in</strong> Nürnberg 1937; wie bei<br />

den folgenden Abbildungen hier nur e<strong>in</strong> Teil der zweiteiligen<br />

Stereoaufnahme (Foto: Hugo Jäger)<br />

Münchner Oktoberfest 1938 (Foto Dr. Walter Tröller)


44<br />

Ausstellung „Entartete Kunst“, München 1937 (Foto: Hugo<br />

Jäger)<br />

E<strong>in</strong>er dieser Verlage war der „Raumbild-Verlag Otto<br />

Schönste<strong>in</strong>“. 1932 gegründet, war er zunächst <strong>in</strong> Dießen<br />

am Ammersee tätig. Später wurde der Hitler-Fotograf<br />

He<strong>in</strong>rich Hoffmann Gesellschafter und der Verlag siedelte<br />

nach München über, um schließlich kurz vor Ende des<br />

Sport <strong>in</strong> den Bayerischen Flugzeugmotorenwerken Regensburg,<br />

1939 (Foto Dr. Walter Tröller)<br />

FOTOGRAFIE<br />

Ausgebombte Obdachlose <strong>in</strong> München, Sommer 1944 (Foto:<br />

Kurt Schraudenbach)<br />

Zweiten Weltkriegs als „kriegswichtig“ nach Oberaudorf<br />

am Inn ausgelagert zu werden. Schönste<strong>in</strong> betrieb hier<br />

den Verlag bis zu se<strong>in</strong>em Tod 1958. Das Verlagsarchiv –<br />

rund 30.000 Aufnahmen – erwarb 1986 das Deutsche<br />

Historische Museum <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>.<br />

Diesem bedeutenden Nachlass des bayerischen Fotografen<br />

widmet sich Heft 27 des Magaz<strong>in</strong>s des DHM. Der<br />

Stereoskopie-Spezialist Dieter Lorenz stellt dar<strong>in</strong> se<strong>in</strong>e<br />

Ergebnisse bei der Erforschung der Verlagsgeschichte<br />

vor, beschäftigt sich mit den Techniken und nennt Verlagsprodukte,<br />

von der Zeitschrift „Das Raumbild“ über<br />

Bände wie „Venedig – e<strong>in</strong> Raumerlebnis“ h<strong>in</strong> zu Propagandabänden<br />

über die Reichsparteitage <strong>in</strong> Nürnberg,<br />

„Deutsche Gaue“ oder „Die nationalsozialistischen Musterbetriebe“.<br />

Von besonderem Interesse ist e<strong>in</strong>e Auswahl von Stereoaufnahmen,<br />

welche die Vielschichtigkeit der behandelten<br />

Themen zeigt und das Stereobild auch als vorzügliche<br />

Quelle für zeitgeschichtliche Recherchen ausweist.<br />

Wolfgang Stäbler<br />

Dieter Lorenz: Der Raumbild-Verlag Otto Schönste<strong>in</strong>. Zur<br />

Geschichte der Stereoskopie, Magaz<strong>in</strong>, Mitteilungen des<br />

Deutschen Historischen Museums 27/2001; Bezug: DHM,<br />

Unter den L<strong>in</strong>den 2, 10117 Berl<strong>in</strong>, Internet www.dhm.de/<br />

publikationen


BERICHTE/AKTUELLES 45<br />

CHAOS ODER DOGMA? AUF DEM WEG ZU EINEM<br />

GLOBALEN ETHIK-BEGRIFF<br />

Vortrag des Generalsekretärs von ICOM,<br />

Manus Br<strong>in</strong>kman, bei der Jahrestagung des DMB <strong>in</strong><br />

Nürnberg, 6.5.2002<br />

Vor e<strong>in</strong>iger Zeit brach <strong>in</strong> den Niederlanden e<strong>in</strong> heftiger<br />

Streit um e<strong>in</strong>en Eskimo aus Grönland aus. Der war nämlich<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Ausstellung unter dem Titel „Menschliche<br />

Überreste <strong>in</strong> holländischen <strong>Museen</strong>“ gezeigt worden,<br />

während Grönlands Premierm<strong>in</strong>ister die Rückgabe an das<br />

Herkunftsland forderte. Zwei ethische Fragen stellten sich<br />

hier: Sollten die menschlichen Überreste überhaupt<br />

ausgestellt werden? Und – zweitens – sollte der Forderung<br />

des Herkunftslands nach Rückgabe Folge geleistet<br />

werden?<br />

Die Ausstellung menschlicher Überreste ist e<strong>in</strong>e heikle<br />

Angelegenheit. Viele <strong>Museen</strong> stellen Skelette, Schädel,<br />

Mumien und dergleichen aus, woran bisher nie Anstand<br />

genommen worden ist. Aber die Zeiten ändern sich. In<br />

den ICOM Kodex der Berufsethik wurde vor kurzem e<strong>in</strong><br />

neuer Absatz über menschliche Überreste aufgenommen,<br />

<strong>in</strong> dem es heißt: „Zuweilen kann es notwendig se<strong>in</strong>,<br />

menschliche Überreste und anderes heikles Material aus<br />

didaktischen Gründen <strong>in</strong> Ausstellungen zu verwenden;<br />

dies hat jedoch wegen der allen Menschen eigenen Menschenwürde<br />

taktvoll und mit E<strong>in</strong>fühlungsvermögen zu<br />

erfolgen.“ Und: „In demselben S<strong>in</strong>ne ist auf Forderungen,<br />

menschliche Überreste oder sakrale Objekte aus Ausstellungen<br />

zu entfernen, schnell und respektvoll zu reagieren.“<br />

Zu der Rückgabe an das Herkunftsland heißt es<br />

weiter: „Rückgabeforderungen ist mit derselben E<strong>in</strong>stellung<br />

zu begegnen. Jedes Museum sollte im voraus<br />

schriftlich festlegen, wie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em solchen Fall genau zu<br />

verfahren ist.“<br />

Dieses Beispiel zeigt, dass auch für das Museumswesen<br />

e<strong>in</strong>e berufsethische Richtschnur erforderlich ist. Es würde<br />

sicherlich ke<strong>in</strong>en guten E<strong>in</strong>druck machen, wenn e<strong>in</strong>ige<br />

<strong>Museen</strong> mit menschlichen Überresten sehr taktvoll, andere<br />

dagegen völlig skrupellos umg<strong>in</strong>gen. <strong>Museen</strong> schulden<br />

der Öffentlichkeit, die sie über Steuern und E<strong>in</strong>tritte<br />

f<strong>in</strong>anziert, klare Verhaltensregeln <strong>in</strong> sensiblen Fragen.<br />

Dieses Beispiel zeigt aber auch, dass ethisches Verhalten<br />

ke<strong>in</strong> zeitloses Konzept ist. <strong>Museen</strong> müssen sich zwar<br />

an die Grundsätze halten, die von dem Geme<strong>in</strong>wesen,<br />

<strong>in</strong> das sie e<strong>in</strong>gebettet s<strong>in</strong>d, hoch gehalten werden. Doch<br />

zuweilen sollten sie den Mut aufbr<strong>in</strong>gen, bei der Weiterentwicklung<br />

dieser Grundsätze e<strong>in</strong>e Vorreiterrolle zu<br />

spielen.<br />

Womit es allerd<strong>in</strong>gs bei e<strong>in</strong>em berufsethischen Kodex<br />

stets hapert, ist die Umsetzung und die Durchsetzung<br />

der Regeln. Mit e<strong>in</strong> paar Zeilen im ICOM-Kodex ist<br />

das Problem des Museumsleiters <strong>in</strong> den Niederlanden<br />

natürlich noch längst nicht gelöst, denn was er sehr taktvoll<br />

f<strong>in</strong>den mag, kann anderen als genau das Gegenteil<br />

ersche<strong>in</strong>en.<br />

Ich möchte hier nicht länger beim ICOM Kodex der Berufsethik<br />

verweilen. Er steht <strong>in</strong> gedruckter Form zur Verfügung<br />

und wurde auch auf unserer Homepage <strong>in</strong>s Internet<br />

e<strong>in</strong>gestellt. Er ist ebenfalls <strong>in</strong>s Deutsche übersetzt<br />

worden und soll wohl <strong>in</strong> Kürze neu aufgelegt werden.<br />

Statt dessen möchte ich etwas mehr auf die Herausforderung<br />

e<strong>in</strong>gehen, welche die Erarbeitung e<strong>in</strong>es weltweit<br />

akzeptierten ethischen Regelwerks darstellt – denn diese<br />

Herausforderung ist gewaltig!<br />

Zunächst gilt es nämlich, allen Beteiligten zu der E<strong>in</strong>sicht<br />

zu verhelfen, dass e<strong>in</strong> solches Regelwerk überhaupt notwendig<br />

ist. Sodann muss man sich des ständigen Wandels<br />

der Ethik im Zuge der Zeit und quer durch die Kulturen<br />

bewusst werden. Und schließlich müssen die Regeln<br />

von allen bejaht und zum<strong>in</strong>dest bis zu e<strong>in</strong>em gewissen<br />

Grad auch durchgesetzt werden.<br />

Weltweite Akzeptanz ethischer Grundsätze ist nun aber<br />

nur sehr schwer erreichbar. Deshalb muß das Risiko e<strong>in</strong>er<br />

Dogmatisierung allzu zentral fixierter Pr<strong>in</strong>zipien gegen<br />

das Risiko des totalen Chaos wegen zu weitgehender Dezentralisierung<br />

und damit ständiger Relativierung, mit der<br />

letztlich jeder tun und lassen kann, was er will, sorgfältig<br />

abgewogen werden.<br />

Kommen wir zurück zu den drei oben genannten Aspekten:<br />

1. Das Gebot, uns unserer Verantwortung der Öffentlichkeit<br />

gegenüber zu stellen;<br />

2. die Entwicklung der Ethik;<br />

3. die Schwäche der Ethik.<br />

1. Die berufliche Tätigkeit im Museumswesen lässt sich<br />

unter verschiedenen Gesichtspunkten def<strong>in</strong>ieren: als die<br />

Kunst des Restaurators zum Beispiel, oder als die Dokumentationsarbeit,<br />

die bestimmten Standards entsprechen<br />

muss, oder aber als die gründlichen Recherchen, die<br />

e<strong>in</strong>er Ausstellung vorangehen und hohen Qualitätsansprüchen<br />

genügen müssen.<br />

Damit ist jedoch der Def<strong>in</strong>itionsbedarf noch nicht erschöpft.<br />

Zu bestimmen ist auch, was wir mit den <strong>Museen</strong><br />

erreichen wollen, warum sie von gesellschaftlicher Bedeutung<br />

s<strong>in</strong>d und was uns mite<strong>in</strong>ander verb<strong>in</strong>det. Hier<br />

wird die Ethik zum Angelpunkt der Betrachtungen, denn<br />

die Überreste des besagten Eskimos (den ich lieber als<br />

Inuit bezeichnen möchte) können noch so gut konserviert,<br />

nach den Regeln der Kunst dokumentiert und sorgfältigst<br />

erforscht worden se<strong>in</strong>. Die Frage, ob sie ausgestellt<br />

und vom Museum behalten werden dürfen oder<br />

zurückgegeben werden müssen, ist damit nicht beantwortet.<br />

Richtschnur <strong>in</strong> Fragen der Sammlung und der<br />

Herausgabe von Exponaten kann nur die Ethik se<strong>in</strong>.


46<br />

2. Ethik wandelt sich im Zuge der Zeit und quer durch die<br />

Kulturen. Vor noch nicht allzu langer Zeit ereiferte sich<br />

niemand über die Ausstellung menschlicher Überreste, ja<br />

nicht e<strong>in</strong>mal über die Zurschaustellung missgestalteter<br />

Menschen. Auch nahm niemand Anstand daran, wenn<br />

Kulturgüter aus fernen Erdteilen ohne die Zustimmung<br />

der e<strong>in</strong>heimischen Bevölkerung <strong>in</strong> europäische <strong>Museen</strong><br />

verbracht wurden. Und was wir heute als korrekt empf<strong>in</strong>den,<br />

mag im nächsten Jahrhundert völlig <strong>in</strong>akzeptabel<br />

se<strong>in</strong>. Außerdem können wir uns durch die technische Entwicklung<br />

veranlasst sehen, neue berufsethische Konzepte<br />

zu entwickeln. Dafür braucht man zum Beispiel nur<br />

an die Erhaltung virtueller Sammlungen zu denken.<br />

Selbst <strong>in</strong> der heutigen Zeit ist die Auffassung von Ethik<br />

weltweit nicht dieselbe. So ist die Ethik der Restaurierung<br />

<strong>in</strong> Asien nicht unbed<strong>in</strong>gt dieselbe wie <strong>in</strong> Europa. Während<br />

wir hierzulande e<strong>in</strong>e möglichst diskrete Restaurierung für<br />

richtig halten, kann <strong>in</strong> manchen Teilen Asiens mit der Restauration<br />

des „Konzepts e<strong>in</strong>es Gegenstands“ e<strong>in</strong>e regelrechte<br />

Rekonstruktion geme<strong>in</strong>t se<strong>in</strong>. In engem Zusammenhang<br />

damit steht das Problem der Kopien. E<strong>in</strong>ige der<br />

Skulpturen, die man <strong>in</strong> Florenz f<strong>in</strong>det, s<strong>in</strong>d Kopien. So ist<br />

Michelangelos David vor dem Palazzo Signoria e<strong>in</strong>e<br />

Kopie. Das Orig<strong>in</strong>al wurde im Inneren des Palastes aufgestellt.<br />

Ist das ethisch vertretbar? Ja, würden viele erwidern,<br />

denn so wird das Orig<strong>in</strong>al vor umweltbed<strong>in</strong>gten<br />

Schäden geschützt. Andere würden die Frage dagegen<br />

verne<strong>in</strong>en mit der Begründung, dass e<strong>in</strong>e Kopie eben<br />

e<strong>in</strong>e Kopie und nicht das echte Kunstwerk ist und sich<br />

Florenz mit dieser Entscheidung um e<strong>in</strong> wichtiges kulturelles<br />

Wahrzeichen gebracht und sich gleichzeitig an der<br />

Authentizität und historischen Wahrheit versündigt hat.<br />

E<strong>in</strong> anderes Beispiel gar nicht weit von hier entfernt ist<br />

das Museum von Germer<strong>in</strong>g, das, wie ich gehört habe,<br />

Kopien se<strong>in</strong>er Kunstwerke an verschiedenen Stellen <strong>in</strong><br />

der Stadt für alle zugänglich aufgestellt hat. Da diese Initiative<br />

e<strong>in</strong>em pädagogischen Zweck dient und Orig<strong>in</strong>ale<br />

hierfür wegen des Risikos nicht <strong>in</strong> Frage kommen, wird<br />

wohl niemand daran Anstand nehmen. Aber würde das<br />

auch für die Bamyan Buddhas <strong>in</strong> Afghanistan gelten?<br />

E<strong>in</strong>ige me<strong>in</strong>en, man solle Kopien dort aufstellen, wo die<br />

Buddhas e<strong>in</strong>st standen, woh<strong>in</strong>gegen andere etwas derartiges<br />

ablehnen, weil die Orig<strong>in</strong>ale nun e<strong>in</strong>mal für immer<br />

verloren s<strong>in</strong>d. Ethik ist also oft Ansichtssache, gestützt<br />

auf Überzeugungen, die von allen oder vielen geteilt werden.<br />

Ethik ist nichts Absolutes, nichts Unveränderliches.<br />

Deshalb ist e<strong>in</strong> weltweiter Kodex der Berufsethik e<strong>in</strong>e<br />

große Leistung, auf die ICOM stolz se<strong>in</strong> kann. Um von<br />

Bestand zu se<strong>in</strong>, muss dieser Kodex jedoch regelmäßig<br />

überarbeitet werden, was e<strong>in</strong>e unablässige dynamische<br />

BERICHTE/AKTUELLES<br />

Ause<strong>in</strong>andersetzung mit den verschiedensten kulturellen<br />

Kreisen voraussetzt. Dies ist die schwierige Aufgabe unseres<br />

Ethikkomitees. E<strong>in</strong>e revidierte Fassung des Kodex<br />

wurde bei der ICOM-Generalversammlung <strong>in</strong> Barcelona<br />

im Juli 2001 verabschiedet. Die nächste Revision ist für<br />

das Jahr 2004 vorgesehen.<br />

Auch muss die Ethik des e<strong>in</strong>zelnen von der des Museums<br />

als Institution unterschieden werden. Diesen Aspekt behandelt<br />

der ICOM-Kodex unter dem Titel „Professionelles<br />

Verhalten und persönliche Verantwortung“, wo es heißt:<br />

„Die Mitarbeit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em öffentlich oder privat f<strong>in</strong>anzierten<br />

Museum ist e<strong>in</strong>e verantwortungsvolle Tätigkeit, die Vertrauenswürdigkeit<br />

voraussetzt.“ 1<br />

Die <strong>in</strong>dividuelle Ethik kann sich sehr wohl von der öffentlichen<br />

unterscheiden. Der Verband der <strong>Museen</strong> des Vere<strong>in</strong>igten<br />

Königreichs bekennt sich zu sieben Pr<strong>in</strong>zipien des<br />

öffentlichen Lebens, u. a. zur Objektivität, was für öffentliche<br />

Amtsträger bedeutet, dass sie Dritte nur auf Grund<br />

ihrer Qualifikation selber dienstverpflichten oder an andere<br />

weiterempfehlen dürfen. 2 Ich kenne viele Menschen,<br />

die es für ethischer halten würden, e<strong>in</strong>em Freund zu<br />

helfen als den objektiv geeignetsten Bewerber e<strong>in</strong>zustellen.<br />

Kulturelle Faktoren spielen hierbei ebenfalls e<strong>in</strong>e<br />

gewisse Rolle, wie Sie feststellen werden, wenn Sie Menschen<br />

aus aller Welt mit folgendem Dilemma konfrontieren:<br />

Sie und Ihr Ehemann (oder Ihre Ehefrau) fahren mit 80<br />

Stundenkilometern gegen e<strong>in</strong>en Laternenmast. Die Polizei<br />

fragt Sie, wie schnell Sie gefahren s<strong>in</strong>d. Sie wissen,<br />

dass höchstens 50 Stundenkilometer erlaubt s<strong>in</strong>d. Ihr<br />

Mann, der am Steuer sitzt, antwortet denn auch „50“.<br />

Dann stellt die Polizei Ihnen dieselbe Frage. Wofür werden<br />

Sie sich entscheiden? Für die Ethik der Solidarität mit<br />

Ihrem Mann oder für die Ethik der Objektivität?<br />

Und nun dieselbe Situation, aber diesmal kommt e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d<br />

bei dem Unfall ums Leben. Ich kann Ihnen versichern,<br />

dass Sie sehr unterschiedliche Antworten je nach der kulturellen<br />

Prägung Ihres Gegenüber erhalten werden.<br />

Aber selbst wenn alles relativ ist, brauchen wir gewisse<br />

Standards, weltweite Standards. Deshalb ist es so wichtig,<br />

dass ICOM die <strong>Museen</strong> als „geme<strong>in</strong>nützige, permanente<br />

E<strong>in</strong>richtungen im Dienste der Gesellschaft“ def<strong>in</strong>iert.<br />

Im Dienste der Gesellschaft, das ist das Wesentliche,<br />

das Fundament aller im Kodex enthaltenen berufsethischen<br />

Regeln. Wir stehen im Dienste der Gesellschaft<br />

und s<strong>in</strong>d ihr Rechenschaft schuldig über unser Tun und<br />

Lassen. Das bedeutet, dass wir unsere persönlichen Interessen<br />

h<strong>in</strong>tansetzen müssen. In der E<strong>in</strong>leitung zum<br />

Ethikkodex der amerikanischen <strong>Museen</strong> heibt es, dass<br />

trotz aller Unterschiede zwischen uns etwas uns allen ge-


BERICHTE/AKTUELLES 47<br />

me<strong>in</strong>sam ist, nämlich unser Bekenntnis zum Dienst an der<br />

Öffentlichkeit, der jetzigen wie der künftigen. 3<br />

Dieses Verantwortungsbewusstse<strong>in</strong> ist von größter Bedeutung.<br />

So sollte z. B. jedes Museum se<strong>in</strong>e Politik im<br />

H<strong>in</strong>blick auf Sammlungen und Neuerwerbungen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

für die Öffentlichkeit zugänglichen Dokument fixieren.<br />

(Aber welches von Ihren <strong>Museen</strong> hat das getan? Sie brauchen<br />

nicht die Hand zu heben!) E<strong>in</strong> solches Schriftstück<br />

ist wichtig für Schenkungen und Leihgaben, aber auch<br />

ganz e<strong>in</strong>fach zur Verdeutlichung unseres eigenen Selbstverständnisses.<br />

Hier noch e<strong>in</strong> anderes Beispiel: Als das amerikanische<br />

naturgeschichtliche Museum vor zwei Jahren se<strong>in</strong> neues<br />

Planetarium eröffnete, räumte es dem Willamette Meteoriten,<br />

e<strong>in</strong>em 15 Tonnen schweren Geste<strong>in</strong>sbrocken, der<br />

vor mehr als 10.000 Jahren auf der Erde e<strong>in</strong>schlug, den<br />

absoluten Ehrenplatz e<strong>in</strong>. Heute weist der Meteorit an der<br />

Oberfläche e<strong>in</strong>e glatte Stelle auf, die entstand, als die Kuratoren<br />

des Museums e<strong>in</strong> 13 Kilo schweres Geste<strong>in</strong>sstück<br />

abtrennten, um es bei e<strong>in</strong>em privaten Sammler gegen<br />

e<strong>in</strong>e halbe Unze Mars e<strong>in</strong>zutauschen. Marsmeteoriten<br />

s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e Seltenheit und werten folglich die Sammlung<br />

e<strong>in</strong>es Museums auf. Derselbe Sammler erlöste z. B.<br />

vor kurzem 11.000 US$ bei e<strong>in</strong>er Versteigerung für e<strong>in</strong><br />

kle<strong>in</strong>es Stück dieses Marsmeteoriten. Wie der wissenschaftliche<br />

Leiter des amerikanischen naturgeschichtlichen<br />

Museums sagte, ist es seit langem üblich, kle<strong>in</strong>e<br />

Stücke von Meteoriten abzutrennen und bei privaten<br />

Sammlern gegen neue seltene Meteoriten e<strong>in</strong>zutauschen.<br />

Diese Praxis, so me<strong>in</strong>te er, diene letztlich e<strong>in</strong>em wissenschaftlichen<br />

Zweck.<br />

Nun aber sehen die Clackamas, e<strong>in</strong> Indianerstamm des<br />

Staates Oregon, <strong>in</strong> dem Meteoriten die spirituelle Vere<strong>in</strong>igung<br />

von Himmel, Erde und Wasser. Sie forderten deshalb<br />

se<strong>in</strong>e Rückgabe, e<strong>in</strong>igten sich <strong>in</strong>dessen letztlich mit<br />

dem Museum darauf, dab der Meteorit <strong>in</strong> New York verbleibt,<br />

die Stammesmitglieder jedoch e<strong>in</strong>mal jährlich dort<br />

e<strong>in</strong>e Feier veranstalten dürfen. 5<br />

Bei diesem Beispiel stellen sich gleich drei ethische Fragen<br />

auf e<strong>in</strong>mal:<br />

– Darf e<strong>in</strong> Museum die physische Integrität e<strong>in</strong>es Exponats<br />

verletzen?<br />

– Darf e<strong>in</strong> Museum Exponate austauschen?<br />

– Durfte das Museum all dies tun ohne vorherige Rücksprache<br />

mit den Clackamas, denen es doch das Recht<br />

auf e<strong>in</strong>e Zeremonie zugesprochen hatte?<br />

In dem (revidierten) ICOM-Kodex heißt es, dass die<br />

Wahrung der kulturellen und physischen Integrität und<br />

Authentizität e<strong>in</strong>zelner Objekte und ganzer Sammlungen<br />

e<strong>in</strong> grundlegendes Gebot der Konservierungstätigkeit ist<br />

und dass dies für Objekte, die bestimmten Geme<strong>in</strong>wesen<br />

heilig s<strong>in</strong>d, auch die Achtung vor deren Kultur und Traditionen<br />

mit e<strong>in</strong>bezieht.<br />

Daraus ergibt sich e<strong>in</strong>deutig, daß der Meteorit hätte <strong>in</strong>takt<br />

bleiben und die Clackamas zum<strong>in</strong>dest hätten gefragt<br />

werden müssen. Aber muss e<strong>in</strong> 15 Tonnen schwerer Geste<strong>in</strong>sbrocken<br />

wirklich unbed<strong>in</strong>gt <strong>in</strong>takt bleiben? Legen<br />

wir hier tatsächlich dieselben Maßstäbe an wie an e<strong>in</strong><br />

D<strong>in</strong>osaurierskelett?<br />

Zu der Veräußerungsproblematik heibt es im Kodex: „Der<br />

Erlös aus Veräußerungen von Objekten e<strong>in</strong>er Sammlung<br />

sollte ausschließlich für die Aufwertung dieser Sammlung,<br />

d. h. im Normalfall für ihre Erweiterung verwendet<br />

werden.“ Also war doch alles <strong>in</strong> Ordnung. Aber im Kodex<br />

ist auch an verschiedenen Stellen von der Zurückhaltung<br />

die Rede, die sich <strong>Museen</strong> bei Veräußerungen auferlegen<br />

sollten. Nichtsdestoweniger me<strong>in</strong>t der wissenschaftliche<br />

Leiter, dass Veräußerungen bei naturhistorischen Sammlungen<br />

häufiger s<strong>in</strong>d als bei Kunstsammlungen. Aber<br />

stimmt das wirklich? Manches Museum <strong>in</strong> den Vere<strong>in</strong>igten<br />

Staaten hält es z. B. für völlig normal, e<strong>in</strong> Gemälde zu<br />

verkaufen, um e<strong>in</strong> sehr viel besseres erwerben zu können,<br />

genauso wie e<strong>in</strong> Stück Meteorit gegen e<strong>in</strong> anderes getauscht<br />

wird. Indessen er<strong>in</strong>nere ich mich noch gut an die<br />

lange Debatte, die der Direktor des Museums der Modernen<br />

Kunst <strong>in</strong> Amsterdam, Rudi Fuchs, <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Land<br />

auslöste, als er e<strong>in</strong>en Picasso aus se<strong>in</strong>er Sammlung veräußern<br />

wollte, um e<strong>in</strong> Kunstwerk erwerben zu können,<br />

das besser <strong>in</strong> die Sammlung passte. E<strong>in</strong> solches Ans<strong>in</strong>nen<br />

wurde als skandalös bezeichnet angesichts des<br />

damals ganz besonders betonten ethischen Pr<strong>in</strong>zips der<br />

Integrität der Sammlung.<br />

Es lässt sich lange darüber streiten, wer recht hat und wer<br />

nicht. Für mich ist bereits e<strong>in</strong>iges gewonnen, wenn e<strong>in</strong><br />

Museum se<strong>in</strong>e Ziele im H<strong>in</strong>blick auf Sammlungen und<br />

Neuerwerbungen klar def<strong>in</strong>iert und schriftlich fixiert. In e<strong>in</strong>em<br />

solchen Dokument könnten dann auch gegebenenfalls<br />

triftige Gründe für eventuelle Ausnahmen von dem<br />

Gebot der Integrität bei bestimmten Objekten genannt<br />

werden. Dann brauchte man sich nicht mehr über E<strong>in</strong>zelfälle<br />

zu ereifern, sondern könnte sich bei der Debatte auf<br />

die grundsätzlicheren Fragen der Verwendung der Objekte<br />

<strong>in</strong> naturhistorischen Museum konzentrieren.<br />

Ich erwähnte bereits den Wandel der Ethik im Zuge der<br />

Zeit und die Herausforderungen der virtuellen Welt. Man<br />

braucht nur an die Integrität virtueller Kunstwerke zu denken.<br />

Und was tun, wenn die für das Kunstwerk erforder-


48<br />

liche Software obsolet geworden ist, der Plasmabildschirm,<br />

auf dem es abgebildet wird, nicht mehr hergestellt<br />

wird oder der Computer nicht ersetzt werden kann?<br />

Ist dann die Migration des Kunstwerkes auf neuere Softund<br />

Hardware mit entsprechend höherer Betriebsgeschw<strong>in</strong>digkeit<br />

und verbesserter Bildauflösung angesagt?<br />

Und das s<strong>in</strong>d nur e<strong>in</strong>ige wenige von tausend Fragen <strong>in</strong><br />

diesem Zusammenhang.<br />

In den ICOM-Satzungen ist die Def<strong>in</strong>ition der <strong>Museen</strong> dah<strong>in</strong>gehend<br />

erweitert worden, dass nun auch die Erleichterung<br />

der digitalen Kreativität ausdrücklich unter ihren<br />

Aufgaben genannt wird. 5 Diese kle<strong>in</strong>e Satzungsänderung<br />

wird ganz sicherlich auf die Dauer e<strong>in</strong>e große Anzahl mehr<br />

oder m<strong>in</strong>der e<strong>in</strong>schneidender Änderungen des berufsethischen<br />

Kodexes mit sich br<strong>in</strong>gen.<br />

3. E<strong>in</strong>e andere Herausforderung für ICOM ist die Umund<br />

Durchsetzung des Kodexes, dessen Postulate und<br />

Regeln ja von allen <strong>Museen</strong> mitgetragen werden müssen.<br />

Wenn e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelnes Museum gegen sie verstößt, sollte<br />

es verhältnismäßig leicht se<strong>in</strong>, es unter H<strong>in</strong>weis auf die<br />

Missbilligung durch die große Mehrheit der anderen <strong>Museen</strong><br />

zur Ordnung zu rufen und e<strong>in</strong>es Besseren zu belehren.<br />

Wenn sich dagegen e<strong>in</strong>e größere Gruppe über die<br />

Regeln h<strong>in</strong>wegsetzt, wird es schwierig. Man kann es da<br />

entweder mit der Nachhut ganz besonders starrköpfiger<br />

Museumsleiter zu tun haben oder aber mit der Vorhut<br />

von Vertretern e<strong>in</strong>er neuen Denkweise. So akzeptieren<br />

es heute viele <strong>Museen</strong> <strong>in</strong> Australien, dass sich ethnische<br />

Gruppen Objekte, die ihrer Kultur entstammen, für Zeremonien<br />

oder zu besonderen Anlässen ausleihen. Diese<br />

Praxis steht nicht ganz im E<strong>in</strong>klang mit der Verpflichtung<br />

zur Erhaltung und Sicherung der Objekte im Besitz der<br />

<strong>Museen</strong>, könnte aber sehr wohl <strong>in</strong> der Zukunft e<strong>in</strong>mal<br />

zu e<strong>in</strong>em eigenständigen ethischen Ziel ihrer Tätigkeit<br />

werden.<br />

E<strong>in</strong> besonders heißes Eisen ist die Aussonderung. Obgleich<br />

der Kodex hierfür recht viel Spielraum lässt, ist sie<br />

grundsätzlich nicht gerne gesehen, was allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong>e<br />

wachsende Anzahl von <strong>Museen</strong> nicht davon abhält, angesichts<br />

immer größerer Sammlungen und beengter<br />

räumlicher Verhältnisse weniger zögerlich zu Werke zu<br />

gehen.<br />

Welche Strafen drohen nun demjenigen, der nach e<strong>in</strong>helliger<br />

Auffassung gegen den Kodex verstößt? Offiziell<br />

ke<strong>in</strong>e, denn der Kodex ist e<strong>in</strong>e von allen <strong>Museen</strong> auf<br />

Grund ihres geme<strong>in</strong>samen Selbstverständnisses bejahte<br />

Selbstdiszipl<strong>in</strong> – nicht mehr und nicht weniger. Natürlich<br />

ist es möglich, e<strong>in</strong> ICOM-Mitglied auszuschließen, aber<br />

ich glaube kaum, dass diese Maßnahme sehr abschre-<br />

BERICHTE/AKTUELLES<br />

ckend wirkt. Allerd<strong>in</strong>gs könnte die gezielte Verbreitung<br />

der Information über e<strong>in</strong>e solche Maßnahme das betreffende<br />

Museum schon dazu veranlassen, das eigene Verhalten<br />

noch e<strong>in</strong>mal zu überdenken.<br />

Ethik ist e<strong>in</strong> schwieriges Kapitel und lässt uns <strong>in</strong> der Praxis<br />

immer wieder <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Dilemma geraten. So fühlte sich der<br />

Direktor des anfangs genannten niederländischen Museums<br />

angesichts der großen Anzahl menschlicher Überreste<br />

<strong>in</strong> <strong>Museen</strong> weltweit zu unrecht angegriffen und verstand<br />

nicht das Aufheben, das um die Rückgabe des Inuit<br />

an Grönland gemacht wurde, obgleich niemand e<strong>in</strong> Eigentumsrecht<br />

an dessen Überresten nachweisen kann.<br />

Müssen wir also das niederländische Museum von der<br />

ICOM-Mitgliederliste streichen, wenn se<strong>in</strong> Leiter<br />

beschließt, die Überreste nicht an Grönland zurückzugeben?<br />

Müssen wir dann auch den Louvre aus ICOM ausschließen?<br />

Denn unter den Exponaten e<strong>in</strong>er Ausstellung, die <strong>in</strong><br />

Erwartung e<strong>in</strong>es neuen, für 2004 erwarteten Museums im<br />

Louvre zu sehen ist, bef<strong>in</strong>den sich zwei Objekte der Nok-<br />

Kultur aus Nigeria. Diese beiden Objekte haben erhebliche<br />

Aufmerksamkeit erregt und e<strong>in</strong>e ausgesprochene<br />

Kontroverse <strong>in</strong> der französischen und <strong>in</strong>ternationalen<br />

Presse ausgelöst. Hat der berühmte französische Louvre<br />

tatsächlich illegal ausgeführte – oder sogar gestohlene –<br />

Objekte <strong>in</strong> se<strong>in</strong>e Ausstellung aufgenommen?<br />

ICOM hat zusammen mit afrikanischen, europäischen<br />

und nordamerikanischen Experten e<strong>in</strong>e Bestandsaufnahme<br />

der am stärksten gefährdeten Objekte afrikanischer<br />

Kultur durchgeführt. Dieses als Rote Liste bekannte<br />

Inventar, das vor allem das Bewusstse<strong>in</strong> für die Problematik<br />

schärfen soll, umfasst auch verschiedene Kategorien<br />

archäologischer Objekte <strong>in</strong> Afrika, die besonders<br />

diebstahl- bzw. plünderungsgefährdet und deshalb gesetzlich<br />

geschützt s<strong>in</strong>d und weder ausgeführt noch <strong>in</strong><br />

irgende<strong>in</strong>er Weise feilgeboten werden dürfen. Zu diesen<br />

Kategorien gehören u. a. die Komaland-Terrakotten aus<br />

Nordghana, die Faso-Ste<strong>in</strong>statuen aus dem Norden<br />

Burk<strong>in</strong>a Fasos und die Nok-Terrakotten aus Nigeria.<br />

Die Nok-Kultur kann bis <strong>in</strong>s neunte Jahrhundert v. Chr.<br />

zurückverfolgt werden und hat bis zum Ende des ersten<br />

Jahrtausends der christlichen Zeitrechnung ihre Spuren<br />

h<strong>in</strong>terlassen. Die Herkunft der Objekte im Besitz nigerianischer<br />

<strong>Museen</strong> ist wohl def<strong>in</strong>iert. Aber diese s<strong>in</strong>d<br />

nach den heute auf dem Kunstmarkt bef<strong>in</strong>dlichen Werken<br />

zu urteilen bei weitem nicht repräsentativ für diese<br />

Kultur. So verfügen die <strong>Museen</strong> über ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige heile<br />

Skulptur, während es derer viele auf dem Kunstmarkt<br />

gibt. Allerd<strong>in</strong>gs ist deren Identität und Herkunft nicht<br />

def<strong>in</strong>iert.


