28907 Seiten - Museen in Bayern
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FAKTEN, TENDENZEN, HILFEN<br />
23<br />
BAYERISCHES<br />
LANDESAMT<br />
FÜR<br />
DENKMALPFLEGE<br />
LANDESSTELLE FÜR DIE<br />
NICHTSTAATLICHEN MUSEEN
Museum heute 23<br />
Fakten – Tendenzen – Hilfen<br />
Herausgeber:<br />
Landesstelle für die nichtstaatlichen <strong>Museen</strong><br />
beim Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege<br />
Wagmüllerstr. 20<br />
80538 München<br />
Telefon 089/210140-0<br />
Telefax 089/210140-40<br />
E-Mail museen-<strong>in</strong>-bayern@extern.lrz-muenchen.de<br />
Internet www.museen-<strong>in</strong>-bayern.de<br />
Redaktion:<br />
Dr. Wolfgang Stäbler<br />
Gesamtherstellung:<br />
Lipp GmbH, Graphische Betriebe,<br />
81477 München<br />
Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier<br />
Titelfoto:<br />
Kulturspeicher Würzburg<br />
München, im Juli 2002<br />
ISSN 0944-8497
INHALT<br />
Museumsporträt<br />
Museum im Kulturspeicher Würzburg. E<strong>in</strong> Blick<br />
auf Bau und Sammlungen<br />
(Marlene Lauter und Beate Reese) . . . . . . . . . . . . 3<br />
Arbeitshilfen<br />
E<strong>in</strong> zweites Leben im Museum – für wie lange?<br />
Gedanken zum Bauunterhalt <strong>in</strong> Freilandmuseen<br />
(Sebastian Roser) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10<br />
So steigt die Medienpräsenz. Erfahrungswerte<br />
aus der Agenturpraxis<br />
(Marion Vorbeck) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22<br />
Schöne neue Welt? „Neue Medien“ im Museum<br />
(Christof Flügel) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25<br />
Brücke zwischen Kunst und K<strong>in</strong>d, oder:<br />
Lust auf barocke Kostbarkeiten.<br />
Schlösserführungen für K<strong>in</strong>der und Eltern<br />
(Anita Heft) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29<br />
Fotografie<br />
Konservatorische Sicherung und digitale<br />
Erschliessung historischer Glasplatten-Negativbestände.<br />
Zur Archivierung sowie hitze-<br />
und druckbelastungsfreien „Duplizierung“<br />
(Markus Hundemer) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33<br />
Bücher rund um die Fotografie . . . . . . . . . . . . . . . . 42<br />
Berichte/Aktuelles<br />
Chaos oder Dogma? Auf dem Weg zu e<strong>in</strong>em<br />
globalen Ethik-Begriff<br />
(Manus Br<strong>in</strong>kman) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45<br />
Museumsethik – der Versuch e<strong>in</strong>er Annäherung.<br />
Jahrestagung des Deutschen Museumsbundes<br />
<strong>in</strong> Nürnberg, 5.-8.5.2002<br />
(Wolfgang Stäbler) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50<br />
Warum der Holzschuh geröntgt werden musste –<br />
oder: Musealisierung e<strong>in</strong>es Tagelöhnerhauses<br />
mit den Mitteln moderner Kunst. Das Projekt<br />
„InnenLeben – Haus der Gefühle“ im Westfälischen<br />
Freilichtmuseum Detmold<br />
(Stephan Pahs) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53<br />
<strong>Museen</strong> als Medium – Medien im Museum.<br />
Symposion zu Perspektiven der Museologie,<br />
Stuttgart 5./6. Juli 2002<br />
(Wolfgang Stäbler) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57<br />
Neue Wege der Museumspädagogik.<br />
Fachtagung des Arbeitskreises selbständiger<br />
Kultur-Institute e. V. <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit der<br />
Deutschen UNESCO-Kommission<br />
(Hannelore Kunz-Ott) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60<br />
Internationaler Museumstag 2002. Über 220<br />
bayerische <strong>Museen</strong> luden zum Mitfeiern e<strong>in</strong><br />
(Monika Dreykorn) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61<br />
www.museen-<strong>in</strong>-bayern.de:<br />
Alle bayerischen <strong>Museen</strong> auf e<strong>in</strong>en Klick<br />
(Monika Dreykorn) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62<br />
100 Sonderausstellungen im Schwäbischen Volkskundemuseum<br />
Oberschönenfeld. E<strong>in</strong> Rückblick<br />
anlässlich e<strong>in</strong>es besonderen Jubiläums<br />
(Hans Frei) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64<br />
Neue Bücher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66<br />
Museumseröffnungen <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> . . . . . . . . . . . . . . . 71<br />
Personalia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77<br />
Sonderausstellungen bayerischer <strong>Museen</strong> . . . . . . . 78<br />
Varia . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83
MUSEUMSPORTRÄT 3<br />
MUSEUM IM KULTURSPEICHER WÜRZBURG<br />
E<strong>in</strong> Blick auf Bau und Sammlungen<br />
Kulturspeicher Würzburg, E<strong>in</strong>gangsbereich<br />
Das „Museum im Kulturspeicher“ <strong>in</strong> Würzburg wurde am<br />
22. Februar 2002 eröffnet. Im Gebäude e<strong>in</strong>es ehemaligen<br />
Hafenspeichers präsentiert sich die Kunst auf ca.<br />
3.500 m 2 <strong>in</strong> zwei großen, unterschiedlich strukturierten<br />
Abteilungen, die zwei museale Anliegen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Haus<br />
verb<strong>in</strong>den: Zum e<strong>in</strong>en erhielt die lange unter beengten<br />
Raumverhältnissen leidende Städtische Galerie endlich<br />
e<strong>in</strong> angemessenes Quartier, zum anderen konnte die<br />
Sammlung Ruppert <strong>in</strong> Würzburg etabliert werden und mit<br />
ihr e<strong>in</strong> wesentliches Segment der Moderne <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er <strong>in</strong> sich<br />
geschlossenen, überzeugenden Kollektion.<br />
Das Gebäude<br />
Heute noch lässt sich an der Fassade des Gebäudes zur<br />
Straßenseite h<strong>in</strong> das Entstehungsdatum ablesen: 1904<br />
wurde der Speicher errichtet, der damals zu den fort-<br />
schrittlichsten bayerischen Staatshäfen zählte. Dreigeschossig,<br />
e<strong>in</strong> langgestreckter Riegel am Ma<strong>in</strong>, verfügte er<br />
über ca. 8.000 m 2 Fläche zur Aufnahme von Getreide und<br />
anderen Gütern. Als flussabwärts e<strong>in</strong> neuer Hafen entstand,<br />
verlor das Gebäude se<strong>in</strong>e eigentliche Funktion;<br />
temporär nutzten Firmen Teilflächen weiterh<strong>in</strong> als Warenlager.<br />
E<strong>in</strong>drucksvoll ist die Fassade des historistischen<br />
Gebäudes mit se<strong>in</strong>en drei Schweifgiebeln und dem<br />
Kalkste<strong>in</strong>sockel, dem Sandste<strong>in</strong> <strong>in</strong> den oberen Etagen<br />
folgt. Im Inneren prägt e<strong>in</strong> Stützenraster von vier mal vier<br />
Metern den Bau, kräftige Eichenbalken im Erdgeschoss,<br />
<strong>in</strong> den oberen Etagen durch Nadelholz von kle<strong>in</strong>erem<br />
Querschnitt abgelöst.<br />
Über die Jahre hatte der E<strong>in</strong>bau von Büros und Schüttböden<br />
die ursprüngliche Stützenstruktur partiell zum Verschw<strong>in</strong>den<br />
gebracht. Hier setzte der bauliche Entwurf der<br />
Tirschenreuther Architekten Peter und Christian Brückner<br />
an. Die beiden hatten den architektonischen Wettbewerb<br />
gewonnen, den die Stadt Würzburg 1995/96 ausgeschrieben<br />
hatte, um mit der Bauaufgabe „Museum“ zugleich<br />
e<strong>in</strong> bis dato brachliegendes stadtnahes Areal städtebaulich<br />
an die City heranzuführen. Der Entwurf sah die<br />
Entkernung des Gebäudes vor, damit großzügige Räume<br />
für die Kunst entstünden. Das Foyer allerd<strong>in</strong>gs sollte von<br />
der Baugeschichte zeugen und zusammen mit den Fassaden<br />
den Denkmalcharakter des Hauses erhalten. So<br />
blieb die Stützenstruktur im Erdgeschoss <strong>in</strong>takt, <strong>in</strong> den<br />
beiden darüber liegenden Geschossen wurden die<br />
Decken herausgenommen, die Balkendichte e<strong>in</strong> wenig<br />
reduziert, um e<strong>in</strong> nach oben offenes Raumkont<strong>in</strong>uum zu<br />
schaffen. 16 m hoch geht der Blick im Foyer bis zum gläsernen<br />
Dach. Als zentraler Empfang beherbergt die Halle<br />
Kasse und Museumsshop und liefert die Orientierung zu<br />
den beiden verschiedenen Kunstabteilungen.<br />
Das Mauerwerk der Fassade und die Bogenfenster mit<br />
kle<strong>in</strong>teiliger Sprossenstruktur wurden gere<strong>in</strong>igt, schadhafte<br />
Fenster durch entsprechende neue ersetzt. E<strong>in</strong>ige<br />
der alten Holztore bieten nun reizvolle Durchblicke durch<br />
die Ausstellungsräume oder auf den Ma<strong>in</strong>. Kopfbauten zu<br />
beiden <strong>Seiten</strong> des ursprünglichen Baues sorgen für e<strong>in</strong>e<br />
Vergrößerung der Ausstellungsräume bzw. Gewerberäume,<br />
die unabhängig vom Museum straßenseitig zu erreichen<br />
s<strong>in</strong>d. Auf <strong>in</strong>sgesamt 160 m Länge erstreckt sich nun<br />
das Gebäude. Se<strong>in</strong>e Erschließung erfolgt rückseitig;<br />
sogenannte Aussichtskanzeln im ersten und zweiten<br />
Stock leiten den Blick auf das alte Ma<strong>in</strong>becken, auch auf<br />
die Kohleanlieferung für das Kraftwerk <strong>in</strong> der Nachbarschaft,<br />
das den <strong>in</strong>dustriellen Charakter des Standortes<br />
behauptet.<br />
Zwölf Ausstellungsräume wurden als Kuben <strong>in</strong> das Gebäude<br />
h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>gestellt. Straßenseitig ergab sich hierdurch
4<br />
e<strong>in</strong>e doppelte Wand, die als Versorgungsschacht genutzt<br />
wird. Jeweils zwei Räume s<strong>in</strong>d durch breite Tore fließend<br />
über e<strong>in</strong>en kurzen Gang mite<strong>in</strong>ander verbunden; gleiche<br />
Tore führen zum Erschließungsgang auf der Gebäuderückseite,<br />
so dass verschiedene Möglichkeiten des Zugangs<br />
gegeben s<strong>in</strong>d. Die Belichtung der Ausstellungsräume<br />
erfolgt generell durch Kunstlicht. Die eigens für<br />
den Kulturspeicher entworfene Leuchte „White Plane“ hat<br />
<strong>in</strong>zwischen e<strong>in</strong>en Design-Preis erhalten. Ihr <strong>in</strong>direktes<br />
Licht gleitet von der Decke gleichmäßig <strong>in</strong> den Saal.<br />
Die Räume für Verwaltung, Bibliothek, Museumspädagogik<br />
und Café-Restaurant wurden <strong>in</strong> zwei Anbauten auf der<br />
Rückseite verlegt. Zweigeschossig und deutlich kle<strong>in</strong>er<br />
als der Hauptbau s<strong>in</strong>d diese mit grünem Glas verkleidet,<br />
mit Spuren alter Metallplatten bedruckt, die bei der Entkernung<br />
des Gebäudes zutage traten.<br />
MUSEUMSPORTRÄT<br />
Die Sammlung Peter C. Ruppert: Konkrete Kunst <strong>in</strong> Europa<br />
nach 1945<br />
Es darf als Glücksfall bezeichnet werden, dass die Idee,<br />
die Sammlung Ruppert nach Würzburg zu holen, sich mit<br />
der Planung des Speicherumbaus für kulturelle Zwecke<br />
zusammenführen ließ. Seit mehr als 30 Jahren konzentriert<br />
Peter C. Ruppert se<strong>in</strong> Sammel<strong>in</strong>teresse auf die Konkrete<br />
Kunst, diejenige Sparte der Moderne, die vollständig<br />
auf das Abbild des Gegenstandes verzichtet und die<br />
sich, über viele Widerstände h<strong>in</strong>weg, beharrlich als e<strong>in</strong>e<br />
Richtung der Kunst behauptet und bis <strong>in</strong> die Gegenwart<br />
fortentwickelt hat. Seit den 1980er Jahren teilt Rosemarie<br />
Ruppert die Leidenschaft ihres Mannes und hat ihn auf<br />
zahlreichen Kunstreisen begleitet. Anfang der 90er Jahre<br />
kam der erste Kontakt mit der damaligen Leiter<strong>in</strong> der<br />
Städtischen Galerie Würzburg, Britta E. Buhlmann, zu-<br />
Das offene Foyer hat die ursprüngliche Konstruktion des historischen Speicherraums mit Balkenrastern bewahrt
MUSEUMSPORTRÄT 5<br />
stande, die begonnen hatte, Konkrete Kunst <strong>in</strong> Ausstellungsprogramm<br />
und Ankaufspolitik (soweit die spärlichen<br />
Mittel reichten) zu <strong>in</strong>tegrieren.<br />
Das Ergebnis der Zielsetzung der Sammlung Ruppert, die<br />
Entwicklung und Ausbreitung der Konkreten Kunst <strong>in</strong> Europa<br />
zu verfolgen, kann nun an der Präsentation <strong>in</strong> sechs<br />
Räumen auf ca. 1.850 m 2 abgelesen werden. Für die historische<br />
Spanne der Sammlung markiert das Jahr 1945<br />
den Anfang; die jüngsten Arbeiten datieren aus dem Jahr<br />
2001. Insgesamt 171 Künstler aus 22 Ländern s<strong>in</strong>d vertreten,<br />
überwiegend mit charakteristischen E<strong>in</strong>zelwerken.<br />
Im Falle von Heijo Hangen und Günter Fruhtrunk unterbrach<br />
die Fasz<strong>in</strong>ation des Sammlers die eigene Regel;<br />
von beiden Künstlern trug er ganze Werkgruppen zusammen.<br />
Begann die sammlerische Tätigkeit mit dem Erwerb<br />
grafischer Arbeiten von Günter Fruhtrunk, so wurde <strong>in</strong> der<br />
Blick <strong>in</strong> die Ausstellung der Sammlung Konkreter Kunst<br />
Folge das Augenmerk fast ausschließlich auf Gemälde,<br />
Reliefs und Plastiken gerichtet. Unter den Künstlern s<strong>in</strong>d<br />
solche, die aufgrund ihrer zurückgezogenen Arbeit den<br />
Museumsbesucher zu Entdeckungen e<strong>in</strong>laden, wie auch<br />
Klassiker der Konkreten, deren Werke weltweit <strong>in</strong> den<br />
<strong>Museen</strong> der modernen Kunst präsent s<strong>in</strong>d; Josef Albers,<br />
Victor Vasarely, Max Bill und Richard Paul Lohse seien<br />
hier exemplarisch genannt.<br />
Die konsequent europabezogene Haltung im Aufbau der<br />
Sammlung trug dieser e<strong>in</strong>e ehrenvolle Schirmherrschaft<br />
e<strong>in</strong>: Mit Schreiben vom 22. März 1996 ließ Daniel Tarschys<br />
als damaliger Generalsekretär des Europarates Peter<br />
Ruppert die Zusage dazu mitteilen. Tarschys´ Nachfolger<br />
im Amt, Walter Schwimmer, setzt diese Schirmherrschaft<br />
fort und ist mit e<strong>in</strong>em Vorwort im Sammlungskatalog vertreten.
6<br />
Die Ausformung und Verzweigung der Fragestellungen<br />
der Konkreten Kunst verfolgt die Sammlung <strong>in</strong> den<br />
e<strong>in</strong>zelnen Ländern mit charakteristischen Hauptvertretern<br />
wie Barbara Hepworth, dem Ehepaar Mart<strong>in</strong>, Ben Nicholson<br />
und Bridget Riley für England, Antonio Calderara,<br />
Piero Dorazio, Mario Nigro für Italien oder Ad Dekkers,<br />
Jan Schoonhoven und Herman de Vries für die Niederlande.<br />
Die Recherchen des Ehepaars Ruppert reichen<br />
bis nach F<strong>in</strong>nland und Norwegen im Norden und<br />
Griechenland im Süden. Osteuropa präsentiert sich<br />
mit Exponaten von Julije Knijfer, Dora Maurer, Lev Nussberg,<br />
Henryk Stazewski, Zdenek Sykora und Ryszard<br />
W<strong>in</strong>iarski. Die Ausprägungen der deutschen Szene bilden<br />
neben der Schweiz und Frankreich e<strong>in</strong>en weiteren<br />
Schwerpunkt der Sammlung mit Werken von Künstlern<br />
wie Hartmut Böhm, Andreas Brandt, Eberhard Fiebig,<br />
Rupprecht Geiger, Erich Hauser, Erw<strong>in</strong> Heerich, Thomas<br />
Lenk, Adolf Luther, Karl Georg Pfahler und Hans Uhlmann.<br />
Seit den 1960er Jahren erweitern sich die Bildmöglichkeiten<br />
der Konkreten. Manfred Mohr beg<strong>in</strong>nt 1969 mit<br />
Hilfe von Computerprogrammen zu zeichnen, naturwissenschaftliche<br />
Themen erhalten <strong>in</strong> der Kunst mehr und<br />
mehr Gewicht, Fragen nach Ordnung und Chaos, Zufall<br />
und System werden als bildbestimmend diskutiert. All<br />
diese neueren Entwicklungen spiegeln sich <strong>in</strong> der Sammlung<br />
Ruppert. Auch konzeptuelle Ansätze, die sich mit<br />
der Bildwelt der Konkreten berühren, s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> die Sammlung<br />
aufgenommen, wie die Arbeit von He<strong>in</strong>z Gappmayr,<br />
„Senkrechte“, die „absolut koncret“ als Wörter fragmentarisch<br />
<strong>in</strong>e<strong>in</strong>andergreifend an e<strong>in</strong>e Vertikale anlagert; hier<br />
ist sozusagen das Credo des Sammlers Peter Ruppert <strong>in</strong><br />
visueller Form kondensiert. Die Holographie ist mit e<strong>in</strong>er<br />
Arbeit von Dieter Jung vertreten, der das konkrete Formenrepertoire<br />
aus der fassbaren Fläche herausnimmt<br />
und <strong>in</strong> irritierenden sche<strong>in</strong>räumlichen Verhältnissen anordnet.<br />
Auch die Fotografie muss hier genannt werden, die erst <strong>in</strong><br />
den letzten Jahren <strong>in</strong> den Blick der Ruppertschen Sammlertätigkeit<br />
gelangte, dann jedoch mit Kraft und Intensität,<br />
so dass sich von e<strong>in</strong>er eigenen kle<strong>in</strong>en Abteilung sprechen<br />
lässt. Namen wie Peter Keetmann, Gottfried Jäger<br />
und René Mächler stehen für die Bandbreite der Auffassungen<br />
von der Fotografie als formale Reduktion von<br />
Strukturen der gesehenen Welt bis zu seriellen Forme<strong>in</strong>heiten,<br />
wie sie die ohne L<strong>in</strong>se arbeitende Camera obscura<br />
erzeugt, zum kameralosen Fotogramm mit geometrischen<br />
Formen. Schließlich f<strong>in</strong>det auch die H<strong>in</strong>wendung<br />
zum virtuellen Bild <strong>in</strong> der Kunst Beachtung, etwa mit der<br />
Arbeit „Pelopi“ von Gerhard Mantz als re<strong>in</strong>er Computersimulation.<br />
MUSEUMSPORTRÄT<br />
Andreu Alfaro, Rhombus, Edelstahl auf Plexiglassockel, 1977<br />
So präsentiert sich die Sammlung als reich <strong>in</strong> Medien und<br />
Materialien, von den klassischen Werkstoffen Le<strong>in</strong>wand<br />
und Papier über Folien, (Plexi-)Glas zu Holz, Metall, Ste<strong>in</strong><br />
und Erde zu neuen, mit Hilfe von Computer und fotografischen<br />
Verfahren erzeugten Werken. Ihre Darstellung <strong>in</strong><br />
den sechs Räumen folgt <strong>in</strong> zwei Punkten e<strong>in</strong>er geografischen<br />
Gliederung: Arbeiten aus der Schweiz mit Zürich<br />
als e<strong>in</strong>em Kern und Sammelpunkt der Konkreten Kunst<br />
schon seit der Vorkriegszeit s<strong>in</strong>d räumlich konzentriert,<br />
ebenso wie Konkrete Kunst aus Frankreich, wo die Drehscheibe<br />
Paris <strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong> den 50er Jahren e<strong>in</strong>e vitale<br />
Szene hervorbrachte. Im übrigen folgt die Präsentation<br />
künstlerischer Fragestellungen wie „Durchdr<strong>in</strong>gung von<br />
Fläche und Raum“, „Licht und Oberflächen“ usw. gemäß<br />
dem Faktum, dass gerade die länderübergreifende Verbreitung<br />
der Ideen für die Konkrete Kunst typisch ist, was<br />
e<strong>in</strong>e überwiegend von nationalen Aspekten freie Gliederung<br />
nahe legt.
MUSEUMSPORTRÄT 7<br />
Die Städtische Kunstsammlung, 19.-21. Jahrhundert<br />
Akademietradition und Aufbruch/Antiakademische<br />
Strömungen/Weimarer Malerschule<br />
Der erste Ausstellungsraum, der den Rundgang durch die<br />
Städtische Kunstsammlung eröffnet, ist der Kunst des<br />
19. Jahrhunderts gewidmet. Die Sammlung der Städtischen<br />
Galerie hat ihren historischen Anfang <strong>in</strong> der ersten<br />
Hälfte des 19. Jahrhunderts. In dieser Zeit veränderten<br />
sich die Bed<strong>in</strong>gungen künstlerischer Produktion <strong>in</strong> Folge<br />
des Aufbrechens des religiösen und sozialen Gefüges im<br />
Zuge der Französischen Revolution. Die Folgen waren<br />
weitreichend: Sie lösten den Künstler aus den B<strong>in</strong>dungen<br />
von Kirche und Staat und veränderten nach und nach die<br />
Rahmenbed<strong>in</strong>gungen des künstlerischen Schaffens. Ausstellungen<br />
wurden zum Forum für die öffentliche Präsentation<br />
der Werke und entschieden über Akzeptanz oder<br />
Verwerfung e<strong>in</strong>es Künstlers.<br />
An die Stelle kirchlicher, adeliger und höfischer Auftraggeber<br />
trat zunehmend e<strong>in</strong> spezifisch bildungsbürgerliches<br />
Kunstpublikum, das Teilhabe am Besitz von und im<br />
Diskurs über Kunst beanspruchte und sich verstärkt seit<br />
den 20er Jahren des 19. Jahrhunderts <strong>in</strong> Kunstvere<strong>in</strong>en<br />
engagierte. Diesem bürgerlichen Publikum und e<strong>in</strong>em<br />
mehr epochentypischen Zeitgeschmack hatte sich der<br />
vielfach akademisch geschulte Künstler zu stellen, der<br />
von e<strong>in</strong>em entsprechenden Kanon geprägt war. Demnach<br />
genoss das Historienbild die höchste Rangordnung <strong>in</strong> der<br />
Malerei, ger<strong>in</strong>ger bewertet wurden dagegen die Landschaft,<br />
das Stilleben und das Bildnis, das eher als Auftragskunst<br />
entstand. Doch gerade Landschaft, Stilleben<br />
und Bildnis fanden zunehmend bei e<strong>in</strong>em bürgerlichen<br />
Publikum, das neben Adel und Klerus trat, Anklang. Die<br />
Gattungen Historienbild, Porträt, Landschaft s<strong>in</strong>d im ersten<br />
Raum der Ausstellung der Städtischen Kunstsammlungen<br />
vertreten, wobei akademischen Konventionen<br />
verpflichtete Bilder mit solchen kontrastiert s<strong>in</strong>d, <strong>in</strong> denen<br />
sich e<strong>in</strong>e neue Sicht der Wirklichkeit und Malweise abzeichnet.<br />
E<strong>in</strong>e neue Wertigkeit erlebten Porträt, Landschaft und<br />
Stilleben <strong>in</strong> der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts im Münchner<br />
Leibl-Kreis, e<strong>in</strong>er ideellen Geme<strong>in</strong>schaft von Künstlern,<br />
die e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Kunstauffassung und Arbeitsweise<br />
verband. Die Künstler kannten sich von ihrem Studium<br />
an der Kunstakademie München her, wo sie zum<br />
Teil bei den gleichen Lehrern studiert hatten. Darunter<br />
waren Wilhelm Busch, Carl Schuch, Otto Scholderer und<br />
als besondere Vertraute Theodor Alt und Johann Sperl.<br />
Die Künstler des Leibl-Kreises folgten e<strong>in</strong>em neuen Wirklichkeitss<strong>in</strong>n,<br />
der sich gegen die hehren Inhalte von Histo-<br />
rismus und Idealismus wandte und auf e<strong>in</strong> Studium der<br />
Natur und vor allem der holländischen Meister und ihrem<br />
Realismus gründete. Wesentlich für den Leibl-Kreis war<br />
das Streben nach dem sogenannten „Re<strong>in</strong>malerischen“.<br />
Demzufolge s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der malerischen Bearbeitung traditioneller<br />
Themen <strong>in</strong> der Gegenüberstellung von akademischer<br />
Kunst und der Kunst des Leibl-Kreises wesentliche<br />
Veränderungen zu beobachten.<br />
Den Künstlern des Leibl-Kreises ist e<strong>in</strong> eigenes Kab<strong>in</strong>ett<br />
<strong>in</strong>nerhalb des Ausstellungsraumes 03 gewidmet. Es zeigt<br />
Porträts, auch Selbstbildnisse, bäuerliche Motive und<br />
solche aus der Natur, den „Bauerngarten“ und die „Bauernküche“<br />
von Sperl, e<strong>in</strong>e „Waldstudie“ von Theodor Alt.<br />
Liebermanns Nähe zum Leibl-Kreis unterstreicht se<strong>in</strong><br />
Bildnis des Leibl-Intimus Johannes Sperl. Außerdem f<strong>in</strong>det<br />
sich hier die „realistische“ Bearbeitung religiöser Themen<br />
durch Fritz von Uhde.<br />
E<strong>in</strong>en weiteren Schwerpunkt bildet der Maler Ludwig von<br />
Gleichen-Russwurm als Vertreter der Weimarer Malerschule.<br />
Er studierte wie Max Liebermann, der wiederum<br />
mit dem Leibl-Kreis verbunden war, an der Großherzoglichen<br />
Weimarer Malerschule. Hier setzte sich <strong>in</strong> der Prov<strong>in</strong>z<br />
e<strong>in</strong>e neue, an der Rezeption der französischen Impressionisten<br />
geschulte Landschaftsauffassung durch.<br />
Aufgrund ihrer langjährigen Erfahrungen mit der Ple<strong>in</strong>air-<br />
Malerei vermochten die Weimarer Maler die Neuerungen<br />
des französischen Impressionismus auf dem Gebiet der<br />
Farbaufhellung und Wirklichkeitserfassung als Weiterentwicklung<br />
ihrer eigenen Bestrebungen sehen. Der Kunsthistoriker<br />
Julius Meier-Graefe hebt Gleichen-Russwurm<br />
als Maler hervor, der als e<strong>in</strong>er der ersten deutschen Maler<br />
e<strong>in</strong>en impressionistischen Malstil entwickelt hat.<br />
In Abkehr von der klassischen Sehnsuchtslandschaft Italiens<br />
wurde zunehmend – wie auch im Leibl-Kreis – die<br />
Landschaft der unmittelbaren Umgebung dargestellt. Die<br />
Landschaft ersche<strong>in</strong>t durch die genaue Erfassung ihrer<br />
Topografie und der momentan erfassten atmosphärischen<br />
Situation als vertrautes heimatliches Umfeld, das<br />
dem Menschen zur Nutznießung und Muße zur Verfügung<br />
steht.<br />
Deutscher Impressionismus/Kunst der Sezessionen<br />
Im Mittelpunkt des nächsten Ausstellungsraumes steht<br />
die fortschrittliche Malerei des späten deutschen Impressionismus.<br />
Freie Künstlergeme<strong>in</strong>schaften, die sogenannten<br />
„Sezessionen“, bildeten sich zunächst <strong>in</strong> München<br />
(Hugo von Habermann) und dann Ende des 19. Jahrhunderts<br />
<strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>. Besonders die „Berl<strong>in</strong>er Secession“ widmete<br />
sich jener deutschen impressionistischen Malerei,<br />
die Wilhelm II. abschätzig als „R<strong>in</strong>nste<strong>in</strong>kunst“ bezeich-
8<br />
nete. Sie war mehr oder weniger e<strong>in</strong>e von Künstlern geleitete<br />
Ausstellungsgeme<strong>in</strong>schaft mit e<strong>in</strong>er Vere<strong>in</strong>sstruktur.<br />
Künstler wie Robert Breyer, Philipp Franck, Walter Leistikow<br />
und Max Slevogt stellten hier aus, aber auch der<br />
junge Max Beckmann, Ernst Barlach und Käthe Kollwitz.<br />
Zu sehen s<strong>in</strong>d im Kulturspeicher Gemälde von Max<br />
Slevogt, Robert Breyer, Philipp Franck, Joseph Oppenheimer<br />
und Wilhelm Trübner. Das großformatige Gemälde<br />
Trübners, Frau von Holzhausen zu Pferd zeigend, ist e<strong>in</strong>e<br />
Leihgabe der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen,<br />
München.<br />
Neben diesen namhaften Künstlern ist auch als e<strong>in</strong>e mit<br />
Würzburg besonders verbundene Künstlerpersönlichkeit<br />
Gertraud Rostosky <strong>in</strong> diesem Ausstellungsraum präsent.<br />
Wie Max Liebermann arbeitete auch Rostosky im Freien<br />
an der Staffelei. Gerade im Motiv der „Badenden K<strong>in</strong>der“<br />
und der Gartenwirtschaft zeigen sich Motive, die auch<br />
Max Liebermann bearbeitet hat.<br />
Wichtige Impulse für das Würzburger Kunstleben <strong>in</strong> den<br />
1910er und 20er Jahren g<strong>in</strong>gen von dieser Maler<strong>in</strong> aus,<br />
die auf dem großelterlichen Gut „Neue Welt“ e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e<br />
Künstlerkolonie um sich versammelte. Künstler<strong>in</strong>nen und<br />
Künstler aus dem ehemaligen Kreis des „Café du Dome“<br />
<strong>in</strong> Paris, Otto Modersohn, Anton Kerschbaumer und Erich<br />
Heckel, ehemals Mitglied der Expressionisten-Geme<strong>in</strong>schaft<br />
„Brücke“, kamen <strong>in</strong> den Sommermonaten zu Besuch.<br />
Man zog geme<strong>in</strong>sam <strong>in</strong>s Freie und fand oftmals die<br />
Themen bereits <strong>in</strong> der unmittelbaren Umgebung: der<br />
noch nicht kanalisierte Ma<strong>in</strong> mit se<strong>in</strong>en Ufern und Armen,<br />
die hoch über der Stadt liegende Festung Marienberg, die<br />
mit ihren Mauern von der Terrasse der „Neuen Welt“ zu<br />
sehen war, und schließlich auch der Gutshof selber, der –<br />
e<strong>in</strong>gebettet <strong>in</strong> grünen Wiesen – noch ganz alle<strong>in</strong> am Weg<br />
zur Frankenwarte lag.<br />
Zwei Kab<strong>in</strong>ette stellen vertiefend Werke der Künstler der<br />
Secession und Werke von Gertraud Rostosky und ihren<br />
Künstlerfreunden im Medium der Zeichnung, des Aquarells<br />
und der Graphik vor.<br />
Expressionismus und Neue Sachlichkeit<br />
S<strong>in</strong>d die Räume 03 und 04 den bildnerischen Medien gewidmet,<br />
ist im 2. Obergeschoss für das 20. Jahrhundert<br />
die Plastik raumfüllend vertreten. Arbeiten aus den verschiedenen<br />
Werkphasen der <strong>in</strong> Würzburg geborenen Bildhauer<strong>in</strong><br />
Emy Roeder stehen im Mittelpunkt. Von ihr gehen<br />
Verb<strong>in</strong>dungen zu den expressionistischen Künstlern der<br />
Brücke-Geme<strong>in</strong>schaft Erich Heckel und Karl Schmidt-<br />
Rottluff aus sowie zu dem Matisse-Schüler Hans Purrmann,<br />
die sie <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> bzw. <strong>in</strong> Florenz kennenlernte.<br />
MUSEUMSPORTRÄT<br />
Emy Roeder, Betender Knabe, Eichenholz, 1921<br />
Ihre Kunst leitet von den beiden ersten Jahrzehnten des<br />
20. Jahrhunderts und modernen Stilrichtungen wie Expressionismus<br />
und Neue Sachlichkeit <strong>in</strong> die Zeit nach<br />
1945 über, die im Raum 06 vertreten ist. Emy Roeder arbeitete<br />
figürlich bis zu ihrem Tod 1971. Sie gehörte mit zu<br />
den ersten Frauen, die sich <strong>in</strong> der von Männern besetzten<br />
Domäne der Bildhauerei durchsetzen konnten und neue<br />
Themen erprobten. Zeitlebens beschäftigte sich die Bildhauer<strong>in</strong><br />
mit der Kreatur, mit Mensch und Tier und ihrem<br />
Dase<strong>in</strong>, alle<strong>in</strong> oder <strong>in</strong> Gesellschaft anderer. Themen wie<br />
Tierpaare, vere<strong>in</strong>zeltes Tier, Mutter und K<strong>in</strong>d, Geschwister<br />
variierte sie immer neu.<br />
Zusammen mit Gemälden aus der Zeit s<strong>in</strong>d zu sehen<br />
frühe Arbeiten, sowie die Kalkste<strong>in</strong>büste „Friedel Scherber“,<br />
ihre expressionistischen Plastiken („Die Schwangere“,<br />
„Der betende Knabe“, „Jüdische Flüchtl<strong>in</strong>ge“,<br />
„Drei ruhende Kühe“), Tierplastiken, die sachlich anmutende<br />
„Else“ von 1928 und die <strong>in</strong> den 50er Jahren ent-
MUSEUMSPORTRÄT 9<br />
standenen Bildnisköpfe von Hans Purrmann, Erich<br />
Heckel, Karl Schmidt-Rottluff sowie e<strong>in</strong> Selbstporträt.<br />
Figuration und Abstraktion/Positionen zeitgenössischer<br />
Kunst<br />
Der Rundgang leitet nun zur Kunst nach 1945 über. Der<br />
folgende Ausstellungsraum thematisiert <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Präsentation<br />
den Widerstreit zwischen figurativen und abstrakten<br />
Tendenzen, der die Nachkriegsdiskussion <strong>in</strong> Deutschland<br />
entscheidend bestimmte. Für figurative Tendenzen<br />
stehen hier wiederum Plastiken Emy Roeders und e<strong>in</strong><br />
großformatiges Gemälde von Friedemann Hahn. Beide<br />
s<strong>in</strong>d kontrastiert mit abstrakten bzw. konstruktiv wirkenden<br />
Kunstwerken, so e<strong>in</strong>er Plastik von Joannis Avramidis,<br />
die zwischen geometrischer Abstraktion und figürlicher<br />
Darstellung changiert.<br />
Die beiden Holzreliefs anonymer und schematisierter<br />
Menschentypen von Stefan Balkenhol und die K<strong>in</strong>derbildnisse<br />
„Nico am Tisch“ und „Jana“ von Barbara<br />
Camilla Tucholski gehören <strong>in</strong> den Bereich der zeitgenössischen<br />
Kunst. E<strong>in</strong> zentrales Werk ist hier Magdalena Jetelovas<br />
zweiteilige großformatige Arbeit „Ohne Titel“ von<br />
1988, bestehend aus e<strong>in</strong>er Holzplastik mit den Maßen<br />
230 x 380 cm und e<strong>in</strong>em Großdia, das <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es<br />
Leuchtkastens präsentiert wird. Verschiedene Realitätsebenen<br />
durchdr<strong>in</strong>gen sich <strong>in</strong> dieser Arbeit: Zeichnung<br />
Magdalena Jetelova, Ohne Titel, Eichenbalken und Ektachrom<br />
auf Plexiglas, 1988<br />
und greifbares Objekt, Sche<strong>in</strong> und Se<strong>in</strong>, Materialität und<br />
Immaterialität, Produkt und Natur, Raum und Fläche.<br />
Charakteristisch für diese Arbeit ist im Kontext zeitgenössischer<br />
Kunst, dass sich die Grenzen zwischen den<br />
Medien aufheben: Plastik und Fotografie, drei- und zweidimensionales<br />
Medium, Gegenstand und Bild s<strong>in</strong>d mite<strong>in</strong>ander<br />
komb<strong>in</strong>iert, neue Techniken wie der Laserstrahl<br />
– von Jetelova wie e<strong>in</strong> großer Zeichenstift genutzt – s<strong>in</strong>d<br />
e<strong>in</strong>gesetzt. Sie zeichnet damit nicht auf e<strong>in</strong> Blatt, sondern<br />
<strong>in</strong> die Natur.<br />
Vermittlungsangebote<br />
Neben dem kostenlos erhältlichen Raum- und Geschossplan,<br />
der als Wandtafel zusätzlich im Foyer und auf den<br />
Etagen angebracht werden soll, gibt es weitere Angebote,<br />
die dem Besucher bei der Orientierung helfen und<br />
ihn über die ausgestellten Exponate <strong>in</strong>formieren. Mit dem<br />
Datum der Eröffnung wurde e<strong>in</strong> Kurzführer durch beide<br />
Sammlungen herausgebracht, „Der rote Faden“, der sich<br />
reger Nachfrage erfreut. Regelmäßige Führungen am<br />
Sonntag, durchgeführt durch entsprechend geschulte<br />
freie Mitarbeiter, f<strong>in</strong>den <strong>in</strong>tensiven Zuspruch, ebenso wie<br />
sogenannte „Schnupperführungen“, die aus e<strong>in</strong>em Kreis<br />
von Volunteers heraus geleistet werden. Diese Freiwilligen<br />
helfen auch mit großem Enthusiasmus im Aufsichtsdienst<br />
mit. Die Zahl von mehr als hundert während der<br />
ersten drei Monate seit Eröffnung durch die freien wie die<br />
festen Mitarbeiter des Hauses geleisteten Führungen für<br />
Gruppen zeigen das große Besucher<strong>in</strong>teresse, das dem<br />
Museum entgegengebracht wird. Insgesamt haben bis<br />
Pf<strong>in</strong>gsten 2002 über 37.000 Menschen das Museum im<br />
Kulturspeicher besucht.<br />
Für die Betreuung von K<strong>in</strong>dern und Jugendlichen steht<br />
e<strong>in</strong>e Museumspädagog<strong>in</strong> auf Teilzeitbasis zur Verfügung.<br />
Sie wird unterstützt von zwei freien Mitarbeiter<strong>in</strong>nen. Die<br />
<strong>in</strong>zwischen geknüpften zahlreichen Kontakte zu Schulen<br />
und K<strong>in</strong>dergärten haben bereits jetzt zu erfreulich vielen<br />
„Stammkunden-Beziehungen“ zum Museum geführt. E<strong>in</strong><br />
entsprechendes Themenheft mit dem Titel „Zwischen 5<br />
und 20“ dient als Grundlage für die Vere<strong>in</strong>barung von<br />
Führungen mit praktischem Gestaltungsanteil.<br />
Für diejenigen Besucher, die <strong>in</strong>dividuell ohne Führung das<br />
Haus durchwandern möchten, bieten didaktische E<strong>in</strong>heiten<br />
<strong>in</strong> drei der acht Aussichtskanzeln Gelegenheit, sich<br />
mit Fragen von Proportion, Licht und Farbe, Zeit als<br />
Dimension der Bildwahrnehmung usw. zu beschäftigen<br />
und dabei auch selbst etwas <strong>in</strong> die Hand zu nehmen.<br />
Marlene Lauter und Beate Reese
10<br />
EIN ZWEITES LEBEN IM MUSEUM – FÜR WIE LANGE?<br />
Gedanken zum Bauunterhalt <strong>in</strong> Freilandmuseen<br />
Mehr als 25 Jahre nach Gründung der größten Freilandmuseen<br />
<strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> und 20 Jahre nach Etablierung des Referats<br />
Freilichtmuseen bei der Landesstelle für die nichtstaatlichen<br />
<strong>Museen</strong> ist der Aufbau der Freilichtmuseen <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>en stetigen Ausbau übergegangen. <strong>Bayern</strong> besitzt nun<br />
<strong>in</strong> jedem Regierungsbezirk wenigstens e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>richtung,<br />
die als Freilicht- bzw. Freilandmuseum ausgewiesen ist. 1<br />
An die Aufbauphase, die von sehr unterschiedlichen und<br />
sich im Laufe der Zeit wandelnden Konzeptionen geprägt<br />
war, schließt nun e<strong>in</strong>e Phase der Konsolidierung an. Mit<br />
der Erweiterung der Infrastruktur, dem Neu- oder Ausbau<br />
von Depots und der Konzentration der wissenschaftlichen<br />
Arbeit auf Ausstellungen zu unterschiedlichen<br />
Themen des Alltagslebens liegt der Schwerpunkt der<br />
Tätigkeit nicht mehr <strong>in</strong> der Transferierung von Architekturobjekten.<br />
2<br />
Diese Entwicklung gab der Landesstelle bereits 1988 Anlass,<br />
sich mit der Zukunft der Objekte <strong>in</strong> technischer H<strong>in</strong>sicht<br />
zu befassen. 3 Seit 1993 wurde e<strong>in</strong> Programm zur<br />
Beobachtung der Bausubstanz durchgeführt, das –<br />
zunächst als <strong>in</strong>formelle Beobachtung begonnen – <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />
methodischen Hilfestellung für den Bauunterhalt der Freilichtmuseen<br />
münden sollte. Die Ergebnisse der ersten<br />
Recherchen und die Summe der Beobachtungen <strong>in</strong> den<br />
<strong>Museen</strong> spitzte Kilian Kreil<strong>in</strong>ger <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Aufsatz zu<br />
e<strong>in</strong>er Frage an alle zu, die mit dem Betrieb und dem<br />
Bestand der Freilichtmuseen befasst s<strong>in</strong>d: „Bewahren –<br />
unmöglich?“ 4 Die nachfolgenden Überlegungen verstehen<br />
sich als Differenzierung der vorangegangenen Frage:<br />
„Bewahren – wie lange?“<br />
Authentizität und Rekonstruktion<br />
Alte Häuser <strong>in</strong> Freilichtmuseen ersche<strong>in</strong>en auf den ersten<br />
Blick als Denkmäler vor Ort, tatsächlich besteht dazu e<strong>in</strong><br />
bedeutender qualitativer Unterschied: 5 Die Denkmalpflege<br />
fordert den Erhalt des Denkmals <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Integrität<br />
am angestammten Ort. Das Museum entnimmt das<br />
Objekt se<strong>in</strong>er ursprünglichen Umgebung und versetzt es<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong> künstlich geschaffenes Umfeld.<br />
Während die Denkmalpflege der Aura des Orig<strong>in</strong>als huldigt,<br />
auch wenn dieses nur noch als Idee der ehemaligen<br />
Form existiert, bildet das gebaute Objekt im Freilichtmuseum<br />
Vergangenheit analytisch oder quasi naturalistisch<br />
ab. Das Freilichtmuseum geht als Ort der Darstellung von<br />
Alltagskultur und Alltagsleben von anderen Voraussetzungen<br />
aus als die praktische Denkmalpflege. Die Anteile<br />
von Rekonstruktionen aufgrund gesicherter Befunde und<br />
der Verwendung von Primärdokumenten ist dabei<br />
ARBEITSHILFEN<br />
schwankend. Sie s<strong>in</strong>d von der jeweiligen Ausgangslage<br />
des Objekts e<strong>in</strong>erseits, und von den Präsentationszielen<br />
andererseits geprägt. 6<br />
In der praktischen Denkmalpflege müssen jedoch aufgrund<br />
von Nutzungszwängen wesentlich mehr Kompromisse<br />
mit den „modernen“ Anforderungen an den Bau<br />
h<strong>in</strong>gens Gebäudes. In den Freilichtmuseen wird ganz<br />
offen davon gesprochen, dass die Bauobjekte <strong>in</strong> der<br />
Regel „Präparate“ oder „Modelle im Maßstab 1:1 unter<br />
Verwendung möglichst großer und ungestörter Teile“<br />
s<strong>in</strong>d.<br />
Zweifellos kann das Freilichtmuseum viel von der „Aura<br />
des Orig<strong>in</strong>als“ retten, die im Zuge e<strong>in</strong>er denkmalgerechten<br />
Instandsetzung <strong>in</strong> situ oft stark reduziert werden<br />
muss, aber das „Denkmal vor Ort“ ist nach der Transferierung<br />
nicht mehr existent. Dies ähnelt dem Dilemma der<br />
Bodendenkmalpflege: Die Untersuchung zerstört <strong>in</strong> der<br />
Regel ihren Untersuchungsgegenstand, und es bleiben<br />
Funde, Primärdokumente, die Dokumentation stratigrafischer<br />
Zusammenhänge, letztlich also Fragmente des Orig<strong>in</strong>als<br />
und die mehr oder weniger vollständige „Abschrift<br />
der Urkunde Haus” erhalten. Die <strong>in</strong>s Museum übertragene,<br />
orig<strong>in</strong>ale und oftmals sehr fragile Substanz ist<br />
e<strong>in</strong> musealisiertes Zeitdokument, das der Interpretation<br />
und Aufbereitung bedarf. Es kann wie e<strong>in</strong> aus se<strong>in</strong>em<br />
ursprünglichen Zusammenhang herausgenommenes, <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>er Vitr<strong>in</strong>e ausgestelltes Kulturgut betrachtet werden. 7<br />
Bauobjekte im Freilichtmuseum s<strong>in</strong>d technisch gesehen<br />
komplexe Gefüge aus Primärdokumenten, rekonstruierten<br />
Bauteilen und funktionsbed<strong>in</strong>gten modernen Zusätzen.<br />
Funktionell gesehen s<strong>in</strong>d sie authentische Geschichtszeugnisse,<br />
und zwar <strong>in</strong> diachroner wie <strong>in</strong> synchroner<br />
H<strong>in</strong>sicht. Diachron als Summe der Bauveränderungen,<br />
die zum aktuell sichtbaren Ergebnis geführt<br />
haben, synchron als Darstellung e<strong>in</strong>es bestimmten, als<br />
präsentationswürdig erachteten Zeitschnitts im Gebäude.<br />
Sie s<strong>in</strong>d Forschungs- und Experimentalobjekte, je nach<br />
dem Grad der für die Präsentation benötigten Veränderungen,<br />
Hülle und Schutz für kle<strong>in</strong>teilige Kulturgüter, und<br />
nicht zuletzt Ort der Vermittlung für die Nutzer des Museums,<br />
für die Besucher.<br />
Die Entwicklung der Transferierungskonzepte<br />
<strong>in</strong> bayerischen Freilandmuseen<br />
Die Entwicklung der Übertragungstechniken ist eng verzahnt<br />
mit den Darstellungszielen und ihrer Ausdifferenzierung,<br />
wie sie sich im Zuge des wissenschaftlichen<br />
Diskurses zur Volks- und Alltagskultur entwickelt hat. Der
ARBEITSHILFEN 11<br />
Weg führte vom typologischen Architekturmuseum, also<br />
der Sammlung von landschaftsgebundenen Haustypen<br />
h<strong>in</strong> zum Hausobjekt als Dokument e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>dividuellen sozialen<br />
Geschichte, und schreitet weiter zu den teilweise<br />
äußerst komplexen Rekonstruktionsversuchen von Objekten<br />
mit e<strong>in</strong>er materiell stark reduzierten Quellenlage.<br />
Erschien <strong>in</strong> den Anfängen die Übernahme der konstruktiven<br />
Elemente als ausreichend – vom Fachwerkhaus wurden<br />
lediglich die konstruktiven Hölzer mitgenommen –,<br />
so wurde später – für die differenzierte Darstellung der<br />
Entwicklung von Wohn- und Arbeitssituationen – die<br />
Übertragung der Oberflächen, Putze und Wandbeschichtungen<br />
angestrebt. Inzwischen ist man bei e<strong>in</strong>er experimentellen,<br />
<strong>in</strong> verschiedene Richtungen offenen Handhabung<br />
von Transferierungen angelangt. Dazu gehören<br />
<strong>in</strong>sbesondere jene Transferierungsobjekte, die nicht auf<br />
e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>heitlichen Zeitschnitt oder Darstellungszeitraum<br />
e<strong>in</strong>gerichtet, sondern bei denen zuweilen mehrere, weit<br />
ause<strong>in</strong>anderliegende Zeitschnitte präsentiert werden.<br />
Das Verlassen von sicheren Wegen, und die Versuche,<br />
maximale Authentizität durch die weitgehende Übernahme<br />
auch von vorgeschädigtem Material zu erreichen, s<strong>in</strong>d<br />
als notwendige Experimente anzusehen, um auszuloten,<br />
wo die Grenzen des Machbaren erreicht werden. 8 Es s<strong>in</strong>d<br />
vor allem die evidenten Verfallsersche<strong>in</strong>ungen, die nach<br />
der Tradition der Denkmalpflege <strong>in</strong>tegraler Bestandteil<br />
des Objekts s<strong>in</strong>d. 9<br />
Die Anforderungen an die Übertragung von historischer<br />
Architektur <strong>in</strong>s Museum hat sich zweifellos technischen<br />
und ökonomischen Grenzen genähert; der maximale Anspruch<br />
bestimmt den allgeme<strong>in</strong> angewandten Standard<br />
der Transferierungstechnologie <strong>in</strong> den bayerischen Freilichtmuseen.<br />
In der Praxis liegen <strong>in</strong> jedem der Freilichtmuseen<br />
eigene Erfahrungen mit Transferierungen vor. Es<br />
wurde bislang allerd<strong>in</strong>gs noch nicht ausreichend untersucht,<br />
welche Probleme mit der Bergung des Materials<br />
auf das Museum zukommen, d. h. welche Folgelasten zu<br />
erwarten s<strong>in</strong>d. Kreil<strong>in</strong>ger hat 1988 auf die Adaption von<br />
Merkmalen moderner Bautechnik im Museumsbereich<br />
h<strong>in</strong>gewiesen. 10 Dies bedeutet aber, re<strong>in</strong> technisch gesehen,<br />
nur die Korrektur e<strong>in</strong>er bislang eher unreflektiert<br />
angewandten Methode zur Herstellung größtmöglicher<br />
Authentizität. Die systematische Beschäftigung mit der<br />
historischen Bautechnik wird von Waldemer – allerd<strong>in</strong>gs<br />
<strong>in</strong> Zusammenhang mit neuen Vermittlungsfeldern im Freilichtmuseum<br />
– angemahnt. 11<br />
Die <strong>Museen</strong> profitieren von den eigenen Erfahrungen sowie<br />
von den Entwicklungen <strong>in</strong> der Denkmalpflege <strong>in</strong> den<br />
1980er Jahren, hier <strong>in</strong>sbesondere auf dem Gebiet der<br />
Bauforschung. 12 Die e<strong>in</strong>er Transferierung vorangehende<br />
Schaden durch aufsteigende Nässe an e<strong>in</strong>em Gebäude <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
Freilichtmuseum<br />
Objektdokumentation stellt <strong>in</strong> der Regel alle Informationen<br />
zur Verfügung, die nötig s<strong>in</strong>d, e<strong>in</strong> gültiges Wiederaufbaukonzept<br />
zu entwickeln. Dabei bilden die Ergebnisse<br />
der Bauforschung und Substanzuntersuchung lediglich<br />
den Sockel, auf den das Konzept für die Wiedererrichtung<br />
gestellt werden kann. Neuerd<strong>in</strong>gs geht man immer<br />
mehr dazu über, die Objekte für bestimmte Präsentationsziele<br />
zu <strong>in</strong>strumentalisieren – vielleicht e<strong>in</strong>e notwendige<br />
Korrektur des Ansatzes der illusionär-maximalen<br />
Authentizität. 13<br />
Fachlichen Austausch zwischen den <strong>Museen</strong> gibt es sporadisch,<br />
so beispielsweise anlässlich e<strong>in</strong>er Tagung zur<br />
thermischen Bausanierung. Die Qualität <strong>in</strong> der Transferie-<br />
Schadensbild des echten Hausschwamms, entwickelt rund<br />
10 Jahre nach der Transferierung des Gebäudes <strong>in</strong>s Freilichtmuseum
12<br />
rung von Gebäuden hängt jeweils von der Qualifikation<br />
des jeweiligen Bauhofs bzw. der zugezogenen Fremdfirmen<br />
ab. 14<br />
Nur verhältnismäßig selten und knapp wird <strong>in</strong> Publikationen<br />
auf die Methoden der Transferierungstechnologie<br />
e<strong>in</strong>gegangen. 15 Dies macht deutlich, dass die Übertragungstechnik<br />
als marg<strong>in</strong>al betrachtet und als e<strong>in</strong> Problem<br />
e<strong>in</strong>gestuft wird, das vornehmlich handwerklich zu<br />
lösen ist.<br />
Die vorgefundene Substanz wird vorwiegend vom Blickw<strong>in</strong>kel<br />
der sozialhistorischen Forschung aus als Ort und<br />
Manifestation des Alltagslebens bewertet. Wiederaufbaukonzepte<br />
s<strong>in</strong>d vielfach von der Möglichkeit bestimmt, e<strong>in</strong><br />
geschlossenes Ensemble Haus/ E<strong>in</strong>richtung/ soziales<br />
Umfeld vorstellen zu können. Es ist dem E<strong>in</strong>fluss der Landesstelle<br />
zu verdanken, dass <strong>in</strong> den Freilandmuseen wissenschaftlich<br />
qualifizierte Leiter etabliert wurden und sich<br />
die Methoden der modernen Bauforschung <strong>in</strong> der Denkmalpflege<br />
auch bei Transferierungen durchsetzen. Ältere<br />
Transferierungen s<strong>in</strong>d teilweise so oberflächlich dokumentiert,<br />
dass nur noch das Objekt selbst im Museum zu<br />
beurteilen ist.<br />
Konservierung <strong>in</strong> bayerischen Freilichtmuseen<br />
Für den Betrieb e<strong>in</strong>es Freilichtmuseums s<strong>in</strong>d zwei konservatorische<br />
Ansätze relevant: Inventarschutz und Bautenschutz.<br />
Ersterer profitiert von der Entwicklung, welche<br />
die Technologie der Konservierung von Kulturgütern <strong>in</strong><br />
den letzten 20 Jahren genommen hat, ausgehend von<br />
re<strong>in</strong> handwerklichen Verfahren h<strong>in</strong> zur naturwissenschaftlich<br />
untermauerten Ingenieurdiszipl<strong>in</strong>. 16 Der Bautenschutz<br />
h<strong>in</strong>kt jedoch nach: Das Freilichtmuseum übernimmt se<strong>in</strong><br />
Hauptobjekt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em bestimmten Zustand, wertet die<br />
spezifische Objektgeschichte aus und formuliert aus den<br />
Ergebnissen der Untersuchungen e<strong>in</strong> Wiederaufbaubzw.<br />
Realisierungskonzept. Es werden daher auch die<br />
Resultate des historischen Bauunterhalts und des Verfalls<br />
<strong>in</strong>s Museum übernommen.<br />
Die Konservierungstechnik im Freilichtmuseum steht vor<br />
e<strong>in</strong>em Dilemma: Die dem „normalen“ Stoffkreislauf entzogenen<br />
Substanzen waren <strong>in</strong> situ für e<strong>in</strong>e Lebenszeit vorgesehen,<br />
die sich nach der traditionell zu erwartenden<br />
Haltbarkeit oder dem Zyklus e<strong>in</strong>es von modischen Erwägungen<br />
bestimmten Wartungs<strong>in</strong>tervalls richtete. In älteren<br />
Zeiten wurden Häuser unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit<br />
der e<strong>in</strong>gesetzten wirtschaftlichen Aufwendungen<br />
gebaut. Jede Änderung der wirtschaftlichen und sozialen<br />
Umstände zog umgehend bauliche Veränderungen nach<br />
ARBEITSHILFEN<br />
sich. Vom Standpunkt der Konservierung aus betrachtet<br />
werden somit Substanzen und technische Konglomerate<br />
übernommen, die sich e<strong>in</strong>er dauerhaften Konservierung<br />
nach den Regeln der Technik entziehen bzw. Anforderungen<br />
an die Fertigkeit der Restauratoren stellen, die <strong>in</strong> der<br />
praktischen Denkmalpflege <strong>in</strong> dieser Form nicht anfallen. 17<br />
Die Museumsobjekte stellen daher erhebliche fachliche<br />
Ansprüche an ihre Betreuer. Diesem Umstand wird derzeit<br />
<strong>in</strong> den meisten Freilichtmuseen noch zuwenig Rechnung<br />
getragen: Nur <strong>in</strong> Ausnahmefällen konnte e<strong>in</strong>e feste<br />
Stelle für e<strong>in</strong>en Restaurator e<strong>in</strong>gerichtet werden. Es hat<br />
den Ansche<strong>in</strong>, dass die wenig spektakuläre Arbeit der<br />
Restauratoren bei den politischen Gremien, die letztlich<br />
die Entscheidung über den Stellenplan treffen, nur mit ger<strong>in</strong>ger<br />
Aufmerksamkeit rechnen kann.<br />
Die Geschichte der Freilichtmuseen lässt deutliche Abschnitte<br />
<strong>in</strong> der Entwicklung der Konservierungs- und<br />
Präventionstechnologie erkennen:<br />
–Die erste Periode, die bis <strong>in</strong> die Mitte der 1980er Jahre<br />
reicht, ist geprägt von der nahezu kritiklosen Anwendung<br />
vorbeugenden chemischen Holzschutzes. 18 Zu<br />
dieser Zeit waren Ganzteiltransferierungen selten. Gefacheputze<br />
wurden rekonstruiert, Mauern nach Vorbild<br />
neu errichtet.<br />
– In e<strong>in</strong>em zweiten Schritt, und <strong>in</strong> logischer Folge der Versuche,<br />
ganze Wandteile, Fachwerk wie auch Mauerwerk<br />
zu bergen, wurde unter Verzicht auf vorbeugende<br />
Maßnahmen versucht, auch schwer geschädigte Hölzer<br />
wieder e<strong>in</strong>zubauen, und geschädigtes Mauerwerk<br />
durch geeignete Festigungsmaßnahmen für die Wiederverwendung<br />
zu sichern.<br />
–Der dritte Schritt bedeutet den Abschied von Teilen der<br />
authentischen Bautechnik: Gewarnt durch fatale Schäden<br />
nach dem Wiederaufbau, zählt es heute zum Standard,<br />
<strong>in</strong> nicht sichtbaren Bereichen alle Möglichkeiten<br />
moderner Bautechnik vorzuhalten, beispielsweise gegossene<br />
Fundamentplatten, Unterkellerungen, bei<br />
Streifenfundamenten e<strong>in</strong>e flächige Isolierung des Unterbodens.<br />
Mit der Zunahme von Ganzteiltransferierungen müssen<br />
auch vermehrt orig<strong>in</strong>ale gemauerte und geputzte Orig<strong>in</strong>alflächen<br />
konservatorisch behandelt werden. Während<br />
Abbau, Transport und Zwischenlagerung ist das Transferierungsobjekt<br />
stark gefährdet, nicht nur <strong>in</strong> H<strong>in</strong>blick auf<br />
die mechanische Belastung, sondern vor allem durch die<br />
bis zum Wiedere<strong>in</strong>bau nicht kontrollierbaren kle<strong>in</strong>klimatischen<br />
Verhältnisse.<br />
Die Behandlung dieser Flächen stellt hohe Anforderungen<br />
an die beteiligten Fachleute. In der Denkmalpflege be-
ARBEITSHILFEN 13<br />
Konservierter Schaden nach der Ganzteiltransferierung <strong>in</strong>s Freilichtmuseum<br />
währte Methoden zur Sicherung von Befunden greifen bei<br />
der Umsetzung von ganzen Wänden häufig nicht, da nicht<br />
hochwertige, ehemals handwerklich aufwendige Kunstwerke<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em eng begrenzten Umfang geborgen werden,<br />
sondern meist schlecht erhaltene Reste von Alltagskultur,<br />
deren struktureller Aufbau e<strong>in</strong>e wirkungsvolle Stabilisierung<br />
sehr erschwert. Oft s<strong>in</strong>d es gerade diese labilen Oberflächen<br />
im Verbund mit ihren orig<strong>in</strong>alen Trägern und Konstruktionen,<br />
die den Kern der späteren Präsentation bilden.<br />
Grundsätzlich gilt: Je weniger hochwertig e<strong>in</strong>e Oberfläche<br />
oder Konstruktion ausgeführt ist, desto schwieriger wird<br />
e<strong>in</strong>e konservatorische Behandlung. So ist es ungleich<br />
komplizierter, e<strong>in</strong> <strong>in</strong>homogenes, von Putzflickungen<br />
durchsetztes Tünchpaket von 2 bis 30 und mehr Schichten<br />
auf dem Träger zu halten und zu festigen, als e<strong>in</strong>e<br />
hochwertige, direkt auf den Putz oder e<strong>in</strong>en Schlämmputz<br />
aufgetragene polychrome Malerei. Die daraus resultierenden<br />
hohen Kosten für die Konservierung s<strong>in</strong>d dem<br />
Kostenträger und dem Publikum schwer zu vermitteln.<br />
Häufig geht man daher pragmatisch vor: Nur stabile Substanz,<br />
oder solche, die mit m<strong>in</strong>imalen Sicherungsmethoden<br />
zu halten ist, gelangt <strong>in</strong>s Museum. Erst nach dem<br />
Wiederaufbau beg<strong>in</strong>nt man mit der eigentlichen konservatorischen<br />
Behandlung der tragenden Substanz und der<br />
Oberflächen: Vieles bleibt dabei dem Zufall überlassen.<br />
Seit e<strong>in</strong>igen Jahren wird Energie zur Konservierung e<strong>in</strong>gesetzt:<br />
Der E<strong>in</strong>bau von Temperieranlagen setzt das allgeme<strong>in</strong>e<br />
Energieniveau des Gebäudes gegenüber se<strong>in</strong>er<br />
Umgebung herauf, so dass die Mikrobewitterung bei<br />
Außenklimaschwankungen zum Teil abgepuffert werden<br />
kann. Zwar liegen noch ke<strong>in</strong>e abschließenden und durch<br />
statistisch relevante Langzeitmessungen untermauerte<br />
Untersuchungen zur Wirkungsweise der Temperierung<br />
vor, doch können e<strong>in</strong>ige positive Merkmale schon anhand<br />
bloßer Anschauung und Beobachtung am temperierten<br />
Objekt erkannt werden.<br />
Zweifellos verstehen die Verantwortlichen <strong>in</strong> den Freilichtmuseen<br />
die Pflege der orig<strong>in</strong>alen Bausubstanz als wichtigen<br />
Bestandteil der H<strong>in</strong>tergrundarbeit, die konsequente<br />
Umsetzung von Pflegemaßnahmen muss aber angesichts<br />
der beobachteten Verfallsersche<strong>in</strong>ungen immer<br />
noch als Desiderat angesehen werden. 19<br />
Bestandsreduzierende Faktoren<br />
Nicht nur im Freilichtmuseum wird die Frage der Schädigungsfaktoren<br />
für musealisiertes Kulturgut immer wieder<br />
kontrovers diskutiert. E<strong>in</strong>erseits hat die Öffentlichkeit Anspruch<br />
auf Zugänglichkeit, andererseits resultiert aus der<br />
Nutzung e<strong>in</strong>e Gefährdung für die Substanz.<br />
Die Belastung des Kulturgutes durch se<strong>in</strong>e neue, museale<br />
Nutzung ist bestimmt von gesellschaftlichen Faktoren,<br />
die letztlich von <strong>Seiten</strong> der <strong>in</strong> engem fachlichen Rahmen<br />
operierenden Fachleute kaum zu bee<strong>in</strong>flussen s<strong>in</strong>d. Allzu<br />
häufig wird im Kulturbetrieb die Sicherheit und Intaktheit<br />
von unersetzlichem Kulturgut dem kurzfristigen Showeffekt<br />
geopfert. Die Schäden durch Transport und Klimawechsel<br />
s<strong>in</strong>d Legion, ebenso die Abnutzung durch übermäßige<br />
Besucherfrequenz. Auf der anderen Seite ist der<br />
Besucher des Museums dessen Auftraggeber, der erwarten<br />
kann, angemessen bedient zu werden.<br />
Die übernommene Bausubstanz<br />
Historische Gebäude s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Regel e<strong>in</strong>e Komb<strong>in</strong>ation<br />
aus Substanzen, die sich nur unzureichend vertragen.<br />
Massearme und massereiche Bauteile greifen <strong>in</strong>e<strong>in</strong>ander,<br />
elastische und steife Elemente s<strong>in</strong>d punktuell mite<strong>in</strong>ander<br />
verbunden. Es s<strong>in</strong>d daher <strong>in</strong> der Regel die Kontaktzonen<br />
der Materialien, die der besonderen Aufmerksamkeit bedürfen.<br />
Bei organischen Substanzen, meist Hölzern, spielt neben<br />
schädigenden E<strong>in</strong>flüssen wie beispielsweise unkontrollierter<br />
Feuchtigkeit grundsätzlich die chemische Instabilität<br />
organischer Verb<strong>in</strong>dungen e<strong>in</strong>e Rolle, so dass der Abbau<br />
der Substanz auch bei idealen Umweltbed<strong>in</strong>gungen unaufhaltsam<br />
fortschreitet. 20 Bei Mauerwerk steht der durch<br />
schädigende E<strong>in</strong>flüsse bed<strong>in</strong>gte Abbau der Mörtelb<strong>in</strong>demittel<br />
neben dem Verfall der tragenden Substanz, z. B.<br />
von Sand- oder Gipsste<strong>in</strong>, im Vordergrund. Grundsätzlich<br />
verbessern sich aber historische Mörtel im Laufe der Zeit<br />
durch e<strong>in</strong>e fortschreitende Karbonatisierung.
14<br />
Der neue Standort<br />
Großen E<strong>in</strong>fluss auf den Bestand von Bausubstanz <strong>in</strong> situ<br />
haben neben empf<strong>in</strong>dlichen Baumaterialien die höchst<br />
unterschiedlichen örtlichen klimatischen Verhältnisse. E<strong>in</strong><br />
grober Überblick über die Schadenshäufigkeit <strong>in</strong> bayerischen<br />
Freilichtmuseen und der Vergleich örtlicher Klimabeobachtungen<br />
führten zu dem Ergebnis, dass e<strong>in</strong>e der<br />
Hauptursachen für Defekte grundsätzlich <strong>in</strong> diesen örtlichen<br />
Klimaverhältnissen zu suchen ist. <strong>Museen</strong> an Standorten<br />
mit niedriger Jahresniederschlagsmenge weisen<br />
deutlich weniger Probleme auf als <strong>Museen</strong> mit hoher<br />
durchschnittlicher Luftfeuchtebelastung.<br />
Im Detail kann sich darüber h<strong>in</strong>aus e<strong>in</strong>e Änderung der<br />
Orientierung des Hauses zur Hauptwetterrichtung negativ<br />
auswirken: Bausubstanz, die an ihrem ursprünglichen Ort<br />
relativ gut geschützt war, und deren Konstruktion auch an<br />
diese Klimaverhältnisse angepasst war, leidet unter den<br />
veränderten Bed<strong>in</strong>gungen. Wird die auf die Wetterbelastung<br />
<strong>in</strong> situ angepasste Geometrie des Hauses, d. h. die<br />
Ausrichtung des Giebels, verändert, oder kommt es am<br />
neuen Standort zu e<strong>in</strong>er Hanglage, oder wird <strong>in</strong> der Nähe<br />
von Gehölzen oder <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er hochwassergefährdeten Lage<br />
wiederaufgebaut, entstehen neue, besondere Gefährdungspotentiale.<br />
E<strong>in</strong>drucksvoll s<strong>in</strong>d die Beobachtungen an Häusern, die<br />
aus Niederungen <strong>in</strong> höhere Lagen versetzt wurden, und<br />
die daher mit wesentlich höherem Schneedruck konfrontiert<br />
werden. Hier wird deutlich, was die Veränderung des<br />
Standortes für die Substanz bedeutet. Die Dachkonstruktion<br />
hält der Schneelast nicht stand, und muss deshalb<br />
verstärkt werden, bzw. der Schnee ist im W<strong>in</strong>ter aufwändig<br />
von den Dächern zu entfernen.<br />
Die Betriebsart<br />
Das Auftauchen von echtem Hausschwamm <strong>in</strong> zwei<br />
bayerischen Freilandmuseen während der Bestandsaufnahme<br />
von 1994/95 hat e<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>glich vorgeführt, wie kle<strong>in</strong>e<br />
Versäumnisse bei der Transferierung <strong>in</strong> Komb<strong>in</strong>ation<br />
mit weiteren ungünstigen Faktoren zu e<strong>in</strong>er Explosion von<br />
Bauschäden führen können. Besonders deutlich zeigte<br />
dies e<strong>in</strong> Fall, <strong>in</strong> dem die lange W<strong>in</strong>terpause <strong>in</strong> den Gebäuden<br />
zu idealen Bed<strong>in</strong>gungen für die Ausbreitung von<br />
holzschädigenden Pilzen führte: Die Gebäude waren etwa<br />
vier Monate verschlossen, unbelichtet, zugluftfrei.<br />
Das Material, mit dem sich die Substanzkonservierung zu<br />
beschäftigen hat, lässt sich technisch meist nur schwer<br />
beschreiben, da naturgegeben ke<strong>in</strong>e Normen, kaum<br />
Messdaten und teilweise auch nur unzureichende Kenntnisse<br />
über die historischen Verarbeitungsverfahren vorliegen.<br />
Methoden der Zustandserfassung<br />
ARBEITSHILFEN<br />
Aufgrund der <strong>in</strong>homogenen Objektstruktur, den une<strong>in</strong>heitlichen,<br />
teilweise divergenten Rahmenbed<strong>in</strong>gungen, <strong>in</strong><br />
welche die Objekte e<strong>in</strong>gefügt s<strong>in</strong>d, ist es zunächst<br />
schwierig, e<strong>in</strong>en Ansatz zu f<strong>in</strong>den, um die Fülle der Objekte<br />
effektiv erfassen und bewerten zu können. Aus<br />
leicht verständlichen Gründen scheuen sich die musealen<br />
E<strong>in</strong>richtungen, sich ernsthaft mit e<strong>in</strong>er Abschätzung der<br />
Folgekosten der Investitionen zu beschäftigen. Pflegemaßnahmen<br />
s<strong>in</strong>d unspektakulär und stehen <strong>in</strong> ihrer öffentlichen<br />
Wirksamkeit weit h<strong>in</strong>ter Neuproduktionen<br />
zurück. 21 Dennoch wird man nicht umh<strong>in</strong> können, e<strong>in</strong>e<br />
systematische Methodik für die Pflege des Bestandes zu<br />
entwickeln, um bösen Überraschungen vorbeugen zu<br />
können und die Kosten für die Bestandskonservierung im<br />
Rahmen zu halten.<br />
Die <strong>in</strong>s Museum übernommenen Objekte müssen als gegebene<br />
Größe angesehen werden. Herkunftsbed<strong>in</strong>gungen<br />
oder Eigenarten des ursprünglichen Standortes spielen<br />
weiter ke<strong>in</strong>e Rolle mehr – der Grad der Vorschädigung<br />
ist technisch dem Interesse des Erhalts des Geschichtszeugnisses<br />
unterzuordnen.<br />
Als Konstanten können die allgeme<strong>in</strong>en Klimadaten des<br />
Museumsstandortes, objektspezifische Eigenheiten wie<br />
Bautechnik, Ausrichtung im Gelände, Untergrund, usw.<br />
gelten. Variablen s<strong>in</strong>d die vom Museum selbst bestimmten<br />
Gegebenheiten, die Betriebsart des jeweiligen<br />
Museums und besonders die Wiederaufbaukonzeption,<br />
die sich <strong>in</strong> sehr unterschiedlicher Weise auf den Bestand<br />
von Orig<strong>in</strong>alsubstanz auswirken kann.<br />
Freilichtmuseumsobjekte s<strong>in</strong>d pr<strong>in</strong>zipiell nicht vergleichbar<br />
mit sonstigen Bauobjekten im öffentlichen Raum. Die<br />
Risiken e<strong>in</strong>er Transferierung können auch nicht mit substanzerhaltenden<br />
Maßnahmen der praktischen Denkmalpflege<br />
verglichen werden: Die Objekte s<strong>in</strong>d nach der<br />
Transferierung ke<strong>in</strong>e eigentlichen Denkmäler mehr. Sie<br />
s<strong>in</strong>d musealisierte Präparate mit e<strong>in</strong>em sehr spezifischen<br />
Dase<strong>in</strong>szweck, und haben e<strong>in</strong>en speziellen didaktischen<br />
Auftrag, <strong>in</strong> dessen Wahrnehmung weiterer Verschleiß <strong>in</strong><br />
Kauf genommen werden muss.<br />
Museumshäuser bestehen zu e<strong>in</strong>em Teil aus authentischer,<br />
zum anderen Teil aus rekonstruierter Substanz.<br />
Beide unterliegen der Notwendigkeit des Bauunterhalts.<br />
Es bestehen aber im Ansatz der Pflegemaßnahmen<br />
grundsätzliche technische Unterschiede: Primärdokumente<br />
unterliegen den strengen Anforderungen der Restaurierung,<br />
rekonstruierte Teile dagegen können bautechnisch<br />
konventionell behandelt werden.
ARBEITSHILFEN 15<br />
Beispiel e<strong>in</strong>es Bogens zur<br />
Schadenserfassung
16<br />
Fotografische Dokumentationen von Schadensstellen ...<br />
Das Freilichtmuseum ist e<strong>in</strong> öffentlicher Ort; somit greifen<br />
pr<strong>in</strong>zipiell alle Bestimmungen für die Sicherheit <strong>in</strong> öffentlichen<br />
Bauten. Abweichungen (z. B. Abweichungen von<br />
den Normen bei der Tragfähigkeit oder bei Baudetails wie<br />
Treppen) werden <strong>in</strong> der Regel über Ausnahmegenehmigungen<br />
seitens der kommunalen Haftpflicht abgedeckt.<br />
Alle Fragen der Bausicherheit haben damit ersten Rang<br />
und müssen aufgrund der geltenden Rechtslage vordr<strong>in</strong>glich<br />
behandelt werden.<br />
Wie für Museumsgut allgeme<strong>in</strong> üblich ist e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>ventarisierende<br />
Erfassung auch für Architekturobjekte notwendig.<br />
Dabei hat im H<strong>in</strong>blick auf die Pflege der Gebäude die<br />
technische Seite den Vorrang. Die Erfassung besteht<br />
zunächst aus der Ermittlung der allgeme<strong>in</strong>en Grundlagen<br />
(Aufmaß, Baumassen, Material).<br />
Die <strong>in</strong> <strong>Museen</strong> historischer Kulturgüter längst übliche<br />
kont<strong>in</strong>uierliche Messung und Aufzeichnung der <strong>in</strong>nenklimatischen<br />
Verhältnisse stößt bei Freilichtmuseen auf<br />
Grenzen: Es macht beispielsweise wenig S<strong>in</strong>n, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
mit dem Außenklima verbundenen Raum (Scheune,<br />
Schupfe, Stall) Messungen durchzuführen. Hier genügt<br />
die Aufbereitung der örtlichen allgeme<strong>in</strong>en Klimadaten,<br />
um das Gefährdungspotential herauszuarbeiten.<br />
Die Betriebsart des Museums, also die Jahresöffnungszeiten,<br />
wirken sich vor allem beim Innenklima von Gebäuden<br />
aus, und sollten zum<strong>in</strong>dest exemplarisch erfasst<br />
werden. Die Besucherfrequenz bildet e<strong>in</strong>en bedeutenden<br />
E<strong>in</strong>flussfaktor, hauptsächlich die mechanische Abnutzung<br />
der Substanz.<br />
Wenn die Rahmendaten vorliegen, kann mit der Erfassung<br />
der Ursachen und Auswirkungen der schädigenden<br />
ARBEITSHILFEN<br />
E<strong>in</strong>flüsse begonnen werden. Die bautechnische Beschreibung<br />
sowie die Ergebnisse der bauhistorischen Untersuchungen<br />
können <strong>in</strong> der Regel als vorhanden vorausgesetzt<br />
werden. Ältere Gebäudebestände <strong>in</strong> Freilichtmuseen<br />
s<strong>in</strong>d zuweilen allerd<strong>in</strong>gs schlecht dokumentiert.<br />
Für die weitere, systematische Beobachtung der Gebäude<br />
kann e<strong>in</strong> Instrumentarium geschaffen werden, das die<br />
detaillierte Aufzeichnung der Auswirkungen der schädigenden<br />
E<strong>in</strong>flüsse erlaubt.<br />
Die <strong>in</strong>formelle Zustandserfassung<br />
Angesichts der Fülle der Objekte wurde als erster Ansatz<br />
e<strong>in</strong>e Zustandserfassung an ausgewählten Objekten <strong>in</strong><br />
den bayerischen Freilichtmuseen angestrebt. Die Testphase<br />
(1994-99) wurde mit der teilweisen Aufnahme von<br />
75 Gebäuden 22 durchgeführt. Zur Erfassung der Objekte<br />
wurden Formulare ausgearbeitet, mit denen e<strong>in</strong>e möglichst<br />
weitgehende systematisch-technische Aufnahme<br />
der Gebäudesubstanz vorgenommen werden kann. Um<br />
die meist <strong>in</strong>homogene Baustruktur adäquat erfassen zu<br />
können, wurden die Räume e<strong>in</strong>zeln bearbeitet.<br />
Zu den Eckdaten e<strong>in</strong>es jeden Gebäudes gehörten die Informationen<br />
über den Bestand an Dokumenten über die<br />
der Transferierung vorgeschalteten Untersuchungen, die<br />
technische Ausstattung vor Ort und die Betriebsweise<br />
des Objekts. Für e<strong>in</strong>e langfristige Beurteilung waren E<strong>in</strong>tragungen<br />
zu den Energiekosten und die bekannten Kosten<br />
des Bauunterhalts vorgesehen. Weitere Objektdaten,<br />
wie Ab- und Wiederaufbaudatum, konnten aus den Museumsakten<br />
entnommen werden. Zunächst wurde an<br />
e<strong>in</strong>e Auswertung der Ergebnisse über e<strong>in</strong>e Datenbank gedacht,<br />
um die Schäden statistisch erfassen zu können.<br />
Dieser Ansatz hat sich als nicht umsetzbar erwiesen, da<br />
dieses Verfahren für die Praxis der Umsetzung e<strong>in</strong>es Bauunterhalts<br />
zu abstrakt ist.<br />
Die Ersterfassung von Schäden an den erwähnten 75 Objekten<br />
ließ bereits <strong>in</strong> dieser Phase e<strong>in</strong>e Reihe von „Standardproblemen“<br />
erkennen. Daneben s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e Fülle von<br />
Detailproblemen aufgefallen, die durchwegs e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>dividuellen<br />
Diskussion bedürfen und durch e<strong>in</strong>e generalisierenden<br />
Behandlungsmethode nicht zu beheben s<strong>in</strong>d. Auch<br />
hat die erste, noch oberflächliche Betrachtung e<strong>in</strong>e derartige<br />
Defektfülle gezeigt, dass neben der konsequenten<br />
Durchführung der beschreibenden Erfassung bestimmte<br />
Schäden auch fotografisch dokumentiert werden müssen.<br />
Nicht erfasst wurde <strong>in</strong> dieser ersten Bestandsaufnahme<br />
e<strong>in</strong>e Unterscheidung zwischen ganzteiltransferierten, teilrekonstruierten<br />
und vollrekonstruierten Bauteilen.<br />
Bei der Auswertung der ersten Generation von Erhebungsbögen<br />
hat sich gezeigt, dass es für die Fortführung
ARBEITSHILFEN 17<br />
der Arbeit günstig ist, die Bestandsdaten der Häuser, d. h.<br />
e<strong>in</strong>e systematische Beschreibung anhand der im Museum<br />
vorliegenden Grundrisse, ggf. auch Schnitte und Ansichten,<br />
herzustellen. Die Schadensbefunde und die Kartierung<br />
der Bauunterhaltsmaßnahmen wurden als Folien<br />
über die Bestandspläne gelegt. Diese Anordnung erlaubt<br />
e<strong>in</strong>e schnelle optische Kontrolle der Entwicklung, und<br />
e<strong>in</strong>e vollständige Dokumentation der erfassten Vorgänge.<br />
Ziel des Erhebungsbogens ist es, e<strong>in</strong>e Plattform für e<strong>in</strong>e<br />
rationelle, schnelle Kontrolle über e<strong>in</strong>en langen Zeitraum<br />
der Bausubstanz zu schaffen. Am Ende stünde e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>heitliches,<br />
für alle Freilichtmuseen nutzbares, und vor allem<br />
auch e<strong>in</strong> nach e<strong>in</strong>heitlichen Pr<strong>in</strong>zipien aufgebautes System<br />
zur Überwachung der Gebäude zur Verfügung. Dies ist vor<br />
allem nötig, um Maßnahmen wie den E<strong>in</strong>bau von Temperieranlagen<br />
im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er Kosten-Nutzenanalyse überprüfen<br />
zu können, aber auch, um die Nachhaltigkeit von Konservierungen<br />
kontrollieren zu können. E<strong>in</strong> weiterer Effekt ist<br />
die Feststellung von Bauunterhaltsaufwendungen für das<br />
e<strong>in</strong>zelne Objekt, sowie die Möglichkeit, Tendenzen <strong>in</strong> der<br />
Schadensentwicklung zu erkennen.<br />
Screen<strong>in</strong>g<br />
Der S<strong>in</strong>n e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>tensiveren, über Jahre fortschreibbaren<br />
Bestandserfassung hat sich aus der Auswertung der ersten<br />
Kampagne deutlich abgezeichnet. Die Beschreibung<br />
der Bausubstanz ist nebensächlich, da sie sich aus der<br />
Beschreibung der auftretenden Schäden von selbst ergibt.<br />
Schadensfreie Zonen müssen nicht vermerkt werden.<br />
Die Kartierung soll langfristig vorwiegend diesen Aufgaben<br />
dienen:<br />
–Beobachtung der Entwicklung von Schäden, die nicht<br />
sofort behoben werden können oder sollen;<br />
–Beobachtung von wiederkehrenden Schäden nach e<strong>in</strong>er<br />
Reparatur;<br />
–Dokumentation der Reduktion orig<strong>in</strong>aler Substanz;<br />
– Bewertung der Schäden und Anlage e<strong>in</strong>er Dr<strong>in</strong>glichkeitsliste<br />
für die Behebung festgestellter Schäden;<br />
–Ermittlung der Schadensursache und ggf. Veränderung<br />
der Umgebungsparameter.<br />
Hilfreich für die Entwicklung der Kartierungsmethode s<strong>in</strong>d<br />
Erfahrungen aus dem Bereich der Bauforschung und<br />
Restaurierung <strong>in</strong> der praktischen Denkmalpflege, besonders<br />
auf dem Gebiet der Ste<strong>in</strong>restaurierung. 23 Seit etwa<br />
1987 wird an Modellen gearbeitet, wie Schäden und<br />
Maßnahmen an Naturwerkste<strong>in</strong>fassaden dokumentiert<br />
und die Erkenntnisse <strong>in</strong> Maßnahmenkataloge überführt<br />
werden können. Modelle für e<strong>in</strong>e Schadenserfassung<br />
stellen <strong>in</strong>sbesondere die komplexen Kartierungssysteme<br />
bei Ste<strong>in</strong>schäden dar. Dies ist besonders aus der Inten-<br />
...ergänzen die Erfassungsbögen<br />
sität erklärlich, mit der angesichts der immensen Schäden<br />
an Naturste<strong>in</strong> nach Möglichkeiten geforscht wird,<br />
den Zerfall aufzuhalten. Allerd<strong>in</strong>gs ist die Bausubstanz im<br />
Freilichtmuseum wesentlich komplexer, da fast immer<br />
Materialkomb<strong>in</strong>ationen vorliegen. Auf der anderen Seite<br />
muss nur <strong>in</strong> Teilbereichen e<strong>in</strong>e Schadensdifferenzierung<br />
vorgenommen werden, wie sie bei typischen Ste<strong>in</strong>problemen<br />
zu bewältigen ist. 24<br />
Was auf den ersten Blick als außerordentlich aufwendig anmutet,<br />
lässt sich mit Hilfe der modernen Technik nach der<br />
Erfassung der Basisdaten relativ rasch und mit hoher Genauigkeit<br />
bewältigen. Als Basisdaten gelten die Wiederaufbaupläne,<br />
die im orig<strong>in</strong>alen Maßstab <strong>in</strong> die EDV übernommen<br />
werden. Für die Kartierung s<strong>in</strong>d allerd<strong>in</strong>gs nur vektorisierte<br />
Umsetzungen der Pläne <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em geeigneten Maßstab<br />
(1:100, ggf. 1:200) geeignet. Messbildaufnahmen bilden<br />
e<strong>in</strong>e Alternative, s<strong>in</strong>d aber <strong>in</strong> der Regel nicht vorhanden.<br />
Die Erfassung muss anwenderorientiert erfolgen, d. h. die<br />
Kartierung muss leicht herstell- und lesbar se<strong>in</strong>. Die Darstellung<br />
kann daher nicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e zeichnerische Erfassung<br />
mit langtextlicher Beschriftung oder Legende münden,<br />
wie sie bei Vorbereitungen von Restaurierungen <strong>in</strong> situ<br />
angewendet wird. 25 Die Schadensausdehnung und das<br />
geschädigte Material werden mit spezifischen Schraffuren,<br />
die Schadenursache mit zugeordneten, assoziativen<br />
Symbolen gekennzeichnet.<br />
Neben der E<strong>in</strong>tragung von Flächen- und Punktbefunden<br />
samt den zugehörigen Ursachen <strong>in</strong> die Planungsunterlagen<br />
kann die fotografische Dokumentation hilfreich se<strong>in</strong>,<br />
vor allem <strong>in</strong> Bereichen, <strong>in</strong> denen Veränderungen an den<br />
Oberflächen von Malereien festgestellt wurden. Auch hier<br />
stellt die moderne Technik mit der digitalen Fotografie e<strong>in</strong>
18<br />
effizientes Werkzeug zur Verfügung, große Datenmengen<br />
schnell bearbeiten und weitergeben zu können. 26<br />
Die Schadenshäufigkeit und die flächige Ausdehnung<br />
e<strong>in</strong>es Schadenstyps können statistisch erfasst und ausgewertet<br />
werden. Die Daten werden bei Bedarf ausgedruckt,<br />
beispielsweise als Arbeitsanweisung für den Bautrupp<br />
oder die Restauratoren. Sie s<strong>in</strong>d beliebig kopierbar<br />
und somit allgeme<strong>in</strong> verfügbar. Damit ist e<strong>in</strong> größtmöglicher<br />
Austausch von Informationen über den Bestand der<br />
Objekte e<strong>in</strong>es Freilandmuseums möglich:<br />
–Die Objekte werden exakt publiziert.<br />
– In der Grundlagendatei werden die grundlegenden Gebäudedaten<br />
gespeichert.<br />
–Die Objekte werden bezüglich ihres Zustandes <strong>in</strong> festgelegtem<br />
Rhythmus überprüft und auf aktuellem Stand<br />
gehalten. Dabei werden gleichzeitig auch die Dokumentation<br />
und der Datenbestand gepflegt.<br />
–Veränderungen s<strong>in</strong>d jederzeit nachvollziehbar.<br />
–Die Transparenz e<strong>in</strong>er Maßnahme ist zu jedem Zeitpunkt<br />
gewährleistet.<br />
Die Erfassung der Grundlagen könnte <strong>in</strong> Zusammenarbeit<br />
mit Hochschule<strong>in</strong>richtungen erfolgen, die mit historischer<br />
Bausubstanz beschäftigt s<strong>in</strong>d. Denkbar ist die E<strong>in</strong>arbeitung<br />
der Plandaten durch Architektur- und Bau<strong>in</strong>genieurstudenten<br />
im Rahmen von Praktika oder von Lehrveranstaltungen<br />
über historische Bautechnik. Die Betreuung<br />
dieser Arbeiten müsste allerd<strong>in</strong>gs nach e<strong>in</strong>heitlichen<br />
Kriterien erfolgen und entsprechend kontrolliert werden,<br />
um die technische E<strong>in</strong>heitlichkeit zu gewährleisten.<br />
Die Kartierung muss nicht sofort und flächendeckend<br />
durchgeführt werden, sondern kann optional an die aktuellen<br />
Bedürfnisse angepasst werden: Begonnen wird mit<br />
den „Sorgenk<strong>in</strong>dern“ des Museums, also besonders gefährdeten<br />
oder geschädigten Objekten. Priorität haben<br />
schwere Schäden, wie aktiver Schädl<strong>in</strong>gsbefall oder statische<br />
Setzungen mit progressiver Tendenz. Allerd<strong>in</strong>gs<br />
sollte angestrebt werden, alle Objekte e<strong>in</strong>es Museums<br />
mittelfristig, d. h. <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Zeitraum von ca. 2 Jahren, zu<br />
erfassen, um e<strong>in</strong>en Überblick über den tatsächlichen<br />
Bauunterhaltsbedarf zu gew<strong>in</strong>nen.<br />
Im Idealfall – und der wäre bei der Übertragung von neuen<br />
Objekten durchaus erreichbar – müssten schon mit<br />
Voruntersuchungen die Daten, die für die spätere Pflege<br />
nötig s<strong>in</strong>d, vor dem Abbau erarbeitet werden. Das Raumbuch<br />
könnte dann von Beg<strong>in</strong>n an als Grundlage für die<br />
spätere Gebäudepflege angelegt werden.<br />
Die technischen E<strong>in</strong>richtungen, die zur Herstellung des<br />
Gebäudescann<strong>in</strong>gs nötig s<strong>in</strong>d, dürften <strong>in</strong> so gut wie<br />
ARBEITSHILFEN<br />
jedem Museum verfügbar se<strong>in</strong>: Als Basis e<strong>in</strong> leistungsfähiger<br />
PC, für den Außenbereich e<strong>in</strong> Laptop. Die zur Verfügung<br />
stehende Software ist mittlerweile so billig, dass<br />
ihre Anschaffung kaum e<strong>in</strong> Problem darstellt. 27<br />
Weitere Untersuchungsmethoden für die Bestandskontrolle<br />
Die Ergebnisse der Sichtkontrolle und die Aufzeichnung<br />
von Schadensbildern geben H<strong>in</strong>weise auf e<strong>in</strong>en erweiterten<br />
Untersuchungsbedarf. Dieser ist stets bei gravierenden<br />
Schäden am statischen Gefüge gegeben, die durch<br />
Umlastungen zu Deformationen und Verlusten an der<br />
Oberfläche führen. Beispielsweise verändert e<strong>in</strong>e Schädigung<br />
von Schwelle oder Pfosten die Lastabtragung und<br />
verlagert diese vom Pfosten auf die Gefachefüllung. Bei<br />
Fachwerken ist das erste Symptom hierfür das Abwerfen<br />
von Verputzen. Auch bei Blockbauten ist e<strong>in</strong>e Querschnittsm<strong>in</strong>derung<br />
e<strong>in</strong>er Schwelle u. U. verantwortlich für<br />
den Verlust von Putzoberflächen. Bei Mauerwerk s<strong>in</strong>d es<br />
neben Defekten wie Auffrieren durch ungenügenden Bautenschutz<br />
oder mangelnden Bauunterhalt <strong>in</strong>sbesondere<br />
aufsteigende Salze, die zur Zermürbung der Substanz<br />
führen.<br />
Wenn diese Schäden aufgrund des Transferierungskonzeptes<br />
vom orig<strong>in</strong>alen Standort mit <strong>in</strong>s Museum übertragen<br />
und somit bewusst <strong>in</strong> Kauf genommen wurden, müssen<br />
sie <strong>in</strong> ihrer Entwicklung beobachtet und registriert<br />
werden. Nur dann kann bei maximaler Wahrung der Authentizität<br />
rechtzeitig, vor e<strong>in</strong>em entgültigen Zerfall, konservierend<br />
e<strong>in</strong>gegriffen werden.<br />
•Elektronische Bewegungsmessung<br />
Für die Kontrolle der Bewegung e<strong>in</strong>es Gebäudes stellt<br />
die elektronische Bewegungsmessung e<strong>in</strong> äußerst wirkungsvolles<br />
Instrument dar, das bereits vor e<strong>in</strong>er mit<br />
dem bloßen Auge erkennbaren Formveränderung Setzungen<br />
im Bereich von Millimetern und die Tendenz<br />
der Bewegung darstellen kann. Diese Messungen werden<br />
im allgeme<strong>in</strong>en bautechnischen Bereich zur Untersuchung<br />
von Gebäudesetzungen im Neubaubereich,<br />
bei gefährdeten Felsformationen und bei der Erhaltung<br />
von Burgru<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>gesetzt. 28 An den Untersuchungsobjekten<br />
werden sehr kle<strong>in</strong>e, dauerhaft angebrachte<br />
Messpunkte montiert und von festgelegten Bezugspunkten<br />
aus dreidimensional e<strong>in</strong>gemessen. Das Verfahren<br />
ermöglicht e<strong>in</strong>e turnusmäßige Kontrolle der Geometrie,<br />
und damit e<strong>in</strong> Frühwarnsystem für statische Veränderungen.<br />
• Bohrwiderstandmessung an Holz (Resistografie)<br />
Bei Verdacht auf Schäden der statisch relevanten<br />
Bauhölzer kann die Bohrwiderstandsmessung e<strong>in</strong>gesetzt
ARBEITSHILFEN 19<br />
werden, die weniger die Veränderungen, als den konkret<br />
erreichten Zustand des Bauholzes darstellt. Aufgrund der<br />
– wenn auch ger<strong>in</strong>gen – Beschädigung durch den Messvorgang<br />
sollte diese Methode nur dort e<strong>in</strong>gesetzt werden,<br />
wo der Verdacht aufgrund zerstörungsfreier Methoden erhärtet<br />
ist.<br />
Die Resistografie wurde zunächst zur Kontrolle von lebendem<br />
Holz, z. B. bei Alleebäumen, angewendet, ist jedoch<br />
auch zur Untersuchung von Totholz, also verbautem<br />
Holz geeignet. Seit ca. 1995 wird die Methode bei der<br />
Schadenskartierung historischer Holzbauten e<strong>in</strong>gesetzt. 29<br />
Mittels e<strong>in</strong>er 40 cm langen und nur 3 mm starken Bohrnadel<br />
wird mit gleichmäßigem Vortrieb <strong>in</strong> das Untersuchungsobjekt<br />
e<strong>in</strong>gebohrt. Dabei ermittelt e<strong>in</strong> Sensor<br />
den Torsionswiderstand und gibt diese Daten an das Aufzeichnungsgerät<br />
weiter. Das Ergebnis ist e<strong>in</strong> Oszillogramm,<br />
das die Holzfestigkeit darstellt. Bei hochauflösenden<br />
Geräten kann die Darstellung bis zur Wiedergabe<br />
e<strong>in</strong>zelner Jahresr<strong>in</strong>ge gehen.<br />
Mit dieser Methode wird der <strong>in</strong>nere Zustand des Holzes<br />
im Bereich der Sondage aufgezeichnet. Die Interpretation<br />
der Messkurven erfordert Erfahrung und bedarf unbed<strong>in</strong>gt<br />
begleitender Beobachtungen: Es kann von e<strong>in</strong>er<br />
Messung nicht ohne weiteres auf den Zustand des gesamten<br />
Holzteiles geschlossen werden. Die Messungen<br />
müssen daher an den kritischen Punkten angesetzt werden,<br />
z. B. an e<strong>in</strong>gemauerten Balkenköpfen, also an den<br />
Bereichen, die für Bauschäden anfällig s<strong>in</strong>d. Offensichtliche<br />
Schäden, Insektenbefall, Pilzbefall, Fäulnis oder mechanische<br />
Beschädigung s<strong>in</strong>d zu beachten.<br />
Die Messungen dienen <strong>in</strong> den Bereichen, die offensichtlich<br />
geschädigt s<strong>in</strong>d, dem Nachweis des statisch wirksamen<br />
Restquerschnittes, und damit als Entscheidungshilfe<br />
für die Methode der Instandsetzung im betroffenen<br />
Bereich. Gravierende Schäden können e<strong>in</strong>gegrenzt und<br />
damit bereits im Vorfeld e<strong>in</strong>er Reparatur die Ausdehnung<br />
des Substanzverlustes auf das Nötigste e<strong>in</strong>geschränkt<br />
werden.<br />
• Physikalische und chemische Untersuchungen an anorganischer<br />
Gebäudesubstanz<br />
Nichtorganische Substanzen, also Geste<strong>in</strong>, Sand und<br />
Mörtel, weisen unter günstigen Umgebungsbed<strong>in</strong>gungen<br />
kaum Verfallsersche<strong>in</strong>ungen auf, jedoch können Innenund<br />
Außenbewitterung dazu führen, was vorwiegend auf<br />
dem Abbau von chemischen B<strong>in</strong>dungen, aber auch mechanischen<br />
E<strong>in</strong>flüssen beruht. Die Ergebnisse dieses Verfalls<br />
lassen sich durch chemisch-physikalische Methoden<br />
nachweisen, die den Zerfall der B<strong>in</strong>demittel von Oberflächen<br />
und der Kernsubstanz dokumentieren.<br />
In diesem Problemfeld bilden die durch Ganzteiltransferierungen<br />
<strong>in</strong>s Museum übertragenen Vorschädigungen<br />
durch bauschädliche Salze den umfangreichsten Komplex.<br />
Besonders bei drohenden Verlusten an orig<strong>in</strong>alen<br />
Oberflächen (Malerei) ist e<strong>in</strong>e genaue Ursachenermittlung<br />
angezeigt. 30 Für die Untersuchung dieser Probleme, aber<br />
auch für die Untersuchung von Pigmenten bieten sich<br />
heute die Infrarotspektrografie oder die Endiffraktogrammie<br />
an.<br />
Anmerkungen<br />
Sebastian Roser<br />
1 Gemäß der Kriterien, wie sie <strong>in</strong>: Zippelius, Adelhart: Freilichtmuseen<br />
<strong>in</strong> Deutschland (= HB Bildatlas Spezial 6), Hamburg<br />
1982 beschrieben werden. Daneben existieren E<strong>in</strong>richtungen,<br />
wie das privat betriebene Museumsdorf Bayerischer Wald <strong>in</strong><br />
Tittl<strong>in</strong>g, die jedoch nicht <strong>in</strong> diese Untersuchung e<strong>in</strong>bezogen<br />
werden konnten.<br />
2Kreil<strong>in</strong>ger, Kilian: Die Situation der Freilichtmuseen heute, <strong>in</strong>:<br />
Arbeitstagung Freilichtmuseen (= Freundeskreis Freilichtmuseum<br />
Südbayern, Schriftenreihe Heft 13/1997), S. 8<br />
3Kreil<strong>in</strong>ger, Kilian: Raumklima im Freilichtmuseum. Klimastabilisierende<br />
Maßnahmen. Internationales Symposium im Freilichtmuseum<br />
des Bezirks Oberbayern an der Glentleiten<br />
5.5.1988, Großweil 1989, S. 6-11<br />
4Kreil<strong>in</strong>ger, Kilian: Bewahren – Unmöglich? <strong>in</strong>: Museum heute<br />
7/1994, S. 9-28<br />
5 Köck, Christoph: Materialität als Programm. Zur wissenschaftlichen<br />
Kooperation von Freilichtmuseum und Volkskunde,<br />
<strong>in</strong>: Arbeitstagung Freilichtmuseen (= Freundeskreis Freilichtmuseum<br />
Südbayern, Schriftenreihe Heft 13/1997),<br />
S.25 ff. Die universitäre Volkskunde hat <strong>in</strong> rascher Folge neue<br />
Ideen im Umgang mit der Museumsform Freilichtmuseum<br />
produziert, die nicht ganz ohne Auswirkung auf den Umgang<br />
mit der materiellen Substanz dieser <strong>Museen</strong> geblieben s<strong>in</strong>d.<br />
Die Geschw<strong>in</strong>digkeit der Ideenproduktion der Volkskunde als<br />
Wissenschaft hängt teilweise mit der Notwendigkeit zusammen,<br />
„aktuell“ bleiben zu müssen, um nicht als entbehrliches<br />
Orchideenfach abgedrängt zu werden.<br />
6 vgl. Ahrens, Claus: Wiederaufgebaute Vorzeit. Archäologische<br />
Freilichtmuseen <strong>in</strong> Europa, Neumünster 1990, S. 22 ff.<br />
7 vgl. Köck (wie Anm. 5), hier S. 26<br />
8 Oberflächlich mag der Ärger über Nachsanierungsbedarf verständlich<br />
se<strong>in</strong>. Bei genauerem H<strong>in</strong>sehen s<strong>in</strong>d mißlungene<br />
Versuche jedoch differenzierter zu bewerten, als es <strong>in</strong> der Hitze<br />
des von persönlichen Ause<strong>in</strong>andersetzungen geprägten<br />
Konzeptwechsels geschieht. Heimrath, Ralf: Die Aufgaben
20<br />
e<strong>in</strong>es Freilandmuseums am Beispiel Neusath-Perschen, <strong>in</strong>:<br />
Mitteilungen des Oberpfälzischen Bauernhofmuseums<br />
29/1995, S. 11 f.: „Das Ergebnis für heute ist niederschmetternd.<br />
Wir haben teilweise Gebäude, bei denen das Obergeschoß<br />
wegen E<strong>in</strong>sturzgefahr gesperrt werden mußte, aber<br />
nicht, weil die Besucher zu sehr herumgetrampelt waren,<br />
sondern weil man e<strong>in</strong>e geschädigte Bausubstanz und e<strong>in</strong>e<br />
durch früher fehlerhaft durchgeführte Umbaumaßnahmen <strong>in</strong>stabil<br />
gewordene Baukonstruktion authentisch übernommen<br />
hat. Hier ist der Perfektionist <strong>in</strong> Verkennung der Gefahren<br />
über das museale Ziel h<strong>in</strong>ausgeschossen.“<br />
9 Denecke, Dietrich/ Daxelmüller, Christoph: Kontroversen um<br />
die Konzeption und kulturelle Aufgabe von Freilichtmuseen.<br />
Das Beispiel: Oberpfälzer Freilandmuseum (= Heimat Nabburg,<br />
15/1994), S. 61. Den Alterungsprozess der orig<strong>in</strong>alen<br />
Bausubstanz und Schäden am Exponatgebäude gänzlich<br />
aufzuhalten, ist ke<strong>in</strong>em Freilichtmuseum möglich; es ist bis<br />
zu e<strong>in</strong>em bestimmten Stadium auch aus didaktischen Überlegungen<br />
bei der Vermittlung von Architekturgeschichte nicht<br />
erwünscht.<br />
10 Kreil<strong>in</strong>ger, wie Anm. 3<br />
11 Waldemer, Georg: Wie man früher baute – E<strong>in</strong> Ausstellungsdefizit<br />
im Freilichtmuseum? <strong>in</strong>: Arbeitstagung Freilichtmuseen<br />
(= Freundeskreis Freilichtmuseum Südbayern, Schriftenreihe<br />
Heft 13/1997), S. 52-64<br />
12 Der Versuch, Bautechnik <strong>in</strong> historischem Bestand als Ingenieursstudiengang<br />
durch die E<strong>in</strong>richtung e<strong>in</strong>es Lehrstuhls an<br />
der FH <strong>in</strong> Potsdam zu verankern, kann als gescheitert betrachtet<br />
werden. Noch im Zuge des Berufungsverfahrens<br />
wurde e<strong>in</strong> Umwidmung <strong>in</strong> Richtung Restaurator für Wandmalerei<br />
vorgenommen.<br />
13 Kreil<strong>in</strong>ger (wie Anm. 2), S. 9: „Obwohl ... oft jüngere Zeitstellungen<br />
bevorzugt oder mehrere Zeitstellungen herausgearbeitet<br />
wurden, so scheute man sich <strong>in</strong> E<strong>in</strong>zelfällen dennoch<br />
nicht, mit Hilfe wissenschaftlich fundierter Rekonstruktionen<br />
auch früheste Zeitphasen zu repräsentieren.“<br />
14 Kreil<strong>in</strong>ger, wie Anm. 2<br />
15 z. B. Bedal, Konrad/Heidrich, Hermann: Bauernhäuser aus<br />
dem Mittelalter. E<strong>in</strong> Handbuch zur Baugruppe Mittelalter im<br />
Fränkischen Freilandmuseum <strong>in</strong> Bad W<strong>in</strong>dsheim (= Schriften<br />
und Kataloge des Fränk. Freilandmuseums Bad W<strong>in</strong>dsheim<br />
28), Bad W<strong>in</strong>dsheim 1997, S. 281 ff.<br />
16 Diese E<strong>in</strong>ordnung entspricht dem gegenwärtigen Stand der<br />
Erkenntnis der Diplomrestauratoren nach e<strong>in</strong>er Ausbildung an<br />
e<strong>in</strong>er Fachhochschule.<br />
17 Zur Konglomeratbildung tragen <strong>in</strong>sbesondere der historische<br />
Bauunterhalt und die wiederholte Reparatur von typischen<br />
Schwachstellen der Konstruktion bei. Abhängig vom Präsentationskonzept<br />
kann eben die für das Objekt prägende Addition<br />
unterschiedlicher baulicher Zeitschichten zum Thema<br />
werden: Zu den laufenden Unterhaltsmaßnahmen gehörte an<br />
erster Stelle die Wartung der Dächer. Während bei Stroh- und<br />
Sch<strong>in</strong>deldächern ke<strong>in</strong>e konkreten Befunde mehr zu erwarten<br />
s<strong>in</strong>d und nur Archivalien über den Unterhalt berichten können,<br />
läßt sich am Bestand von hart gedeckten Dächern die<br />
ARBEITSHILFEN<br />
kont<strong>in</strong>uierliche Erneuerung beschädigter Flächen gut nachweisen.<br />
Von Bauschäden besonders betroffene Wandflächen,<br />
wie die Kontaktzone zum Erdreich, also Fundament,<br />
Mauerwerk bis Brüstungshöhe, bei Fachwerk und Blockbau<br />
Schwellbalken und Ständerfüße, wurden ausgewechselt.<br />
Weitere von Verwitterung besonders betroffene Flächen, wie<br />
die Westseiten von Blockbauten, mußten nach längerer<br />
Standzeit unter ungünstigen Umständen ebenfalls ausgewechselt<br />
werden.<br />
Besonders überholungsbedürftig waren stets die Feuerstellen,<br />
Kam<strong>in</strong>e und Öfen. Abgesehen von technischen Veränderungen<br />
<strong>in</strong> der Heiztechnik oder behördlich erzwungenen Veränderungen<br />
hatten diese Bauteile nur e<strong>in</strong>e begrenzte Standzeit.<br />
E<strong>in</strong> Kachelofen verbraucht sich <strong>in</strong> weniger als e<strong>in</strong>er Generation.<br />
Alle Bodenbeläge unterlagen e<strong>in</strong>er kont<strong>in</strong>uierlichen<br />
Abnutzung und wurden, wenn e<strong>in</strong>fache Reparaturen nicht<br />
mehr ausreichten, ausgewechselt. Die Ausbauteile, wie Türen<br />
und Fenster, waren nicht nur dem Verschleiß durch die<br />
Nutzung unterworfen, sondern zuweilen auch modischen<br />
Veränderungen bzw. technischen Weiterentwicklungen, die<br />
allerd<strong>in</strong>gs nur <strong>in</strong> wirtschaftlich prosperierenden Häusern zum<br />
E<strong>in</strong>satz kamen. Armut wirkte sich, abgesehen von Verschleiß<br />
oder mangelndem Bauunterhalt, häufig „konservierend“ auf<br />
die Substanz aus.<br />
Putze und Mauerwerk wurden vor allem <strong>in</strong> den Bereichen geschädigt,<br />
die von außen durch Feuchtigkeit <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit<br />
Frost, von <strong>in</strong>nen durch Kondensatanlagerung bee<strong>in</strong>trächtigt<br />
werden. Weitere Schadensquellen bilden Stallnutzungen oder<br />
die Nähe von Versitz- oder Abortgruben aufgrund wandernder<br />
bauschädlicher Salze. E<strong>in</strong>e Schadensquelle, die auf den<br />
ersten Blick nicht direkt als solche empfunden wird, bilden<br />
stets die Ergebnisse von handwerklich unzulänglich ausgeführten<br />
Umbauten oder entsprechenden statischen Reparaturen.<br />
Die Überarbeitungen der Innen- und Außenoberflächen e<strong>in</strong>es<br />
Hauses waren zunächst wohl weniger von Bedürfnis nach<br />
technischer Intaktheit, als vielmehr vom Repräsentationsbedürfnis<br />
der Bewohner geprägt. Seit der spätmittelalterlichen<br />
Epoche s<strong>in</strong>d polychrome figürliche und ornamentale Ausmalungen<br />
<strong>in</strong> repräsentativen Wohnräumen bekannt. So ist offensichtlich,<br />
dass mit der Verbürgerlichung der ländlichen Welt<br />
auch die Häufigkeit und Qualität der malerischen Ausstattung<br />
der Häuser zunimmt.<br />
Ab dem späten 18. Jahrhundert entwickelt sich e<strong>in</strong> Bewußtse<strong>in</strong><br />
für Bauhygiene, d. h. zur E<strong>in</strong>dämmung von Schädl<strong>in</strong>gen<br />
und Lästl<strong>in</strong>gen (Sp<strong>in</strong>nen, Fliegen, Milben usw.) werden Maßnahmen<br />
ergriffen, die zu e<strong>in</strong>er grundlegenden Änderung der<br />
Ausstattung von Wohnräumen führen. Bei der Übernahme e<strong>in</strong>es<br />
Objekts <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Museum werden diese Spuren des Lebens<br />
<strong>in</strong> den Häusern unter Umständen zu e<strong>in</strong>em Thema der Darstellung.<br />
Abhängig vom jeweiligen Präsentationskonzept<br />
werden die Spuren des Bauunterhalts zu Bedeutungsträgern<br />
und damit zum Gegenstand der Konservierung und – später<br />
– der Wartung von Kernsubstanz und Oberflächen.<br />
18 Zippelius (wie Anm. 1), S. 38. Nach dem Bekanntwerden der<br />
skandalösen Haltung der Industrie, die die toxische Wirkung<br />
der verwendeten Substanzen auf den Menschen trotz besseren<br />
Wissens geleugnet hatte, verschwanden diese vorbeu-
ARBEITSHILFEN 21<br />
genden Maßnahmen gänzlich aus dem Repertoire der <strong>Museen</strong>.<br />
Als Alternativen wurden Begasungsverfahren entwickelt,<br />
die heute e<strong>in</strong>e giftfreie Beseitigung von Schädl<strong>in</strong>gen<br />
durch CO2 ermöglicht.<br />
19 Kreil<strong>in</strong>ger (wie Anm. 2), S. 8: „Bauschadensanalysen s<strong>in</strong>d seit<br />
längerem ke<strong>in</strong> Fremdwort mehr; sie helfen auch, geplante<br />
Ganzteilversetzungen rechtzeitig zu beurteilen.“ – Dem Autor<br />
ist bislang ke<strong>in</strong>e <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Hausdokumentation verankerte<br />
echte Bauschadensanalyse bekannt. Die Realität ist eher vergleichbar<br />
mit Notbergungen <strong>in</strong> der Bodendenkmalpflege: Erst<br />
bergen, dann darüber nachdenken, wie das geborgene Gut<br />
konservatorisch zu behandeln ist.<br />
20 Als Beispiel können die Untersuchungen an Regensburger<br />
Denkmälern gelten, mit denen historische Hölzer ab dem<br />
13. Jh. technisch überprüft wurden: Die Kurven weisen größtenteils<br />
starke Versprödungsmerkmale auf, welche die statische<br />
Funktion bee<strong>in</strong>trächtigen. Trotz <strong>in</strong>tensiver Suche nach<br />
vergleichbaren Untersuchungsansätzen s<strong>in</strong>d noch ke<strong>in</strong>e Vergleichsdaten,<br />
<strong>in</strong>sbesondere ke<strong>in</strong>e systematischen über die<br />
Biegezugfestigkeit historischer Hölzer, greifbar. Hier wird allgeme<strong>in</strong><br />
noch sehr grob, d. h. nach der maximalen statischen<br />
Anforderung gearbeitet.<br />
21 Die Realität des Bauunterhalts sieht nach – vorsichtiger – Befragung<br />
der Museumsleitungen nicht so selbstverständlich<br />
aus, wie sie Kreil<strong>in</strong>ger als gegeben annimmt: „Dieser großen<br />
Qualität fachlicher Arbeit muß e<strong>in</strong>e hohe Qualität der Erhaltungsmethoden<br />
entsprechen. Denn nur, wenn diese großen<br />
Leistungen Chancen haben, langfristig erhalten zu werden,<br />
s<strong>in</strong>d sie ke<strong>in</strong>e Denkmäler von Fehl<strong>in</strong>vestitionen. Im Vorgriff<br />
soll aber bereits festgestellt se<strong>in</strong>, daß <strong>in</strong>zwischen die Freilichtmuseen,<br />
zum<strong>in</strong>dest <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong>, die Qualität e<strong>in</strong>er Versetzung<br />
nicht mehr alle<strong>in</strong> daran messen, wie gut diese selbst<br />
gelungen ist, sondern auch daran, wie gut die Vorkehrung zur<br />
Erhaltung dieses Werkes gelungen s<strong>in</strong>d.“ Kreil<strong>in</strong>ger (wie<br />
Anm. 2), S. 7<br />
22 Amerang (10 Gebäude) – Bad W<strong>in</strong>dsheim (4 Gebäude) – F<strong>in</strong>sterau<br />
(9 Gebäude) – Fladungen (2 Gebäude) – Glentleiten (22<br />
Gebäude) – Illerbeuren (12 Gebäude) – Mass<strong>in</strong>g (6 Gebäude)<br />
– Neusath-Perschen (10 Gebäude)<br />
23 vgl. Petzet, Michael/Mader, Gert: Praktische Denkmalpflege,<br />
Stuttgart/Berl<strong>in</strong>/Köln 1993 – Mader beklagt noch 1993<br />
(S. 208), dass man bezüglich der Diagnostik statischer, bauphysikalischer<br />
und altersbed<strong>in</strong>gter Schadenssituationen bei<br />
Baudenkmälern am Anfang stehe. Im Bereich der Ste<strong>in</strong>restaurierung<br />
wurden jedoch deutliche Fortschritte erzielt, die<br />
sich <strong>in</strong> Projektierungen komplexer Baumaßnahmen niederschlagen.<br />
Generell ist jedoch zu bemerken, dass <strong>in</strong> diesem<br />
Bereich oft Projektierungskosten enorm hoch ausfallen, je<br />
nach der von der aufsichtführenden Behörde geforderten Informationsdichte<br />
und dem Genauigkeitsgrad.<br />
24 Die Differenzierung von Ste<strong>in</strong>schäden, die e<strong>in</strong>e genaue petrographische<br />
Erfassung und Aufzeichnung der spezifischen<br />
Verwitterungsformen enthält, mag für den Bereich der Ste<strong>in</strong>schäden<br />
im Freilandmuseum größtenteils überzogen ersche<strong>in</strong>en;<br />
dennoch läßt sich die str<strong>in</strong>gente Erfassungsmethode<br />
auch auf Konglomerate, wie sie im Freilichtmuseum vorlie-<br />
gen, übertragen. Die Fragestellung richtet sich auf die exakte<br />
Qualifizierung der Schäden, soweit sie im Rahmen der zur<br />
Verfügung stehenden Untersuchungsmethoden möglich<br />
s<strong>in</strong>d, und der Quantifizierung.<br />
25 vgl. Petzet/Mader (wie Anm. 23), S. 192 u. 198 mit Abb. 73<br />
26 Gegenüber der digitalen Fotografie gibt es berechtigte Vorbehalte.<br />
Die nahezu unbegrenzten Manipulationsmöglichkeiten<br />
entwerten den Urkundencharakter dieses Mediums, und<br />
die Haltbarkeit von Ausdrucken dürfte diejenige von konventionellen<br />
Farbabzügen kaum übersteigen. Das Problem der<br />
Datenpflege, die Haltbarkeit der Datenträger usw., die seit<br />
der E<strong>in</strong>führung von elektronischen Medien e<strong>in</strong> Problem bildet,<br />
darf nicht unterschätzt werden. Allerd<strong>in</strong>gs sche<strong>in</strong>en sich<br />
die Standards durch den E<strong>in</strong>fluß des Internets <strong>in</strong> Richtung auf<br />
e<strong>in</strong>e breitere Basis für den Datenaustausch h<strong>in</strong>zubewegen.<br />
Die Datenträger werden ebenfalls haltbarer, <strong>in</strong>sbesondere bei<br />
den optischen Systemen (CD-Technik). E<strong>in</strong> weiteres Argument<br />
ist die nur temporäre Gültigkeit der bestandserfassenden<br />
Fotografie im Bauunterhalt: Es geht lediglich um Vergleichsdaten,<br />
um <strong>in</strong> der Abfolge der Jahre Veränderungen abschätzen<br />
zu können, die durch Zeichnen und Messen e<strong>in</strong>es<br />
Schadensbildes nicht erreicht werden können. Durch die<br />
kont<strong>in</strong>uierliche Nutzung des Mediums ist im übrigen die regelmäßige<br />
Wartung der Daten gewährleistet.<br />
27 Der Markt stellt heute e<strong>in</strong>e Fülle e<strong>in</strong>facher CAD-Programme<br />
zur Verfügung. Wir bevorzugen seit 1988 die Programml<strong>in</strong>ie<br />
von Micrografx „Designer“. Dieses Programm stellt für e<strong>in</strong>en<br />
angemessenen Preis die Funktionen zur Verfügung, die wir<br />
bei der Schadenskartierung benötigen.<br />
28 Die Leistungsfähigkeit der geodätischen Deformationsmessung<br />
wird immer wieder bei spektakuläreren Ereignissen, wie<br />
drohenden Felsabstürzen, unter Beweis gestellt; vgl. Geo-<br />
News Nr. 1, Geodätische Deformationsmessung, S. 3<br />
29 Mattheck, C./Hunger, E./R<strong>in</strong>n, F.: Bohrwiderstandsmessgerät,<br />
Forschungszentrum Karlsruhe, Sonderdruck 40206<br />
30 Die Anwesenheit von bauschädlichen Salzen stellt die Restauratoren<br />
häufig vor unlösbare Probleme: Relativ gut zu<br />
bewältigen s<strong>in</strong>d noch die Aufgaben e<strong>in</strong>er Konservierung bei<br />
e<strong>in</strong>heitlichem Material, z. B. Naturste<strong>in</strong>en ohne Oberflächenbeschichtung,<br />
die e<strong>in</strong>e Extraktion der Salze mittels Kompressen<br />
zulassen. Schwieriger wird es, wenn e<strong>in</strong>e salzbefrachtete<br />
Trägersubstanz mit e<strong>in</strong>er Beschichtung, z. B. Putz oder Farbauflagen<br />
verbunden ist, die sich unter der physikalischen und<br />
chemischen E<strong>in</strong>wirkung der Schadsalze bereits verändert<br />
hat: E<strong>in</strong>e Vorfestigung sperrt u. U. die Salze e<strong>in</strong> und macht<br />
e<strong>in</strong>e Extraktion deshalb unmöglich, ohne Vorfestigung würde<br />
e<strong>in</strong>e Kompressenbehandlung aber zu e<strong>in</strong>er weiteren Zerstörung<br />
der Oberflächen führen. Zur Festlegung e<strong>in</strong>er für die<br />
Behandlung der betroffenen Flächen möglichen Verfahrensweise<br />
muß daher e<strong>in</strong>e qualitative und quantitative Analyse<br />
der vorliegenden Schadsalze vorgeschaltet werden. Diese<br />
Analysen kommen im Freilichtmuseum jedoch nur an den<br />
Bauteilen <strong>in</strong> Frage, die als Ganzes transferiert wurden. Bei rekonstruierten<br />
Putzen und Oberflächen muß die Beschichtung<br />
als Opferschicht aufgefaßt werden, die bei Bedarf turnusmäßig<br />
erneuert wird.