BERICHTE/AKTUELLES 49<br />

Das neue Museum „Quai Branly“ <strong>in</strong> Paris kaufte die Objekte<br />

1998 von e<strong>in</strong>em belgischen Kunsthändler für je<br />

360.000 US$ vorbehaltlich der Zustimmung der nigerianischen<br />

Regierung, um die der französische Staatspräsident<br />

bei se<strong>in</strong>em nigerianischen Amtskollegen ersuchte.<br />

Die Umstände, unter denen der Kauf zustande kam, bleiben<br />

<strong>in</strong>dessen dubios. Die Herkunft der besagten Objekte<br />

wurde nie mit der gebotenen Sorgfalt überprüft, aber<br />

auch Nigerias E<strong>in</strong>stellung zu diesen Fragen ist nicht immer<br />

e<strong>in</strong>deutig.<br />

Dank der Roten Liste konnte ICOM die beiden Nok-Objekte<br />

<strong>in</strong> der neuen Ausstellung im Louvre identifizieren<br />

und die Presse darauf aufmerksam machen. Selbst wenn<br />

es ICOM dabei vor allem um die so wichtige Aufklärungsarbeit<br />

g<strong>in</strong>g und natürlich nicht darum, ausgerechnet<br />

den Louvre an den Pranger zu stellen, wurde dieser<br />

scharf kritisiert. Der Kodex der Berufsethik lässt nun<br />

aber auch ke<strong>in</strong>en Zweifel darüber, dass Objekte dubioser<br />

Herkunft nicht erworben werden dürfen und solche, die<br />

illegal ausgeführt worden s<strong>in</strong>d, zurückgegeben werden<br />

müssen. Aber wer hat sich <strong>in</strong> diesem Fall etwas zu Schulden<br />

kommen lassen? Die Leitung des neuen Museums,<br />

weil sie den Kaufauftrag erteilte? Die französische Regierung,<br />

weil sie wusste, dass etwas nicht <strong>in</strong> Ordnung war<br />

und sich trotzdem nicht um Rückgabe der Objekte<br />

bemühte, ganz im Gegenteil? Oder der Louvre, weil er die<br />

Ausstellung dieser Objekte <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Räumlichkeiten zuließ?<br />

Ethische Fragen – schwierige Fragen.<br />

Für diejenigen, die den Ausgang der Nok-Episode kennen<br />

möchten, sei gesagt, dass das französische Kulturm<strong>in</strong>isterium<br />

die Objekte wieder an Nigeria übereignen wird, sie<br />

jedoch während e<strong>in</strong>es Zeitraums von 25 Jahren <strong>in</strong> Paris<br />

verbleiben. Nach Ablauf dieser Frist kann e<strong>in</strong>e eventuelle<br />

Verlängerung ausgehandelt werden.<br />

Die Bekämpfung des illegalen Handels durch die Aufnahme<br />

e<strong>in</strong>es neuen Paragraphen <strong>in</strong> den Kodex, der den Erwerb<br />

von Objekten, deren Herkunft nicht erwiesen ist, untersagt,<br />

gehört zu ICOMs größten Erfolgen. Die meisten<br />

<strong>Museen</strong> halten sich an diese Regel, obgleich es natürlich<br />

auch hier Ausnahmen gibt. Seltsamerweise wird der illegale<br />

Handel nicht im berufsethischen Kodex des Verbandes<br />

amerikanischer <strong>Museen</strong> erwähnt. Aber se<strong>in</strong> Kuratorenkomitee<br />

äußert sich zu diesem Kapitel noch ausführlicher<br />

als der ICOM-Kodex, <strong>in</strong>sofern als es h<strong>in</strong>zufügt: „Die<br />

Herkunft aller Objekte sollte recherchiert werden und<br />

muss so vollständig wie möglich dokumentiert werden.“<br />

Der Geist der Vorschriften ist <strong>in</strong>dessen im wesentlichen<br />

derselbe. Die berufsethischen Leitl<strong>in</strong>ien des Verbandes<br />

schreiben e<strong>in</strong>deutig vor, dass die legale Herkunft jedes<br />

Objektes ordnungsgemäß beurkundet se<strong>in</strong> muss. Der be-<br />

rufsethische Kodex der australischen <strong>Museen</strong> hat die Bestimmung<br />

über den illegalen Handel im vollen Wortlaut<br />

aus dem ICOM-Kodex übernommen. 6<br />

Der Kodex des amerikanischen Verbands ist nur vier <strong>Seiten</strong><br />

lang, aber se<strong>in</strong>e Komitees, wie das Kuratorenkomitee<br />

und das Registrars-Komitee haben ihre eigenen Kodices.<br />

H<strong>in</strong>zu kommt e<strong>in</strong> recht detailliertes Dokument unter dem<br />

Titel „Professional Practices <strong>in</strong> Art Museums“ des exklusiveren<br />

amerikanischen Verbands der Kunst-<strong>Museen</strong>. Die<br />

berufsethischen Leitl<strong>in</strong>ien des britischen Museumsverbandes<br />

bilden e<strong>in</strong> sehr umfangreiches Dokument. Alle<strong>in</strong><br />

das Kapitel über den Erwerb von Objekten ist 16 <strong>Seiten</strong><br />

lang. Außerdem beschäftigt der Verband e<strong>in</strong>en Mitarbeiter,<br />

der für alle Fragen der Berufsethik zuständig ist,<br />

Ratan Vaswani. E<strong>in</strong> so großer E<strong>in</strong>satz für die Berufsethik<br />

ist sehr verdienstvoll. Auch der Kanadische Museumsverband<br />

hat detaillierte berufsethische Leitl<strong>in</strong>ien, und dass<br />

der Deutsche Museumsbund ke<strong>in</strong>en eigenen Kodex hat,<br />

liegt sicherlich daran, dass er sich an den ICOM-Kodex<br />

hält, selbst wenn das nicht auf se<strong>in</strong>er Homepage vermerkt<br />

ist. Der niederländische Museumsverband befolgt<br />

den ICOM-Kodex, den er noch um e<strong>in</strong>ige Aspekte erweitert<br />

hat. Der australische Kodex umfasst 14 <strong>Seiten</strong>.<br />

Daneben f<strong>in</strong>det man noch e<strong>in</strong>e Reihe spezifischerer berufständischer<br />

Kodices, wie den der Archäologen, den es<br />

wohl auch <strong>in</strong> Deutschland gibt. Ich folgere daraus, dass<br />

sich mit Ausnahme e<strong>in</strong>iger größerer angelsächsischer<br />

Länder die meisten anderen an den ICOM-Kodex oder an<br />

e<strong>in</strong>en dieser spezifischen Kodices halten. ICOM hat<br />

grundsätzlich nichts gegen die Vielfalt derartiger Texte<br />

e<strong>in</strong>zuwenden. Es mag bestimmte Umstände <strong>in</strong> diesem<br />

oder jenem Land geben, die nach e<strong>in</strong>er entsprechend<br />

länderspezifischen Regelung verlangen. Aber manchmal<br />

habe ich auch den E<strong>in</strong>druck, dass <strong>in</strong> vielen Kapiteln dieser<br />

verschiedenen Kodices genau dasselbe steht, nur etwas<br />

anders ausgedrückt. Die Autoren dieser Texte s<strong>in</strong>d<br />

sicherlich davon überzeugt, dass der von ihnen gewählte<br />

Wortlaut präziser und besser durchdacht ist als der aller<br />

anderen. Indessen sollte man vielleicht doch zuweilen<br />

se<strong>in</strong>en Nationalstolz im Interesse e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>heitlichen Formulierung<br />

herunterschlucken und nur das Länder- oder<br />

Ortsspezifische h<strong>in</strong>zufügen.<br />

Das Wichtigste jedoch, was ich Ihnen heute mit auf den<br />

Weg geben möchte, ist die Aufforderung, sich Ihrer Verantwortung<br />

im Dienste der Öffentlichkeit voll bewusst zu<br />

se<strong>in</strong>, was natürlich nicht bedeutet, dass sich e<strong>in</strong> Museum<br />

der Mehrheit unterwerfen oder den größten geme<strong>in</strong>samen<br />

Nenner anstreben sollte. <strong>Museen</strong> haben e<strong>in</strong>e andere<br />

Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft, die ihnen das<br />

Leben nicht leichter macht, aber e<strong>in</strong>e überaus lohnende


50<br />

Aufgabe darstellt: „Sie müssen e<strong>in</strong> Forum für die Debatte<br />

großer ethischer Fragen unserer Gesellschaft abgeben,<br />

e<strong>in</strong>en ,sicheren Ort‘ für ,unsichere Ideen‘, wo <strong>in</strong> Gegenwart<br />

historischer Zeugen schwierige Probleme ruhig und<br />

besonnen erörtert werden können. <strong>Museen</strong> s<strong>in</strong>d am besten<br />

für diese Funktion gerüstet, da ihre Gelehrten und<br />

Kuratoren die komplexe Vergangenheit erforscht und<br />

Artefakte dieser Vergangenheit gesammelt haben, was<br />

sie dazu befähigt, die Öffentlichkeit mit objektiven Fakten<br />

und entsprechendem Anschauungsmaterial zu konfrontieren.<br />

Wir wollen den Menschen nicht sagen, was sie<br />

denken sollen, aber wir können ihnen das Verständnis der<br />

Sachverhalte, auf Grund derer sie dann vielleicht von sich<br />

aus umdenken werden, erleichtern.“ 7<br />

Anmerkungen<br />

Manus Br<strong>in</strong>kman<br />

1 Kodex der Berufsethik des International Council of Museums<br />

(ICOM), Paris 1996, S. 29<br />

2 Code of Ethics der Museums Association, Website: museumsassociation.org<br />

3 Code of Ethics for Museums, American Association of Museums<br />

2000, Website: aam-us.org<br />

4Zitat aus e<strong>in</strong>em Artikel von Chang Kenneth <strong>in</strong> der New York<br />

Times<br />

5ICOM-Satzungen, Website: icom.org<br />

6 Code of Ethics for Art, History and Science Museums, Website:<br />

museumsaustralia.org.au<br />

7ICOM News 1/2002/, Paris 2002, S. 7<br />

Dieser und alle weiteren Vorträge der Jahrestagung des<br />

Deutschen Museumsbundes werden <strong>in</strong> der nächsten<br />

Ausgabe der Reihe „Museumskunde“ veröffentlicht.<br />

BERICHTE/AKTUELLES<br />

MUSEUMSETHIK – DER VERSUCH EINER<br />

ANNÄHERUNG<br />

Jahrestagung des Deutschen Museumsbundes <strong>in</strong><br />

Nürnberg, 5.-8.5.2002<br />

Unter dem Thema „Museumsethik – Anspruch und Aufgabe<br />

der Museumsarbeit“ hatte der Deutsche Museumsbund<br />

für se<strong>in</strong>e diesjährige Mai-Tagung, die <strong>in</strong> Zusammenarbeit<br />

mit dem Verband der Restauratoren, dem Bundesverband<br />

Museumspädagogik sowie der Vere<strong>in</strong>igung der<br />

Landesdenkmalpfleger <strong>in</strong> der Bundesrepublik Deutschland<br />

durchgeführt wurde, aus Anlass des 150jährigen<br />

Bestehens des Germanischen Nationalmuseums nach<br />

Nürnberg e<strong>in</strong>geladen. Rund 250 Teilnehmer waren <strong>in</strong> die<br />

Frankenmetropole gekommen, um sich <strong>in</strong> Vorträgen und<br />

Diskussion mit dem schwierigen Thema ause<strong>in</strong>ander zu<br />

setzen, daneben aber auch die vielgestaltige, mit besuchenswerten<br />

Neuerungen aufwartende Museumslandschaft<br />

der Stadt zu besichtigen.<br />

Nach den Offizialia – Dr. Mart<strong>in</strong> Roth für den DMB, Kornelius<br />

Götz für den Verband der Restauratoren, Beatrix<br />

Commandeur für den Bundesverband Museumspädagogik,<br />

Dr. York Langenste<strong>in</strong> vertretend für den Bereich<br />

der Denkmalpflege und als Hausherr Prof. Dr. Ulrich<br />

Großmann – warnte DMB-Präsident Roth e<strong>in</strong>leitend vor<br />

der fortschreitenden Entstaatlichung des Kulturbereichs<br />

und wünschte den <strong>Museen</strong>, dass sie sich wieder mehr<br />

ihren eigentlichen Kernaufgaben widmen könnten.<br />

Als hörenswerter Aufgalopp rief nun der Journalist Hanno<br />

Rauterberg von der „Zeit“ den Versammelten „Musealisiert<br />

das Museum!“ zu und reflektierte „über den Wert<br />

und die Werte e<strong>in</strong>er großen Institution“. Er konstatierte<br />

wortspielend, Vergangenheit sei niemals so gegenwärtig<br />

wie heute gewesen, stellte e<strong>in</strong>er „Vergangenheitswut“<br />

den gleichzeitigen „Zukunftswahn“ gegenüber und<br />

sprach im H<strong>in</strong>blick auf die dramatischen Zuwachsraten<br />

der <strong>Museen</strong> von „Neu- und Altgier“. Das angestammte<br />

Selbstverständnis des Museums sei gegenwärtig <strong>in</strong> Gefahr,<br />

die Institution auf e<strong>in</strong>em Scheideweg zwischen Lustspielhaus<br />

und Weihetempel säkularer Erbauungstheologie.<br />

Rauterberg sieht Internet und andere moderne<br />

Medien mit ihrer Vermischung von Kopie und Orig<strong>in</strong>al als<br />

Gefahr für die <strong>Museen</strong>, die sich vor diesem H<strong>in</strong>tergrund<br />

nun auch nicht mehr auf die Authentizität als Wert an sich<br />

berufen könnten. Der eigentliche Pluspunkt des Museums<br />

besteht se<strong>in</strong>er Ansicht nach dar<strong>in</strong>, dass es ke<strong>in</strong>e fertigen<br />

Fakten bietet, sondern zum Fragen e<strong>in</strong>lädt: als Stätte der<br />

Selbstreflexion e<strong>in</strong>er Gesellschaft, die die Welt beschreibt,<br />

wie sie e<strong>in</strong>st war, wie sie anders hätte se<strong>in</strong><br />

können und wie sie <strong>in</strong> Zukunft se<strong>in</strong> könnte. Rauterbergs<br />

Vortragstitel „Musealisiert das Museum!“ ist letztlich der<br />

Aufruf zu e<strong>in</strong>er lernenden Wiederannäherung an den ursprünglichen<br />

Musenort.<br />

Nach diesem erfrischenden, eher flaneurhaften Beitrag<br />

nahm der Altmeister professoraler Schwerverständlich-


BERICHTE/AKTUELLES 51<br />

keit, der ehemalige Nürnberger Kulturdezernent Prof.<br />

Hubert Glaser, der Veranstaltung zunächst mit se<strong>in</strong>en Reflexionen<br />

zum gesellschaftlichen S<strong>in</strong>ngehalt des Musealen,<br />

die er <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie auf dem Schiller´schen Ästhetikbegriff<br />

aufbauend konstruierte, etwas den frischen<br />

W<strong>in</strong>d aus den Segeln. In medias res g<strong>in</strong>g es aber schließlich<br />

mit dem Vortrag des ICOM-Generalsekretärs Manus<br />

Br<strong>in</strong>kmann, der sich e<strong>in</strong>em globalen Ethik-Begriff im Museum<br />

zuwandte. An praktischen Beispielen – etwa den<br />

ethischen Fragen, die bei der Ausstellung menschlicher<br />

Überreste oder auch bei Sammlungsobjekten, die <strong>in</strong> lebendigen<br />

Kulten religiöse Bedeutung haben, auftauchen<br />

und die bis zur Deakzessionierung führen können und<br />

müssen – steckte er zum<strong>in</strong>dest Teile des Terra<strong>in</strong>s ab, um<br />

das sich die Tagung drehen sollte, das jedoch – soviel sei<br />

vorab verraten – von e<strong>in</strong>igen der nachfolgenden Referenten<br />

oft nicht recht getroffen, bestenfalls gestreift wurde.<br />

(Das Referat von Br<strong>in</strong>kmann f<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> diesem Heft auf<br />

S. 45 ff.).<br />

Dorothee Dennert vom Haus der Geschichte der BRD <strong>in</strong><br />

Bonn arbeitete <strong>in</strong> ihrem Beitrag für die Zunft der mitveranstaltenden<br />

Museumspädagogen den Bildungsauftrag<br />

der <strong>Museen</strong> heraus, der allerd<strong>in</strong>gs nur zu erfüllen sei,<br />

wenn er auf Erkenntnissen der Besucherforschung basiere.<br />

Sie führte durch verschiedene Bereiche der Teamarbeit<br />

<strong>in</strong> Vermittlung und Öffentlichkeitsarbeit bis h<strong>in</strong> zu<br />

Museumsshopartikeln und forderte von den <strong>Museen</strong> offene<br />

Kommunikationsstrukturen. <strong>Museen</strong> sollten sich als<br />

lernende Institutionen verstehen. Schließlich landete sie<br />

doch noch beim zentralen Punkt, der Aussage „Museums<br />

belong to everyone“ aus dem englischen Code of Ethics.<br />

Die Führungsspitze des Verbandes der Restauratoren,<br />

Präsident Kornelius Götz und Vizepräsident<strong>in</strong> Dr. Cornelia<br />

Weyer widmeten sich der Restaurierungsethik, wobei<br />

der historische Prozess h<strong>in</strong> zur M<strong>in</strong>imalisierung der E<strong>in</strong>griffe<br />

weiten Raum e<strong>in</strong>nahm – von Chr. Kösters Forderung<br />

an den Restaurator nach dem Verzicht eigenen gestalterischen<br />

Ausdrucks aus dem Jahr 1832 und Friedrich<br />

Lucanus´ Ruf nach Reversibilität der Maßnahmen (1827)<br />

bis Georg Dehios „konservieren statt restaurieren“ (1905).<br />

Aktuell war die Forderung nach der Def<strong>in</strong>ition von Restaurierungsstandards<br />

und der E<strong>in</strong>richtung e<strong>in</strong>er Schiedsstelle<br />

für ethische Fragen der Restaurierung, ähnlich, wie<br />

sie berufsständisch bei Ärzten existiert; nicht fehlen durfte<br />

das „ceterum censeo“, der Ruf nach dem Schutz der Berufsbezeichnung<br />

„Restaurator“. Die besondere Verantwortung<br />

der Restauratoren, wenn es darum geht, auch<br />

kontextuelle Bedeutungen jenseits der Materialität zu<br />

respektieren und <strong>in</strong> die Restaurierungsethik mit e<strong>in</strong>zubeziehen,<br />

legte Götz am Beispiel e<strong>in</strong>er Taschenuhr, die den<br />

Atombombenabwurf von Hiroshima beschädigt überstanden<br />

hatte, dar.<br />

Geschmacksverstärker soll man nur nutzen, wenn die eigentlichen<br />

Zutaten ke<strong>in</strong>en eigenen Geschmack haben –<br />

so das Resümee des Vortrags „Das Babuschka-Pr<strong>in</strong>zip<br />

oder das Exponat im Exponat“ des Gestalters HG Merz,<br />

das er am Beispiel des Zeppel<strong>in</strong>museums Friedrichshafen,<br />

des Rieskratermuseum Nördl<strong>in</strong>gen oder auch der<br />

Gedenkstätte KZ Sachsenhausen entwickelte. Mit Hilfe<br />

von Bilderfolgen stellte er Probleme und Wege e<strong>in</strong>er<br />

Symbiose zwischen Museum und dem unantastbaren<br />

Raumgefüge von Denkmälern, welche (allzu-)oft Sammlungen<br />

beherbergen, vor. Die zusammenfassende Diskussion<br />

problematisierte endlich den Ethikbegriff und die Differenzierung<br />

von Geschmacks- und ethischen Fragen,<br />

auch wurde nach der Verb<strong>in</strong>dung oder Abgrenzung zwischen<br />

– beruflicher – Moral der Museumsmitarbeiter und<br />

dem Anspruch e<strong>in</strong>er umfassenden Museumsethik gesucht.<br />

Leider blieb die klärende Def<strong>in</strong>ition, die man sich<br />

schon zu Beg<strong>in</strong>n der Veranstaltung gewünscht hätte, <strong>in</strong><br />

den Ansätzen stecken.<br />

Am nächsten Veranstaltungstag fragte Dr. Franz Sonnenberger,<br />

Direktor der <strong>Museen</strong> der Stadt Nürnberg, anhand<br />

se<strong>in</strong>er Erfahrungen bei der Neugestaltung der Nürnberger<br />

Museumslandschaft: „Brauchen wir e<strong>in</strong>e erweiterte Museumsethik?“<br />

Er er<strong>in</strong>nerte an die bei der ICOM Generalkonferenz<br />

2001 verabschiedete Neufassung des Code of<br />

Ethics, die etwa den sozialen Auftrag der <strong>Museen</strong> stärker<br />

betone. Es seien dennoch Zweifel angebracht, ob mit dieser<br />

Festschreibung e<strong>in</strong>es Grundkonsenses alle Felder der<br />

Museumsarbeit ausreichend abgedeckt werden könnten.<br />

Die <strong>Museen</strong> seien beispielsweise der Denkmalpflege, die<br />

klare Kompetenzen besitze, bei differierenden Auffassungen<br />

aufgrund fixer Wertekanons unterlegen. Deshalb sollte<br />

der Code of Ethics nicht alle<strong>in</strong> nach <strong>in</strong>nen diszipl<strong>in</strong>ieren,<br />

sondern auch Ansprüche nach außen manifestieren. Am<br />

Nürnberger Beispiel forderte Sonnenberger e<strong>in</strong> fest umrissenes<br />

Thema und tragende Ideen für <strong>Museen</strong>. Außerdem<br />

widmete er sich e<strong>in</strong>gehend Vermittlungsmethoden wie<br />

Dramolett oder M<strong>in</strong>ihörspiel, welche se<strong>in</strong>er Grundidee des<br />

Museums als historischem Theater erwachsen.<br />

Der virulenten Frage der Restitution von Museumsobjekten,<br />

vor allem von Erwerbungen der Jahre 1933-45, g<strong>in</strong>g<br />

Dr. Ute Haug von der Kunsthalle Hamburg nach. Es sei vor<br />

e<strong>in</strong>em Ankauf durch <strong>Museen</strong> von Objekten, die vor 1933<br />

entstanden seien, e<strong>in</strong> lückenloser Nachweis der Herkunft<br />

der Kunstwerke und vor allem der Umstände früherer Besitzerwechsel<br />

notwendig. Hier könne die Provenienzforschung<br />

vieles, aber nicht alles leisten und es stelle sich die<br />

Frage, ob es nicht zur Aufgabe für die anbietenden Händler<br />

gemacht werden könne, verpflichtend entsprechende<br />

Nachweise beizubr<strong>in</strong>gen. Als ideales Beispiel e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>vernehmlichen<br />

Rückübertragung von Museumsgut nannte


52<br />

Haug e<strong>in</strong> Thora-Schild des Jüdischen Museums Franken<br />

<strong>in</strong> Fürth, das 1990 als Schenkung <strong>in</strong>s Museum gelangt war.<br />

Wie sich herausstellte, stammte es aus der während der<br />

Nazizeit geplünderten Gunzenhausener Synagoge. Mit der<br />

<strong>in</strong> Amerika lebenden Familie der Vorbesitzer wurde nun<br />

vere<strong>in</strong>bart, dass das wertvolle Objekt als Dauerleihgabe im<br />

Museum verbleiben kann, allerd<strong>in</strong>gs zu besonderen Anlässen<br />

herausgegeben wird. Erstmals wird das Schild 2003 zu<br />

e<strong>in</strong>er Bar Mizwa-Feier nach New York gebracht werden.<br />

Die folgenden beiden Vorträge setzten sich mit ethischen<br />

Aspekten von ethnologischen Ausstellungen ause<strong>in</strong>ander.<br />

Am Beispiel e<strong>in</strong>er Schau der Männerhäuser der Sepik<br />

<strong>in</strong> Neugu<strong>in</strong>ea erörterte Dr. Anette Re<strong>in</strong>, Direktor<strong>in</strong> des<br />

Hauses der Weltkulturen <strong>in</strong> Frankfurt a. M., ethische Perspektiven<br />

zu musealen Ethnographika. Es müsse e<strong>in</strong> Weg<br />

zwischen den Polen des Kuriositätenkab<strong>in</strong>etts und der<br />

Sicht des „edlen Wilden“ der Zivilisationskritiker gefunden<br />

werden, vor allem dürfe aber die Beschäftigung mit<br />

e<strong>in</strong>er Kultur nicht über die Köpfe der eigentlich Betroffenen<br />

h<strong>in</strong>weg stattf<strong>in</strong>den. Unter dem vielversprechenden<br />

Titel „Menschen, Masken und Moneten“ schloss Prof. Dr.<br />

Christian Feest vom Institut für Historische Ethnologie der<br />

J. W. Goethe-Universität Frankfurt a. M. an, der jedoch<br />

se<strong>in</strong>e Zuhörer <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie an se<strong>in</strong>em überbordenden<br />

Wissen zu nordamerikanischen Indianerkulturen teilhaben<br />

ließ. Wichtig waren jedoch se<strong>in</strong>e H<strong>in</strong>weise, dass<br />

völkerkundliche <strong>Museen</strong>, die D<strong>in</strong>ge aus Gesellschaften<br />

mit anderen Wertevorstellungen sammeln, durch ihre<br />

Außenperspektive der Exotisierung Vorschub leisten und<br />

allzu oft die Veränderlichkeit von Kultur negieren, <strong>in</strong>dem<br />

sie die gegenwärtige Situation der jeweiligen Kulturen<br />

vernachlässigen. Feest berichtete von Initiativen amerikanischer<br />

<strong>Museen</strong>, <strong>in</strong>dianische Kultmasken <strong>in</strong> den Sammlungen<br />

von Stammespriestern weiterh<strong>in</strong> beopfern zu lassen<br />

bzw. sie auch an die ursprüngliche Glaubensgeme<strong>in</strong>schaft<br />

zurückzugeben. Geradezu grotesk war allerd<strong>in</strong>gs<br />

se<strong>in</strong> Vorschlag, <strong>in</strong> Ausstellungen sensible Kultobjekte, die<br />

bei den ursprünglichen Besitzern für bestimmte Personengruppen<br />

tabu s<strong>in</strong>d, zwar zu zeigen, die betreffenden<br />

Vitr<strong>in</strong>en aber dabei zum Schutz religiöser Gefühle mit entsprechenden<br />

H<strong>in</strong>weisen (denkbar wäre also wohl e<strong>in</strong><br />

Schild: „Frauen werden gebeten, die <strong>in</strong> dieser Vitr<strong>in</strong>e ausgestellten<br />

Objekte nicht zu betrachten!“) zu versehen.<br />

Schuldig blieben beide Ethnologen e<strong>in</strong>e schlüssige Antwort<br />

auf Fragen aus dem Publikum, wie man denn sich<br />

widersprechende museumsethische Grundsätze – e<strong>in</strong>erseits<br />

Bewahrung des Museumsguts, andererseits Rückgabe<br />

zum kultischen Gebrauch und damit Verschleiß –<br />

gegene<strong>in</strong>ander abwägen könne bzw. ob und welche Initiativen<br />

es von Museumsseite gäbe, vor der Herausgabe<br />

die Rahmenbed<strong>in</strong>gungen für die Objekte am künftigen<br />

BERICHTE/AKTUELLES<br />

Standort durch die Vermittlung von Know-how oder sogar<br />

f<strong>in</strong>anzielle Hilfen zu verbessern.<br />

Über die 81 forschenden deutschen Institute, die auf der<br />

„Blauen Liste“ zusammengefasst s<strong>in</strong>d und damit F<strong>in</strong>anzhilfen<br />

von Bund und Ländern erhalten, berichtete Prof. Dr.<br />

Dietrich Wegener, der Vorsitzende des Senatsausschusses<br />

Evaluierung der Wissenschaftsgeme<strong>in</strong>schaft G. W.<br />

Leibniz. Auf dieser Liste s<strong>in</strong>d E<strong>in</strong>richtungen wie das Deutsche<br />

Museum oder das Germanische Nationalmuseum<br />

vertreten, deren Förderwürdigkeit durch die Übertragung<br />

von Qualitätskriterien der Forschung auf die <strong>Museen</strong> ermittelt<br />

wird. Wachsende Bedeutung kommt dabei unter<br />

dem Kürzel PUSH (= Public Understand<strong>in</strong>g of Science and<br />

Humanity) der Rolle der <strong>Museen</strong> als Mittler zwischen Wissenschaft<br />

und Öffentlichkeit zu. In diesem Kontext schloss<br />

sich e<strong>in</strong> Beitrag von Dr. Ra<strong>in</strong>er Schoch vom gastgebenden<br />

GNM an, der darlegte, dass das Museum e<strong>in</strong> Drittel se<strong>in</strong>es<br />

Jahresetats aus Bundesmitteln erhalte, wobei 65 % se<strong>in</strong>er<br />

Arbeitsleistung als Forschung deklariert seien. Den Themenblock<br />

„Museumsethik und Forschung“ beendete Prof.<br />

Dr. Fritz F. Ste<strong>in</strong><strong>in</strong>ger, der die große Bedeutung deutscher<br />

naturwissenschaftlicher Forschungssammlungen im <strong>in</strong>ternationalen<br />

Vergleich herausstellte und forderte, daß die<br />

Forschungssammlungen von Universitäten an <strong>Museen</strong><br />

überführt werden sollten. E<strong>in</strong> Abendvortrag von Hellmuth<br />

Seelmann, dem Präsidenten der Stiftung Weimarer Klassik<br />

zur Situation der <strong>Museen</strong> <strong>in</strong> den neuen Bundesländern<br />

rundeten das Programm, das als Rahmen Exkursionen <strong>in</strong><br />

Stadt und Land bot und mit Fachgruppensitzungen und<br />

Mitgliederversammlung weitergeführt wurde, ab.<br />

Es war verdienstvoll und auch mutig vom Deutschen Museumsbund,<br />

sich dem schwierigen Thema der Museumsethik<br />

zu stellen. Dennoch, vielleicht aber auch zwangsläufig,<br />

h<strong>in</strong>terlässt die Tagung e<strong>in</strong>en etwas zwiespältigen E<strong>in</strong>druck.<br />

Die anspruchsvolle Thematik war es vielleicht, die<br />

manche Referenten – unbekümmert um die eigentlichen Interessen<br />

der Zuhörer und auch von Zeitlimits wenig bee<strong>in</strong>druckt<br />

– zu sehr ausweichen und abschweifen ließ, was dazu<br />

führte, dass etliche Vorträge sich über weite Strecken <strong>in</strong><br />

konzentrischen Kreisen um das Thema bewegten und zu<br />

selten den eigentlichen Kern trafen. Was fehlte – nicht zuletzt<br />

wohl aufgrund der bedauerlichen kurzfristigen Absage<br />

von Ratan Vaswani von der britischen Museums Association,<br />

der über den neuen Verhaltenskodex der dortigen <strong>Museen</strong><br />

berichten sollte – war schließlich der def<strong>in</strong>ierende<br />

oder auch zusammenfassende Überblick über das komplexe<br />

Problemfeld. Der Museumsbund wird aber wieder e<strong>in</strong><br />

Berichtsheft über die Nürnberger Tagung vorlegen, das ermöglichen<br />

wird, die verstreuten Ros<strong>in</strong>en aus dem Vortragskuchen<br />

herauszupicken.<br />

Wolfgang Stäbler


BERICHTE/AKTUELLES 53<br />

WARUM DER HOLZSCHUH GERÖNTGT<br />

WERDEN MUSSTE – ODER:<br />

MUSEALISIERUNG EINES TAGELÖHNERHAUSES<br />

MIT DEN MITTELN MODERNER KUNST<br />

Das Projekt „InnenLeben – Haus der Gefühle“ im Westfälischen<br />

Freilichtmuseum Detmold<br />

Das Westfälische Freilichtmuseum Detmold (WFM) ist als<br />

Landesmuseum für Volkskunde regional zuständig für<br />

Westfalen-Lippe. Auf e<strong>in</strong>er Fläche von über 90 ha s<strong>in</strong>d<br />

<strong>in</strong>zwischen rund 110 historische Gebäude <strong>in</strong> verschiedenen<br />

Baugruppen aus den Teilregionen Westfalens wiedererrichtet<br />

und für die Besucher zugänglich gemacht worden.<br />

Neben den historischen Orig<strong>in</strong>algebäuden werden<br />

das jeweilige historische Gebäudeumfeld, die Gärten, die<br />

historischen Haustierrassen sowie die vom Menschen<br />

geformte Kulturlandschaft mit ihren verschiedenen Nutzungsformen<br />

als Äcker, Wiesen, Weiden und Wälder gezeigt.<br />

Im September 2001 wurde im WFM e<strong>in</strong> weiteres historisches<br />

Gebäude eröffnet. Das Tagelöhnerhaus aus V<strong>in</strong>sebeck<br />

(Stadt Ste<strong>in</strong>heim, Kreis Höxter) war 1992 erworben<br />

worden und später im Rahmen e<strong>in</strong>er Ganzteiltranslozierung<br />

per Tieflader <strong>in</strong> das Freilichtmuseum gekommen.<br />

Dort steht es – vergleichbar mit der Situation am<br />

ursprünglichen Standort – am Rande der musealen Baugruppe<br />

„Paderborner Dorf“ und zählt <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Ausmaßen<br />

und von der Ausführung des Baus her eher zu den weniger<br />

spektakulären Bauten.<br />

Konzeption<br />

Betreten die Museumsbesucher<strong>in</strong>nen und -besucher das<br />

V<strong>in</strong>sebecker Tagelöhnerhaus, so s<strong>in</strong>d die meisten von<br />

ihnen zunächst überrascht: Anders als <strong>in</strong> den übrigen historischen<br />

Gebäuden des Freilichtmuseums f<strong>in</strong>den sie hier<br />

ke<strong>in</strong>e klassische, der jeweiligen Region, dem Zeitschnitt<br />

und der Sozialschicht entsprechende museale Inszenierung.<br />

Sie s<strong>in</strong>d vielmehr mit dem Kunst-Projekt „Innen-<br />

Leben – Haus der Gefühle“ konfrontiert, mit dem das<br />

Detmolder Freilichtmuseum bei der Musealisierung e<strong>in</strong>es<br />

Gebäudes neue Wege beschritten hat.<br />

Als mit den Planungen für die Präsentation des Tagelöhnerhauses<br />

begonnen wurde, waren im „Paderborner<br />

Dorf“ des Museums bereits drei Gebäude für die Besucher<br />

zugänglich, die die Wohn- und Lebensverhältnisse<br />

der ländlichen Unterschichten <strong>in</strong> der Zeit um 1900 nachvollziehbar<br />

machen. Das V<strong>in</strong>sebecker Haus ebenfalls mit<br />

e<strong>in</strong>er entsprechenden Innenraum<strong>in</strong>szenierung zu zeigen,<br />

wäre <strong>in</strong>sofern e<strong>in</strong>e Wiederholung gewesen. Daneben<br />

waren jedoch weitere Gründe für die Entscheidung ausschlaggebend.<br />

Parallel zur Übernahme des Gebäudes<br />

wurden – wie im WFM seit langem üblich – archivalische<br />

und bauhistorische Forschungen sowie Befragungen von<br />

ehemaligen Nachbarn und Zeitzeugen durchgeführt. Auf<br />

diese Weise konnten die Baugeschichte geklärt und umfangreiche<br />

Kenntnisse zu den Biografien und Lebensum-<br />

Das Tagelöhnerhaus aus V<strong>in</strong>sebeck im Westfälischen Freilichtmuseum<br />

Detmold<br />

ständen der ehemaligen Bewohner gewonnen werden.<br />

E<strong>in</strong> wichtiges Ergebnis der Untersuchungen im Überblick<br />

war, dass die Baugeschichte, die „Biografie“ des Hauses,<br />

sehr eng mit den Lebensgeschichten der ehemaligen Bewohner<br />

und Bewohner<strong>in</strong>nen verknüpft ist. Am Gebäude<br />

selber lassen sich zahlreiche Spuren der Tagelöhnerfamilien<br />

ablesen, deren Mitglieder dort zum Teil über mehrere<br />

Generationen zwischen 1833 und 1990 gelebt haben.<br />

Schließlich trat noch die Überlegung h<strong>in</strong>zu, mit e<strong>in</strong>em<br />

neuen Weg der Vermittlung andere, vielleicht gerade jüngere<br />

Besucherschichten anzusprechen.<br />

Nach <strong>in</strong>tensiver Diskussion entschlossen sich die an der<br />

Arbeitsgruppe beteiligten Wissenschaftler des Museums<br />

dazu, für die museale Präsentation des Tagelöhnerhauses<br />

die „Deutungs- und Interpretationshoheit“ abzugeben<br />

zugunsten e<strong>in</strong>er Deutung und Interpretation mit den visuellen<br />

Mitteln moderner Kunst. E<strong>in</strong>zige Vorgabe an die beteiligten<br />

Künstler Herbert Galle und Gabriele Wilpers aus<br />

Essen war dabei, das Haus nicht als Ausstellungsgebäude<br />

oder -räumlichkeit aufzufassen. Vielmehr sollten das<br />

Haus mit se<strong>in</strong>er <strong>in</strong>dividuellen Baugeschichte, die Biografien<br />

und Lebensumstände der e<strong>in</strong>st dar<strong>in</strong> wohnenden<br />

Menschen und die erhaltenen historischen Objekte durch<br />

die zu erstellenden künstlerischen Arbeiten <strong>in</strong>terpretiert<br />

werden. Daher stand am Anfang der Umsetzung des Projektes<br />

e<strong>in</strong> <strong>in</strong>tensiver Gesprächs- und Diskussionsprozess,<br />