22<br />
SO STEIGT DIE MEDIENPRÄSENZ<br />
Erfahrungswerte aus der Agentur-Praxis<br />
Längst noch nicht jedes Museum betreibt e<strong>in</strong>e strategische<br />
Öffentlichkeitsarbeit für sämtliche Zielgruppen,<br />
längst nicht jedes Museum kann sich e<strong>in</strong>e eigene Stelle für<br />
PR leisten. E<strong>in</strong> Teilbereich zum<strong>in</strong>dest, die Pressearbeit, ist<br />
aber <strong>in</strong>zwischen <strong>in</strong> fast allen Häusern zur festen Rout<strong>in</strong>e<br />
geworden. Rout<strong>in</strong>e verführt jedoch zu E<strong>in</strong>fallslosigkeit, die<br />
wiederum für die Resonanz <strong>in</strong> den Medien verheerende<br />
Folgen haben kann. Trotzdem wundern sich die Verantwortlichen,<br />
warum die erwünschte optimale Folge nicht<br />
e<strong>in</strong>trifft: zahlreiche Veröffentlichungen <strong>in</strong> regionalen, möglichst<br />
auch <strong>in</strong> überregionalen Medien, die mittels ihrer Besprechungen<br />
wahre Besucherströme <strong>in</strong>s Haus lenken. Wer<br />
Medienkontakte eher als Alibi denn als Aufgabe betrachtet,<br />
vergibt wertvolle Chancen: auf mehr Besucher-Erfolg,<br />
auf mehr Renommee und letztlich auf mehr E<strong>in</strong>nahmen.<br />
Kreativität versus Budgetflaute<br />
E<strong>in</strong> Paradoxon: Wenn es um die Beziehungen zu den Medien<br />
geht, zeigt sich noch immer e<strong>in</strong>e Vielzahl von <strong>Museen</strong><br />
wenig kreativ, auch wenn sie ihre Exponate noch so<br />
e<strong>in</strong>fallsreich präsentiert. Ob der Grund <strong>in</strong> Arbeitsüberlastung,<br />
Personalmangel, Selbstüberschätzung („Die<br />
Presse merkt von selbst, welche Qualität wir zu bieten haben...“)<br />
oder gar ger<strong>in</strong>gem Selbstbewusstse<strong>in</strong> („Unser<br />
Haus ist doch viel zu kle<strong>in</strong>!“) liegt: Noch immer werden die<br />
Medien bisweilen als wichtigste Mittler zum Besucher<br />
und zu Förderern unterschätzt.<br />
Geldknappheit jedoch kann als Argument nicht gelten.<br />
Basismaßnahmen wie e<strong>in</strong>e ansprechende Pressemitteilung<br />
und e<strong>in</strong> H<strong>in</strong>tergrundtext für die wichtigsten Lokalredaktionen<br />
oder e<strong>in</strong> auch Mail<strong>in</strong>g für Freunde des Hauses<br />
kann sich selbst das kle<strong>in</strong>ste Haus leisten. Wer dafür aus<br />
Budgetgründen langfristig ke<strong>in</strong>en externen Berater engagieren<br />
kann, hat e<strong>in</strong>e weitere Möglichkeit, den professionellen<br />
Umgang mit den Medien kennen zu lernen und zu<br />
proben: Er lässt sich e<strong>in</strong>en Tag lang coachen und ist somit<br />
auch für die Zukunft gerüstet. PR-Fachleute geben <strong>in</strong><br />
solchen Workshops weitere wertvolle Tipps für die Praxis<br />
– und schnüren geme<strong>in</strong>sam mit den Mitarbeitern e<strong>in</strong> <strong>in</strong>dividuelles,<br />
auf das Haus abgestimmtes Bündel kostengünstiger<br />
Maßnahmen. Wer noch dazu e<strong>in</strong>ige Regeln im<br />
Umgang mit den Journalisten beachtet, wird bald die ersten<br />
Erfolge se<strong>in</strong>er Aktivitäten sehen.<br />
<strong>Museen</strong> haben Mitbewerber<br />
E<strong>in</strong>fach nur <strong>in</strong>teressant zu se<strong>in</strong> reicht auch für <strong>Museen</strong> <strong>in</strong>zwischen<br />
längst nicht mehr aus, um dankbar von der Zielgruppe<br />
Journalisten aufgegriffen zu werden. Man stelle<br />
sich den Lokal- oder Kulturjournalisten vor, auf dessen<br />
Schreibtisch sich täglich Pressemitteilungen und E<strong>in</strong>ladungen<br />
stapeln; denn auch die Konkurrenz macht von<br />
sich reden. Sendeplatz oder <strong>Seiten</strong>anzahl s<strong>in</strong>d jedoch begrenzt.<br />
Die Frage ist: Für welches Museum, für welche<br />
Kulture<strong>in</strong>richtung wird sich der Redakteur also entscheiden?<br />
Ohneh<strong>in</strong> stehen die prom<strong>in</strong>enten Schauen <strong>in</strong> großen<br />
Häusern ganz oben <strong>in</strong> der publizistischen Rangfolge; sie<br />
müssen schon alle<strong>in</strong>e aus Konkurrenzgründen zu den anderen<br />
Medien „stattf<strong>in</strong>den“. Aber auch, wer nicht das<br />
Glück hat, e<strong>in</strong>e Sammlung Rau, Brandhorst oder Gesammeltes<br />
e<strong>in</strong>es so prom<strong>in</strong>enten Stifters wie Lothar Günter<br />
Buchheim zu zeigen, kann Aufmerksamkeit erregen und<br />
zahlreiche Veröffentlichungen und Berichte erreichen.<br />
Welche Kriterien die Entscheidung<br />
von Journalisten bee<strong>in</strong>flussen<br />
Der Journalist, das fremde Wesen<br />
ARBEITSHILFEN<br />
•Interessieren sich me<strong>in</strong>e Leser/Zuschauer/Zuhörer<br />
für Kultur im Allgeme<strong>in</strong>en?<br />
•Interessieren sie sich für das Museumsgeschehen?<br />
•Interessieren sie sich für dieses spezielle Museum?<br />
•Interessieren sie sich für die gebotenen Neuigkeiten<br />
aus diesem Museum?<br />
•Berichtet auch die Medien-Konkurrenz über dieses<br />
Thema?<br />
•Erhalte ich für me<strong>in</strong> Medium Themen exklusiv?<br />
• Lassen sich im Umfeld des Artikels Anzeigen akquirieren?<br />
Redakteure wählen ihre Themen nach bestimmten Kriterien aus<br />
Oft werde ich gefragt: „Wie denkt e<strong>in</strong> Journalist? Was<br />
spricht ihn an?“ Solche Überlegungen s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> erster<br />
Schritt zum Erfolg. Denn der Fragende macht sich Gedanken<br />
über e<strong>in</strong>e se<strong>in</strong>er wichtigsten Zielgruppen. Wer<br />
Bedürfnisse und Tagesablauf se<strong>in</strong>es Gegenübers e<strong>in</strong>zuschätzen<br />
lernt und sie schließlich berücksichtigt, hat den<br />
entscheidenden Vorteil vor den Mitbewerbern. Man versetze<br />
sich weiterh<strong>in</strong> <strong>in</strong> den Alltag e<strong>in</strong>es Redakteurs, zwischen<br />
Konferenzen, Postdurchsicht, Recherche, Schreiben,<br />
Korrekturlesen, Andruck, Pressekonferenzen,<br />
Abendterm<strong>in</strong>en, Planen der nächsten Ausgaben. Wer e<strong>in</strong>em<br />
so enormen Zeit- (und Konkurrenz-)druck ausgesetzt<br />
ist, legt mittelmäßige Anschreiben leicht beiseite.<br />
Auch wenn der Absender versucht hat, alles se<strong>in</strong>er<br />
Me<strong>in</strong>ung nach Wissenswerte <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Pressemitteilung zu<br />
packen – für den Journalisten und somit für den Leser,<br />
Zuseher oder Zuhörer s<strong>in</strong>d solche Inhalte nicht unbed<strong>in</strong>gt<br />
von Nutzen. Interessante, auch für den Laien auf dem
ARBEITSHILFEN 23<br />
Feld der Kunstgeschichte oder e<strong>in</strong>er anderen Thematik<br />
des Museums verständliche Themenvorschläge dagegen<br />
nimmt der Redakteur viel eher an oder wandelt sie ab.<br />
Schließlich ist se<strong>in</strong>e Zielgruppe der Leser oder Rundfunknutzer,<br />
und für diesen muss er sich täglich Berichtenswertes<br />
überlegen. Warum ihn nicht dabei über bloße<br />
Ankündigungen h<strong>in</strong>aus unterstützen?<br />
Dienstleistung für den Redakteur<br />
Es kann nicht oft genug betont werden: Der Absender<br />
sollte sich Gedanken über den Nutzen für den Journalisten<br />
und damit auch über den Nutzen für dessen Rezipienten<br />
machen und diesen <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Text betonen.<br />
Kann ich dem Journalisten e<strong>in</strong>en <strong>in</strong>teressanten oder ungewöhnlichen<br />
Aspekt anbieten? Diese Punkte sollten<br />
zum zentralen Thema der Pressemitteilungen und -texte<br />
gemacht werden. Das Texten selbst sollte dabei als Kunst<br />
und nicht als lästige Praktikanten-Pflicht betrachtet werden:<br />
Schließlich entscheidet nicht nur der Inhalt, sondern<br />
auch dessen Präsentation über das Presseecho.<br />
Medienarbeit wird von den Verfassern von Pressetexten<br />
und -mitteilungen bisweilen auch dazu <strong>in</strong>strumentalisiert,<br />
sich als Experte zu profilieren. Dieser Ansatz ist von vornehere<strong>in</strong><br />
zum Scheitern verurteilt. Auch wenn dadurch e<strong>in</strong><br />
Kreis von Kunsthistoriker-Kollegen angeregt se<strong>in</strong> mag –<br />
der Journalist sieht <strong>in</strong> allzu komplizierten Ausführungen<br />
ke<strong>in</strong>en Nutzen für se<strong>in</strong>e Redaktion und se<strong>in</strong>e Rezipienten;<br />
aus Zeitmangel liest er unter Umständen den Sermon<br />
nicht e<strong>in</strong>mal bis zu Ende durch.<br />
Bietet ihm e<strong>in</strong> Mitbewerber allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong> spannendes<br />
Detail, e<strong>in</strong>en (und sei es auch nur lokal) zugkräftigen Namen<br />
oder e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>teressante H<strong>in</strong>tergrund<strong>in</strong>formation und<br />
wird dies mit der entsprechenden Maßnahme kommuniziert,<br />
steigt die Chance für die Berichterstattung sofort.<br />
Ist der Neuigkeitsgehalt darüber h<strong>in</strong>aus <strong>in</strong> verständliche<br />
Sprache und <strong>in</strong> ansprechender Optik verpackt, bedeutet<br />
dies e<strong>in</strong>en regelrechten Service für den Redakteur: Er<br />
kann den Text leichter überfliegen und versteht schneller,<br />
worum es geht. E<strong>in</strong> kurzer Satz muss noch lange ke<strong>in</strong><br />
schlechter Satz se<strong>in</strong>. Für Fachpublikationen empfiehlt<br />
sich ohneh<strong>in</strong> e<strong>in</strong> gesonderter Text.<br />
Themenmanagement<br />
Oft wird das Potential der Medienarbeit bei weitem nicht<br />
ausgeschöpft. Dabei handelt es sich – wie bereits angesprochen<br />
– weniger um kosten<strong>in</strong>tensive Faktoren als um<br />
den Mangel an kreativer Umsetzung. Selbst wenn e<strong>in</strong>zel-<br />
Themen, die für Lesestoff sorgen können –<br />
e<strong>in</strong>e Anregung<br />
•Neuankauf<br />
•Vorabbericht zur Ausstellungseröffnung – nach<br />
welchen Kriterien funktioniert die Hängung?<br />
• Bericht über die Eröffnung durch e<strong>in</strong>en wichtigen<br />
Multiplikator oder Schirmherr<br />
•Interview mit e<strong>in</strong>em ausstellenden Künstler<br />
•Anbau, Umbau, Renovierung, Neubau<br />
•Kooperation mit anderen <strong>Museen</strong><br />
•prom<strong>in</strong>enter Stifter, Sponsor<br />
• veränderte personelle Situation<br />
• f<strong>in</strong>anzielle Situation des Hauses<br />
•Gründung e<strong>in</strong>es Freundeskreises<br />
•Restaurierung e<strong>in</strong>es Werkes<br />
•Besuch <strong>in</strong> der Restaurierungswerkstatt<br />
•Museumspädagogik<br />
• Museumsshop<br />
•Museumscafé<br />
•Anregung für e<strong>in</strong>en Ausflug mit Museumsbesuch<br />
•(kulturelle) Veranstaltungen im Hause (z. B. Konzert)<br />
Themenmanagement setzt Kreativität voraus<br />
ne Projekte an Kulturprofis e<strong>in</strong>er PR-Agentur gegeben<br />
werden, lassen sich die Kosten <strong>in</strong> Grenzen halten oder unter<br />
Umständen durch e<strong>in</strong>fallsreiches Fundrais<strong>in</strong>g decken.<br />
E<strong>in</strong>stweilen wird noch allzu oft lediglich e<strong>in</strong>e rout<strong>in</strong>ierte,<br />
schlecht getextete Pressemitteilung mit der Bitte um<br />
Ankündigung e<strong>in</strong>er Ausstellung verfasst, e<strong>in</strong> komplizierter<br />
Fachartikel der Pressee<strong>in</strong>ladung beigelegt sowie e<strong>in</strong>ige<br />
mehr oder weniger schlechte Fotografien. Denken wir wiederum<br />
<strong>in</strong> den Journalisten und se<strong>in</strong>en Alltag, wird nun verständlich,<br />
warum so viele Schauen e<strong>in</strong>fach übergangen<br />
werden. Wie soll sich der Redakteur bei solchem Material<br />
für die Ausstellung <strong>in</strong>teressieren, geschweige denn begeistern?<br />
Die Journalisten müssen überzeugt werden, warum<br />
gerade diese Präsentation so <strong>in</strong>teressant ist.<br />
E<strong>in</strong>e Analyse der Pressearbeit vieler Häuser zeigt, dass<br />
Themenmanagement hier noch e<strong>in</strong> Fremdwort ist. Das<br />
Geheimnis erfolgreicher Pressearbeit ist e<strong>in</strong>fach: Oft s<strong>in</strong>d<br />
es die Themen h<strong>in</strong>ter den Themen, die hoch<strong>in</strong>teressant<br />
s<strong>in</strong>d. Welche Facette me<strong>in</strong>es Hauses oder der Schau<br />
könnte die Leser des Blattes, die Radiohörer oder Fernsehzuschauer<br />
<strong>in</strong>teressieren? Rezepte hierzu gibt es nicht:<br />
Das Themenmanagement muss <strong>in</strong>dividuell auf das e<strong>in</strong>zelne<br />
Museum und se<strong>in</strong>e Möglichkeiten zugeschnitten<br />
se<strong>in</strong>. Das kann beispielsweise bei e<strong>in</strong>em Neubau oder<br />
Umbau beg<strong>in</strong>nen, e<strong>in</strong>em Neuankauf und se<strong>in</strong>em Weg bis<br />
<strong>in</strong>s Museum, dem 10.000. oder 100.000. Besucher, e<strong>in</strong>er
24<br />
Reportage über die Ideen der Museumspädagogen im<br />
Hause, e<strong>in</strong>er Umfrage unter jugendlichen Besuchern.<br />
Was erlebt e<strong>in</strong> Museumswärter? Warum gibt es e<strong>in</strong>e Temperieranlage?<br />
Warum s<strong>in</strong>d Gemäldetransporte so hochkompliziert?<br />
Welcher Mensch steckt h<strong>in</strong>ter e<strong>in</strong>em Sammler,<br />
Stifter oder Sponsor?<br />
Diese Gedanken mögen als Anregung für e<strong>in</strong>e speziell auf<br />
das eigene Haus konzipierte Medienstrategie dienen.<br />
Neuigkeiten und Veränderungen s<strong>in</strong>d der Anlass für die<br />
Medien, zu berichten. E<strong>in</strong> funktionierendes Themenmanagement<br />
gibt auch über Schauen h<strong>in</strong>aus stichhaltige Gründe,<br />
die Medien zu kontaktieren. Sie haben ja dem Journalisten<br />
Stoff für neue Geschichten zu bieten – und halten<br />
sich dabei im Gespräch. Externe PR-Beratung kann helfen,<br />
Themen festzumachen, die quasi vor der Türe des<br />
Hauses liegen. Auch große Häuser erhalten so neue Impulse<br />
und e<strong>in</strong>e „Anschubhilfe“ zu kreativer Medienarbeit.<br />
Presseverteiler<br />
Unerlässlich ist e<strong>in</strong> Verteiler mit wirklich aktuellen Ansprechpartnern.<br />
Wer persönlich angesprochen wird, fühlt<br />
sich dem Absender automatisch verbundener und ist geneigter,<br />
sich dem folgenden Text zu widmen. Die Aktualisierung<br />
des Presseverteilers muss stetig erfolgen, da sich<br />
das Personalkarussell <strong>in</strong> den Medien immer schneller<br />
dreht und daher Kultur- oder Lokalredakteure, die zehn<br />
Jahre dieselbe Position ausfüllen, die Ausnahme s<strong>in</strong>d. Im<br />
Laufe der Zeit erfährt man von besonderen Wünschen<br />
e<strong>in</strong>zelner Redaktionen oder Personen. Professionell reagiert,<br />
wer diese umgehend <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e extra Rubrik se<strong>in</strong>es<br />
Presseverteilers aufnimmt. Hierbei kann es sich beispielsweise<br />
um Fotowünsche („nur auf CD-ROM“,), um Veranstaltungen<br />
(„will zur Vernissage e<strong>in</strong>geladen werden“) oder<br />
um spezielle Inhalte („hat schon e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong> Interview mit<br />
der Museumsleitung veröffentlicht“) handeln.<br />
Wer die Erwartungen der Medien berücksichtigt, hat mehr Erfolg <strong>in</strong> der Pressearbeit<br />
Gegenseitige Erwartungen<br />
ARBEITSHILFEN<br />
Versuchen Sie e<strong>in</strong>en persönlichen Kontakt zu den für Sie<br />
wichtigsten Medien aufzubauen. Gönner und Freunde<br />
des Hauses können Ihnen <strong>in</strong> entscheidenden Momenten<br />
weiter helfen. E<strong>in</strong> Jour Fixe, vielleicht jedes Quartal veranstaltet,<br />
ist Anlass für e<strong>in</strong> Zusammentreffen <strong>in</strong> exklusiver<br />
Runde und für den Informationsfluss. Für ger<strong>in</strong>gen Aufwand<br />
gew<strong>in</strong>nt der Veranstalter so wichtige Verbündete.<br />
Oft wird der Rundfunk vernachlässigt und so wertvolle<br />
Chancen vergeben, zum<strong>in</strong>dest <strong>in</strong> Lokalsendern zu ersche<strong>in</strong>en.<br />
Diese Medien haben ihre eigenen Gesetzmäßigkeiten<br />
und sollten während der oft langen Planungsphasen<br />
mit e<strong>in</strong>er eigenen Aussendung berücksichtigt werden.<br />
Das Themenmanagement für Radio und Fernsehen bietet<br />
natürlich noch weit mehr Möglichkeiten (O-Töne, Rundgang<br />
durch die neue Schau, Momentaufnahmen).<br />
Auch <strong>in</strong> Zeiten von Internet, Übertragungsmöglichkeiten<br />
wie ISDN und CD-ROM sollte man nicht außer Acht lassen,<br />
dass Redakteure auch s<strong>in</strong>nliche Menschen s<strong>in</strong>d. Liegen<br />
der Pressemappe zusätzlich Fotos bei, die technisch<br />
tadellos s<strong>in</strong>d und die Lust auf die Ausstellung machen,<br />
regt das den Redakteur viel eher zur Ideenf<strong>in</strong>dung an als<br />
e<strong>in</strong> lapidares: „Bildmaterial können Sie sich über ISDN<br />
herunterladen“. Und vergessen wir nicht, dass Themen <strong>in</strong><br />
Redaktionen oft e<strong>in</strong>en weiten Weg bis zur Veröffentlichung<br />
zurückzulegen haben: Im schwierigsten Fall muss<br />
erst e<strong>in</strong>mal der Ressortleiter, dann der Textchef und<br />
schließlich die Chefredaktion vom Thema überzeugt werden.<br />
Gutes Bildmaterial, das den Redakteur auf se<strong>in</strong>em<br />
Weg durch die „Instanzen“ begleitet, kann da e<strong>in</strong>e positive<br />
Entscheidung erleichtern.<br />
Was für die Regionalzeitungen berichtenswert ist, s<strong>in</strong>d für<br />
überregionale Feuilletons leicht „Peanuts“. Strapazieren<br />
Sie die Journalisten dort nicht unnötig und verschicken<br />
Sie regional relevante Nachrichten nur an Redaktionen<br />
aus dem Umkreis ihres Hauses.<br />
Museum Medien<br />
• zahlreiche Berichterstattung • <strong>in</strong>teressant präsentierte Themen<br />
• positive Berichterstattung • professionell aufbereitete Pressetexte<br />
• Bekanntheitsgrad steigern • qualitativ hochwertige Fotos<br />
• Besucher animieren • auf die Ersche<strong>in</strong>ungsweise abgestimmter Informationsfluss<br />
• Profilierung <strong>in</strong> der Fachwelt<br />
• Imageaufwertung<br />
• Sponsoren/Freunde f<strong>in</strong>den<br />
• kompetenter Ansprechpartner
ARBEITSHILFEN 25<br />
Beziehungsdreieck<br />
Medien<br />
Museum<br />
Was bedeutet „Vorlaufzeit“?<br />
Besucher<br />
Leser<br />
Zuhörer<br />
Zuseher<br />
Wer Medien anspricht, spricht letztendlich potentielle Besucher an<br />
Stellen Sie sich vor, Sie arbeiten bei e<strong>in</strong>em Magaz<strong>in</strong>, das<br />
monatlich ersche<strong>in</strong>t. Sie erhalten die Pressemitteilung zu<br />
e<strong>in</strong>er Ausstellung erst zwei Wochen vor deren Eröffnung.<br />
Zu spät, um term<strong>in</strong>gerecht zu ersche<strong>in</strong>en – der sogenannte<br />
Schlusstag ist bereits zu nahe, um wegen e<strong>in</strong>er<br />
Kulturmeldung die gesamte Planung umzustoßen. Dies<br />
bedeutet nämlich e<strong>in</strong>en erheblichen Mehraufwand und<br />
bleibt aktuell brisanten Ereignissen vorbehalten.<br />
Der Verfasser hat se<strong>in</strong>e Chance verspielt, <strong>in</strong> Ihrem Heft zu<br />
ersche<strong>in</strong>en, das vielleicht e<strong>in</strong> durchaus wichtiger Multiplikator<br />
wäre. Würden Sie sich und Ihr Medium nicht sogar<br />
e<strong>in</strong> wenig missachtet sehen und dem Haus weniger geneigt<br />
gegenüber stehen, wenn ihm dieser Lapsus noch<br />
e<strong>in</strong>-, zweimal häufiger unterläuft? Niemand braucht sich<br />
zu wundern, wenn dann der Journalist „verschnupft“ reagiert.<br />
E<strong>in</strong>e Grundregel für Presseaussendungen lautet<br />
deshalb: Nehmen Sie Rücksicht auf Ersche<strong>in</strong>ungsweise<br />
und Redaktionsschluss der Medien, die Sie kontaktieren.<br />
Verstehen Sie sich <strong>in</strong> diesem Fall als kompetenter Zuarbeiter<br />
für den Journalisten. Se<strong>in</strong>en Rhythmus br<strong>in</strong>gen Sie<br />
auf professionelle Weise <strong>in</strong> Erfahrung, <strong>in</strong>dem Sie e<strong>in</strong><br />
Mail<strong>in</strong>g mit der Bitte um Beantwortung aussenden. Der<br />
Redakteur kreuzt an, welche Vorlaufzeiten er hat und wie<br />
(etwa per E-Mail oder per Post) er <strong>in</strong>formiert werden will.<br />
Der Aufwand lohnt sich: Ganz nebenbei haben Sie Ihr<br />
Haus <strong>in</strong> Er<strong>in</strong>nerung gebracht und sich als kooperativer<br />
Ansprechpartner ausgewiesen.<br />
Marion Vorbeck<br />
Die Verfasser<strong>in</strong> ist Kunsthistoriker<strong>in</strong>, war lange Jahre Kultur-Journalist<strong>in</strong><br />
und ist PR-Fachwirt<strong>in</strong> (BAW). Sie besitzt<br />
e<strong>in</strong>e Agentur für Kultur-PR <strong>in</strong> München.<br />
SCHÖNE NEUE WELT?<br />
„Neue Medien“ im Museum<br />
„Es ist leichter, Fragen aufzuwerfen, als sie zu beantworten.“<br />
(Amartya Kum Senb, Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften<br />
1998)<br />
Der <strong>in</strong> der Öffentlichkeit viel strapazierte Begriff der „neuen<br />
Medien“ erfordert für den Bereich der nichtstaatlichen<br />
<strong>Museen</strong> den Versuch e<strong>in</strong>er Standortbestimmung und<br />
Def<strong>in</strong>ition. Doch was s<strong>in</strong>d „neue Medien“? Alles, was<br />
über die klassischen Mittel der Wissensvermittlung im<br />
Museum, also Texttafeln, Bilder und Grafik h<strong>in</strong>ausgeht, ist<br />
für den Bereich der <strong>Museen</strong> (relativ) neu. E<strong>in</strong>ige Beispiele<br />
u. a. aus dem archäologischen Umfeld: Das Spektrum<br />
reicht dabei vom Bildschirm, auf dem (e<strong>in</strong>gespielt über<br />
CD-ROM) Bilder römischer Götterstatuetten aus Weißenburg<br />
<strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> ersche<strong>in</strong>en (im Archäologie-Museum<br />
Qu<strong>in</strong>tana Künz<strong>in</strong>g), über stationäre Computersysteme,<br />
auf denen e<strong>in</strong>e fremdproduzierte CD-ROM über den römischen<br />
Limes abgespielt wird (Römer- und Bajuwarenmuseum<br />
Kipfenberg) bis h<strong>in</strong> zu aufwendig produzierten<br />
audiovisuellen Multivisionsschauen mit der Geschichte<br />
des Jurameeres und des Urvogels Archaeopteryx (Juramuseum<br />
auf der Willibaldsburg <strong>in</strong> Eichstätt). Diese Multivisionsschauen<br />
mit Bild- und Toneffekten, wie sie beispielsweise<br />
im Naturkundemuseum Coburg, aber auch<br />
bei den archäologischen Landesausstellungen <strong>in</strong> Rosenheim<br />
1993 (Kelten) und 2000 (Römer) zum E<strong>in</strong>satz kamen,<br />
zielen eher auf die emotionale Ebene des Besuchers. Die<br />
relativ hohen Kosten von ungefähr € 70.000 dürften im<br />
Bereich der nichtstaatlichen <strong>Museen</strong> rasch f<strong>in</strong>anzielle<br />
Grenzen setzen.<br />
Versuch e<strong>in</strong>er Def<strong>in</strong>ition<br />
Besonders bei Museumsneuplanungen wird oft der<br />
Wunsch nach der E<strong>in</strong>beziehung „neuer Medien“<br />
geäußert, ohne dass diese Vorstellungen zunächst näher<br />
konkretisiert werden können. Im wesentlichen verteilen<br />
sich ihre Anwendungsmöglichkeiten im Museum auf folgende<br />
Bereiche:<br />
–Besucher<strong>in</strong>formationssysteme, mobil oder stationär<br />
–Unterstützung der Gestaltung <strong>in</strong> Dauer- und Sonderausstellungen<br />
–Datenbanken zur Objektverwaltung und Inventarisierung<br />
Diese Def<strong>in</strong>ition gliedert die „neuen Medien“ nach ihrem<br />
möglichen Verwendungszweck im Museum, während<br />
Multimediaproduzenten den Begriff nach den Medienträgern<br />
gliedern. Demnach gibt es als Haupte<strong>in</strong>satzgebiete<br />
die CD-ROM als „elektronisches Buch“, das Internet sowie<br />
Besucher<strong>in</strong>formationssysteme. E<strong>in</strong>gebunden werden
26<br />
können Textpassagen, Bilder, Filme und dreidimensionale,<br />
virtuelle Rekonstruktionen. Unsere Diskussion der<br />
„neuen Medien“ <strong>in</strong> <strong>Museen</strong> beschränkt sich auf die Besucher<strong>in</strong>formationssysteme<br />
und die Möglichkeiten der<br />
unterstützenden Ausstellungsgestaltung.<br />
„Neue Medien“ <strong>in</strong>s Museum: Warum?<br />
Die Motivation für den E<strong>in</strong>satz „neuer Medien“ liegt oft<br />
genug im verständlichen Wunsch der <strong>Museen</strong> nach<br />
Modernität und höherer Besucherakzeptanz. Am 4. Deutschen<br />
Archäologenkongress <strong>in</strong> Hamburg 2002 kristallisierte<br />
sich <strong>in</strong> der Arbeitsgruppe „Archäologie im Museum“<br />
(www.archaeologie-im-museum.de) aber heraus,<br />
dass neue Wege der Vermittlung nicht unbed<strong>in</strong>gt zu<br />
größeren Besucherzahlen führen müssen. Dies lässt sich<br />
anschaulich am Beispiel des Niederbayerischen Vorgeschichtsmuseums<br />
Landau an der Isar, e<strong>in</strong>em Zweigmuseum<br />
der Archäologischen Staatssammlung München,<br />
verfolgen. Im Jahr 2001 wurden <strong>in</strong> diesem <strong>in</strong>teraktiven<br />
Archäologiemuseum, das 1997 mit e<strong>in</strong>er ehrenden<br />
Erwähnung des European Museum of the Year Award<br />
ausgezeichnet wurde, beachtenswerte 11.200 Besucher<br />
gezählt. Im Vergleich dazu hatte im selben Jahr das eher<br />
traditionell mit Grafik-/Texttafeln gestaltete Römer- und<br />
Bajuwarenmuseum Kipfenberg 10.000 Besucher, zu denen<br />
noch e<strong>in</strong>mal etwa 10.000 durch Sonderaktivitäten der<br />
Museumsleiter<strong>in</strong> kamen.<br />
Noch immer werden „neue Medien“ <strong>in</strong> den meisten <strong>Museen</strong><br />
nur als Fakultativangebot gesehen, um e<strong>in</strong>e bereits<br />
vorhandene Ausstellung attraktiver zu gestalten oder zu<br />
modernisieren. Gerade bei kompletten Neugestaltungen<br />
(z. B. Stadtmuseum im Fembo-Haus Nürnberg) oder Neugründungen<br />
(Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände<br />
Nürnberg) ist aber die Chance geboten, die<br />
„neuen Medien“ als e<strong>in</strong> zusätzliches, nicht als ausschließliches<br />
Element der Ausstellungsgestaltung von Anfang an<br />
konzeptionell und damit auch <strong>in</strong> die F<strong>in</strong>anzierungsplanung<br />
e<strong>in</strong>zubeziehen.<br />
Es steht außer Frage, dass auch beim E<strong>in</strong>satz „neuer<br />
Medien“ das Exponat im Zentrum stehen muss und der<br />
Mediene<strong>in</strong>satz nur e<strong>in</strong> Mittel zur Umsetzung der Inhalte<br />
se<strong>in</strong> kann. Lediglich e<strong>in</strong>ige <strong>Museen</strong>, wie z. B. das Neanderthalmuseum<br />
<strong>in</strong> Mettmann (www.neanderthal.de)<br />
setzen konzeptionell gezielt auf die geballte Präsenz der<br />
„neuen Medien“ und zeigen Orig<strong>in</strong>alexponate nur an<br />
wenigen Stellen. Der Hauptvorteil ist sicherlich die Möglichkeit<br />
der spielerischen Vermittlung und Vertiefung<br />
von Wissens<strong>in</strong>halten durch die Interaktivität. Dem Besucher<br />
können zusätzliche Informationen angeboten wer-<br />
den. Die Gefahr dabei liegt aber dar<strong>in</strong>, dass <strong>in</strong> die <strong>in</strong>teraktiven<br />
Programme zu viele Detail<strong>in</strong>formationen e<strong>in</strong>fließen,<br />
die Besucher überfordern können, oder dass<br />
wesentliche Basis<strong>in</strong>formationen nicht leicht als solche<br />
erkennbar s<strong>in</strong>d.<br />
Am Beispiel der CD-ROM des Naturkunde- und Mammutmuseums<br />
<strong>in</strong> Siegsdorf lassen sich die genannten Vorund<br />
Nachteile der „neuen Medien“ zeigen. E<strong>in</strong>e Untersuchung<br />
von Isabell Bosch kam zu dem Schluss, dass<br />
diese CD-ROM, die dem virtuellen Besucher <strong>in</strong> der Reihenfolge<br />
des tatsächlichen Rundganges e<strong>in</strong>en Museumsbesuch<br />
anbietet, als Vor<strong>in</strong>formation oder als Nachbereitung<br />
e<strong>in</strong>es Museumsbesuches hervorragend geeignet ist.<br />
Dagegen fragt das Lernprogramm dieser CD-ROM stellenweise<br />
zu präzises Wissen ab, das Schüler niedrigerer<br />
Jahrgangsstufen leicht überfordern könnte. E<strong>in</strong> weiteres<br />
Problem bei der Erstellung e<strong>in</strong>es <strong>in</strong>teraktiven Angebots<br />
für Museumszwecke s<strong>in</strong>d sicherlich der Zeit- und Kostenaufwand.<br />
So nahm beispielsweise die Produktion der<br />
Multimedia CD-ROM „Mythos Moor“ etwa zwei Jahre <strong>in</strong><br />
Anspruch, auch wenn zu beachten ist, dass dies e<strong>in</strong><br />
registriertes Projekt im Rahmen der Weltausstellung<br />
EXPO 2000 <strong>in</strong> Hannover war. Die Kosten für die Erstellung<br />
e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>teraktiven CD-ROM wie dieser können sich auf bis<br />
zu € 100.000,- summieren, weshalb sie am ehesten bei<br />
großen Sonderausstellungen, die durch Projektmittel<br />
f<strong>in</strong>anziert werden, zum E<strong>in</strong>satz kommen.<br />
Mobile Besucher<strong>in</strong>formationssysteme<br />
ARBEITSHILFEN<br />
Der Hauptvorteil der mobilen Besucher<strong>in</strong>formationssysteme<br />
besteht dar<strong>in</strong>, dass damit besucherorientierte und <strong>in</strong>dividuelle<br />
Führungen möglich werden. Bei den mobilen<br />
Informationssystemen werden über e<strong>in</strong>em „Identifier“ an<br />
der Vitr<strong>in</strong>e, der auf e<strong>in</strong>en vom Besucher getragenen Empfänger<br />
reagiert, automatisch die relevanten Informationen<br />
zum jeweiligen Objekt an den Empfänger übermittelt, die<br />
man dann über Kopfhörer hören kann. E<strong>in</strong>e andere Möglichkeit<br />
der mobilen Informationssysteme besteht dar<strong>in</strong>,<br />
dass der Besucher über e<strong>in</strong>e Ziffernkomb<strong>in</strong>ation, die am<br />
Empfangsgerät e<strong>in</strong>gegeben wird, Programme zu e<strong>in</strong>zelnen<br />
Themen, die ihn <strong>in</strong>teressieren, jeweils selbst starten<br />
kann. Diese mobilen Führungssysteme werden z. B. mit<br />
großem Erfolg im Dokumentationszentrum Reichsparteitagsgelände<br />
<strong>in</strong> Nürnberg oder im Levi-Strauss-Museum<br />
Buttenheim e<strong>in</strong>gesetzt. Die Vorteile für den täglichen Museumsbetrieb<br />
liegen dar<strong>in</strong>, dass zum e<strong>in</strong>en Gruppenführungen,<br />
die <strong>in</strong> engen Räumen organisatorisch zum<br />
Problem werden können, durch diese <strong>in</strong>dividuelle Lösung<br />
entfallen, zum anderen können die Informationen auch für<br />
ausländische Museumsbesucher <strong>in</strong> Fremdsprachen an-
ARBEITSHILFEN 27<br />
geboten werden. Darüber h<strong>in</strong>aus lassen sich die im Gerät<br />
gespeicherten technischen Daten, die bei jedem Gebrauch<br />
automatisch erfasst werden, auch museologisch<br />
auswerten. Welches Informationsangebot wird besonders<br />
oft angewählt? Hören sich die Besucher den vollständigen<br />
Text ab oder nicht oder brechen sie schon vorher ab?<br />
Werden Informationen mehrfach abgerufen?<br />
E<strong>in</strong>e Neuerung im Bereich der mobilen Besucher<strong>in</strong>formationssysteme<br />
bieten Handheld-Computer. Der Besucher<br />
kann dabei se<strong>in</strong>e Informationen <strong>in</strong> Bild, Video, Ton und<br />
Text empfangen. Geplant ist der E<strong>in</strong>satz solcher Geräte,<br />
die zur Zeit mit etwa 750 €/Stück noch relativ teuer s<strong>in</strong>d,<br />
im Museum für Konkrete Kunst Ingolstadt. Erste Erfahrungen<br />
damit gibt es beispielsweise im Heidelberger Carl-<br />
Bosch-Museum.<br />
Stationäre Informationssysteme<br />
Wie die mobilen bieten auch die stationären Systeme den<br />
Vorteil, dass den <strong>in</strong>teressierten Besuchern ergänzende Informationen<br />
vermittelt werden können. Der Nachteil liegt<br />
aber dar<strong>in</strong>, dass meistens nur wenige Besucher diese<br />
Informationen auch gleichzeitig abrufen können, weil entweder<br />
zu wenige Term<strong>in</strong>als vorhanden oder die Touchscreens,<br />
auf denen die Informationen zur Verfügung<br />
stehen, zu kle<strong>in</strong> s<strong>in</strong>d. E<strong>in</strong>e mögliche Lösung dieses Problems<br />
bieten Multimedia-Touchmach<strong>in</strong>es, bei denen die<br />
Informationen, die von e<strong>in</strong>em Besucher über Touchscreen<br />
abgerufen werden, gleichzeitig auf e<strong>in</strong>e Projektionswand<br />
über dem Term<strong>in</strong>al rückprojiziert werden, um sie allen Besuchern<br />
zugänglich zu machen. Informationsstelen mit<br />
Touchscreen werden direkt neben dem Objekt platziert<br />
und s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>dividuell steuerbar. Mit Preisen zwischen 5.000<br />
und 10.000 € nur für die Hardware s<strong>in</strong>d diese statischen<br />
Informationselemente wohl nur für wenige <strong>Museen</strong> erschw<strong>in</strong>glich.<br />
Virtuelle Welten: Besser als jede Realität?<br />
Besonders bei archäologischen <strong>Museen</strong> bieten sich<br />
Computeranimationen zur Rekonstruktion vergangener<br />
Lebenswelten, die oft nur durch fragmentarisch erhaltenes<br />
Fundmaterial belegbar s<strong>in</strong>d, an. Diese virtuellen<br />
Welten, die e<strong>in</strong>er provokanten These von M. Emele zufolge<br />
„besserer, sauberer und glaubwürdiger als jede Realität<br />
s<strong>in</strong>d“, lassen sich besonders gut zur Illustration des<br />
historischen Umfeldes archäologischer Funde e<strong>in</strong>setzen,<br />
wie dies beispielsweise bei der virtuellen Rekonstruktion<br />
der ste<strong>in</strong>zeitlichen Stadt von Çatal Höyük (Türkei) erfolgte.<br />
E<strong>in</strong> weiteres E<strong>in</strong>satzgebiet der virtuellen Welten ist die<br />
Mythos Moor: Startseite der CD, von der aus man <strong>in</strong> Wort und<br />
Bild, Filmen und Spielen verschiedenste Facetten des Moores<br />
erkunden kann<br />
Darstellung archäologischer Ausgrabungen, die aus konservatorischen<br />
Gründen nicht der Allgeme<strong>in</strong>heit zugänglich<br />
s<strong>in</strong>d. Beispielhaft wurde diese virtuelle Darstellung<br />
des archäologischen Status Quo, verknüpft mit der Darstellung<br />
von Rekonstruktionen, bei der <strong>in</strong>ternationalen<br />
Sonderausstellung „Pompeji Wiederentdeckt“ praktiziert,<br />
die unter anderem <strong>in</strong> Stuttgart gezeigt wurde.<br />
<strong>Museen</strong> <strong>in</strong>s Netz<br />
E<strong>in</strong>en gänzlich anderen Aspekt bilden die virtuellen<br />
<strong>Museen</strong>, wobei hier zwischen der nur im Netz zu betrachtenden<br />
Sammlung oder Ausstellung und der www-<br />
Präsentation e<strong>in</strong>er real existieren Sammlung zu unterscheiden<br />
ist. Auch hier s<strong>in</strong>d zwei Beispiele archäologischer<br />
<strong>Museen</strong> zu nennen, die Internetpräsentation der<br />
Antikensammlung der Friedrich-Alexander-Universität<br />
Erlangen-Nürnberg (www.phil.uni-erlangen.de/~p1altar/<br />
aeriahome.html) und die Sammlungen des Archäologischen<br />
Instituts der Universität Gött<strong>in</strong>gen (www.gwdg.de/<br />
~archeo/html/galerie.html). In beiden Fällen lassen sich<br />
die mit Hilfe e<strong>in</strong>es 3D-Scanners erfassten Ausstellungsobjekte,<br />
die <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Bilddatensystem e<strong>in</strong>gebunden wurden,<br />
<strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es <strong>in</strong>teraktiven Panoramaraumes betrachten.<br />
Der Besucher im WorldWideWeb kann mit Hilfe der<br />
QuickTime-Virtual-Reality‘-Technologie dabei se<strong>in</strong>en<br />
Rundgang selbst bestimmen, sich frei <strong>in</strong> den virtuellen<br />
Ausstellungsräumen bewegen und die e<strong>in</strong>zelnen Objekte<br />
aus verschiedenen Blickw<strong>in</strong>keln betrachten oder vorgeschlagenen<br />
thematischen Rundwegen folgen. Mit der<br />
Anb<strong>in</strong>dung an das Internet und der Präsentation e<strong>in</strong>zelner<br />
Sammlungen im www ist e<strong>in</strong> weiterer Aspekt angesprochen,<br />
der gerade für die nichtstaatlichen <strong>Museen</strong> zuneh-
28<br />
mend wichtig wird: Die werbewirksame Selbstdarstellung<br />
nach außen im Internet und die s<strong>in</strong>nvolle Verknüpfung zu<br />
<strong>Museen</strong> gleicher oder ähnlicher Thematik <strong>in</strong> virtuellen<br />
Museumsverbünden, wie dies das Projekt toymuse der<br />
europäischen Spielzeugmuseen (www.toymuse.net) exemplarisch<br />
zeigte. Dabei sollten die <strong>Museen</strong> aber nicht<br />
nur über die offizielle Homepage auff<strong>in</strong>dbar se<strong>in</strong>, sondern<br />
die <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>zelnen Websites enthaltenen Informationen<br />
über Suchmasch<strong>in</strong>en auch e<strong>in</strong>en Quere<strong>in</strong>stieg <strong>in</strong> die offizielle<br />
Website e<strong>in</strong>es Museums ermöglichen.<br />
Der E<strong>in</strong>satz „neuer Medien“ im Museum kann, wenn er<br />
sorgfältig geplant und vom Anfang an konzeptionell e<strong>in</strong>bezogen<br />
wird, zu e<strong>in</strong>er s<strong>in</strong>nvollen Ergänzung des Vermittlungsangebotes<br />
im Museum und zu e<strong>in</strong>er überzeugenden<br />
Werbung für das Museum werden. Bei Interesse können<br />
nähere Informationen zu den im Text genannten Anwendungsbereichen<br />
bei der Landesstelle für die nichtstaatlichen<br />
<strong>Museen</strong> <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> angefordert werden.<br />
Literatur<br />
Christof Flügel<br />
Appel, Eva: <strong>Museen</strong> im Internet – e<strong>in</strong>ige Beobachtungen, Augsburger<br />
Volkskundliche Naachrichten 15/2002, S. 17-22<br />
Compania Media (Hrsg.): Neue Medien <strong>in</strong> <strong>Museen</strong> und Ausstellungen.<br />
E<strong>in</strong>satz – Beratung – Produktion, E<strong>in</strong> Praxis-Handbuch,<br />
Bielefeld 1998<br />
Duerkohp, Frank: Das virtuelle Museum. Multimediale Präsentation<br />
e<strong>in</strong>es Museums durch <strong>in</strong>teraktive Medien am Beispiel der<br />
Sammlungen des Archäologischen Instituts der Universität Gött<strong>in</strong>gen,<br />
<strong>in</strong>: Noelke (s. u.), S. 280-283<br />
Emele, Mart<strong>in</strong>: Virtuelle Welten: Besser, sauberer und glaubwürdiger<br />
als jede andere Realität, <strong>in</strong>: Noelke (s. u.), S. 262-267<br />
Gebhard, Rupert: Der E<strong>in</strong>satz <strong>in</strong>teraktiver Medien im Niederbayerischen<br />
Vorgeschichtsmuseum Landau a. d. Isar, <strong>in</strong>: Weber<br />
(s. u.), S. 110-113<br />
Gemmeke, Claudia: Real und digital. Multimedia im Museum, <strong>in</strong>:<br />
Gemmeke, Claudia /John, Hartmut/Krämer, Harald (Hrsg.): Euphorie<br />
Digital? Aspekte der Wissensvermittlung <strong>in</strong> Kunst, Kultur<br />
und Technologie, Schriften zum Kultur- und Museumsmanagement,<br />
Bielefeld 2001, S. 183-189<br />
Klotz, He<strong>in</strong>rich: Die Entdeckung von Çatal Höyük. Der archäologische<br />
Jahrhundertfund, München 1997<br />
Pompeji Wiederentdeckt, Ausstellungskatalog New York u. a.<br />
1990-1993, Rom 1993<br />
ARBEITSHILFEN<br />
Noelke, Peter (Hrsg.): Archäologische <strong>Museen</strong> und Stätten der<br />
römischen Antike – Auf dem Wege vom Schatzhaus zum Erlebnispark<br />
und virtuellen Informationszentrum? Referate des 2. Internationalen<br />
Kolloquiums zur Vermittlungsarbeit <strong>in</strong> <strong>Museen</strong>,<br />
Köln 3.-6. Mai 1999, Bonn 2001<br />
Stäbler, Wolfgang: Virtuell, real – oder doch lieber beides? Zur<br />
realen Eröffnung e<strong>in</strong>er virtuellen Ausstellung, Museum heute<br />
22/2001, S. 52 f.<br />
Weber, Gerhard (Hrsg.): Archäologie und Market<strong>in</strong>g. Alte und<br />
neue Wege <strong>in</strong> der Präsentation archäologischer Stätten. Neue<br />
Medien, Beiträge zum 3. Cambodunum-Symposium, Kempten<br />
9. u. 10. Oktober 2000, Kempten i. A. 2001
ARBEITSHILFEN 29<br />
BRÜCKE ZWISCHEN KUNST UND KIND, ODER:<br />
LUST AUF BAROCKE KOSTBARKEITEN<br />
Schlösserführungen für K<strong>in</strong>der und Eltern<br />
Professionelle K<strong>in</strong>derführungen<br />
S<strong>in</strong>d K<strong>in</strong>derführungen e<strong>in</strong>e Kunst? M<strong>in</strong>iaturisierte Erwachsenenführungen,<br />
nur sachlich und zeitlich reduziert,<br />
gehen an den k<strong>in</strong>dlichen Erfahrungswelten vorbei und<br />
lassen den K<strong>in</strong>dern kaum Raum, eigene Vorstellungen zu<br />
entwickeln und e<strong>in</strong>zubr<strong>in</strong>gen. Deshalb s<strong>in</strong>d bei K<strong>in</strong>der-<br />
Führungen fundierte fachliche Kenntnisse über die kognitive,<br />
emotionale und soziale Entwicklung des anvisierten<br />
k<strong>in</strong>dlichen Zielpublikums ebenso wichtig wie die, dem zu<br />
vermittelnden Gegenstand angemessenen, kunsthistorischen<br />
Kenntnisse.<br />
Noch komplexer wird die Führungsstruktur, sollen Eltern-<br />
K<strong>in</strong>d-Führungen angeboten werden, welche den Erwachsenen<br />
nicht nur e<strong>in</strong>e Statistenrolle zuweisen. Zudem bilden<br />
sich, selbst bei e<strong>in</strong>er kurzen Führungszeit von etwa<br />
zwei Stunden, zwischen den K<strong>in</strong>dern Ansätze zu e<strong>in</strong>er<br />
Gruppenbildung heraus. Sollen deshalb K<strong>in</strong>derführungen<br />
nachhaltig wirksam werden, müssen alle diese Faktoren<br />
nicht nur bedacht, sondern <strong>in</strong> ihren wechselseitigen Vernetzungen<br />
berücksichtigt werden.<br />
Wozu Theorie?<br />
Professionelle Museumspädagogik benötigt aus diesen<br />
Gründen e<strong>in</strong>e fundierte Vermittlungstheorie. Basis me<strong>in</strong>er<br />
museumspädagogischen Arbeit ist die „Themenzentrierte<br />
Interaktion“ von Ruth C. Cohn 1 , e<strong>in</strong>e didaktische Methode,<br />
die e<strong>in</strong> ausgezeichnetes theoretisches Modell bietet,<br />
alle bei K<strong>in</strong>der-Führungen auftretenden Phänomene optimal<br />
zu erfassen und zu erklären. Wesentlich ist hier, dass<br />
das e<strong>in</strong>zelne K<strong>in</strong>d, die Gruppe und der zu vermittelnde<br />
Gegenstand von gleicher Wertigkeit s<strong>in</strong>d. Bei der Planung<br />
e<strong>in</strong>er Führung steht die Balance dieser drei Punkte im<br />
Zentrum aller Überlegungen, ebenso wichtig ist aber der<br />
„Globe“, d. h. <strong>in</strong> unserem Fall das umgebende museale<br />
Umfeld. Bei dem Entwerfen e<strong>in</strong>er erfolgreichen K<strong>in</strong>der-<br />
Führung s<strong>in</strong>d alle diese Faktoren zu berücksichtigen und<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e „Inszenierung“ e<strong>in</strong>zubr<strong>in</strong>gen.<br />
„Das strukturelle Bild der Themenzentrierten Interaktion<br />
(TZI) ist daher das Ich-Wir-Es-Dreieck: die Verb<strong>in</strong>dung<br />
dreier Punkte von gleicher Wichtigkeit – Individuum,<br />
Gruppe und das Thema -, das sich <strong>in</strong> der gegenseitigen<br />
Umgebungskugel, dem Globe, bef<strong>in</strong>det.“ 2 Anreichern<br />
(Enrichment-Program) läßt sich dieses didaktische Modell<br />
hervorragend mit anderen z. B. erlebnispädagogischen<br />
Theorien 3 und erlebnisorientierten Spielen: „Flow-learn<strong>in</strong>g“<br />
und Erfahren mit allen S<strong>in</strong>nen bilden die Basis me<strong>in</strong>er<br />
Entwürfe für jede konkrete Führung.<br />
Der „Globe“ <strong>in</strong> fürstlichen Räumen<br />
Grundsätzlich gilt: barocke Räume s<strong>in</strong>d für K<strong>in</strong>der ungewohnte<br />
Umgebungen, die sich gänzlich von ihren alltäglichen<br />
Erfahrungsräumen unterscheiden. Kenntnisse über<br />
angemessene Verhaltensweisen (z. B. nichts anfassen,<br />
nicht rennen, nicht laut schreien) sollte von der führenden<br />
Person nicht vorausgesetzt, sondern als wesentliches<br />
Moment <strong>in</strong> die Führung e<strong>in</strong>gebaut werden. Schlösser s<strong>in</strong>d<br />
mit kostbaren Materialien ausgestattet, welche den K<strong>in</strong>dern<br />
aus ihrem üblichen Umfeld nicht bekannt se<strong>in</strong> dürften.<br />
Diese Materialien sollten die K<strong>in</strong>der – soweit dies<br />
möglich ist – authentisch erfahren können. Schlösser s<strong>in</strong>d<br />
Raumkunstmuseen, deshalb verschmelzen hier „Globe“<br />
und zu vermittelnde Gegenstände zur ganzheitlichen<br />
Raumkunsterfahrung.<br />
Gerade barocke Kunst wurde explizit als Gesamtkunstwerk<br />
zur Betörung der S<strong>in</strong>ne gedacht, geplant und ausgeführt.<br />
Dieses Zusammenwirken von E<strong>in</strong>drücken kann<br />
den K<strong>in</strong>dern, ihrem Erfahrungshorizont angepasst, ganzheitlich<br />
erfolgreich nahegebracht werden. Durch E<strong>in</strong>satz<br />
von Musik oder durch gezieltes Ausblenden e<strong>in</strong>es S<strong>in</strong>nes<br />
(z. B. Augen-Verb<strong>in</strong>den) können K<strong>in</strong>der, gerade auch die<br />
ganz Kle<strong>in</strong>en (unter 6 Jahren), dieses barocke Raumerlebnis<br />
hautnah am eigenen Leib nachvollziehen.<br />
Die Wiederentdeckung griechischer und römischer Mythologie<br />
durch die adelige Führungsschicht schlägt sich<br />
<strong>in</strong> der Thematik barocker Raumausstattung sichtbar nieder.<br />
Weiß man, wie sehr K<strong>in</strong>der Geschichten lieben und<br />
versteht man, diese Geschichten über griechische und<br />
römische Götter, Gött<strong>in</strong>nen und Helden dem Auffassungsvermögen<br />
der anvisierten Altersstufe anzupassen,<br />
so werden die K<strong>in</strong>der zu wissbegierigen Zuhörern, die<br />
nach „mehr“ verlangen.