<strong>in</strong> dem den Künstlern die Ergebnisse aus den bauhistorischen<br />

und archivalischen Forschungen sowie den Befragungen<br />

vermittelt wurden.<br />

Wilpers und Galle sehen das Tagelöhnerhaus nicht alle<strong>in</strong><br />

als historisches Objekt, sondern verstehen es vielmehr<br />

als „symbolisches Haus“ von großer Integrationskraft für


54<br />

die Gedanken, Er<strong>in</strong>nerungen und Träume des Menschen:<br />

Ausgehend von den Lebensgeschichten der ehemaligen<br />

Bewohner<strong>in</strong>nen und Bewohner, den Gegenständen, die<br />

sie h<strong>in</strong>terlassen haben, und der Baugeschichte des Hauses<br />

sowie unter E<strong>in</strong>beziehung der jetzigen Raumwirkung<br />

werden die Wohn- und Lebensverhältnisse von Tagelöhnern<br />

sowie Grundbed<strong>in</strong>gungen menschlicher Existenz reflektiert.<br />

Insgesamt elf künstlerische Arbeiten und Installationen<br />

<strong>in</strong> unterschiedlichen Techniken s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den verschiedenen<br />

Räumen des Hauses zu sehen, Gemälde und<br />

plastische Arbeiten, Grafiken, Foto- und Videokunst.<br />

Durch diese künstlerischen E<strong>in</strong>griffe erfährt die historische<br />

Substanz des Tagelöhnerhauses, die durch die Ganzteiltranslozierung<br />

be<strong>in</strong>ah völlig unversehrt <strong>in</strong> das Freilichtmuseum<br />

übertragen werden konnte, e<strong>in</strong>e für die Besucher<br />

ungewohnte Interpretation und erhält e<strong>in</strong>e neue<br />

s<strong>in</strong>nliche Präsenz.<br />

Rundgang<br />

Im Folgenden wird versucht, die Arbeiten und Installationen<br />

kurz zu beschreiben, wenngleich dies natürlich nicht<br />

die Betrachtung und das „Erleben“ der Räume ersetzen<br />

kann. Für die Besucher des Hauses steht auf Nachfrage<br />

e<strong>in</strong>e Handreichung <strong>in</strong> ähnlicher Weise zur Verfügung, die<br />

sich weniger als Interpretation der künstlerischen Arbeiten<br />

versteht, als vielmehr im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er H<strong>in</strong>tergrund<strong>in</strong>formationen<br />

verschiedene Quellen und Gedanken benennt,<br />

aus denen Gabriele Wilpers und Herbert Galle bei der<br />

Entstehung ihrer Arbeiten geschöpft haben.<br />

Das Tagelöhnerhaus aus V<strong>in</strong>sebeck, Grundriss Erdgeschoss mit<br />

den Titeln der Raum<strong>in</strong>stallationen<br />

BERICHTE/AKTUELLES<br />

Diele<br />

In der Diele, die im Haus vor allem als Verkehrsraum und<br />

Abstellfläche diente, wird <strong>in</strong> verschiedener Form die Arbeitswelt<br />

der Bewohner thematisiert. E<strong>in</strong> Erdbild er<strong>in</strong>nert<br />

an die schwere körperliche Arbeit der Frauen, die sich<br />

meist als Tagelöhner<strong>in</strong>nen auf den Feldern der Bauern<br />

und Güter verd<strong>in</strong>gten. E<strong>in</strong>e historische Fotografie von<br />

Tagelöhner<strong>in</strong>nen, die auf e<strong>in</strong>em Feld Kartoffeln ernten,<br />

diente als Ausgangspunkt für die künstlerische Umsetzung.<br />

Wie mit dem Boden verwachsen ersche<strong>in</strong>en die<br />

Frauen, ihre Hände und Schürzen s<strong>in</strong>d dunkel von Ackererde.<br />

Über den dokumentarischen Wert h<strong>in</strong>aus verweist<br />

das Bild auch auf archaische und mythologische Vorstellungen,<br />

zum Beispiel die der „mütterlichen Erde“. Im Luftraum<br />

der Diele tanzen Hacken und Forken zwischen den<br />

Türen der Räume im Obergeschoss. Die Geräte gehören<br />

zum Orig<strong>in</strong>al<strong>in</strong>ventar des Hauses. Ungeachtet der schweren<br />

Arbeit, bei der sie e<strong>in</strong>gesetzt wurden, bewegen sie<br />

sich hier spielerisch über den Köpfen der Besucher.<br />

Hart und monoton war die Arbeit der Männer, die vielfach<br />

als Saisonkräfte <strong>in</strong> Ziegeleien arbeiteten. Dies visualisiert<br />

e<strong>in</strong>e schmale, hohe Säule alter Ziegelste<strong>in</strong>e. Jeder Ste<strong>in</strong><br />

zeigt auf der Längsseite als aufgedrucktes serielles Motiv<br />

e<strong>in</strong>en Ziegler, der <strong>in</strong> gebückter Haltung Ziegelste<strong>in</strong>rohl<strong>in</strong>ge<br />

aus e<strong>in</strong>em Streichkasten stürzt und zum Trocknen aufreiht.<br />

Stube<br />

Der Wohnraum, das „Zentrum der Geborgenheit“, <strong>in</strong> dem<br />

sich der e<strong>in</strong>zige Tisch des Hauses befand, war kommunikativer<br />

Mittelpunkt des häuslichen Lebens: Hier wurde<br />

gegessen und geredet, hier wurde Besuch empfangen<br />

und als e<strong>in</strong>ziger beheizbarer Raum diente die Stube bei<br />

Bedarf auch als Krankenzimmer. In den Dielenboden der<br />

Stube ist e<strong>in</strong>e begehbare, von unten beleuchtete Glasfläche<br />

e<strong>in</strong>gelassen, auf die e<strong>in</strong> Holzdruck aus vier verwitterten<br />

Brettern übertragen wurde. Um diesen symbolischen<br />

Tisch herum s<strong>in</strong>d unterschiedlich stark stilisierte<br />

Gesichter und Köpfe angeordnet, die aus verschiedenen<br />

volkskundlichen und kunsthistorischen Zusammenhängen<br />

aus der Region Westfalen stammen, z. B. von e<strong>in</strong>em<br />

Uhrpendel, von geschnitzten Bettpfosten oder aus dem<br />

„Mohrenzimmer“ im Schloss V<strong>in</strong>sebeck. E<strong>in</strong>zige Ausnahme<br />

ist die maskenhaft anmutende Kernsp<strong>in</strong>-Aufnahme<br />

e<strong>in</strong>es Gehirns. Die Darstellung des „leuchtenden Tisches“<br />

ist symbolischer Ausdruck von Wärme und Geborgenheit<br />

als Fundament menschlichen Mite<strong>in</strong>anders.<br />

Durch e<strong>in</strong>e senkrechte Scheibe fällt der Blick auf e<strong>in</strong>en<br />

beispielhaften Ausschnitt der orig<strong>in</strong>alen Wandfläche, auf<br />

der e<strong>in</strong>e Stratigrafie, e<strong>in</strong>e Freilegung der Putz- und Farbschichten,<br />

wie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Zeitfenster zu sehen ist. Auf der<br />

Scheibe bef<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> aufsteigender Folge die Namen


BERICHTE/AKTUELLES 55<br />

und Lebensdaten der Menschen, die <strong>in</strong> dem Tagelöhnerhaus<br />

gelebt haben. So verb<strong>in</strong>den sich optisch die Schichten<br />

und Farbflächen der Wand, die vielen „Häute des<br />

Hauses“ mit den überlieferten Fakten: „Geschichte“.<br />

Küche<br />

„Die Kunst des Ofenschürens“ lautet der Titel e<strong>in</strong>er<br />

Video<strong>in</strong>stallation, die sich dort bef<strong>in</strong>det, wo früher der<br />

Kochherd stand. E<strong>in</strong> Bildschirm tritt an die Stelle des<br />

Ofenloches und beleuchtet schwach den Raum. Die<br />

Videosequenz zeigt <strong>in</strong> zeitlicher Raffung das Bestücken<br />

der Feuerung mit Brennmaterial, das Anzünden, die brennenden<br />

Holzscheite, das Herunterbrennen des Feuers,<br />

schließlich Glut und Asche. Hier h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>geschnitten s<strong>in</strong>d<br />

Bildcollagen, die das Haus als Kosmos, als erste Welt des<br />

menschlichen Se<strong>in</strong>s thematisieren. Das Haus bedeutet<br />

Schutz und Wärme, bietet Raum zum Kochen und Waschen,<br />

ist Ort von Träumen und Ritualen.<br />

Erst seit 1954 gab es im Haus e<strong>in</strong>en Anschluss an die<br />

öffentliche Wasserversorgung mit e<strong>in</strong>em Wasserhahn <strong>in</strong> der<br />

Küche, unter dem sich jetzt merkwürdigerweise e<strong>in</strong> Modell<br />

des früheren Brunnens im Garten des Hauses bef<strong>in</strong>det ...<br />

Keller<br />

Diffuses Taschenlampenlicht beleuchtet im Keller e<strong>in</strong>e<br />

Szenerie aus Objekten, die von der beschwerlichen Arbeit<br />

des Holzlesens erzählt. Die Schatten an den Wänden, die<br />

von den Gegenständen geworfen werden, führen e<strong>in</strong> geheimnisvolles<br />

Eigenleben, lösen beim Betrachter unterschiedliche<br />

Phantasien und Er<strong>in</strong>nerungen aus: Der Keller<br />

ersche<strong>in</strong>t als das dunkle Wesen des Hauses.<br />

Wirtschaftsraum<br />

„Ungewohnter Blick auf Gewohntes“ ist der Titel der<br />

künstlerischen Arbeiten im Vorraum zum Stall. Je nachdem,<br />

mit welchem Blick e<strong>in</strong> Gegenstand angesehen wird,<br />

sche<strong>in</strong>t er gewöhnlich, vertraut, fremd oder unheimlich.<br />

Durch den „anderen Blick“ zum Beispiel e<strong>in</strong>er Röntgenkamera<br />

werden ungewöhnliche E<strong>in</strong>sichten <strong>in</strong> das Innenleben<br />

von Gegenständen möglich. Das vergrößerte Röntgenbild<br />

e<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>zelnen Holzschuhs, der noch von der<br />

letzten Bewohner<strong>in</strong> des Hauses stammt, taucht – vor<br />

dem Fenster montiert – den Raum <strong>in</strong> e<strong>in</strong> bläuliches Licht.<br />

Im Kontrast dazu e<strong>in</strong> wuchtiger reliefartiger „Druckstock“.<br />

Aus der Unterseite von geschwärzten Holzschuhen ist<br />

das stilisierte Bild e<strong>in</strong>es Hausschwe<strong>in</strong>s herausgeschnitten.<br />

Die Bearbeitung der Oberfläche ruft Assoziationen<br />

von Hausschlachtungen, Zerteilen und Zerlegen hervor.<br />

Stall<br />

„In tierischer Gesellschaft“ heißt die Raum<strong>in</strong>stallation für<br />

den Stall. An der rückwärtigen Wand zeigen Fotografien<br />

„Ungewohnter Blick auf Gewohntes“<br />

die Ohren von Tieren, die im Haus lebten bzw. im Stall<br />

gehalten wurden (Schwe<strong>in</strong>, Ziege, Gans, Huhn, Ratte...).<br />

Betritt e<strong>in</strong> Besucher den Raum, hört er vor dem akustischen<br />

H<strong>in</strong>tergrund von Tierlauten menschliche Stimmen:<br />

Schimpfworte, mal geflüstert, mal aufbrausend. Die Namen<br />

der Tiere, die ja eigentlich mit ihren (ab-)wertenden<br />

Attributen Menschen zugedacht s<strong>in</strong>d, wirken hier wie<br />

Fragmente der zerbrochenen E<strong>in</strong>heit von Mensch und<br />

Natur, <strong>in</strong> der die Menschen <strong>in</strong> enger Vertrautheit mit Tieren<br />

lebten und gleichzeitig von ihnen abhängig waren.<br />

Kammer<br />

Wie e<strong>in</strong>e „Himmelsleiter“ durchschneidet e<strong>in</strong>e alte, immer<br />

wieder reparierte Holzleiter den „Raum der verr<strong>in</strong>nenden<br />

Zeit“. Um sie herum s<strong>in</strong>d alle noch erhaltenen, von der<br />

letzten Bewohner<strong>in</strong> des Hauses zurückgelassenen Alltagsgegenstände<br />

angeordnet. Sonst mit Inventarnummern<br />

versehen, katalogisiert, gut verpackt und magaz<strong>in</strong>iert,<br />

liegen sie hier: die „Hab-selig-keiten“ des Lebens.<br />

Um die Leiter und <strong>in</strong> den Raum h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> w<strong>in</strong>det sich e<strong>in</strong>e<br />

Spirale, bestückt mit Sanduhren als Symbol der menschlichen<br />

Lebenszeit. Im oberen Bereich s<strong>in</strong>d die Sanduhren<br />

farbig, so dass sich e<strong>in</strong> aktuelles Bild des „Lebensfadens“<br />

assoziieren lässt: die DNA, das universelle Pr<strong>in</strong>zip der


56<br />

Vererbung. Die Farben entsprechen der Markierung der<br />

vier Basen Aden<strong>in</strong>, Thym<strong>in</strong>, Guan<strong>in</strong> und Cytos<strong>in</strong> <strong>in</strong> der<br />

menschlichen Erbsubstanz. – Welche Perspektiven eröffnen<br />

sich uns und den nachfolgenden Generationen durch<br />

die „Entschlüsselung des menschlichen Genoms ...?“<br />

Schlafkammer<br />

In diesem „Raum der verborgenen Gefühle“, <strong>in</strong> den die<br />

letzte Bewohner<strong>in</strong> kaum e<strong>in</strong>en Außenstehenden h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>ließ,<br />

s<strong>in</strong>d zwischen den Wänden durchsche<strong>in</strong>ende Tücher<br />

gespannt, die an Bettlaken er<strong>in</strong>nern. Die Tücher zeigen<br />

Motive e<strong>in</strong>es Neugeborenen, e<strong>in</strong>es schlafenden Paares,<br />

e<strong>in</strong>er erotischen Körperlandschaft und e<strong>in</strong>er Toten auf<br />

dem Sterbebett. In den szenischen Überlagerungen der<br />

Motive entstehen flüchtige und imag<strong>in</strong>äre E<strong>in</strong>drücke von<br />

Geburt, Schlaf, Erotik und Tod. Durch die Bearbeitung<br />

des Gewebes bleiben zartfarbige, schemenhafte Ersche<strong>in</strong>ungen<br />

wie Spuren der ehemals Anwesenden. Über die<br />

„Raum der verr<strong>in</strong>nenden Zeit“<br />

alten Dielen des Fußbodens ziehen sich glitzernde Splitter<br />

als Bild der Milchstraße. Wie bei der bewussten<br />

Betrachtung des Sternenhimmels kann sich auch hier die<br />

Frage nach dem Ort des Menschen <strong>in</strong> der Welt stellen.<br />

Reaktionen<br />

BERICHTE/AKTUELLES<br />

Die Reaktionen der Besucher auf das Projekt s<strong>in</strong>d zahlreich<br />

und <strong>in</strong> ihrem Gesamttenor überraschend. Im Projektteam<br />

waren wir zuvor davon ausgegangen, dass die<br />

für die meisten Besucher unerwartete Konfrontation mit<br />

e<strong>in</strong>em Kunstprojekt als dauerhafte Musealisierungsform<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Freilichtmuseum eher e<strong>in</strong>e polarisierende Wirkung<br />

hätte. Nach den ersten Monaten überwiegen jedoch<br />

bei E<strong>in</strong>tragungen <strong>in</strong> das Gästebuch, bei den Gesprächen<br />

der Besucher mit der Aufsicht im Tagelöhnerhaus oder<br />

anlässlich von Führungen deutlich positive Reaktionen.<br />

Gegebenenfalls werden aber ablehnende Äußerungen<br />

eher zurückgehalten.<br />

Viele Besucher zeigen zunächst Erstaunen und Überraschung<br />

über den gewählten Weg der Musealisierung.<br />

Dies ist <strong>in</strong>sofern verständlich, da die meisten Besucher<br />

nicht eigens wegen des „Hauses der Gefühle“ <strong>in</strong> das Detmolder<br />

Freilichtmuseum kommen. In vielen Fällen sche<strong>in</strong>t<br />

es dann jedoch zu gel<strong>in</strong>gen, die Besucher des Hauses <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>en Prozess der Ause<strong>in</strong>andersetzungen mit den Installationen<br />

zu ziehen. E<strong>in</strong> recht typischer E<strong>in</strong>trag <strong>in</strong> das Gästebuch<br />

im Haus belegt dies: „Erster E<strong>in</strong>druck: Schade,<br />

dass die Möblierung des Hauses fehlt. – Zweiter E<strong>in</strong>druck,<br />

nach dem Lesen der ,InnenLeben‘-Information<br />

und nochmaligem Herumgehen: Tolle Idee, Kunst und<br />

Werte des Lebens zu verb<strong>in</strong>den ...“<br />

Nachdenklichkeit und Er<strong>in</strong>nerung an selbst Erlebtes s<strong>in</strong>d<br />

Stichworte, die ebenfalls häufig <strong>in</strong> den Äußerungen vor allem<br />

erwachsener Besucher im Gästebuch auftauchen:<br />

– „Auch uns hat dieses Haus fasz<strong>in</strong>iert. Man kommt zum<br />

Nachdenken und hält <strong>in</strong>nere E<strong>in</strong>kehr.“<br />

–„Hier b<strong>in</strong> ich wieder mal zum Nachdenken gekommen.<br />

Ich f<strong>in</strong>de die Ausstellung gelungen, sehr gut vorgestellt.“<br />

–„Uns gab es ,Zeit zum Nachdenken‘.“<br />

Die Betrachtung, das Erleben der Installationen machen<br />

den Besuchern aber auch Spaß und vermitteln e<strong>in</strong>e<br />

Freude am Detail. Die Klang<strong>in</strong>stallation im Stall und die<br />

detailreiche Inszenierung im Keller s<strong>in</strong>d offensichtlich für<br />

K<strong>in</strong>der besonders ansprechend. So f<strong>in</strong>den sich im Gästebuch<br />

mehrfach Zeichnungen kle<strong>in</strong>erer K<strong>in</strong>der, <strong>in</strong> denen<br />

sie beobachtete Details wiedergeben. Ältere K<strong>in</strong>der und<br />

Jugendliche äußern sich <strong>in</strong> ihren altersspezifischen Kate-


BERICHTE/AKTUELLES 57<br />

„Raum der verborgenen Gefühle“<br />

gorien, wenn sie – neben dem unvermeidlichen „ich war<br />

hier“ – E<strong>in</strong>tragungen machen wie:<br />

–„Echt geil dieser Schuppen ...“<br />

–„Voll krass!“<br />

–„Das Haus ist echt cool.“<br />

–„Krasser Stall hier, echt abgefahren.“<br />

Aber auch K<strong>in</strong>der werden hier zum Nachdenken und (H<strong>in</strong>ter-)Fragen<br />

angeregt, wie die E<strong>in</strong>tragung der neunjährigen<br />

Marie zeigt, wenn sie sich und uns fragt: „Was ist mit dem<br />

Holzschuh passiert? Warum musste er denn geröntgt<br />

werden?“<br />

Natürlich gibt es auch kritische Stimmen zur Präsentation<br />

des V<strong>in</strong>sebecker Tagelöhnerhauses, etwa dass e<strong>in</strong> Kunst-<br />

Projekt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em volkskundlichen Freilichtlichtmuseum<br />

„unpassend“ oder „fehl am Platz“ sei. Auch gibt es Besucher,<br />

die ke<strong>in</strong>en Zugang zu den künstlerischen Arbeiten<br />

f<strong>in</strong>den. Auch solche Reaktionen waren im Vorfeld erwartet<br />

worden und „dürfen se<strong>in</strong>“, denn „InnenLeben“ versteht<br />

sich h<strong>in</strong>sichtlich se<strong>in</strong>er Wirkungen bewusst als ergebnisoffen.<br />

Der bisherige Erfolg des Projektes hat das<br />

Detmolder Museum allerd<strong>in</strong>gs <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em ursprünglichen<br />

Entschluss bestärkt, „InnenLeben – Haus der Gefühle“<br />

als dauerhafte Musealisierung für das Tagelöhnerhaus<br />

aus V<strong>in</strong>sebeck bestehen zu lassen, und macht zudem<br />

Mut, neben der klassischen Inszenierung auch weitere<br />

Formen der Musealisierung zu erproben.<br />

Stephan Pahs<br />

MUSEEN ALS MEDIUM – MEDIEN IM MUSEUM<br />

Symposion zu Perspektiven der Museologie,<br />

Stuttgart 5./6. Juli 2002<br />

Ab dem W<strong>in</strong>tersemester 2002/03 bietet die Universität<br />

Stuttgart <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit der Akademie der<br />

Bildenden Künste Stuttgart e<strong>in</strong>en Masterstudiengang Kulturwissenschaft<br />

– Museologie an. Die Wissenschaft von<br />

den <strong>Museen</strong> soll damit nicht nur als Aufbaustudium zur<br />

fachspezifischen Fortbildung von Studienabsolventen gelehrt,<br />

sondern eigenständig und von Grund auf betrieben<br />

werden. Möglich ist dies durch den Schulterschluss der<br />

Stuttgarter Akademie der Bildenden Künste, die bereits<br />

seit Jahren neben ihrem Hauptaufgabenbereich auch Restauratoren<br />

ausbildet, und dem Institut für Kunstgeschichte,<br />

das damit, <strong>in</strong>nerhalb der stark technisch orientierten<br />

Universität Stuttgart eher e<strong>in</strong>e Außenseiterrolle spielend<br />

und ständigem Legitimationsdruck ausgesetzt, den praktischen<br />

Bezug se<strong>in</strong>er Lehre unterstreichen möchte.<br />

Die Protagonisten dieser geme<strong>in</strong>samen Aktion, Prof.<br />

Dr. h. c. Paul Uwe Dreyer von der Akademie und Prof. Dr.<br />

Beat Wyss als Lehrstuhl<strong>in</strong>haber Kunstgeschichte, konnten<br />

am 5./6.7.2002 <strong>in</strong> den Räumen der Akademie über 100 Teilnehmer,<br />

sowohl Studenten als aus dem Museumsbereich,<br />

zu e<strong>in</strong>em vorbereitenden, hochkarätig besetzten Symposion<br />

begrüßen, das sich dem Schlagwort „Medien“ <strong>in</strong> unterschiedlicher<br />

Bedeutung – sei es <strong>in</strong> der Rolle des Museums<br />

als Medium oder dem E<strong>in</strong>satz von Medien im Museum<br />

– widmete. Dreyer betonte den Wandel <strong>in</strong> der Kunst,<br />

der sich seit etwa 20 Jahren vollzogen habe: Erf<strong>in</strong>den und<br />

herstellen seien mit dem Präsentieren e<strong>in</strong>e Ebene geworden,<br />

wodurch für die Akademie der Ausstellungssektor<br />

besondere Bedeutung gew<strong>in</strong>ne. Wyss erhofft durch die Kooperation<br />

mit der Akademie e<strong>in</strong>e gewisse Rückführung der<br />

im 19. Jahrhundert erfolgten Trennung der Kunstgeschichte<br />

und der akademischen Kunstausbildung.<br />

Ins eigentliche Thema führte Prof. Dr. Hubert Locher von<br />

der Akademie e<strong>in</strong>. Die Mediendiskussion greife auf e<strong>in</strong>e<br />

Diskussion der 1970er Jahre zurück, als Hilmar Hoffmann<br />

das Museum als „kulturelles Medium“ bezeichnete. Das<br />

Museum sei aber die Botschaft selbst, da im Museum bestimmte<br />

Formen erst entstünden, es also Inhalte geriere<br />

und quasi Gefäß und Inhalt verquicke. Den Kuratoren – geme<strong>in</strong>t<br />

also wohl den künftigen Absolventen des Museologenstudiengangs<br />

– käme die Rolle zu, als Interpreten mit<br />

eigener Stimme gestaltend e<strong>in</strong>zugreifen, wobei die kommunikative<br />

Funktion des Museums zentrales Anliegen sei.<br />

Den Reigen der Referenten eröffnete Prof. Dr. Walter<br />

Grasskamp, der stellvertretende Rektor der Akademie für<br />

Bildende Künste München. Natürlich sei das Museum, so<br />

Grasskamp, e<strong>in</strong> Medium, allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong> sonderbares, da<br />

es – im Gegensatz zu sonstigen Medien oder zu se<strong>in</strong>em<br />

Hauptkonkurrenten, dem bebilderten Buch – nicht etwas<br />

<strong>in</strong>s Haus des Rezipienten trage, sondern die Bewegung


58<br />

des Betrachters erfordere. In se<strong>in</strong>em mit „Menschen im<br />

Museum – das Museum als Medium der Fotografie“ überschriebenen<br />

Vortrag gab er zunächst e<strong>in</strong>en kurzen<br />

Überblick über die Darstellung des Museums <strong>in</strong> Literatur,<br />

Film, Malerei bis h<strong>in</strong> zum Comic, um sich schließlich anhand<br />

von Fotografien von Thomas Struth, der Museumsbesucher<br />

<strong>in</strong> Sälen vor Objekten abgelichtet hat, mit dem<br />

Bild vom Museum, aber auch Aspekten der Gestaltung<br />

und Vermittlung im Museum zu widmen. Mit „Masse gefährdet<br />

Reflexion“ formulierte er se<strong>in</strong> erstes – und bisher<br />

e<strong>in</strong>ziges – „Museumsphysikalisches Gesetz“, um schließlich<br />

am Beispiel der Documenta („Dokumentarfilmfestival<br />

ohne feste Spielzeiten, e<strong>in</strong>e Unhöflichkeit gegenüber den<br />

Betrachtern“) die Eskalation des S<strong>in</strong>nenreizes <strong>in</strong> Ausstellungen<br />

zu kritisieren.<br />

Hatte schon Grasskamp die moderne Museumsarchitektur<br />

gegeißelt – mit der Akustik des neuen Wallraf-<br />

Richartz-Museums <strong>in</strong> Köln habe die Museumsarchitektur<br />

e<strong>in</strong>en neuen Tiefstand erreicht – so g<strong>in</strong>g Prof. Jean-Christoph<br />

Ammann, bis 2000 Direktor des Museums für Moderne<br />

Kunst <strong>in</strong> Frankfurt, <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Beitrag „Was ist e<strong>in</strong><br />

Ausstellungsraum im Museum?“ mit der Zunft der Architekten<br />

erst recht streng <strong>in</strong>s Gericht. Ob Richard Meier,<br />

Ortner & Ortner oder Aldo Rossi – kaum e<strong>in</strong>er konnte dem<br />

Verdikt Ammanns entgehen, der anhand von Faktoren<br />

wie Raum- und Wandgestaltung („Jedes Werk an der<br />

Wand ist e<strong>in</strong> Werk mit Wand!“), Licht und Böden<br />

grundsätzliche Anforderungen formulierte und ihnen<br />

meist negative Beispiele prom<strong>in</strong>enter neuer Bauten entgegenstellte.<br />

Dem bayerischen Berichterstatter bereitete<br />

es Genugtuung, dass zum<strong>in</strong>dest Volker Staabs Bau des<br />

Museums Schäfer <strong>in</strong> Schwe<strong>in</strong>furt im Wesentlichen Ammanns<br />

Zustimmung fand. E<strong>in</strong> neutraler, jedoch nicht anonymer<br />

Raum, <strong>in</strong> dem man sich aufgrund se<strong>in</strong>er Proportion<br />

wohlfühle, sei der beste Museumsraum: Ammann teilt<br />

daher die Me<strong>in</strong>ung Richard Serras, dass Ende des<br />

19. Jahrhunderts die besten Museumsräume gebaut worden<br />

seien. Heute sei es wichtig, den Architekten klar zu<br />

machen, dass ihre Arbeit dienende Funktion habe.<br />

(Selbst-?)kritisch räumte Ammann jedoch e<strong>in</strong>, es sei nicht<br />

zuletzt „mangelnde Kompetenz der Museumsdirektoren<br />

als offensive Ansprechpartner der Architekten und mit<br />

klarem Mandat durch die Politik“, die zu den geschilderten<br />

Fehlplanungen führe.<br />

„Die digitale Sammlung“ hatte Dr. Andreas Bienert, IT-Referent<br />

der Staatlichen <strong>Museen</strong> Preußischer Kulturbesitz<br />

Berl<strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Streifzug durch unterschiedliche Anwendungsbereiche<br />

digitaler Technik im Museum überschrieben.<br />

Er stellte anhand von Internetauftritten e<strong>in</strong>e<br />

grundsätzliche Neupositionierung von <strong>Museen</strong> <strong>in</strong> der<br />

Mediengesellschaft „mit hoher Trashtoleranz“ fest. Die<br />

BERICHTE/AKTUELLES<br />

Nutzung der Digitalisierung im Museum beziehe sich aber<br />

<strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie auf Inventare, die dann – so e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>samer<br />

digitaler Katalog von 80.000 europäischen Kunstwerken<br />

der Staatlichen <strong>Museen</strong> zu Berl<strong>in</strong> – gesamt oder<br />

<strong>in</strong> wichtigen Teilen <strong>in</strong>s Internet gestellt werden könnten. In<br />

den Schausammlungen selbst seien digitale Vermittlungsmedien<br />

eher störend, wenn sie, wie im Wallraf-Richartz-Museum<br />

Köln, vor Gemälden positioniert für die<br />

Betrachter quasi <strong>in</strong> Konkurrenz mit den Objekten treten.<br />

Als extremes Beispiel digitalen Mediene<strong>in</strong>satzes nannte<br />

Bienert das Museum of F<strong>in</strong>e Arts im japanischen Gifu:<br />

Dort haben Flat-Screen-Monitore, die wie Gemälde an<br />

der Wand hängen und Kunstwerke zeigen, die Rolle der<br />

Objekte übernommen.<br />

Als e<strong>in</strong>ziger Vertreter e<strong>in</strong>es Nicht-Kunstmuseums <strong>in</strong> der<br />

Runde erläuterte Dr. Joachim Kall<strong>in</strong>ich die Ausstellungskonzeption<br />

und den <strong>in</strong>tegrierten Mediene<strong>in</strong>satz des Museums<br />

für Kommunikation <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>, das – unter se<strong>in</strong>er<br />

Leitung 2000 eröffnet – <strong>in</strong> der imperialen Hülle se<strong>in</strong>es<br />

wilhelm<strong>in</strong>ischen Gebäudes anstelle e<strong>in</strong>er chronologischl<strong>in</strong>earen<br />

Abfolge <strong>in</strong> sechs Ausstellungse<strong>in</strong>heiten Zentralbegriffe<br />

der Kommunikation darstellt. Besonders stolz ist<br />

Kall<strong>in</strong>ich auf drei Roboter mit unterschiedlichen Kommunikationscharakteren<br />

(<strong>in</strong>formativ, animativ und spielerisch),<br />

die <strong>in</strong> der E<strong>in</strong>gangshalle auf die Besucher zurollen<br />

und sie ansprechen.<br />

Als Technologielabor sah Dipl. Ing. Tim Edler (realities:united,<br />

Berl<strong>in</strong>) neue Kunstmuseen. Der gelernte<br />

Architekt erarbeitet gerade e<strong>in</strong> „Konzept der Konzeption“<br />

für das Kunsthaus Graz, das Peter Cook bis 2003 als<br />

gigantische blaue Blase errichten wird. Erfrischend war<br />

Edlers Credo: Neue Technologien seien <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie<br />

Selbstzweck, außerdem e<strong>in</strong>e Erfahrung, schließlich extrem<br />

wichtig. In Graz soll die Plexiglashülle des Gebäudes<br />

nachts h<strong>in</strong>terleuchtet werden, was die Gelegenheit bietet,<br />

computergesteuert Bilder oder Bildfolgen e<strong>in</strong>zuspeisen. E<strong>in</strong>e<br />

weitere von Edlers Ideen s<strong>in</strong>d kle<strong>in</strong>e, handliche Ausstellungskataloge,<br />

die man während des Museumsbesuchs<br />

problemlos mit sich herumtragen kann: Will man näheres<br />

zu bestimmten Objekten erfahren, kann dies an Infoterm<strong>in</strong>als<br />

über e<strong>in</strong>en Strichcode neben der Abbildung des Objekts<br />

im Katalog erfolgen. In der folgenden Diskussion wurde<br />

nicht zu Unrecht formuliert, ob nicht der Imagetransfer<br />

(„Jugendlichkeit“) der <strong>Museen</strong> durch E<strong>in</strong>satz „neuer Medien“<br />

langsam erschöpft sei, zumal die technischen und<br />

auch ästhetischen Verfalls<strong>in</strong>tervalle immer kürzer würden,<br />

e<strong>in</strong>e ständige Erneuerung aber nicht möglich sei.<br />

Den ersten Veranstaltungstag beschlossen Überlegungen<br />

von Prof. Dr. Boris Groys von der Hochschule für Gestaltung<br />

Karlsruhe zur „Ästhetik der Video<strong>in</strong>stallation“ <strong>in</strong>


BERICHTE/AKTUELLES 59<br />

<strong>Museen</strong>. In Umkehrung der Rezeptionssituation bei anderen<br />

Ausstellungsgegenständen, die sich zum<strong>in</strong>dest über e<strong>in</strong>e<br />

bestimmte Zeit nicht verändern, seien Filme bzw. Video<strong>in</strong>stallationen<br />

mobil, der Betrachter immobil. Das System<br />

kollabiere, wenn im Museum beide Modelle – der Film läuft,<br />

der Besucher auch – aufe<strong>in</strong>ander träfen. Durch die entstehende<br />

Heterochronie sei es <strong>in</strong> der Regel nicht möglich, e<strong>in</strong><br />

Video-Kunstwerk vollständig zu sehen, was Frustrationen<br />

beim Besucher auslöse. Dennoch sei diese „Kunst jenseits<br />

des Bildes“ unserer Zeit angemessen und erfordere e<strong>in</strong>e<br />

veränderte Sichtweise des Betrachters, der sich – je nach<br />

eigenem Rhythmus – mit Ausschnitten zufrieden geben und<br />

eigene Kompetenz (Verweildauer) e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen müsse. Interessant<br />

zwei weitere Thesen Groys´: der Ort Museum sei es<br />

erst, der dem Film der Video<strong>in</strong>stallation die Aura des Orig<strong>in</strong>als<br />

verleihe. Zudem: Video<strong>in</strong>stallationen im Museum be<strong>in</strong>halteten<br />

e<strong>in</strong>e Entmachtung des Betrachters, der zwangsläufig<br />

– und damit fremdgesteuert vom Ausstellungskurator<br />

– vom beleuchteten Bildschirm <strong>in</strong> ansonsten abgedunkelten<br />

Räumen angezogen werde.<br />

Den zweiten Teil des Themenblocks „Das Museum als<br />

Medium – aktuelle Relevanz“ bestritten Dr. Michael Fehr,<br />

Direktor des Karl-Ernst-Osthaus-Museum Hagen und<br />

Prof. Dr. Peter J. Schneemann vom Institut für Kunstgeschichte<br />

der Universität Bern. Fehr stellte fest, dass<br />

<strong>Museen</strong> zunächst ke<strong>in</strong>e Medien seien, da e<strong>in</strong> unmittelbares<br />

Verhältnis zwischen Besucher und Kunstwerk bestehe.<br />

Inzwischen wandelten sich aber viele <strong>Museen</strong> zu<br />

Massenmedien, etwa die Tate Modern Galerie, oder h<strong>in</strong><br />

zu Themenparks und Infota<strong>in</strong>mentcentern. In manchen<br />

<strong>Museen</strong> seien alle<strong>in</strong> schon die großen Besucherzahlen,<br />

die bewältigt werden müssten, Anlass, e<strong>in</strong>e Umgestaltung<br />

zum Medium vorzunehmen. <strong>Museen</strong>, die <strong>Museen</strong> im<br />

eigentlichen S<strong>in</strong>n bleiben, würden aber zukünftig exklusiven<br />

Charakter haben, zumal Muße die Voraussetzung für<br />

ästhetische Wahrnehmung sei. Ausführlich entwickelte<br />

Fehr das Bild e<strong>in</strong>es fiktiven Museums, e<strong>in</strong>es organischen,<br />

idealtypischen Gebildes, e<strong>in</strong>em ständigen Prozess <strong>in</strong>nerer<br />

Veränderung unterworfen.<br />

Schneemann referierte unter dem Titel „Das ausgestellte<br />

Wort“ über den Umgang mit Texten im Museum. Er stellte<br />

verschiedene Ideologien vor, etwa die bewusste Ausgrenzung<br />

der Sprache vor dem sich selbst vermittelnden<br />

Werk im Antiraum des modernen Museums („sprachlos<br />

re<strong>in</strong>es Erleben“), wogegen die Kataloge zu diesen Ausstellungen<br />

ständig dicker würden. In der modernen Kunst<br />

sei jedoch immer häufiger e<strong>in</strong>e vom Künstler gewollte<br />

Wechselwirkung zwischen Bildbetrachtung und e<strong>in</strong>em<br />

Text festzustellen, auch seien Texte <strong>in</strong>tegrale Bestandteile<br />

vieler Video<strong>in</strong>stallationen. Audioguides s<strong>in</strong>d für Schneemann<br />

ke<strong>in</strong>e Alternative zum gedruckten Text, da die Be-<br />

sucher quasi mit dem Kurator im Ohr ferngesteuert-autistisch<br />

vor den Werken stünden. Se<strong>in</strong> Votum: die Angst<br />

vor Texten im Museum abzubauen und e<strong>in</strong>e Verschmelzung<br />

von Werk und kritischem Diskurs anzustreben.<br />

Die beiden Assistent<strong>in</strong>nen am Institut für Kunstgeschichte,<br />

die sich schwerpunktmäßig der Museologenausbildung<br />

widmen sollen, suchten nun den Bogen zwischen<br />

Museum und Wissenschaft zu schlagen. Dr. Bärbel Küster<br />

berichtete unter dem Titel „Museum und Warenästhetik“<br />

über „Display im digitalen Zeitalter“. Ihr Vortrag führte<br />

aber zunächst <strong>in</strong> weitausholendem Bogen durch die<br />

Geschichte der Gemäldehängung <strong>in</strong> Ausstellungen und<br />

<strong>Museen</strong>, von der gedrängten „Bilderwand“ höfischer<br />

Wunderkammern und <strong>in</strong> (Verkaufs-)Salons des 19. Jahrhunderts<br />

h<strong>in</strong> zur e<strong>in</strong>reihigen E<strong>in</strong>zelhängung, die sich erst<br />

bei der Wiener Sezession und <strong>in</strong> der Zeit der Art Nouveau<br />

durchsetzte. Sie zitierte Max Holle<strong>in</strong>, der die starke Vere<strong>in</strong>zelung<br />

von Kunstwerken bei der Präsentation damit<br />

kommentiert hatte, heute sehe e<strong>in</strong> Kunstmuseum aus wie<br />

e<strong>in</strong> Luxusladen, und merkte an, dass e<strong>in</strong>e „weite Hängung“,<br />

etwa wie durch Peter-Klaus Schuster <strong>in</strong> der Berl<strong>in</strong>er<br />

Nationalgalerie, den Betrachtern die <strong>in</strong>dividuelle,<br />

kreative Auswahlmöglichkeit verweigere, die bei e<strong>in</strong>er der<br />

modernen Werbeästhetik entsprechenden großen Bilderdichte<br />

gegeben sie. Dies rief e<strong>in</strong>e lebhafte Diskussion<br />

hervor, <strong>in</strong> der u. a. betont wurde, dass ja jede Form von<br />

Präsentation gleichzeitig e<strong>in</strong>e Inszenierung bedeute. Die<br />

Geschichte der Wissenschaft vom Museum als Theorie<br />

der Museumspraxis, beg<strong>in</strong>nend mit der Erarbeitung e<strong>in</strong>es<br />

wissenschaftlichen Rahmens zur Museologie durch<br />

ICOFON 1976, stellte Angela Zieger dar.<br />

In der abschließenden Podiumsdiskussion, an der unter<br />

anderem Christoph Vitali, der scheidende Direktor des<br />

Hauses der Kunst <strong>in</strong> München und e<strong>in</strong>e Vertreter<strong>in</strong> des<br />

Baden-Württembergischen Wissenschaftsm<strong>in</strong>isteriums,<br />

aber ke<strong>in</strong> Vertreter e<strong>in</strong>es Museums teilnahmen, kehrte<br />

man u. a. zur künftigen Museologenausbildung <strong>in</strong> Stuttgart<br />

zurück. Die Frage, wer hier für welche Zwecke ausgebildet<br />

werden soll, blieb aber letztlich offen, auch blieb<br />

im Dunklen, wie die praktische Ausbildung, etwa durch<br />

Volontariate bei <strong>Museen</strong>, erfolgen soll. Es ist dem künftigen<br />

Studiengang zu wünschen, dass bei aller berechtigten<br />

Verwissenschaftlichung die Bodenhaftung nicht verloren<br />

geht und damit das unterstellte Ziel, die Studenten<br />

nicht am „Markt“ vorbei auszubilden (der nicht nur aus<br />

den „großen“ Häusern und <strong>in</strong>haltlich ausschließlich aus<br />

„Kunst“, sondern vor allem auch aus mittleren und kle<strong>in</strong>eren<br />

kommunalen <strong>Museen</strong> und Galerien unterschiedlichster<br />

Bereiche besteht), erreicht wird.<br />

Wolfgang Stäbler


60<br />

NEUE WEGE DER MUSEUMSPÄDAGOGIK<br />

Fachtagung des Arbeitskreises selbständiger Kultur-<br />

Institute e. V. <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit der Deutschen<br />

UNESCO-Kommission<br />

Vom 25. bis 26. April 2002 fand im Museumszentrum<br />

Lorsch, direkt neben der berühmten vorromanischen Toroder<br />

Königshalle, e<strong>in</strong>e museumspädagogische Fachtagung<br />

statt, an der <strong>in</strong>sgesamt über 80 Kolleg<strong>in</strong>nen und<br />

Kollegen aus dem Museumsbereich teilnahmen. Veranstalter<br />

war der Arbeitskreis selbständiger Kultur-Institute<br />

e. V. (AsKI) , e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>richtung, deren Mitglieder sich <strong>in</strong> der<br />

Regel aus kulturellen Stiftungen der Museums-, Literatur-,<br />

Musik- und Archivwelt zusammensetzen. Bayerische Mitglieder<br />

s<strong>in</strong>d z. B. das Germanische Nationalmuseum<br />

Nürnberg und die Stiftung Ostdeutsche Galerie <strong>in</strong> Regensburg.<br />

Geme<strong>in</strong>sam mit der Deutschen UNESCO-Kommission,<br />

dem Museumszentrum Lorsch und der Verwaltung<br />

der Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen hatte die<br />

AsKI nach Lorsch e<strong>in</strong>geladen, um am Ort e<strong>in</strong>es außergewöhnlichen<br />

Denkmals, das <strong>in</strong> die Liste des UNESCO-<br />

Weltkultur Erbes aufgenommen wurde, über Fragen der<br />

Museums- und Denkmalpädagogik zu diskutieren.<br />

Zu Beg<strong>in</strong>n <strong>in</strong>formierte Monika Hagedorn-Saupe vom<br />

Institut für Museumskunde <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> über e<strong>in</strong>ige grundlegenden<br />

Zahlen zur Situation der museumspädagogischen<br />

Programme und zur Personalsituation an deutschen<br />

<strong>Museen</strong>. Die Daten basieren auf e<strong>in</strong>er Umfrage, die<br />

1999 zusammen mit den Besucherzahlen durchgeführt<br />

worden war. Die gesamtdeutsche Entwicklung, nämlich<br />

e<strong>in</strong> vielfältigeres Vermittlungsangebot für stärker ausdifferenzierte<br />

Zielgruppen, ist auch für die bayerischen <strong>Museen</strong><br />

festzustellen. Auch e<strong>in</strong>e größere Professionalisierung,<br />

wie wir sie an bayerischen E<strong>in</strong>richtungen ablesen<br />

konnten, ist für die deutsche Museumslandschaft zu konstatieren.<br />

Ebenfalls am Berl<strong>in</strong>er Institut tätig ist Andrea Prehn, die<br />

spezielle Internetpräsentationen zur Museumspädagogik<br />

vorstellte. Ihren kurzen Überblick hatte sie <strong>in</strong> drei Kategorien<br />

gegliedert: <strong>in</strong> <strong>Museen</strong>, die <strong>in</strong> ihrer homepage „nur“<br />

darauf h<strong>in</strong>weisen, dass sie über museumspädagogische<br />

Angebote verfügen, <strong>Museen</strong>, die ausführlich ihr Vermittlungsprogramm<br />

vorstellen und <strong>Museen</strong>, die bereits das<br />

Internet als Forum für museumspädagogische Aktivitäten<br />

nutzen, wie z. B. Kunsthaus Zürich oder das Senkenbergmuseum<br />

<strong>in</strong> Frankfurt.<br />

In medias res g<strong>in</strong>g es dann im ersten Abschnitt der<br />

Tagung, als mit Dr. Dieter Roghé, dem Vertreter des Staatlichen<br />

Schulamts Heppenheim, und mit Dr. Wolfgang<br />

Zacharias von der Pädagogischen Aktion-SPIELkultur e. V.<br />

aus München zwei Referenten ganz unterschiedlicher<br />

Sichtweisen der Vermittlungs- und Bildungsarbeit zur<br />

Sprache kamen. Beide waren sich dar<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ig, dass e<strong>in</strong><br />

Museumsbesuch e<strong>in</strong>e wesentliche Bereicherung des<br />

Schulunterrichts se<strong>in</strong> kann. Während Roghé konkreter<br />

BERICHTE/AKTUELLES<br />

auf die praktische Umsetzung, auf organisatorische<br />

Probleme und beispielhafte Kooperationen vorstellte,<br />

reflektierte Zacharias generell über die verschiedenen Formen<br />

des Lernen und Lehrens, über Bildungsziele, -orte<br />

und -formen.<br />

Am Nachmittag stellte Dr. Hildegard Vieregg vom Museums-Pädagogischen<br />

Zentrum München <strong>in</strong> der zweiten<br />

Tagungssequenz zunächst das breite Arbeitsfeld der Museumspädagogik<br />

vor und ließ die geschichtliche Entwicklung<br />

dieses Faches Revue passieren. Die beiden folgenden<br />

Referate von Dr. Hannelore Kunz-Ott, Landesstelle<br />

für die nichtstaatlichen <strong>Museen</strong> <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong>, und von Folker<br />

Metzger vom Deutschen Hygiene-Museum Dresden widmeten<br />

sich den Bereichen Museumspädagogik und Öffentlichkeitsarbeit.<br />

Während die Münchner Referent<strong>in</strong> beide<br />

Berufsfelder zunächst theoretisch beleuchtete und<br />

anschließend e<strong>in</strong>ige Beispiele aus der deutschen Museumspraxis<br />

vorstellte, gewährte der Dresdener Kollege,<br />

der zuvor e<strong>in</strong>ige Jahre am Badischen Landesmuseum <strong>in</strong><br />

Karlsruhe tätig gewesen war, e<strong>in</strong>en Blick auf die konkrete<br />

Arbeitsaufteilung im Hygienemuseum. Beide Referenten<br />

wiesen deutlich darauf h<strong>in</strong>, dass <strong>in</strong>zwischen sowohl das<br />

Arbeitsgebiet „Museumspädagogik“ als auch der Bereich<br />

der Öffentlichkeitsarbeit arbeits-, personal- und zeitaufwendige<br />

Tätigkeitsfelder umfassen, die notwendig<br />

und jeweils von professionellen Fachkräften bearbeitet<br />

werden müssten. Häufig ist dies aber aus f<strong>in</strong>anziellen<br />

Gründen nicht möglich und so wird <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen <strong>Museen</strong><br />

e<strong>in</strong>e Notlösung dar<strong>in</strong> gefunden, dass man die museumspädagogische<br />

Fachkraft auch mit Aufgaben der Öffentlichkeitsarbeit<br />

betraut. Am Abend des ersten Veranstaltungstages<br />

<strong>in</strong>formierte die stellvertretende Präsident<strong>in</strong><br />

der Deutschen UNESCO-Kommission, Dr. Verena Metze-<br />

Mangold, über die deutschen Beiträge zum UNESCO-<br />

Programm „Memory of the World“.<br />

Der zweite Tag führte über die deutschen Grenzen h<strong>in</strong>aus<br />

und brachte mit Venedikt Tyazhelow vom Pushk<strong>in</strong>-Museum<br />

<strong>in</strong> Moskau und mit Dr. Monique Fuchs vom Chateau<br />

du Haut Koenigsbourg <strong>in</strong> der Nähe von Straßburg zwei<br />

Kollegen, die aus ihrem sehr unterschiedlichen Berufsalltag<br />

und von ihren speziellen Vermittlungs- und Bildungsangeboten<br />

berichteten. Während im Moskauer Pushk<strong>in</strong>-<br />

Museum, das neben kulturgeschichtlichen Objekten u. a.<br />

der ägyptischen Kunst e<strong>in</strong>e bedeutende Sammlung impressionistischer<br />

Malerei beherbergt, e<strong>in</strong> ausgeprägtes<br />

Bildungsprogramm für K<strong>in</strong>der, Schüler, Jugendliche und<br />

Familien zu europäischer Kunst und Kultur angeboten<br />

wird, stellte Monique Fuchs ihren eher spielerischen Vermittlungsansatz<br />

auf Schloß Haut-Koenigsbourg vor. Über<br />

die regionalen Grenzen h<strong>in</strong>aus bekannt wurden ihre<br />

speziellen Führungen unter dem Namen „visite ludique“.


BERICHTE/AKTUELLES 61<br />

Hier schlüpfen qualifizierte Führungskräfte, meist Studenten,<br />

die ausführlich <strong>in</strong> ihren fachlichen, pädagogischen<br />

und schauspielerischen Fähigkeiten geschult werden, <strong>in</strong><br />

die Rolle e<strong>in</strong>er historischen Person und führen die Besuchergruppen<br />

durch das Schloss. Ihre Informationen<br />

und Kommentare entspr<strong>in</strong>gen jeweils aus ihrer ganz<br />

speziellen Sicht und vermitteln dem Publikum sehr e<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>glich<br />

und nachhaltig, aber nicht belehrend historische<br />

Inhalte.<br />

Den Abschluss der Tagung bildeten Überlegungen zur<br />

Didaktik <strong>in</strong> kulturhistorischen Ausstellungen aus der Sicht<br />

e<strong>in</strong>es Geschichtsdidaktikers. Prof. Dr. Manfred Treml,<br />

Leiter des Museums-Pädagogischen Zentrums München,<br />

gab e<strong>in</strong>en Überblick über den Stand der Geschichtswissenschaften<br />

und deren Beschäftigung mit historischen<br />

Bildern und orig<strong>in</strong>alen Objekten, wie wir sie <strong>in</strong><br />

den <strong>Museen</strong> vorf<strong>in</strong>den. Se<strong>in</strong> Resumé: Lernen setzt<br />

sich aus vier Dimensionen zusammen: aus dem Ästhetischen,<br />

dem Kommunikativen, dem Emotionalen und dem<br />

Kognitiven.<br />

Erste Ansätze der Vermittlung im Bereich der Denkmalpflege<br />

stellte Hanna Hilger von der Deutschen Stiftung<br />

Denkmalschutz aus Bonn vor. Mit unterschiedlichen Projekten<br />

und Maßnahmen, zum Beispiel durch das Angebot<br />

e<strong>in</strong>es freiwilligen Jahrs an e<strong>in</strong>er Jugendbauhütte, soll das<br />

Verständnis für das bauliche Erbe und für historische<br />

Handwerkstechniken geweckt werden. Außerdem setzt<br />

man stark auf e<strong>in</strong>e ansprechende Internetpräsentation,<br />

mit der man Jugendliche für die Belange der Denkmalpflege<br />

<strong>in</strong>teressieren möchte (www.denkmal-mit-pfiff.de<br />

oder www.denkmalschutz.de).<br />

Zusammenfassend betrachtet hat die Tagung <strong>in</strong> Lorsch<br />

vielleicht weniger neue Wege der Museumspädagogik<br />

aufgezeigt, als den Stand der Diskussion dieses Berufszweiges<br />

widergespiegelt und e<strong>in</strong>ige Schlaglichter auf aktuelle<br />

Fragen und Probleme dieses Tätigkeitsfeldes geworfen.<br />

Als nicht hessischer Teilnehmer hätte man sich<br />

neben den Vorträgen auch Zeit für die Besichtigung des<br />

Veranstaltungsortes gewünscht. Interessant wäre sicherlich<br />

auch e<strong>in</strong>e kurze E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> die örtliche Vermittlungsarbeit<br />

gewesen, zumal das Museumszentrum<br />

Lorsch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em attraktiven Heftchen für das vielfältige<br />

Programm der Erlebnispädagogik im Kloster Lorsch<br />

wirbt. Es ist geplant, die Vorträge der Tagung demnächst<br />

zu publizieren.<br />

Hannelore Kunz-Ott<br />

Weitere Informationen: Dr. Sab<strong>in</strong>e Jung, Arbeitskreis<br />

selbständiger Kultur<strong>in</strong>stitute e. V., Pr<strong>in</strong>z-Albert-Str. 34,<br />

53113 Bonn, Tel. 0228/224860, E-mail: <strong>in</strong>fo@aski.org<br />

INTERNATIONALER MUSEUMSTAG 2002:<br />

ÜBER 220 BAYERISCHE MUSEEN<br />

LUDEN ZUM MITFEIERN EIN<br />

<strong>Museen</strong> im Blickpunkt – weltweit machen <strong>Museen</strong> e<strong>in</strong>mal<br />

im Jahr geme<strong>in</strong>sam am Internationalen Museumstag auf<br />

sich aufmerksam. In diesem Jahr beteiligten sich trotz der<br />

Term<strong>in</strong>überschneidung mit dem Muttertag alle<strong>in</strong> <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong><br />

226 <strong>Museen</strong> an dem „Museumsfeiertag“ am 12. Mai.<br />

Sie boten spannende Mitmach-Aktionen für K<strong>in</strong>der,<br />

Handwerksvorführungen, Musikdarbietungen, Ausstellungseröffnungen<br />

und Sonderführungen – oft bei freiem<br />

E<strong>in</strong>tritt. Deutschlandweit boten gar 1200 <strong>Museen</strong> e<strong>in</strong> buntes<br />

Programm.<br />

Die Landesstelle verlieh dem Museumstag mit e<strong>in</strong>er offiziellen<br />

Auftaktveranstaltung im unterfränkischen Iphofen-<br />

Mönchsondheim besonderes Gewicht: Dr. Siegfried<br />

Naser, der Präsident des bayerischen Sparkassenverbands<br />

– die Sparkassen unterstützen maßgeblich den<br />

Internationalen Museumstag – und Dr. York Langenste<strong>in</strong>,<br />

Leiter der Landesstelle für die nichtstaatlichen <strong>Museen</strong><br />

gaben im Fränkischen Bauern- und Handwerkermuseum<br />

Kirchenburg Mönchsondheim den „Startschuss“ für ganz<br />

<strong>Bayern</strong>. Bei der Feier trotzten mit ihnen fast 300 Gäste<br />

tapfer dem Regen. Dr. York Langenste<strong>in</strong> betonte die Bedeutung<br />

der regionalen <strong>Museen</strong> vor Ort im Prozess der<br />

Globalisierung. Gerade sie leisteten e<strong>in</strong>en wichtigen Beitrag<br />

zum Verständnis eigener und fremder Kultur und<br />

Wertvorstellungen.<br />

Während die geplante Pflanzung e<strong>in</strong>es Baumes auf der<br />

neuangelegten Museumswiese <strong>in</strong> Mönchsondheim auf<br />

Grund der Nässe buchstäblich <strong>in</strong>s Wasser fiel, rückten<br />

die Besucher <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em provisorisch überdachten Innenhof<br />

um so mehr zusammen und genossen die dortigen Programmpunkte.<br />

Der Geldersheimer Trachtenvere<strong>in</strong> z. B.<br />

führte die Besucher unterhaltsam <strong>in</strong> die Geheimnisse der<br />

fränkischen Sonntags-, Feiertags-, Arbeits- und Witwentrachten<br />

e<strong>in</strong>. Die Feuerwehrkapelle Iphofen sorgte zwischendurch<br />

immer wieder für Stimmung. Die neueröffnete<br />

Ausstellung zur Landwirtschaft auf dem Paulshof <strong>in</strong> der<br />

ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zog die Besucher <strong>in</strong><br />

Scharen an.<br />

Doch nicht nur <strong>in</strong> Mönchsondheim gab es am Internationalen<br />

Museumstag reizvolle Aktionen rund um das Museum<br />

und das Motto des Museumstag „<strong>Museen</strong> und Globalisierung“.<br />

Die Palette reichte vom Jazzfrühstück mit<br />

Lesung („Mit dem Goggo nach Marokko“) im Museum<br />

D<strong>in</strong>golf<strong>in</strong>g über Z<strong>in</strong>nfigurengießen mit Musik und Freibier<br />

im Deutschen Z<strong>in</strong>nfigurenmuseum <strong>in</strong> Kulmbach bis zur<br />

Führung mit szenischen Darstellungen im Park der<br />

Bayreuther Eremitage.<br />

LANDART – Holzkunst zum Mitmachen und Spezialitäten<br />

aus dem Spessart standen <strong>in</strong> Lohr am Ma<strong>in</strong> auf dem Pro-


62<br />

Unterfränkische Trachten erklärten Mitglieder des Geldersheimer<br />

Trachtenvere<strong>in</strong>s bei der Auftaktveranstaltung zum Internationalen<br />

Museumstag <strong>in</strong> Mönchsondheim<br />

gramm, während man <strong>in</strong> der Kreisheimatstube im schwäbischen<br />

Stoffenried beim Besen- und Bürstenb<strong>in</strong>den,<br />

Sp<strong>in</strong>nen und Drechseln zusehen konnte. Für Freunde<br />

moderner Kunst war die Eröffnung e<strong>in</strong>er Ausstellung mit<br />

Werken von Daniel Spoerri <strong>in</strong> Anwesenheit des Künstlers<br />

im Museum Ostdeutsche Galerie <strong>in</strong> Regensburg e<strong>in</strong><br />

Leckerbissen.<br />

In der Landeshauptstadt München war u. a. im Staatlichen<br />

Museum Ägyptischer Kunst „Tierisch was los“:<br />

Hier lockten Tierskulpturen, Schm<strong>in</strong>ken nach Art der alten<br />

Ägypter und Familienführungen. Auf Interesse der Liebhaber<br />

klassischer Kunst stießen die Vorführungen zur<br />

Herstellung von Gipsabgüssen im Museum für Abgüsse<br />

Klassischer Bildwerke.<br />

E<strong>in</strong> kompletter Überblick über die <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> gebotenen<br />

Veranstaltungen war durch die mit e<strong>in</strong>er speziellen<br />

Museumstags-Datenbank ausgerüsteten Internetseiten der<br />

Landesstelle unter www.museen-<strong>in</strong>-bayern.de und<br />

deutschlandweit durch die <strong>Seiten</strong> des Museumsbundes<br />

www.museumstag.de gewährleistet. So konnte sich jeder<br />

die Veranstaltungen aus der Gesamtliste, nach Regierungsbezirken<br />

geordnet oder über die Landkarte auswählen.<br />

E<strong>in</strong> herzlicher Dank ergeht an alle, die den Internationalen<br />

Museumstag durch Ideenreichtum und Engagement zum<br />

wirklichen „Museumsfeiertag“ machen! Und dies soll<br />

auch nächstes Jahr wieder so se<strong>in</strong>: es wird schon heute<br />

zur Beteiligung am Museumstag 2003 am 18. Mai unter<br />

dem Motto „<strong>Museen</strong> haben Freunde“ e<strong>in</strong>geladen!<br />

Monika Dreykorn<br />

BERICHTE/AKTUELLES<br />

WWW.MUSEEN-IN-BAYERN.DE:<br />

ALLE BAYERISCHEN MUSEEN AUF EINEN KLICK<br />

Helfen Sie mit, die Museumsdatenbank der Landesstelle<br />

aktuell zu halten!<br />

Unter www.museen-<strong>in</strong>-bayern.de, der Museumsdatenbank<br />

der Landesstelle im Internet, f<strong>in</strong>den Interessierte alle<br />

notwendigen Daten der rund 1150 bayerischen <strong>Museen</strong>.<br />

Basierend auf dem Museumshandbuch „<strong>Museen</strong> <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong>“<br />

erlauben die Internetseiten den direkten Zugriff auf<br />

Informationen zu jedem bayerischen Museum. Seien es<br />

nun die Haus- bzw. Postanschrift, Telefon- und Faxnummern,<br />

die Öffnungszeiten oder die Internetadresse: der<br />

Auftritt stellt potentiellen Besuchern <strong>in</strong> übersichtlichem<br />

Layout die notwendigen Grundlagen für die Planung des<br />

Museumsbesuchs zur Verfügung.<br />

Wie im Museumshandbuch der Landesstelle wird auch <strong>in</strong><br />

der Internetdatenbank jedes e<strong>in</strong>zelne Museum ausführlich<br />

beschrieben, die jeweiligen Sammlungsschwerpunkte<br />

s<strong>in</strong>d hervorgehoben und auch e<strong>in</strong>e Auflistung der aktuellen<br />

Sonderausstellungen der e<strong>in</strong>zelnen Häuser fehlt<br />

nicht. Es ist möglich, L<strong>in</strong>ks zu setzen, über die die Surfer<br />

direkt zu den Webseiten der jeweiligen <strong>Museen</strong> gelangen<br />

können. Auch E-Mail-Adressen für direkte Nachfragen<br />

lassen sich hier e<strong>in</strong>fach und schnell e<strong>in</strong>tragen.<br />

Auch die Recherche nach den e<strong>in</strong>zelnen <strong>Museen</strong> ist differenziert<br />

gestaltet: Über komfortable Suchfunktionen f<strong>in</strong>den<br />

die potentiellen Besucher <strong>in</strong> kurzer Zeit das passende<br />

Museum. Sie können von der Startseite aus <strong>Museen</strong><br />

auf der Landkarte, nach Regierungsbezirken und Landkreisen<br />

auswählen, nach e<strong>in</strong>zelnen Orten oder Schlagworten<br />

recherchieren oder sich <strong>Museen</strong> mit besonderen<br />

Sammlungsschwerpunkten anzeigen lassen.<br />

Die Landkartensuche erleichtert die Planung e<strong>in</strong>es Ausflugs<br />

ungeme<strong>in</strong>. E<strong>in</strong>zelne Landkreise können nach <strong>Museen</strong><br />

als Ausflugsziele abgefragt werden. Dabei kann man<br />

sich entweder alle <strong>Museen</strong> e<strong>in</strong>es Landkreises anzeigen<br />

lassen oder auch nur die e<strong>in</strong>zelner Orte. Zur flexibleren<br />

Handhabung kann die Suche auch direkt durch e<strong>in</strong>faches<br />

Navigieren mit dem Cursor auf die benachbarten Landkreise<br />

ausgedehnt werden.<br />

Die Struktur der e<strong>in</strong>mal erstellten Landkartensuche lässt<br />

sich zu speziellen Anlässen auch anderweitig verwenden.<br />

So ergänzte die Landesstelle ihre Webseiten zum Internationalen<br />

Museumstag am 12.5.2002 mit e<strong>in</strong>er Datenbank<br />

mit allen bayerischen Veranstaltungen, die wiederum<br />

nach Landkarte, über die Regierungsbezirke oder <strong>in</strong>sgesamt<br />

als Liste abzufragen war. So wurden die vielfältigen<br />

Angebote der bayerischen <strong>Museen</strong> an diesem „Museumsfeiertag“<br />

für den Besucher übersichtlich dargestellt.<br />

Schon jetzt hat sich der Internetauftritt laut Zugriffszahlen<br />

e<strong>in</strong>en Platz im Herzen und <strong>in</strong> den Adressbüchern der


BERICHTE/AKTUELLES 63<br />

Startseite von „museen-<strong>in</strong>-bayern.de“ Museumssuche mit Hilfe e<strong>in</strong>er Landkarte<br />

Museumsbesucher erobert. Zwischen 400-800 Besucher<br />

sehen die <strong>Seiten</strong> durchschnittlich am Tag, so die <strong>in</strong>terne<br />

Zugriffsstatistik. Sie verweilen im Schnitt vier M<strong>in</strong>uten auf<br />

den <strong>Seiten</strong> der Landesstelle und betrachten 18 <strong>Seiten</strong>. Interessant<br />

s<strong>in</strong>d auch die Herkunftsländer der Besucher:<br />

neben dem größten Teil, der aus dem deutschsprachigen<br />

Raum kommt, surfen oft auch Niederländer, Italiener und<br />

Schweizer die Museumsseiten an. Immer wieder <strong>in</strong>teressieren<br />

sich aber auch Besucher aus Hongkong, Tuvalu,<br />

Südafrika, Mexiko oder anderen, weit entfernten Weltgegenden<br />

für die bayerische Museumslandschaft.<br />

Die Museumsdatenbank muss, damit sie nicht an Attraktivität<br />

verliert, laufend aktualisiert werden. Dies bedeutet<br />

aber bei der Menge der bayerischen <strong>Museen</strong>, dass die<br />

Landesstelle auf Ihre Mithilfe angewiesen ist!<br />

Wir bitten Sie: Überprüfen Sie die Angaben zu Ihrem<br />

Museum auf www.museen-<strong>in</strong>-bayern.de im Internet und<br />

teilen Sie uns eventuelle Änderungen oder Ergänzungen<br />

mit. Informieren Sie uns auch über Ihre Sonderausstellungsterm<strong>in</strong>e<br />

und -themen! Setzen Sie uns, falls vorhanden,<br />

auf Ihren Presseverteiler! Nur wenn Sie uns auf dem<br />

Laufenden halten, können wir unsere Datenbank ständig<br />

aktualisieren – und Aktualität macht ja die Attraktivität e<strong>in</strong>er<br />

geme<strong>in</strong>samen Datenbank der bayerischen <strong>Museen</strong> im<br />

Internet aus!<br />

Monika Dreykorn<br />

Präsentation e<strong>in</strong>es Museums mit Bild und Text Veröffentlichungen, auch zum Herunterladen


64<br />

100 SONDERAUSSTELLUNGEN IM SCHWÄBISCHEN<br />

VOLKSKUNDEMUSEUM OBERSCHÖNENFELD<br />

E<strong>in</strong> Rückblick anlässlich e<strong>in</strong>es besonderen Jubiläums<br />

Sonderausstellungen gehören zur aktiven Museumsarbeit.<br />

Sie haben den Reiz des E<strong>in</strong>maligen. Man muss sie<br />

im Gegensatz zu den ständigen Sammlungen <strong>in</strong>nerhalb<br />

e<strong>in</strong>es bestimmten Zeitraumes gesehen haben. Sonderausstellungen<br />

s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e wesentliche Bereicherung des<br />

Angebotes im Museum, ja sie s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> entscheidender<br />

Faktor für die Besucherzahlen. Die Möglichkeiten hängen<br />

von den räumlichen, personellen und f<strong>in</strong>anziellen Gegebenheiten<br />

ab. Sie reichen von der Darbietung e<strong>in</strong>zelner<br />

Objekte, z. B. als Kunstwerke des Monats oder als Neuerwerbungen,<br />

bis zu Raum oder Etagen füllenden Ausstellungen.<br />

Das Schwäbische Volkskundemuseum Oberschönenfeld<br />

hat seit 1987 100 Sonderausstellungen präsentiert. Entsprechend<br />

der baulichen Sanierung der Museumsgebäude<br />

und mit dem ständig steigenden Besucher<strong>in</strong>teresse<br />

hat das Angebot von Jahr zu Jahr zugenommen. Als<br />

Regionalmuseum des Bezirks Schwaben haben wir bestimmte<br />

Aspekte der Kulturgeschichte und Besonderhei-<br />

BERICHTE/AKTUELLES<br />

ten des Volkslebens <strong>in</strong> Schwaben thematisiert und <strong>in</strong> den<br />

Blickpunkt gestellt.<br />

Sehr viel Beachtung fanden die alljährlichen Ausstellungen<br />

zur Advents- und Weihnachtszeit. 6 Krippenausstellungen<br />

haben die vielfältigen Darstellungsformen und<br />

kreativen Gestaltungen der Weihnachtsbotschaft gezeigt.<br />

Die Krippen des Augsburger Schnitzers Josef Wiegel, die<br />

Papierkrippen, die Wachskrippen, die Krippen mit Tonmodelfiguren<br />

(sog. Bachene) haben die Bedeutung des<br />

Krippenbrauchtums <strong>in</strong> Bayerisch Schwaben ebenso unter<br />

Beweis gestellt wie e<strong>in</strong> Überblick der Krippengestaltung<br />

von der Barockzeit bis zur Gegenwart. Dazu kam e<strong>in</strong><br />

Blick auf die reichhaltige Tradition der Krippen <strong>in</strong> Böhmen<br />

und Mähren.<br />

Im Wechsel mit anderen Themen wie St. Nikolaus <strong>in</strong><br />

Schwaben, Kaufläden, Puppenküchen, Nahrungsbräuche<br />

oder Christbaumschmuck ist die Weihnachtsausstellung<br />

e<strong>in</strong> Markenzeichen des Museums geworden. Breites Interesse<br />

fanden auch andere Bereiche der religiösen<br />

Volkskunst. Klosterarbeiten, Andachtsbilder und Rosenkränze,<br />

H<strong>in</strong>terglasbilder und Ostereier, fe<strong>in</strong> verzierte<br />

Wachskerzen und Wachsgebilde haben die Welt des<br />

Glaubens und der Frömmigkeit anschaulich dokumentiert.<br />

E<strong>in</strong> umfangreiches Begleitprogramm mit jahreszeitlich<br />

orientierten Festen vom Funkenfeuer bis zum<br />

Kirchweihtanz, Volkslieder s<strong>in</strong>gen, Geschichten erzählen,<br />

handwerkliche Vorführungen, Vorträge und Führungen<br />

haben die fachlichen Inhalte vertieft und den Museumsbesuch<br />

zum geselligen und unterhaltsamen Ereignis erweitert.<br />

E<strong>in</strong>e Modenschau mit Kleidern der letzten 40 Jahre<br />

war e<strong>in</strong>e besondere Attraktion <strong>in</strong> der Ausstellung<br />

„40 Jahre Barbie“. Der jüngeren Zeitgeschichte war die<br />

Ausstellung „Die Fünfziger Jahre – Traumwelt und Wirklichkeit“<br />

gewidmet.<br />

Aus Anlass der Jahrtausendwende thematisierten wir unter<br />

dem Motto „Gesammelte Zeiten“ die Sammeltätigkeit<br />

e<strong>in</strong>es Museums unter verschiedenen Gesichtspunkten.<br />

Von der Uhr als Zeitmessgerät über die Darstellung der<br />

Jahreszeiten <strong>in</strong> Kunst und Volkskunst und die Ordnung<br />

der Zeit auf Kalendern bis zu Zeugnissen der Gebetszeit,<br />

der Mahlzeit und Schulzeit wurden spezifische Aspekte<br />

der Zeitbetrachtung berücksichtigt.<br />

Mit dem Thema „Kuhs<strong>in</strong>n“ haben wir die aktuellen Berichte<br />

über R<strong>in</strong>derwahn und Massentierhaltung zum Ausgangspunkt<br />

e<strong>in</strong>er Sonderausstellung gemacht, und die<br />

Bedeutung des R<strong>in</strong>des, als des Bauern liebstes Vieh, für<br />

Landwirtschaft, Ernährung und Landschaftspflege herausgestellt.<br />

Zwei große Sonderausstellungen waren dem<br />

Thema „Essen und Tr<strong>in</strong>ken – Nahrung und Speisenberei-


BERICHTE/AKTUELLES 65<br />

tung“ gewidmet. Unter dem Motto „Küche und Puppenküche<br />

im Wandel der Zeiten“ stellten wir die damit verbundene<br />

Sachkultur und die vielfältigen Gebrauchsgegenstände<br />

aus Haushalt und Küche vor, ergänzt von 40<br />

Puppenküchen mit detailgetreuer Ausstattung. Der kulturelle<br />

Stellenwert der Nahrung, ihre Rolle <strong>in</strong> den Denkgewohnheiten<br />

und Glaubenserfahrungen wurde unter dem<br />

Motto „Für Leib und Seel – Nahrung als Botschaft und<br />

Zeichen“ zusammengefasst.<br />

Zwei umfangreiche Sonderausstellungen haben die Museumskollegen<br />

aus Nachbarländern gestaltet: „Mode und<br />

Kleidung <strong>in</strong> Frankreich“ im Rahmen der Regionalpartnerschaft<br />

Schwabens mit dem Departement Mayenne und<br />

„Schätze der Volkskunst aus der Slowakei“ mit mehr als<br />

500 Objekten aus Landwirtschaft, Handwerk und Brauchtum.<br />

Grenzübergreifende Museumsarbeit kann e<strong>in</strong>en<br />

wertvollen Beitrag leisten für mehr Wissen und mehr Verständnis<br />

für die Regionen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em zusammenwachsenden<br />

Europa.<br />

Die Hälfte der Sonderausstellungen war der zeitgenössischen<br />

Kunst gewidmet. Von Landschafts- und Dorfbildern<br />

über naturnahe und symbolhafte Motive wie Bäume<br />

oder Jahreszeiten reichte der weite Bogen bis zu erträumten<br />

und erdachten Landschaften und gegenstandslosen<br />

Kompositionen. Nicht weniger vielfältig waren die<br />

künstlerischen Techniken und Materialien vertreten mit<br />

Werken <strong>in</strong> Öl, Aquarell, Acryl, auf Glas, Papier, Textil, mit<br />

großen und kle<strong>in</strong>en Plastiken <strong>in</strong> Holz, Bronze oder Ste<strong>in</strong>,<br />

Medaillen und Reliefs, mit Gefäßen und Skulpturen <strong>in</strong><br />

Keramik. 56 Kunstpreisträger des Bezirks Schwaben waren<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er umfassenden Retrospektive zu sehen, 8 <strong>in</strong><br />

vielbeachteten E<strong>in</strong>zelausstellungen. Die Kunstausstellungen<br />

mit Führungen, Vorträgen und Künstlergesprächen<br />

haben e<strong>in</strong>e breite Öffentlichkeit mit den Werken der Moderne<br />

zusammengebracht. Das Mite<strong>in</strong>ander und Nebene<strong>in</strong>ander<br />

von Geschichte und Gegenwartskunst am traditionsreichen<br />

Klosterstandort Oberschönenfeld übt auf die<br />

Besucher e<strong>in</strong>e große Anziehungskraft und e<strong>in</strong>en besonderen<br />

Reiz aus.