30<br />
Höfisches Leben <strong>in</strong> den Räumen barocker Schlösser ist<br />
nur für den E<strong>in</strong>geweihten und <strong>in</strong>direkt sichtbar. Die Raumausstattung,<br />
vor allem Bilder und Möbel s<strong>in</strong>d Quellen und<br />
Ausgangspunkte für spannende Geschichten aus der damaligen<br />
Zeit. Besonders K<strong>in</strong>derporträts oder bestimmte<br />
Details auf Abbildungen können, auf K<strong>in</strong>der-Ebene geschickt<br />
„übersetzt“, tiefgreifendes Interesse wecken.<br />
K<strong>in</strong>d und s<strong>in</strong>nliches Be-greifen<br />
K<strong>in</strong>der – und nicht nur diese – erfahren ihre Welt mit allen<br />
S<strong>in</strong>nen. Dieses Erleben mit allen S<strong>in</strong>nen – vielerorts nur<br />
als Floskel gebraucht –, diese Form der Weltaneignung<br />
muss gerade bei Schlösserführungen überaus Ernst genommen<br />
werden. In unserer Gesellschaft dom<strong>in</strong>iert der<br />
Seh-S<strong>in</strong>n, und allzu leicht wird vergessen, dass unsere<br />
Umgebung auch durch Hören, Riechen, Fühlen und<br />
Schmecken erfahren wird. Bei der Planung e<strong>in</strong>er K<strong>in</strong>der-<br />
Führung gilt es, jeden Raum nach se<strong>in</strong>en Möglichkeiten<br />
zu befragen, welche s<strong>in</strong>nliche Qualitäten dieses Umfeld<br />
enthält, und welche S<strong>in</strong>ne zu dessen Erfahrung genutzt<br />
werden können.<br />
K<strong>in</strong>der lernen ganzheitlich. In ihrem alltäglichen Umfeld<br />
erobern sie sich aktiv, spontan, konzentriert und ausdauernd<br />
e<strong>in</strong>e neue Umgebung oder e<strong>in</strong>en ihnen bislang unbekannten<br />
Gegenstand, wenn er für sie attraktiv ersche<strong>in</strong>t<br />
und neue Erfahrungen birgt. Zugleich muss aber<br />
e<strong>in</strong>e Verknüpfung mit ihren bisherigen Lebenserfahrungen<br />
möglich se<strong>in</strong>, es muss e<strong>in</strong>e Integration des „Neuen<br />
Wissens“ auf möglichst vielen Ebenen erfolgen können.<br />
Das Anspruchsniveau der Führung darf also weder zu<br />
hoch noch zu niedrig se<strong>in</strong>, bereits <strong>in</strong> den ersten M<strong>in</strong>uten<br />
der Führung müssen die K<strong>in</strong>der den E<strong>in</strong>druck haben,<br />
dass es spannende und lustvolle D<strong>in</strong>ge zu tun geben<br />
wird. Zu große Altersunterschiede <strong>in</strong>nerhalb der Gruppe<br />
s<strong>in</strong>d deshalb nicht vorteilhaft.<br />
Spielend lernen K<strong>in</strong>der sprechen. Raff<strong>in</strong>iert strukturierte<br />
Führungen können K<strong>in</strong>dern spielend die Grammatik von<br />
Architektur und Raumausstattung vermitteln. Auf andere<br />
Umgebungen übertragbar, kann dieses Wissen explizit<br />
als „Schlüssel“ angeboten werden. Der Reiz, sich selbst<br />
als kompetente Entdecker und „Entzifferer“ zu erleben,<br />
kann so zusätzlich motivieren.<br />
Bereits Kle<strong>in</strong>k<strong>in</strong>der s<strong>in</strong>d imstande, Gegenstände als Symbol<br />
für gerade nicht anwesende Personen zu begreifen.<br />
E<strong>in</strong> Gegenstand kann also an e<strong>in</strong>e Sache oder auch an<br />
e<strong>in</strong>en Sachverhalt er<strong>in</strong>nern und e<strong>in</strong>e Reihe von angenehmen<br />
oder unangenehmen Er<strong>in</strong>nerungen auslösen. E<strong>in</strong><br />
kle<strong>in</strong>es „symbolische Er<strong>in</strong>nerungsstück“, e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>es Ge-<br />
schenk zum Mitnehmen kann also als „Repräsentant“ für<br />
die gesamte Führung erlebt werden und auch zu Hause<br />
an die Führung er<strong>in</strong>nern.<br />
Über die Sprache h<strong>in</strong>aus sollten andere Zugangsweisen,<br />
z. B. akustische und haptische Erfahrungsmöglichkeiten,<br />
bei e<strong>in</strong>er K<strong>in</strong>der-Führung immer wieder angeboten werden.<br />
Durch die gezielte Ausschaltung e<strong>in</strong>es S<strong>in</strong>nes können diese<br />
nichtsprachlichen Erfahrungen noch <strong>in</strong>tensiviert werden,<br />
Fantasie und Kreativität können sich entfalten.<br />
K<strong>in</strong>der-Führungen als Gruppenerlebnis<br />
ARBEITSHILFEN<br />
Schlosstreppen mit dem eigenen Leib erfahren: Wir tragen e<strong>in</strong>en<br />
imag<strong>in</strong>ären Reifrock und Schuhe mit Absätzen und üben uns im<br />
vorsichtigen H<strong>in</strong>auf- und H<strong>in</strong>abschreiten der Freitreppe zum<br />
Spiegelsaal der Amalienburg<br />
Selbst <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em so kurzen Zeitraum wie bei e<strong>in</strong>er zweistündigen<br />
K<strong>in</strong>derführung entstehen Ansätze zur Gruppenbildung.<br />
Geschickte Arrangements und gezielte Angebote<br />
während der Führung können dies verstärken und<br />
so zu e<strong>in</strong>em positiven „Lern-Klima“ beitragen. Durch die<br />
unbewusste wechselseitige Animation der K<strong>in</strong>der entsteht<br />
e<strong>in</strong>e kollektive Neugier auf das nächste Erlebnis, auf
ARBEITSHILFEN 31<br />
den nächsten Raum. Gegenseitiges Helfen und wechselseitige<br />
Rücksichtnahme verstärken das Gefühl, geme<strong>in</strong>sam<br />
wertvolle Erfahrungen machen zu können.<br />
Wenn es möglich ist, sollten die begleitenden Erwachsenen<br />
<strong>in</strong> diesen Gruppenprozess <strong>in</strong>tegriert werden. Vor Ort<br />
als Helfer und Begleiter der K<strong>in</strong>der (z. B. Führen der „bl<strong>in</strong>den“<br />
K<strong>in</strong>der), die – je nach Anforderung der jeweiligen<br />
Situation – aktiv oder passiv ihren K<strong>in</strong>dern beistehen,<br />
später zu Hause als <strong>in</strong>formierte Gesprächspartner, die geme<strong>in</strong>sam<br />
mit ihren K<strong>in</strong>dern das Erlebte nochmals Revue<br />
passieren lassen oder die K<strong>in</strong>der ermutigen, ihre E<strong>in</strong>drücke<br />
aktiv z. B. auf bildnerischer oder gestalterischer<br />
Ebene zu verarbeiten.<br />
Darüber h<strong>in</strong>aus können die Erwachsenen bei K<strong>in</strong>derfragen<br />
auch ihr eigenes Wissen, unbemerkt von anderen, erweitern,<br />
ohne verme<strong>in</strong>tlich ihr „Gesicht“ verlieren zu müssen.<br />
Die K<strong>in</strong>der stellen oft jene Fragen, die Erwachsene<br />
als „k<strong>in</strong>disch“ empf<strong>in</strong>den. Das konkrete Betasten von mitgebrachten<br />
Orig<strong>in</strong>alobjekten, das Hören von Musik und<br />
das Suchen nach unauffälligen, für K<strong>in</strong>der oft <strong>in</strong>teressanten<br />
Details macht ihnen erfahrungsgemäß aber ebenso<br />
viel Freude wie den K<strong>in</strong>dern. Die Familie als Gruppe wie<br />
auch die Erwachsenen als Gruppe, diese Erfahrungen<br />
können sich wechselseitig verstärken. Hier kann e<strong>in</strong>e<br />
neue Form von Elternbildung entstehen.<br />
Nymphenburg und se<strong>in</strong>e Schlösschen: spannungs- und<br />
fantasievolles „Inszenieren“ mit allen S<strong>in</strong>nen<br />
Be-greifen mit den S<strong>in</strong>nen macht S<strong>in</strong>n<br />
K<strong>in</strong>d, Gruppe und Schloss s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er „fantasie-vollen<br />
Inszenierung“ auf verschiedenen Ebenen <strong>in</strong> Beziehung zu<br />
br<strong>in</strong>gen. Möglichkeiten zur s<strong>in</strong>nlichen Erfahrung bilden<br />
dabei das Hauptmotiv. Als Ouvertüre und Auftakt zum<br />
Thema dient die Intensivierung der körperlichen Erfahrung<br />
durch die E<strong>in</strong>schränkung e<strong>in</strong>es S<strong>in</strong>nes: Die Augen<br />
werden verbunden. Die Spannung steigt, völlige Konzentration<br />
auf die eigenen körperlichen Fähigkeiten ist ebenso<br />
notwendig wie das unbed<strong>in</strong>gte Vertrauen <strong>in</strong> die führende<br />
erwachsene Person. Die Eltern s<strong>in</strong>d aktiv als Begleiter<br />
gefordert, das geme<strong>in</strong>same Gruppenerlebnis beg<strong>in</strong>nt.<br />
Durch das Verb<strong>in</strong>den der Augen konzentrieren sich die<br />
K<strong>in</strong>der auf das H<strong>in</strong>aufschreiten auf der fürstlichen<br />
Freitreppe von Schloss Nymphenburg, der Höhenunterschied<br />
wird körperlich nachvollziehbar, das Schreiten <strong>in</strong><br />
fürstlichen Gewändern – e<strong>in</strong>e knappe Information der<br />
K<strong>in</strong>der über adelige Kleidungsstücke und Verhaltensweisen<br />
erfolgte vor dem Augenverb<strong>in</strong>den – kann von den<br />
K<strong>in</strong>dern durch das langsame H<strong>in</strong>aufgehen ansatzweise<br />
erlebt werden.<br />
Im Hauptsaal (Ste<strong>in</strong>erner Saal) angelangt, bleiben die<br />
Augen noch immer verbunden. Die K<strong>in</strong>der erhalten e<strong>in</strong><br />
Seidenkissen (das edle Material ist Spiegel der kostbaren<br />
Ausstattung des Schlosses), lassen sich nieder und dürfen<br />
den Prunksaal zunächst akustisch erleben: sie hören<br />
den ersten Satz aus Vivaldis „Die Vier Jahreszeiten“. Barock<br />
als Gesamtkunstwerk, Musik aus dieser Epoche und<br />
die damalige Nutzung des Schlosses als Sommerresidenz<br />
bzw. des Raumes als Festsaal erleben die K<strong>in</strong>der so<br />
<strong>in</strong>tensiv und direkt, ohne weitschweifige verbale Erläuterungen<br />
durch die führende Person. Außerdem fördert das<br />
zeitweilige „Erbl<strong>in</strong>den“ Konzentration und Vorstellungskraft.<br />
Eltern und auch fremde Besucher s<strong>in</strong>d beim Anblick<br />
der völlig <strong>in</strong> sich versunkenen K<strong>in</strong>der immer wieder entzückt<br />
und hören selbst auch gerne „Orig<strong>in</strong>alklänge“ <strong>in</strong><br />
diesem festlichen Raum. Beim Abnehmen der Augenb<strong>in</strong>den<br />
ist das Erstaunen der K<strong>in</strong>der meist groß und es<br />
dauert e<strong>in</strong>e Weile, bis sie ihre akustischen und jetzt auch<br />
optischen Erfahrungen <strong>in</strong> E<strong>in</strong>klang br<strong>in</strong>gen können.<br />
Die Sprache des Materials<br />
Die Erkundung des Saales und se<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>richtung erfolgt<br />
nicht nur auf verbaler und optischer Ebene. In kostbare<br />
Behältnisse verpackt – das Nichtsichtbare steigert die<br />
Spannung – s<strong>in</strong>d zum Erstaunen der K<strong>in</strong>der Objekte, die<br />
sich an Wand und Decke bef<strong>in</strong>den: Stuckteile, geschliffene<br />
Kristalle, ähnlich den Lüstern im Saal, echte Perlen,<br />
Edelste<strong>in</strong>e und ähnliche edle D<strong>in</strong>ge, die sie auch an<br />
Wand, Decke oder <strong>in</strong> Gemälden entdecken können. Die<br />
K<strong>in</strong>der dürfen diese „Ersatzobjekte“ <strong>in</strong> die Hand nehmen,<br />
betrachten, befühlen. Es ist sehr bee<strong>in</strong>druckend, wie lange<br />
selbst die ganz Kle<strong>in</strong>en geduldig warten können, bis<br />
sie endlich diese Kostbarkeiten <strong>in</strong> die Hand nehmen dürfen.<br />
Sie wissen die Exklusivität und E<strong>in</strong>maligkeit der Objekte<br />
zu schätzen und behandeln sie mit besonderer<br />
Sorgfalt. Ihr Bedürfnis, etwas anzufassen, was sie nicht<br />
kennen, um es im wahrsten S<strong>in</strong>n des Wortes zu begreifen,<br />
wird so auf angenehme und den K<strong>in</strong>dern angemessene<br />
Weise gestillt. Die K<strong>in</strong>der fühlen sich mit ihren Bedürfnissen<br />
angenommen und widmen sich mit wahrer H<strong>in</strong>gabe<br />
und erstaunlicher Ausdauer ihren „Entdeckungen“.<br />
Raum für Raum wird so von den K<strong>in</strong>dern erobert, systematisch<br />
die „Kleidung“ von Wand, Decke und Boden<br />
imag<strong>in</strong>är untersucht. Raumausstattungen, die sich von<br />
den bisherigen unterscheiden, oder Gemälde werden<br />
durch immer wieder neue Objekte erfahrbar und damit <strong>in</strong>teressant:<br />
Wandbespannungen oder Möbelbezüge werden<br />
anhand kle<strong>in</strong>er Stücke e<strong>in</strong>es Orig<strong>in</strong>alsstoffes ertastet,<br />
Details aus Gemälden durch authentische Gegenstände<br />
begreifbar. Die Krönungsmäntel, mit Hermel<strong>in</strong> gefüttert,<br />
können nie mehr im Leben mit anderen Pelzen – die Aussage<br />
e<strong>in</strong>es K<strong>in</strong>des: „Das ist e<strong>in</strong> Dalmat<strong>in</strong>erfell!“ ist wohl
32<br />
Mit verbundenen Augen im Nymphenburger Schlosspark<br />
mit dem Disney-Film „101 Dalmat<strong>in</strong>er“ <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung zu<br />
setzen – verwechselt werden, hat man erst e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong>en<br />
echten Hermel<strong>in</strong>schwanz <strong>in</strong> der Hand gehalten und e<strong>in</strong>iges<br />
über das Leben des Wiesels und se<strong>in</strong>e Verhaltensweisen<br />
erfahren.<br />
Bücher, Geschichten und Kissen, e<strong>in</strong>e erstaunliche<br />
Komb<strong>in</strong>ation<br />
Wichtig ist auch, K<strong>in</strong>dern zu zeigen, woher bestimmte<br />
Informationen stammen. Ich zeige deshalb meist ke<strong>in</strong>e<br />
Kopien, sondern br<strong>in</strong>ge die entsprechenden K<strong>in</strong>der-<br />
Sachbücher, aber auch andere Sachbücher mit, schlage<br />
die <strong>Seiten</strong> auf und mache so die K<strong>in</strong>der mit me<strong>in</strong>en Quellen<br />
vertraut. Die Erwachsenen ermuntere ich, später zu<br />
Hause geme<strong>in</strong>sam mit ihren K<strong>in</strong>dern, <strong>in</strong> Büchereien oder<br />
Buchhandlungen nach diesen Fach<strong>in</strong>formationen zu<br />
suchen.<br />
Das Fresko an der Decke wird zum Bilderbuch, die Bilder<br />
an der Decke oder an der Wand können von den K<strong>in</strong>dern<br />
<strong>in</strong> Ruhe genossen werden: sie nehmen ihre Kissen mit<br />
von Raum zu Raum, machen es sich bequem und hören<br />
entspannt zu. Die ganz Kle<strong>in</strong>en kommen sogar auf die<br />
Idee, sich auf „ihre“ Kissen zu legen und so mit unverkrampftem<br />
Blick zur Decke <strong>in</strong> aller Ruhe den Geschichten<br />
zu lauschen. So ist es erstaunlicherweise möglich, selbst<br />
sehr komplizierte Verwicklungen <strong>in</strong> der griechischen<br />
Götterwelt der K<strong>in</strong>dergruppe nahe zu br<strong>in</strong>gen. Die Kissen<br />
bilden sozusagen das Rückgrat der Führung, die K<strong>in</strong>der<br />
haben etwas <strong>in</strong> der Hand, das Ritual des Sichsetzens ist<br />
schnell e<strong>in</strong>geübt, die K<strong>in</strong>der s<strong>in</strong>d entspannt beim<br />
Zuhören, unkontrolliertes Umherlaufen kommt ihnen gar<br />
nicht <strong>in</strong> den S<strong>in</strong>n.<br />
Geschichte und Geschichten oder das Ende ist der Anfang:<br />
„K<strong>in</strong>der s<strong>in</strong>d nicht belehrbar. Sie können nur selbst<br />
lernen.“ 4<br />
Schloss-Führungen für K<strong>in</strong>der sollen das Tor zu neuen<br />
Welten öffnen; Neugier, Freude und emotionales Berührtse<strong>in</strong><br />
bilden die Basis für diese Welt-Aneignung. Nicht<br />
Jahreszahlen und Namen bayerischer Herrscher s<strong>in</strong>d<br />
deshalb das Wichtigste, sondern der Dialog mit den D<strong>in</strong>gen<br />
und den anderen Mitmenschen.<br />
Die Meeresgött<strong>in</strong> Thetis auf dem Deckenbild des kurfürstlichen<br />
Schlafzimmers beschenkt den Fürsten mit den<br />
Schätzen des Meeres. Am Ende der Führung im Schloss<br />
Nymphenburg darf sich jedes K<strong>in</strong>d aus e<strong>in</strong>er großen<br />
Muschel e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Meeresschnecke zum Mitnehmen<br />
aussuchen. Das kle<strong>in</strong>e Geschenk stellt zugleich Symbol<br />
und Versprechen dar: Er<strong>in</strong>nerung an das positive Erlebnis<br />
und Vorfreude auf die nächste Führung. Beglückt umklammern<br />
die K<strong>in</strong>der ihren „Schatz“ und etliche s<strong>in</strong>d<br />
schon wieder gekommen – zu e<strong>in</strong>er anderen Führung mit<br />
allen S<strong>in</strong>nen.<br />
Anita Heft<br />
Anmerkungen<br />
ARBEITSHILFEN<br />
1 Cohn, Ruth C.: Es geht ums Anteilnehmen. Die Begründer<strong>in</strong><br />
der TZI zur Persönlichkeitsentfaltung, Freiburg im Breisgau<br />
1993<br />
2 ebd., S. 21<br />
3 Cornell, Joseph: Mit Freude die Natur erleben. Naturerfahrungsspiele<br />
für alle, Mülheim an der Ruhr 1991, vgl. S.46-47<br />
4Elschenbroich, Donata: Weltwissen der Siebenjährigen. Wie<br />
K<strong>in</strong>der die Welt entdecken können, München 2001, S.45
FOTOGRAFIE 33<br />
KONSERVATORISCHE SICHERUNG UND DIGITALE<br />
ERSCHLIESSUNG HISTORISCHER GLASPLATTEN-<br />
NEGATIVBESTÄNDE<br />
Zur Archivierung sowie hitze- und druckbelastungsfreien<br />
„Duplizierung“<br />
Trotz mancher Publikation seit den 1970er und 80er Jahren<br />
ist <strong>in</strong> den meisten europäischen Ländern das<br />
Bewusstse<strong>in</strong> um die Gefährdung der Bestände fotografischer<br />
Altaufnahmen erst <strong>in</strong> den vergangenen Jahren<br />
richtig gewachsen. Dies steht nicht zuletzt im Zusammenhang<br />
mit der ernorm gestiegenen Wertschätzung<br />
alter Fotografien (vor allem der sog. v<strong>in</strong>tage pr<strong>in</strong>ts, also<br />
den Orig<strong>in</strong>alabzügen von Aufnahmen bedeutender Fotografen)<br />
auf dem <strong>in</strong>ternationalen Kunstmarkt.<br />
In der Vergangenheit wurde dem Fotobestand <strong>in</strong> <strong>Museen</strong>,<br />
Archiven und Sammlungen oft nur ger<strong>in</strong>ges konservatorisches<br />
Interesse zuteil, da er entweder als leicht reproduzierbares<br />
„Arbeitsmittel“ oder als eher ungeliebter, weil<br />
häufig recht unordentlicher Sammlungsteil galt. Nun zeigt<br />
die Diskussion der vergangenen Jahre, dass auch hier e<strong>in</strong><br />
Umdenken zum<strong>in</strong>dest begonnen hat. Handelt es sich –<br />
<strong>in</strong>zwischen weitgehend unbestritten – doch um nicht<br />
mehr bzw. weniger als unser visuelles „Gedächtnis“ des<br />
Zeitraumes von etwa 1840 bis heute. In der Folge wurde<br />
und wird <strong>in</strong> zahlreichen Institutionen, <strong>Museen</strong>, Sammlungen<br />
und Archiven über Erhaltung und Erschließung nachgedacht,<br />
wurden Lösungswege erarbeitet und erprobt.<br />
Durch die rasante Entwicklung im Bereich digitaler Bildverarbeitung<br />
wird heute jedoch <strong>in</strong> den meisten Institutionen<br />
die Digitalisierung der Bildbestände und zur Verfügungstellung<br />
der entsprechenden Daten <strong>in</strong> Intra- bzw.<br />
Internet als Ziel avisiert, konkret geplant bzw. bereits umgesetzt.<br />
Auch das <strong>in</strong> den letzten Jahren <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er HiDA-<br />
Datenbank <strong>in</strong>ventarisierte Fotoarchiv der Landesstelle für<br />
die nichtstaatlichen <strong>Museen</strong> <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> mit se<strong>in</strong>en gut<br />
45.000 Bildern (von 1870 bis heute) wird zur Zeit digitalisiert<br />
und mit e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>fachen Suchmaske sowohl im<br />
geplanten Intranet der Landesstelle als auch – wohl bis<br />
Ende 2002 – im Internet unter www.museen-<strong>in</strong>-bayern.de<br />
zur Verfügung stehen.<br />
Zur Archiv- und Erschließungssituation von Glasplattennegativen<br />
Als <strong>in</strong> ihrer Substanz besonders gefährdet erwiesen sich<br />
(neben den feuergefährlichen Zellulosenitratfilmen) die<br />
Bestände an historischen Glasplattennegativen, bei der<br />
die lichtempf<strong>in</strong>dliche Fotoschicht auf e<strong>in</strong>er Glasplatte als<br />
Träger liegt. Glas war (bis zur Entwicklung moderner Filmmaterialien)<br />
haltbarster und wichtigster Träger fotografischer<br />
Information im Zeitraum von etwa 1855 bis 1950.<br />
Dies gilt <strong>in</strong>sbesondere für die großformatige Fotografie –<br />
vor allem im professionellen Bereich. Zugleich ist Glas als<br />
dünne Scheibe sehr bruchanfällig und die fotografische<br />
Schicht haftet nur bed<strong>in</strong>gt an der Glasoberfläche.<br />
Mit marmoriertem Papier beklebte Archivbox aus Pappe (ca.<br />
1910/20) zur Aufbewahrung von etwa hundert 18 x 24 cm Glasplatten.<br />
Solche zwar schönen, aber lign<strong>in</strong>haltigen Schachteln<br />
s<strong>in</strong>d nicht archivgerecht<br />
Die im Laufe der Zeit <strong>in</strong> allen Sammlungen entstandenen<br />
Schäden an Glasplatten-Negativen wie Aussilberung,<br />
Verblassungen, Verfärbungen, Ablösungen, Organismenbefall<br />
oder Glasbruch entstanden sowohl durch ungeeignete<br />
Archivierungsbed<strong>in</strong>gungen, wie auch durch mangelhafte<br />
Herstellung oder Verarbeitung im fotografischen<br />
Entwicklungsprozess. Schon früh hatte man <strong>in</strong> vielen<br />
Archiven die schädigende Wirkung der Ausgasungen von<br />
Nitrozellulosefilmen sowohl auf Positivabzüge als auch<br />
auf Negative erkannt und diese vom restlichen Fotobestand<br />
separiert. Ebenso war die besondere Gefährdung<br />
des Glasplatten-Negativbestandes <strong>in</strong>sgesamt schon früh<br />
erkannt worden. Denn die Negative – ob auf Film oder<br />
Glas – stellen das eigentliche fotografische „Orig<strong>in</strong>al“ dar<br />
und enthalten mehr an fotografischer Information als<br />
jeder Abzug. So g<strong>in</strong>g man z. B. ab 1978 e<strong>in</strong>e Restaurierungskampagne<br />
an den gut 60.000 Glasnegativen des<br />
Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege <strong>in</strong> München<br />
an, um diese vor dem weiteren Verfall zu bewahren.<br />
Als die Maßnahme nach neun Jahren aus verschiedenen<br />
Gründen abgebrochen wurde, waren nach großem Kosten-<br />
und Zeitaufwand immerh<strong>in</strong> 15.100 Glasplatten e<strong>in</strong>er<br />
konservierenden bzw. restaurierenden Bearbeitung unterzogen<br />
worden. Die adäquate Archivierung und Erfassung<br />
dieses wissenschaftlich und künstlerisch bedeutenden<br />
Bestandes konnte damals jedoch nur stellenweise realisiert<br />
werden, und so muss, wie Sigrid Patellis schrieb,<br />
dieses Archiv „e<strong>in</strong> Ort für E<strong>in</strong>geweihte bleiben, die alle<strong>in</strong><br />
wissen, <strong>in</strong> welcher Sedimentschicht der langen Amtsge-
34<br />
schichte möglicherweise e<strong>in</strong>e gesuchte Aufnahme zu f<strong>in</strong>den<br />
ist“. 1 Diese Feststellung dürfte für den wohl überwiegenden<br />
Teil der Glasplatten-Negativbestände – gleich<br />
welcher Institution oder Sammlung – leider bis heute immer<br />
noch zutreffend se<strong>in</strong>.<br />
Die Lagerungssituation der Glasplattennegative ist häufig<br />
höchst bedenklich: Die Platten f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> nicht archivgerechte<br />
Tüten e<strong>in</strong>gesteckt (z. B. <strong>in</strong> säurehaltige Umschläge,<br />
die mit schwefelhaltigen Klebern geklebt und mit<br />
lösemittelhaltigen „T<strong>in</strong>ten“ beschriftet wurden), gar <strong>in</strong> Zeitungspapier<br />
e<strong>in</strong>gewickelt oder sie liegen zu zwanzig lose<br />
<strong>in</strong> ihrer alten Verkaufspackung – lign<strong>in</strong>haltigen Pappschachteln,<br />
die ke<strong>in</strong>eswegs archivgeeignet s<strong>in</strong>d. Manchmal<br />
f<strong>in</strong>den sich auch Hunderte <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e alte, mit marmoriertem<br />
Papier beklebte „Archiv“-Box aus Karton e<strong>in</strong>gelegt.<br />
Diese Archivierungsmethode sieht zwar von außen<br />
recht hübsch aus, ist aber ansonsten gänzlich ungeeignet.<br />
Nicht nur, dass die meist säurehaltige Pappe die<br />
Filmschicht schädigt: Solche Großbehältnisse enthalten<br />
<strong>in</strong> der Regel reihenweise gebrochene Glasplatten, die unter<br />
dem enormen Gewicht des Stapels bei e<strong>in</strong>er Druckbewegung<br />
des Behältnisses zerbrachen.<br />
Solcherart verpackte Bestände von Glasplatten, denen<br />
meist ke<strong>in</strong>e Positivabzüge mehr zugeordnet werden können,<br />
s<strong>in</strong>d freilich nur sehr e<strong>in</strong>geschränkt benutzbar. Nicht<br />
nur das Auspacken jeder e<strong>in</strong>zelnen Glasplatte (hoffentlich<br />
mit sauberen Baumwollhandschuhen) ist sehr zeitaufwendig,<br />
auch des Beurteilen des jeweils Abgebildeten im<br />
Negativ bedarf e<strong>in</strong>es geschulten Auges. Ob die Fotoschicht<br />
e<strong>in</strong>er Platte unter Lockerungen leidet, stellt sich<br />
leider erst nach ihrem Auspacken heraus. Das bedeutet,<br />
dass das Aus- und E<strong>in</strong>packen nur zum Zwecke des Anschauens,<br />
was denn auf e<strong>in</strong>er Platte abgebildet ist, jedes<br />
Mal Teile der lockeren Fotoschicht zum Abbröseln br<strong>in</strong>gen<br />
kann und daher zur Stillung – auch der wissenschaftlichen<br />
– Neugier möglichst unterbleiben sollte: Es gibt andere,<br />
schonendere Wege der Erschließung!<br />
Duplizierungsverfahren mittels Film<br />
Um den Verlust der e<strong>in</strong>zigartigen Information des Glasplattenbestandes<br />
im Deutschen Museum <strong>in</strong> München zu<br />
verh<strong>in</strong>dern, wurde zwischen 1994 und 2001 <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
Pilotprojekt mit Unterstützung der Fritz-Thyssen-Stiftung<br />
der Gesamtbestand an 13.000 Glasplattennegativen auf<br />
orthochromatischen Halbtonfilm dupliziert. Angewandt<br />
wurde die „Zweischritt-Methode der Glasplattenduplizierung“,<br />
<strong>in</strong>dem man zuerst im Kontaktkopiergerät mit automatischer<br />
Vakuumsteuerung e<strong>in</strong> Zwischenpositiv auf Film<br />
herstellt, von dem dann e<strong>in</strong> neues Filmnegativ für den La-<br />
FOTOGRAFIE<br />
Neue, <strong>in</strong>nen ungepufferte Glasnegativschachteln aus Archivkarton<br />
für 18 x 24 cm Glasplatten-Negative. Alte Hüllen aus Pergam<strong>in</strong><br />
(geklebt), neue Hüllen aus hoch-verdichtetem Polyethylen<br />
(geschweißt)<br />
borgebrauch bzw. zur Ansicht erzeugt wird. Die Glasplatten<br />
wurden anschließend e<strong>in</strong>zeln <strong>in</strong> ungepufferte Glasplattenumschläge<br />
und zu je 25 <strong>in</strong> speziellen Glasplattenschachteln<br />
neu archiviert. 2 Gewiss kann die fotografische<br />
Information dieses Bestandes <strong>in</strong> bestmöglicher Auflösung<br />
und im Rahmen der Haltbarkeit des verwendeten<br />
Filmmaterials <strong>in</strong> den nächsten 150 Jahren als gesichert<br />
gelten. Ebenso werden die Glasplatten nun durch die<br />
Neuarchivierung <strong>in</strong> konservatorisch bestmöglicher Weise<br />
(bei entsprechendem Klima) aufbewahrt. Neben Personalkosten<br />
für die Duplizierung von etwa € 46.000,– kamen<br />
bei diesem siebenjährigen Projekt noch die Kosten<br />
der hierfür notwendigen professionellen Labore<strong>in</strong>richtung,<br />
der Archivierungsmaterialien sowie Filmkosten von<br />
ca. € 28.000,– h<strong>in</strong>zu. Die Erschließung, d. h. Benutzung<br />
des Bestandes ist jedoch nur sehr e<strong>in</strong>geschränkt möglich,<br />
da dies ausschließlich über den neuen Negativbestand<br />
erfolgen kann. Die <strong>in</strong>zwischen e<strong>in</strong>gestellte Produktion<br />
des hier verwendeten Halbtonfilmes sowie die hohen
FOTOGRAFIE 35<br />
Kosten werden wohl dazu führen, dass die Anwendung<br />
dieses Verfahrens auf den Bestand des Deutschen<br />
Museums beschränkt bleiben wird.<br />
Digitale Duplizierung<br />
Die rasante Entwicklung bei der Erfassung, Erschließung<br />
und Speicherung digitaler Bilddaten <strong>in</strong> den letzten Jahren<br />
ließ <strong>in</strong>zwischen jedoch neue Wege zu. So stand 1994 bei<br />
Projektbeg<strong>in</strong>n im Deutschen Museum trotz der beachtlichen<br />
Projektmittel noch ke<strong>in</strong> h<strong>in</strong>reichend großes, bezahlbares<br />
Speichermedium zur Verfügung, was für die Überlegungen<br />
e<strong>in</strong>er eventuell digitalen Duplizierung damals<br />
das Aus bedeutete. Inzwischen (Frühjahr 2002) werden<br />
Laptops der unteren Preiskategorie mit 20 Gigabyte<br />
fassenden Speicherplatten ausgeliefert. Das erlaubt die<br />
Daten von etwa 28.500 Bildern <strong>in</strong> der Qualität e<strong>in</strong>es guten<br />
Kle<strong>in</strong>bildabzuges der Größe 13 x18 cm speichern –<br />
und die Entwicklung immer mächtigerer Datenspeicher<br />
geht rasch weiter voran. Mit den heute büroüblichen<br />
Computern und T<strong>in</strong>tenstrahldruckern lassen sich aus diesen<br />
Daten durchaus qualitätvolle Ausdrucke und damit<br />
„Abzüge“ etwa von digital erfassten Glasplatten-Negativen<br />
herstellen, die den Vergleich mit e<strong>in</strong>er Ausbelichtung<br />
auf Fotopapier (selbst dem professionellen Abzug) nicht<br />
mehr zu scheuen brauchen.<br />
Bisher wurde „Flachware“ wie Glasplatten zumeist <strong>in</strong><br />
Flachbettscannern digitalisiert. Die Glasplatten wurden <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>e Durchlicht-Schublade e<strong>in</strong>gelegt, wo e<strong>in</strong>e „lichterzeugende“<br />
und e<strong>in</strong>e „lichtmessende“ Zeile das Bild zeilenweise<br />
abtastet. Hierbei wird e<strong>in</strong>e digitale Bilddatei erzeugt,<br />
die <strong>in</strong> gewisser Farbtiefe, Größe und Auflösung<br />
und e<strong>in</strong>em bestimmten Farbraum das e<strong>in</strong>gescannte Bild<br />
mehr oder weniger orig<strong>in</strong>algetreu am Bildschirm oder<br />
auch im Ausdruck wiederzugeben <strong>in</strong> der Lage ist. Solche<br />
Flachbettscanner mit Durchlichte<strong>in</strong>heit – ähnlich den sogenannten<br />
Scanbacks (also an Stelle der Filmkassette an<br />
e<strong>in</strong>er Mittel- oder Großformatkamera e<strong>in</strong>zusetzende Digitalisierungsrückteile)<br />
– brauchen jedoch je nach Vorlagengröße<br />
und Auflösungsgüte bis zu 10 M<strong>in</strong>uten für e<strong>in</strong>e<br />
Aufnahme, womit bei größeren zu digitalisierenden Mengen<br />
der Faktor Zeit und damit die Personalkosten e<strong>in</strong>e<br />
entscheidende Rolle spielen. Von der Verwendung<br />
büroüblicher Scanner bei der Digitalisierung von Glasplatten-Negativen<br />
ist abzuraten, e<strong>in</strong>erseits wegen der<br />
hierbei verwendeten Lichtstärken, vor allem aber wegen<br />
der entstehenden Temperaturen, welche die Fotoschicht<br />
der Glasplatten auf Kollodium- oder Gelat<strong>in</strong>ebasis schädigen.<br />
Die Kaltlichtquellen <strong>in</strong> büroüblichen Scannern erreichen<br />
zwar nur etwa 30 Grad, jedoch strahlen die Transformatoren<br />
<strong>in</strong> den Geräten bis zu 80 Grad C. ab, was bei<br />
e<strong>in</strong>em Dauerbetrieb zu erheblicher Hitzebildung <strong>in</strong> den<br />
Geräten führt – die dünne Fotoschicht wird im Scanprozess<br />
quasi e<strong>in</strong>mal durchgebacken. Zu Bedenken ist auch,<br />
dass die Mechanik büroüblicher Scangeräte nicht für den<br />
Dauerbetrieb ausgelegt ist – im Gegensatz zu professionellen<br />
Scangeräten, die zudem mittels raff<strong>in</strong>ierter Lichtführung<br />
möglichst jede Wärmebelastung von der e<strong>in</strong>zuscannenden<br />
Vorlage fernzuhalten suchen.<br />
Zur Entwicklung digitaler Fotografie und Bildbearbeitung<br />
Die vor wenigen Jahren noch als technische – und zugleich<br />
sehr teure – Spielerei angesehene digitale Fotografie<br />
hat <strong>in</strong> den vergangen zwei Jahren e<strong>in</strong>e erstaunliche<br />
Entwicklung erlebt. Man muss ke<strong>in</strong> Prophet se<strong>in</strong> um vorherzusagen,<br />
dass <strong>in</strong> wenigen Jahren die analoge Fotografie<br />
nur mehr e<strong>in</strong>e Nischenfunktion <strong>in</strong> wenigen professionellen<br />
Bereichen, wie etwa bei bestimmten Großfor-<br />
Mit Kartonmaske abgedeckter Kaltnormlicht-Leuchttisch mit<br />
Digitalkamera zur fotografischen Duplizierung von Glasplattennegativen
36<br />
maten oder <strong>in</strong> der Sicherheitsverfilmung haben wird. Im<br />
Frühjahr 2001 kamen semiprofessionelle kompakte 3 Millionen-Pixel-Kameras<br />
und im Frühjahr 2002 desgleichen<br />
Kameras mit e<strong>in</strong>er Chipauflösung von 5 Millionen Pixel<br />
auf den Markt – bei Preisen von jeweils um 1000 bis<br />
1200 €. Entsprechen erstere – e<strong>in</strong> gutes Objektiv vorausgesetzt<br />
– ohne weiteres der Qualität des herkömmlichen<br />
Kle<strong>in</strong>bildes, zeigen letztere e<strong>in</strong>e Auflösungsleistung, die<br />
be<strong>in</strong>ahe der e<strong>in</strong>er 6 x 6 cm Mittelformatkamera entspricht.<br />
Im Gegensatz zum Scanverfahren, bei der e<strong>in</strong><br />
Bild zeilenweise abgetastet wird, haben diese Kameras<br />
e<strong>in</strong>en lichtempf<strong>in</strong>dlichen Chip an der Stelle im Kameragehäuse,<br />
wo früher der Film belichtet wurde. Nicht nur die<br />
jeweils beste Blende und Belichtungszeit ergibt sich aus<br />
raff<strong>in</strong>ierten Messe<strong>in</strong>richtungen – das entsprechende<br />
Kameramodell vorausgesetzt –, auch Lichtverteilung,<br />
Farbtemperatur und -sättigung oder Dichte und Gradation<br />
e<strong>in</strong>er Vorlage werden differenziert erkannt und im<br />
„Foto“ entsprechend umgesetzt.<br />
Parallel zur Entwicklung der digitalen Fotografie wurden<br />
normale Bürocomputer so leistungsfähig, dass professionelle<br />
Bildbearbeitungssoftware wie etwa Photoshop oder<br />
Bilddatenbanken nun nicht mehr nur auf teuren Rechnern<br />
<strong>in</strong>stalliert werden können. Damit eröffneten sich auch für<br />
den schmaleren Geldbeutel neue Methoden und Möglichkeiten<br />
der digitalen Erschließung selbst umfangreicherer<br />
Negativbestände. Denn <strong>in</strong> der digitalen Bilderwelt<br />
und se<strong>in</strong>er Bearbeitungssoftware ist e<strong>in</strong> „Negativ“ nur e<strong>in</strong><br />
bzw. zwei „Maus-Klicks“ vom „Positiv“ entfernt und kann<br />
beliebig oft identisch dupliziert oder <strong>in</strong> Bilddatenbanken<br />
bzw. Bildverwaltungsprogrammen zur Ansicht h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>gestellt<br />
werden.<br />
Fotografische Digitalisierung von Glasplattennegativen<br />
Im Zusammenhang mit der Projektierung des digitalen<br />
Fotoarchivs der Landesstelle für die nichtstaatlichen<br />
<strong>Museen</strong> wurde auch über die digitale E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung sowie<br />
die Verbesserung der Lagerungssituation des kle<strong>in</strong>en historischen<br />
Glasplatten-Negativbestandes Überlegungen<br />
angestellt. E<strong>in</strong>erseits sollte die fotografische Information<br />
jeder Platte <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Qualität verfügbar gemacht werden,<br />
die als Druckvorlage <strong>in</strong> der Größe von m<strong>in</strong>destens<br />
13 x 18 cm ausreicht. Andererseits sollte die Vorgehensweise<br />
bei der Digitalisierung wie bei der Neuarchivierung<br />
den konservatorischen Erfordernissen genügen, wobei<br />
natürlich e<strong>in</strong>e möglichst kostengünstige Lösung zu f<strong>in</strong>den<br />
war. Die aus diesen Überlegungen entstandene und hier<br />
erläuterte Methode der Duplizierung kle<strong>in</strong>erer Bestände<br />
von Glasplatten-Negativen mittels digitaler Fotografie<br />
und anschließender „Serien“-Bearbeitung mit der Bildbe-<br />
FOTOGRAFIE<br />
arbeitungssoftware Photoshop wurde im November 2001<br />
auf dem Jahrestreffen der Leiter und MitarbeiterInnen der<br />
bayerischen Freilichtmuseen sowie im April 2002 auf<br />
e<strong>in</strong>em Treffen des Arbeitskreises Fotografie Münchner<br />
<strong>Museen</strong> und Sammlungen zum Thema „Digitale Fotografie<br />
<strong>in</strong> der musealen Dokumentation, Denkmalpflege und<br />
Restaurierung“ vorgestellt.<br />
In Erweiterung des Pilotprojektes im Fotoarchiv der Landesstelle<br />
wurde im November 2001 e<strong>in</strong> weiterer Bestand<br />
von 554 stark gefährdeten Glasplattennegativen ( 1 ⁄3 im<br />
Format 18 x 24 cm, 2 ⁄3 im Format 13 x 18 cm) mit Hilfe dieses<br />
Verfahrens digitalisiert und so für die Wissenschaft<br />
erschlossen. Der historisch hoch bedeutende Glasplattenbestand<br />
des Archivs für Hausforschung am Institut für<br />
Volkskunde der Bayerischen Akademie der Wissenschaften<br />
konnte hierbei von zwei e<strong>in</strong>gearbeiteten Mitarbeitern<br />
<strong>in</strong> fünf Tagen digital erfasst, mit Negativnummern <strong>in</strong>ventarisiert<br />
und <strong>in</strong> archivgerechten Hüllen und Schachteln<br />
neu archiviert werden. Mengen bis etwa 2000 Glasplatten<br />
können also durchaus <strong>in</strong> Eigenregie und <strong>in</strong> überschaubar<br />
kurzer Zeit mit relativ ger<strong>in</strong>gen Kosten digitalisiert und<br />
neuarchiviert werden – das Vorhandense<strong>in</strong> unten beschriebener<br />
technischer Ausstattung und Kenntnisse zu<br />
se<strong>in</strong>er Bedienung vorausgesetzt. Bei größeren Beständen<br />
sollten jedoch eher Angebote von professionellen Dienstleistern<br />
e<strong>in</strong>geholt werden. Bei ihnen kommen sehr rationelle<br />
computergesteuerte Verfahren zur Anwendung, was<br />
bei größeren Mengen zu niedrigeren Stückpreisen führt.<br />
Qualitätsstandards und konservatorische Überlegungen<br />
Bei obengenannten zwei Digitalisierungsprojekten war<br />
nicht davon ausgegangen worden, dass die fotografische<br />
Information der Glasplatten-Negative 1:1 <strong>in</strong> digitale Daten<br />
übertragen werden sollte. Diese Maximal-Forderung hätte<br />
aus Kostengründen das Aus für das Projekt bedeutet<br />
und es wäre wohl alles so geblieben wie es war – der<br />
Glasplattenbestand wäre eigentlich unbenutzbar unter<br />
se<strong>in</strong>en zerstörerischen Archivierungsbed<strong>in</strong>gungen verblieben.<br />
Parallel zu den Qualitätsanforderungen im Fotoarchiv<br />
der Landesstelle wurde auch hier die M<strong>in</strong>destgröße<br />
e<strong>in</strong>es digitalen Bildes als druckfähige Vorlage <strong>in</strong><br />
den Maßen 13 x 18 cm (bei 300 dpi) def<strong>in</strong>iert. Denn diese<br />
Bildgröße hat sich für alle Publikationen der Landesstelle<br />
ebenso wie für die Aufgaben der Öffentlichkeitsarbeit und<br />
Fortbildung als ausreichend erwiesen. Zugleich ermöglicht<br />
diese Bildgröße aber auch e<strong>in</strong>e h<strong>in</strong>reichende Auflösung<br />
der Details zur Beurteilung des Dargestellten.<br />
Selbstverständlich bef<strong>in</strong>det sich auf e<strong>in</strong>er 18 x 24 cm<br />
großen Glasnegativplatte mehr an fotografischer Information,<br />
vor allem wenn sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er qualitativ erstklassigen
FOTOGRAFIE 37<br />
Kollodiumnegativ (ca. 1890)<br />
a) im Auflicht seitenverkehrt aufgenommen. Das weißliche Kollodiumnegativ<br />
zeigt starke Schäden im Randbereich und ist fast<br />
bis zur Unkenntlichkeit verblasst<br />
b) im Durchlicht seitenverkehrt digital fotografiert. Hier zeigt<br />
sich, dass die – wenn auch verblasste – Filmschicht noch differenzierte<br />
fotografische Information enthält<br />
c) im Computer seitenrichtig als Positiv dargestellt sowie im<br />
Tonwertumfang <strong>in</strong> der Gradation korrigiert<br />
Großformat-Plattenkamera belichtet wurde. Daher sollte<br />
die Digitalisierung unbed<strong>in</strong>gt mit e<strong>in</strong>er Verbesserung der<br />
Archivierungsbed<strong>in</strong>gungen der „Orig<strong>in</strong>ale“ e<strong>in</strong>hergehen,<br />
damit der Verfallsprozess der Fotoschichten zum<strong>in</strong>dest<br />
verlangsamt wird. Die weiter unten beschriebene Pflege<br />
bzw. Migration der digitalen Bilddaten vorausgesetzt und<br />
im Rahmen des Obengesagten wird durch die digitale<br />
Erfassung die „Bild<strong>in</strong>formation“ sozusagen <strong>in</strong> ihrem<br />
jetzigen Zustand „bewahrt“, kann jedoch, falls erwünscht,<br />
mit der entsprechenden Bildverarbeitungssoftware weitgehend<br />
<strong>in</strong> ihrem „orig<strong>in</strong>alen“ Tonwertumfang rekonstruiert<br />
werden.<br />
Bei e<strong>in</strong>er Digitalisierung von Glasplatten-Negativen <strong>in</strong><br />
büroüblichen Flachbettscannern entstehen durch die Betriebshitze<br />
Schädigungen der Fotobeschichtung. Daneben<br />
ließ der Zeitaufwand von 5-10 M<strong>in</strong>uten pro Scan (<strong>in</strong><br />
der Stunde s<strong>in</strong>d also nur ca. acht Platten zu schaffen) uns<br />
andere Wege suchen. H<strong>in</strong>zu kommt, dass die Fotoschicht<br />
auf vielen Glasplatten-Negativen besonders am Rand nur<br />
mehr sehr locker haftet und oftmals bereits schollenartig<br />
absteht. Das heißt, dass diese Stellen sehr druckempf<strong>in</strong>dlich<br />
s<strong>in</strong>d. Wenn e<strong>in</strong>e solche Platte mit der Schicht nach<br />
unten <strong>in</strong> die Durchlichte<strong>in</strong>heit e<strong>in</strong>es Flachbettscanners<br />
e<strong>in</strong>gelegt wird „erdrückt“ bereits das Eigengewicht der<br />
Glasplatte an den Auflageflächen die lose abstehende Fotoschicht,<br />
was zur Ablösung führt. Zur Hitzeempf<strong>in</strong>dlichkeit<br />
kommt also häufig e<strong>in</strong>e extreme Druckempf<strong>in</strong>dlichkeit<br />
h<strong>in</strong>zu. Was mit solch lockeren Schichten – ohne vorherige<br />
aufwändige Festigung – <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Vakuumkontakt-Kopiergerät<br />
passiert, kann man sich im Übrigen leicht ausmalen.<br />
Technische und personelle Voraussetzungen<br />
E<strong>in</strong> Weg zur hitze- und druckbelastungsfreien Digitalisierung,<br />
die auch stark gefährdete Glasplattennegative nicht<br />
weiter schädigt, eröffnete sich mit der Entwicklung der<br />
digitalen Fotografie. Die im Frühjahr 2001 auf den Markt<br />
gekommenen und nicht mehr nur für Presseagenturen<br />
bezahlbaren 3 Millionen-Pixel-Digitalkameras erfüllten die<br />
a<br />
b<br />
c
38<br />
Digital reproduzierter, stark verblasster Orig<strong>in</strong>al-Album<strong>in</strong>abzug<br />
von Mittenwalds oberem Markt. Foto um 1875 des Kgl. Bayer.<br />
Hofphotographen Bernhard Johannes<br />
Unten: Nach automatischer Tonwertkorrektur und Schärfung mit<br />
der Bildbearbeitungssoftware Photoshop. Deutlich ist nun die<br />
Postkutsche Richtung München vor dem Gasthof Zur Post wieder<br />
zu erkennen<br />
Qualitätsstandards der Landesstelle an Bildgröße und<br />
Auflösung (adäquat zum Kle<strong>in</strong>bild). E<strong>in</strong> Normkaltlicht-<br />
Leuchttisch mit e<strong>in</strong>fachem Reprostativ war ebenso wie<br />
das professionelle Bildverarbeitungsprogramm „Photoshop“<br />
auf e<strong>in</strong>em h<strong>in</strong>reichend dimensionierten Computer<br />
(128 MB Arbeitsspeicher und 7 GB Festplatte) im Hause<br />
vorhanden und e<strong>in</strong>e Bilddatenbank wurde <strong>in</strong> den letzten<br />
Jahren am Fotoarchiv der Landesstelle aufgebaut.<br />
In Kurzform beschrieben, legten wir e<strong>in</strong> Glasplattennegativ<br />
e<strong>in</strong>fach mit der Fotoschicht nach oben (!) auf e<strong>in</strong>en<br />
Kaltlichtleuchttisch und fotografierten es digital. Anschließend<br />
wurde das so erzeugte digitale Bild im Computer<br />
ohne sichtbare „Verluste“ seitenrichtig gestellt und zum<br />
Positiv umgerechnet. Damit erzeugt man e<strong>in</strong>en Datensatz,<br />
den man mit dem T<strong>in</strong>tenstrahldrucker als Bild ausdrucken,<br />
ganz klassisch als Foto ausbelichten lassen<br />
oder <strong>in</strong> jede Bilddatenbank onl<strong>in</strong>e oder offl<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>stellen<br />
kann. Selbstverständlich s<strong>in</strong>d für die Durchführung des<br />
Verfahrens fotografische Grundkenntnisse erforderlich,<br />
ebenso Kenntnisse <strong>in</strong> Bildbearbeitung und Bildverwaltung<br />
am Computer, die man sich aber, wenn man ke<strong>in</strong><br />
ganz blutiger Anfänger ist – zum<strong>in</strong>dest bis zu e<strong>in</strong>er gewissen<br />
Grundstufe relativ schnell aneignen kann. Auch<br />
zeigte sich, dass e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>gespieltes Team von zwei Personen<br />
e<strong>in</strong> äußerst effizientes und flottes Vorgehen erlaubt.<br />
Mit der im Folgenden beschriebenen Vorgehensweise<br />
und den erwähnten Geräten wurde e<strong>in</strong>e Lösung erarbeitet,<br />
die mit vorhandenen Mitteln und Personal kostengünstig<br />
die fotografische Information der empf<strong>in</strong>dlichen Glasnegative<br />
des Fotoarchivs der Landesstelle und des Archivs<br />
für Hausforschung der Bayerischen Akademie der<br />
Wissenschaften wieder verfügbar machte. Das Digitalisierungsprojekt<br />
wurde <strong>in</strong>sgesamt im veranschlagten Rahmen<br />
von Zeit wie Kosten durchgeführt und kann h<strong>in</strong>sichtlich<br />
se<strong>in</strong>es Ergebnisses <strong>in</strong> jeder H<strong>in</strong>sicht als gelungen bezeichnet<br />
werden.<br />
Vorgehensweise<br />
FOTOGRAFIE<br />
Die Digitalisierung erfolgte mit der Digitalkamera Nikon<br />
Coolpix 995 <strong>in</strong> Programmautomatik im Schwarz-Weiß-<br />
Modus mit 2.048 x 1.536 Pixel im JPEG-Format (Komprimierung<br />
Normal, ca. 700 KB Dateigröße pro Bild) im<br />
Durchlichtverfahren vom Reprostativ aus. Im Schwarz-<br />
Weiß-Modus als Graustufenbild aufgenommene, digitale<br />
Bilder belegen <strong>in</strong> der Kamera zwar denselben Speicherplatz<br />
wie Farbfotos, besitzen aber e<strong>in</strong>e höhere Detailauflösung.<br />
Wegen des deutlich ger<strong>in</strong>geren Speicherbedarfs<br />
wurden ke<strong>in</strong>e unkomprimierten TIFF-Bilder (pro Bild ca.<br />
9.000 KB Dateigröße), sondern komprimierte JPEG-Bilder<br />
aufgenommen. Denn die von e<strong>in</strong>er 3-Millionen-Pixel-<br />
Digitalkamera erzeugten JPEGs (e<strong>in</strong> Dateiformat aus e<strong>in</strong>em<br />
verlustbehafteten Komprimierungsverfahren zur Reduzierung<br />
der jeweiligen Dateigröße und damit des<br />
benötigten Speicherplatzes) s<strong>in</strong>d qualitativ so gut, dass<br />
sie anschließend ohne weiteres bis zu 18 x 24 cm Größe<br />
bei 300 dpi Auflösung „aufgeblasen“ (bikubisch <strong>in</strong>terpoliert)<br />
werden können: E<strong>in</strong> sichtbarer Verlust an Bild<strong>in</strong>formation<br />
tritt bei dieser Komprimierungsstufe und Größe<br />
noch nicht auf.