66<br />

100 Sonderausstellungen waren nur möglich durch<br />

die gute Zusammenarbeit mit öffentlichen Leihgebern<br />

und privaten Sammlern. Manchmal waren 30 bis 40 Leihgeber<br />

an e<strong>in</strong>er Ausstellung beteiligt. Herzlicher Dank<br />

gilt dafür den Stadt- und Heimatmuseen <strong>in</strong> Schwaben,<br />

ohne deren kollegiale Mitwirkung unser Programm nicht<br />

realisierbar gewesen wäre. Die Landesstelle für die<br />

nichtstaatlichen <strong>Museen</strong> hat uns mit Rat und praktischer<br />

Hilfe wesentlich gefördert. Als Autoren und Referenten<br />

waren über die eigenen Mitarbeiter h<strong>in</strong>aus auch Hochschullehrer<br />

der Universitäten Augsburg, Eichstätt, München<br />

und Würzburg, Geistliche und Klosterfrauen, Museumsleiter<br />

und Heimatvere<strong>in</strong>e, Künstler und Pädagogen<br />

beteiligt .<br />

100 Sonderausstellungen haben fast 800.000 Besuchern<br />

angezogen, jung und alt, alle<strong>in</strong> und <strong>in</strong> Gruppen, Familien<br />

und Schulklassen, aus allen Gebieten Schwabens und<br />

weit darüber h<strong>in</strong>aus, aus allen Kont<strong>in</strong>enten. Von 5.000 bis<br />

6.000 Besuchern <strong>in</strong> den Anfangsjahren hat sich die Frequenz<br />

auf 60.000 bis 70.000 im Jahr gesteigert. Viele<br />

hundert Zeitungsberichte, regelmäßige Rundfunk- und<br />

Fernsehsendungen machten unser Angebot <strong>in</strong> breiten<br />

Kreisen der Öffentlichkeit bekannt und verhalfen dem<br />

Museum zu e<strong>in</strong>em hohen Bekanntheitsgrad <strong>in</strong> Süddeutschland.<br />

20 Kataloge und Begleitbücher haben die<br />

Ausstellungen dokumentiert, didaktisch aufbereitet und<br />

neue Ergebnisse vorgestellt. Sie wurden vom Fachpublikum<br />

und von <strong>in</strong>teressierten Laien gleichermaßen mit Interesse<br />

aufgenommen. E<strong>in</strong>ige Titel der Schriftenreihe s<strong>in</strong>d<br />

bereits vergriffen.<br />

Der Zufall hat es gefügt, dass <strong>in</strong> der 100. Ausstellung Objekte<br />

mit Z, Z<strong>in</strong>nfiguren, im Mittelpunkt stehen. Zu Beg<strong>in</strong>n<br />

war das A zweimal im Titel vertreten: Andacht und Arbeit.<br />

Man kann also ohne Übertreibung sagen: Ausstellungen<br />

von A – Z haben die ganze Vielfalt und Buntheit des<br />

Lebens, Arbeit und Bräuche, Glauben und Frömmigkeit,<br />

Nahrung und Kleidung, Handwerk und Volkskunst,<br />

Schule und Spielzeug <strong>in</strong> Er<strong>in</strong>nerung gebracht sowie dem<br />

künstlerischen Schaffen der Gegenwart e<strong>in</strong>e Plattform<br />

geboten.<br />

100 Sonderausstellungen s<strong>in</strong>d das erfreuliche Ergebnis<br />

e<strong>in</strong>es guten Zusammenspiels von engagierten Mitarbeiter<strong>in</strong>nen<br />

und Mitarbeitern, <strong>in</strong>teressanten Themen, überzeugender<br />

Gestaltung, wirksamer Öffentlichkeitsarbeit und<br />

angemessener F<strong>in</strong>anzierung. Letztere verdanken wir dem<br />

Träger des Museum, dem Bezirkstag von Schwaben. Der<br />

Erfolg bestätigt, dass sich die Ausgaben gelohnt haben,<br />

für Erhaltung von Kulturgut und für e<strong>in</strong> vielseitiges Kulturangebot.<br />

Hans Frei<br />

NEUE BÜCHER<br />

BERICHTE/AKTUELLES<br />

BAYERISCHE MUSEEN 28:<br />

MUSEUM SCHLOSS RATIBOR IN ROTH<br />

Im Jahr 1985 erblickte die Reihe „Bayerische <strong>Museen</strong>“<br />

das Licht der Welt. Ihr erster Band, herausgegeben von<br />

der damaligen Abteilung Nichtstaatliche <strong>Museen</strong> am<br />

Bayerischen Nationalmuseum, widmete sich dem niederbayerischen<br />

Freilichtmuseum Mass<strong>in</strong>g. In den vergangenen<br />

17 Jahren s<strong>in</strong>d durchschnittlich zwei Bände dieser<br />

Reihe, die <strong>in</strong> Kooperation der Landesstelle mit dem jeweiligen<br />

Museum produziert wird, erschienen, so dass im<br />

Frühjahr 2002 folgerichtig der 28. Band vorgelegt werden<br />

konnte.<br />

Er widmet sich dem Museum <strong>in</strong> Schloss Ratibor <strong>in</strong> Roth.<br />

Das ehemalige Jagdschloss der Markgrafen von Brandenburg-Ansbach<br />

aus dem 16. Jahrhundert hatte zu<br />

Beg<strong>in</strong>n des 19. Jahrhunderts zu großen Teilen der Tressenfabrikant<br />

Johann Philipp Stieber erworben und hier<br />

neben se<strong>in</strong>en Wohnräumen e<strong>in</strong>e Manufaktur e<strong>in</strong>gerichtet.


BERICHTE/AKTUELLES 67<br />

Nachdem das Landgericht, das bis 1892 noch e<strong>in</strong>en Gebäudeflügel<br />

ausgefüllt hatte, ausgezogen war, begann<br />

Wilhelm Stieber, dessen <strong>in</strong>zwischen ausgelagerte Produktion<br />

leonischer Erzeugnisse, also von auf Basis fe<strong>in</strong>er<br />

Metalldrähte hergestellter Produkte, <strong>in</strong> voller Blüte stand,<br />

das Schloss nach se<strong>in</strong>en Vorstellungen umzugestalten.<br />

Stieber wurde 1904 geadelt, und se<strong>in</strong>em neuen Anspruch<br />

gemäß stattete er Schloss Ratibor aus. 1953 fand das<br />

Rother Museum hier se<strong>in</strong>e neue Heimat.<br />

Das heutige Museum Schloss Ratibor umfasst zum e<strong>in</strong>en<br />

als „Raumkunstmuseum“ die Prunkräume Stiebers. Es<br />

bildet damit als Ort, wo das mit den leonischen Waren<br />

verdiente Geld <strong>in</strong>vestiert wurde, e<strong>in</strong>en Gegenpol zum<br />

zweiten Rother Museum, dem Industriemuseum, das den<br />

Produktionsprozess und – am Rande – die Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen<br />

dokumentiert. Daneben s<strong>in</strong>d im zweiten Obergeschoss<br />

die eigentlichen Sammlungen des Museums<br />

zur Heimatgeschichte, zu Handwerk und Gewerbe, Kleidung,<br />

Hausrat und Wohnkultur zu sehen. E<strong>in</strong>en eigenen<br />

Akzent setzt die Sammlung des Malers und Kunsthändlers<br />

Erw<strong>in</strong> Oehl, die <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie mittelfränkische<br />

Hafnerkeramik umfasst.<br />

Der durchgehend farbig bebilderte neue Museumsführer<br />

widmet sich beiden Museumsbereichen, wobei er sich<br />

nicht alle<strong>in</strong> auf die Erläuterung der Schausammlungen<br />

beschränkt – dazu dient der Kurzführer am Ende des Buches<br />

– sondern weit darüber h<strong>in</strong>ausgreift. Es ist damit e<strong>in</strong><br />

Band entstanden, der allen, die an Kunst-, Wirtschaftsund<br />

Sozialgeschichte, aber auch Sachkultur Mittelfrankens<br />

<strong>in</strong>teressiert s<strong>in</strong>d, ans Herz gelegt sei.<br />

Guido Schmid: Museum Schloß Ratibor <strong>in</strong> Roth, Hg. Landesstelle<br />

für die nichtstaatlichen <strong>Museen</strong> <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong><br />

(= Bayerische <strong>Museen</strong> 28), München/Berl<strong>in</strong> 2002, 100 S.<br />

mit 96 meist farb. Abb., ISBN3-422-06325-0<br />

EIN BAUSTEIN ZUR INDUSTRIEGESCHICHTE<br />

DES BAYERISCHEN WALDES<br />

Wiewohl das durch die Donau zweigeteilte Niederbayern<br />

bis heute im allgeme<strong>in</strong>en Bewusstse<strong>in</strong> agrarisch geprägt<br />

ist, spielen Industriebetriebe im Bayerischen und angrenzenden<br />

Böhmerwald schon seit geraumer Zeit und durchaus<br />

e<strong>in</strong>e Rolle. Zu denken ist an die auf den mittelalterlichen<br />

Glashütten aufbauende Glas<strong>in</strong>dustrie oder das<br />

Ste<strong>in</strong>metzgewerbe um den Rohstoff Granit, dessen<br />

Absatz mit der Verkehrserschließung ab 1900 e<strong>in</strong>e ungeahnte<br />

Expansion erlebte. Nicht die Groß<strong>in</strong>dustrie wie der<br />

Bergbau <strong>in</strong> der Oberpfalz ist es, welche den Bayerischen<br />

Wald kennzeichnet, sondern e<strong>in</strong> weitgespanntes Netz<br />

Holztrift auf der Wolfste<strong>in</strong>er Ohe, um 1905<br />

von Kle<strong>in</strong>betrieben bis h<strong>in</strong> zur Heim<strong>in</strong>dustrie verleiht dieser<br />

kargen Landschaft ihre typischen Merkmale.<br />

Jetzt haben der Publizist und Verleger Hubert Ettl sowie<br />

die Kulturhistoriker Kathar<strong>in</strong>a Eisch, W<strong>in</strong>fried Helm und<br />

Mart<strong>in</strong> Ortmeier Fotodokumente und Beiträge versammelt,<br />

die erstmals e<strong>in</strong>en Überblick über die verschiedenen<br />

Bereiche der frühen Industrialisierung im Bayerischen<br />

Wald geben. Mehr noch: Manche Bilder von Arbeitern „<strong>in</strong><br />

Aktion“, von Gesichtern, Körpern und ganzen Belegschaften<br />

gehen förmlich unter die Haut <strong>in</strong> ihrer Schilderung<br />

der Plackerei um das tägliche Auskommen. Da<br />

ziehen statt Pferden oder Kühen zwei Frauen und vier<br />

Männer bei Neureichenau im Landkreis Freyung/<br />

Grafenau e<strong>in</strong>en Pflug beim Ackern (Aufnahme 1910); da<br />

schleppen Brauereiarbeiter zentnerschwere Eisschollen<br />

auf e<strong>in</strong>er Rutsche aus dem zugefrorenen Regen (Aufnahme<br />

1928); da zieht e<strong>in</strong> hagerer Weber <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em dumpfen<br />

Raum die Kette auf den Scherrahmen auf – barfuss, se<strong>in</strong>e<br />

Holzschuhe hat er neben sich gestellt: seltene Momentaufnahmen<br />

mit hoher Authentizität und damit hohem<br />

Quellenwert, wiewohl nicht immer zugleich auch repräsentativ,<br />

wie etwa das Pflugziehen. „Aber es kam immer<br />

wieder vor, dass Menschen sich selbst e<strong>in</strong>spannten, weil<br />

die Ochsen oder Kühe geschont werden sollten“, wie der<br />

Bildtext aussagt. Letzteres betraf die ausgeprägte<br />

Schicht der Kle<strong>in</strong>bauern, Häuslleute und sogenannten Inwohner<br />

– im 19. Jahrhundert 20 bis 30 % der Gesamtbevölkerung,<br />

<strong>in</strong> manchen Gegenden mehr als 50 % – die<br />

kaum eigenen Grundbesitz hatten.<br />

Die über 100 Fotodokumente zeigen ebenso E<strong>in</strong>zel- wie<br />

Fabrikhallensituationen, echte „Schnappschüsse“ wie<br />

auch gestellte Belegschaftsversammlungen. Der Reigen<br />

der Motive bewegt sich vom Waldfrüchtesammeln als


68<br />

Voraussetzung für die entsprechenden Konservenfabriken,<br />

die Zigarrenfabrikation – wobei offen bleibt,<br />

woher der Rohstoff kommt – über die „Holzbitzler“ (Holzheim<strong>in</strong>dustrie),<br />

Zündholz- und Papierfabriken h<strong>in</strong> zur<br />

Glas- und Ste<strong>in</strong><strong>in</strong>dustrie. Kurzbeiträge der genannten<br />

Autoren zu den wichtigsten Industriezweigen Holz, Glas,<br />

und Ste<strong>in</strong> bilden den jeweiligen Auftakt zu den entsprechenden<br />

Bilderreihen. Fotonachweis und ausgewählte<br />

Literatur beschließen den Band.<br />

Drucktechnisch solide gemacht, verzichtet das Buch auf<br />

jegliche Schnörkel und bleibt e<strong>in</strong>schließlich Umschlaggestaltung<br />

beim schlichten Schwarzweiß. Eher puristisch<br />

mutet an, dass bei den Bildblöcken auf Überschriften<br />

oder e<strong>in</strong>e Kapitele<strong>in</strong>teilung verzichtet wurde. Als Defizit<br />

betrachte ich den Verzicht auf e<strong>in</strong> Inhaltsverzeichnis.<br />

Die Absicht des Herausgebers, Bilder und Bildgeschichten<br />

für sich selbst sprechen zu lassen, kommt <strong>in</strong> dem<br />

großformatigen Band gut zur Wirkung. Gesamtthema und<br />

motivliche Vielfalt der Bilder veranlassten das Handwerksmuseum<br />

Deggendorf zu e<strong>in</strong>er Sonderausstellung<br />

mit etwa der Hälfte der Fotos, die im vergrößerten Digitaldruck<br />

auch viele verstecke Details zu erkennen geben.<br />

Albrecht A. Gribl<br />

Hubert Ettl: Auf dem Weg <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e neue Zeit. Frühe Industrien<br />

im Bayerischen Wald, mit Texten von Kathar<strong>in</strong>a Eisch,<br />

W<strong>in</strong>fried Helm und Mart<strong>in</strong> Ortmeier, Viechtach 2001,<br />

100 S., ca. 110 Abbildungen, ISBN 3-929517-32-9<br />

HOLZBÜCHER UND HOLZBIBLIOTHEKEN<br />

Was man gelegentlich auf Abbildungen, selten <strong>in</strong> <strong>Museen</strong><br />

sehen kann, ist im entstehenden Ebersberger „Museum<br />

Wald und Umwelt“ <strong>in</strong> erstaunlicher Fülle und Qualität vorhanden<br />

und wird e<strong>in</strong>en der Höhepunkte im künftigen<br />

Rundgang bilden: Die Rede ist von e<strong>in</strong>er 117 Bände umfassenden<br />

Holzbibliothek des gebürtigen Ebersbergers<br />

und Benedikt<strong>in</strong>ers Candid Huber (1747-1813) und 15<br />

weiteren Holzbüchern e<strong>in</strong>es Nachahmers.<br />

Das Zusammenspiel der Faktoren Ebersberger Forst,<br />

Museum Wald und Umwelt und Candid Huber unter dem<br />

Stichwort Ebersberg veranlasste den langjährigen Konzeptor<br />

und künftigen Leiter des Museums, W<strong>in</strong>fried Freitag<br />

M. A., mit zwei Wissenschaftlern anderer Diszipl<strong>in</strong>en<br />

der Ebersberger Holzbibliothek und anderen alten Holzsammlungen<br />

<strong>in</strong>tensiver nachzugehen, zumal sich herausstellte,<br />

dass e<strong>in</strong>schlägige Studien kaum vorhanden s<strong>in</strong>d<br />

und e<strong>in</strong> fundamentaler Überblick gänzlich fehlt.<br />

BERICHTE/AKTUELLES<br />

Holzbuch „Zwergkiefer“, aufgeschlagen, von Candid Huber, um<br />

1795; Museum Wald und Umwelt, Ebersberg<br />

Was versteht man unter „Holzbüchern“, „Büchern aus Holz“<br />

und „Holzbibliotheken“? Diese Bücher bestehen nicht aus<br />

Papier und bedruckten <strong>Seiten</strong>, sondern aus aufklappbaren<br />

Holzkästchen mit „Buchrücken“ aus e<strong>in</strong>em bestimmten<br />

Holz, und dar<strong>in</strong> f<strong>in</strong>den sich Kle<strong>in</strong>teile, welche die Holzsorte<br />

näher bestimmen, also kle<strong>in</strong>e Zweige mit Knospen, Blüten<br />

und Frucht, getrocknete Blätter, Keiml<strong>in</strong>ge usw., aber auch<br />

Käfer und andere Insekten. Gerade <strong>in</strong> der Zeit um 1800 entstanden<br />

nicht nur e<strong>in</strong>zelne Bücher, sondern richtiggehende<br />

Holzbibliotheken. Der <strong>in</strong> Kloster Niederaltaich als Seelsorger<br />

tätige und <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Geburtsort „entliehene“ Benedikt<strong>in</strong>erpater<br />

Candid Huber dürfte der berühmteste Hersteller<br />

zahlreicher derartiger Holzbibliotheken se<strong>in</strong> – bislang konnten<br />

10 Huber’sche Holzbibliotheken <strong>in</strong> Deutschland, Österreich<br />

und der Schweiz nachgewiesen werden.<br />

Darüber h<strong>in</strong>aus aber fallen auch e<strong>in</strong>fachere Holzsammlungen<br />

unter den Begriff der Holzbibliotheken: Holzproben<br />

aus kle<strong>in</strong>en Brettchen oder Tafeln mit e<strong>in</strong>er R<strong>in</strong>denseite,<br />

auch dünne Hölzer bis h<strong>in</strong> zu Furnieren.<br />

Wiewohl von der Kreissparkasse Ebersberg herausgegeben<br />

und im Rahmen e<strong>in</strong>er heimatkundlichen Reihe für<br />

e<strong>in</strong> größeres Publikum gedacht, stellt das Buch im DIN<br />

A 4-Format ke<strong>in</strong> Kuriosum der Kultur- und Literaturgeschichte<br />

vor, sondern die Erkenntnisse mehrjähriger Forschungsarbeit<br />

e<strong>in</strong>es Historikers (W<strong>in</strong>fried Freitag), e<strong>in</strong>er


BERICHTE/AKTUELLES 69<br />

Volkskundler<strong>in</strong> (Anne Feuchter-Schawelka) und e<strong>in</strong>es<br />

Diplom-Volkswirts (Dietger Grosser).<br />

Das Ergebnis ist verblüffend: Erstmals liegt nun e<strong>in</strong>e<br />

umfassende, ebenso breit angelegte wie tiefgehende<br />

Darstellung zu den Holzsammlungen des 18. und frühen<br />

19. Jahrhunderts vor. Erstmals werden die Holzsammlungen<br />

der verschiedenen Hersteller detailliert beschrieben,<br />

neu entdeckte bestimmt und bisherige Zuschreibungen,<br />

wenn nötig, korrigiert. Nicht nur Standorte und Umfänge<br />

werden genannt, sondern auch das soziale, ökonomische<br />

und kulturelle Umfeld der Hersteller wurde untersucht,<br />

schließlich auch die Resonanz der Werke beim damaligen<br />

Publikum. Gerade hier setzt der Beitrag von W<strong>in</strong>fried<br />

Freitag an, der sich um die kulturgeschichtlichen H<strong>in</strong>tergründe<br />

für das Entstehen solcher Sammlungen kümmerte<br />

und dabei auf die Schwierigkeiten der vormodernen<br />

Land- und Forstwirtschaft stieß, welche ihrerseits die sogenannte<br />

Agraraufklärung des 18. Jahrhunderts auslösten.<br />

Das übersichtlich gegliederte, reich illustrierte und gut<br />

lesbare Buch genügt gleichwohl hohen wissenschaftlichen<br />

Anforderungen durch Nachweise und ausführliche<br />

Bibliographie wie auch dem <strong>in</strong>teressierten Leser allgeme<strong>in</strong>.<br />

E<strong>in</strong>e separate Tabellenbeilage im Umfang von<br />

40 <strong>Seiten</strong> enthält kle<strong>in</strong>gedruckt systematische Sammlungsaufstellungen<br />

und wird ausschließlich den Fachmann<br />

und Forscher <strong>in</strong>teressieren.<br />

Abgesehen davon, dass dieses Buch den hohen Rang<br />

der Ebersberger Holzbibliothek herausstellt und dem<br />

künftigen Besucher als e<strong>in</strong>e Art Katalog der wichtigsten<br />

Museumsstücke erläutert, darf es für Museumsleute und<br />

Interessierte am Thema Holzbibliotheken und Agraraufklärung<br />

Grundlagencharakter beanspruchen.<br />

E<strong>in</strong>ige Buchrücken der Holzbibliothek Candid Hubers, um 1795;<br />

Museum Wald und Umwelt, Ebersberg<br />

Anne Feuchter-Schawelka/ W<strong>in</strong>fried Freitag/ Dietger<br />

Grosser: Alte Holzsammlungen. Die Ebersberger Holzbibliothek:<br />

Vorgänger, Vorbilder und Nachfolger (= Der<br />

Landkreis Ebersberg – Geschichte und Gegenwart 8,<br />

Hg. Kreissparkasse Ebersberg), Ebersberg 2001, ISBN<br />

3-933859-08-5<br />

Albrecht A. Gribl<br />

„CORPORATE IDENTITY“ –<br />

AUCH EIN THEMA FÜR MUSEEN!<br />

Corporate Identity, Positionierung, Markenbildung – das<br />

s<strong>in</strong>d verbreitete Schlagworte, die dem Kulturwissenschaftler<br />

nicht eben vertraut s<strong>in</strong>d. Vielfach herrscht die<br />

Me<strong>in</strong>ung vor, diese Begriffe seien im wirtschaftlichen<br />

Bereich angesiedelt, aber <strong>in</strong> Kultur und Museum hätten<br />

sie nichts zu suchen. Doch gerade <strong>in</strong> Zeiten f<strong>in</strong>anzieller<br />

Verknappung kommt es noch viel mehr als bisher darauf<br />

an, e<strong>in</strong>em Haus e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>heitliches und unverwechselbares<br />

Auftreten nach <strong>in</strong>nen und außen zu geben.<br />

Auf dieses Thema möchte der exzellente Tagungsband<br />

„Mit gestärkter Identität zum Erfolg. Corporate Identity für<br />

<strong>Museen</strong>“ aufmerksam machen, der als Tagungsband des<br />

Arbeitskreises Museumsmanagement am Freilichtmuseum<br />

Kiekeberg erschienen ist. In 20 knappen, aber dichten<br />

Aufsätzen werden Theorie, Methodik und Instrumente der<br />

Corporate Identity speziell auf den Bereich des Museums<br />

übertragen und facettenreich beleuchtet. Fallbeispiele<br />

ergänzen die Darstellung und zeigen wie die Theorie <strong>in</strong><br />

der Praxis aussehen kann.<br />

Dabei kommt es den Herausgebern darauf an, dass<br />

Corporate Identity als Ansatz des Museumsmanagements<br />

viel mehr ist, als nur die Entwicklung e<strong>in</strong>es schönen<br />

Logos. Die Entwicklung e<strong>in</strong>er Corporate Identity wird<br />

verstanden als ganzheitlicher Prozess, der von der Erstellung<br />

e<strong>in</strong>es Museumsleitbildes, über die Festlegung e<strong>in</strong>es<br />

Sammlungskonzeptes, über die Entwicklung von Leitl<strong>in</strong>ien<br />

zur visuellen und sprachlichen Darstellung des Hauses<br />

nach <strong>in</strong>nen und außen, bis h<strong>in</strong> zur Erstellung von Verhaltensregeln<br />

für Museumsmitarbeiter gegenüber Besuchern<br />

und Kollegen reicht.<br />

Ziele der Corporate Identity s<strong>in</strong>d nach e<strong>in</strong>er Def<strong>in</strong>ition<br />

von Matthias Dreyer die Entwicklung e<strong>in</strong>er aus dem<br />

Selbstverständnis abgeleiteten Museumsidentität sowie<br />

der Aufbau e<strong>in</strong>es spezifischen Museumsimages, die<br />

der Positionierung und Unverwechselbarkeit <strong>in</strong> der<br />

Gesellschaft und am Markt dienen. Die E<strong>in</strong>beziehung<br />

aller Mitarbeiter, von der Kassenkraft bis zum Wissenschaftler,<br />

<strong>in</strong> den Prozess der Entwicklung e<strong>in</strong>er Corpora-


70<br />

te Identity-Strategie wird dabei als äußerst wichtig angesehen.<br />

Nach dem ersten Schritt der Entwicklung e<strong>in</strong>es Leitbildes<br />

für das Haus und se<strong>in</strong>e Mitarbeiter, das <strong>in</strong> E<strong>in</strong>beziehung<br />

des momentanen Selbst- und Fremdbildes aber auch des<br />

angepeilten Zieles angefertigt wurde, werden drei wichtige<br />

Elemente e<strong>in</strong>er ganzheitlichen Coporate Identity genannt:<br />

Zunächst das „Corporate Behavior“, die Ausrichtung aller<br />

Verhaltensweisen der Mitarbeiter an den Werten des Museumsleitbildes<br />

nach <strong>in</strong>nen und nach außen. Es gilt hierbei,<br />

die <strong>in</strong>terne Identifikation und Motivation zu stärken<br />

und somit e<strong>in</strong> „Wir-Gefühl“ zu entwickeln, welches e<strong>in</strong> eigenständiges<br />

Profil bei den Besuchern unterstützt. Das<br />

zweite Element ist die Entwicklung e<strong>in</strong>er „Corporate Communication“,<br />

auf Inhalte und Zielgruppen abgestimmte<br />

Sprachregelungen. Auch hier s<strong>in</strong>d Ziele e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>deutige<br />

Profilbildung für das Haus nach außen sowie e<strong>in</strong>e Identitätsbildung<br />

im Inneren. Das dritte Element schließlich bildet<br />

das „Corporate Design“, die Entwicklung e<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>heitlichen<br />

visuellen Auftretens e<strong>in</strong>es Museums nach<br />

außen, also beispielsweise durch Logo, Farben, Schrifttypen<br />

oder auch die Ausstellungsgestaltung.<br />

Nach e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> den theoretischen Grundansatz<br />

der Corporate Identity werden <strong>in</strong> dem Band methodische<br />

und <strong>in</strong>strumentelle E<strong>in</strong>zelaspekte beleuchtet. So werden<br />

beispielsweise die Sammlungspolitik und der Vermittlungsauftrag<br />

der <strong>Museen</strong> als wesentliche Grundlagen der<br />

CI-Strategie von <strong>Museen</strong> behandelt und die Möglichkeiten<br />

e<strong>in</strong>es Internetauftritts für die Corporate Identity<br />

herausgearbeitet. E<strong>in</strong> weiterer Punkt ist die Frage, wie die<br />

unbed<strong>in</strong>gt notwendige E<strong>in</strong>beziehung der Mitarbeiter<strong>in</strong>nen<br />

und Mitarbeiter <strong>in</strong> den Corporate Identity-Prozess aussehen<br />

kann.<br />

In e<strong>in</strong>em letzten praxisorientierten Teil loten Fallbeispiele<br />

aus der deutschen und schweizerischen Museumslandschaft<br />

Möglichkeiten und Grenzen der Corporate Identity-Strategie<br />

aus. Sie ermuntern dazu, den nicht immer<br />

e<strong>in</strong>fachen Weg zu e<strong>in</strong>em Leitbild bzw. zu e<strong>in</strong>er gesamtheitlichen<br />

Corporate Identity-Strategie zu gehen. Denn,<br />

wie Anja Dauschek <strong>in</strong> ihrem Aufsatz schreibt: „Der vielleicht<br />

größte Vorteil <strong>in</strong> der Entwicklung e<strong>in</strong>er Corporate<br />

Identity liegt für <strong>Museen</strong> im Prozess selbst. Die Ause<strong>in</strong>andersetzung<br />

mit dem <strong>in</strong>stitutionellen Selbstverständnis<br />

und den eigenen Zielen h<strong>in</strong>terfragt Gewohnheiten, sie<br />

regt die Kommunikation zwischen Abteilungen an und<br />

fordert die aktive Ause<strong>in</strong>andersetzung mit dem eigenen<br />

Umfeld.“<br />

Dieser Prozess der Entwicklung e<strong>in</strong>er Corporate Identity<br />

ist allerd<strong>in</strong>gs ke<strong>in</strong> e<strong>in</strong>maliger Akt. Von den Autoren wird<br />

BERICHTE/AKTUELLES<br />

hervorgehoben, dass auch, nachdem die ersten Schritte<br />

ausgeführt s<strong>in</strong>d, ke<strong>in</strong> Stillstand e<strong>in</strong>treten sollte. Die jeweilige<br />

Institution muss angesichts gesellschaftlicher Veränderungen<br />

ihre Werte und Ziele sowie die Instrumente, diese<br />

zu erreichen, immer wieder h<strong>in</strong>terfragen.<br />

Der Tagungsband erschien zeitgleich zu der im Freilichtmuseum<br />

am Kiekeberg veranstalteten Tagung „Corporate<br />

Identity“ des Arbeitskreises Museumsmanagement. Bei<br />

dieser wurde deutlich, wie wohltuend es für den Teilnehmer<br />

ist, wenn die Vortragenden schon im Voraus gezwungen<br />

s<strong>in</strong>d, ihre Beiträge <strong>in</strong> schriftliche Form zu br<strong>in</strong>gen.<br />

Dies führte dazu, dass die Tagungsbeiträge zeitlich<br />

straff und <strong>in</strong>haltlich eng am Thema gehalten waren.<br />

Insgesamt bildet der Tagungsband somit e<strong>in</strong>e überaus<br />

empfehlenswerte Grundlage für alle, die sich mit dem<br />

Thema „Corporate Identity“ als e<strong>in</strong>em Ansatz des Museumsmanagements<br />

beschäftigen wollen. Er bietet e<strong>in</strong>e<br />

Vielzahl von Informationen und Erfahrungen, die ganz<br />

oder teilweise von jedem e<strong>in</strong>zelnen Museum genutzt werden<br />

können.<br />

Monika Dreykorn<br />

Matthias Dreyer/Rolf Wiese (Hrsg.): Mit gestärkter Identität<br />

zum Erfolg. Corporate Identity für <strong>Museen</strong> (=Schriften<br />

des Freilichtmuseums am Kiekeberg 40), Ehestorf 2002,<br />

ISBN 3-935096-05-4


BERICHTE/AKTUELLES 71<br />

MUSEUMSERÖFFNUNGEN IN BAYERN<br />

Amerang/Obb.<br />

Am 22.3.2002 wurde das neue E<strong>in</strong>gangs- und Verwaltungsgebäude<br />

des Freilichtmuseums Amerang des<br />

Bezirks Oberbayern e<strong>in</strong>geweiht. Damit fanden jahrelange<br />

Planungs- und Ausführungsarbeiten ihren Abschluss.<br />

Mit dem neuen E<strong>in</strong>gangsgebäude erhält das Museum<br />

e<strong>in</strong>e neue Kassensituation und e<strong>in</strong>en besser strukturierten<br />

Museumsladen sowie Depotflächen, und die Verwaltung<br />

ausreichende Büro-, Bibliotheks- und Archivräume.<br />

Das ursprüngliche Konzept, Grundlage auch für e<strong>in</strong>en<br />

Architektenwettbewerb, sah noch die Integration von<br />

größeren Sonderausstellungsflächen vor, die jetzt mittelfristig<br />

an anderer Stelle geschaffen werden sollen. Architekt<br />

des ausgeführten Baus ist H. Lüps.<br />

Die Schwierigkeiten, die die Planungsgeschichte widerspiegelt,<br />

lagen unter anderem dar<strong>in</strong>, dass e<strong>in</strong> Großteil der<br />

Bevölkerung die Modernität der Entwürfe, auch wenn<br />

diese das Material Holz zugrundelegten, nicht akzeptierte.<br />

Das jetzt eröffnete E<strong>in</strong>gangsgebäude, e<strong>in</strong> schlichter Satteldachbau<br />

<strong>in</strong> Leichtkonstruktion aus Holz, geprägt durch<br />

dunkelgefasste Verlattungen und e<strong>in</strong>e Glasverdachung<br />

des E<strong>in</strong>gangsweges, besticht vor allem durch se<strong>in</strong>e Situierung<br />

als Brückenbauwerk.<br />

Anschrift:<br />

Bauernhausmuseum Amerang des Bezirks Oberbayern,<br />

Im Hopfgarten, 83123 Amerang,<br />

Tel. 08035/91509-0, Fax -30<br />

Öffnungszeiten:<br />

Mitte März bis Mitte November Dienstag bis<br />

Sonntag 9-18 Uhr<br />

Bergen/Obb.<br />

Seit dem 4. Mai 2002 besitzt die Verwaltungsgeme<strong>in</strong>schafft<br />

Bergen e<strong>in</strong> Museum <strong>in</strong> der ehemaligen Maximilianshütte.<br />

<strong>Bayern</strong> erhielt damit e<strong>in</strong> weiteres wichtiges<br />

technik-, <strong>in</strong>dustrie- und wirtschaftsgeschichtliches Museum.<br />

Dieses ist <strong>in</strong> temperierten Räumen hervorragend<br />

didaktisch präsentiert und weist Sonderausstellungsflächen<br />

sowie e<strong>in</strong>en Medien- und museumspädagogischen<br />

Raum auf.<br />

Die Maximilianshütte wurde im 16. Jh. als Privatunternehmen<br />

gegründet und war im 17. Jh. halbstaatlich geworden,<br />

bis sie 1808 ganz <strong>in</strong> Staatsbesitz überg<strong>in</strong>g. Zeitweise<br />

war sie bayernweit <strong>in</strong> ihrem Produktionssegment<br />

führend.<br />

Das Museum wurde im Drehereigebäude e<strong>in</strong>gerichtet, das<br />

sich als Teil der <strong>in</strong> der 1. Hälfte des 19. Jh. weitgehend neu<br />

erbauten Anlage erhalten hat. Das jetzige Museumsgebäude<br />

wurde <strong>in</strong> den letzten Jahren qualitätvoll restauriert,<br />

so dass es se<strong>in</strong>e Bedeutung als Zeugnis der frühen<br />

Industriearchitektur des 19. Jahrhunderts bewahrte. Da<br />

die für die Verhüttung wichtigsten Gebäude, Hochofen<br />

und Gießerei, bereits 1969-1970 abgerissen worden waren,<br />

standen für die Ausstellung nur wenige Teile der orig<strong>in</strong>alen<br />

Ausstattung zur Verfügung. Das Museumsprojekt<br />

wurde von den Ergebnissen e<strong>in</strong>er <strong>in</strong> zwei Jahren erstellten<br />

Machbarkeitsstudie, die auch die Erforschung der Geschichte<br />

der Maxhütte be<strong>in</strong>haltete, abhängig gemacht; es<br />

zeigte sich, dass e<strong>in</strong>e ausreichend große Sammlung <strong>in</strong> relativ<br />

kurzer Zeit aufgebaut werden konnte.<br />

Das Konzept, das vornehmlich von Frau Annette Späth<br />

M. A. erarbeitet und von Dr. Josef Paukner redigiert und<br />

umgesetzt wurde, geht auf die Geschichte und Bedeutung<br />

der Hütte, auf Produktion und Produkte sowie auf<br />

sozialgeschichtliche Themen e<strong>in</strong>. Die Leitung der exemplarischen<br />

Eisenkonservierungsarbeiten lag bei Manfred<br />

Wunderskircher, die <strong>in</strong>nenarchitektonische Planung bei<br />

Werner Maerz.<br />

Das Museum fügt sich <strong>in</strong> ausgezeichneter Weise <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />

Reihe von <strong>Museen</strong> e<strong>in</strong>, die südlich und östlich des<br />