FOTOGRAFIE 39<br />
Selbstverständlich existieren von anderen Herstellern<br />
Geräte, mit denen dies wohl <strong>in</strong> gleicher Weise gelungen<br />
wäre. Die Erwähnung e<strong>in</strong>es Fabrikates darf also nicht als<br />
ausschließlich und damit als e<strong>in</strong>seitige „Werbung“ missverstanden<br />
werden. Dies gilt <strong>in</strong>sbesondere für die hier<br />
erwähnte Digitalkamera des Herstellers Nikon. Gleichwohl<br />
sollte beachtet werden, dass zu e<strong>in</strong>er qualitätsvollen<br />
fotografischen Digitalisierung von Glasplattennegativen<br />
nicht nur e<strong>in</strong>e hohe Güte des Objektives gehört, sondern<br />
auch die guten Mess- und E<strong>in</strong>stellmöglichkeiten e<strong>in</strong>er<br />
Kamera hohen Anteil haben.<br />
Als Lichtquelle diente e<strong>in</strong> Normkaltlicht-Leuchttisch (Just<br />
CM 5000/DM, Daylight). Hierbei wurde die Glasplatte mit<br />
der Schicht nach oben auf dem Leuchttisch digital fotografiert<br />
– also ohne jede Wärme- und Druckbelastung.<br />
Um Überstrahlungen zu vermeiden, wurde die Leuchttischfläche<br />
mit e<strong>in</strong>er die jeweilige Glasplattengröße freilassenden<br />
schwarzen Kartonmaske abgedeckt. Die Belichtung<br />
erfolgte bei 1/8 bis 1/30 Sekunde bei mittlerer<br />
Blendenöffnung und adäquat zu 100 ASA Empf<strong>in</strong>dlichkeit.<br />
Die so erzielte Tiefenschärfe bewirkte, dass selbst<br />
schollenartig abstehende Teile der Fotoschicht scharf abgebildet<br />
wurden. Die automatische Matrixmessung dieser<br />
Kamera über 256 Felder bewirkt e<strong>in</strong>e außergewöhnlich<br />
präzise, <strong>in</strong>dividuelle Messung jeden Negatives, ebenso<br />
wie die automatische Messung von Helligkeit und Kontrast,<br />
welche <strong>in</strong> der Regel zu e<strong>in</strong>er hervorragenden Abbildung<br />
der <strong>in</strong>dividuellen Dichte- bzw. Gradationsverhältnisse<br />
führt.<br />
Die so entstandene, seitenverkehrte Negativaufnahme<br />
wurde dann im Computer (Bildbearbeitungsprogramm<br />
Photoshop 5.5) als Date<strong>in</strong>ame mit der Negativnummer<br />
bezeichnet, gruppenweise über Makrobefehlsketten (unter<br />
automatischer Stapelverarbeitung: „Aktionen“) <strong>in</strong> e<strong>in</strong><br />
seitenrichtiges Positiv umgewandelt und e<strong>in</strong>erseits als<br />
„rohes“, unkorrigiertes JPEG-Bild <strong>in</strong> höchster Qualität auf<br />
CD gesichert (CDs sollten nicht auf der „bedruckten“<br />
Schichtseite beschriftet oder beklebt sowie lichtgeschützt<br />
gelagert werden). Andererseits wurde das „Roh“-<br />
Positivbild <strong>in</strong> Photoshop über Makrobefehlsketten (unter<br />
Stapelverarbeitung: „Aktionen“) automatisch im Tonwert<br />
korrigiert und geschärft (unscharf maskieren: Radius 0,2,<br />
Stärke 250) sowie ebenfalls als JPEG <strong>in</strong> höchster Qualität<br />
gespeichert. Bei gut 98% aller Bilder führte diese Korrektur<br />
zu e<strong>in</strong>er weitgehenden Rekonstruktion ihrer Gradation,<br />
d. h. ihres wohl ehemals vorhandenen Tonwertumfanges.<br />
Dies bewirkt, dass auch „verblasste“ Bilder ihren<br />
vollen Gradationsumfang an hellen und dunklen Partien<br />
wiedererlangen – mit teilweise verblüffend guten Ergebnissen,<br />
wodurch <strong>in</strong> viele Bilder wieder Plastizität und Tiefe<br />
zurückkehrt.<br />
Gelat<strong>in</strong>enegativ von Mittenwalds oberem Markt um 1910. Mit der<br />
Software Photoshop seitenrichtig und zum Positiv umgerechnet<br />
sowie im Tonwert korrigiert<br />
Für das Archiv für Hausforschung der bayerischen Akademie<br />
der Wissenschaften wurden aus diesen korrigierten<br />
Bilddaten zusätzlich im Fotogroßlabor für ca. 0,50 €<br />
je e<strong>in</strong> Fotoabzug 13 x 18 cm (auf Fujicolor Crystal Paper)<br />
im Graustufenmodus ausbelichtet. Im Preis <strong>in</strong>begriffen<br />
war hierbei der rückseitige Aufdruck des Date<strong>in</strong>amens,<br />
also der Negativnummer des jeweiligen Glasplattennegatives.<br />
Das Foto-Positiv wurde mit lösemittelfreiem Cellulosekleber<br />
auf e<strong>in</strong>en, mit der jeweiligen Negativnummer<br />
bedruckten Archivkarton aufgeklebt und diese nach<br />
Negativnummern sortiert <strong>in</strong> Archiv-Ordnern abgeheftet.<br />
Die so erzeugten Foto-Positivabzüge s<strong>in</strong>d zu weiten Teilen<br />
von e<strong>in</strong>er Güte, die sich durchaus mit der e<strong>in</strong>es guten<br />
Handabzuges vergleichen lässt.<br />
Aus den gleichen korrigierten Bilddaten wurden ebenfalls<br />
über Makrobefehlsketten (Photoshop, unter automatischer<br />
Stapelverarbeitung: „Aktionen“) sogenannte Anschaubilder<br />
<strong>in</strong> der Höhe von 518 Pixel (die Breite der<br />
Quer- bzw. Hochformate ergibt sich dann von alle<strong>in</strong>e) bei<br />
e<strong>in</strong>er Auflösung von 72 dpi (Bildschirmauflösung) und als<br />
JPEG mittlerer Kompressionstufe (7-8) erzeugt. Hierdurch<br />
entstanden Bilddateien von nur etwa 70 KB Speicherplatzbedarf.<br />
Diese Bildgröße und Auflösung reicht ohne<br />
weiteres aus, um die Aufnahme e<strong>in</strong>es Gebäudes oder<br />
Kunstwerks mit genügend Details am Computerbildschirm<br />
beurteilen zu können, um etwa e<strong>in</strong> Motiv zu identifizieren<br />
oder e<strong>in</strong>e Auswahl von Bildern zusammenzustellen.<br />
Die benötigte Rechenzeit zur Erzeugung von etwa<br />
600 Anschaubildern betrug <strong>in</strong> etwa e<strong>in</strong>e Stunde. Diese<br />
Anschaubilder wurden mit Angaben zu Ort, Motiv, Zeit<br />
und Fotograf (soweit bekannt) über ihren Date<strong>in</strong>amen ei-
40<br />
Gelat<strong>in</strong>enegativ e<strong>in</strong>er oberbayerischen Familie vor ihrem Anwesen,<br />
um 1910. Im Durchlicht mit der Schicht nach oben, also ohne<br />
Hitze- und Druckbelastung seitenverkehrt digital fotografiert,<br />
im Computer seitenrichtig gestellt,<br />
im Computer zum seitenrichtigen Positiv umgerechnet und im<br />
Tonwert korrigiert. Im Offsetdruck ist es leider nicht möglich, die<br />
so wieder sichtbar gemachten, fe<strong>in</strong>en Tonwertabstufungen <strong>in</strong><br />
ihrem ganzen Umfang darzustellen<br />
nerseits <strong>in</strong> die Bilddatenbank der Landesstelle e<strong>in</strong>gefügt,<br />
andererseits ebenfalls auf CD gesichert. Durch Duplizierung<br />
dieser Computer-Anschaubilder auf CD (Brennzeit<br />
etwa 10 M<strong>in</strong>uten, Materialkosten ca. 1-2 €) konnten nun<br />
die etwa 600 Glasplattennegative des Archivs für Hausforschung<br />
anderen Forschern kostengünstig und unter<br />
Schonung des Orig<strong>in</strong>albestandes zur Verfügung gestellt<br />
werden, wodurch die Identifizierung des großteils noch<br />
unbekannten Dargestellten hoffentlich im Laufe der Zeit<br />
möglich wird. Die gleichen Anschaubilder werden auch<br />
im geplanten Intranet der Landestelle und – wohl bis<br />
Ende 2002 – wie schon erwähnt im Internetauftritt<br />
des Fotoarchivs der Landestelle zu betrachten se<strong>in</strong><br />
(www.museen-<strong>in</strong>-bayern.de).<br />
Zur Archivierung von Glasplatten-Negativen<br />
Nie vergessen sollte man, dass die Negative die eigentlichen<br />
„Orig<strong>in</strong>ale“ darstellen, und wenn sich schon ke<strong>in</strong>e<br />
optimale Restaurierung und Konservierung f<strong>in</strong>anzieren<br />
lässt, dann gilt es zum<strong>in</strong>dest pragmatisch den weiteren<br />
Verfall zu verlangsamen, also die M<strong>in</strong>destforderung nach<br />
e<strong>in</strong>er präventiven Konservierung zu stellen. 3 Im Fotoarchiv<br />
der Landesstelle wurden transparent-matte, hoch verdichtete<br />
Polyethylen-Hüllen (P.A.T gestestet, luftdurchlässig<br />
und chlor-, schwefel-, säure- und weichmacherfrei, Fa.<br />
Light-Impressions Rochester NY, USA) verwendet. Ihre<br />
Handhabung ist sehr e<strong>in</strong>fach, sie lassen sich mit e<strong>in</strong>em<br />
speziellen Archivschreiber gut beschriften und vor allem<br />
kann man durch die Durchsichtigkeit der Hüllen auch ohne<br />
Auspacken beurteilen, ob man die richtige Glasplatte <strong>in</strong><br />
Händen hält, bzw. sogar mit der Lupe auf dem Leuchttisch<br />
e<strong>in</strong> Detail überprüfen. Die ebenfalls empfehlenswerten<br />
speziellen Glasplattenumschläge aus ungepuffertem Archivpapier<br />
ermöglichen dies ohne Auspacken nicht – und<br />
Pergam<strong>in</strong>tüten, die es <strong>in</strong>zwischen auch <strong>in</strong> archivgerechter<br />
Ausführung gibt, s<strong>in</strong>d nach wie vor leider nur „halbdurchsichtig“.<br />
Die so neu verpackten und beschrifteten Glasplatten<br />
wurden dann zu je 25 (auf jeden Fall sehr locker)<br />
stehend im Querformat <strong>in</strong> speziellen Glasplattenschachteln<br />
gelagert. Diese sollten aus säurefreiem, zum<strong>in</strong>dest <strong>in</strong>nen<br />
ungepuffertem Archivkarton se<strong>in</strong> – wie sie von etlichen<br />
Herstellern angeboten werden. An Kosten e<strong>in</strong>er adäquaten<br />
Archivierung kann man als Anhaltspunkt für Hülle<br />
und Schachtel bei e<strong>in</strong>er 13 x 18 cm großen Glasplatte von<br />
anteilig etwa 0,60 bis 0,80 € ausgehen.<br />
Datensicherung im digitalen Fotoarchiv<br />
FOTOGRAFIE<br />
Dass mit der Digitalisierung von Glasplatten-Negativen<br />
die Notwendigkeit der Betreuung und Sicherung der
FOTOGRAFIE 41<br />
digitalen Daten und damit e<strong>in</strong>es digitalen Fotoarchivs entsteht,<br />
darauf soll zum Schluss mit Nachdruck h<strong>in</strong>gewiesen<br />
werden. Damit verbunden ist nicht nur die Sorge um<br />
die heutige Verfügbarkeit der Bilddaten, sondern vor<br />
allem auch die zuküftige. Über die Problematik der Haltbarkeit<br />
von Datenträgern und der Migration von Datensätzen<br />
und damit ihrer zukünftigen Lesbarkeit kann man<br />
<strong>in</strong> allen e<strong>in</strong>schlägigen Fach- und Publikumszeitschriften<br />
jeden Monat neu „Erbauliches“ lesen. Während die Frage<br />
der Langzeit-Haltbarkeit von Daten auf CDs <strong>in</strong>zwischen<br />
ke<strong>in</strong>e Rolle mehr spielt, da sie ohneh<strong>in</strong> <strong>in</strong> fünf bis spätestens<br />
zehn Jahren auf neue Träger kopiert werden müssen,<br />
ist die zukünftige Migration der Bilddaten auf neue Hardund<br />
Softwarestandards auch bezüglich der Kosten die<br />
große Unbekannte. Da an der Landesstelle e<strong>in</strong> auch von<br />
den größten Foto- und Bildarchiven (unter anderem Foto-<br />
Marburg) verwendetes Datenformat zur Speicherung der<br />
Bilder Verwendung f<strong>in</strong>det, kann man durchaus begründet<br />
hoffen, dass e<strong>in</strong> funktionierendes und kostengünstiges<br />
Verfahren für die Datenmigration entwickelt werden wird.<br />
Resümee<br />
Durch die Digitalisierung von Fotografien besteht – die<br />
stete Pflege und Migration der Datensätze vorausgesetzt<br />
– erstmals die Möglichkeit, fotografische Information<br />
ohne weitere Verluste aufzubewahren. Inzwischen schaffen<br />
immer mehr <strong>Museen</strong> und Sammlungen Digitalkameras<br />
zur Dokumentation an. So könnte auch an kle<strong>in</strong>eren<br />
Institutionen die Methode der fotografischen Digitalisierung<br />
e<strong>in</strong>en Weg eröffnen, die Jahr für Jahr mehr und mehr<br />
verlorengehende, fotografische Information der Glasplatten-Negative<br />
als „bewegliche Denkmäler“ an die nächsten<br />
Generationen weiterzugeben.<br />
Markus Hundemer<br />
Anmerkungen<br />
1 Denkmalpflege Information 3/1987, S. 6<br />
2 vgl. Füßl, Wilhelm/Becker, Hans-Joachim: Sicherung und Erschließung<br />
historischer Glasplattenbestände zur Geschichte<br />
der Technik, Museum heute 20/2000, S. 52-55<br />
3 H<strong>in</strong>weise auf Archivbed<strong>in</strong>gungen und Archivmaterialien:<br />
Schmidt, Marjen: Fotografien <strong>in</strong> <strong>Museen</strong>, Archiven und Sammlungen<br />
(= MuseumsBauste<strong>in</strong>e 2), München 2 1995<br />
Literatur<br />
Photographie im Dienste der Denkmalpflege. Das Bildarchiv des<br />
Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege: Aufbau und Erhaltung,<br />
Denkmalpflege Information, Ausgabe D 3/2, Juli 1987<br />
Schmidt, Marjen: Fotografien <strong>in</strong> <strong>Museen</strong>, Archiven und Sammlungen.<br />
Konservieren, Archivieren, Präsentieren (= Museums-<br />
Bauste<strong>in</strong>e 2), München 2 1995<br />
Fiedler, Stefan: Digitale Fotografie und Datenverwaltung, Grafische<br />
Sammlung Albert<strong>in</strong>a Wien, <strong>in</strong>: Rundbrief Fotografie N.F.<br />
23/1999, S. 25-26<br />
Hitzenberger, Inge/Sitt<strong>in</strong>ger, Alfons: Die Fotosammlung Gollwitzer<br />
<strong>in</strong> Arnstorf. E<strong>in</strong> Arbeitsbericht, <strong>in</strong>: Museum heute 17/1999,<br />
S. 45-50<br />
Füßl, Wilhelm/Becker, Hans-Joachim: Sicherung und Erschließung<br />
historischer Glasplattenbestände zur Geschichte der Technik,<br />
<strong>in</strong>: Museum heute 20/2000, S. 52-55<br />
Weber, Hartmut/Maier, Gerald (Hrsg.): Digitale Archive und<br />
Bibliotheken: Neue Zugangsmöglichkeiten und Nutzungsqualitäten,<br />
Stuttgart 2000<br />
Gemmeke, Claudia/John, Hartmut/Krämer, Arnold (Hgg.): Euphorie<br />
digital? Aspekte der Wissensvermittlung <strong>in</strong> Kunst, Kultur<br />
und Technologie, Bielefeld 2001<br />
Schneider, Sigrid: Fotografie und neue Medien, <strong>in</strong>: Rundbrief<br />
Fotografie N.F. 31, Vol. 8, No. 3, 2001, S. 41-46;<br />
Digitalisierung von Archivmaterial, <strong>in</strong>: Restauro 5/2001, S. 351<br />
Held, Laura: Handbuch für DigitalisiererInnen (Rezension), <strong>in</strong>: Informationen<br />
zu Kunst, Museum und Bibliothek news, Jahrgang<br />
7/2001, Heft 3, S. 45-46<br />
Pfenn<strong>in</strong>ger, Kathryn: Bildarchiv digital, Hrsg. Landesstelle für<br />
Museumsbetreuung Baden-Württemberg <strong>in</strong> Zusammenarbeit<br />
mit dem Museumsverband Baden-Württemberg e.V., Stuttgart<br />
2001<br />
Digitale Fotografie <strong>in</strong> der musealen Dokumentation. Jahrestreffen<br />
der Leiter und MitarbeiterInnen der bayerischen Freilichtmuseen,<br />
München 12.11.2001, <strong>in</strong>: Museum heute 22/2001,<br />
S. 29-31<br />
Lupprian, Karl-Ernst: E<strong>in</strong> Archiv für 1000 Jahre? Wege zu e<strong>in</strong>er<br />
dauerhaften Archivierung digitaler Unterlagen, <strong>in</strong>: EDV-Tage<br />
Theuern 2001, hrsg. Haus der Bayerischen Geschichte, Generaldirektion<br />
der Staatlichen Archive <strong>Bayern</strong>s, Landesstelle für die<br />
nichtstaatlichen <strong>Museen</strong>, Bergbau- und Industriemuseum Ostbayern,<br />
Kümmersbruck 2002, S. 59-62
42<br />
BÜCHER RUND UM DIE FOTOGRAFIE<br />
ZUM VIERTEN UND SICHER NICHT LETZTEN MAL:<br />
NEUAUFLAGE DER „FAUSTREGELN FÜR DIE FOTO-<br />
ARCHIVIERUNG“<br />
Zum Klassiker s<strong>in</strong>d sie <strong>in</strong>zwischen schon geworden: Die<br />
„Faustregeln für die Fotoarchivierung“, als Sonderheft<br />
des Rundbriefs Fotografie herausgegeben von der<br />
Arbeitsgruppe „Fotografie im Museum“ des Museumsverbands<br />
Baden-Württemberg <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit<br />
der Sektion Geschichte und Archive der Deutschen Gesellschaft<br />
für Photographie und dem Sächsischen Museumsbund.<br />
Alle<strong>in</strong> schon die Aufmachung – jetzt e<strong>in</strong><br />
praktisch-kle<strong>in</strong>formatiges R<strong>in</strong>gbuch – und Umfang – jetzt<br />
gegenüber der letzten Auflage von 1997 von 80 auf 126<br />
<strong>Seiten</strong> angewachsen – zeigen, dass es sich bei der Neuausgabe<br />
nicht nur um e<strong>in</strong> Facelift<strong>in</strong>g handelt, sondern<br />
dass e<strong>in</strong> komplett runderneuertes und wesentlich erweitertes<br />
Arbeitsmittel vor uns liegt.<br />
Im allgeme<strong>in</strong>en Teil mit Schwerpunkten wie „Grundsätzliches“,<br />
„Klima & Licht“, „Schank“, „Schachtel“ oder<br />
„hantieren“ hat sich an der Form e<strong>in</strong>er Checkliste mit Notizmöglichkeit<br />
und am apodiktischen Tonfall, <strong>in</strong> welchem<br />
dem Leser e<strong>in</strong>geschärft wird, was er zu nutzen und zu<br />
vermeiden hat, auf den ersten Blick seit früheren Ausgaben<br />
pr<strong>in</strong>zipiell wenig verändert, und sogar im letzten Heft<br />
bereits veraltete Literaturangaben (Marjen Schmidts wegweisendes<br />
Buch „Fotografien <strong>in</strong> <strong>Museen</strong>, Archiven und<br />
Sammlungen“ wurde 1995 aktualisiert neu aufgelegt)<br />
wurden wieder übernommen. Bei näherem H<strong>in</strong>sehen<br />
zeigt sich aber, dass wesentliche <strong>in</strong>haltliche Erweiterungen<br />
bei den jetzt 125 Faustregeln stattgefunden haben<br />
und dabei nicht zuletzt auch virulente Themen wie Duplizieren<br />
durch E<strong>in</strong>scannen oder der E<strong>in</strong>satz von Digitalcameras<br />
berücksichtigt s<strong>in</strong>d.<br />
Die wesentliche Verbesserung stellt aber der Anhang dar.<br />
Tabellen von der Term<strong>in</strong>ologie von Digitaldrucksystemen<br />
über empfohlene Temperatur- und Luftfeuchte- oder<br />
maximale Beleuchtungswerte <strong>in</strong>formieren <strong>in</strong> übersichtlicher<br />
Form über Grundsätzliches. Normen, Literatur und<br />
Internet-L<strong>in</strong>ks wurden zusammengetragen und überregionale<br />
und regionale Verbände und Arbeitsgruppen<br />
aufgelistet. Neu und besonders hilfreich ist e<strong>in</strong>e Adressliste<br />
von freiberuflichen und angestellten Fotorestauratoren<br />
mit ihren jeweiligen Arbeitsschwerpunkten. E<strong>in</strong><br />
umfangreiches Lieferantenverzeichnis e<strong>in</strong>schlägiger Produkte<br />
und e<strong>in</strong> Register runden den Band ab.<br />
Fazit: Wer e<strong>in</strong>e frühere Ausgabe der „Faustregeln“ besitzt,<br />
sollte diese schnellstens entsorgen und die Neuausgabe<br />
bestellen, um wieder auf dem Laufenden zu se<strong>in</strong><br />
und nicht wichtige Informationen zu verpassen. Wer mit<br />
der Archivierung von Fotografien zu tun hat und die<br />
Faustregeln noch nicht se<strong>in</strong> Eigen nennt, kommt am Bezug<br />
ohneh<strong>in</strong> kaum vorbei, denn die Tipps und weiterführenden<br />
H<strong>in</strong>weise des R<strong>in</strong>gbuchs s<strong>in</strong>d weit mehr wert<br />
als se<strong>in</strong> Preis.<br />
Wolfgang Stäbler<br />
Dobrussk<strong>in</strong>, Sebastian u. a.: Faustregeln für die Fotoarchivierung<br />
(= Rundbrief Fotografie, Sonderheft 1), Essl<strong>in</strong>gen<br />
4 2001, ISSN 0945-0327; Bezug bei FOTOTEXT Verlags-<br />
und Redaktionsbüro Wolfgang Jaworek, Liststr. 7 B,<br />
70180 Stuttgart, Fax 0711/609024, E-Mail w.jaworek@<br />
fototext.s.shuttle.de, Internet www.foto.unibas.ch/~rundbrief<br />
BILDARCHIV DIGITAL<br />
FOTOGRAFIE<br />
Das von Kathryn Pfenn<strong>in</strong>ger erarbeitete 84seitige Handbuch<br />
„Bildarchiv Digital“ erschien zeit- und <strong>in</strong>haltsgleich<br />
als Museumsmagaz<strong>in</strong> 8 der Landesstelle für Museumsbetreuung<br />
Baden-Württemberg und als Sonderheft 7 von<br />
Rundbrief Fotografie. Das klar strukturierte Buch gibt<br />
knapp und präzise e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> die Problematik der<br />
digitalen Bilderwelt und <strong>in</strong> die notwendigen Vorüberlegungen<br />
bei Planung und Durchführung bei der Digitalisierung<br />
von Fotoarchiven. Insbesondere die ersten Kapitel<br />
über die vor e<strong>in</strong>er Digitalisierungsmaßnahme abzuklärenden<br />
Punkte, wie Bestandssichtung, Zielformulierung und<br />
Auswahl e<strong>in</strong>er Datenbank können jedem, der sich mit diesem<br />
Thema befassen will oder muss, nur wärmstens<br />
empfohlen werden.<br />
Die Angaben des Kapitels 16 (S. 54ff.) zu den „Technischen<br />
Voraussetzungen für die Digitalisierung“ s<strong>in</strong>d<br />
schon nach zwei Jahren so veraltet, dass man dieses<br />
Kapitel e<strong>in</strong>fach als „historisch“ betrachten sollte. Denn erzeugt<br />
man zum Beispiel nicht gerade 100 MB pro Bild, so<br />
ist die Größe der standardmäßig (Frühsommer 2002) ausgelieferten<br />
Festplattenspeicher auf Laptops mit 20 GB für<br />
e<strong>in</strong>e Tagesproduktion wohl leicht ausreichend. So kann<br />
der Rezensent neben <strong>in</strong>zwischen veralteten technischen<br />
Leistungsmerkmalen auch nur an e<strong>in</strong>er Stelle e<strong>in</strong>e ergänzende<br />
Korrektur anmerken (S. 45): Ke<strong>in</strong>eswegs muss e<strong>in</strong><br />
<strong>in</strong> Graustufen abgespeichertes Bild immer um zwei Drittel<br />
weniger Speicherplatz benötigen als e<strong>in</strong> <strong>in</strong> Farbe (RGB)<br />
abgespeichertes identisches Bild. E<strong>in</strong> durch Scannen erzeugtes<br />
Graustufenbild kann um zwei Drittel kle<strong>in</strong>er se<strong>in</strong><br />
als e<strong>in</strong> farbiges Bild, da im Farbbild für jedes Pixel die<br />
dreifache Menge an Information gespeichert werden<br />
muss (jeweils anteilig für Rot, Gelb und Blau). E<strong>in</strong> mit bestimmten<br />
Digitalkameras (z. B. Nikon Coolpix 995 oder<br />
5000) aufgenommenes Graustufenbild benötigt jedoch
FOTOGRAFIE 43<br />
den gleichen Speicherplatz wie e<strong>in</strong> Farbbild, da hier <strong>in</strong> jeder<br />
der drei „Farben“ (also Lichtwellenlängen) je e<strong>in</strong> Graustufenbild<br />
erzeugt und rechnerisch übere<strong>in</strong>andergelegt<br />
wird. Durch diesen „Trick“ erreichen die mit e<strong>in</strong>er Digitalkamera<br />
aufgenommenen Graustufenbilder e<strong>in</strong>e höhere<br />
Detailauflösung und ihre fe<strong>in</strong>e Tonwertabstufung.<br />
Neben dieser Marg<strong>in</strong>alie darf als Resümee jedoch festgehalten<br />
werden: „Bildarchiv digital“ ist als verständlich<br />
geschriebene E<strong>in</strong>führung und zum Nachschlagen bei E<strong>in</strong>zelfragen<br />
das zur Zeit Beste was es im deutschsprachigen<br />
Raum zu diesem Thema gibt.<br />
Markus Hundemer<br />
Kathryn Pfenn<strong>in</strong>ger: Bildarchiv digital. Mit e<strong>in</strong>em Vorwort<br />
von Thomas Rosemann, Hrsg. Landesstelle für Museumsbetreuung<br />
Baden Württemberg <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit<br />
dem Museumsverband Baden-Württemberg e. V., Stuttgart<br />
2001, ISBN 3-8062-1572-3; zugleich: Rundbrief<br />
Fotografie. Sammeln – Bewahren – Erschließen – Vermitteln,<br />
Sonderheft 7, Stuttgart 2001, ISSN 0945-0327<br />
DER RAUMBILD-VERLAG OTTO SCHÖNSTEIN<br />
E<strong>in</strong> Beitrag zur Geschichte der Stereoskopie<br />
Stereofotografien ermöglichten es schon seit Mitte des<br />
19. Jahrhunderts, etwa <strong>in</strong> Panoramen auf Jahrmärkten<br />
oder mit eigenen Betrachtungsgeräten Bilder mit e<strong>in</strong>em<br />
räumlichen E<strong>in</strong>druck zu erzeugen. Bei den Stereoaufnahmen<br />
handelt es sich um zwei vom gleichen Standort, aber<br />
mit etwas unterschiedlichem Blickw<strong>in</strong>kel aufgenommene<br />
Fotos, die nebene<strong>in</strong>ander präsentiert beim Betrachten<br />
durch e<strong>in</strong>e spezielle Optik e<strong>in</strong>en dreidimensionalen E<strong>in</strong>druck<br />
des Motivs entstehen lassen. Spezialisierte Verlage<br />
vertrieben vor allem zwischen den letzten Jahren des<br />
19. Jahrhunderts bis <strong>in</strong> die 1950er Jahre Fotoserien, die<br />
z. B. „plastische“ Städteansichten boten.<br />
Abbildungen rechts:<br />
Reit im W<strong>in</strong>kl 1927 (Foto: Otto Schönste<strong>in</strong>)<br />
Goebbels auf dem Reichsparteitag <strong>in</strong> Nürnberg 1937; wie bei<br />
den folgenden Abbildungen hier nur e<strong>in</strong> Teil der zweiteiligen<br />
Stereoaufnahme (Foto: Hugo Jäger)<br />
Münchner Oktoberfest 1938 (Foto Dr. Walter Tröller)
44<br />
Ausstellung „Entartete Kunst“, München 1937 (Foto: Hugo<br />
Jäger)<br />
E<strong>in</strong>er dieser Verlage war der „Raumbild-Verlag Otto<br />
Schönste<strong>in</strong>“. 1932 gegründet, war er zunächst <strong>in</strong> Dießen<br />
am Ammersee tätig. Später wurde der Hitler-Fotograf<br />
He<strong>in</strong>rich Hoffmann Gesellschafter und der Verlag siedelte<br />
nach München über, um schließlich kurz vor Ende des<br />
Sport <strong>in</strong> den Bayerischen Flugzeugmotorenwerken Regensburg,<br />
1939 (Foto Dr. Walter Tröller)<br />
FOTOGRAFIE<br />
Ausgebombte Obdachlose <strong>in</strong> München, Sommer 1944 (Foto:<br />
Kurt Schraudenbach)<br />
Zweiten Weltkriegs als „kriegswichtig“ nach Oberaudorf<br />
am Inn ausgelagert zu werden. Schönste<strong>in</strong> betrieb hier<br />
den Verlag bis zu se<strong>in</strong>em Tod 1958. Das Verlagsarchiv –<br />
rund 30.000 Aufnahmen – erwarb 1986 das Deutsche<br />
Historische Museum <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>.<br />
Diesem bedeutenden Nachlass des bayerischen Fotografen<br />
widmet sich Heft 27 des Magaz<strong>in</strong>s des DHM. Der<br />
Stereoskopie-Spezialist Dieter Lorenz stellt dar<strong>in</strong> se<strong>in</strong>e<br />
Ergebnisse bei der Erforschung der Verlagsgeschichte<br />
vor, beschäftigt sich mit den Techniken und nennt Verlagsprodukte,<br />
von der Zeitschrift „Das Raumbild“ über<br />
Bände wie „Venedig – e<strong>in</strong> Raumerlebnis“ h<strong>in</strong> zu Propagandabänden<br />
über die Reichsparteitage <strong>in</strong> Nürnberg,<br />
„Deutsche Gaue“ oder „Die nationalsozialistischen Musterbetriebe“.<br />
Von besonderem Interesse ist e<strong>in</strong>e Auswahl von Stereoaufnahmen,<br />
welche die Vielschichtigkeit der behandelten<br />
Themen zeigt und das Stereobild auch als vorzügliche<br />
Quelle für zeitgeschichtliche Recherchen ausweist.<br />
Wolfgang Stäbler<br />
Dieter Lorenz: Der Raumbild-Verlag Otto Schönste<strong>in</strong>. Zur<br />
Geschichte der Stereoskopie, Magaz<strong>in</strong>, Mitteilungen des<br />
Deutschen Historischen Museums 27/2001; Bezug: DHM,<br />
Unter den L<strong>in</strong>den 2, 10117 Berl<strong>in</strong>, Internet www.dhm.de/<br />
publikationen
BERICHTE/AKTUELLES 45<br />
CHAOS ODER DOGMA? AUF DEM WEG ZU EINEM<br />
GLOBALEN ETHIK-BEGRIFF<br />
Vortrag des Generalsekretärs von ICOM,<br />
Manus Br<strong>in</strong>kman, bei der Jahrestagung des DMB <strong>in</strong><br />
Nürnberg, 6.5.2002<br />
Vor e<strong>in</strong>iger Zeit brach <strong>in</strong> den Niederlanden e<strong>in</strong> heftiger<br />
Streit um e<strong>in</strong>en Eskimo aus Grönland aus. Der war nämlich<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Ausstellung unter dem Titel „Menschliche<br />
Überreste <strong>in</strong> holländischen <strong>Museen</strong>“ gezeigt worden,<br />
während Grönlands Premierm<strong>in</strong>ister die Rückgabe an das<br />
Herkunftsland forderte. Zwei ethische Fragen stellten sich<br />
hier: Sollten die menschlichen Überreste überhaupt<br />
ausgestellt werden? Und – zweitens – sollte der Forderung<br />
des Herkunftslands nach Rückgabe Folge geleistet<br />
werden?<br />
Die Ausstellung menschlicher Überreste ist e<strong>in</strong>e heikle<br />
Angelegenheit. Viele <strong>Museen</strong> stellen Skelette, Schädel,<br />
Mumien und dergleichen aus, woran bisher nie Anstand<br />
genommen worden ist. Aber die Zeiten ändern sich. In<br />
den ICOM Kodex der Berufsethik wurde vor kurzem e<strong>in</strong><br />
neuer Absatz über menschliche Überreste aufgenommen,<br />
<strong>in</strong> dem es heißt: „Zuweilen kann es notwendig se<strong>in</strong>,<br />
menschliche Überreste und anderes heikles Material aus<br />
didaktischen Gründen <strong>in</strong> Ausstellungen zu verwenden;<br />
dies hat jedoch wegen der allen Menschen eigenen Menschenwürde<br />
taktvoll und mit E<strong>in</strong>fühlungsvermögen zu<br />
erfolgen.“ Und: „In demselben S<strong>in</strong>ne ist auf Forderungen,<br />
menschliche Überreste oder sakrale Objekte aus Ausstellungen<br />
zu entfernen, schnell und respektvoll zu reagieren.“<br />
Zu der Rückgabe an das Herkunftsland heißt es<br />
weiter: „Rückgabeforderungen ist mit derselben E<strong>in</strong>stellung<br />
zu begegnen. Jedes Museum sollte im voraus<br />
schriftlich festlegen, wie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em solchen Fall genau zu<br />
verfahren ist.“<br />
Dieses Beispiel zeigt, dass auch für das Museumswesen<br />
e<strong>in</strong>e berufsethische Richtschnur erforderlich ist. Es würde<br />
sicherlich ke<strong>in</strong>en guten E<strong>in</strong>druck machen, wenn e<strong>in</strong>ige<br />
<strong>Museen</strong> mit menschlichen Überresten sehr taktvoll, andere<br />
dagegen völlig skrupellos umg<strong>in</strong>gen. <strong>Museen</strong> schulden<br />
der Öffentlichkeit, die sie über Steuern und E<strong>in</strong>tritte<br />
f<strong>in</strong>anziert, klare Verhaltensregeln <strong>in</strong> sensiblen Fragen.<br />
Dieses Beispiel zeigt aber auch, dass ethisches Verhalten<br />
ke<strong>in</strong> zeitloses Konzept ist. <strong>Museen</strong> müssen sich zwar<br />
an die Grundsätze halten, die von dem Geme<strong>in</strong>wesen,<br />
<strong>in</strong> das sie e<strong>in</strong>gebettet s<strong>in</strong>d, hoch gehalten werden. Doch<br />
zuweilen sollten sie den Mut aufbr<strong>in</strong>gen, bei der Weiterentwicklung<br />
dieser Grundsätze e<strong>in</strong>e Vorreiterrolle zu<br />
spielen.<br />
Womit es allerd<strong>in</strong>gs bei e<strong>in</strong>em berufsethischen Kodex<br />
stets hapert, ist die Umsetzung und die Durchsetzung<br />
der Regeln. Mit e<strong>in</strong> paar Zeilen im ICOM-Kodex ist<br />
das Problem des Museumsleiters <strong>in</strong> den Niederlanden<br />
natürlich noch längst nicht gelöst, denn was er sehr taktvoll<br />
f<strong>in</strong>den mag, kann anderen als genau das Gegenteil<br />
ersche<strong>in</strong>en.<br />
Ich möchte hier nicht länger beim ICOM Kodex der Berufsethik<br />
verweilen. Er steht <strong>in</strong> gedruckter Form zur Verfügung<br />
und wurde auch auf unserer Homepage <strong>in</strong>s Internet<br />
e<strong>in</strong>gestellt. Er ist ebenfalls <strong>in</strong>s Deutsche übersetzt<br />
worden und soll wohl <strong>in</strong> Kürze neu aufgelegt werden.<br />
Statt dessen möchte ich etwas mehr auf die Herausforderung<br />
e<strong>in</strong>gehen, welche die Erarbeitung e<strong>in</strong>es weltweit<br />
akzeptierten ethischen Regelwerks darstellt – denn diese<br />
Herausforderung ist gewaltig!<br />
Zunächst gilt es nämlich, allen Beteiligten zu der E<strong>in</strong>sicht<br />
zu verhelfen, dass e<strong>in</strong> solches Regelwerk überhaupt notwendig<br />
ist. Sodann muss man sich des ständigen Wandels<br />
der Ethik im Zuge der Zeit und quer durch die Kulturen<br />
bewusst werden. Und schließlich müssen die Regeln<br />
von allen bejaht und zum<strong>in</strong>dest bis zu e<strong>in</strong>em gewissen<br />
Grad auch durchgesetzt werden.<br />
Weltweite Akzeptanz ethischer Grundsätze ist nun aber<br />
nur sehr schwer erreichbar. Deshalb muß das Risiko e<strong>in</strong>er<br />
Dogmatisierung allzu zentral fixierter Pr<strong>in</strong>zipien gegen<br />
das Risiko des totalen Chaos wegen zu weitgehender Dezentralisierung<br />
und damit ständiger Relativierung, mit der<br />
letztlich jeder tun und lassen kann, was er will, sorgfältig<br />
abgewogen werden.<br />
Kommen wir zurück zu den drei oben genannten Aspekten:<br />
1. Das Gebot, uns unserer Verantwortung der Öffentlichkeit<br />
gegenüber zu stellen;<br />
2. die Entwicklung der Ethik;<br />
3. die Schwäche der Ethik.<br />
1. Die berufliche Tätigkeit im Museumswesen lässt sich<br />
unter verschiedenen Gesichtspunkten def<strong>in</strong>ieren: als die<br />
Kunst des Restaurators zum Beispiel, oder als die Dokumentationsarbeit,<br />
die bestimmten Standards entsprechen<br />
muss, oder aber als die gründlichen Recherchen, die<br />
e<strong>in</strong>er Ausstellung vorangehen und hohen Qualitätsansprüchen<br />
genügen müssen.<br />
Damit ist jedoch der Def<strong>in</strong>itionsbedarf noch nicht erschöpft.<br />
Zu bestimmen ist auch, was wir mit den <strong>Museen</strong><br />
erreichen wollen, warum sie von gesellschaftlicher Bedeutung<br />
s<strong>in</strong>d und was uns mite<strong>in</strong>ander verb<strong>in</strong>det. Hier<br />
wird die Ethik zum Angelpunkt der Betrachtungen, denn<br />
die Überreste des besagten Eskimos (den ich lieber als<br />
Inuit bezeichnen möchte) können noch so gut konserviert,<br />
nach den Regeln der Kunst dokumentiert und sorgfältigst<br />
erforscht worden se<strong>in</strong>. Die Frage, ob sie ausgestellt<br />
und vom Museum behalten werden dürfen oder<br />
zurückgegeben werden müssen, ist damit nicht beantwortet.<br />
Richtschnur <strong>in</strong> Fragen der Sammlung und der<br />
Herausgabe von Exponaten kann nur die Ethik se<strong>in</strong>.
46<br />
2. Ethik wandelt sich im Zuge der Zeit und quer durch die<br />
Kulturen. Vor noch nicht allzu langer Zeit ereiferte sich<br />
niemand über die Ausstellung menschlicher Überreste, ja<br />
nicht e<strong>in</strong>mal über die Zurschaustellung missgestalteter<br />
Menschen. Auch nahm niemand Anstand daran, wenn<br />
Kulturgüter aus fernen Erdteilen ohne die Zustimmung<br />
der e<strong>in</strong>heimischen Bevölkerung <strong>in</strong> europäische <strong>Museen</strong><br />
verbracht wurden. Und was wir heute als korrekt empf<strong>in</strong>den,<br />
mag im nächsten Jahrhundert völlig <strong>in</strong>akzeptabel<br />
se<strong>in</strong>. Außerdem können wir uns durch die technische Entwicklung<br />
veranlasst sehen, neue berufsethische Konzepte<br />
zu entwickeln. Dafür braucht man zum Beispiel nur<br />
an die Erhaltung virtueller Sammlungen zu denken.<br />
Selbst <strong>in</strong> der heutigen Zeit ist die Auffassung von Ethik<br />
weltweit nicht dieselbe. So ist die Ethik der Restaurierung<br />
<strong>in</strong> Asien nicht unbed<strong>in</strong>gt dieselbe wie <strong>in</strong> Europa. Während<br />
wir hierzulande e<strong>in</strong>e möglichst diskrete Restaurierung für<br />
richtig halten, kann <strong>in</strong> manchen Teilen Asiens mit der Restauration<br />
des „Konzepts e<strong>in</strong>es Gegenstands“ e<strong>in</strong>e regelrechte<br />
Rekonstruktion geme<strong>in</strong>t se<strong>in</strong>. In engem Zusammenhang<br />
damit steht das Problem der Kopien. E<strong>in</strong>ige der<br />
Skulpturen, die man <strong>in</strong> Florenz f<strong>in</strong>det, s<strong>in</strong>d Kopien. So ist<br />
Michelangelos David vor dem Palazzo Signoria e<strong>in</strong>e<br />
Kopie. Das Orig<strong>in</strong>al wurde im Inneren des Palastes aufgestellt.<br />
Ist das ethisch vertretbar? Ja, würden viele erwidern,<br />
denn so wird das Orig<strong>in</strong>al vor umweltbed<strong>in</strong>gten<br />
Schäden geschützt. Andere würden die Frage dagegen<br />
verne<strong>in</strong>en mit der Begründung, dass e<strong>in</strong>e Kopie eben<br />
e<strong>in</strong>e Kopie und nicht das echte Kunstwerk ist und sich<br />
Florenz mit dieser Entscheidung um e<strong>in</strong> wichtiges kulturelles<br />
Wahrzeichen gebracht und sich gleichzeitig an der<br />
Authentizität und historischen Wahrheit versündigt hat.<br />
E<strong>in</strong> anderes Beispiel gar nicht weit von hier entfernt ist<br />
das Museum von Germer<strong>in</strong>g, das, wie ich gehört habe,<br />
Kopien se<strong>in</strong>er Kunstwerke an verschiedenen Stellen <strong>in</strong><br />
der Stadt für alle zugänglich aufgestellt hat. Da diese Initiative<br />
e<strong>in</strong>em pädagogischen Zweck dient und Orig<strong>in</strong>ale<br />
hierfür wegen des Risikos nicht <strong>in</strong> Frage kommen, wird<br />
wohl niemand daran Anstand nehmen. Aber würde das<br />
auch für die Bamyan Buddhas <strong>in</strong> Afghanistan gelten?<br />
E<strong>in</strong>ige me<strong>in</strong>en, man solle Kopien dort aufstellen, wo die<br />
Buddhas e<strong>in</strong>st standen, woh<strong>in</strong>gegen andere etwas derartiges<br />
ablehnen, weil die Orig<strong>in</strong>ale nun e<strong>in</strong>mal für immer<br />
verloren s<strong>in</strong>d. Ethik ist also oft Ansichtssache, gestützt<br />
auf Überzeugungen, die von allen oder vielen geteilt werden.<br />
Ethik ist nichts Absolutes, nichts Unveränderliches.<br />
Deshalb ist e<strong>in</strong> weltweiter Kodex der Berufsethik e<strong>in</strong>e<br />
große Leistung, auf die ICOM stolz se<strong>in</strong> kann. Um von<br />
Bestand zu se<strong>in</strong>, muss dieser Kodex jedoch regelmäßig<br />
überarbeitet werden, was e<strong>in</strong>e unablässige dynamische<br />
BERICHTE/AKTUELLES<br />
Ause<strong>in</strong>andersetzung mit den verschiedensten kulturellen<br />
Kreisen voraussetzt. Dies ist die schwierige Aufgabe unseres<br />
Ethikkomitees. E<strong>in</strong>e revidierte Fassung des Kodex<br />
wurde bei der ICOM-Generalversammlung <strong>in</strong> Barcelona<br />
im Juli 2001 verabschiedet. Die nächste Revision ist für<br />
das Jahr 2004 vorgesehen.<br />
Auch muss die Ethik des e<strong>in</strong>zelnen von der des Museums<br />
als Institution unterschieden werden. Diesen Aspekt behandelt<br />
der ICOM-Kodex unter dem Titel „Professionelles<br />
Verhalten und persönliche Verantwortung“, wo es heißt:<br />
„Die Mitarbeit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em öffentlich oder privat f<strong>in</strong>anzierten<br />
Museum ist e<strong>in</strong>e verantwortungsvolle Tätigkeit, die Vertrauenswürdigkeit<br />
voraussetzt.“ 1<br />
Die <strong>in</strong>dividuelle Ethik kann sich sehr wohl von der öffentlichen<br />
unterscheiden. Der Verband der <strong>Museen</strong> des Vere<strong>in</strong>igten<br />
Königreichs bekennt sich zu sieben Pr<strong>in</strong>zipien des<br />
öffentlichen Lebens, u. a. zur Objektivität, was für öffentliche<br />
Amtsträger bedeutet, dass sie Dritte nur auf Grund<br />
ihrer Qualifikation selber dienstverpflichten oder an andere<br />
weiterempfehlen dürfen. 2 Ich kenne viele Menschen,<br />
die es für ethischer halten würden, e<strong>in</strong>em Freund zu<br />
helfen als den objektiv geeignetsten Bewerber e<strong>in</strong>zustellen.<br />
Kulturelle Faktoren spielen hierbei ebenfalls e<strong>in</strong>e<br />
gewisse Rolle, wie Sie feststellen werden, wenn Sie Menschen<br />
aus aller Welt mit folgendem Dilemma konfrontieren:<br />
Sie und Ihr Ehemann (oder Ihre Ehefrau) fahren mit 80<br />
Stundenkilometern gegen e<strong>in</strong>en Laternenmast. Die Polizei<br />
fragt Sie, wie schnell Sie gefahren s<strong>in</strong>d. Sie wissen,<br />
dass höchstens 50 Stundenkilometer erlaubt s<strong>in</strong>d. Ihr<br />
Mann, der am Steuer sitzt, antwortet denn auch „50“.<br />
Dann stellt die Polizei Ihnen dieselbe Frage. Wofür werden<br />
Sie sich entscheiden? Für die Ethik der Solidarität mit<br />
Ihrem Mann oder für die Ethik der Objektivität?<br />
Und nun dieselbe Situation, aber diesmal kommt e<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d<br />
bei dem Unfall ums Leben. Ich kann Ihnen versichern,<br />
dass Sie sehr unterschiedliche Antworten je nach der kulturellen<br />
Prägung Ihres Gegenüber erhalten werden.<br />
Aber selbst wenn alles relativ ist, brauchen wir gewisse<br />
Standards, weltweite Standards. Deshalb ist es so wichtig,<br />
dass ICOM die <strong>Museen</strong> als „geme<strong>in</strong>nützige, permanente<br />
E<strong>in</strong>richtungen im Dienste der Gesellschaft“ def<strong>in</strong>iert.<br />
Im Dienste der Gesellschaft, das ist das Wesentliche,<br />
das Fundament aller im Kodex enthaltenen berufsethischen<br />
Regeln. Wir stehen im Dienste der Gesellschaft<br />
und s<strong>in</strong>d ihr Rechenschaft schuldig über unser Tun und<br />
Lassen. Das bedeutet, dass wir unsere persönlichen Interessen<br />
h<strong>in</strong>tansetzen müssen. In der E<strong>in</strong>leitung zum<br />
Ethikkodex der amerikanischen <strong>Museen</strong> heibt es, dass<br />
trotz aller Unterschiede zwischen uns etwas uns allen ge-
BERICHTE/AKTUELLES 47<br />
me<strong>in</strong>sam ist, nämlich unser Bekenntnis zum Dienst an der<br />
Öffentlichkeit, der jetzigen wie der künftigen. 3<br />
Dieses Verantwortungsbewusstse<strong>in</strong> ist von größter Bedeutung.<br />
So sollte z. B. jedes Museum se<strong>in</strong>e Politik im<br />
H<strong>in</strong>blick auf Sammlungen und Neuerwerbungen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
für die Öffentlichkeit zugänglichen Dokument fixieren.<br />
(Aber welches von Ihren <strong>Museen</strong> hat das getan? Sie brauchen<br />
nicht die Hand zu heben!) E<strong>in</strong> solches Schriftstück<br />
ist wichtig für Schenkungen und Leihgaben, aber auch<br />
ganz e<strong>in</strong>fach zur Verdeutlichung unseres eigenen Selbstverständnisses.<br />
Hier noch e<strong>in</strong> anderes Beispiel: Als das amerikanische<br />
naturgeschichtliche Museum vor zwei Jahren se<strong>in</strong> neues<br />
Planetarium eröffnete, räumte es dem Willamette Meteoriten,<br />
e<strong>in</strong>em 15 Tonnen schweren Geste<strong>in</strong>sbrocken, der<br />
vor mehr als 10.000 Jahren auf der Erde e<strong>in</strong>schlug, den<br />
absoluten Ehrenplatz e<strong>in</strong>. Heute weist der Meteorit an der<br />
Oberfläche e<strong>in</strong>e glatte Stelle auf, die entstand, als die Kuratoren<br />
des Museums e<strong>in</strong> 13 Kilo schweres Geste<strong>in</strong>sstück<br />
abtrennten, um es bei e<strong>in</strong>em privaten Sammler gegen<br />
e<strong>in</strong>e halbe Unze Mars e<strong>in</strong>zutauschen. Marsmeteoriten<br />
s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e Seltenheit und werten folglich die Sammlung<br />
e<strong>in</strong>es Museums auf. Derselbe Sammler erlöste z. B.<br />
vor kurzem 11.000 US$ bei e<strong>in</strong>er Versteigerung für e<strong>in</strong><br />
kle<strong>in</strong>es Stück dieses Marsmeteoriten. Wie der wissenschaftliche<br />
Leiter des amerikanischen naturgeschichtlichen<br />
Museums sagte, ist es seit langem üblich, kle<strong>in</strong>e<br />
Stücke von Meteoriten abzutrennen und bei privaten<br />
Sammlern gegen neue seltene Meteoriten e<strong>in</strong>zutauschen.<br />
Diese Praxis, so me<strong>in</strong>te er, diene letztlich e<strong>in</strong>em wissenschaftlichen<br />
Zweck.<br />
Nun aber sehen die Clackamas, e<strong>in</strong> Indianerstamm des<br />
Staates Oregon, <strong>in</strong> dem Meteoriten die spirituelle Vere<strong>in</strong>igung<br />
von Himmel, Erde und Wasser. Sie forderten deshalb<br />
se<strong>in</strong>e Rückgabe, e<strong>in</strong>igten sich <strong>in</strong>dessen letztlich mit<br />
dem Museum darauf, dab der Meteorit <strong>in</strong> New York verbleibt,<br />
die Stammesmitglieder jedoch e<strong>in</strong>mal jährlich dort<br />
e<strong>in</strong>e Feier veranstalten dürfen. 5<br />
Bei diesem Beispiel stellen sich gleich drei ethische Fragen<br />
auf e<strong>in</strong>mal:<br />
– Darf e<strong>in</strong> Museum die physische Integrität e<strong>in</strong>es Exponats<br />
verletzen?<br />
– Darf e<strong>in</strong> Museum Exponate austauschen?<br />
– Durfte das Museum all dies tun ohne vorherige Rücksprache<br />
mit den Clackamas, denen es doch das Recht<br />
auf e<strong>in</strong>e Zeremonie zugesprochen hatte?<br />
In dem (revidierten) ICOM-Kodex heißt es, dass die<br />
Wahrung der kulturellen und physischen Integrität und<br />
Authentizität e<strong>in</strong>zelner Objekte und ganzer Sammlungen<br />
e<strong>in</strong> grundlegendes Gebot der Konservierungstätigkeit ist<br />
und dass dies für Objekte, die bestimmten Geme<strong>in</strong>wesen<br />
heilig s<strong>in</strong>d, auch die Achtung vor deren Kultur und Traditionen<br />
mit e<strong>in</strong>bezieht.<br />
Daraus ergibt sich e<strong>in</strong>deutig, daß der Meteorit hätte <strong>in</strong>takt<br />
bleiben und die Clackamas zum<strong>in</strong>dest hätten gefragt<br />
werden müssen. Aber muss e<strong>in</strong> 15 Tonnen schwerer Geste<strong>in</strong>sbrocken<br />
wirklich unbed<strong>in</strong>gt <strong>in</strong>takt bleiben? Legen<br />
wir hier tatsächlich dieselben Maßstäbe an wie an e<strong>in</strong><br />
D<strong>in</strong>osaurierskelett?<br />
Zu der Veräußerungsproblematik heibt es im Kodex: „Der<br />
Erlös aus Veräußerungen von Objekten e<strong>in</strong>er Sammlung<br />
sollte ausschließlich für die Aufwertung dieser Sammlung,<br />
d. h. im Normalfall für ihre Erweiterung verwendet<br />
werden.“ Also war doch alles <strong>in</strong> Ordnung. Aber im Kodex<br />
ist auch an verschiedenen Stellen von der Zurückhaltung<br />
die Rede, die sich <strong>Museen</strong> bei Veräußerungen auferlegen<br />
sollten. Nichtsdestoweniger me<strong>in</strong>t der wissenschaftliche<br />
Leiter, dass Veräußerungen bei naturhistorischen Sammlungen<br />
häufiger s<strong>in</strong>d als bei Kunstsammlungen. Aber<br />
stimmt das wirklich? Manches Museum <strong>in</strong> den Vere<strong>in</strong>igten<br />
Staaten hält es z. B. für völlig normal, e<strong>in</strong> Gemälde zu<br />
verkaufen, um e<strong>in</strong> sehr viel besseres erwerben zu können,<br />
genauso wie e<strong>in</strong> Stück Meteorit gegen e<strong>in</strong> anderes getauscht<br />
wird. Indessen er<strong>in</strong>nere ich mich noch gut an die<br />
lange Debatte, die der Direktor des Museums der Modernen<br />
Kunst <strong>in</strong> Amsterdam, Rudi Fuchs, <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Land<br />
auslöste, als er e<strong>in</strong>en Picasso aus se<strong>in</strong>er Sammlung veräußern<br />
wollte, um e<strong>in</strong> Kunstwerk erwerben zu können,<br />
das besser <strong>in</strong> die Sammlung passte. E<strong>in</strong> solches Ans<strong>in</strong>nen<br />
wurde als skandalös bezeichnet angesichts des<br />
damals ganz besonders betonten ethischen Pr<strong>in</strong>zips der<br />
Integrität der Sammlung.<br />
Es lässt sich lange darüber streiten, wer recht hat und wer<br />
nicht. Für mich ist bereits e<strong>in</strong>iges gewonnen, wenn e<strong>in</strong><br />
Museum se<strong>in</strong>e Ziele im H<strong>in</strong>blick auf Sammlungen und<br />
Neuerwerbungen klar def<strong>in</strong>iert und schriftlich fixiert. In e<strong>in</strong>em<br />
solchen Dokument könnten dann auch gegebenenfalls<br />
triftige Gründe für eventuelle Ausnahmen von dem<br />
Gebot der Integrität bei bestimmten Objekten genannt<br />
werden. Dann brauchte man sich nicht mehr über E<strong>in</strong>zelfälle<br />
zu ereifern, sondern könnte sich bei der Debatte auf<br />
die grundsätzlicheren Fragen der Verwendung der Objekte<br />
<strong>in</strong> naturhistorischen Museum konzentrieren.<br />
Ich erwähnte bereits den Wandel der Ethik im Zuge der<br />
Zeit und die Herausforderungen der virtuellen Welt. Man<br />
braucht nur an die Integrität virtueller Kunstwerke zu denken.<br />
Und was tun, wenn die für das Kunstwerk erforder-
48<br />
liche Software obsolet geworden ist, der Plasmabildschirm,<br />
auf dem es abgebildet wird, nicht mehr hergestellt<br />
wird oder der Computer nicht ersetzt werden kann?<br />
Ist dann die Migration des Kunstwerkes auf neuere Softund<br />
Hardware mit entsprechend höherer Betriebsgeschw<strong>in</strong>digkeit<br />
und verbesserter Bildauflösung angesagt?<br />
Und das s<strong>in</strong>d nur e<strong>in</strong>ige wenige von tausend Fragen <strong>in</strong><br />
diesem Zusammenhang.<br />
In den ICOM-Satzungen ist die Def<strong>in</strong>ition der <strong>Museen</strong> dah<strong>in</strong>gehend<br />
erweitert worden, dass nun auch die Erleichterung<br />
der digitalen Kreativität ausdrücklich unter ihren<br />
Aufgaben genannt wird. 5 Diese kle<strong>in</strong>e Satzungsänderung<br />
wird ganz sicherlich auf die Dauer e<strong>in</strong>e große Anzahl mehr<br />
oder m<strong>in</strong>der e<strong>in</strong>schneidender Änderungen des berufsethischen<br />
Kodexes mit sich br<strong>in</strong>gen.<br />
3. E<strong>in</strong>e andere Herausforderung für ICOM ist die Umund<br />
Durchsetzung des Kodexes, dessen Postulate und<br />
Regeln ja von allen <strong>Museen</strong> mitgetragen werden müssen.<br />
Wenn e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelnes Museum gegen sie verstößt, sollte<br />
es verhältnismäßig leicht se<strong>in</strong>, es unter H<strong>in</strong>weis auf die<br />
Missbilligung durch die große Mehrheit der anderen <strong>Museen</strong><br />
zur Ordnung zu rufen und e<strong>in</strong>es Besseren zu belehren.<br />
Wenn sich dagegen e<strong>in</strong>e größere Gruppe über die<br />
Regeln h<strong>in</strong>wegsetzt, wird es schwierig. Man kann es da<br />
entweder mit der Nachhut ganz besonders starrköpfiger<br />
Museumsleiter zu tun haben oder aber mit der Vorhut<br />
von Vertretern e<strong>in</strong>er neuen Denkweise. So akzeptieren<br />
es heute viele <strong>Museen</strong> <strong>in</strong> Australien, dass sich ethnische<br />
Gruppen Objekte, die ihrer Kultur entstammen, für Zeremonien<br />
oder zu besonderen Anlässen ausleihen. Diese<br />
Praxis steht nicht ganz im E<strong>in</strong>klang mit der Verpflichtung<br />
zur Erhaltung und Sicherung der Objekte im Besitz der<br />
<strong>Museen</strong>, könnte aber sehr wohl <strong>in</strong> der Zukunft e<strong>in</strong>mal<br />
zu e<strong>in</strong>em eigenständigen ethischen Ziel ihrer Tätigkeit<br />
werden.<br />
E<strong>in</strong> besonders heißes Eisen ist die Aussonderung. Obgleich<br />
der Kodex hierfür recht viel Spielraum lässt, ist sie<br />
grundsätzlich nicht gerne gesehen, was allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong>e<br />
wachsende Anzahl von <strong>Museen</strong> nicht davon abhält, angesichts<br />
immer größerer Sammlungen und beengter<br />
räumlicher Verhältnisse weniger zögerlich zu Werke zu<br />
gehen.<br />
Welche Strafen drohen nun demjenigen, der nach e<strong>in</strong>helliger<br />
Auffassung gegen den Kodex verstößt? Offiziell<br />
ke<strong>in</strong>e, denn der Kodex ist e<strong>in</strong>e von allen <strong>Museen</strong> auf<br />
Grund ihres geme<strong>in</strong>samen Selbstverständnisses bejahte<br />
Selbstdiszipl<strong>in</strong> – nicht mehr und nicht weniger. Natürlich<br />
ist es möglich, e<strong>in</strong> ICOM-Mitglied auszuschließen, aber<br />
ich glaube kaum, dass diese Maßnahme sehr abschre-<br />
BERICHTE/AKTUELLES<br />
ckend wirkt. Allerd<strong>in</strong>gs könnte die gezielte Verbreitung<br />
der Information über e<strong>in</strong>e solche Maßnahme das betreffende<br />
Museum schon dazu veranlassen, das eigene Verhalten<br />
noch e<strong>in</strong>mal zu überdenken.<br />
Ethik ist e<strong>in</strong> schwieriges Kapitel und lässt uns <strong>in</strong> der Praxis<br />
immer wieder <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Dilemma geraten. So fühlte sich der<br />
Direktor des anfangs genannten niederländischen Museums<br />
angesichts der großen Anzahl menschlicher Überreste<br />
<strong>in</strong> <strong>Museen</strong> weltweit zu unrecht angegriffen und verstand<br />
nicht das Aufheben, das um die Rückgabe des Inuit<br />
an Grönland gemacht wurde, obgleich niemand e<strong>in</strong> Eigentumsrecht<br />
an dessen Überresten nachweisen kann.<br />
Müssen wir also das niederländische Museum von der<br />
ICOM-Mitgliederliste streichen, wenn se<strong>in</strong> Leiter<br />
beschließt, die Überreste nicht an Grönland zurückzugeben?<br />
Müssen wir dann auch den Louvre aus ICOM ausschließen?<br />
Denn unter den Exponaten e<strong>in</strong>er Ausstellung, die <strong>in</strong><br />
Erwartung e<strong>in</strong>es neuen, für 2004 erwarteten Museums im<br />
Louvre zu sehen ist, bef<strong>in</strong>den sich zwei Objekte der Nok-<br />
Kultur aus Nigeria. Diese beiden Objekte haben erhebliche<br />
Aufmerksamkeit erregt und e<strong>in</strong>e ausgesprochene<br />
Kontroverse <strong>in</strong> der französischen und <strong>in</strong>ternationalen<br />
Presse ausgelöst. Hat der berühmte französische Louvre<br />
tatsächlich illegal ausgeführte – oder sogar gestohlene –<br />
Objekte <strong>in</strong> se<strong>in</strong>e Ausstellung aufgenommen?<br />
ICOM hat zusammen mit afrikanischen, europäischen<br />
und nordamerikanischen Experten e<strong>in</strong>e Bestandsaufnahme<br />
der am stärksten gefährdeten Objekte afrikanischer<br />
Kultur durchgeführt. Dieses als Rote Liste bekannte<br />
Inventar, das vor allem das Bewusstse<strong>in</strong> für die Problematik<br />
schärfen soll, umfasst auch verschiedene Kategorien<br />
archäologischer Objekte <strong>in</strong> Afrika, die besonders<br />
diebstahl- bzw. plünderungsgefährdet und deshalb gesetzlich<br />
geschützt s<strong>in</strong>d und weder ausgeführt noch <strong>in</strong><br />
irgende<strong>in</strong>er Weise feilgeboten werden dürfen. Zu diesen<br />
Kategorien gehören u. a. die Komaland-Terrakotten aus<br />
Nordghana, die Faso-Ste<strong>in</strong>statuen aus dem Norden<br />
Burk<strong>in</strong>a Fasos und die Nok-Terrakotten aus Nigeria.<br />
Die Nok-Kultur kann bis <strong>in</strong>s neunte Jahrhundert v. Chr.<br />
zurückverfolgt werden und hat bis zum Ende des ersten<br />
Jahrtausends der christlichen Zeitrechnung ihre Spuren<br />
h<strong>in</strong>terlassen. Die Herkunft der Objekte im Besitz nigerianischer<br />
<strong>Museen</strong> ist wohl def<strong>in</strong>iert. Aber diese s<strong>in</strong>d<br />
nach den heute auf dem Kunstmarkt bef<strong>in</strong>dlichen Werken<br />
zu urteilen bei weitem nicht repräsentativ für diese<br />
Kultur. So verfügen die <strong>Museen</strong> über ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige heile<br />
Skulptur, während es derer viele auf dem Kunstmarkt<br />
gibt. Allerd<strong>in</strong>gs ist deren Identität und Herkunft nicht<br />
def<strong>in</strong>iert.
BERICHTE/AKTUELLES 49<br />
Das neue Museum „Quai Branly“ <strong>in</strong> Paris kaufte die Objekte<br />
1998 von e<strong>in</strong>em belgischen Kunsthändler für je<br />
360.000 US$ vorbehaltlich der Zustimmung der nigerianischen<br />
Regierung, um die der französische Staatspräsident<br />
bei se<strong>in</strong>em nigerianischen Amtskollegen ersuchte.<br />
Die Umstände, unter denen der Kauf zustande kam, bleiben<br />
<strong>in</strong>dessen dubios. Die Herkunft der besagten Objekte<br />
wurde nie mit der gebotenen Sorgfalt überprüft, aber<br />
auch Nigerias E<strong>in</strong>stellung zu diesen Fragen ist nicht immer<br />
e<strong>in</strong>deutig.<br />
Dank der Roten Liste konnte ICOM die beiden Nok-Objekte<br />
<strong>in</strong> der neuen Ausstellung im Louvre identifizieren<br />
und die Presse darauf aufmerksam machen. Selbst wenn<br />
es ICOM dabei vor allem um die so wichtige Aufklärungsarbeit<br />
g<strong>in</strong>g und natürlich nicht darum, ausgerechnet<br />
den Louvre an den Pranger zu stellen, wurde dieser<br />
scharf kritisiert. Der Kodex der Berufsethik lässt nun<br />
aber auch ke<strong>in</strong>en Zweifel darüber, dass Objekte dubioser<br />
Herkunft nicht erworben werden dürfen und solche, die<br />
illegal ausgeführt worden s<strong>in</strong>d, zurückgegeben werden<br />
müssen. Aber wer hat sich <strong>in</strong> diesem Fall etwas zu Schulden<br />
kommen lassen? Die Leitung des neuen Museums,<br />
weil sie den Kaufauftrag erteilte? Die französische Regierung,<br />
weil sie wusste, dass etwas nicht <strong>in</strong> Ordnung war<br />
und sich trotzdem nicht um Rückgabe der Objekte<br />
bemühte, ganz im Gegenteil? Oder der Louvre, weil er die<br />
Ausstellung dieser Objekte <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Räumlichkeiten zuließ?<br />
Ethische Fragen – schwierige Fragen.<br />
Für diejenigen, die den Ausgang der Nok-Episode kennen<br />
möchten, sei gesagt, dass das französische Kulturm<strong>in</strong>isterium<br />
die Objekte wieder an Nigeria übereignen wird, sie<br />
jedoch während e<strong>in</strong>es Zeitraums von 25 Jahren <strong>in</strong> Paris<br />
verbleiben. Nach Ablauf dieser Frist kann e<strong>in</strong>e eventuelle<br />
Verlängerung ausgehandelt werden.<br />
Die Bekämpfung des illegalen Handels durch die Aufnahme<br />
e<strong>in</strong>es neuen Paragraphen <strong>in</strong> den Kodex, der den Erwerb<br />
von Objekten, deren Herkunft nicht erwiesen ist, untersagt,<br />
gehört zu ICOMs größten Erfolgen. Die meisten<br />
<strong>Museen</strong> halten sich an diese Regel, obgleich es natürlich<br />
auch hier Ausnahmen gibt. Seltsamerweise wird der illegale<br />
Handel nicht im berufsethischen Kodex des Verbandes<br />
amerikanischer <strong>Museen</strong> erwähnt. Aber se<strong>in</strong> Kuratorenkomitee<br />
äußert sich zu diesem Kapitel noch ausführlicher<br />
als der ICOM-Kodex, <strong>in</strong>sofern als es h<strong>in</strong>zufügt: „Die<br />
Herkunft aller Objekte sollte recherchiert werden und<br />
muss so vollständig wie möglich dokumentiert werden.“<br />
Der Geist der Vorschriften ist <strong>in</strong>dessen im wesentlichen<br />
derselbe. Die berufsethischen Leitl<strong>in</strong>ien des Verbandes<br />
schreiben e<strong>in</strong>deutig vor, dass die legale Herkunft jedes<br />
Objektes ordnungsgemäß beurkundet se<strong>in</strong> muss. Der be-<br />
rufsethische Kodex der australischen <strong>Museen</strong> hat die Bestimmung<br />
über den illegalen Handel im vollen Wortlaut<br />
aus dem ICOM-Kodex übernommen. 6<br />
Der Kodex des amerikanischen Verbands ist nur vier <strong>Seiten</strong><br />
lang, aber se<strong>in</strong>e Komitees, wie das Kuratorenkomitee<br />
und das Registrars-Komitee haben ihre eigenen Kodices.<br />
H<strong>in</strong>zu kommt e<strong>in</strong> recht detailliertes Dokument unter dem<br />
Titel „Professional Practices <strong>in</strong> Art Museums“ des exklusiveren<br />
amerikanischen Verbands der Kunst-<strong>Museen</strong>. Die<br />
berufsethischen Leitl<strong>in</strong>ien des britischen Museumsverbandes<br />
bilden e<strong>in</strong> sehr umfangreiches Dokument. Alle<strong>in</strong><br />
das Kapitel über den Erwerb von Objekten ist 16 <strong>Seiten</strong><br />
lang. Außerdem beschäftigt der Verband e<strong>in</strong>en Mitarbeiter,<br />
der für alle Fragen der Berufsethik zuständig ist,<br />
Ratan Vaswani. E<strong>in</strong> so großer E<strong>in</strong>satz für die Berufsethik<br />
ist sehr verdienstvoll. Auch der Kanadische Museumsverband<br />
hat detaillierte berufsethische Leitl<strong>in</strong>ien, und dass<br />
der Deutsche Museumsbund ke<strong>in</strong>en eigenen Kodex hat,<br />
liegt sicherlich daran, dass er sich an den ICOM-Kodex<br />
hält, selbst wenn das nicht auf se<strong>in</strong>er Homepage vermerkt<br />
ist. Der niederländische Museumsverband befolgt<br />
den ICOM-Kodex, den er noch um e<strong>in</strong>ige Aspekte erweitert<br />
hat. Der australische Kodex umfasst 14 <strong>Seiten</strong>.<br />
Daneben f<strong>in</strong>det man noch e<strong>in</strong>e Reihe spezifischerer berufständischer<br />
Kodices, wie den der Archäologen, den es<br />
wohl auch <strong>in</strong> Deutschland gibt. Ich folgere daraus, dass<br />
sich mit Ausnahme e<strong>in</strong>iger größerer angelsächsischer<br />
Länder die meisten anderen an den ICOM-Kodex oder an<br />
e<strong>in</strong>en dieser spezifischen Kodices halten. ICOM hat<br />
grundsätzlich nichts gegen die Vielfalt derartiger Texte<br />
e<strong>in</strong>zuwenden. Es mag bestimmte Umstände <strong>in</strong> diesem<br />
oder jenem Land geben, die nach e<strong>in</strong>er entsprechend<br />
länderspezifischen Regelung verlangen. Aber manchmal<br />
habe ich auch den E<strong>in</strong>druck, dass <strong>in</strong> vielen Kapiteln dieser<br />
verschiedenen Kodices genau dasselbe steht, nur etwas<br />
anders ausgedrückt. Die Autoren dieser Texte s<strong>in</strong>d<br />
sicherlich davon überzeugt, dass der von ihnen gewählte<br />
Wortlaut präziser und besser durchdacht ist als der aller<br />
anderen. Indessen sollte man vielleicht doch zuweilen<br />
se<strong>in</strong>en Nationalstolz im Interesse e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>heitlichen Formulierung<br />
herunterschlucken und nur das Länder- oder<br />
Ortsspezifische h<strong>in</strong>zufügen.<br />
Das Wichtigste jedoch, was ich Ihnen heute mit auf den<br />
Weg geben möchte, ist die Aufforderung, sich Ihrer Verantwortung<br />
im Dienste der Öffentlichkeit voll bewusst zu<br />
se<strong>in</strong>, was natürlich nicht bedeutet, dass sich e<strong>in</strong> Museum<br />
der Mehrheit unterwerfen oder den größten geme<strong>in</strong>samen<br />
Nenner anstreben sollte. <strong>Museen</strong> haben e<strong>in</strong>e andere<br />
Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft, die ihnen das<br />
Leben nicht leichter macht, aber e<strong>in</strong>e überaus lohnende
50<br />
Aufgabe darstellt: „Sie müssen e<strong>in</strong> Forum für die Debatte<br />
großer ethischer Fragen unserer Gesellschaft abgeben,<br />
e<strong>in</strong>en ,sicheren Ort‘ für ,unsichere Ideen‘, wo <strong>in</strong> Gegenwart<br />
historischer Zeugen schwierige Probleme ruhig und<br />
besonnen erörtert werden können. <strong>Museen</strong> s<strong>in</strong>d am besten<br />
für diese Funktion gerüstet, da ihre Gelehrten und<br />
Kuratoren die komplexe Vergangenheit erforscht und<br />
Artefakte dieser Vergangenheit gesammelt haben, was<br />
sie dazu befähigt, die Öffentlichkeit mit objektiven Fakten<br />
und entsprechendem Anschauungsmaterial zu konfrontieren.<br />
Wir wollen den Menschen nicht sagen, was sie<br />
denken sollen, aber wir können ihnen das Verständnis der<br />
Sachverhalte, auf Grund derer sie dann vielleicht von sich<br />
aus umdenken werden, erleichtern.“ 7<br />
Anmerkungen<br />
Manus Br<strong>in</strong>kman<br />
1 Kodex der Berufsethik des International Council of Museums<br />
(ICOM), Paris 1996, S. 29<br />
2 Code of Ethics der Museums Association, Website: museumsassociation.org<br />
3 Code of Ethics for Museums, American Association of Museums<br />
2000, Website: aam-us.org<br />
4Zitat aus e<strong>in</strong>em Artikel von Chang Kenneth <strong>in</strong> der New York<br />
Times<br />
5ICOM-Satzungen, Website: icom.org<br />
6 Code of Ethics for Art, History and Science Museums, Website:<br />
museumsaustralia.org.au<br />
7ICOM News 1/2002/, Paris 2002, S. 7<br />
Dieser und alle weiteren Vorträge der Jahrestagung des<br />
Deutschen Museumsbundes werden <strong>in</strong> der nächsten<br />
Ausgabe der Reihe „Museumskunde“ veröffentlicht.<br />
BERICHTE/AKTUELLES<br />
MUSEUMSETHIK – DER VERSUCH EINER<br />
ANNÄHERUNG<br />
Jahrestagung des Deutschen Museumsbundes <strong>in</strong><br />
Nürnberg, 5.-8.5.2002<br />
Unter dem Thema „Museumsethik – Anspruch und Aufgabe<br />
der Museumsarbeit“ hatte der Deutsche Museumsbund<br />
für se<strong>in</strong>e diesjährige Mai-Tagung, die <strong>in</strong> Zusammenarbeit<br />
mit dem Verband der Restauratoren, dem Bundesverband<br />
Museumspädagogik sowie der Vere<strong>in</strong>igung der<br />
Landesdenkmalpfleger <strong>in</strong> der Bundesrepublik Deutschland<br />
durchgeführt wurde, aus Anlass des 150jährigen<br />
Bestehens des Germanischen Nationalmuseums nach<br />
Nürnberg e<strong>in</strong>geladen. Rund 250 Teilnehmer waren <strong>in</strong> die<br />
Frankenmetropole gekommen, um sich <strong>in</strong> Vorträgen und<br />
Diskussion mit dem schwierigen Thema ause<strong>in</strong>ander zu<br />
setzen, daneben aber auch die vielgestaltige, mit besuchenswerten<br />
Neuerungen aufwartende Museumslandschaft<br />
der Stadt zu besichtigen.<br />
Nach den Offizialia – Dr. Mart<strong>in</strong> Roth für den DMB, Kornelius<br />
Götz für den Verband der Restauratoren, Beatrix<br />
Commandeur für den Bundesverband Museumspädagogik,<br />
Dr. York Langenste<strong>in</strong> vertretend für den Bereich<br />
der Denkmalpflege und als Hausherr Prof. Dr. Ulrich<br />
Großmann – warnte DMB-Präsident Roth e<strong>in</strong>leitend vor<br />
der fortschreitenden Entstaatlichung des Kulturbereichs<br />
und wünschte den <strong>Museen</strong>, dass sie sich wieder mehr<br />
ihren eigentlichen Kernaufgaben widmen könnten.<br />
Als hörenswerter Aufgalopp rief nun der Journalist Hanno<br />
Rauterberg von der „Zeit“ den Versammelten „Musealisiert<br />
das Museum!“ zu und reflektierte „über den Wert<br />
und die Werte e<strong>in</strong>er großen Institution“. Er konstatierte<br />
wortspielend, Vergangenheit sei niemals so gegenwärtig<br />
wie heute gewesen, stellte e<strong>in</strong>er „Vergangenheitswut“<br />
den gleichzeitigen „Zukunftswahn“ gegenüber und<br />
sprach im H<strong>in</strong>blick auf die dramatischen Zuwachsraten<br />
der <strong>Museen</strong> von „Neu- und Altgier“. Das angestammte<br />
Selbstverständnis des Museums sei gegenwärtig <strong>in</strong> Gefahr,<br />
die Institution auf e<strong>in</strong>em Scheideweg zwischen Lustspielhaus<br />
und Weihetempel säkularer Erbauungstheologie.<br />
Rauterberg sieht Internet und andere moderne<br />
Medien mit ihrer Vermischung von Kopie und Orig<strong>in</strong>al als<br />
Gefahr für die <strong>Museen</strong>, die sich vor diesem H<strong>in</strong>tergrund<br />
nun auch nicht mehr auf die Authentizität als Wert an sich<br />
berufen könnten. Der eigentliche Pluspunkt des Museums<br />
besteht se<strong>in</strong>er Ansicht nach dar<strong>in</strong>, dass es ke<strong>in</strong>e fertigen<br />
Fakten bietet, sondern zum Fragen e<strong>in</strong>lädt: als Stätte der<br />
Selbstreflexion e<strong>in</strong>er Gesellschaft, die die Welt beschreibt,<br />
wie sie e<strong>in</strong>st war, wie sie anders hätte se<strong>in</strong><br />
können und wie sie <strong>in</strong> Zukunft se<strong>in</strong> könnte. Rauterbergs<br />
Vortragstitel „Musealisiert das Museum!“ ist letztlich der<br />
Aufruf zu e<strong>in</strong>er lernenden Wiederannäherung an den ursprünglichen<br />
Musenort.<br />
Nach diesem erfrischenden, eher flaneurhaften Beitrag<br />
nahm der Altmeister professoraler Schwerverständlich-
BERICHTE/AKTUELLES 51<br />
keit, der ehemalige Nürnberger Kulturdezernent Prof.<br />
Hubert Glaser, der Veranstaltung zunächst mit se<strong>in</strong>en Reflexionen<br />
zum gesellschaftlichen S<strong>in</strong>ngehalt des Musealen,<br />
die er <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie auf dem Schiller´schen Ästhetikbegriff<br />
aufbauend konstruierte, etwas den frischen<br />
W<strong>in</strong>d aus den Segeln. In medias res g<strong>in</strong>g es aber schließlich<br />
mit dem Vortrag des ICOM-Generalsekretärs Manus<br />
Br<strong>in</strong>kmann, der sich e<strong>in</strong>em globalen Ethik-Begriff im Museum<br />
zuwandte. An praktischen Beispielen – etwa den<br />
ethischen Fragen, die bei der Ausstellung menschlicher<br />
Überreste oder auch bei Sammlungsobjekten, die <strong>in</strong> lebendigen<br />
Kulten religiöse Bedeutung haben, auftauchen<br />
und die bis zur Deakzessionierung führen können und<br />
müssen – steckte er zum<strong>in</strong>dest Teile des Terra<strong>in</strong>s ab, um<br />
das sich die Tagung drehen sollte, das jedoch – soviel sei<br />
vorab verraten – von e<strong>in</strong>igen der nachfolgenden Referenten<br />
oft nicht recht getroffen, bestenfalls gestreift wurde.<br />
(Das Referat von Br<strong>in</strong>kmann f<strong>in</strong>det sich <strong>in</strong> diesem Heft auf<br />
S. 45 ff.).<br />
Dorothee Dennert vom Haus der Geschichte der BRD <strong>in</strong><br />
Bonn arbeitete <strong>in</strong> ihrem Beitrag für die Zunft der mitveranstaltenden<br />
Museumspädagogen den Bildungsauftrag<br />
der <strong>Museen</strong> heraus, der allerd<strong>in</strong>gs nur zu erfüllen sei,<br />
wenn er auf Erkenntnissen der Besucherforschung basiere.<br />
Sie führte durch verschiedene Bereiche der Teamarbeit<br />
<strong>in</strong> Vermittlung und Öffentlichkeitsarbeit bis h<strong>in</strong> zu<br />
Museumsshopartikeln und forderte von den <strong>Museen</strong> offene<br />
Kommunikationsstrukturen. <strong>Museen</strong> sollten sich als<br />
lernende Institutionen verstehen. Schließlich landete sie<br />
doch noch beim zentralen Punkt, der Aussage „Museums<br />
belong to everyone“ aus dem englischen Code of Ethics.<br />
Die Führungsspitze des Verbandes der Restauratoren,<br />
Präsident Kornelius Götz und Vizepräsident<strong>in</strong> Dr. Cornelia<br />
Weyer widmeten sich der Restaurierungsethik, wobei<br />
der historische Prozess h<strong>in</strong> zur M<strong>in</strong>imalisierung der E<strong>in</strong>griffe<br />
weiten Raum e<strong>in</strong>nahm – von Chr. Kösters Forderung<br />
an den Restaurator nach dem Verzicht eigenen gestalterischen<br />
Ausdrucks aus dem Jahr 1832 und Friedrich<br />
Lucanus´ Ruf nach Reversibilität der Maßnahmen (1827)<br />
bis Georg Dehios „konservieren statt restaurieren“ (1905).<br />
Aktuell war die Forderung nach der Def<strong>in</strong>ition von Restaurierungsstandards<br />
und der E<strong>in</strong>richtung e<strong>in</strong>er Schiedsstelle<br />
für ethische Fragen der Restaurierung, ähnlich, wie<br />
sie berufsständisch bei Ärzten existiert; nicht fehlen durfte<br />
das „ceterum censeo“, der Ruf nach dem Schutz der Berufsbezeichnung<br />
„Restaurator“. Die besondere Verantwortung<br />
der Restauratoren, wenn es darum geht, auch<br />
kontextuelle Bedeutungen jenseits der Materialität zu<br />
respektieren und <strong>in</strong> die Restaurierungsethik mit e<strong>in</strong>zubeziehen,<br />
legte Götz am Beispiel e<strong>in</strong>er Taschenuhr, die den<br />
Atombombenabwurf von Hiroshima beschädigt überstanden<br />
hatte, dar.<br />
Geschmacksverstärker soll man nur nutzen, wenn die eigentlichen<br />
Zutaten ke<strong>in</strong>en eigenen Geschmack haben –<br />
so das Resümee des Vortrags „Das Babuschka-Pr<strong>in</strong>zip<br />
oder das Exponat im Exponat“ des Gestalters HG Merz,<br />
das er am Beispiel des Zeppel<strong>in</strong>museums Friedrichshafen,<br />
des Rieskratermuseum Nördl<strong>in</strong>gen oder auch der<br />
Gedenkstätte KZ Sachsenhausen entwickelte. Mit Hilfe<br />
von Bilderfolgen stellte er Probleme und Wege e<strong>in</strong>er<br />
Symbiose zwischen Museum und dem unantastbaren<br />
Raumgefüge von Denkmälern, welche (allzu-)oft Sammlungen<br />
beherbergen, vor. Die zusammenfassende Diskussion<br />
problematisierte endlich den Ethikbegriff und die Differenzierung<br />
von Geschmacks- und ethischen Fragen,<br />
auch wurde nach der Verb<strong>in</strong>dung oder Abgrenzung zwischen<br />
– beruflicher – Moral der Museumsmitarbeiter und<br />
dem Anspruch e<strong>in</strong>er umfassenden Museumsethik gesucht.<br />
Leider blieb die klärende Def<strong>in</strong>ition, die man sich<br />
schon zu Beg<strong>in</strong>n der Veranstaltung gewünscht hätte, <strong>in</strong><br />
den Ansätzen stecken.<br />
Am nächsten Veranstaltungstag fragte Dr. Franz Sonnenberger,<br />
Direktor der <strong>Museen</strong> der Stadt Nürnberg, anhand<br />
se<strong>in</strong>er Erfahrungen bei der Neugestaltung der Nürnberger<br />
Museumslandschaft: „Brauchen wir e<strong>in</strong>e erweiterte Museumsethik?“<br />
Er er<strong>in</strong>nerte an die bei der ICOM Generalkonferenz<br />
2001 verabschiedete Neufassung des Code of<br />
Ethics, die etwa den sozialen Auftrag der <strong>Museen</strong> stärker<br />
betone. Es seien dennoch Zweifel angebracht, ob mit dieser<br />
Festschreibung e<strong>in</strong>es Grundkonsenses alle Felder der<br />
Museumsarbeit ausreichend abgedeckt werden könnten.<br />
Die <strong>Museen</strong> seien beispielsweise der Denkmalpflege, die<br />
klare Kompetenzen besitze, bei differierenden Auffassungen<br />
aufgrund fixer Wertekanons unterlegen. Deshalb sollte<br />
der Code of Ethics nicht alle<strong>in</strong> nach <strong>in</strong>nen diszipl<strong>in</strong>ieren,<br />
sondern auch Ansprüche nach außen manifestieren. Am<br />
Nürnberger Beispiel forderte Sonnenberger e<strong>in</strong> fest umrissenes<br />
Thema und tragende Ideen für <strong>Museen</strong>. Außerdem<br />
widmete er sich e<strong>in</strong>gehend Vermittlungsmethoden wie<br />
Dramolett oder M<strong>in</strong>ihörspiel, welche se<strong>in</strong>er Grundidee des<br />
Museums als historischem Theater erwachsen.<br />
Der virulenten Frage der Restitution von Museumsobjekten,<br />
vor allem von Erwerbungen der Jahre 1933-45, g<strong>in</strong>g<br />
Dr. Ute Haug von der Kunsthalle Hamburg nach. Es sei vor<br />
e<strong>in</strong>em Ankauf durch <strong>Museen</strong> von Objekten, die vor 1933<br />
entstanden seien, e<strong>in</strong> lückenloser Nachweis der Herkunft<br />
der Kunstwerke und vor allem der Umstände früherer Besitzerwechsel<br />
notwendig. Hier könne die Provenienzforschung<br />
vieles, aber nicht alles leisten und es stelle sich die<br />
Frage, ob es nicht zur Aufgabe für die anbietenden Händler<br />
gemacht werden könne, verpflichtend entsprechende<br />
Nachweise beizubr<strong>in</strong>gen. Als ideales Beispiel e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>vernehmlichen<br />
Rückübertragung von Museumsgut nannte
52<br />
Haug e<strong>in</strong> Thora-Schild des Jüdischen Museums Franken<br />
<strong>in</strong> Fürth, das 1990 als Schenkung <strong>in</strong>s Museum gelangt war.<br />
Wie sich herausstellte, stammte es aus der während der<br />
Nazizeit geplünderten Gunzenhausener Synagoge. Mit der<br />
<strong>in</strong> Amerika lebenden Familie der Vorbesitzer wurde nun<br />
vere<strong>in</strong>bart, dass das wertvolle Objekt als Dauerleihgabe im<br />
Museum verbleiben kann, allerd<strong>in</strong>gs zu besonderen Anlässen<br />
herausgegeben wird. Erstmals wird das Schild 2003 zu<br />
e<strong>in</strong>er Bar Mizwa-Feier nach New York gebracht werden.<br />
Die folgenden beiden Vorträge setzten sich mit ethischen<br />
Aspekten von ethnologischen Ausstellungen ause<strong>in</strong>ander.<br />
Am Beispiel e<strong>in</strong>er Schau der Männerhäuser der Sepik<br />
<strong>in</strong> Neugu<strong>in</strong>ea erörterte Dr. Anette Re<strong>in</strong>, Direktor<strong>in</strong> des<br />
Hauses der Weltkulturen <strong>in</strong> Frankfurt a. M., ethische Perspektiven<br />
zu musealen Ethnographika. Es müsse e<strong>in</strong> Weg<br />
zwischen den Polen des Kuriositätenkab<strong>in</strong>etts und der<br />
Sicht des „edlen Wilden“ der Zivilisationskritiker gefunden<br />
werden, vor allem dürfe aber die Beschäftigung mit<br />
e<strong>in</strong>er Kultur nicht über die Köpfe der eigentlich Betroffenen<br />
h<strong>in</strong>weg stattf<strong>in</strong>den. Unter dem vielversprechenden<br />
Titel „Menschen, Masken und Moneten“ schloss Prof. Dr.<br />
Christian Feest vom Institut für Historische Ethnologie der<br />
J. W. Goethe-Universität Frankfurt a. M. an, der jedoch<br />
se<strong>in</strong>e Zuhörer <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie an se<strong>in</strong>em überbordenden<br />
Wissen zu nordamerikanischen Indianerkulturen teilhaben<br />
ließ. Wichtig waren jedoch se<strong>in</strong>e H<strong>in</strong>weise, dass<br />
völkerkundliche <strong>Museen</strong>, die D<strong>in</strong>ge aus Gesellschaften<br />
mit anderen Wertevorstellungen sammeln, durch ihre<br />
Außenperspektive der Exotisierung Vorschub leisten und<br />
allzu oft die Veränderlichkeit von Kultur negieren, <strong>in</strong>dem<br />
sie die gegenwärtige Situation der jeweiligen Kulturen<br />
vernachlässigen. Feest berichtete von Initiativen amerikanischer<br />
<strong>Museen</strong>, <strong>in</strong>dianische Kultmasken <strong>in</strong> den Sammlungen<br />
von Stammespriestern weiterh<strong>in</strong> beopfern zu lassen<br />
bzw. sie auch an die ursprüngliche Glaubensgeme<strong>in</strong>schaft<br />
zurückzugeben. Geradezu grotesk war allerd<strong>in</strong>gs<br />
se<strong>in</strong> Vorschlag, <strong>in</strong> Ausstellungen sensible Kultobjekte, die<br />
bei den ursprünglichen Besitzern für bestimmte Personengruppen<br />
tabu s<strong>in</strong>d, zwar zu zeigen, die betreffenden<br />
Vitr<strong>in</strong>en aber dabei zum Schutz religiöser Gefühle mit entsprechenden<br />
H<strong>in</strong>weisen (denkbar wäre also wohl e<strong>in</strong><br />
Schild: „Frauen werden gebeten, die <strong>in</strong> dieser Vitr<strong>in</strong>e ausgestellten<br />
Objekte nicht zu betrachten!“) zu versehen.<br />
Schuldig blieben beide Ethnologen e<strong>in</strong>e schlüssige Antwort<br />
auf Fragen aus dem Publikum, wie man denn sich<br />
widersprechende museumsethische Grundsätze – e<strong>in</strong>erseits<br />
Bewahrung des Museumsguts, andererseits Rückgabe<br />
zum kultischen Gebrauch und damit Verschleiß –<br />
gegene<strong>in</strong>ander abwägen könne bzw. ob und welche Initiativen<br />
es von Museumsseite gäbe, vor der Herausgabe<br />
die Rahmenbed<strong>in</strong>gungen für die Objekte am künftigen<br />
BERICHTE/AKTUELLES<br />
Standort durch die Vermittlung von Know-how oder sogar<br />
f<strong>in</strong>anzielle Hilfen zu verbessern.<br />
Über die 81 forschenden deutschen Institute, die auf der<br />
„Blauen Liste“ zusammengefasst s<strong>in</strong>d und damit F<strong>in</strong>anzhilfen<br />
von Bund und Ländern erhalten, berichtete Prof. Dr.<br />
Dietrich Wegener, der Vorsitzende des Senatsausschusses<br />
Evaluierung der Wissenschaftsgeme<strong>in</strong>schaft G. W.<br />
Leibniz. Auf dieser Liste s<strong>in</strong>d E<strong>in</strong>richtungen wie das Deutsche<br />
Museum oder das Germanische Nationalmuseum<br />
vertreten, deren Förderwürdigkeit durch die Übertragung<br />
von Qualitätskriterien der Forschung auf die <strong>Museen</strong> ermittelt<br />
wird. Wachsende Bedeutung kommt dabei unter<br />
dem Kürzel PUSH (= Public Understand<strong>in</strong>g of Science and<br />
Humanity) der Rolle der <strong>Museen</strong> als Mittler zwischen Wissenschaft<br />
und Öffentlichkeit zu. In diesem Kontext schloss<br />
sich e<strong>in</strong> Beitrag von Dr. Ra<strong>in</strong>er Schoch vom gastgebenden<br />
GNM an, der darlegte, dass das Museum e<strong>in</strong> Drittel se<strong>in</strong>es<br />
Jahresetats aus Bundesmitteln erhalte, wobei 65 % se<strong>in</strong>er<br />
Arbeitsleistung als Forschung deklariert seien. Den Themenblock<br />
„Museumsethik und Forschung“ beendete Prof.<br />
Dr. Fritz F. Ste<strong>in</strong><strong>in</strong>ger, der die große Bedeutung deutscher<br />
naturwissenschaftlicher Forschungssammlungen im <strong>in</strong>ternationalen<br />
Vergleich herausstellte und forderte, daß die<br />
Forschungssammlungen von Universitäten an <strong>Museen</strong><br />
überführt werden sollten. E<strong>in</strong> Abendvortrag von Hellmuth<br />
Seelmann, dem Präsidenten der Stiftung Weimarer Klassik<br />
zur Situation der <strong>Museen</strong> <strong>in</strong> den neuen Bundesländern<br />
rundeten das Programm, das als Rahmen Exkursionen <strong>in</strong><br />
Stadt und Land bot und mit Fachgruppensitzungen und<br />
Mitgliederversammlung weitergeführt wurde, ab.<br />
Es war verdienstvoll und auch mutig vom Deutschen Museumsbund,<br />
sich dem schwierigen Thema der Museumsethik<br />
zu stellen. Dennoch, vielleicht aber auch zwangsläufig,<br />
h<strong>in</strong>terlässt die Tagung e<strong>in</strong>en etwas zwiespältigen E<strong>in</strong>druck.<br />
Die anspruchsvolle Thematik war es vielleicht, die<br />
manche Referenten – unbekümmert um die eigentlichen Interessen<br />
der Zuhörer und auch von Zeitlimits wenig bee<strong>in</strong>druckt<br />
– zu sehr ausweichen und abschweifen ließ, was dazu<br />
führte, dass etliche Vorträge sich über weite Strecken <strong>in</strong><br />
konzentrischen Kreisen um das Thema bewegten und zu<br />
selten den eigentlichen Kern trafen. Was fehlte – nicht zuletzt<br />
wohl aufgrund der bedauerlichen kurzfristigen Absage<br />
von Ratan Vaswani von der britischen Museums Association,<br />
der über den neuen Verhaltenskodex der dortigen <strong>Museen</strong><br />
berichten sollte – war schließlich der def<strong>in</strong>ierende<br />
oder auch zusammenfassende Überblick über das komplexe<br />
Problemfeld. Der Museumsbund wird aber wieder e<strong>in</strong><br />
Berichtsheft über die Nürnberger Tagung vorlegen, das ermöglichen<br />
wird, die verstreuten Ros<strong>in</strong>en aus dem Vortragskuchen<br />
herauszupicken.<br />
Wolfgang Stäbler
BERICHTE/AKTUELLES 53<br />