Chiemsees mit den dort kaum trennbaren Themen Salz<br />

und Eisen verbunden s<strong>in</strong>d: so z. B. die Salzmuseen <strong>in</strong><br />

Berchtesgaden und Bad Reichenhall, das Museum<br />

Klaushäusl <strong>in</strong> Grassau, das Holzknechtmuseum und die<br />

Glockenschmiede <strong>in</strong> Ruhpold<strong>in</strong>g, das Bergbaumuseum<br />

Achthal und das Moor- und Torfmuseum <strong>in</strong> Rottau. E<strong>in</strong>e<br />

<strong>in</strong>tensive Zusammenarbeit mit diesen <strong>Museen</strong> ist beabsichtigt.<br />

Anschrift:<br />

Museum Maxhütte Bergen, Maxhüttenstr. 10,<br />

83346 Bergen, Tel. 08662/8321<br />

(Tourist Information Bergen), Fax -5855,<br />

E-mail: Verkehrsamt-Bergen@t-onl<strong>in</strong>e.de,<br />

Internet: http://www.bergen-chiemgau.de/museum/<strong>in</strong>dex.html<br />

Öffnungszeiten.<br />

Mai bis Oktober Dienstag bis Sonntag 10-16 Uhr<br />

Deggendorf/Ndb.<br />

Im Rahmen der Vorbereitung der 1000-Jahr-Feier der<br />

Stadterhebung im Jahre 2002 plante das Stadtmuseum<br />

u. a. die Neukonzeption und Erweiterung der Mittelalterabteilung<br />

zur Stadtgeschichte. Diese Erneuerung war


72<br />

zudem <strong>in</strong>folge zahlreicher Neufunde und Forschungsergebnisse<br />

der Stadtarchäologie nötig geworden.<br />

Unter den Schlagworten „Siedler – Nonnen – Bürger“ wird<br />

den frühen Siedlungsnachweisen im Bereich des Donauübergangs,<br />

den frühen Besitzungen der Stiftsdamen von Niedermünster<br />

<strong>in</strong> Regensburg und den Zeugnissen spätmittelalterlichen<br />

Bürgerlebens nachgespürt. Den Abschluss bildet<br />

e<strong>in</strong>e Multimediastation für Deggendorfer Geschichte(n).<br />

Die neue Abteilung wurde am 22.2.2002 eröffnet. Zum<br />

Thema erschien e<strong>in</strong> eigenes, 160-seitiges Begleitheft als<br />

Katalog der <strong>Museen</strong> der Stadt Deggendorf 18.<br />

Anschrift:<br />

Stadtmuseum Deggendorf, Östlicher Stadtgraben 28,<br />

94469 Deggendorf, Tel. 0991/4084 u. 4088, Fax 340321,<br />

E-Mail museen@deggendorf.de,<br />

Internet www.deggendorf.de<br />

Öffnungszeiten:<br />

Dienstag bis Samstag 10-16, Sonntag 10-17 Uhr<br />

Ebersberg/Obb.<br />

Der bekannte Ebersberger Kunstschmied Manfred Bergmeister<br />

hat seit se<strong>in</strong>er Ausbildung schmiedeeiserne<br />

Grabkreuze gesammelt und konnte e<strong>in</strong>en Teil der<br />

berühmten Sammlung Sixtus Schmied (Umfang ca. 1800<br />

Exemplare) erwerben. Jetzt hat er se<strong>in</strong>e Sammlung mit<br />

Beispielen aus dem 17. bis Anfang des 20. Jahrhunderts,<br />

ergänzt um e<strong>in</strong>zelne eigene Arbeiten, <strong>in</strong> der alten Kunstschmiedehalle<br />

am südlichen Rand der Stadt aufgestellt<br />

und am 18.4.2002 <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em feierlichen Akt eröffnet. Die<br />

Studiensammlung ist auf Anfrage zu besichtigen, Gruppen<br />

und Schulklassen werden geführt.<br />

Anschrift:<br />

Museum für Grabkreuze <strong>in</strong> der alten Kunstschmiede<br />

Manfred Bergmeister, August-Birkmeier-Weg 2,<br />

85560 Ebersberg, Tel. 08092/24034 u. 22031,<br />

Fax 08092/24036<br />

Öffnungszeiten:<br />

auf Anfrage<br />

Erlangen/Mfr.<br />

Mit der Eröffnung der beiden Abteilungen „Vorgeschichte<br />

im Raum Erlangen“ und „Die Altstadt Erlangen 1002-<br />

1706“ am 15. März 2002 ist die mehrjährige Umgestal-<br />

tung und Neukonzeption des Erlanger Stadtmuseums<br />

zum 1000jährigen Stadtjubiläum 2002 nahezu abgeschlossen.<br />

Beide Abteilungen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> drei langgestreckten<br />

Kellergewölben unter dem Mart<strong>in</strong>-Luther-Platz untergebracht.<br />

Um den architektonischen Charakter und den<br />

Raume<strong>in</strong>druck dieser historischen Gewölbe zu bewahren,<br />

wurden die Vitr<strong>in</strong>en entlang der Längsseiten montiert.<br />

Schwerpunktmäßig gezeigt werden jungste<strong>in</strong>zeitliche<br />

Funde aus dem Schwabachtal sowie bronze- und hallstattzeitliche<br />

Funde aus Gräbern im Erlanger Stadtgebiet.<br />

Die Abteilung Mittelalter/frühe Neuzeit widmet sich der<br />

Geschichte der Altstadt Erlangen seit der ersten urkundlichen<br />

Erwähnung im Jahre 1002. Zur Eröffnung der<br />

Abteilung Vorgeschichte erschien e<strong>in</strong> Führer durch die<br />

vorgeschichtliche Sammlung des Stadtmuseums (Vorgeschichte<br />

im Erlanger Raum, Begleitheft zur Dauerausstellung,<br />

Hg. Stadtmuseum Erlangen, Erlangen 2002).<br />

Anschrift:<br />

Stadtmuseum Erlangen, Mart<strong>in</strong>-Luther-Platz 9,<br />

91054 Erlangen, Tel. 09131/862-300 u. -408,<br />

Fax 862-876 u. 863226,<br />

E-Mail stadtmuseum@stadt.erlangen.de<br />

Öffnungszeiten:<br />

Dienstag bis Freitag 9-13, Dienstag und Mittwoch auch<br />

14-17, Samstag und Sonntag 11-17 Uhr<br />

Fladungen/Ufr.<br />

BERICHTE/AKTUELLES<br />

Am 25.4.2002 wurde zusammen mit dem fertiggestellten<br />

neuen Architekturexponat, dem Hof von Rügheim, die<br />

Dauerausstellung „Armut, Hunger, Bomben und Vertreibung“<br />

eröffnet.<br />

Der Dreiseithof des späten 19. Jh. dokumentiert zunächst<br />

die Baukultur dieser Zeit. Die historischen und sozialkundlichen<br />

Forschungsergebnisse führten zu e<strong>in</strong>er Ausstellung,<br />

die das Haupthaus mit allen Wohnräumen mit<br />

e<strong>in</strong>schließt. Anhand der orig<strong>in</strong>alen Fassungen der Architektur,<br />

des Mobiliars und von Er<strong>in</strong>nerungsstücken werden<br />

die besondere Lebenssituation der Mieter, nämlich von<br />

Heimatvertriebenen und Evakuierten, vor allem <strong>in</strong> der Zeit<br />

nach dem 2. Weltkrieg geschildert. Es gelang e<strong>in</strong>e sehr<br />

dichte und bemerkenswerte Präsentation von beklemmender<br />

Aussagekraft, die bisher als s<strong>in</strong>gulär <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> zu<br />

bezeichnen ist und von den Verantwortlichen auch als e<strong>in</strong><br />

Beitrag zur Friedenssicherung verstanden werden will.<br />

Anschrift:<br />

Fränkisches Freilandmuseum, Bahnhofstr. 19,<br />

97650 Fladungen, Tel. 09778/9123-0, Fax -45


BERICHTE/AKTUELLES 73<br />

Öffnungszeiten:<br />

April bis November 9-18 Uhr<br />

Füssen/Schw.<br />

Mit der Neue<strong>in</strong>richtung stadtgeschichtlicher Räume<br />

zum Thema „Strukturen e<strong>in</strong>er alten Stadt“ (Verkehrswege,<br />

Gewerbe, Lebensweisen) und der erweiternden Umgestaltung<br />

des Schwerpunktes „Lauten und Geigen“<br />

konnte der 15jährige Neuaufbau des Museums der Stadt<br />

Füssen zu e<strong>in</strong>em guten Ende gebracht werden. In dem<br />

Gesamtrundgang s<strong>in</strong>d nunmehr zwei Flügel des wieder<br />

ausgegrabenen Kreuzganges, die Annakapelle mit Füssener<br />

Totentanz von 1602, barocke Repräsentationsräume<br />

des ehemaligen Klosters und die Abteilungen<br />

des eigentlichen Museums e<strong>in</strong>geschlossen. Erweiterungen<br />

im Anschluss an den Kreuzgang s<strong>in</strong>d gleichwohl<br />

geplant.<br />

Die Eröffnungsfeier der neuen Räume fand am 18. April<br />

2002 statt.<br />

Anschrift:<br />

Museum der Stadt Füssen, Lechhalde 3, 87629 Füssen,<br />

Telefon 08362/903-145 u. –143, Fax 903201,<br />

E-Mail t.riedmiller@fuessen.de,<br />

Internet www.fuessen.de<br />

Öffnungszeiten:<br />

April bis Oktober Dienstag bis Sonntag 11-16,<br />

November bis März Dienstag bis Sonntag 14-16 Uhr<br />

Garmisch-Partenkirchen/Obb.<br />

Das Werdenfelder Museum mit se<strong>in</strong>er bedeutenden<br />

Sammlung zur Geschichte und Kultur des Werdenfelser<br />

Landes hat sich seit se<strong>in</strong>er Verlegung und Neuaufstellung<br />

1973 sehr gut weiterentwickelt. Das Ergebnis ist nun<br />

allerd<strong>in</strong>gs – wie so oft – <strong>in</strong> den letzten Jahren spürbare<br />

Raumnot. Neben e<strong>in</strong>er Intensivierung des museumspädagogischen<br />

Angebots soll <strong>in</strong> dem aktiven Museum<br />

künftig zusätzlich auch das Thema „Landkreis“ deutlicher<br />

zum Tragen kommen. Nach Erarbeitung alternativer<br />

Rahmenkonzeptionen wurden nun als erstes Ergebnis der<br />

neugestaltete E<strong>in</strong>gangsraum und e<strong>in</strong> anschließender<br />

neuer Multifunktionsraum am 19.2.2001 der Öffentlichkeit<br />

vorgestellt.<br />

Anschrift:<br />

Werdenfelder Museum, Ludwigstr. 47,<br />

82467 Garmisch-Partenkirchen, Tel. 08821/6212<br />

Öffnungszeiten:<br />

Dezember bis Oktober Dienstag bis Freitag 10-13 und<br />

15-18 Uhr, Samstag und Sonntag 10-13 Uhr<br />

Marktbreit/Ufr.<br />

Am 20. April 2002 eröffnete das Museum im malerischen<br />

Malerw<strong>in</strong>kelhaus <strong>in</strong> Marktbreit e<strong>in</strong>en Teil se<strong>in</strong>er neuen<br />

Dauerausstellung. Die Hausgeschichte des Gebäudes<br />

sowie die Themenkreise zu K<strong>in</strong>dheit und Jugend im Rahmen<br />

der Dauerausstellung „Frauen-Zimmer“ zur Sozialgeschichte<br />

der Frau s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>formativ aufbereitet und durch<br />

e<strong>in</strong>e Fülle von Objekten, Dokumenten und Fotografien<br />

ergänzt. E<strong>in</strong> Begleitband („Himmel und Hölle – K<strong>in</strong>dheit<br />

und Jugend <strong>in</strong> bewegter Zeit“) mit Zeitzeugenberichten<br />

bietet E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> K<strong>in</strong>dheit und Jugend zwischen 1901 und<br />

1926.<br />

Anschrift:<br />

Museum im Malerw<strong>in</strong>kelhaus, Bachgasse 2,<br />

97340 Marktbreit, Tel. 09332/405-46, Fax -44,<br />

E-Mail tourist<strong>in</strong>fo@marktbreit.de,<br />

Internet www.marktbreit.de<br />

Öffnungszeiten:<br />

Montag bis Freitag 10-12 Uhr,<br />

Dienstag und Freitag auch 14-16 Uhr,<br />

Samstag, Sonn- und Feiertag 14-17 Uhr;<br />

15. Juli-14. September geschlossen<br />

Marktoberdorf/Schw.<br />

1989 eröffnete die Stadt im sogenannten Geiger-Haus die<br />

Städtische Galerie, e<strong>in</strong>e Sammlung von Gemälden, Graphiken<br />

und Plastiken schwäbischer Künstler mit dem<br />

Schwerpunkt der zeitgenössischen Kunst. Qualifizierte<br />

Sammlungserweiterung, der Wunsch nach besucherorientierter<br />

Aktivität und Neukonzeption sowie vorbildhaftes<br />

Mäzenatentum ermöglichten nun e<strong>in</strong>en großzügigen, eigenwilligen<br />

und <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Funktionalität klar gegliederten<br />

Erweiterungsbau. Das weit über die Region h<strong>in</strong>aus beachtete<br />

und diskutierte Projekt konnte mit der Eröffnung<br />

am 13.7.2001 abgeschlossen werden.<br />

Anschrift:<br />

Künstlerhaus Marktoberdorf, Kemptener Str. 5,<br />

87616 Marktoberdorf, Tel. 08342/918337,<br />

E-Mail kh-mod@t-onl<strong>in</strong>e.de<br />

Öffnungszeiten:<br />

Dienstag bis Samstag 15-18 Uhr, Sonntag 13-18 Uhr


74<br />

Markt Schwaben/Obb.<br />

Nach der Eröffnung des ersten E<strong>in</strong>richtungsabschnittes<br />

mit der Abteilung „Schwabener Porzellan“ im Januar<br />

2001 nahm sich die ehrenamtlich tätige Arbeitsgruppe<br />

des Heimatmuseums Markt Schwaben e. V. den<br />

Raum „Archäologie“ vor. Dieser konnte am 2.2.2002<br />

der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Angereichert um<br />

Leihgaben und Abgüsse, deren Orig<strong>in</strong>ale bei der Archäologischen<br />

Staatssammlung München liegen, gibt<br />

die neue Abteilung e<strong>in</strong>en straffen, gut geordneten<br />

Überblick über 5.000 Jahre Kulturgeschichte im Schwabener<br />

Raum.<br />

Weitere E<strong>in</strong>heiten zu Burg- und Schlossgeschichte sowie<br />

zur Neuzeit werden folgen.<br />

Anschrift:<br />

Heimatmuseum Markt Schwaben, Bahnhofstr. 28,<br />

85570 Markt Schwaben, Tel. 08121/3420<br />

Öffnungszeiten:<br />

für Gruppen nach Vere<strong>in</strong>barung<br />

Mühldorf a. Inn/Obb.<br />

Das kulturgeschichtliche Museum im Lodronhaus mit se<strong>in</strong>en<br />

reichen, z. T. bedeutenden Beständen konnte durch<br />

neue große Ausstellungsräume im benachbarten Haberkasten<br />

bereits 1996 deutlich erweitert werden. Nun<br />

gelang es, auch im Lodronhaus e<strong>in</strong>ige Räume dazu zu<br />

gew<strong>in</strong>nen.<br />

Im Zuge e<strong>in</strong>er Gebäudesanierung wurde das Konzept der<br />

Aufstellung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Teilen geändert und verbessert.<br />

Neben e<strong>in</strong>em Medienraum ist der entscheidende Gew<strong>in</strong>n<br />

e<strong>in</strong>e adäquate Präsentation der z. T. <strong>in</strong> den letzten Jahren<br />

neu erworbenen religiösen Skulpturen. Die bereits frühzeitig<br />

erstellte dichte Dokumentation für die Zeit des<br />

„Dritten Reichs“ soll <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em weiteren Arbeitsschritt mit<br />

überarbeiteter Konzeption im Haberkasten neu aufgestellt<br />

werden. Die Wiedereröffnung des Lodronhauses<br />

fand am 9.10.2001 statt.<br />

Anschrift:<br />

Kreismuseum im Lodronhaus, Tuchmacherstr. 7,<br />

84453 Mühldorf a. Inn, Tel. 08631/2351 u. 2610,<br />

Fax 987642<br />

Öffnungszeiten:<br />

Dienstag 14-19, Mittwoch bis Donnerstag 14-16,<br />

Sonntag 10-12 und 14-16 Uhr<br />

Neusath-Perschen/Opf.<br />

Als neues Architekturexponat wurde am 15.3.2002 die<br />

Schmiede aus Klardorf-Zielheim (Stadt Schwandorf) im<br />

Oberpfälzer Freilandmuseum Neusath-Perschen eröffnet.<br />

Aufgebaut <strong>in</strong> der Baugruppe „Mittlere Oberpfalz“ zwischen<br />

der Raiffeisenhalle und dem „Schallerhof“, ergänzt<br />

sie Objekte, die sich dem Thema „Ländliches Handwerk“<br />

widmen.<br />

Das Haupthaus mit Wohnung, Schmiedewerkstatt und<br />

Stube ist e<strong>in</strong> wertvolles Beispiel für den Massivbau der<br />

mittleren Oberpfalz. Das Gebäude wurde <strong>in</strong> großen Teilen<br />

transferiert, was e<strong>in</strong>e besondere technische Meisterleistung<br />

darstellt. Nur auf diese Weise konnte größtmögliche<br />

Authentizität erreicht werden, was auch an orig<strong>in</strong>alen<br />

Oberflächen ablesbar ist.<br />

E<strong>in</strong>e M<strong>in</strong>imaltemperierung schaffte e<strong>in</strong> Raumklima, wodurch<br />

das Gebäude selbst, aber auch die weitgehend<br />

orig<strong>in</strong>ale E<strong>in</strong>richtung auf lange Zeit erhalten werden können.<br />

Die Werkstattausstattung mit ihren vielen Eisenteilen<br />

wurde von erfahrenen Metallrestauratoren konserviert<br />

und gesichert. Durch Abbildungen und Texte wird die<br />

Schmiede dem Publikum erschlossen.<br />

Anschrift:<br />

Oberpfälzer Freilandmuseum Neusath-Perschen,<br />

Neusath 200, 92507 Nabburg, Tel. 09433/2442-0,<br />

Fax -222, E-Mail freilandmuseum@bezirk-oberpfalz.de,<br />

Internet www.freilandmuseum.org<br />

Öffnungszeiten:<br />

April bis Oktober (Bauernmuseum Perschen ganzjährig)<br />

Dienstag bis Sonntag 9-18 Uhr<br />

Neustadt b. Coburg/Ofr.<br />

BERICHTE/AKTUELLES<br />

Im Obergeschoss e<strong>in</strong>es neu errichteten Gebäudes, der<br />

sogenannten „Alten Weihnachtsfabrik“, hat der Vere<strong>in</strong><br />

„Pflege des weihnachtlichen Brauchtums“ am 3.10.2001<br />

e<strong>in</strong> ganzjährig zugängliches Weihnachtsmuseum eröffnet.<br />

Langfristig steht dem Vere<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e umfangreiche<br />

Spezialsammlung für die differenzierte Darstellung des<br />

Themas mit dem Schwerpunkt des im fränkischen und<br />

vor allem im Thür<strong>in</strong>ger Raum produzierten gläsernen<br />

Christbaumschmucks zur Verfügung. Damit gibt es nun<br />

<strong>in</strong> Neustadt b. Coburg, dem Zentrum der Spielwarenund<br />

Neustadt b. Coburg, dem Zentrum der Spielwarenund<br />

Weseum der Deutschen Spielzeug<strong>in</strong>dustrie mit<br />

Trachtenpuppensammlung e<strong>in</strong>en neuen Anziehungspunkt.


BERICHTE/AKTUELLES 75<br />

Anschrift:<br />

Das Historische Weihnachtsmuseum, Sternenweg 2,<br />

96465 Neustadt b. Coburg, Tel. 09568/857-0<br />

Öffnungszeiten:<br />

Montag bis Freitag 10.30-17.30,<br />

Samstag 10.30-15.30 Uhr<br />

Neu-Ulm-Pfuhl/Schw.<br />

Am 21.10.2001 wurde der sogenannte „Museumsstadel“<br />

<strong>in</strong> Neu-Ulm-Pfuhl feierlich eröffnet. Die drei Ebenen des<br />

Gebäudes, das an das bestehende Heimatmuseum baulich<br />

anschließt, bieten <strong>in</strong>sgesamt etwa 400 m 2 Ausstellungsfläche.<br />

Das Erdgeschoss bleibt Wechselausstellungen und Veranstaltungen<br />

vorbehalten, während <strong>in</strong> den beiden oberen<br />

Stockwerken thematische Dauerpräsentationen aus eigenen<br />

Beständen und e<strong>in</strong>em großen Anteil Leihgaben e<strong>in</strong>gerichtet<br />

wurden: Im ersten Obergeschoss hat die Pfuhler<br />

Handwerkerschaft unter Führung von Herrn G. Hillmann<br />

und Mithilfe der Städtischen Sammlungen 13 Berufsgruppen<br />

aus dem historischen dörflichen Handwerk <strong>in</strong><br />

kojenähnlichen Abteilungen aufbereitet. Das Thema „Vom<br />

Flachs zum Le<strong>in</strong>en“, erarbeitet von den Städtischen<br />

Sammlungen, wird auf der zweiten oberen Ebene ausgebreitet.<br />

Auch hier hat man auf e<strong>in</strong>e Darstellung der spezifisch<br />

lokalen Verhältnisse h<strong>in</strong>gearbeitet.<br />

Anschrift:<br />

Heimatmuseum Pfuhl, Hauptstr. 73,<br />

89233 Neu-Ulm-Pfuhl, Tel. 0731/9726318,<br />

Fax 9709527<br />

Öffnungszeiten:<br />

Sonntag 14-17 Uhr und nach Vere<strong>in</strong>barung<br />

Nürnberg/Mfr.<br />

Rechtzeitig zur Spielwarenmesse 2002 ist das Spielzeugmuseum<br />

um e<strong>in</strong>e Attraktion reicher: In e<strong>in</strong>er völlig neu<br />

gestalteten Museumsabteilung präsentiert sich die spannende<br />

Geschichte der traditionsreichen Firma Ernst Paul<br />

Lehmann Patentwerk. „Aha“ oder „Oho“ wird <strong>in</strong> der<br />

neuen Abteilung oft zu hören se<strong>in</strong>, nicht nur weil dies die<br />

Namen alter Lehmann-Autos s<strong>in</strong>d. Auf etwa 100 m 2<br />

Fläche ist hier mit weit über 300 Exponaten die weltweit<br />

bedeutendste Sammlung des berühmten Lehmann-<br />

Blechspielzeugs ausgebreitet. Sie wurde dem Spielzeugmuseum<br />

von den Firmen<strong>in</strong>habern als Dauerleihgabe zur<br />

Verfügung gestellt. Das Unternehmen hat sich außerdem<br />

mit e<strong>in</strong>em namhaften Betrag an der E<strong>in</strong>richtung der neuen<br />

Abteilung beteiligt.<br />

Erstmals widmet damit das Museum e<strong>in</strong>en ganzen Raum<br />

e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>zigen Spielzeugfirma. Nicht nur die hohe Qualität<br />

der Sammlung, sondern auch die bewegte 121-jährige<br />

Geschichte des Unternehmens gaben den Anstoß zu dieser<br />

thematisch wie gestalterisch neuen Präsentationsform.<br />

Anschrift:<br />

Spielzeugmuseum (Museum Lydia Bayer),<br />

Karlstraße 13-15, 90403 Nürnberg, Tel. 0911/231-3260<br />

(Verwaltung), -3164 (Museum), Fax -5495,<br />

E-Mail spielzeugmuseum@stadt.nuernberg.de,<br />

Internet www.spielzeugmuseum-nuernberg.de<br />

Öffnungszeiten:<br />

Dienstag bis Sonntag 10-17, Mittwoch 10-21 Uhr<br />

Passau/Ndb.<br />

Im Zuge der Generalsanierung und Neukonzeption des<br />

Oberhausmuseums konnte am 3.5.2002 der letzte große<br />

Abschnitt der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.<br />

Der Komplex „Mittelalter“ <strong>in</strong> weltlicher und geistlich/<br />

kirchlicher H<strong>in</strong>sicht – unter E<strong>in</strong>schluss der bedeutenden<br />

Sammlung der Diözese Passau an Tafelbildern und<br />

Gemälden – erstreckt sich auf ca. 1.800 m 2 und wurde<br />

unter dem Motto „Irdisches Leben und himmlisches Streben“<br />

zunächst als Sonderausstellung präsentiert.<br />

Bis auf die noch anstehende Integration der umfangreichen<br />

Vertriebenensammlung („Böhmerwaldmuseum“)<br />

und e<strong>in</strong>iger weiterer Sammlungsteile blickt das Oberhausmuseum<br />

nun se<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>stweiligen Fertigstellung entgegen.<br />

In den beiden neuen Ausstellungsbestandteilen ersche<strong>in</strong>en<br />

Kataloge. Jener zum sakral-kirchlichen Bereich ist<br />

bereits ausgeliefert.<br />

Anschrift:<br />

Oberhausmuseum, Oberhaus 125, 94034 Passau,<br />

Tel. 0851/49335-0 u. -12,<br />

E-Mail oberhausmuseum@passau.de,<br />

Internet www.Oberhausmuseum.de<br />

Öffnungszeiten:<br />

März bis Dezember Montag bis Freitag 9-17,<br />

Samstag, Sonntag, Feiertage 11-18 Uhr


76<br />

Poll<strong>in</strong>g/Obb.<br />

Wie das Beispiel des Museums Poll<strong>in</strong>g zeigt, ist es nicht<br />

gerade e<strong>in</strong>fach, die Kle<strong>in</strong>teiligkeit e<strong>in</strong>er Museumsentwicklung<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong> großes Ganzes zu überführen. Vor allem<br />

bedeutete das für Geme<strong>in</strong>de, Vere<strong>in</strong> und ehrenamtliche<br />

Leitung doch e<strong>in</strong>e erhebliche Belastung, zeitlich wie<br />

f<strong>in</strong>anziell. In Poll<strong>in</strong>g hat man <strong>in</strong> den letzten Jahren den<br />

Sammlungsbestand mit e<strong>in</strong>er Konzentration auf Schwerpunkte<br />

h<strong>in</strong> neu geordnet und <strong>in</strong> wesentlichen Teilen neu<br />

aufgestellt. Geologie, der für die regionale Architektur<br />

wichtige Poll<strong>in</strong>ger Tuff, Frühgeschichte, Klostergeschichte,<br />

religiöse Kunst mit Volksfrömmigkeit und besonders<br />

die Wallfahrtsgeschichte bis h<strong>in</strong> zu e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>en Gemäldegalerie<br />

können seit dem 13.10.2001 wieder besichtigt<br />

werden.<br />

Anschrift:<br />

Museum Poll<strong>in</strong>g, Kirchplatz 11, 82398 Poll<strong>in</strong>g,<br />

Tel. 0881/5778 u. 1001 (Geme<strong>in</strong>deverwaltung)<br />

Öffnungszeiten:<br />

Sonntag 9.30-12 Uhr und nach Vere<strong>in</strong>barung<br />

Rottach-Egern/Obb.<br />

Nach etwa zehn Jahren Vorlaufzeit, <strong>in</strong> der verhandelt und<br />

schließlich von der Geme<strong>in</strong>de e<strong>in</strong>e wichtige, umfangreiche<br />

Privatsammlung erworben wurde, <strong>in</strong> der qualifiziert<br />

konserviert und restauriert, e<strong>in</strong> geeignetes Gebäude, der<br />

sogenannte Gsotthaber Hof, saniert und großzügig erweitert<br />

wurde, gelang es, mit großem Engagement der Geme<strong>in</strong>de<br />

e<strong>in</strong> neues Spezialmuseum e<strong>in</strong>zurichten. Dieses<br />

neue Museum, eröffnet am 3.10.2001, fügt sich gut <strong>in</strong><br />

lokale Traditionen e<strong>in</strong>. Schließlich s<strong>in</strong>d seit längerem<br />

Rosstag und Pferdeschlittenrennen <strong>in</strong> Rottach-Egern<br />

Anziehungspunkte mit e<strong>in</strong>em Bekanntheitsgrad weit über<br />

die Grenzen <strong>Bayern</strong>s h<strong>in</strong>aus.<br />

Anschrift:<br />

Kutschen-, Wagen- und Schlittenmuseum, Feldstr. 16,<br />

83700 Rottach-Egern, Tel. 08022/6713-41, Fax -47<br />

Öffnungszeiten:<br />

Dienstag bis Sonntag 14-17 Uhr<br />

Segnitz/Ufr.<br />

Am 12. April 2002 wurde im ersten Stock des alten Schulhauses<br />

<strong>in</strong> Segnitz, Lkr. Kitz<strong>in</strong>gen, die Archäologische<br />

Sammlung eröffnet. Die von der Ausstellungsgruppe Seg-<br />

nitz erarbeitete museale Präsentation lehnt sich konzeptionell<br />

stark an e<strong>in</strong>e Sonderausstellung des Jahres 1997<br />

an. Gezeigt werden auf etwa 60 m 2 Ausstellungsfläche<br />

Funde (hauptsächlich Keramik) aus e<strong>in</strong>em hallstattzeitlichen<br />

Gräberfeld <strong>in</strong> Segnitz-Frickenhausen. Neben seltenen<br />

Formen wie e<strong>in</strong>er vogelförmigen Klapper oder e<strong>in</strong>em<br />

Drill<strong>in</strong>gsgefäß wird auch e<strong>in</strong> reiches bronzezeitliches<br />

Frauengrab mit Goldr<strong>in</strong>gen und e<strong>in</strong>em Bernste<strong>in</strong>kollier<br />

präsentiert.<br />

Anschrift:<br />

Archäologische Sammlung Segnitz, Altes Schulhaus,<br />

Sulzfelder Straße, 97340 Segnitz, Tel. 09332/405-0<br />

(Verwaltungsgeme<strong>in</strong>schaft Marktbreit), Fax -42<br />

Öffnungszeiten:<br />

nach Vere<strong>in</strong>barung (Tel. 09332/9458)<br />

Seßlach/Ofr.<br />

Am 13.8.2001 wurde das Heimatmuseum der Stadt<br />

Seßlach nach umfangreichen Sanierungsarbeiten im ehemaligen<br />

fürstbischöflichen Kastenboden wieder eröffnet.<br />

Die neu konzipierte Ausstellung führt auf 200 m 2 Fläche<br />

durch die Geschichte Seßlachs, von der ersten Erwähnung<br />

im 9. Jahrhundert bis zur Stadtsanierung Ende des<br />

20. Jahrhunderts.<br />

Anschrift:<br />

Heimatmuseum Seßlach, Luitpoldstr. 7, 96145 Seßlach,<br />

Tel. 09569/922540<br />

Öffnungszeiten:<br />

Sonn- und Feiertage 14-16 Uhr<br />

Tiefenbach/Opf.<br />

BERICHTE/AKTUELLES<br />

In Tiefenbach, im Grenzland zu Böhmen gelegen, gründete<br />

der bayerische Staat 1907 e<strong>in</strong>e Klöppelschule, <strong>in</strong> der<br />

die Frauen und Mädchen der Region die Handklöppelei<br />

erlernen und sich so e<strong>in</strong>e Möglichkeit zum Nebenerwerb<br />

verschaffen konnten. Neben Spitzen aus Schönsee und<br />

Stadlern machten sich Tiefenbacher Klöppelspitzen als<br />

Produkt regionalen Kunsthandwerks e<strong>in</strong>en Namen. Oberpfälzer<br />

Klöppelspitzen wurden sogar auf Weltausstellungen<br />

präsentiert.<br />

Im Saal der ehemaligen Klöppelschule, heute Rathaus,<br />

werden Entwürfe, Musterzeichnungen, Musterbriefe und<br />

Klöppelspitzen aus Tiefenbach ausgestellt. Die Geme<strong>in</strong>de<br />

Tiefenbach eröffnete das Museum, das von der Landes-


BERICHTE/AKTUELLES 77<br />

stelle gefördert und h<strong>in</strong>sichtlich se<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>richtung maßgeblich<br />

mitgestaltet wurde, am 15.3.2002.<br />

Anschrift:<br />

Museum ehem. Klöppelschule Tiefenbach, Hauptstr. 33,<br />

93464 Tiefenbach, Tel. 09673/922110,<br />

E-Mail poststelle@tiefenbach-opf.de,<br />

Internet www.tiefenbach-opf.de<br />

Öffnungszeiten:<br />

Montag bis Freitag 8-12, Montag bis Donnerstag auch<br />

13-17, Sonntag 14-16 Uhr sowie nach Vere<strong>in</strong>barung<br />

Vilsbiburg/Ndb.<br />

Das 1909 gegründete und 1973 im ehemaligen Spitalgebäude<br />

letztmals neu e<strong>in</strong>gerichtete Heimatmuseum des<br />

„Historischen Vere<strong>in</strong>s für den Landkreis Vilsbiburg e. V.“<br />

(Träger) konnte nach Ankauf des Nachbargebäudes <strong>in</strong><br />

den letzten 10 Jahren neu konzipiert und gestaltet werden.<br />

Als erster Neue<strong>in</strong>richtungsabschnitt ist seit März<br />

1995 der Bereich Handwerk und Gewerbe zu sehen (vgl.<br />

Museum heute 10/1995, S. 53).<br />

Nunmehr wurde am 20. April 2002 der weitaus größte Teil<br />

mit sanierter Spitalkirche (Zeugnisse der Volksfrömmigkeit),<br />

Stadtgeschichte und der überregional bedeutenden<br />

Abteilung „Krön<strong>in</strong>ger Hafnerei“ vorgestellt. Zwar verraten<br />

die übervollen, dekorativ e<strong>in</strong>gerichteten Vitr<strong>in</strong>en <strong>in</strong> erster<br />

L<strong>in</strong>ie den Sammlerstolz aus 30 Jahren Arbeit, doch werden<br />

die verschiedenen Themen von e<strong>in</strong>gängigen Texten<br />

und Bilddokumenten begleitet.<br />

Die Bearbeitung e<strong>in</strong>er letzten Abteilung zu Ziegelei und<br />

Landwirtschaft steht noch bevor.<br />

Anschrift:<br />

Heimatmuseum, Stadtplatz 40, 84137 Vilsbiburg,<br />

Tel. 08741/3821<br />

Öffnungszeiten:<br />

Sonntag 10-11.30, Mittwoch und jedes erste Wochenende<br />

im Monat auch Samstag und Sonntag 14-16 Uhr<br />

PERSONALIA<br />

Fladungen. Neuer ehrenamtlicher Leiter des Rhönmuseums<br />

Fladungen ist He<strong>in</strong>rich Hacker M. A. vom Fränkischen<br />

Freilandmuseum am selben Ort. Bei der Weiterentwicklung<br />

des Museums ist die verstärkte Konzeptabstimmung<br />

zwischen den beiden Häusern vorgesehen.<br />

Kaufbeuren. Die Münchner Volkskundler<strong>in</strong> Dr. Astrid Pellengahr<br />

hat zum 1.1.2002 die hauptamtliche Leitung des<br />

Stadtmuseums Kaufbeuren angetreten. Mit dem Ausscheiden<br />

des langjährigen ehrenamtlichen Museumsleiters,<br />

Wolfgang Sauter, hatte die Stadt dort e<strong>in</strong>e zunächst<br />

auf 20 Stunden beschränkte wissenschaftliche Stelle geschaffen.<br />

Schwerpunktaufgabe wird e<strong>in</strong>e umfassende<br />

Gebäudesanierung, Neukonzeption und Neugestaltung<br />

der bedeutenden Sammlungsbestände se<strong>in</strong>. Frau Pellengahr<br />

hatte <strong>in</strong> den Jahren 1997-1999 beim Aufbau des Allgäu-Museums<br />

Kempten verschiedene Werkverträge ausgeführt<br />

und war dann beim Kunsthaus Kaufbeuren als<br />

Assistent<strong>in</strong> für Öffentlichkeitsarbeit, Sponsor<strong>in</strong>g und Ausstellungsorganisation<br />

zuständig.<br />

Kempten. Der bisherige Leiter der <strong>Museen</strong> der Stadt<br />

Kempten, Dr. Re<strong>in</strong>hard Riepert<strong>in</strong>ger, wechselte zum<br />

1. November 2001 zum Haus der Bayerischen Geschichte<br />

nach Augsburg und übernahm dort die Leitung des Referates<br />

Ausstellungen, Bildarchiv und Zeitzeugen. Bereits<br />

vor se<strong>in</strong>er Kemptener Zeit (1991-1996) arbeitete Dr. Riepert<strong>in</strong>ger<br />

beim Haus der Bayerischen Geschichte als<br />

Ausstellungsmacher. In Kempten war es se<strong>in</strong>e vorrangige<br />

Aufgabe, die Neukonzeption und Neuaufstellung des Allgäu-Museums<br />

e<strong>in</strong>schließlich des „Kunstgewölbes“ zu<br />

betreiben. Als e<strong>in</strong> weiteres Produkt se<strong>in</strong>er Tätigkeit <strong>in</strong><br />