WARUM DER HOLZSCHUH GERÖNTGT<br />
WERDEN MUSSTE – ODER:<br />
MUSEALISIERUNG EINES TAGELÖHNERHAUSES<br />
MIT DEN MITTELN MODERNER KUNST<br />
Das Projekt „InnenLeben – Haus der Gefühle“ im Westfälischen<br />
Freilichtmuseum Detmold<br />
Das Westfälische Freilichtmuseum Detmold (WFM) ist als<br />
Landesmuseum für Volkskunde regional zuständig für<br />
Westfalen-Lippe. Auf e<strong>in</strong>er Fläche von über 90 ha s<strong>in</strong>d<br />
<strong>in</strong>zwischen rund 110 historische Gebäude <strong>in</strong> verschiedenen<br />
Baugruppen aus den Teilregionen Westfalens wiedererrichtet<br />
und für die Besucher zugänglich gemacht worden.<br />
Neben den historischen Orig<strong>in</strong>algebäuden werden<br />
das jeweilige historische Gebäudeumfeld, die Gärten, die<br />
historischen Haustierrassen sowie die vom Menschen<br />
geformte Kulturlandschaft mit ihren verschiedenen Nutzungsformen<br />
als Äcker, Wiesen, Weiden und Wälder gezeigt.<br />
Im September 2001 wurde im WFM e<strong>in</strong> weiteres historisches<br />
Gebäude eröffnet. Das Tagelöhnerhaus aus V<strong>in</strong>sebeck<br />
(Stadt Ste<strong>in</strong>heim, Kreis Höxter) war 1992 erworben<br />
worden und später im Rahmen e<strong>in</strong>er Ganzteiltranslozierung<br />
per Tieflader <strong>in</strong> das Freilichtmuseum gekommen.<br />
Dort steht es – vergleichbar mit der Situation am<br />
ursprünglichen Standort – am Rande der musealen Baugruppe<br />
„Paderborner Dorf“ und zählt <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Ausmaßen<br />
und von der Ausführung des Baus her eher zu den weniger<br />
spektakulären Bauten.<br />
Konzeption<br />
Betreten die Museumsbesucher<strong>in</strong>nen und -besucher das<br />
V<strong>in</strong>sebecker Tagelöhnerhaus, so s<strong>in</strong>d die meisten von<br />
ihnen zunächst überrascht: Anders als <strong>in</strong> den übrigen historischen<br />
Gebäuden des Freilichtmuseums f<strong>in</strong>den sie hier<br />
ke<strong>in</strong>e klassische, der jeweiligen Region, dem Zeitschnitt<br />
und der Sozialschicht entsprechende museale Inszenierung.<br />
Sie s<strong>in</strong>d vielmehr mit dem Kunst-Projekt „Innen-<br />
Leben – Haus der Gefühle“ konfrontiert, mit dem das<br />
Detmolder Freilichtmuseum bei der Musealisierung e<strong>in</strong>es<br />
Gebäudes neue Wege beschritten hat.<br />
Als mit den Planungen für die Präsentation des Tagelöhnerhauses<br />
begonnen wurde, waren im „Paderborner<br />
Dorf“ des Museums bereits drei Gebäude für die Besucher<br />
zugänglich, die die Wohn- und Lebensverhältnisse<br />
der ländlichen Unterschichten <strong>in</strong> der Zeit um 1900 nachvollziehbar<br />
machen. Das V<strong>in</strong>sebecker Haus ebenfalls mit<br />
e<strong>in</strong>er entsprechenden Innenraum<strong>in</strong>szenierung zu zeigen,<br />
wäre <strong>in</strong>sofern e<strong>in</strong>e Wiederholung gewesen. Daneben<br />
waren jedoch weitere Gründe für die Entscheidung ausschlaggebend.<br />
Parallel zur Übernahme des Gebäudes<br />
wurden – wie im WFM seit langem üblich – archivalische<br />
und bauhistorische Forschungen sowie Befragungen von<br />
ehemaligen Nachbarn und Zeitzeugen durchgeführt. Auf<br />
diese Weise konnten die Baugeschichte geklärt und umfangreiche<br />
Kenntnisse zu den Biografien und Lebensum-<br />
Das Tagelöhnerhaus aus V<strong>in</strong>sebeck im Westfälischen Freilichtmuseum<br />
Detmold<br />
ständen der ehemaligen Bewohner gewonnen werden.<br />
E<strong>in</strong> wichtiges Ergebnis der Untersuchungen im Überblick<br />
war, dass die Baugeschichte, die „Biografie“ des Hauses,<br />
sehr eng mit den Lebensgeschichten der ehemaligen Bewohner<br />
und Bewohner<strong>in</strong>nen verknüpft ist. Am Gebäude<br />
selber lassen sich zahlreiche Spuren der Tagelöhnerfamilien<br />
ablesen, deren Mitglieder dort zum Teil über mehrere<br />
Generationen zwischen 1833 und 1990 gelebt haben.<br />
Schließlich trat noch die Überlegung h<strong>in</strong>zu, mit e<strong>in</strong>em<br />
neuen Weg der Vermittlung andere, vielleicht gerade jüngere<br />
Besucherschichten anzusprechen.<br />
Nach <strong>in</strong>tensiver Diskussion entschlossen sich die an der<br />
Arbeitsgruppe beteiligten Wissenschaftler des Museums<br />
dazu, für die museale Präsentation des Tagelöhnerhauses<br />
die „Deutungs- und Interpretationshoheit“ abzugeben<br />
zugunsten e<strong>in</strong>er Deutung und Interpretation mit den visuellen<br />
Mitteln moderner Kunst. E<strong>in</strong>zige Vorgabe an die beteiligten<br />
Künstler Herbert Galle und Gabriele Wilpers aus<br />
Essen war dabei, das Haus nicht als Ausstellungsgebäude<br />
oder -räumlichkeit aufzufassen. Vielmehr sollten das<br />
Haus mit se<strong>in</strong>er <strong>in</strong>dividuellen Baugeschichte, die Biografien<br />
und Lebensumstände der e<strong>in</strong>st dar<strong>in</strong> wohnenden<br />
Menschen und die erhaltenen historischen Objekte durch<br />
die zu erstellenden künstlerischen Arbeiten <strong>in</strong>terpretiert<br />
werden. Daher stand am Anfang der Umsetzung des Projektes<br />
e<strong>in</strong> <strong>in</strong>tensiver Gesprächs- und Diskussionsprozess,<br />
<strong>in</strong> dem den Künstlern die Ergebnisse aus den bauhistorischen<br />
und archivalischen Forschungen sowie den Befragungen<br />
vermittelt wurden.<br />
Wilpers und Galle sehen das Tagelöhnerhaus nicht alle<strong>in</strong><br />
als historisches Objekt, sondern verstehen es vielmehr<br />
als „symbolisches Haus“ von großer Integrationskraft für
54<br />
die Gedanken, Er<strong>in</strong>nerungen und Träume des Menschen:<br />
Ausgehend von den Lebensgeschichten der ehemaligen<br />
Bewohner<strong>in</strong>nen und Bewohner, den Gegenständen, die<br />
sie h<strong>in</strong>terlassen haben, und der Baugeschichte des Hauses<br />
sowie unter E<strong>in</strong>beziehung der jetzigen Raumwirkung<br />
werden die Wohn- und Lebensverhältnisse von Tagelöhnern<br />
sowie Grundbed<strong>in</strong>gungen menschlicher Existenz reflektiert.<br />
Insgesamt elf künstlerische Arbeiten und Installationen<br />
<strong>in</strong> unterschiedlichen Techniken s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den verschiedenen<br />
Räumen des Hauses zu sehen, Gemälde und<br />
plastische Arbeiten, Grafiken, Foto- und Videokunst.<br />
Durch diese künstlerischen E<strong>in</strong>griffe erfährt die historische<br />
Substanz des Tagelöhnerhauses, die durch die Ganzteiltranslozierung<br />
be<strong>in</strong>ah völlig unversehrt <strong>in</strong> das Freilichtmuseum<br />
übertragen werden konnte, e<strong>in</strong>e für die Besucher<br />
ungewohnte Interpretation und erhält e<strong>in</strong>e neue<br />
s<strong>in</strong>nliche Präsenz.<br />
Rundgang<br />
Im Folgenden wird versucht, die Arbeiten und Installationen<br />
kurz zu beschreiben, wenngleich dies natürlich nicht<br />
die Betrachtung und das „Erleben“ der Räume ersetzen<br />
kann. Für die Besucher des Hauses steht auf Nachfrage<br />
e<strong>in</strong>e Handreichung <strong>in</strong> ähnlicher Weise zur Verfügung, die<br />
sich weniger als Interpretation der künstlerischen Arbeiten<br />
versteht, als vielmehr im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er H<strong>in</strong>tergrund<strong>in</strong>formationen<br />
verschiedene Quellen und Gedanken benennt,<br />
aus denen Gabriele Wilpers und Herbert Galle bei der<br />
Entstehung ihrer Arbeiten geschöpft haben.<br />
Das Tagelöhnerhaus aus V<strong>in</strong>sebeck, Grundriss Erdgeschoss mit<br />
den Titeln der Raum<strong>in</strong>stallationen<br />
BERICHTE/AKTUELLES<br />
Diele<br />
In der Diele, die im Haus vor allem als Verkehrsraum und<br />
Abstellfläche diente, wird <strong>in</strong> verschiedener Form die Arbeitswelt<br />
der Bewohner thematisiert. E<strong>in</strong> Erdbild er<strong>in</strong>nert<br />
an die schwere körperliche Arbeit der Frauen, die sich<br />
meist als Tagelöhner<strong>in</strong>nen auf den Feldern der Bauern<br />
und Güter verd<strong>in</strong>gten. E<strong>in</strong>e historische Fotografie von<br />
Tagelöhner<strong>in</strong>nen, die auf e<strong>in</strong>em Feld Kartoffeln ernten,<br />
diente als Ausgangspunkt für die künstlerische Umsetzung.<br />
Wie mit dem Boden verwachsen ersche<strong>in</strong>en die<br />
Frauen, ihre Hände und Schürzen s<strong>in</strong>d dunkel von Ackererde.<br />
Über den dokumentarischen Wert h<strong>in</strong>aus verweist<br />
das Bild auch auf archaische und mythologische Vorstellungen,<br />
zum Beispiel die der „mütterlichen Erde“. Im Luftraum<br />
der Diele tanzen Hacken und Forken zwischen den<br />
Türen der Räume im Obergeschoss. Die Geräte gehören<br />
zum Orig<strong>in</strong>al<strong>in</strong>ventar des Hauses. Ungeachtet der schweren<br />
Arbeit, bei der sie e<strong>in</strong>gesetzt wurden, bewegen sie<br />
sich hier spielerisch über den Köpfen der Besucher.<br />
Hart und monoton war die Arbeit der Männer, die vielfach<br />
als Saisonkräfte <strong>in</strong> Ziegeleien arbeiteten. Dies visualisiert<br />
e<strong>in</strong>e schmale, hohe Säule alter Ziegelste<strong>in</strong>e. Jeder Ste<strong>in</strong><br />
zeigt auf der Längsseite als aufgedrucktes serielles Motiv<br />
e<strong>in</strong>en Ziegler, der <strong>in</strong> gebückter Haltung Ziegelste<strong>in</strong>rohl<strong>in</strong>ge<br />
aus e<strong>in</strong>em Streichkasten stürzt und zum Trocknen aufreiht.<br />
Stube<br />
Der Wohnraum, das „Zentrum der Geborgenheit“, <strong>in</strong> dem<br />
sich der e<strong>in</strong>zige Tisch des Hauses befand, war kommunikativer<br />
Mittelpunkt des häuslichen Lebens: Hier wurde<br />
gegessen und geredet, hier wurde Besuch empfangen<br />
und als e<strong>in</strong>ziger beheizbarer Raum diente die Stube bei<br />
Bedarf auch als Krankenzimmer. In den Dielenboden der<br />
Stube ist e<strong>in</strong>e begehbare, von unten beleuchtete Glasfläche<br />
e<strong>in</strong>gelassen, auf die e<strong>in</strong> Holzdruck aus vier verwitterten<br />
Brettern übertragen wurde. Um diesen symbolischen<br />
Tisch herum s<strong>in</strong>d unterschiedlich stark stilisierte<br />
Gesichter und Köpfe angeordnet, die aus verschiedenen<br />
volkskundlichen und kunsthistorischen Zusammenhängen<br />
aus der Region Westfalen stammen, z. B. von e<strong>in</strong>em<br />
Uhrpendel, von geschnitzten Bettpfosten oder aus dem<br />
„Mohrenzimmer“ im Schloss V<strong>in</strong>sebeck. E<strong>in</strong>zige Ausnahme<br />
ist die maskenhaft anmutende Kernsp<strong>in</strong>-Aufnahme<br />
e<strong>in</strong>es Gehirns. Die Darstellung des „leuchtenden Tisches“<br />
ist symbolischer Ausdruck von Wärme und Geborgenheit<br />
als Fundament menschlichen Mite<strong>in</strong>anders.<br />
Durch e<strong>in</strong>e senkrechte Scheibe fällt der Blick auf e<strong>in</strong>en<br />
beispielhaften Ausschnitt der orig<strong>in</strong>alen Wandfläche, auf<br />
der e<strong>in</strong>e Stratigrafie, e<strong>in</strong>e Freilegung der Putz- und Farbschichten,<br />
wie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Zeitfenster zu sehen ist. Auf der<br />
Scheibe bef<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> aufsteigender Folge die Namen
BERICHTE/AKTUELLES 55<br />
und Lebensdaten der Menschen, die <strong>in</strong> dem Tagelöhnerhaus<br />
gelebt haben. So verb<strong>in</strong>den sich optisch die Schichten<br />
und Farbflächen der Wand, die vielen „Häute des<br />
Hauses“ mit den überlieferten Fakten: „Geschichte“.<br />
Küche<br />
„Die Kunst des Ofenschürens“ lautet der Titel e<strong>in</strong>er<br />
Video<strong>in</strong>stallation, die sich dort bef<strong>in</strong>det, wo früher der<br />
Kochherd stand. E<strong>in</strong> Bildschirm tritt an die Stelle des<br />
Ofenloches und beleuchtet schwach den Raum. Die<br />
Videosequenz zeigt <strong>in</strong> zeitlicher Raffung das Bestücken<br />
der Feuerung mit Brennmaterial, das Anzünden, die brennenden<br />
Holzscheite, das Herunterbrennen des Feuers,<br />
schließlich Glut und Asche. Hier h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>geschnitten s<strong>in</strong>d<br />
Bildcollagen, die das Haus als Kosmos, als erste Welt des<br />
menschlichen Se<strong>in</strong>s thematisieren. Das Haus bedeutet<br />
Schutz und Wärme, bietet Raum zum Kochen und Waschen,<br />
ist Ort von Träumen und Ritualen.<br />
Erst seit 1954 gab es im Haus e<strong>in</strong>en Anschluss an die<br />
öffentliche Wasserversorgung mit e<strong>in</strong>em Wasserhahn <strong>in</strong> der<br />
Küche, unter dem sich jetzt merkwürdigerweise e<strong>in</strong> Modell<br />
des früheren Brunnens im Garten des Hauses bef<strong>in</strong>det ...<br />
Keller<br />
Diffuses Taschenlampenlicht beleuchtet im Keller e<strong>in</strong>e<br />
Szenerie aus Objekten, die von der beschwerlichen Arbeit<br />
des Holzlesens erzählt. Die Schatten an den Wänden, die<br />
von den Gegenständen geworfen werden, führen e<strong>in</strong> geheimnisvolles<br />
Eigenleben, lösen beim Betrachter unterschiedliche<br />
Phantasien und Er<strong>in</strong>nerungen aus: Der Keller<br />
ersche<strong>in</strong>t als das dunkle Wesen des Hauses.<br />
Wirtschaftsraum<br />
„Ungewohnter Blick auf Gewohntes“ ist der Titel der<br />
künstlerischen Arbeiten im Vorraum zum Stall. Je nachdem,<br />
mit welchem Blick e<strong>in</strong> Gegenstand angesehen wird,<br />
sche<strong>in</strong>t er gewöhnlich, vertraut, fremd oder unheimlich.<br />
Durch den „anderen Blick“ zum Beispiel e<strong>in</strong>er Röntgenkamera<br />
werden ungewöhnliche E<strong>in</strong>sichten <strong>in</strong> das Innenleben<br />
von Gegenständen möglich. Das vergrößerte Röntgenbild<br />
e<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>zelnen Holzschuhs, der noch von der<br />
letzten Bewohner<strong>in</strong> des Hauses stammt, taucht – vor<br />
dem Fenster montiert – den Raum <strong>in</strong> e<strong>in</strong> bläuliches Licht.<br />
Im Kontrast dazu e<strong>in</strong> wuchtiger reliefartiger „Druckstock“.<br />
Aus der Unterseite von geschwärzten Holzschuhen ist<br />
das stilisierte Bild e<strong>in</strong>es Hausschwe<strong>in</strong>s herausgeschnitten.<br />
Die Bearbeitung der Oberfläche ruft Assoziationen<br />
von Hausschlachtungen, Zerteilen und Zerlegen hervor.<br />
Stall<br />
„In tierischer Gesellschaft“ heißt die Raum<strong>in</strong>stallation für<br />
den Stall. An der rückwärtigen Wand zeigen Fotografien<br />
„Ungewohnter Blick auf Gewohntes“<br />
die Ohren von Tieren, die im Haus lebten bzw. im Stall<br />
gehalten wurden (Schwe<strong>in</strong>, Ziege, Gans, Huhn, Ratte...).<br />
Betritt e<strong>in</strong> Besucher den Raum, hört er vor dem akustischen<br />
H<strong>in</strong>tergrund von Tierlauten menschliche Stimmen:<br />
Schimpfworte, mal geflüstert, mal aufbrausend. Die Namen<br />
der Tiere, die ja eigentlich mit ihren (ab-)wertenden<br />
Attributen Menschen zugedacht s<strong>in</strong>d, wirken hier wie<br />
Fragmente der zerbrochenen E<strong>in</strong>heit von Mensch und<br />
Natur, <strong>in</strong> der die Menschen <strong>in</strong> enger Vertrautheit mit Tieren<br />
lebten und gleichzeitig von ihnen abhängig waren.<br />
Kammer<br />
Wie e<strong>in</strong>e „Himmelsleiter“ durchschneidet e<strong>in</strong>e alte, immer<br />
wieder reparierte Holzleiter den „Raum der verr<strong>in</strong>nenden<br />
Zeit“. Um sie herum s<strong>in</strong>d alle noch erhaltenen, von der<br />
letzten Bewohner<strong>in</strong> des Hauses zurückgelassenen Alltagsgegenstände<br />
angeordnet. Sonst mit Inventarnummern<br />
versehen, katalogisiert, gut verpackt und magaz<strong>in</strong>iert,<br />
liegen sie hier: die „Hab-selig-keiten“ des Lebens.<br />
Um die Leiter und <strong>in</strong> den Raum h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> w<strong>in</strong>det sich e<strong>in</strong>e<br />
Spirale, bestückt mit Sanduhren als Symbol der menschlichen<br />
Lebenszeit. Im oberen Bereich s<strong>in</strong>d die Sanduhren<br />
farbig, so dass sich e<strong>in</strong> aktuelles Bild des „Lebensfadens“<br />
assoziieren lässt: die DNA, das universelle Pr<strong>in</strong>zip der
56<br />
Vererbung. Die Farben entsprechen der Markierung der<br />
vier Basen Aden<strong>in</strong>, Thym<strong>in</strong>, Guan<strong>in</strong> und Cytos<strong>in</strong> <strong>in</strong> der<br />
menschlichen Erbsubstanz. – Welche Perspektiven eröffnen<br />
sich uns und den nachfolgenden Generationen durch<br />
die „Entschlüsselung des menschlichen Genoms ...?“<br />
Schlafkammer<br />
In diesem „Raum der verborgenen Gefühle“, <strong>in</strong> den die<br />
letzte Bewohner<strong>in</strong> kaum e<strong>in</strong>en Außenstehenden h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>ließ,<br />
s<strong>in</strong>d zwischen den Wänden durchsche<strong>in</strong>ende Tücher<br />
gespannt, die an Bettlaken er<strong>in</strong>nern. Die Tücher zeigen<br />
Motive e<strong>in</strong>es Neugeborenen, e<strong>in</strong>es schlafenden Paares,<br />
e<strong>in</strong>er erotischen Körperlandschaft und e<strong>in</strong>er Toten auf<br />
dem Sterbebett. In den szenischen Überlagerungen der<br />
Motive entstehen flüchtige und imag<strong>in</strong>äre E<strong>in</strong>drücke von<br />
Geburt, Schlaf, Erotik und Tod. Durch die Bearbeitung<br />
des Gewebes bleiben zartfarbige, schemenhafte Ersche<strong>in</strong>ungen<br />
wie Spuren der ehemals Anwesenden. Über die<br />
„Raum der verr<strong>in</strong>nenden Zeit“<br />
alten Dielen des Fußbodens ziehen sich glitzernde Splitter<br />
als Bild der Milchstraße. Wie bei der bewussten<br />
Betrachtung des Sternenhimmels kann sich auch hier die<br />
Frage nach dem Ort des Menschen <strong>in</strong> der Welt stellen.<br />
Reaktionen<br />
BERICHTE/AKTUELLES<br />
Die Reaktionen der Besucher auf das Projekt s<strong>in</strong>d zahlreich<br />
und <strong>in</strong> ihrem Gesamttenor überraschend. Im Projektteam<br />
waren wir zuvor davon ausgegangen, dass die<br />
für die meisten Besucher unerwartete Konfrontation mit<br />
e<strong>in</strong>em Kunstprojekt als dauerhafte Musealisierungsform<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Freilichtmuseum eher e<strong>in</strong>e polarisierende Wirkung<br />
hätte. Nach den ersten Monaten überwiegen jedoch<br />
bei E<strong>in</strong>tragungen <strong>in</strong> das Gästebuch, bei den Gesprächen<br />
der Besucher mit der Aufsicht im Tagelöhnerhaus oder<br />
anlässlich von Führungen deutlich positive Reaktionen.<br />
Gegebenenfalls werden aber ablehnende Äußerungen<br />
eher zurückgehalten.<br />
Viele Besucher zeigen zunächst Erstaunen und Überraschung<br />
über den gewählten Weg der Musealisierung.<br />
Dies ist <strong>in</strong>sofern verständlich, da die meisten Besucher<br />
nicht eigens wegen des „Hauses der Gefühle“ <strong>in</strong> das Detmolder<br />
Freilichtmuseum kommen. In vielen Fällen sche<strong>in</strong>t<br />
es dann jedoch zu gel<strong>in</strong>gen, die Besucher des Hauses <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>en Prozess der Ause<strong>in</strong>andersetzungen mit den Installationen<br />
zu ziehen. E<strong>in</strong> recht typischer E<strong>in</strong>trag <strong>in</strong> das Gästebuch<br />
im Haus belegt dies: „Erster E<strong>in</strong>druck: Schade,<br />
dass die Möblierung des Hauses fehlt. – Zweiter E<strong>in</strong>druck,<br />
nach dem Lesen der ,InnenLeben‘-Information<br />
und nochmaligem Herumgehen: Tolle Idee, Kunst und<br />
Werte des Lebens zu verb<strong>in</strong>den ...“<br />
Nachdenklichkeit und Er<strong>in</strong>nerung an selbst Erlebtes s<strong>in</strong>d<br />
Stichworte, die ebenfalls häufig <strong>in</strong> den Äußerungen vor allem<br />
erwachsener Besucher im Gästebuch auftauchen:<br />
– „Auch uns hat dieses Haus fasz<strong>in</strong>iert. Man kommt zum<br />
Nachdenken und hält <strong>in</strong>nere E<strong>in</strong>kehr.“<br />
–„Hier b<strong>in</strong> ich wieder mal zum Nachdenken gekommen.<br />
Ich f<strong>in</strong>de die Ausstellung gelungen, sehr gut vorgestellt.“<br />
–„Uns gab es ,Zeit zum Nachdenken‘.“<br />
Die Betrachtung, das Erleben der Installationen machen<br />
den Besuchern aber auch Spaß und vermitteln e<strong>in</strong>e<br />
Freude am Detail. Die Klang<strong>in</strong>stallation im Stall und die<br />
detailreiche Inszenierung im Keller s<strong>in</strong>d offensichtlich für<br />
K<strong>in</strong>der besonders ansprechend. So f<strong>in</strong>den sich im Gästebuch<br />
mehrfach Zeichnungen kle<strong>in</strong>erer K<strong>in</strong>der, <strong>in</strong> denen<br />
sie beobachtete Details wiedergeben. Ältere K<strong>in</strong>der und<br />
Jugendliche äußern sich <strong>in</strong> ihren altersspezifischen Kate-
BERICHTE/AKTUELLES 57<br />
„Raum der verborgenen Gefühle“<br />
gorien, wenn sie – neben dem unvermeidlichen „ich war<br />
hier“ – E<strong>in</strong>tragungen machen wie:<br />
–„Echt geil dieser Schuppen ...“<br />
–„Voll krass!“<br />
–„Das Haus ist echt cool.“<br />
–„Krasser Stall hier, echt abgefahren.“<br />
Aber auch K<strong>in</strong>der werden hier zum Nachdenken und (H<strong>in</strong>ter-)Fragen<br />
angeregt, wie die E<strong>in</strong>tragung der neunjährigen<br />
Marie zeigt, wenn sie sich und uns fragt: „Was ist mit dem<br />
Holzschuh passiert? Warum musste er denn geröntgt<br />
werden?“<br />
Natürlich gibt es auch kritische Stimmen zur Präsentation<br />
des V<strong>in</strong>sebecker Tagelöhnerhauses, etwa dass e<strong>in</strong> Kunst-<br />
Projekt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em volkskundlichen Freilichtlichtmuseum<br />
„unpassend“ oder „fehl am Platz“ sei. Auch gibt es Besucher,<br />
die ke<strong>in</strong>en Zugang zu den künstlerischen Arbeiten<br />
f<strong>in</strong>den. Auch solche Reaktionen waren im Vorfeld erwartet<br />
worden und „dürfen se<strong>in</strong>“, denn „InnenLeben“ versteht<br />
sich h<strong>in</strong>sichtlich se<strong>in</strong>er Wirkungen bewusst als ergebnisoffen.<br />
Der bisherige Erfolg des Projektes hat das<br />
Detmolder Museum allerd<strong>in</strong>gs <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em ursprünglichen<br />
Entschluss bestärkt, „InnenLeben – Haus der Gefühle“<br />
als dauerhafte Musealisierung für das Tagelöhnerhaus<br />
aus V<strong>in</strong>sebeck bestehen zu lassen, und macht zudem<br />
Mut, neben der klassischen Inszenierung auch weitere<br />
Formen der Musealisierung zu erproben.<br />
Stephan Pahs<br />
MUSEEN ALS MEDIUM – MEDIEN IM MUSEUM<br />
Symposion zu Perspektiven der Museologie,<br />
Stuttgart 5./6. Juli 2002<br />
Ab dem W<strong>in</strong>tersemester 2002/03 bietet die Universität<br />
Stuttgart <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit der Akademie der<br />
Bildenden Künste Stuttgart e<strong>in</strong>en Masterstudiengang Kulturwissenschaft<br />
– Museologie an. Die Wissenschaft von<br />
den <strong>Museen</strong> soll damit nicht nur als Aufbaustudium zur<br />
fachspezifischen Fortbildung von Studienabsolventen gelehrt,<br />
sondern eigenständig und von Grund auf betrieben<br />
werden. Möglich ist dies durch den Schulterschluss der<br />
Stuttgarter Akademie der Bildenden Künste, die bereits<br />
seit Jahren neben ihrem Hauptaufgabenbereich auch Restauratoren<br />
ausbildet, und dem Institut für Kunstgeschichte,<br />
das damit, <strong>in</strong>nerhalb der stark technisch orientierten<br />
Universität Stuttgart eher e<strong>in</strong>e Außenseiterrolle spielend<br />
und ständigem Legitimationsdruck ausgesetzt, den praktischen<br />
Bezug se<strong>in</strong>er Lehre unterstreichen möchte.<br />
Die Protagonisten dieser geme<strong>in</strong>samen Aktion, Prof.<br />
Dr. h. c. Paul Uwe Dreyer von der Akademie und Prof. Dr.<br />
Beat Wyss als Lehrstuhl<strong>in</strong>haber Kunstgeschichte, konnten<br />
am 5./6.7.2002 <strong>in</strong> den Räumen der Akademie über 100 Teilnehmer,<br />
sowohl Studenten als aus dem Museumsbereich,<br />
zu e<strong>in</strong>em vorbereitenden, hochkarätig besetzten Symposion<br />
begrüßen, das sich dem Schlagwort „Medien“ <strong>in</strong> unterschiedlicher<br />
Bedeutung – sei es <strong>in</strong> der Rolle des Museums<br />
als Medium oder dem E<strong>in</strong>satz von Medien im Museum<br />
– widmete. Dreyer betonte den Wandel <strong>in</strong> der Kunst,<br />
der sich seit etwa 20 Jahren vollzogen habe: Erf<strong>in</strong>den und<br />
herstellen seien mit dem Präsentieren e<strong>in</strong>e Ebene geworden,<br />
wodurch für die Akademie der Ausstellungssektor<br />
besondere Bedeutung gew<strong>in</strong>ne. Wyss erhofft durch die Kooperation<br />
mit der Akademie e<strong>in</strong>e gewisse Rückführung der<br />
im 19. Jahrhundert erfolgten Trennung der Kunstgeschichte<br />
und der akademischen Kunstausbildung.<br />
Ins eigentliche Thema führte Prof. Dr. Hubert Locher von<br />
der Akademie e<strong>in</strong>. Die Mediendiskussion greife auf e<strong>in</strong>e<br />
Diskussion der 1970er Jahre zurück, als Hilmar Hoffmann<br />
das Museum als „kulturelles Medium“ bezeichnete. Das<br />
Museum sei aber die Botschaft selbst, da im Museum bestimmte<br />
Formen erst entstünden, es also Inhalte geriere<br />
und quasi Gefäß und Inhalt verquicke. Den Kuratoren – geme<strong>in</strong>t<br />
also wohl den künftigen Absolventen des Museologenstudiengangs<br />
– käme die Rolle zu, als Interpreten mit<br />
eigener Stimme gestaltend e<strong>in</strong>zugreifen, wobei die kommunikative<br />
Funktion des Museums zentrales Anliegen sei.<br />
Den Reigen der Referenten eröffnete Prof. Dr. Walter<br />
Grasskamp, der stellvertretende Rektor der Akademie für<br />
Bildende Künste München. Natürlich sei das Museum, so<br />
Grasskamp, e<strong>in</strong> Medium, allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong> sonderbares, da<br />
es – im Gegensatz zu sonstigen Medien oder zu se<strong>in</strong>em<br />
Hauptkonkurrenten, dem bebilderten Buch – nicht etwas<br />
<strong>in</strong>s Haus des Rezipienten trage, sondern die Bewegung
58<br />
des Betrachters erfordere. In se<strong>in</strong>em mit „Menschen im<br />
Museum – das Museum als Medium der Fotografie“ überschriebenen<br />
Vortrag gab er zunächst e<strong>in</strong>en kurzen<br />
Überblick über die Darstellung des Museums <strong>in</strong> Literatur,<br />
Film, Malerei bis h<strong>in</strong> zum Comic, um sich schließlich anhand<br />
von Fotografien von Thomas Struth, der Museumsbesucher<br />
<strong>in</strong> Sälen vor Objekten abgelichtet hat, mit dem<br />
Bild vom Museum, aber auch Aspekten der Gestaltung<br />
und Vermittlung im Museum zu widmen. Mit „Masse gefährdet<br />
Reflexion“ formulierte er se<strong>in</strong> erstes – und bisher<br />
e<strong>in</strong>ziges – „Museumsphysikalisches Gesetz“, um schließlich<br />
am Beispiel der Documenta („Dokumentarfilmfestival<br />
ohne feste Spielzeiten, e<strong>in</strong>e Unhöflichkeit gegenüber den<br />
Betrachtern“) die Eskalation des S<strong>in</strong>nenreizes <strong>in</strong> Ausstellungen<br />
zu kritisieren.<br />
Hatte schon Grasskamp die moderne Museumsarchitektur<br />
gegeißelt – mit der Akustik des neuen Wallraf-<br />
Richartz-Museums <strong>in</strong> Köln habe die Museumsarchitektur<br />
e<strong>in</strong>en neuen Tiefstand erreicht – so g<strong>in</strong>g Prof. Jean-Christoph<br />
Ammann, bis 2000 Direktor des Museums für Moderne<br />
Kunst <strong>in</strong> Frankfurt, <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Beitrag „Was ist e<strong>in</strong><br />
Ausstellungsraum im Museum?“ mit der Zunft der Architekten<br />
erst recht streng <strong>in</strong>s Gericht. Ob Richard Meier,<br />
Ortner & Ortner oder Aldo Rossi – kaum e<strong>in</strong>er konnte dem<br />
Verdikt Ammanns entgehen, der anhand von Faktoren<br />
wie Raum- und Wandgestaltung („Jedes Werk an der<br />
Wand ist e<strong>in</strong> Werk mit Wand!“), Licht und Böden<br />
grundsätzliche Anforderungen formulierte und ihnen<br />
meist negative Beispiele prom<strong>in</strong>enter neuer Bauten entgegenstellte.<br />
Dem bayerischen Berichterstatter bereitete<br />
es Genugtuung, dass zum<strong>in</strong>dest Volker Staabs Bau des<br />
Museums Schäfer <strong>in</strong> Schwe<strong>in</strong>furt im Wesentlichen Ammanns<br />
Zustimmung fand. E<strong>in</strong> neutraler, jedoch nicht anonymer<br />
Raum, <strong>in</strong> dem man sich aufgrund se<strong>in</strong>er Proportion<br />
wohlfühle, sei der beste Museumsraum: Ammann teilt<br />
daher die Me<strong>in</strong>ung Richard Serras, dass Ende des<br />
19. Jahrhunderts die besten Museumsräume gebaut worden<br />
seien. Heute sei es wichtig, den Architekten klar zu<br />
machen, dass ihre Arbeit dienende Funktion habe.<br />
(Selbst-?)kritisch räumte Ammann jedoch e<strong>in</strong>, es sei nicht<br />
zuletzt „mangelnde Kompetenz der Museumsdirektoren<br />
als offensive Ansprechpartner der Architekten und mit<br />
klarem Mandat durch die Politik“, die zu den geschilderten<br />
Fehlplanungen führe.<br />
„Die digitale Sammlung“ hatte Dr. Andreas Bienert, IT-Referent<br />
der Staatlichen <strong>Museen</strong> Preußischer Kulturbesitz<br />
Berl<strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Streifzug durch unterschiedliche Anwendungsbereiche<br />
digitaler Technik im Museum überschrieben.<br />
Er stellte anhand von Internetauftritten e<strong>in</strong>e<br />
grundsätzliche Neupositionierung von <strong>Museen</strong> <strong>in</strong> der<br />
Mediengesellschaft „mit hoher Trashtoleranz“ fest. Die<br />
BERICHTE/AKTUELLES<br />
Nutzung der Digitalisierung im Museum beziehe sich aber<br />
<strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie auf Inventare, die dann – so e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>samer<br />
digitaler Katalog von 80.000 europäischen Kunstwerken<br />
der Staatlichen <strong>Museen</strong> zu Berl<strong>in</strong> – gesamt oder<br />
<strong>in</strong> wichtigen Teilen <strong>in</strong>s Internet gestellt werden könnten. In<br />
den Schausammlungen selbst seien digitale Vermittlungsmedien<br />
eher störend, wenn sie, wie im Wallraf-Richartz-Museum<br />
Köln, vor Gemälden positioniert für die<br />
Betrachter quasi <strong>in</strong> Konkurrenz mit den Objekten treten.<br />
Als extremes Beispiel digitalen Mediene<strong>in</strong>satzes nannte<br />
Bienert das Museum of F<strong>in</strong>e Arts im japanischen Gifu:<br />
Dort haben Flat-Screen-Monitore, die wie Gemälde an<br />
der Wand hängen und Kunstwerke zeigen, die Rolle der<br />
Objekte übernommen.<br />
Als e<strong>in</strong>ziger Vertreter e<strong>in</strong>es Nicht-Kunstmuseums <strong>in</strong> der<br />
Runde erläuterte Dr. Joachim Kall<strong>in</strong>ich die Ausstellungskonzeption<br />
und den <strong>in</strong>tegrierten Mediene<strong>in</strong>satz des Museums<br />
für Kommunikation <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>, das – unter se<strong>in</strong>er<br />
Leitung 2000 eröffnet – <strong>in</strong> der imperialen Hülle se<strong>in</strong>es<br />
wilhelm<strong>in</strong>ischen Gebäudes anstelle e<strong>in</strong>er chronologischl<strong>in</strong>earen<br />
Abfolge <strong>in</strong> sechs Ausstellungse<strong>in</strong>heiten Zentralbegriffe<br />
der Kommunikation darstellt. Besonders stolz ist<br />
Kall<strong>in</strong>ich auf drei Roboter mit unterschiedlichen Kommunikationscharakteren<br />
(<strong>in</strong>formativ, animativ und spielerisch),<br />
die <strong>in</strong> der E<strong>in</strong>gangshalle auf die Besucher zurollen<br />
und sie ansprechen.<br />
Als Technologielabor sah Dipl. Ing. Tim Edler (realities:united,<br />
Berl<strong>in</strong>) neue Kunstmuseen. Der gelernte<br />
Architekt erarbeitet gerade e<strong>in</strong> „Konzept der Konzeption“<br />
für das Kunsthaus Graz, das Peter Cook bis 2003 als<br />
gigantische blaue Blase errichten wird. Erfrischend war<br />
Edlers Credo: Neue Technologien seien <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie<br />
Selbstzweck, außerdem e<strong>in</strong>e Erfahrung, schließlich extrem<br />
wichtig. In Graz soll die Plexiglashülle des Gebäudes<br />
nachts h<strong>in</strong>terleuchtet werden, was die Gelegenheit bietet,<br />
computergesteuert Bilder oder Bildfolgen e<strong>in</strong>zuspeisen. E<strong>in</strong>e<br />
weitere von Edlers Ideen s<strong>in</strong>d kle<strong>in</strong>e, handliche Ausstellungskataloge,<br />
die man während des Museumsbesuchs<br />
problemlos mit sich herumtragen kann: Will man näheres<br />
zu bestimmten Objekten erfahren, kann dies an Infoterm<strong>in</strong>als<br />
über e<strong>in</strong>en Strichcode neben der Abbildung des Objekts<br />
im Katalog erfolgen. In der folgenden Diskussion wurde<br />
nicht zu Unrecht formuliert, ob nicht der Imagetransfer<br />
(„Jugendlichkeit“) der <strong>Museen</strong> durch E<strong>in</strong>satz „neuer Medien“<br />
langsam erschöpft sei, zumal die technischen und<br />
auch ästhetischen Verfalls<strong>in</strong>tervalle immer kürzer würden,<br />
e<strong>in</strong>e ständige Erneuerung aber nicht möglich sei.<br />
Den ersten Veranstaltungstag beschlossen Überlegungen<br />
von Prof. Dr. Boris Groys von der Hochschule für Gestaltung<br />
Karlsruhe zur „Ästhetik der Video<strong>in</strong>stallation“ <strong>in</strong>
BERICHTE/AKTUELLES 59<br />
<strong>Museen</strong>. In Umkehrung der Rezeptionssituation bei anderen<br />
Ausstellungsgegenständen, die sich zum<strong>in</strong>dest über e<strong>in</strong>e<br />
bestimmte Zeit nicht verändern, seien Filme bzw. Video<strong>in</strong>stallationen<br />
mobil, der Betrachter immobil. Das System<br />
kollabiere, wenn im Museum beide Modelle – der Film läuft,<br />
der Besucher auch – aufe<strong>in</strong>ander träfen. Durch die entstehende<br />
Heterochronie sei es <strong>in</strong> der Regel nicht möglich, e<strong>in</strong><br />
Video-Kunstwerk vollständig zu sehen, was Frustrationen<br />
beim Besucher auslöse. Dennoch sei diese „Kunst jenseits<br />
des Bildes“ unserer Zeit angemessen und erfordere e<strong>in</strong>e<br />
veränderte Sichtweise des Betrachters, der sich – je nach<br />
eigenem Rhythmus – mit Ausschnitten zufrieden geben und<br />
eigene Kompetenz (Verweildauer) e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen müsse. Interessant<br />
zwei weitere Thesen Groys´: der Ort Museum sei es<br />
erst, der dem Film der Video<strong>in</strong>stallation die Aura des Orig<strong>in</strong>als<br />
verleihe. Zudem: Video<strong>in</strong>stallationen im Museum be<strong>in</strong>halteten<br />
e<strong>in</strong>e Entmachtung des Betrachters, der zwangsläufig<br />
– und damit fremdgesteuert vom Ausstellungskurator<br />
– vom beleuchteten Bildschirm <strong>in</strong> ansonsten abgedunkelten<br />
Räumen angezogen werde.<br />
Den zweiten Teil des Themenblocks „Das Museum als<br />
Medium – aktuelle Relevanz“ bestritten Dr. Michael Fehr,<br />
Direktor des Karl-Ernst-Osthaus-Museum Hagen und<br />
Prof. Dr. Peter J. Schneemann vom Institut für Kunstgeschichte<br />
der Universität Bern. Fehr stellte fest, dass<br />
<strong>Museen</strong> zunächst ke<strong>in</strong>e Medien seien, da e<strong>in</strong> unmittelbares<br />
Verhältnis zwischen Besucher und Kunstwerk bestehe.<br />
Inzwischen wandelten sich aber viele <strong>Museen</strong> zu<br />
Massenmedien, etwa die Tate Modern Galerie, oder h<strong>in</strong><br />
zu Themenparks und Infota<strong>in</strong>mentcentern. In manchen<br />
<strong>Museen</strong> seien alle<strong>in</strong> schon die großen Besucherzahlen,<br />
die bewältigt werden müssten, Anlass, e<strong>in</strong>e Umgestaltung<br />
zum Medium vorzunehmen. <strong>Museen</strong>, die <strong>Museen</strong> im<br />
eigentlichen S<strong>in</strong>n bleiben, würden aber zukünftig exklusiven<br />
Charakter haben, zumal Muße die Voraussetzung für<br />
ästhetische Wahrnehmung sei. Ausführlich entwickelte<br />
Fehr das Bild e<strong>in</strong>es fiktiven Museums, e<strong>in</strong>es organischen,<br />
idealtypischen Gebildes, e<strong>in</strong>em ständigen Prozess <strong>in</strong>nerer<br />
Veränderung unterworfen.<br />
Schneemann referierte unter dem Titel „Das ausgestellte<br />
Wort“ über den Umgang mit Texten im Museum. Er stellte<br />
verschiedene Ideologien vor, etwa die bewusste Ausgrenzung<br />
der Sprache vor dem sich selbst vermittelnden<br />
Werk im Antiraum des modernen Museums („sprachlos<br />
re<strong>in</strong>es Erleben“), wogegen die Kataloge zu diesen Ausstellungen<br />
ständig dicker würden. In der modernen Kunst<br />
sei jedoch immer häufiger e<strong>in</strong>e vom Künstler gewollte<br />
Wechselwirkung zwischen Bildbetrachtung und e<strong>in</strong>em<br />
Text festzustellen, auch seien Texte <strong>in</strong>tegrale Bestandteile<br />
vieler Video<strong>in</strong>stallationen. Audioguides s<strong>in</strong>d für Schneemann<br />
ke<strong>in</strong>e Alternative zum gedruckten Text, da die Be-<br />
sucher quasi mit dem Kurator im Ohr ferngesteuert-autistisch<br />
vor den Werken stünden. Se<strong>in</strong> Votum: die Angst<br />
vor Texten im Museum abzubauen und e<strong>in</strong>e Verschmelzung<br />
von Werk und kritischem Diskurs anzustreben.<br />
Die beiden Assistent<strong>in</strong>nen am Institut für Kunstgeschichte,<br />
die sich schwerpunktmäßig der Museologenausbildung<br />
widmen sollen, suchten nun den Bogen zwischen<br />
Museum und Wissenschaft zu schlagen. Dr. Bärbel Küster<br />
berichtete unter dem Titel „Museum und Warenästhetik“<br />
über „Display im digitalen Zeitalter“. Ihr Vortrag führte<br />
aber zunächst <strong>in</strong> weitausholendem Bogen durch die<br />
Geschichte der Gemäldehängung <strong>in</strong> Ausstellungen und<br />
<strong>Museen</strong>, von der gedrängten „Bilderwand“ höfischer<br />
Wunderkammern und <strong>in</strong> (Verkaufs-)Salons des 19. Jahrhunderts<br />
h<strong>in</strong> zur e<strong>in</strong>reihigen E<strong>in</strong>zelhängung, die sich erst<br />
bei der Wiener Sezession und <strong>in</strong> der Zeit der Art Nouveau<br />
durchsetzte. Sie zitierte Max Holle<strong>in</strong>, der die starke Vere<strong>in</strong>zelung<br />
von Kunstwerken bei der Präsentation damit<br />
kommentiert hatte, heute sehe e<strong>in</strong> Kunstmuseum aus wie<br />
e<strong>in</strong> Luxusladen, und merkte an, dass e<strong>in</strong>e „weite Hängung“,<br />
etwa wie durch Peter-Klaus Schuster <strong>in</strong> der Berl<strong>in</strong>er<br />
Nationalgalerie, den Betrachtern die <strong>in</strong>dividuelle,<br />
kreative Auswahlmöglichkeit verweigere, die bei e<strong>in</strong>er der<br />
modernen Werbeästhetik entsprechenden großen Bilderdichte<br />
gegeben sie. Dies rief e<strong>in</strong>e lebhafte Diskussion<br />
hervor, <strong>in</strong> der u. a. betont wurde, dass ja jede Form von<br />
Präsentation gleichzeitig e<strong>in</strong>e Inszenierung bedeute. Die<br />
Geschichte der Wissenschaft vom Museum als Theorie<br />
der Museumspraxis, beg<strong>in</strong>nend mit der Erarbeitung e<strong>in</strong>es<br />
wissenschaftlichen Rahmens zur Museologie durch<br />
ICOFON 1976, stellte Angela Zieger dar.<br />
In der abschließenden Podiumsdiskussion, an der unter<br />
anderem Christoph Vitali, der scheidende Direktor des<br />
Hauses der Kunst <strong>in</strong> München und e<strong>in</strong>e Vertreter<strong>in</strong> des<br />
Baden-Württembergischen Wissenschaftsm<strong>in</strong>isteriums,<br />
aber ke<strong>in</strong> Vertreter e<strong>in</strong>es Museums teilnahmen, kehrte<br />
man u. a. zur künftigen Museologenausbildung <strong>in</strong> Stuttgart<br />
zurück. Die Frage, wer hier für welche Zwecke ausgebildet<br />
werden soll, blieb aber letztlich offen, auch blieb<br />
im Dunklen, wie die praktische Ausbildung, etwa durch<br />
Volontariate bei <strong>Museen</strong>, erfolgen soll. Es ist dem künftigen<br />
Studiengang zu wünschen, dass bei aller berechtigten<br />
Verwissenschaftlichung die Bodenhaftung nicht verloren<br />
geht und damit das unterstellte Ziel, die Studenten<br />
nicht am „Markt“ vorbei auszubilden (der nicht nur aus<br />
den „großen“ Häusern und <strong>in</strong>haltlich ausschließlich aus<br />
„Kunst“, sondern vor allem auch aus mittleren und kle<strong>in</strong>eren<br />
kommunalen <strong>Museen</strong> und Galerien unterschiedlichster<br />
Bereiche besteht), erreicht wird.<br />
Wolfgang Stäbler
60<br />
NEUE WEGE DER MUSEUMSPÄDAGOGIK<br />
Fachtagung des Arbeitskreises selbständiger Kultur-<br />
Institute e. V. <strong>in</strong> Zusammenarbeit mit der Deutschen<br />
UNESCO-Kommission<br />
Vom 25. bis 26. April 2002 fand im Museumszentrum<br />
Lorsch, direkt neben der berühmten vorromanischen Toroder<br />
Königshalle, e<strong>in</strong>e museumspädagogische Fachtagung<br />
statt, an der <strong>in</strong>sgesamt über 80 Kolleg<strong>in</strong>nen und<br />
Kollegen aus dem Museumsbereich teilnahmen. Veranstalter<br />
war der Arbeitskreis selbständiger Kultur-Institute<br />
e. V. (AsKI) , e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>richtung, deren Mitglieder sich <strong>in</strong> der<br />
Regel aus kulturellen Stiftungen der Museums-, Literatur-,<br />
Musik- und Archivwelt zusammensetzen. Bayerische Mitglieder<br />
s<strong>in</strong>d z. B. das Germanische Nationalmuseum<br />
Nürnberg und die Stiftung Ostdeutsche Galerie <strong>in</strong> Regensburg.<br />
Geme<strong>in</strong>sam mit der Deutschen UNESCO-Kommission,<br />
dem Museumszentrum Lorsch und der Verwaltung<br />
der Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen hatte die<br />
AsKI nach Lorsch e<strong>in</strong>geladen, um am Ort e<strong>in</strong>es außergewöhnlichen<br />
Denkmals, das <strong>in</strong> die Liste des UNESCO-<br />
Weltkultur Erbes aufgenommen wurde, über Fragen der<br />
Museums- und Denkmalpädagogik zu diskutieren.<br />
Zu Beg<strong>in</strong>n <strong>in</strong>formierte Monika Hagedorn-Saupe vom<br />
Institut für Museumskunde <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> über e<strong>in</strong>ige grundlegenden<br />
Zahlen zur Situation der museumspädagogischen<br />
Programme und zur Personalsituation an deutschen<br />
<strong>Museen</strong>. Die Daten basieren auf e<strong>in</strong>er Umfrage, die<br />
1999 zusammen mit den Besucherzahlen durchgeführt<br />
worden war. Die gesamtdeutsche Entwicklung, nämlich<br />
e<strong>in</strong> vielfältigeres Vermittlungsangebot für stärker ausdifferenzierte<br />
Zielgruppen, ist auch für die bayerischen <strong>Museen</strong><br />
festzustellen. Auch e<strong>in</strong>e größere Professionalisierung,<br />
wie wir sie an bayerischen E<strong>in</strong>richtungen ablesen<br />
konnten, ist für die deutsche Museumslandschaft zu konstatieren.<br />
Ebenfalls am Berl<strong>in</strong>er Institut tätig ist Andrea Prehn, die<br />
spezielle Internetpräsentationen zur Museumspädagogik<br />
vorstellte. Ihren kurzen Überblick hatte sie <strong>in</strong> drei Kategorien<br />
gegliedert: <strong>in</strong> <strong>Museen</strong>, die <strong>in</strong> ihrer homepage „nur“<br />
darauf h<strong>in</strong>weisen, dass sie über museumspädagogische<br />
Angebote verfügen, <strong>Museen</strong>, die ausführlich ihr Vermittlungsprogramm<br />
vorstellen und <strong>Museen</strong>, die bereits das<br />
Internet als Forum für museumspädagogische Aktivitäten<br />
nutzen, wie z. B. Kunsthaus Zürich oder das Senkenbergmuseum<br />
<strong>in</strong> Frankfurt.<br />
In medias res g<strong>in</strong>g es dann im ersten Abschnitt der<br />
Tagung, als mit Dr. Dieter Roghé, dem Vertreter des Staatlichen<br />
Schulamts Heppenheim, und mit Dr. Wolfgang<br />
Zacharias von der Pädagogischen Aktion-SPIELkultur e. V.<br />
aus München zwei Referenten ganz unterschiedlicher<br />
Sichtweisen der Vermittlungs- und Bildungsarbeit zur<br />
Sprache kamen. Beide waren sich dar<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ig, dass e<strong>in</strong><br />
Museumsbesuch e<strong>in</strong>e wesentliche Bereicherung des<br />
Schulunterrichts se<strong>in</strong> kann. Während Roghé konkreter<br />
BERICHTE/AKTUELLES<br />
auf die praktische Umsetzung, auf organisatorische<br />
Probleme und beispielhafte Kooperationen vorstellte,<br />
reflektierte Zacharias generell über die verschiedenen Formen<br />
des Lernen und Lehrens, über Bildungsziele, -orte<br />
und -formen.<br />
Am Nachmittag stellte Dr. Hildegard Vieregg vom Museums-Pädagogischen<br />
Zentrum München <strong>in</strong> der zweiten<br />
Tagungssequenz zunächst das breite Arbeitsfeld der Museumspädagogik<br />
vor und ließ die geschichtliche Entwicklung<br />
dieses Faches Revue passieren. Die beiden folgenden<br />
Referate von Dr. Hannelore Kunz-Ott, Landesstelle<br />
für die nichtstaatlichen <strong>Museen</strong> <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong>, und von Folker<br />
Metzger vom Deutschen Hygiene-Museum Dresden widmeten<br />
sich den Bereichen Museumspädagogik und Öffentlichkeitsarbeit.<br />
Während die Münchner Referent<strong>in</strong> beide<br />
Berufsfelder zunächst theoretisch beleuchtete und<br />
anschließend e<strong>in</strong>ige Beispiele aus der deutschen Museumspraxis<br />
vorstellte, gewährte der Dresdener Kollege,<br />
der zuvor e<strong>in</strong>ige Jahre am Badischen Landesmuseum <strong>in</strong><br />
Karlsruhe tätig gewesen war, e<strong>in</strong>en Blick auf die konkrete<br />
Arbeitsaufteilung im Hygienemuseum. Beide Referenten<br />
wiesen deutlich darauf h<strong>in</strong>, dass <strong>in</strong>zwischen sowohl das<br />
Arbeitsgebiet „Museumspädagogik“ als auch der Bereich<br />
der Öffentlichkeitsarbeit arbeits-, personal- und zeitaufwendige<br />
Tätigkeitsfelder umfassen, die notwendig<br />
und jeweils von professionellen Fachkräften bearbeitet<br />
werden müssten. Häufig ist dies aber aus f<strong>in</strong>anziellen<br />
Gründen nicht möglich und so wird <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen <strong>Museen</strong><br />
e<strong>in</strong>e Notlösung dar<strong>in</strong> gefunden, dass man die museumspädagogische<br />
Fachkraft auch mit Aufgaben der Öffentlichkeitsarbeit<br />
betraut. Am Abend des ersten Veranstaltungstages<br />
<strong>in</strong>formierte die stellvertretende Präsident<strong>in</strong><br />
der Deutschen UNESCO-Kommission, Dr. Verena Metze-<br />
Mangold, über die deutschen Beiträge zum UNESCO-<br />
Programm „Memory of the World“.<br />
Der zweite Tag führte über die deutschen Grenzen h<strong>in</strong>aus<br />
und brachte mit Venedikt Tyazhelow vom Pushk<strong>in</strong>-Museum<br />
<strong>in</strong> Moskau und mit Dr. Monique Fuchs vom Chateau<br />
du Haut Koenigsbourg <strong>in</strong> der Nähe von Straßburg zwei<br />
Kollegen, die aus ihrem sehr unterschiedlichen Berufsalltag<br />
und von ihren speziellen Vermittlungs- und Bildungsangeboten<br />
berichteten. Während im Moskauer Pushk<strong>in</strong>-<br />
Museum, das neben kulturgeschichtlichen Objekten u. a.<br />
der ägyptischen Kunst e<strong>in</strong>e bedeutende Sammlung impressionistischer<br />
Malerei beherbergt, e<strong>in</strong> ausgeprägtes<br />
Bildungsprogramm für K<strong>in</strong>der, Schüler, Jugendliche und<br />
Familien zu europäischer Kunst und Kultur angeboten<br />
wird, stellte Monique Fuchs ihren eher spielerischen Vermittlungsansatz<br />
auf Schloß Haut-Koenigsbourg vor. Über<br />
die regionalen Grenzen h<strong>in</strong>aus bekannt wurden ihre<br />
speziellen Führungen unter dem Namen „visite ludique“.