Kempten darf die Veranstaltung der 1. Kemptener Museumsnacht<br />

im September 2000 gelten (vgl. dazu Museum<br />

heute 20, S. 60-68).<br />

Kitz<strong>in</strong>gen. Die Orientalist<strong>in</strong> und langjährige Leiter<strong>in</strong> von<br />

Museum und Stadtarchiv der Stadt Kitz<strong>in</strong>gen, Frau Dr.<br />

Helga Walter, ist zum 1.10.2001 <strong>in</strong> den Ruhestand getreten.<br />

Bereits kurz vor ihrer Promotion übernahm Frau Walter<br />

im Oktober 1981 die Halbtagsstelle der Archiv- und<br />

Museumsleiter<strong>in</strong> – erst 1995 wurde e<strong>in</strong>e Ganztagesstelle<br />

geschaffen. Sie fühlte sich – neben ihrem Interesse an<br />

vorderasiatischer Sprache und Kultur – während ihrer<br />

20jährigen Tätigkeit immer mit ihrer Heimatstadt verbunden.<br />

Dies kommt <strong>in</strong> zahlreichen Ausstellungen und Publikationen<br />

rund um Geschichte und Kultur von Kitz<strong>in</strong>gen<br />

zum Ausdruck. Hervorgehoben seien e<strong>in</strong>ige wenige Projekte,<br />

so 1990 die Organisation und Konzeption der<br />

„Richard-Rother-Ausstellung“ anlässlich des 100. Geburtstages<br />

des großen Kitz<strong>in</strong>ger Künstlers. Nach diesem<br />

Erfolg wird die umfangreiche Richard-Rother-Sammlung,<br />

bestehend aus Holzschnitten, Zeichnungen, Reliefs und


78<br />

Skulpturen, <strong>in</strong> eigenen Räumen an der Alten Ma<strong>in</strong>brücke<br />

über dem Fremdenverkehrsamt neu auf- und ausgestellt.<br />

1992 wird im ausgebauten Dachgeschoss des<br />

Kitz<strong>in</strong>ger Stadtmuseums das „Geschwister-Buchner-<br />

Stüble“ der Maler<strong>in</strong> Berta Kaiser und des Heimatdichters<br />

und Zeichners Alfred Buchner eröffnet. Im Festjahr zum<br />

1250jährigen Stadtjubiläum 1995 führte Frau Walter vier<br />

große Ausstellungen <strong>in</strong> der Rathaushalle durch. Sie<br />

gab seit 1989 die Reihe „Schriften des Stadtarchivs<br />

Kitz<strong>in</strong>gen“, z. T. mit eigenen Beiträgen, heraus und begründete<br />

2000 die neue Schriftenreihe „Kitz<strong>in</strong>ger<br />

Museumsschriften“.<br />

Frau Walter war trotz ihrer Ausstellungserfolge, Schriften<br />

und Vorträge e<strong>in</strong>e bescheidene, sich nie <strong>in</strong> den Vordergrund<br />

drängende Wissenschaftler<strong>in</strong>. Sie kämpfte beim<br />

Kitz<strong>in</strong>ger Stadtrat jahrlang um e<strong>in</strong>e Verbesserung der Museumssituation<br />

und um mehr öffentliche Wahrnehmung.<br />

Gegenwärtig bef<strong>in</strong>den sich Museum und Archiv <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

grundlegenden Umstrukturierungs- und Neuaufstellungsprozess.<br />

München. Die Landesstelle für die nichtstaatlichen <strong>Museen</strong><br />

hat seit dem 17. Juni 2002 e<strong>in</strong>e neue Referent<strong>in</strong> für<br />

den Bereich Innenarchitektur. Eva-Maria Fleckenste<strong>in</strong>,<br />

Dipl. Ing. (FH) Innenarchitektur, tritt die Nachfolge von<br />

Herrn Rudolf Werner an, der nach langjähriger Tätigkeit <strong>in</strong><br />

den Vorruhestand getreten ist.<br />

Frau Fleckenste<strong>in</strong> war zuvor <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Architekturbüro <strong>in</strong><br />

Bremen beschäftigt, dessen Arbeitsfeld ausschließlich im<br />

Bereich der Museums- und Ausstellungsgestaltung liegt.<br />

Für das Deutsche Museum übernahm sie als freiberufliche<br />

Mitarbeiter<strong>in</strong> graphische und <strong>in</strong>nenarchitektonische<br />

Gestaltungsaufgaben.<br />

BERICHTE/AKTUELLES<br />

SONDERAUSSTELLUNGEN BAYERISCHER MUSEEN<br />

Ständig aktualisierte H<strong>in</strong>weise auf Sonderausstellungen<br />

bayerischer <strong>Museen</strong> f<strong>in</strong>den Sie im Internet auf den <strong>Seiten</strong><br />

der Landesstelle (www.museen-<strong>in</strong>-bayern.de). Dabei s<strong>in</strong>d<br />

wir auf Ihre Hilfe angewiesen: Wir bitten alle <strong>Museen</strong>, uns<br />

möglichst rechtzeitig ihr Ausstellungsprogramm zukommen<br />

zu lassen. Gerne verweisen wir dann <strong>in</strong> Internet und<br />

Museum heute auf Ihre Ausstellungen!<br />

Abenberg, Haus fränkischer Geschichte auf Burg Abenberg:<br />

Fotoausstellung Leben und Feiern <strong>in</strong> Franken,<br />

12.5.-25.8.2002<br />

Amerang, Bauernhausmuseum Amerang des Bezirks<br />

Oberbayern: Die ältesten Wassermühlen <strong>in</strong> Schwaben,<br />

15.7.-10.11.2002<br />

Augsburg, Architekturmuseum Schwaben: „Little America“<br />

<strong>in</strong> Augsburg, 13.6.-11.8.2002; Von der Garnison zur<br />

Konversion, Nutzung und Umnutzung der Augsburger<br />

Militärflächen, 13.6.-11.8.2002; 50 Jahre BDIA <strong>in</strong><br />

Deutschland, 5.9.-6.10.2002<br />

Augsburg, Diözesanmuseum St. Afra: Kunst baut<br />

Brücken, Sammlung moderner religiöser Kunst aus den<br />

Vatikanischen <strong>Museen</strong>, 16.4.-11.8.2002<br />

Augsburg, Römisches Museum: PATAVIUM, Das römische<br />

Padua, 14.6.-15.9.2002; Transparenz und Farbenspiel,<br />

1.3.-28.7.2002<br />

Bad W<strong>in</strong>dsheim, Fränkisches Freilandmuseum mit<br />

Archäologie-Museum: Fremde auf dem Land. Wer s<strong>in</strong>d<br />

die Fremden auf dem Land und wie zeigt sich ihre Fremdheit?,<br />

11.5.-13.10.2002<br />

Bamberg, Neue Residenz: Von Athen nach Bamberg –<br />

König Otto von Griechenland, 21.6.-3.11.2002<br />

Bayreuth, Kunstmuseum Bayreuth mit Tabakhistorischer<br />

Sammlung: Emil Schumacher, ...und immer wieder male<br />

ich me<strong>in</strong> Bild, 30.6.- 6.10.2002; Klasse Johannes Brus,<br />

Gegenüber – An der Wand/ Auf dem Boden, 12.6.-<br />

12.7.2002<br />

Bergnersreuth, Volkskundliches Gerätemuseum: Auf der<br />

Pirsch, 30.6.-3.11.2002<br />

Burghausen, Haus der Fotografie/ Dr. Robert-Gerlich-<br />

Museum: Ferd<strong>in</strong>and Joesten – e<strong>in</strong> meister des fotografischen<br />

„objet trouvé“, fotografien auf videobasis, 16.5.-<br />

16.6.2002; Dr. Robert-Gerlich-Gedenkausstellung, E<strong>in</strong><br />

Leben für die Menschen und die Fotografie, 23.6.-<br />

10.8.2002


BERICHTE/AKTUELLES 79<br />

Burghausen, Historisches Stadtmuseum: Herzog<strong>in</strong> Hedwig<br />

(1457-1502), Ihr Leben <strong>in</strong> Burghausen nach der<br />

Landshuter Hochzeit, 15.6.-29.9.2002<br />

Burglengenfeld, Oberpfälzer Volkskundemuseum: Zirkus,<br />

Zirkus, 150 Jahre und vier Generationen der Artistenfamilie<br />

Kremo aus Berl<strong>in</strong>, 23.6.-25.8.2002<br />

Dachau, Bezirksmuseum Dachau: Wege und Straßen,<br />

27.4.-8.9.2002<br />

Dachau, Dachauer Gemäldegalerie: Wege und Straßen,<br />

27.4.-8.9.2002<br />

Deggendorf, Handwerksmuseum: Auf dem Weg <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />

neue Zeit, Frühe Industrien im Bayerischen Wald, 2.5.-<br />

30.6.2002; Made <strong>in</strong> Deggendorf, Kunsthandwerk und<br />

Design aus Deggendorf, 11.7.-15.9.2002<br />

Deggendorf, Stadtmuseum: Heiliges Theater, 8.11.2001-<br />

8.9.2002; Barockes Kaleidoskop, 8.1.-26.7.2002; Made <strong>in</strong><br />

Deggendorf, Kunsthandwerk und Design aus Deggendorf,<br />

11.7.-15.9.2002; Die großformatige Zeichnung, Ausstellung<br />

zum <strong>in</strong>ternationalen Kunstsymposium <strong>in</strong> Sieghart<strong>in</strong>g,<br />

19.9.-27.10.2002<br />

Ebern, Heimatmuseum: Süß! Unterfrankens süße Industriegeschichte,<br />

28.7.-8.9.2002<br />

Eichstätt, Diözesanmuseum: Sebastian Mutzl, Priester,<br />

Künstler und Sammler <strong>in</strong> der Diözese Eichstätt, 24.4.-<br />

4.8.2002<br />

Eichstätt, Jura-Museum: Eule und Mensch, 16.3.-<br />

25.8.2002<br />

Erlangen, Stadtmuseum: 1002, Die Ersterwähnung Erlangens<br />

<strong>in</strong> der Urkunde He<strong>in</strong>richs II., 30.6.-31.7.2002<br />

Falkenste<strong>in</strong>, Museum auf Burg Falkenste<strong>in</strong> – Jagd und<br />

Wild: Bergfried, Weiberwehr & Ritterspiel, Geschichte(n)<br />

von Burg Falkenste<strong>in</strong>, 26.6.-31.10.2002<br />

Fl<strong>in</strong>tsbach, Ziegel und Kalk Museum: Leben an der Donau,<br />

E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> das Leben der W<strong>in</strong>zerer an der Donau<br />

gestern und heute, 5.5.-4.8.2002<br />

Frauenaurach, Museum im Amtshausschüpfla: Bewahrt<br />

das Feuer und das Licht, 9.8.-31.10.2002<br />

Freis<strong>in</strong>g, Diözesanmuseum: Mark Harr<strong>in</strong>gton – Marco<br />

Neri – Malerei, Junge Kunst im Diözesanmuseum Freis<strong>in</strong>g,<br />

1.7.-15.9.2002<br />

Friedberg, Heimatmuseum der Stadt Friedberg: Bemalte<br />

Bauernmöbel und irdenes Geschirr aus dem Lkr.<br />

Aichach-Friedberg, 5.5.-20.10.2002<br />

Fronberg, Oberpfälzer Künstlerhaus: Tango mortale,<br />

Dieter O. Klama, 9.6.-21.7.2002<br />

Fürstenfeldbruck, Stadtmuseum Fürstenfeldbruck: Sommerfrische<br />

– W<strong>in</strong>terfreuden, 27.4.-8.9.2002; Dienst-<br />

Reisen, Fotografen unterwegs, 17.5.-13.10.2002<br />

Hammelburg, Stadtmuseum Herrenmühle: Schäferei<br />

heute – Wunschbild und Wirklichkeit, 13.7.-1.9.2002<br />

Hersbruck, Deutsches Hirtenmuseum: Jahraus – Jahre<strong>in</strong>.<br />

Die Arbeit des Schäfers, Fotografien von Jürgen Stäudtner,<br />

3.5.-7.7.2002<br />

Hillstett, Oberpfälzer Handwerksmuseum: Fotografien<br />

aus der Oberpfalz 1900-1960, 11.7.-27.10.2002<br />

Hof, Museum Bayerisches Vogtland: Die Pflanzenwelt<br />

des Bayerischen Vogtlandes, 5.5.-20.9.2002; 4 mal<br />

11 Jahre KG Narrhalla Hof, 11.11.-29.11.2002<br />

Hofstetten, Jura-Bauernhof-Museum: Puppen und Puppenzubehör<br />

um die Jahrhundertwende, 6.7.-20.10.2002<br />

Hohenberg a.d.Eger, Deutsches Porzellanmuseum: Zauber<br />

und Natur, Die Porzellanplastik des Gunther R. Granget,<br />

6.4.-6.10.2002; (new generation), Essritus oder Fastfoodkultur,<br />

27.4.-5.8.2002; Ungarns Stolz zu Preisen...,<br />

175 Jahre Porzellanmanufaktur Herend, 27.4.- 5.8.2002<br />

Hollfeld, Kunst & Museum: 24. Internationale Hollfelder<br />

Kunstausstellung, 11.7.-28.7.2002; Vorbild Mensch –<br />

Gespräche – Figuren, Malerei – Bronze – Holz, 11.7.-<br />

6.10.2002<br />

Höchstädt a. d. Donau, Schloß Höchstädt: Lebensbilder,<br />

Geschichte und Kunst <strong>in</strong> Bildnissen aus Schwaben,<br />

30.4.-13.10.2002<br />

Illerbeuren, Schwäbisches Bauernhofmuseum: Künstlicher<br />

Regen, E<strong>in</strong>e Annäherung an die Gießkanne, 28.7.-<br />

8.9.2002<br />

Ingolstadt, Stadtmuseum: HADZAPI, Geschichte und<br />

Archäologie e<strong>in</strong>er ostafrikanischen Menschengruppe,<br />

14.6.- 29.9.2002<br />

Ingolstadt-Hundszell, Bauerngerätemuseum des Stadtmuseums:<br />

Stärker als 10 Pferde, Die Motorisierung der


80<br />

Landwirtschaft im Raum Ingolstadt, 23.6.-29.9.2002; Die<br />

Bavaria-Buche, Abschied vom Jahrtausend-Baum, 1.9.-<br />

13.10.2002<br />

Isman<strong>in</strong>g, Kallmann-Museum <strong>in</strong> der Orangerie: Vom fe<strong>in</strong>en<br />

Leben auf dem Lande, 27.4.-8.9.2002<br />

Schöngeis<strong>in</strong>g, Bauernhofmuseum Jexhof des Landkreises<br />

Fürstenfeldbruck: Im Wald da s<strong>in</strong>d die Räuber..,<br />

Kneißl, Hiasl & Co., Räuberromantik und Realität, 22.2.-<br />

31.10.2002; SensationsLust, 26.4.-31.10.2002; Jäger am<br />

Jexhof, 12.7.-31.10.2002<br />

Kaufbeuren, kunsthaus kaufbeuren: In Szene gesetzt. Architektur<br />

<strong>in</strong> der Fotografie der Gegenwart, 5.7.-29.9.2002<br />

Kelheim, Archäologisches Museum der Stadt Kelheim:<br />

„Spirale“ (Kunstausstellung), 7.6.-7.7.2002; Ötzi – Der<br />

Mann aus dem Gletscher (<strong>in</strong> Zusammenarbeit mit GEO),<br />

26.7.-20.10.2002<br />

Kempten, Allgäu-Museum und Kunstgewölbe: Konrädler,<br />

Fotografien von Re<strong>in</strong>er Metzger, 17.5.-30.6.2002<br />

Kempten, Archäologischer Park Cambodunum (APC):<br />

Heroische Landschaften, Antike Stätten an der türkischen<br />

Mittelmeerküste, 8.5.-30.6.2002; Schwarzarbeit, Bilder von<br />

Klaus Schwarz, vertont von Michael Front, 26.7.-1.9.2002<br />

Kle<strong>in</strong>ochsenfurt, Trias-Museum: Ausgrabungen zur Frühgeschichte,<br />

12.5.-23.6.2002<br />

Krumbach, Mittelschwäbisches Heimatmuseum Krumbach:<br />

Konrad Huber – Die Porträts, „...welcher als Künstler<br />

im Leben so berühmet“, 14.6.-22.9.2002<br />

Künz<strong>in</strong>g, Museum Qu<strong>in</strong>tana – Archäologie <strong>in</strong> Künz<strong>in</strong>g:<br />

150 Jahre Feuerwehr <strong>in</strong> Forsthart – Künz<strong>in</strong>g, 30.5.-<br />

7.7.2002<br />

Landsberg a. Lech, Neues Stadtmuseum: Samuel Bak –<br />

e<strong>in</strong>st und jetzt, then and now, 4.5.-28.7.2002; Kalkutta,<br />

Ste<strong>in</strong>, Schiwa, Fotos von Thomas Zacharias, 9.8.-<br />

8.9.2002<br />

Maih<strong>in</strong>gen, Rieser Bauernmuseum: Bader, Hebammen<br />

und Ärzte, Über die Heilkunde im Ries, 8.5.-3.11.2002<br />

Marktbreit, Museum Malerw<strong>in</strong>kelhaus: Große Kunst aus<br />

kle<strong>in</strong>en Händen, 12.5.-14.7.2002<br />

Marktoberdorf, Stadtmuseum im Mart<strong>in</strong>sheim: Ludwig II.<br />

König von <strong>Bayern</strong> – Se<strong>in</strong> Leben und Wirken auf Medaillen<br />

BERICHTE/AKTUELLES<br />

und Münzen, 23.3.-25.8.2002; Sonderausstellung des<br />

Riesengebirgsmuseums, 15.9.-27.10.2002<br />

Mass<strong>in</strong>g, Freilichtmuseum: E<strong>in</strong> Bauernhofmuseum für<br />

Niederbayern, 33 Jahre Freilichtmuseum Mass<strong>in</strong>g, 8.5.-<br />

30.11.2002<br />

Miltach, Weltkunstmuseum Schloss Altrandsberg: Aus<br />

Ch<strong>in</strong>a: Alltagsgrafik auf Zündholzetiketten, 12.5.-<br />

22.9.2002<br />

M<strong>in</strong>delheim, Heimatmuseum: Rast-Klan Toros, Skulpturen,<br />

5.7.-12.7.2002<br />

M<strong>in</strong>delheim, Südschwäbisches Vorgeschichtsmuseum im<br />

Jesuitenkolleg: Antike F<strong>in</strong>gerr<strong>in</strong>ge, Die Sammlung Ala<strong>in</strong><br />

Ollivier, 18.4.-28.7.2002<br />

Murnau a.Staffelsee, Schlossmuseum des Marktes Murnau:<br />

Marianne von Werefk<strong>in</strong> <strong>in</strong> Murnau, Kunst und Theorie,<br />

Vorbilder und Künstlerfreunde, 12.7.-10.11.2002<br />

Mühldorf a. Inn, Kreismuseum im Lodronhaus: Mühldorf<br />

<strong>in</strong> Ansichten der Altstadt um 1940, 12.5.-1.10.2002<br />

München, Alp<strong>in</strong>es Museum des Deutschen Alpenvere<strong>in</strong>s:<br />

Der Aufstieg der L<strong>in</strong>ken, E<strong>in</strong>e politische Expedition von<br />

Münchner und Dresdner Bergsteigern im Jahr 1932,<br />

25.4.2002-22.9.2002<br />

München, Botanischer Garten: Dialog mit Düften, 10.6.-<br />

16.6.2002; Olaf Nicolai: E<strong>in</strong> zeitgenössisches Bienenhaus,<br />

19.6.-29.9.2002; X. Rosenschau, Die Rose, die<br />

Rose, sie duftet so hold, 28.6.-2.7.2002; Holz und Baum,<br />

24.7.-15.9.2002<br />

München, Deutsches Museum: Das zweite Gesicht,<br />

Metamorphosen des fotografischen Porträts, 8.5.-<br />

11.8.2002; Die Brücke über den Großen Belt, 15.5.-<br />

28.7.2002<br />

München, Erw<strong>in</strong> von Kreibig-Museum: Nymphenburger<br />

Kunstausstellung 2002, Zeitgenössische Kunst <strong>in</strong> Nymphenburg,<br />

25.6.-20.7.2002<br />

München, Jüdisches Museum: Where I Was, E<strong>in</strong>e Fotoausstellung<br />

von Erich Hartmann, 23.5.-12.9.2002<br />

München, Museum Villa Stuck: Werke aus der Sammlung<br />

Goetz, 30.5.-18.8.2002<br />

München, Münchner Stadtmuseum – Fotomuseum:<br />

Jürgen Teller, Märchenstüberl, 21.6.-29.9.2002


BERICHTE/AKTUELLES 81<br />

München, Münchner Stadtmuseum – Modemuseum:<br />

Tragbare Kunst: Michael Ody, 19.7.-20.10.2002<br />

München, Münchner Stadtmuseum – Musik<strong>in</strong>strumentenmuseum:<br />

Peter Vogel, „Klang<strong>in</strong>stallationen“, 14.6.-<br />

14.7.2002<br />

München, Münchner Stadtmuseum – Puppentheatermuseum<br />

mit Abteilung Schaustellerei: Neuerwerbungen des<br />

Puppentheatermuseums, 26.1.-29.9.2002<br />

München, Sammlung Goetz: Rosemarie Trockel, 27.5.-<br />

26.10.2002<br />

München, SiemensForum: Computerwelten, Vom Abakus<br />

zum Avatar, 16.5.-15.9.2002<br />

München, Staatliches Museum Ägyptischer Kunst: Im<br />

Schatten De<strong>in</strong>er Flügel, 21.4.-20.10.2002<br />

München, Städtische Galerie im Lenbachhaus und<br />

Kunstbau: James Coleman, Kunstpreis der SSK München,<br />

13.4.-4.8.2002; Thomas Ruff, 27.4.-14.7.2002;<br />

Kathar<strong>in</strong>a Grosse, 27.7.-15.9.2002<br />

Münnerstadt, Henneberg-Museum: Orient trifft Okzident,<br />

Friedensreich Hundertwasser – Shoichi Hasegawa, 18.7.-<br />

15.9.2002<br />

Naichen, Hammerschmiede Naichen: Nützliche Kälte,<br />

Kühl- und Gefriertechnik auf dem Land, 26.5.-<br />

17.11.2002; Mittelschwäbische Landschaften, Die Künstlerfamilie<br />

Haid, 22.7.-18.11.2002<br />

Neu-Ulm, Edw<strong>in</strong> Scharff Museum: He<strong>in</strong>rich Zille, Chronist<br />

der Moderne, Zeichnungen, Photograpie, Druckgraphik,<br />

16.6.-8.9.2002; Vukovar – Symbol für Hass und Zerstörung,<br />

aber auch für Versöhnung, 8.7.-25.8.2002<br />

Neunkirchen a. Brand, Felix-Müller-Museum im Zehntspeicher:<br />

Herm<strong>in</strong>e Gold, Zu Gast bei Felix Müller, 4.6.-<br />

4.8.2002<br />

Neusath-Perschen, Oberpfälzer Freilandmuseum Neusath-Perschen:<br />

Gut für Zoigl, Hopfenanbau <strong>in</strong> der Oberpfalz,<br />

27.4.-3.11.2002<br />

Neustadt b.Coburg, Museum der Deutschen Spielzeug<strong>in</strong>dustrie<br />

mit Trachtenpuppensammlung: „KörperKunst“,<br />

Der Mensch <strong>in</strong> Bewegung, 3.5.-31.7.2002<br />

Nürnberg, Albrecht-Dürer-Haus: Konrad Celtis. Quattuor<br />

Libri Amorum, 10.8.-1.9.2002<br />

Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum: Quasi Centrum<br />

Europae, Europa kauft <strong>in</strong> Nürnberg, 1400-1800,<br />

20.6.-6.10.2002<br />

Nürnberg, Museum Industriekultur: Maus-Oleum, Ausstellung<br />

zur Sendung mit der Maus, 7.3.-31.8.2002; Spuren<br />

der Macht, Verwandlung des Menschen durch das<br />

Amt – Fotoausstellung von Herl<strong>in</strong>de Koelbl, 11.7.-<br />

1.9.2002; Parade der Postfahrzeuge – Von der Kutsche<br />

bis zum Käfer, 12.9.-17.11.2002; Frauenobjektiv, Fotograf<strong>in</strong>nen<br />

der Nachkriegsjahre, Fotoausstellung des Hauses<br />

der Geschichte <strong>in</strong> Bonn, 26.9.-27.10.2002<br />

Nürnberg, Naturhistorisches Museum: Fasz<strong>in</strong>ation<br />

Mensch, Das spektakuläre Schauspiel über den Ursprung<br />

der menschlichen Kultur, 1.6.-15.9.2002<br />

Nürnberg, Spielzeugmuseum Museum Lydia Bayer: K<strong>in</strong>derbuch-Illustratoren,<br />

Geme<strong>in</strong>schaftsausstellung mit dem<br />

Stadtmuseum Fembohaus, 4.5.-25.8.2002<br />

Nürnberg, Stadtmuseum Fembohaus: K<strong>in</strong>derbuch-Illustratoren,<br />

Geme<strong>in</strong>schafts-Ausstellung mit dem Spielzeugmuseum,<br />

4.5.-25.8.2002; Konrad Celtis, Quattuor Libri<br />

Amorum, 10.8.-1.9.2002; Auserlesene und allerneueste<br />

Landkarten, Der Hännische Verlag <strong>in</strong> Nürnberg 1702-<br />

1848, 19.9.-24.11.2002<br />

Oberfahlheim, Museum für bildende Kunst im Landkreis<br />

Neu-Ulm: Sven Erik Kle<strong>in</strong> – Landschaften, Kolonien des<br />

Menschen, 5.6.-8.9.2002<br />

Oberschönenfeld, Schwäbisches Volkskundemuseum:<br />

Vielfalt im Wald, Naturpark-Haus, 27.4.-29.9.2002; Maibaum<br />

und Klopferstag, Bilder aus dem Dorfleben von Otto<br />

Schorer, 5.5.-30.6.2002; Ste<strong>in</strong>zeug und Porzellan –<br />

e<strong>in</strong>e Passion, Keramiken von Gisela Scholz, 5.7.-<br />

8.9.2002; Congregation – Skulpturen von Terence Carr,<br />

20.9.-3.11.2002;<br />

Oett<strong>in</strong>gen i. Bay., Heimatmuseum Oett<strong>in</strong>gen: Zur letzten<br />

Ruh, Schritt aus dem Leben, 28.4.-24.11.2002<br />

Passau, Museum Moderner Kunst – Stiftung Wörlen:<br />

Amerikanische Fotografie, Leihgaben aus der Sammlung<br />

der DZ-BANK, 15.6.-1.9.2002; James Sullivan (*1952<br />

Evanston), Skulpturen (ergänzt durch Lithographien,<br />

Zeichnungen, Gouachen), 15.6.-18.8.2002; Rudolf Klaffenböck,<br />

Stage and Backstage, 15.6.-1.9.2002; Young Art<br />

from New York, Philip Smith (*1952 Miami/Florida) und<br />

Loren Munk (*1951 Salt Lake City/Utah) – Malerei, 15.6.-<br />

18.8.2002; Ren Rong – Pflanzenmenschen, Papierschnitt<br />

– Holzschnitt – Installation, 7.9.-6.10.2002


82<br />

Passau, Oberhausmuseum Passau: „Fasz<strong>in</strong>ation Mittelalter<br />

– Irdisches Leben und Himmlisches Streben“, 4.5.-3.11.2002<br />

Passau, Passauer Glasmuseum: Die Gläser der Grafen<br />

von Buquoy <strong>in</strong> Böhmen 1620-1851, 21.6.-29.9.2002<br />

Penzberg, Stadtmuseum: He<strong>in</strong>rich Campendock, 21.6.-<br />

18.8.2002<br />

Regen, Niederbayerisches Landwirtschaftsmuseum: Alphorn<br />

und Hirtenhorn <strong>in</strong> Europa, 11.5.-29.9.2002<br />

Regensburg, Domschatzmuseum Regensburg: Albertus<br />

Magnus der große Neugierige, Bischof Bundschuh, 16.5.-<br />

6.10.2002<br />

Regensburg, Historisches Museum: Wirtshauskultur,<br />

27.6.-15.9.2002; Arche im Raum, Sommerausstellung V,<br />

M<strong>in</strong>oritenkirche, 27.7.-31.10.2002<br />

Regensburg, Kepler-Gedächtnishaus: Albertus Magnus<br />

der große Neugierige, Kosmos, Raum und Astronomie,<br />

16.5.-6.10.2002<br />

Regensburg, Museum Ostdeutsche Galerie: Jürgen<br />

Schönleber, Very Important Pa<strong>in</strong>t<strong>in</strong>gs, 7.5.-25.9.2002;<br />

Daniel Spoerri, 2.5.-18.8.2002; Deutsche Architekten <strong>in</strong><br />

Mährisch-Ostrau, 26.5.-4.8.2002<br />

Regensburg, Naturkundemuseum Ostbayern: Frydl<br />

Zuleeg, Pflanzendrucke, Collagen & Radierungen, 14.4.-<br />

28.7.2002; Albertus Magnus der große Neugierige, Naturforschung<br />

– auf den Spuren Alberts, 16.5.-6.10.2002<br />

Regensburg, Städtische Galerie Leerer Beutel: Jürgen<br />

Schönleber, Very Important Pa<strong>in</strong>t<strong>in</strong>gs, 5.7.-29.9.2002;<br />

Blickpunkt Menschenbild. Gemälde und Graphik des<br />

19./20. Jahrhunderts aus den Sammlungen der <strong>Museen</strong><br />

der Stadt Regensburg, 19.7.-29.9.2002<br />

Roggenburg, Klostermuseum: Der Weißenhorner Maler<br />

Konrad Huber (1752-1830), Jubiläumsausstellung zu<br />

se<strong>in</strong>em 250. Geburtstag, 14.6.-22.9.2002<br />

Rosenheim, Holztechnisches Museum: Seltenes Holzhandwerk,<br />

30.4.-28.9.2002<br />

Rosenheim, Inn-Museum: 100 Jahre staatliche Wildbachverbauung<br />

<strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> – Sektion für Wildbachverbauung<br />

Rosenheim, 1.4.-31.10.2002<br />

Rosenheim, Städtische Galerie: E<strong>in</strong>e Reise <strong>in</strong>s 19. Jahrhundert,<br />

Die Gemäldesammlung des Münchner Hofrats<br />

BERICHTE/AKTUELLES<br />

Joseph Benz<strong>in</strong>o, 17.5.-14.7.2002; Jahresausstellung,<br />

Kunstvere<strong>in</strong> Rosenheim, 27.07.-15.9.2002; Maßnahmen<br />

zur Kunst, Ute Lechner und Hans Thurner, 27.9.-<br />

24.11.2002<br />

Rosenheim, Städtisches Museum: Oswald Hopp, Tiroler<br />

Impressionen, 5.7.-8.9.2002<br />

Ruhpold<strong>in</strong>g-Laubau, Holzknechtmuseum: Peter Müllritter,<br />

Bergsteiger und Photograph, 9.5.-31.10.2002; 250 Jahre<br />

Bayerische Staatsforstverwaltung, 20.7.-31.10.2002<br />

Schwabach, Stadtmuseum: Schwabacher Drucke 1972-<br />

2002, 9.6.-29.9.2002<br />

Schwandorf, Stadtmuseum: Elektrizität im Kochgerät, Historische<br />

Elektrogeräte <strong>in</strong> Küche und Haushalt, 1.5.-<br />

30.6.2002; Die kle<strong>in</strong>sten Säugetiere der Welt, 11.7.-<br />

6.10.2002<br />

Schwe<strong>in</strong>furt, Galerie Alte Reichsvogtei: Oskar Koller –<br />

Menschen, Blumen, Stillleben, 21.6.-15.9.2002<br />

Schwe<strong>in</strong>furt, Kulturgeschichte im Gunnar-Wester-Haus:<br />

Der Bär ist los – der Löwe brüllt, Der Tierpark <strong>in</strong> Schwe<strong>in</strong>furt<br />

1879-1944, 11.7.-22.9.2002<br />

Schwe<strong>in</strong>furt, Museum Georg Schäfer: Carl Spitzweg,<br />

Gemälde und Zeichnungen im Museum Georg Schäfer,<br />

5.5.-6.10.2002<br />

Seebruck, Römermuseum Bedaium: Scherben br<strong>in</strong>gen<br />

Glück, Römische Töpfer und Ziegler im Alpenvorland,<br />

10.5.-15.9.2002<br />

Sendelbach, Städtisches Schulmuseum: Gottesfurcht<br />

und treue Deutsche, Die Volksschule und ihre Lehrer<br />

1850-1900, 26.8.2001-11.8.2002<br />

Starnberg, Heimatmuseum Stadt Starnberg: Ausflügler –<br />

Sommerfrischler – Neubürger, 27.4.-8.9.2002<br />

Straub<strong>in</strong>g, Gäubodenmuseum: Straub<strong>in</strong>ger Brauereien<br />

und Wirtshäuser, 10.7.-13.10.2002<br />

Sulzbach-Rosenberg, Literaturarchiv Sulzbach-Rosenberg:<br />

In die Enge geht alles, Marieluise Fleißers Schreiben<br />

<strong>in</strong> schwierigen Zeiten, 14.5.-26.6.2002; Ingeborg Bachmann,<br />

Ausstellung zu Leben und Werk, 5.7.-18.10.2002<br />

Sulzbach-Rosenberg, Stadtmuseum: Abglanz Se<strong>in</strong>er<br />

Herrlichkeit, Kunst und Musik im Dienst der Liturgie, 8.5.-<br />

6.10.2002


BERICHTE/AKTUELLES 83<br />

Thierhaupten, Klostermühlenmuseum: reißen – schneiden<br />

– mahlen, alles was zerkle<strong>in</strong>ert, 29.4.-15.10.2002<br />

Thurnau, Töpfermuseum: F<strong>in</strong>gerhüte aus aller Welt, Margarete<br />

Schneider, 22.3.-21.7.2002; Batik und Keramik,<br />

Susanne Doelker und Jutta Lamprecht, 27.7.-27.10.2002<br />

Tüchersfeld, Fränkische Schweiz-Museum: Unterwegs<br />

zur Heimat mit Skizzenbuch und Radierplatte, Malerei<br />

und Druckgrafik von Harald Hubl, 3.5.-2.6.2002; Ötzi –<br />

se<strong>in</strong> Leben, se<strong>in</strong>e Zeit, Oberfranken am Ende der Jungste<strong>in</strong>zeit,<br />

28.6.-3.11.2002<br />

Ursberg, Klostermuseum Ursberg: Der Weißenhorner Maler<br />

Konrad Huber (1752-1830), Jubiläumsausstellung zu<br />

se<strong>in</strong>em 250. Geburtstag, 14.6.- 22.9.2002<br />

Walderbach, Kreismuseum Walderbach: Heiße Eisen –<br />

Historische Bügelgeräte der Sammlung Kagerer, 31.3.-<br />

30.10.2002<br />

Weißenhorn, Weißenhorner Heimatmuseum: Der Weißenhorner<br />

Maler Konrad Huber (1752-1830), Jubiläumsausstellung<br />

zu se<strong>in</strong>em 250. Geburtstag, 14.6.-22.9.2002;<br />

Mode-Reigen durch fünf Jahrhunderte, Figur<strong>in</strong>en von Ilse<br />

Wolf, 28.9.-17.11.2002<br />

Wörth-Hofdorf, Nostalgie-Museum: Photographie von<br />

den Anfängen bis heute, 1.6.-28.7.2002; Alles Hauptsachen,<br />

Kopfbedeckungen im Wandel der Zeit, 3.8.-<br />

3.10.2002<br />

Wunsiedel, Fichtelgebirgsmuseum: Bogolan, Stoffmalerei<br />

mit Lehm aus Mali und Burk<strong>in</strong>a-Faso, 26.7.-3.11.2002<br />

Würzburg, M<strong>in</strong>eralogisches Museum der Universität<br />

Würzburg: Schätze von fern und nah, Edelste<strong>in</strong>e aus<br />

Brasilien und Idar-Oberste<strong>in</strong>, 16.6.-14.7.2002<br />

Würzburg, Museum im Kulturspeicher Würzburg: Drehen,<br />

Kreisen, Rotieren, Kunst <strong>in</strong> Bewegung, 14.6.-1.9.2002<br />

Würzburg-Zellerau, Siebold-Museum: Japanische Farbholzschnitte<br />

aus der Zeit der Siebolds, Leihgaben der<br />

Sammlung Brass, 14.5.-4.8.2002; Manyoshu, Traditionelle<br />

Japanische Malerei und Keramik von Yasumasa und<br />

Seiran SUZUKI aus Otsu/Shiga, 16.8.-29.8.2002; Sumi-e<br />

– Japanische Tuschemalerei, 8.9.-3.11.2002<br />

Zirndorf, Städtisches Museum Zirndorf: Pack die Badehose<br />

e<strong>in</strong>..., 5.7.-8.9.2002<br />

VARIA<br />

FREIER EINTRITT FÜR MUSEUMSKOLLEGEN?<br />

JA BITTE!<br />

Im Urlaub ist es vielen Museumskolleg<strong>in</strong>nen und -kollegen,<br />

die <strong>in</strong> <strong>Museen</strong> <strong>in</strong> fernen Landen stolz ihren ICOM-<br />

Ausweis zückten und auf e<strong>in</strong>e Freikarte oder zum<strong>in</strong>dest<br />

e<strong>in</strong>en reduzierten Tarif hofften, schon passiert: Die Karte<br />

wird oft e<strong>in</strong>gehend gedreht und geprüft und dann bedauernd<br />

oder achselzuckend zurückgegeben, teilweise auch<br />

mit sichtbarer Verachtung, wie es dem Verfasser dieses<br />

Aufrufs <strong>in</strong> der Verbotenen Stadt <strong>in</strong> Pek<strong>in</strong>g erg<strong>in</strong>g (Kommentar<br />

der ch<strong>in</strong>esischen Kassenkraft: „Only Mastel-Cald<br />

ol Visa-Cald, no ICOM-Cald!!!“).<br />

Aber auch <strong>in</strong> der näheren Umgebung ist es ke<strong>in</strong>eswegs<br />

selbstverständlich, dass e<strong>in</strong>em durch Vorzeigen der<br />

ICOM-Karte oder e<strong>in</strong>es anderen Ausweises, der belegt,<br />

dass es sich bei dem Besucher um e<strong>in</strong>en Kollegen handelt,<br />

der E<strong>in</strong>tritt erlassen wird. So bedarf es oft der<br />

ganzen Überredungskraft oder dem Aufbieten der letzten<br />

Reserven an Charme, um das Herz manch gradl<strong>in</strong>iger<br />

Museumsbediensteter zu erwärmen und e<strong>in</strong>en kostenfreien<br />

Blick <strong>in</strong> die Sammlungen zu erhalten.<br />

Das soll beileibe ke<strong>in</strong>e Anklage der Kassenkräfte se<strong>in</strong>: Sie<br />

haben ihre Vorgaben und s<strong>in</strong>d meist nicht befugt, aus<br />

eigenem Ermessen davon abzurücken. Insofern sei hier<br />

die Bitte an alle Museumsleiter<strong>in</strong>nen und -leiter formuliert:<br />

Instruieren Sie bitte – sofern nicht unumstößliche Vorgaben<br />

des Museumsträgers dagegen stehen – ihre Kassenkräfte,<br />

dass Personen freien E<strong>in</strong>tritt erhalten, die sich<br />

glaubhaft als Kollegen aus anderen <strong>Museen</strong>, gleich ob<br />

aus dem In- oder Ausland, zu erkennen geben. Die Ausfälle<br />

an E<strong>in</strong>nahmen werden sich <strong>in</strong> den meisten Häusern<br />

<strong>in</strong> überschaubarem Rahmen halten. Bedenken Sie dabei,<br />

dass auch Sie von e<strong>in</strong>er solchen Regelung profitieren,<br />

wenn Sie andere <strong>Museen</strong> besuchen, um sich gestalterische<br />

Lösungen <strong>in</strong> der Dauerausstellung, <strong>in</strong>teressante<br />

Sonderausstellungen oder was auch immer anzusehen.<br />

H<strong>in</strong>gewiesen sei <strong>in</strong> diesem Zusammenhang besonders<br />

auch auf die Mitglieder der Assoziation der tschechischen<br />

<strong>Museen</strong> und Galerien (AMG), deren Ausweis auf<br />

der nächsten Seite abgedruckt ist. Für die Kollegen der<br />

Partnerorganisation der Landesstelle im Nachbarland ist<br />

es aufgrund der ger<strong>in</strong>geren Wirtschaftkraft Tschechiens<br />

und der damit verbundenen unterschiedlichen E<strong>in</strong>kommenssituation<br />

besonders teuer, bayerische oder andere<br />

deutsche <strong>Museen</strong> zu besuchen. Daher unsere Bitte: Gewähren<br />

Sie Besitzern des Ausweises des AMG genauso<br />

freien E<strong>in</strong>tritt wie <strong>in</strong>ländischen Museumskollegen oder<br />

Besitzern der ICOM-Card, die <strong>in</strong> den Osteuropäischen<br />

Ländern aufgrund der hohen Mitgliedsbeiträge bei E<strong>in</strong>zel-


84<br />

Mitgliedskarte der tschechischen AMG<br />

personen aber nur wenig verbreitet ist. Viele, für beide<br />

<strong>Seiten</strong> ertragreiche Partnerschaften von <strong>Museen</strong> haben<br />

kle<strong>in</strong> begonnen – und wenn es nur der problemlose Besuch<br />

im anderen Haus war!<br />

Wolfgang Stäbler<br />

MUSEUMSBESUCHE – TENDENZ STEIGEND<br />

Die Zahl der Museumsbesuche <strong>in</strong> Deutschland steigt weiter.<br />

Nachdem Mitte der 1990er Jahre die <strong>Museen</strong> rückläufige<br />

Besucherzahlen registrieren mussten, kann das<br />

Institut für Museumskunde <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> für 2000 – wie schon<br />

<strong>in</strong> den Vorjahren – wieder positive Zahlen vermelden.<br />

5.827 <strong>Museen</strong> wurden 2000 <strong>in</strong> die Erhebung e<strong>in</strong>bezogen,<br />

4.523 <strong>Museen</strong> <strong>in</strong> den alten Bundesländern, 1.304 <strong>Museen</strong><br />

<strong>in</strong> den fünf neuen Bundesländern und im ehemaligen Ost-<br />

Berl<strong>in</strong>. Die Rücklaufquote betrug 88,9 %. Von den 5.182<br />

Museumse<strong>in</strong>richtungen, die geantwortet haben, meldeten<br />

4.716 Besuchszahlen (80,9 %). Diese Zahlen ergeben<br />

addiert 99.560.001 Besuche. Im Vergleich zu 1999 ist die<br />

Besuchszahl <strong>in</strong>sgesamt um 3.369.627 Besuche (3,5 %)<br />

gestiegen (1999: 96.190.374 Besuche, 1995 91.062.176).<br />

Die Besuche <strong>in</strong> den <strong>Museen</strong> der alten Bundesländer s<strong>in</strong>d<br />

kräftig um 3.111.547 (4,4 %) auf 74.193.362 angewachsen<br />

(Besuchszahl 1999: 71.081.815). Die <strong>Museen</strong> <strong>in</strong> den neuen<br />

Bundesländern hatten zusammen e<strong>in</strong>en Anstieg um<br />

258.080 (1,0 %) auf 25.366.639 zu verzeichnen (Besuchszahl<br />

1999: 25.108.559). In <strong>Bayern</strong> kletterten die Besucherzahlen<br />

von 18.169.078 (1999) auf 18.968.789 (2000).<br />

In den alten Bundesländern begründeten die <strong>Museen</strong> die<br />

Zunahme am häufigsten mit großen Sonderausstellungen<br />

und weiteren thematischen und temporären Angeboten<br />

und Aktivitäten. In den neuen Bundesländern wurde wieder<br />

als wesentlichster Grund die erweiterte Öffentlichkeitsarbeit<br />

und Museumspädagogik angegeben.<br />

Das gesamte Zahlenwerk liegt als Band 54 der Materialien<br />

aus dem Institut für Museumskunde, Berl<strong>in</strong> 2001, ISSN<br />

0931-7961 vor.<br />

TAGUNGEN<br />

Museum und Region<br />

11. Bayerisch-böhmisch-sächsische Museumsfachtagung,<br />

Cesky Krumlov 18.-20.9.2002<br />

Seit 1991 treffen sich im jährlichen Turnus Museumsleiter<br />

und -mitarbeiter aus der Tschechischen Republik, aus<br />

Sachsen und <strong>Bayern</strong>, um Schwerpunktthemen der Museumsarbeit<br />

zu erörtern und die grenzüberschreitende<br />

Zusammenarbeit weiter auszubauen. Nach materialbezogenen<br />

Themen – Glas, Textilien, Papier, Möbel – sowie<br />

Tagungen zur musealen Darstellung der Zeitgeschichte,<br />

zu Inventarisation und Didaktik befasst sich die diesjährige<br />

Zusammenkunft mit der E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung des Museums <strong>in</strong><br />

den regionalen Kontext: mit se<strong>in</strong>er Bedeutung für das<br />

regionale Kulturleben und die sich daraus ergebenden<br />

Wechselbeziehungen, mit Fragen der F<strong>in</strong>anzierung und<br />

Trägerschaft, aber auch mit überregionalen Aktivitäten.<br />

Programm:<br />

Mittwoch, 18.9.2002<br />

14.00 Begrüßung<br />

BERICHTE/AKTUELLES<br />

Dr. Jiri Zalman, Kulturm<strong>in</strong>isterium der Tschechischen<br />

Republik<br />

Dr. York Langenste<strong>in</strong>, Leiter der Landesstelle für die<br />

nichtstaatlichen <strong>Museen</strong> <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong><br />

Dr. Joachim Voigtmann, Direktor der Sächsischen<br />

Landesstelle für Museumswesen<br />

Dr. Eva Dittertova, Assoziation der <strong>Museen</strong> und Galerien<br />

der Tschechischen Republik<br />

14.30 Die kulturpolitische Bedeutung von <strong>Museen</strong> für die<br />

Region<br />

Die kulturpolitische Bedeutung von <strong>Museen</strong> für die<br />

Region <strong>in</strong> der Tschechischen Republik<br />

Dr. Jiri Zalman, Kulturm<strong>in</strong>isterium der Tschechischen<br />

Republik


BERICHTE/AKTUELLES 85<br />

Museum – Raumwirksamkeit und regionale Bezüge<br />

Prof. Dr. Hans Frei, Museumsdirektion des Bezirks<br />

Schwaben<br />

E<strong>in</strong> Museum – e<strong>in</strong> Schloss – e<strong>in</strong>e Stadt<br />

Katja Altmann, Museum Schloss Klippenste<strong>in</strong><br />

16.00 Diskussion<br />

19.00 Begrüßung der Teilnehmer durch den Bürgermeister<br />

der Stadt Krumau im historischen Rathaus,<br />

anschl. gemütliches Beisammense<strong>in</strong> im Motorradmuseum<br />

Krumau<br />

Donnerstag, 19.9.2002<br />

9.00 Trägerschaft – F<strong>in</strong>anzierung – Recht<br />

Der Kulturbetrieb e<strong>in</strong>es Landkreises als Träger<br />

e<strong>in</strong>es bedeutenden Industriemuseums<br />

Andrea Riedel, Bergbaumuseum Oelsnitz<br />

Trägerschaft und F<strong>in</strong>anzierung des Westböhmischen<br />

Museums <strong>in</strong> Pilsen<br />

Dr. Frantisek Fryda, Westböhmisches Museum<br />

Pilsen<br />

Der Vere<strong>in</strong> als Museumsträger – Chancen und<br />

Risiken<br />

Arndt Schaffner, Deutsch-Deutsches Museum<br />

Mödlareuth<br />

11.00 Kulturarbeit der <strong>Museen</strong> im regionalen Kontext<br />

Museumspolitik <strong>in</strong> der Stadt Usti nad Labem<br />

Vaclav Houfek, Stadtmuseum Usti nad Labem/<br />

Aussig<br />

Region im Museum: Das Beispiel der <strong>Museen</strong> der<br />

Stadt Regensburg<br />

Dr. Mart<strong>in</strong> Angerer, <strong>Museen</strong> der Stadt Regensburg<br />

Das Stadtmuseum Pirna und se<strong>in</strong>e Verantwortung<br />

für die museale Bewahrung des Kulturerbes der<br />

Region<br />

Manfred Hickmann, Stadtmuseum Pirna<br />

Diskussion, anschließend Mittagspause<br />

Besuch Krumauer <strong>Museen</strong> und Galerien, Stadtführung,<br />

Führung durch das Krumauer Schloss<br />

(alternativ)<br />

Freitag, 20.9.2002<br />

Museum: regionale Identität – überregionale Aktivität<br />

9.00 <strong>Museen</strong> im Landkreis Haßberge: „Da fühle ich mich<br />

wie daheim“ – Chancen und Grenzen der Kulturarbeit<br />

im ländlichen Raum<br />

Sibylle Kneuer M. A., Kulturbeauftragte des Landkreises<br />

Haßberge<br />

E<strong>in</strong> Internationales Schmucksymposion<br />

Dr. Miroslav Cogan, Museum Eskeho raje, Turnau/<br />

Turnov<br />

E<strong>in</strong>e Galerie schafft Identität<br />

Dr. Günter Groß, Lohgerber-, Stadt- und Kreismuseum<br />

Dippoldiswalde<br />

11.00 Das Museum – e<strong>in</strong> Ort der Begegnung<br />

Dr. Eva Dittertova, Chebske muzeum, Cheb/Eger<br />

Internationale Zusammenarbeit für e<strong>in</strong>e regionale<br />

Identität<br />

Dr. Ralf Heimrath, Oberpfälzer Freilandmuseum<br />

Neusath-Perschen<br />

12.00 Diskussion und Ausblick<br />

Die Tagung soll <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie den fachlichen Dialog von<br />

Museumsleitern und -mitarbeitern der beteiligten Länder<br />

fördern, sie steht aber auch allen anderen Interessierten<br />

offen. Die Teilnahme ist kostenlos, lediglich für die<br />

Getränke <strong>in</strong> den Pausen usw. wird im Tagungsbüro obligatorisch<br />

e<strong>in</strong>e Kostenbeteiligung von E 10.- erhoben. Die<br />

Tagung wird <strong>in</strong> deutscher und tschechischer Sprache<br />

(Simultanübersetzung) durchgeführt.<br />

Informationen: Landesstelle für die nichtstaatlichen <strong>Museen</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>Bayern</strong>, Tel. 089/210140-0<br />

The Museum and Change, Prag 16.-18.10.2002<br />

In Zusammenarbeit der tschechischen Vere<strong>in</strong>igung der<br />

<strong>Museen</strong> und Galerien, von ICOM Tschechien, dem tschechischen<br />

Kulturm<strong>in</strong>isterium, dem Tschechischen Nationalmuseum<br />

und den Universitäten <strong>in</strong> Brünn und Oppeln<br />

f<strong>in</strong>det im Oktober 2002 <strong>in</strong> Prag e<strong>in</strong>e Tagung statt, welche<br />

sich mit dem aktuellen Wandel der Museumsarbeit –<br />

Stichworte u. a.: Wandel ökonomischer und organisatorischer<br />

Bed<strong>in</strong>gungen, Erwerb und Aussonderung, Wandel<br />

der Beziehungen zwischen Museum und Öffentlichkeit –<br />

beschäftigt. Zielgruppe s<strong>in</strong>d sowohl Museumsleute als<br />

auch Studenten der Museologie aus der tschechischen


86<br />

und slowakischen Republik, aus Polen, Ungarn, Kroatien<br />

und aus den EU-Staaten.<br />

Informationen: www.cz-museums.cz/maz/<br />

Museums-Fördervere<strong>in</strong>e, Großweil 8.11.2002<br />

Der Freundeskreis Freilichtmuseum Südbayern feiert<br />

2002 se<strong>in</strong> 30jähriges Bestehen. Aus diesem Anlass laden<br />

der Freundeskreis und das Freilichtmuseum des Bezirks<br />

Oberbayern zu e<strong>in</strong>em Symposion zum Thema „Nothelfer<br />

oder Mäzen? Aufgabe, Wirkungsweise und Bedeutung<br />

von Museums-Fördervere<strong>in</strong>en“ am 8.11.2002 auf die<br />

Glentleiten e<strong>in</strong>.<br />

Informationen: Vanessa.Voit@glentleiten.de<br />

Archäologie und Computer, Wien 20.-22.11.2002<br />

Die Forschungsgeme<strong>in</strong>schaft Wiener Stadtarchäologie<br />

veranstaltet vom 20.-22.11.2002 ihren siebten Workshop,<br />

der sich mit 26 Beiträgen von Referenten aus EU-Ländern,<br />

daneben auch aus den USA, Tschechien und Jordanien<br />

mit unterschiedlichsten E<strong>in</strong>satzmöglichkeiten digitaler<br />

Techniken rund um die Archäologie, von Vermessung<br />

und Kartographie über Rekonstruktionen und<br />

Kunstkataster bis h<strong>in</strong> zu virtuellen <strong>Museen</strong> beschäftigt.<br />

Informationen: www.archaeologie-wien.at<br />

MIT DER SCHULKLASSE INS MUSEUM – EIN MODELL-<br />

VERSUCH DES DEUTSCHEN MUSEUMS MÜNCHEN<br />

Schulklassen s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e der beliebtesten Zielgruppen der<br />

bayerischen <strong>Museen</strong>, wie e<strong>in</strong>e Umfrage der Landesstelle<br />

für die nichtstaatlichen <strong>Museen</strong> aus dem Jahre 1999 ergab.<br />

An erster Stelle werden Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler<br />

genannt, denen man <strong>in</strong> den Stadt- und Heimatmuseen, <strong>in</strong><br />

den Freilicht- und Spezialmuseen besondere Vermittlungsangebote<br />

präsentieren möchte. Solche Angebote<br />

werden von Lehrern und Lehrer<strong>in</strong>nen im Allgeme<strong>in</strong>en gerne<br />

angenommen, doch manchmal fehlt die erwünschte<br />

und erhoffte Resonanz.<br />

Das Deutsche Museum München hat sich nun e<strong>in</strong> Projekt<br />

„Schulmitgliedschaft“ überlegt. In e<strong>in</strong>er dreijährigen Testphase<br />

sollen Schulen bis zum Jahr 2003 zu speziellen<br />

Konditionen enger an die Bildungse<strong>in</strong>richtung „Museum“<br />

gebunden werden.<br />

Schulen, die das museumspädagogische Angebot (Ausstellungen,<br />

Führungen, Vorträge, Sonderprogramme und<br />

Arbeitsmaterialien) stärker ausschöpfen und das Museum<br />

BERICHTE/AKTUELLES<br />

häufiger als außerschulischen Lernort nutzen wollen, erhalten<br />

drei Ausweise, die die begleitende Lehrkraft legitimiert,<br />

e<strong>in</strong>e Klasse, e<strong>in</strong>e Schülergruppe oder auch mehrere<br />

Klassen jederzeit kostenlos <strong>in</strong>s Deutsche Museum zu<br />

führen. Bei Abteilungsführungen und Sonderprogrammen<br />

für Schulklassen entfällt für Mitgliedsschulen die Gebühr<br />

von derzeit E 15.-. Außerdem erhält die Schule zwei<br />

Abonnements der Zeitschrift „Kultur&Technik“, die vom<br />

Museum herausgegeben wird, sowie zwei Exemplare des<br />

Führers durch das Deutsche Museum und die Flugwerft<br />

Schleißheim.<br />

Der Mitgliedsbeitrag errechnet sich aus der Schülerzahl<br />

der Schule und beträgt pro Schüler und Kalenderjahr<br />

33 Cent. Der Beitrag ist jährlich zu entrichten und die<br />

Schule verpflichtet sich, das Museum über Veränderungen<br />

zu <strong>in</strong>formieren.<br />

Hannelore Kunz-Ott<br />

Nähere Informationen über diesen Modellversuch, der<br />

auch für das e<strong>in</strong>e oder andere größere Regionalmuseum<br />

von Interesse se<strong>in</strong> kann: Deutsches Museum, Dr. Thomas<br />

Brandlmeier, Tel. 089/2179-203, -324.<br />

„DIE ELFTE MUSE IST MÄNNLICH“<br />

Museums-Service der Stadt Schwe<strong>in</strong>furt<br />

Am 10. April 2002 wurde unter Anwesenheit der von<br />

Schwe<strong>in</strong>furter Oberbürgermeister<strong>in</strong> Gudrun Grieser und<br />

des Bezirkstagspräsidenten von Unterfranken, Albrecht<br />

Graf von Ingelheim, sowie zahlreicher örtlicher Museumskollegen<br />

und -kolleg<strong>in</strong>nen der Schwe<strong>in</strong>furter Museums-<br />

Service, kurz MuSe genannt, der Presse vorgestellt.<br />

Diese zentrale Dienstleistungse<strong>in</strong>richtung wird von den<br />

Städtischen Sammlungen Schwe<strong>in</strong>furt und der Bibliothek<br />

Otto Schäfer getragen. Friederice Koutouć, langjährige<br />

und erfolgreiche Museumspädagog<strong>in</strong> an den Städtischen<br />

Sammlungen, leitet diese neue Institution. Tatkräftige<br />

Hilfe erhält sie durch ihre ständige Mitarbeiter<strong>in</strong> Bland<strong>in</strong>a<br />

Hock und durch zahlreiche freie Honorarkräfte.<br />

Auf vier Eckpfeilern basieren die Aufgaben der neuen<br />

E<strong>in</strong>richtung:<br />

– Vermittlung von musealen Inhalten,<br />

– Koord<strong>in</strong>ierung und Organisation der Vermittlungsangebote,<br />

– gezielte kompetente Information und Werbung und<br />

– zielgruppenorientierte Beratung.<br />

Bei der Presseveranstaltung präsentierten die beiden<br />

Damen der Servicestelle anschaulich und sehr lebendig<br />

die Methodenvielfalt und fachlichen Grundlagen ihrer


BERICHTE/AKTUELLES 87<br />

Programme. E<strong>in</strong>ige statistische Zahlen aus dem Jahre<br />

2001 zeigen die hohe Nachfrage <strong>in</strong> den Schwe<strong>in</strong>furter<br />

<strong>Museen</strong> und kulturellen E<strong>in</strong>richtungen: Insgesamt 440<br />

Veranstaltungen für fast 8.000 Besucher organisierte bisher<br />

die Museumspädagog<strong>in</strong> mit ihren freien Mitarbeitern.<br />

Durch die Ausweitung auf das Arbeitsfeld der Bibliothek<br />

Otto Schäfer stellen sich nun neue Anforderung an die<br />

Vermittlungsarbeit vor Ort. Daher ist es für die MuSe von<br />

elementarer Bedeutung, auch mit anderen örtlichen und<br />

regionalen kulturellen und Bildungse<strong>in</strong>richtungen zusammenzuarbeiten.<br />

F<strong>in</strong>anziell wurde diese neue Service-E<strong>in</strong>richtung ermöglicht<br />

durch den Träger der <strong>Museen</strong>, die Stadt Schwe<strong>in</strong>furt,<br />

durch das örtliche Arbeitsamt sowie durch f<strong>in</strong>anzielle Unterstützung<br />

des Bezirks Unterfranken und der Landesstelle<br />

für die nichtstaatlichen <strong>Museen</strong>.<br />

Die Teilnehmer an der Informationsveranstaltung waren<br />

bee<strong>in</strong>druckt von den vielfältigen Angeboten, die sich die<br />

MuSe für die kommende Zeit vorgenommen hat, z. B.<br />

Puzzles, Rollenspiele, E<strong>in</strong>beziehung von literarischen<br />

Texten oder jeweils zeitgenössischer Musik, Künstlergespräche,<br />

„Museum im Koffer“, Mediene<strong>in</strong>satz und thematische<br />

Führungen – e<strong>in</strong> Programm also, das alle S<strong>in</strong>ne<br />

beim Besucher, ob jung oder alt, ansprechen möchte.<br />

Hannelore Kunz-Ott<br />

Nähere Informationen: Schwe<strong>in</strong>furter Museums-Service<br />

MuSe, Obere Straße 11-13, 97447 Schwe<strong>in</strong>furt, Tel.<br />

09721/51215, Fax 51320<br />

200 JAHRE SÄKULARISATION IN BAYERN<br />

Im Jahr 2003 jährt sich zum 200. Mal die Säkularisation <strong>in</strong><br />

<strong>Bayern</strong>, die e<strong>in</strong>erseits e<strong>in</strong>en gewichtigen Schritt <strong>in</strong> Richtung<br />

des modernen bayerischen Staatswesens darstellte,<br />

andererseits mit ihren bilderstürmerischen Auswüchsen<br />

e<strong>in</strong>en großflächigen kulturellen Kahlschlag bedeutete.<br />

Aus diesem Anlass s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> mehreren bayerischen Städten<br />

Ausstellungen und Veranstaltungen geplant, so <strong>in</strong> Freis<strong>in</strong>g,<br />

Regensburg und Bamberg.<br />

Das Haus der Bayerischen Geschichte hat die Koord<strong>in</strong>ation<br />

der Initiativen übernommen und wird sie u. a. auf<br />

ihren Internetseiten zusammenstellen und bekannt machen.<br />

Wir bitten alle <strong>Museen</strong>, die zum Thema „200 Jahre<br />

Säkularisation“ Ausstellungen oder ähnliche Aktivitäten<br />

planen, die Landesstelle oder direkt das Haus der Bayerischen<br />

Geschichte, Postfach 101751, 86007 Augsburg zu<br />

<strong>in</strong>formieren.<br />

GRÜNDUNG EINER ARBEITSGEMEINSCHAFT<br />

„ARCHÄOLOGIE IM MUSEUM“<br />

Im Zuge der Jahrestagung des West- und Süddeutschen<br />

Verbandes für Altertumskunde <strong>in</strong> Trier 2001 wurde die<br />

Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft „Archäologie im Museum“ gegründet.<br />

Sie möchte e<strong>in</strong> Netzwerk für alle <strong>Museen</strong> bilden, die<br />

sich ganz oder mit eigenen Abteilungen vor- und frühgeschichtlichen<br />

Themen widmen. Es soll e<strong>in</strong> Forum für alle<br />

Fragen rund um die Arbeit archäologischer <strong>Museen</strong> bzw.<br />

von <strong>Museen</strong> mit archäologischen Sammlungen entstehen.<br />

Die Entwicklung didaktischer Ansätze und Instrumentarien<br />

s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> wichtiger Schwerpunkt der Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft.<br />

Da sich die AG, die e<strong>in</strong> bundesweites Forum<br />

für die archäologischen <strong>Museen</strong> werden möchte, noch im<br />

Aufbau bef<strong>in</strong>det, können sich Interessierte gerne anschließen.<br />

Die erste Tagung der Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft fand im Rahmen<br />

des 4. Deutschen Archäologenkongresses am<br />

21.5.2002 <strong>in</strong> Hamburg statt.<br />

Weitere Informationen und Meldungen:<br />

www.archaeologie-im-museum.de oder Ulrike Braun,<br />

Archäologisches Zentrum Hitzacker, Hitzacker-See,<br />

29456 Hitzacker, Tel. 05862/6794, Fax 985988<br />

INNOVATIONSPREIS DER REGION NÜRNBERG<br />

FÜR DAS DOKUMENTATIONSZENTRUM<br />

REICHSPARTEITAGSGELÄNDE<br />

Unter dem Titel „Museumspädagogik, die sich sehen lassen<br />

kann“ veröffentlichte die Nürnberger Zeitung vom<br />

6.12.2001 e<strong>in</strong>en Bericht über die Verleihung des Innovationspreises<br />

der Region Nürnberg an das Studienforum<br />

des Dokumentationszentrums auf dem „Reichsparteitagsgelände“<br />

<strong>in</strong> Nürnberg. Zum ersten Mal <strong>in</strong> der fünfjährigen<br />

Geschichte dieses Preises, der mit ca. 15.000 €<br />

dotiert ist, wurde e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelnes Projekt ausgezeichnet, an<br />

dem mehrere Partner beteiligt s<strong>in</strong>d.<br />

Bereits im Vorfeld der Neue<strong>in</strong>richtung des Dokumentationszentrums<br />

hatten sich unterschiedliche Bildungse<strong>in</strong>richtungen<br />

getroffen, um e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames Programm für<br />

K<strong>in</strong>der und Jugendliche zu erstellen. Der Vere<strong>in</strong> „Geschichte<br />

für alle“, die CPH-Jugendakademie, der Kreisjugendr<strong>in</strong>g<br />

Nürnberg-Stadt, das Kunst- und Kulturpädagogische<br />

Zentrum der <strong>Museen</strong> <strong>in</strong> Nürnberg und das<br />

Menschenrechtsbüro der Stadt bieten seit der Eröffnung<br />

im Studienforum Nachgespräche zur Ausstellung sowie<br />

Studientage oder mehrtägige Sem<strong>in</strong>are für <strong>in</strong>teressierte<br />

Gruppen an.


88<br />

Nicht nur <strong>in</strong>nerhalb der bayerischen Museumslandschaft<br />

ist diese Art der Kooperation verschiedener Vere<strong>in</strong>e und<br />

Institutionen bereits vor e<strong>in</strong>er Ausstellungseröffnung e<strong>in</strong>zigartig.<br />

Dies gab den wesentlichen Ausschlag für die<br />

Verleihung des Preises. Oskar Schneider, Sprecher des<br />

Kuratoriums des Dokumentationszentrums, würdigte <strong>in</strong><br />

se<strong>in</strong>er Laudatio das vielfältige Programm der Kooperationspartner,<br />

das <strong>in</strong> geeigneter Weise das Konzept der<br />

Historiker weiterentwickle.<br />

Auch das Publikum schließt sich dieser Ansicht an, denn<br />

das Studienforum ist über Wochen im voraus ausgebucht<br />

und Interessenten müssen sich rechtzeitig anmelden, um<br />

den gewünschten Kurs belegen zu können.<br />

Hannelore Kunz-Ott<br />

AND THE WINNER IS... GEBURTSHAUS LEVI STRAUSS<br />

– MUSEUM JEANS UND KULT!<br />

Das Levi Strauss Museum <strong>in</strong> Buttenheim (vgl. Museum<br />

heute 21, S. 17 ff.) wurde Ende Oktober 2001 mit dem<br />

„red dot“, dem roten Punkt für höchste Designqualität <strong>in</strong><br />

der Sparte Kommunikationsdesign ausgezeichnet. Der<br />

„red dot award“ gehört zu den 10 wichtigsten Designwettbewerben<br />

der Welt. Insgesamt 2.512 E<strong>in</strong>sendungen<br />

aus 22 Ländern haben sich um den Designpreis 2001 beworben,<br />

doch nur weniger als sieben Prozent der Arbeiten<br />

erhielten den begehrten roten Punkt.<br />

Preisträger ist die Designagentur Atelier & Friends GmbH<br />

<strong>in</strong> München. Das Museum wurde von ihr nicht nur <strong>in</strong><br />

puncto Grafikdesign und Innenarchitektur betreut. Auch<br />

das wissenschaftlichen Konzept, die Beschaffung von<br />

fehlenden Exponaten sowie die Entwicklung der Bild- und<br />

Tonmedien lag <strong>in</strong> Händen des Teams aus Wissenschaftlern<br />

und Designern.<br />

BERICHTE/AKTUELLES<br />

E<strong>in</strong>e virtuelle Führung durch das ausgezeichnete Museumsprojekt<br />

gibt es im Internet unter www.levi-strauss-museum.com.<br />

Wer die Geschichte des Jeans-Erf<strong>in</strong>ders lieber<br />

live erfahren möchte, sollte e<strong>in</strong>e Reise zu dessen Geburtshaus<br />

nach Buttenheim bei Bamberg nicht scheuen. E<strong>in</strong><br />

Film <strong>in</strong> der Reihe „<strong>Museen</strong> <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong>“ ist als Coproduktion<br />

von Bayerischem Rundfunk, Museum und Landesstelle für<br />

die nichtstaatlichen <strong>Museen</strong> <strong>in</strong> Produktion.<br />

EUROPÄISCHES MUSEUMSBRANCHENBUCH<br />

Seit se<strong>in</strong>em ersten Ersche<strong>in</strong>en 1997 hat sich das<br />

Europäische Museumsbranchenbuch als Nachschlagewerkwerk<br />

für Dienstleiter und Firmen des Museumsumfeldes<br />

etabliert. Es ist im diesjährigen Band auf über<br />

3.300 E<strong>in</strong>träge angewachsen und hierarchisch nach<br />

Branchen, Ländern und Postleitzahlen geordnet, bietet<br />

aber mit e<strong>in</strong>em alphabetischen Firmenregister noch e<strong>in</strong>e<br />

zweite Zugriffsmöglichkeit. Im Unterschied zu ähnlichen<br />

Werken s<strong>in</strong>d die E<strong>in</strong>träge im Europäischen Museumsbranchenbuch<br />

nicht von Anzeigenschaltungen abhängig<br />

oder national begrenzt. Letzteres ist vor allem von<br />

Bedeutung, wenn Projekte europaweit ausgeschrieben<br />

werden müssen. Europaweit s<strong>in</strong>d auch Überblicke zu<br />

Zeitschriften, Verlagen und zu Weiterbildungs<strong>in</strong>stitutionen<br />

zu f<strong>in</strong>den.<br />

Das Europäische Museumsbranchenbuch ist <strong>in</strong> gedruckter<br />

Form beim Verlag zu erwerben, E<strong>in</strong>zelabfragen können<br />

jedoch auch kostenlos unter www.webmuseen.de/<br />

firms gestartet werden. Wer e<strong>in</strong>schlägige Firmen kennt,<br />

die im Europäischen Museumsbranchenbuch noch fehlen,<br />

sollte den Verlag darauf aufmerksam machen.<br />

Weitere Informationen und Bezug:<br />

Verlag Dr. C. Müller-Straten, Kunzweg 23,<br />

81243 München, E-Mail VERLAGCMS@t-onl<strong>in</strong>e.de


DIE AUTOREN DIESES HEFTS<br />

Manus Br<strong>in</strong>kman, Generalsekretär des International Council<br />

of Museums (ICOM), Paris<br />

Monika Dreykorn, Landesstelle für die nichtstaatlichen<br />

<strong>Museen</strong> <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong><br />

Dr. Christof Flügel, Landesstelle für die nichtstaatlichen<br />

<strong>Museen</strong> <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong><br />

Prof. Dr. Hans Frei, Museumsdirektion des Bezirks<br />

Schwaben, Oberschönenfeld<br />

Dr. Albrecht A. Gribl, Landesstelle für die nichtstaatlichen<br />

<strong>Museen</strong> <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong><br />

Anita Heft, Museumspädagog<strong>in</strong>, Marklkofen<br />

Dr. Markus Hundemer, Landesstelle für die nichtstaatlichen<br />

<strong>Museen</strong> <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong><br />

Dr. Hannelore Kunz-Ott, Landesstelle für die nichtstaatlichen<br />

<strong>Museen</strong> <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong><br />

Dr. Marlene Lauter, Museum im Kulturspeicher, Würzburg<br />

Dr. Stephan Pahs, Westfälisches Freilichtmuseum, Detmold<br />

Dr. Beate Reese, Museum im Kulturspeicher, Würzburg<br />

Sebastian Roser, Restaurator, Regensburg<br />

Dr. Wolfgang Stäbler, Landesstelle für die nichtstaatlichen<br />

<strong>Museen</strong> <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong><br />

Marion Vorbeck, Kulturjournalist<strong>in</strong> und PR-Fachwirt<strong>in</strong>,<br />

München<br />

Umschlagentwurf:<br />

Erich Hackel, München<br />

Abbildungsnachweise:<br />

Deutsches Historisches Museum Berl<strong>in</strong> S. 43-44<br />

Hubert Ettl, Viechtach S. 67<br />

Elmar Hahn, Veitshöchheim, S. 6<br />

Anita Heft, Marklkofen, S. 30-31<br />

Kreissparkasse Hannover/Ahlers-He<strong>in</strong>el Werbeagentur<br />

S. 27<br />

Landesstelle für die nichtstaatlichen <strong>Museen</strong> <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong>,<br />

Archiv für Hausforschung/Repro Markus Hundemer<br />

S. 37-40, Markus Hundemer S. 33-35, 66, 78, Kilian<br />

Kreil<strong>in</strong>ger S. 11, 13, Wolfgang Stäbler S. 62<br />

Museum im Kulturspeicher Würzburg, Titel, S. 3-5, 8-9<br />

Museum Wald und Umwelt, Ebersberg, S. 68-69<br />

Sebastian Roser, Regensburg, S. 15-17<br />

Museumsdirektion Schwaben, Oberschönenfeld, S. 64-65<br />

Westfälisches Freilichtmuseum Detmold, S. 53, H. Galle<br />

S. 54, G. Wilpers S. 55-57


LANDESSTELLE<br />

FÜR DIE<br />

NICHTSTAATLICHEN<br />

MUSEEN<br />

WAGMÜLLERSTRASSE 20<br />

80538 MÜNCHEN<br />

TELEFON 089/210140-0<br />

TELEFAX 089/210140-40<br />

ISSN 0944-8497

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