BERICHTE/AKTUELLES 61<br />
Hier schlüpfen qualifizierte Führungskräfte, meist Studenten,<br />
die ausführlich <strong>in</strong> ihren fachlichen, pädagogischen<br />
und schauspielerischen Fähigkeiten geschult werden, <strong>in</strong><br />
die Rolle e<strong>in</strong>er historischen Person und führen die Besuchergruppen<br />
durch das Schloss. Ihre Informationen<br />
und Kommentare entspr<strong>in</strong>gen jeweils aus ihrer ganz<br />
speziellen Sicht und vermitteln dem Publikum sehr e<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>glich<br />
und nachhaltig, aber nicht belehrend historische<br />
Inhalte.<br />
Den Abschluss der Tagung bildeten Überlegungen zur<br />
Didaktik <strong>in</strong> kulturhistorischen Ausstellungen aus der Sicht<br />
e<strong>in</strong>es Geschichtsdidaktikers. Prof. Dr. Manfred Treml,<br />
Leiter des Museums-Pädagogischen Zentrums München,<br />
gab e<strong>in</strong>en Überblick über den Stand der Geschichtswissenschaften<br />
und deren Beschäftigung mit historischen<br />
Bildern und orig<strong>in</strong>alen Objekten, wie wir sie <strong>in</strong><br />
den <strong>Museen</strong> vorf<strong>in</strong>den. Se<strong>in</strong> Resumé: Lernen setzt<br />
sich aus vier Dimensionen zusammen: aus dem Ästhetischen,<br />
dem Kommunikativen, dem Emotionalen und dem<br />
Kognitiven.<br />
Erste Ansätze der Vermittlung im Bereich der Denkmalpflege<br />
stellte Hanna Hilger von der Deutschen Stiftung<br />
Denkmalschutz aus Bonn vor. Mit unterschiedlichen Projekten<br />
und Maßnahmen, zum Beispiel durch das Angebot<br />
e<strong>in</strong>es freiwilligen Jahrs an e<strong>in</strong>er Jugendbauhütte, soll das<br />
Verständnis für das bauliche Erbe und für historische<br />
Handwerkstechniken geweckt werden. Außerdem setzt<br />
man stark auf e<strong>in</strong>e ansprechende Internetpräsentation,<br />
mit der man Jugendliche für die Belange der Denkmalpflege<br />
<strong>in</strong>teressieren möchte (www.denkmal-mit-pfiff.de<br />
oder www.denkmalschutz.de).<br />
Zusammenfassend betrachtet hat die Tagung <strong>in</strong> Lorsch<br />
vielleicht weniger neue Wege der Museumspädagogik<br />
aufgezeigt, als den Stand der Diskussion dieses Berufszweiges<br />
widergespiegelt und e<strong>in</strong>ige Schlaglichter auf aktuelle<br />
Fragen und Probleme dieses Tätigkeitsfeldes geworfen.<br />
Als nicht hessischer Teilnehmer hätte man sich<br />
neben den Vorträgen auch Zeit für die Besichtigung des<br />
Veranstaltungsortes gewünscht. Interessant wäre sicherlich<br />
auch e<strong>in</strong>e kurze E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> die örtliche Vermittlungsarbeit<br />
gewesen, zumal das Museumszentrum<br />
Lorsch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em attraktiven Heftchen für das vielfältige<br />
Programm der Erlebnispädagogik im Kloster Lorsch<br />
wirbt. Es ist geplant, die Vorträge der Tagung demnächst<br />
zu publizieren.<br />
Hannelore Kunz-Ott<br />
Weitere Informationen: Dr. Sab<strong>in</strong>e Jung, Arbeitskreis<br />
selbständiger Kultur<strong>in</strong>stitute e. V., Pr<strong>in</strong>z-Albert-Str. 34,<br />
53113 Bonn, Tel. 0228/224860, E-mail: <strong>in</strong>fo@aski.org<br />
INTERNATIONALER MUSEUMSTAG 2002:<br />
ÜBER 220 BAYERISCHE MUSEEN<br />
LUDEN ZUM MITFEIERN EIN<br />
<strong>Museen</strong> im Blickpunkt – weltweit machen <strong>Museen</strong> e<strong>in</strong>mal<br />
im Jahr geme<strong>in</strong>sam am Internationalen Museumstag auf<br />
sich aufmerksam. In diesem Jahr beteiligten sich trotz der<br />
Term<strong>in</strong>überschneidung mit dem Muttertag alle<strong>in</strong> <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong><br />
226 <strong>Museen</strong> an dem „Museumsfeiertag“ am 12. Mai.<br />
Sie boten spannende Mitmach-Aktionen für K<strong>in</strong>der,<br />
Handwerksvorführungen, Musikdarbietungen, Ausstellungseröffnungen<br />
und Sonderführungen – oft bei freiem<br />
E<strong>in</strong>tritt. Deutschlandweit boten gar 1200 <strong>Museen</strong> e<strong>in</strong> buntes<br />
Programm.<br />
Die Landesstelle verlieh dem Museumstag mit e<strong>in</strong>er offiziellen<br />
Auftaktveranstaltung im unterfränkischen Iphofen-<br />
Mönchsondheim besonderes Gewicht: Dr. Siegfried<br />
Naser, der Präsident des bayerischen Sparkassenverbands<br />
– die Sparkassen unterstützen maßgeblich den<br />
Internationalen Museumstag – und Dr. York Langenste<strong>in</strong>,<br />
Leiter der Landesstelle für die nichtstaatlichen <strong>Museen</strong><br />
gaben im Fränkischen Bauern- und Handwerkermuseum<br />
Kirchenburg Mönchsondheim den „Startschuss“ für ganz<br />
<strong>Bayern</strong>. Bei der Feier trotzten mit ihnen fast 300 Gäste<br />
tapfer dem Regen. Dr. York Langenste<strong>in</strong> betonte die Bedeutung<br />
der regionalen <strong>Museen</strong> vor Ort im Prozess der<br />
Globalisierung. Gerade sie leisteten e<strong>in</strong>en wichtigen Beitrag<br />
zum Verständnis eigener und fremder Kultur und<br />
Wertvorstellungen.<br />
Während die geplante Pflanzung e<strong>in</strong>es Baumes auf der<br />
neuangelegten Museumswiese <strong>in</strong> Mönchsondheim auf<br />
Grund der Nässe buchstäblich <strong>in</strong>s Wasser fiel, rückten<br />
die Besucher <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em provisorisch überdachten Innenhof<br />
um so mehr zusammen und genossen die dortigen Programmpunkte.<br />
Der Geldersheimer Trachtenvere<strong>in</strong> z. B.<br />
führte die Besucher unterhaltsam <strong>in</strong> die Geheimnisse der<br />
fränkischen Sonntags-, Feiertags-, Arbeits- und Witwentrachten<br />
e<strong>in</strong>. Die Feuerwehrkapelle Iphofen sorgte zwischendurch<br />
immer wieder für Stimmung. Die neueröffnete<br />
Ausstellung zur Landwirtschaft auf dem Paulshof <strong>in</strong> der<br />
ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zog die Besucher <strong>in</strong><br />
Scharen an.<br />
Doch nicht nur <strong>in</strong> Mönchsondheim gab es am Internationalen<br />
Museumstag reizvolle Aktionen rund um das Museum<br />
und das Motto des Museumstag „<strong>Museen</strong> und Globalisierung“.<br />
Die Palette reichte vom Jazzfrühstück mit<br />
Lesung („Mit dem Goggo nach Marokko“) im Museum<br />
D<strong>in</strong>golf<strong>in</strong>g über Z<strong>in</strong>nfigurengießen mit Musik und Freibier<br />
im Deutschen Z<strong>in</strong>nfigurenmuseum <strong>in</strong> Kulmbach bis zur<br />
Führung mit szenischen Darstellungen im Park der<br />
Bayreuther Eremitage.<br />
LANDART – Holzkunst zum Mitmachen und Spezialitäten<br />
aus dem Spessart standen <strong>in</strong> Lohr am Ma<strong>in</strong> auf dem Pro-
62<br />
Unterfränkische Trachten erklärten Mitglieder des Geldersheimer<br />
Trachtenvere<strong>in</strong>s bei der Auftaktveranstaltung zum Internationalen<br />
Museumstag <strong>in</strong> Mönchsondheim<br />
gramm, während man <strong>in</strong> der Kreisheimatstube im schwäbischen<br />
Stoffenried beim Besen- und Bürstenb<strong>in</strong>den,<br />
Sp<strong>in</strong>nen und Drechseln zusehen konnte. Für Freunde<br />
moderner Kunst war die Eröffnung e<strong>in</strong>er Ausstellung mit<br />
Werken von Daniel Spoerri <strong>in</strong> Anwesenheit des Künstlers<br />
im Museum Ostdeutsche Galerie <strong>in</strong> Regensburg e<strong>in</strong><br />
Leckerbissen.<br />
In der Landeshauptstadt München war u. a. im Staatlichen<br />
Museum Ägyptischer Kunst „Tierisch was los“:<br />
Hier lockten Tierskulpturen, Schm<strong>in</strong>ken nach Art der alten<br />
Ägypter und Familienführungen. Auf Interesse der Liebhaber<br />
klassischer Kunst stießen die Vorführungen zur<br />
Herstellung von Gipsabgüssen im Museum für Abgüsse<br />
Klassischer Bildwerke.<br />
E<strong>in</strong> kompletter Überblick über die <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> gebotenen<br />
Veranstaltungen war durch die mit e<strong>in</strong>er speziellen<br />
Museumstags-Datenbank ausgerüsteten Internetseiten der<br />
Landesstelle unter www.museen-<strong>in</strong>-bayern.de und<br />
deutschlandweit durch die <strong>Seiten</strong> des Museumsbundes<br />
www.museumstag.de gewährleistet. So konnte sich jeder<br />
die Veranstaltungen aus der Gesamtliste, nach Regierungsbezirken<br />
geordnet oder über die Landkarte auswählen.<br />
E<strong>in</strong> herzlicher Dank ergeht an alle, die den Internationalen<br />
Museumstag durch Ideenreichtum und Engagement zum<br />
wirklichen „Museumsfeiertag“ machen! Und dies soll<br />
auch nächstes Jahr wieder so se<strong>in</strong>: es wird schon heute<br />
zur Beteiligung am Museumstag 2003 am 18. Mai unter<br />
dem Motto „<strong>Museen</strong> haben Freunde“ e<strong>in</strong>geladen!<br />
Monika Dreykorn<br />
BERICHTE/AKTUELLES<br />
WWW.MUSEEN-IN-BAYERN.DE:<br />
ALLE BAYERISCHEN MUSEEN AUF EINEN KLICK<br />
Helfen Sie mit, die Museumsdatenbank der Landesstelle<br />
aktuell zu halten!<br />
Unter www.museen-<strong>in</strong>-bayern.de, der Museumsdatenbank<br />
der Landesstelle im Internet, f<strong>in</strong>den Interessierte alle<br />
notwendigen Daten der rund 1150 bayerischen <strong>Museen</strong>.<br />
Basierend auf dem Museumshandbuch „<strong>Museen</strong> <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong>“<br />
erlauben die Internetseiten den direkten Zugriff auf<br />
Informationen zu jedem bayerischen Museum. Seien es<br />
nun die Haus- bzw. Postanschrift, Telefon- und Faxnummern,<br />
die Öffnungszeiten oder die Internetadresse: der<br />
Auftritt stellt potentiellen Besuchern <strong>in</strong> übersichtlichem<br />
Layout die notwendigen Grundlagen für die Planung des<br />
Museumsbesuchs zur Verfügung.<br />
Wie im Museumshandbuch der Landesstelle wird auch <strong>in</strong><br />
der Internetdatenbank jedes e<strong>in</strong>zelne Museum ausführlich<br />
beschrieben, die jeweiligen Sammlungsschwerpunkte<br />
s<strong>in</strong>d hervorgehoben und auch e<strong>in</strong>e Auflistung der aktuellen<br />
Sonderausstellungen der e<strong>in</strong>zelnen Häuser fehlt<br />
nicht. Es ist möglich, L<strong>in</strong>ks zu setzen, über die die Surfer<br />
direkt zu den Webseiten der jeweiligen <strong>Museen</strong> gelangen<br />
können. Auch E-Mail-Adressen für direkte Nachfragen<br />
lassen sich hier e<strong>in</strong>fach und schnell e<strong>in</strong>tragen.<br />
Auch die Recherche nach den e<strong>in</strong>zelnen <strong>Museen</strong> ist differenziert<br />
gestaltet: Über komfortable Suchfunktionen f<strong>in</strong>den<br />
die potentiellen Besucher <strong>in</strong> kurzer Zeit das passende<br />
Museum. Sie können von der Startseite aus <strong>Museen</strong><br />
auf der Landkarte, nach Regierungsbezirken und Landkreisen<br />
auswählen, nach e<strong>in</strong>zelnen Orten oder Schlagworten<br />
recherchieren oder sich <strong>Museen</strong> mit besonderen<br />
Sammlungsschwerpunkten anzeigen lassen.<br />
Die Landkartensuche erleichtert die Planung e<strong>in</strong>es Ausflugs<br />
ungeme<strong>in</strong>. E<strong>in</strong>zelne Landkreise können nach <strong>Museen</strong><br />
als Ausflugsziele abgefragt werden. Dabei kann man<br />
sich entweder alle <strong>Museen</strong> e<strong>in</strong>es Landkreises anzeigen<br />
lassen oder auch nur die e<strong>in</strong>zelner Orte. Zur flexibleren<br />
Handhabung kann die Suche auch direkt durch e<strong>in</strong>faches<br />
Navigieren mit dem Cursor auf die benachbarten Landkreise<br />
ausgedehnt werden.<br />
Die Struktur der e<strong>in</strong>mal erstellten Landkartensuche lässt<br />
sich zu speziellen Anlässen auch anderweitig verwenden.<br />
So ergänzte die Landesstelle ihre Webseiten zum Internationalen<br />
Museumstag am 12.5.2002 mit e<strong>in</strong>er Datenbank<br />
mit allen bayerischen Veranstaltungen, die wiederum<br />
nach Landkarte, über die Regierungsbezirke oder <strong>in</strong>sgesamt<br />
als Liste abzufragen war. So wurden die vielfältigen<br />
Angebote der bayerischen <strong>Museen</strong> an diesem „Museumsfeiertag“<br />
für den Besucher übersichtlich dargestellt.<br />
Schon jetzt hat sich der Internetauftritt laut Zugriffszahlen<br />
e<strong>in</strong>en Platz im Herzen und <strong>in</strong> den Adressbüchern der
BERICHTE/AKTUELLES 63<br />
Startseite von „museen-<strong>in</strong>-bayern.de“ Museumssuche mit Hilfe e<strong>in</strong>er Landkarte<br />
Museumsbesucher erobert. Zwischen 400-800 Besucher<br />
sehen die <strong>Seiten</strong> durchschnittlich am Tag, so die <strong>in</strong>terne<br />
Zugriffsstatistik. Sie verweilen im Schnitt vier M<strong>in</strong>uten auf<br />
den <strong>Seiten</strong> der Landesstelle und betrachten 18 <strong>Seiten</strong>. Interessant<br />
s<strong>in</strong>d auch die Herkunftsländer der Besucher:<br />
neben dem größten Teil, der aus dem deutschsprachigen<br />
Raum kommt, surfen oft auch Niederländer, Italiener und<br />
Schweizer die Museumsseiten an. Immer wieder <strong>in</strong>teressieren<br />
sich aber auch Besucher aus Hongkong, Tuvalu,<br />
Südafrika, Mexiko oder anderen, weit entfernten Weltgegenden<br />
für die bayerische Museumslandschaft.<br />
Die Museumsdatenbank muss, damit sie nicht an Attraktivität<br />
verliert, laufend aktualisiert werden. Dies bedeutet<br />
aber bei der Menge der bayerischen <strong>Museen</strong>, dass die<br />
Landesstelle auf Ihre Mithilfe angewiesen ist!<br />
Wir bitten Sie: Überprüfen Sie die Angaben zu Ihrem<br />
Museum auf www.museen-<strong>in</strong>-bayern.de im Internet und<br />
teilen Sie uns eventuelle Änderungen oder Ergänzungen<br />
mit. Informieren Sie uns auch über Ihre Sonderausstellungsterm<strong>in</strong>e<br />
und -themen! Setzen Sie uns, falls vorhanden,<br />
auf Ihren Presseverteiler! Nur wenn Sie uns auf dem<br />
Laufenden halten, können wir unsere Datenbank ständig<br />
aktualisieren – und Aktualität macht ja die Attraktivität e<strong>in</strong>er<br />
geme<strong>in</strong>samen Datenbank der bayerischen <strong>Museen</strong> im<br />
Internet aus!<br />
Monika Dreykorn<br />
Präsentation e<strong>in</strong>es Museums mit Bild und Text Veröffentlichungen, auch zum Herunterladen
64<br />
100 SONDERAUSSTELLUNGEN IM SCHWÄBISCHEN<br />
VOLKSKUNDEMUSEUM OBERSCHÖNENFELD<br />
E<strong>in</strong> Rückblick anlässlich e<strong>in</strong>es besonderen Jubiläums<br />
Sonderausstellungen gehören zur aktiven Museumsarbeit.<br />
Sie haben den Reiz des E<strong>in</strong>maligen. Man muss sie<br />
im Gegensatz zu den ständigen Sammlungen <strong>in</strong>nerhalb<br />
e<strong>in</strong>es bestimmten Zeitraumes gesehen haben. Sonderausstellungen<br />
s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e wesentliche Bereicherung des<br />
Angebotes im Museum, ja sie s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> entscheidender<br />
Faktor für die Besucherzahlen. Die Möglichkeiten hängen<br />
von den räumlichen, personellen und f<strong>in</strong>anziellen Gegebenheiten<br />
ab. Sie reichen von der Darbietung e<strong>in</strong>zelner<br />
Objekte, z. B. als Kunstwerke des Monats oder als Neuerwerbungen,<br />
bis zu Raum oder Etagen füllenden Ausstellungen.<br />
Das Schwäbische Volkskundemuseum Oberschönenfeld<br />
hat seit 1987 100 Sonderausstellungen präsentiert. Entsprechend<br />
der baulichen Sanierung der Museumsgebäude<br />
und mit dem ständig steigenden Besucher<strong>in</strong>teresse<br />
hat das Angebot von Jahr zu Jahr zugenommen. Als<br />
Regionalmuseum des Bezirks Schwaben haben wir bestimmte<br />
Aspekte der Kulturgeschichte und Besonderhei-<br />
BERICHTE/AKTUELLES<br />
ten des Volkslebens <strong>in</strong> Schwaben thematisiert und <strong>in</strong> den<br />
Blickpunkt gestellt.<br />
Sehr viel Beachtung fanden die alljährlichen Ausstellungen<br />
zur Advents- und Weihnachtszeit. 6 Krippenausstellungen<br />
haben die vielfältigen Darstellungsformen und<br />
kreativen Gestaltungen der Weihnachtsbotschaft gezeigt.<br />
Die Krippen des Augsburger Schnitzers Josef Wiegel, die<br />
Papierkrippen, die Wachskrippen, die Krippen mit Tonmodelfiguren<br />
(sog. Bachene) haben die Bedeutung des<br />
Krippenbrauchtums <strong>in</strong> Bayerisch Schwaben ebenso unter<br />
Beweis gestellt wie e<strong>in</strong> Überblick der Krippengestaltung<br />
von der Barockzeit bis zur Gegenwart. Dazu kam e<strong>in</strong><br />
Blick auf die reichhaltige Tradition der Krippen <strong>in</strong> Böhmen<br />
und Mähren.<br />
Im Wechsel mit anderen Themen wie St. Nikolaus <strong>in</strong><br />
Schwaben, Kaufläden, Puppenküchen, Nahrungsbräuche<br />
oder Christbaumschmuck ist die Weihnachtsausstellung<br />
e<strong>in</strong> Markenzeichen des Museums geworden. Breites Interesse<br />
fanden auch andere Bereiche der religiösen<br />
Volkskunst. Klosterarbeiten, Andachtsbilder und Rosenkränze,<br />
H<strong>in</strong>terglasbilder und Ostereier, fe<strong>in</strong> verzierte<br />
Wachskerzen und Wachsgebilde haben die Welt des<br />
Glaubens und der Frömmigkeit anschaulich dokumentiert.<br />
E<strong>in</strong> umfangreiches Begleitprogramm mit jahreszeitlich<br />
orientierten Festen vom Funkenfeuer bis zum<br />
Kirchweihtanz, Volkslieder s<strong>in</strong>gen, Geschichten erzählen,<br />
handwerkliche Vorführungen, Vorträge und Führungen<br />
haben die fachlichen Inhalte vertieft und den Museumsbesuch<br />
zum geselligen und unterhaltsamen Ereignis erweitert.<br />
E<strong>in</strong>e Modenschau mit Kleidern der letzten 40 Jahre<br />
war e<strong>in</strong>e besondere Attraktion <strong>in</strong> der Ausstellung<br />
„40 Jahre Barbie“. Der jüngeren Zeitgeschichte war die<br />
Ausstellung „Die Fünfziger Jahre – Traumwelt und Wirklichkeit“<br />
gewidmet.<br />
Aus Anlass der Jahrtausendwende thematisierten wir unter<br />
dem Motto „Gesammelte Zeiten“ die Sammeltätigkeit<br />
e<strong>in</strong>es Museums unter verschiedenen Gesichtspunkten.<br />
Von der Uhr als Zeitmessgerät über die Darstellung der<br />
Jahreszeiten <strong>in</strong> Kunst und Volkskunst und die Ordnung<br />
der Zeit auf Kalendern bis zu Zeugnissen der Gebetszeit,<br />
der Mahlzeit und Schulzeit wurden spezifische Aspekte<br />
der Zeitbetrachtung berücksichtigt.<br />
Mit dem Thema „Kuhs<strong>in</strong>n“ haben wir die aktuellen Berichte<br />
über R<strong>in</strong>derwahn und Massentierhaltung zum Ausgangspunkt<br />
e<strong>in</strong>er Sonderausstellung gemacht, und die<br />
Bedeutung des R<strong>in</strong>des, als des Bauern liebstes Vieh, für<br />
Landwirtschaft, Ernährung und Landschaftspflege herausgestellt.<br />
Zwei große Sonderausstellungen waren dem<br />
Thema „Essen und Tr<strong>in</strong>ken – Nahrung und Speisenberei-
BERICHTE/AKTUELLES 65<br />
tung“ gewidmet. Unter dem Motto „Küche und Puppenküche<br />
im Wandel der Zeiten“ stellten wir die damit verbundene<br />
Sachkultur und die vielfältigen Gebrauchsgegenstände<br />
aus Haushalt und Küche vor, ergänzt von 40<br />
Puppenküchen mit detailgetreuer Ausstattung. Der kulturelle<br />
Stellenwert der Nahrung, ihre Rolle <strong>in</strong> den Denkgewohnheiten<br />
und Glaubenserfahrungen wurde unter dem<br />
Motto „Für Leib und Seel – Nahrung als Botschaft und<br />
Zeichen“ zusammengefasst.<br />
Zwei umfangreiche Sonderausstellungen haben die Museumskollegen<br />
aus Nachbarländern gestaltet: „Mode und<br />
Kleidung <strong>in</strong> Frankreich“ im Rahmen der Regionalpartnerschaft<br />
Schwabens mit dem Departement Mayenne und<br />
„Schätze der Volkskunst aus der Slowakei“ mit mehr als<br />
500 Objekten aus Landwirtschaft, Handwerk und Brauchtum.<br />
Grenzübergreifende Museumsarbeit kann e<strong>in</strong>en<br />
wertvollen Beitrag leisten für mehr Wissen und mehr Verständnis<br />
für die Regionen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em zusammenwachsenden<br />
Europa.<br />
Die Hälfte der Sonderausstellungen war der zeitgenössischen<br />
Kunst gewidmet. Von Landschafts- und Dorfbildern<br />
über naturnahe und symbolhafte Motive wie Bäume<br />
oder Jahreszeiten reichte der weite Bogen bis zu erträumten<br />
und erdachten Landschaften und gegenstandslosen<br />
Kompositionen. Nicht weniger vielfältig waren die<br />
künstlerischen Techniken und Materialien vertreten mit<br />
Werken <strong>in</strong> Öl, Aquarell, Acryl, auf Glas, Papier, Textil, mit<br />
großen und kle<strong>in</strong>en Plastiken <strong>in</strong> Holz, Bronze oder Ste<strong>in</strong>,<br />
Medaillen und Reliefs, mit Gefäßen und Skulpturen <strong>in</strong><br />
Keramik. 56 Kunstpreisträger des Bezirks Schwaben waren<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er umfassenden Retrospektive zu sehen, 8 <strong>in</strong><br />
vielbeachteten E<strong>in</strong>zelausstellungen. Die Kunstausstellungen<br />
mit Führungen, Vorträgen und Künstlergesprächen<br />
haben e<strong>in</strong>e breite Öffentlichkeit mit den Werken der Moderne<br />
zusammengebracht. Das Mite<strong>in</strong>ander und Nebene<strong>in</strong>ander<br />
von Geschichte und Gegenwartskunst am traditionsreichen<br />
Klosterstandort Oberschönenfeld übt auf die<br />
Besucher e<strong>in</strong>e große Anziehungskraft und e<strong>in</strong>en besonderen<br />
Reiz aus.
66<br />
100 Sonderausstellungen waren nur möglich durch<br />
die gute Zusammenarbeit mit öffentlichen Leihgebern<br />
und privaten Sammlern. Manchmal waren 30 bis 40 Leihgeber<br />
an e<strong>in</strong>er Ausstellung beteiligt. Herzlicher Dank<br />
gilt dafür den Stadt- und Heimatmuseen <strong>in</strong> Schwaben,<br />
ohne deren kollegiale Mitwirkung unser Programm nicht<br />
realisierbar gewesen wäre. Die Landesstelle für die<br />
nichtstaatlichen <strong>Museen</strong> hat uns mit Rat und praktischer<br />
Hilfe wesentlich gefördert. Als Autoren und Referenten<br />
waren über die eigenen Mitarbeiter h<strong>in</strong>aus auch Hochschullehrer<br />
der Universitäten Augsburg, Eichstätt, München<br />
und Würzburg, Geistliche und Klosterfrauen, Museumsleiter<br />
und Heimatvere<strong>in</strong>e, Künstler und Pädagogen<br />
beteiligt .<br />
100 Sonderausstellungen haben fast 800.000 Besuchern<br />
angezogen, jung und alt, alle<strong>in</strong> und <strong>in</strong> Gruppen, Familien<br />
und Schulklassen, aus allen Gebieten Schwabens und<br />
weit darüber h<strong>in</strong>aus, aus allen Kont<strong>in</strong>enten. Von 5.000 bis<br />
6.000 Besuchern <strong>in</strong> den Anfangsjahren hat sich die Frequenz<br />
auf 60.000 bis 70.000 im Jahr gesteigert. Viele<br />
hundert Zeitungsberichte, regelmäßige Rundfunk- und<br />
Fernsehsendungen machten unser Angebot <strong>in</strong> breiten<br />
Kreisen der Öffentlichkeit bekannt und verhalfen dem<br />
Museum zu e<strong>in</strong>em hohen Bekanntheitsgrad <strong>in</strong> Süddeutschland.<br />
20 Kataloge und Begleitbücher haben die<br />
Ausstellungen dokumentiert, didaktisch aufbereitet und<br />
neue Ergebnisse vorgestellt. Sie wurden vom Fachpublikum<br />
und von <strong>in</strong>teressierten Laien gleichermaßen mit Interesse<br />
aufgenommen. E<strong>in</strong>ige Titel der Schriftenreihe s<strong>in</strong>d<br />
bereits vergriffen.<br />
Der Zufall hat es gefügt, dass <strong>in</strong> der 100. Ausstellung Objekte<br />
mit Z, Z<strong>in</strong>nfiguren, im Mittelpunkt stehen. Zu Beg<strong>in</strong>n<br />
war das A zweimal im Titel vertreten: Andacht und Arbeit.<br />
Man kann also ohne Übertreibung sagen: Ausstellungen<br />
von A – Z haben die ganze Vielfalt und Buntheit des<br />
Lebens, Arbeit und Bräuche, Glauben und Frömmigkeit,<br />
Nahrung und Kleidung, Handwerk und Volkskunst,<br />
Schule und Spielzeug <strong>in</strong> Er<strong>in</strong>nerung gebracht sowie dem<br />
künstlerischen Schaffen der Gegenwart e<strong>in</strong>e Plattform<br />
geboten.<br />
100 Sonderausstellungen s<strong>in</strong>d das erfreuliche Ergebnis<br />
e<strong>in</strong>es guten Zusammenspiels von engagierten Mitarbeiter<strong>in</strong>nen<br />
und Mitarbeitern, <strong>in</strong>teressanten Themen, überzeugender<br />
Gestaltung, wirksamer Öffentlichkeitsarbeit und<br />
angemessener F<strong>in</strong>anzierung. Letztere verdanken wir dem<br />
Träger des Museum, dem Bezirkstag von Schwaben. Der<br />
Erfolg bestätigt, dass sich die Ausgaben gelohnt haben,<br />
für Erhaltung von Kulturgut und für e<strong>in</strong> vielseitiges Kulturangebot.<br />
Hans Frei<br />
NEUE BÜCHER<br />
BERICHTE/AKTUELLES<br />
BAYERISCHE MUSEEN 28:<br />
MUSEUM SCHLOSS RATIBOR IN ROTH<br />
Im Jahr 1985 erblickte die Reihe „Bayerische <strong>Museen</strong>“<br />
das Licht der Welt. Ihr erster Band, herausgegeben von<br />
der damaligen Abteilung Nichtstaatliche <strong>Museen</strong> am<br />
Bayerischen Nationalmuseum, widmete sich dem niederbayerischen<br />
Freilichtmuseum Mass<strong>in</strong>g. In den vergangenen<br />
17 Jahren s<strong>in</strong>d durchschnittlich zwei Bände dieser<br />
Reihe, die <strong>in</strong> Kooperation der Landesstelle mit dem jeweiligen<br />
Museum produziert wird, erschienen, so dass im<br />
Frühjahr 2002 folgerichtig der 28. Band vorgelegt werden<br />
konnte.<br />
Er widmet sich dem Museum <strong>in</strong> Schloss Ratibor <strong>in</strong> Roth.<br />
Das ehemalige Jagdschloss der Markgrafen von Brandenburg-Ansbach<br />
aus dem 16. Jahrhundert hatte zu<br />
Beg<strong>in</strong>n des 19. Jahrhunderts zu großen Teilen der Tressenfabrikant<br />
Johann Philipp Stieber erworben und hier<br />
neben se<strong>in</strong>en Wohnräumen e<strong>in</strong>e Manufaktur e<strong>in</strong>gerichtet.
BERICHTE/AKTUELLES 67<br />
Nachdem das Landgericht, das bis 1892 noch e<strong>in</strong>en Gebäudeflügel<br />
ausgefüllt hatte, ausgezogen war, begann<br />
Wilhelm Stieber, dessen <strong>in</strong>zwischen ausgelagerte Produktion<br />
leonischer Erzeugnisse, also von auf Basis fe<strong>in</strong>er<br />
Metalldrähte hergestellter Produkte, <strong>in</strong> voller Blüte stand,<br />
das Schloss nach se<strong>in</strong>en Vorstellungen umzugestalten.<br />
Stieber wurde 1904 geadelt, und se<strong>in</strong>em neuen Anspruch<br />
gemäß stattete er Schloss Ratibor aus. 1953 fand das<br />
Rother Museum hier se<strong>in</strong>e neue Heimat.<br />
Das heutige Museum Schloss Ratibor umfasst zum e<strong>in</strong>en<br />
als „Raumkunstmuseum“ die Prunkräume Stiebers. Es<br />
bildet damit als Ort, wo das mit den leonischen Waren<br />
verdiente Geld <strong>in</strong>vestiert wurde, e<strong>in</strong>en Gegenpol zum<br />
zweiten Rother Museum, dem Industriemuseum, das den<br />
Produktionsprozess und – am Rande – die Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen<br />
dokumentiert. Daneben s<strong>in</strong>d im zweiten Obergeschoss<br />
die eigentlichen Sammlungen des Museums<br />
zur Heimatgeschichte, zu Handwerk und Gewerbe, Kleidung,<br />
Hausrat und Wohnkultur zu sehen. E<strong>in</strong>en eigenen<br />
Akzent setzt die Sammlung des Malers und Kunsthändlers<br />
Erw<strong>in</strong> Oehl, die <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie mittelfränkische<br />
Hafnerkeramik umfasst.<br />
Der durchgehend farbig bebilderte neue Museumsführer<br />
widmet sich beiden Museumsbereichen, wobei er sich<br />
nicht alle<strong>in</strong> auf die Erläuterung der Schausammlungen<br />
beschränkt – dazu dient der Kurzführer am Ende des Buches<br />
– sondern weit darüber h<strong>in</strong>ausgreift. Es ist damit e<strong>in</strong><br />
Band entstanden, der allen, die an Kunst-, Wirtschaftsund<br />
Sozialgeschichte, aber auch Sachkultur Mittelfrankens<br />
<strong>in</strong>teressiert s<strong>in</strong>d, ans Herz gelegt sei.<br />
Guido Schmid: Museum Schloß Ratibor <strong>in</strong> Roth, Hg. Landesstelle<br />
für die nichtstaatlichen <strong>Museen</strong> <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong><br />
(= Bayerische <strong>Museen</strong> 28), München/Berl<strong>in</strong> 2002, 100 S.<br />
mit 96 meist farb. Abb., ISBN3-422-06325-0<br />
EIN BAUSTEIN ZUR INDUSTRIEGESCHICHTE<br />
DES BAYERISCHEN WALDES<br />
Wiewohl das durch die Donau zweigeteilte Niederbayern<br />
bis heute im allgeme<strong>in</strong>en Bewusstse<strong>in</strong> agrarisch geprägt<br />
ist, spielen Industriebetriebe im Bayerischen und angrenzenden<br />
Böhmerwald schon seit geraumer Zeit und durchaus<br />
e<strong>in</strong>e Rolle. Zu denken ist an die auf den mittelalterlichen<br />
Glashütten aufbauende Glas<strong>in</strong>dustrie oder das<br />
Ste<strong>in</strong>metzgewerbe um den Rohstoff Granit, dessen<br />
Absatz mit der Verkehrserschließung ab 1900 e<strong>in</strong>e ungeahnte<br />
Expansion erlebte. Nicht die Groß<strong>in</strong>dustrie wie der<br />
Bergbau <strong>in</strong> der Oberpfalz ist es, welche den Bayerischen<br />
Wald kennzeichnet, sondern e<strong>in</strong> weitgespanntes Netz<br />
Holztrift auf der Wolfste<strong>in</strong>er Ohe, um 1905<br />
von Kle<strong>in</strong>betrieben bis h<strong>in</strong> zur Heim<strong>in</strong>dustrie verleiht dieser<br />
kargen Landschaft ihre typischen Merkmale.<br />
Jetzt haben der Publizist und Verleger Hubert Ettl sowie<br />
die Kulturhistoriker Kathar<strong>in</strong>a Eisch, W<strong>in</strong>fried Helm und<br />
Mart<strong>in</strong> Ortmeier Fotodokumente und Beiträge versammelt,<br />
die erstmals e<strong>in</strong>en Überblick über die verschiedenen<br />
Bereiche der frühen Industrialisierung im Bayerischen<br />
Wald geben. Mehr noch: Manche Bilder von Arbeitern „<strong>in</strong><br />
Aktion“, von Gesichtern, Körpern und ganzen Belegschaften<br />
gehen förmlich unter die Haut <strong>in</strong> ihrer Schilderung<br />
der Plackerei um das tägliche Auskommen. Da<br />
ziehen statt Pferden oder Kühen zwei Frauen und vier<br />
Männer bei Neureichenau im Landkreis Freyung/<br />
Grafenau e<strong>in</strong>en Pflug beim Ackern (Aufnahme 1910); da<br />
schleppen Brauereiarbeiter zentnerschwere Eisschollen<br />
auf e<strong>in</strong>er Rutsche aus dem zugefrorenen Regen (Aufnahme<br />
1928); da zieht e<strong>in</strong> hagerer Weber <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em dumpfen<br />
Raum die Kette auf den Scherrahmen auf – barfuss, se<strong>in</strong>e<br />
Holzschuhe hat er neben sich gestellt: seltene Momentaufnahmen<br />
mit hoher Authentizität und damit hohem<br />
Quellenwert, wiewohl nicht immer zugleich auch repräsentativ,<br />
wie etwa das Pflugziehen. „Aber es kam immer<br />
wieder vor, dass Menschen sich selbst e<strong>in</strong>spannten, weil<br />
die Ochsen oder Kühe geschont werden sollten“, wie der<br />
Bildtext aussagt. Letzteres betraf die ausgeprägte<br />
Schicht der Kle<strong>in</strong>bauern, Häuslleute und sogenannten Inwohner<br />
– im 19. Jahrhundert 20 bis 30 % der Gesamtbevölkerung,<br />
<strong>in</strong> manchen Gegenden mehr als 50 % – die<br />
kaum eigenen Grundbesitz hatten.<br />
Die über 100 Fotodokumente zeigen ebenso E<strong>in</strong>zel- wie<br />
Fabrikhallensituationen, echte „Schnappschüsse“ wie<br />
auch gestellte Belegschaftsversammlungen. Der Reigen<br />
der Motive bewegt sich vom Waldfrüchtesammeln als
68<br />
Voraussetzung für die entsprechenden Konservenfabriken,<br />
die Zigarrenfabrikation – wobei offen bleibt,<br />
woher der Rohstoff kommt – über die „Holzbitzler“ (Holzheim<strong>in</strong>dustrie),<br />
Zündholz- und Papierfabriken h<strong>in</strong> zur<br />
Glas- und Ste<strong>in</strong><strong>in</strong>dustrie. Kurzbeiträge der genannten<br />
Autoren zu den wichtigsten Industriezweigen Holz, Glas,<br />
und Ste<strong>in</strong> bilden den jeweiligen Auftakt zu den entsprechenden<br />
Bilderreihen. Fotonachweis und ausgewählte<br />
Literatur beschließen den Band.<br />
Drucktechnisch solide gemacht, verzichtet das Buch auf<br />
jegliche Schnörkel und bleibt e<strong>in</strong>schließlich Umschlaggestaltung<br />
beim schlichten Schwarzweiß. Eher puristisch<br />
mutet an, dass bei den Bildblöcken auf Überschriften<br />
oder e<strong>in</strong>e Kapitele<strong>in</strong>teilung verzichtet wurde. Als Defizit<br />
betrachte ich den Verzicht auf e<strong>in</strong> Inhaltsverzeichnis.<br />
Die Absicht des Herausgebers, Bilder und Bildgeschichten<br />
für sich selbst sprechen zu lassen, kommt <strong>in</strong> dem<br />
großformatigen Band gut zur Wirkung. Gesamtthema und<br />
motivliche Vielfalt der Bilder veranlassten das Handwerksmuseum<br />
Deggendorf zu e<strong>in</strong>er Sonderausstellung<br />
mit etwa der Hälfte der Fotos, die im vergrößerten Digitaldruck<br />
auch viele verstecke Details zu erkennen geben.<br />
Albrecht A. Gribl<br />
Hubert Ettl: Auf dem Weg <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e neue Zeit. Frühe Industrien<br />
im Bayerischen Wald, mit Texten von Kathar<strong>in</strong>a Eisch,<br />
W<strong>in</strong>fried Helm und Mart<strong>in</strong> Ortmeier, Viechtach 2001,<br />
100 S., ca. 110 Abbildungen, ISBN 3-929517-32-9<br />
HOLZBÜCHER UND HOLZBIBLIOTHEKEN<br />
Was man gelegentlich auf Abbildungen, selten <strong>in</strong> <strong>Museen</strong><br />
sehen kann, ist im entstehenden Ebersberger „Museum<br />
Wald und Umwelt“ <strong>in</strong> erstaunlicher Fülle und Qualität vorhanden<br />
und wird e<strong>in</strong>en der Höhepunkte im künftigen<br />
Rundgang bilden: Die Rede ist von e<strong>in</strong>er 117 Bände umfassenden<br />
Holzbibliothek des gebürtigen Ebersbergers<br />
und Benedikt<strong>in</strong>ers Candid Huber (1747-1813) und 15<br />
weiteren Holzbüchern e<strong>in</strong>es Nachahmers.<br />
Das Zusammenspiel der Faktoren Ebersberger Forst,<br />
Museum Wald und Umwelt und Candid Huber unter dem<br />
Stichwort Ebersberg veranlasste den langjährigen Konzeptor<br />
und künftigen Leiter des Museums, W<strong>in</strong>fried Freitag<br />
M. A., mit zwei Wissenschaftlern anderer Diszipl<strong>in</strong>en<br />
der Ebersberger Holzbibliothek und anderen alten Holzsammlungen<br />
<strong>in</strong>tensiver nachzugehen, zumal sich herausstellte,<br />
dass e<strong>in</strong>schlägige Studien kaum vorhanden s<strong>in</strong>d<br />
und e<strong>in</strong> fundamentaler Überblick gänzlich fehlt.<br />
BERICHTE/AKTUELLES<br />
Holzbuch „Zwergkiefer“, aufgeschlagen, von Candid Huber, um<br />
1795; Museum Wald und Umwelt, Ebersberg<br />
Was versteht man unter „Holzbüchern“, „Büchern aus Holz“<br />
und „Holzbibliotheken“? Diese Bücher bestehen nicht aus<br />
Papier und bedruckten <strong>Seiten</strong>, sondern aus aufklappbaren<br />
Holzkästchen mit „Buchrücken“ aus e<strong>in</strong>em bestimmten<br />
Holz, und dar<strong>in</strong> f<strong>in</strong>den sich Kle<strong>in</strong>teile, welche die Holzsorte<br />
näher bestimmen, also kle<strong>in</strong>e Zweige mit Knospen, Blüten<br />
und Frucht, getrocknete Blätter, Keiml<strong>in</strong>ge usw., aber auch<br />
Käfer und andere Insekten. Gerade <strong>in</strong> der Zeit um 1800 entstanden<br />
nicht nur e<strong>in</strong>zelne Bücher, sondern richtiggehende<br />
Holzbibliotheken. Der <strong>in</strong> Kloster Niederaltaich als Seelsorger<br />
tätige und <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Geburtsort „entliehene“ Benedikt<strong>in</strong>erpater<br />
Candid Huber dürfte der berühmteste Hersteller<br />
zahlreicher derartiger Holzbibliotheken se<strong>in</strong> – bislang konnten<br />
10 Huber’sche Holzbibliotheken <strong>in</strong> Deutschland, Österreich<br />
und der Schweiz nachgewiesen werden.<br />
Darüber h<strong>in</strong>aus aber fallen auch e<strong>in</strong>fachere Holzsammlungen<br />
unter den Begriff der Holzbibliotheken: Holzproben<br />
aus kle<strong>in</strong>en Brettchen oder Tafeln mit e<strong>in</strong>er R<strong>in</strong>denseite,<br />
auch dünne Hölzer bis h<strong>in</strong> zu Furnieren.<br />
Wiewohl von der Kreissparkasse Ebersberg herausgegeben<br />
und im Rahmen e<strong>in</strong>er heimatkundlichen Reihe für<br />
e<strong>in</strong> größeres Publikum gedacht, stellt das Buch im DIN<br />
A 4-Format ke<strong>in</strong> Kuriosum der Kultur- und Literaturgeschichte<br />
vor, sondern die Erkenntnisse mehrjähriger Forschungsarbeit<br />
e<strong>in</strong>es Historikers (W<strong>in</strong>fried Freitag), e<strong>in</strong>er
BERICHTE/AKTUELLES 69<br />
Volkskundler<strong>in</strong> (Anne Feuchter-Schawelka) und e<strong>in</strong>es<br />
Diplom-Volkswirts (Dietger Grosser).<br />
Das Ergebnis ist verblüffend: Erstmals liegt nun e<strong>in</strong>e<br />
umfassende, ebenso breit angelegte wie tiefgehende<br />
Darstellung zu den Holzsammlungen des 18. und frühen<br />
19. Jahrhunderts vor. Erstmals werden die Holzsammlungen<br />
der verschiedenen Hersteller detailliert beschrieben,<br />
neu entdeckte bestimmt und bisherige Zuschreibungen,<br />
wenn nötig, korrigiert. Nicht nur Standorte und Umfänge<br />
werden genannt, sondern auch das soziale, ökonomische<br />
und kulturelle Umfeld der Hersteller wurde untersucht,<br />
schließlich auch die Resonanz der Werke beim damaligen<br />
Publikum. Gerade hier setzt der Beitrag von W<strong>in</strong>fried<br />
Freitag an, der sich um die kulturgeschichtlichen H<strong>in</strong>tergründe<br />
für das Entstehen solcher Sammlungen kümmerte<br />
und dabei auf die Schwierigkeiten der vormodernen<br />
Land- und Forstwirtschaft stieß, welche ihrerseits die sogenannte<br />
Agraraufklärung des 18. Jahrhunderts auslösten.<br />
Das übersichtlich gegliederte, reich illustrierte und gut<br />
lesbare Buch genügt gleichwohl hohen wissenschaftlichen<br />
Anforderungen durch Nachweise und ausführliche<br />
Bibliographie wie auch dem <strong>in</strong>teressierten Leser allgeme<strong>in</strong>.<br />
E<strong>in</strong>e separate Tabellenbeilage im Umfang von<br />
40 <strong>Seiten</strong> enthält kle<strong>in</strong>gedruckt systematische Sammlungsaufstellungen<br />
und wird ausschließlich den Fachmann<br />
und Forscher <strong>in</strong>teressieren.<br />
Abgesehen davon, dass dieses Buch den hohen Rang<br />
der Ebersberger Holzbibliothek herausstellt und dem<br />
künftigen Besucher als e<strong>in</strong>e Art Katalog der wichtigsten<br />
Museumsstücke erläutert, darf es für Museumsleute und<br />
Interessierte am Thema Holzbibliotheken und Agraraufklärung<br />
Grundlagencharakter beanspruchen.<br />
E<strong>in</strong>ige Buchrücken der Holzbibliothek Candid Hubers, um 1795;<br />
Museum Wald und Umwelt, Ebersberg<br />
Anne Feuchter-Schawelka/ W<strong>in</strong>fried Freitag/ Dietger<br />
Grosser: Alte Holzsammlungen. Die Ebersberger Holzbibliothek:<br />
Vorgänger, Vorbilder und Nachfolger (= Der<br />
Landkreis Ebersberg – Geschichte und Gegenwart 8,<br />
Hg. Kreissparkasse Ebersberg), Ebersberg 2001, ISBN<br />
3-933859-08-5<br />
Albrecht A. Gribl<br />
„CORPORATE IDENTITY“ –<br />
AUCH EIN THEMA FÜR MUSEEN!<br />
Corporate Identity, Positionierung, Markenbildung – das<br />
s<strong>in</strong>d verbreitete Schlagworte, die dem Kulturwissenschaftler<br />
nicht eben vertraut s<strong>in</strong>d. Vielfach herrscht die<br />
Me<strong>in</strong>ung vor, diese Begriffe seien im wirtschaftlichen<br />
Bereich angesiedelt, aber <strong>in</strong> Kultur und Museum hätten<br />
sie nichts zu suchen. Doch gerade <strong>in</strong> Zeiten f<strong>in</strong>anzieller<br />
Verknappung kommt es noch viel mehr als bisher darauf<br />
an, e<strong>in</strong>em Haus e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>heitliches und unverwechselbares<br />
Auftreten nach <strong>in</strong>nen und außen zu geben.<br />
Auf dieses Thema möchte der exzellente Tagungsband<br />
„Mit gestärkter Identität zum Erfolg. Corporate Identity für<br />
<strong>Museen</strong>“ aufmerksam machen, der als Tagungsband des<br />
Arbeitskreises Museumsmanagement am Freilichtmuseum<br />
Kiekeberg erschienen ist. In 20 knappen, aber dichten<br />
Aufsätzen werden Theorie, Methodik und Instrumente der<br />
Corporate Identity speziell auf den Bereich des Museums<br />
übertragen und facettenreich beleuchtet. Fallbeispiele<br />
ergänzen die Darstellung und zeigen wie die Theorie <strong>in</strong><br />
der Praxis aussehen kann.<br />
Dabei kommt es den Herausgebern darauf an, dass<br />
Corporate Identity als Ansatz des Museumsmanagements<br />
viel mehr ist, als nur die Entwicklung e<strong>in</strong>es schönen<br />
Logos. Die Entwicklung e<strong>in</strong>er Corporate Identity wird<br />
verstanden als ganzheitlicher Prozess, der von der Erstellung<br />
e<strong>in</strong>es Museumsleitbildes, über die Festlegung e<strong>in</strong>es<br />
Sammlungskonzeptes, über die Entwicklung von Leitl<strong>in</strong>ien<br />
zur visuellen und sprachlichen Darstellung des Hauses<br />
nach <strong>in</strong>nen und außen, bis h<strong>in</strong> zur Erstellung von Verhaltensregeln<br />
für Museumsmitarbeiter gegenüber Besuchern<br />
und Kollegen reicht.<br />
Ziele der Corporate Identity s<strong>in</strong>d nach e<strong>in</strong>er Def<strong>in</strong>ition<br />
von Matthias Dreyer die Entwicklung e<strong>in</strong>er aus dem<br />
Selbstverständnis abgeleiteten Museumsidentität sowie<br />
der Aufbau e<strong>in</strong>es spezifischen Museumsimages, die<br />
der Positionierung und Unverwechselbarkeit <strong>in</strong> der<br />
Gesellschaft und am Markt dienen. Die E<strong>in</strong>beziehung<br />
aller Mitarbeiter, von der Kassenkraft bis zum Wissenschaftler,<br />
<strong>in</strong> den Prozess der Entwicklung e<strong>in</strong>er Corpora-
70<br />
te Identity-Strategie wird dabei als äußerst wichtig angesehen.<br />
Nach dem ersten Schritt der Entwicklung e<strong>in</strong>es Leitbildes<br />
für das Haus und se<strong>in</strong>e Mitarbeiter, das <strong>in</strong> E<strong>in</strong>beziehung<br />
des momentanen Selbst- und Fremdbildes aber auch des<br />
angepeilten Zieles angefertigt wurde, werden drei wichtige<br />
Elemente e<strong>in</strong>er ganzheitlichen Coporate Identity genannt:<br />
Zunächst das „Corporate Behavior“, die Ausrichtung aller<br />
Verhaltensweisen der Mitarbeiter an den Werten des Museumsleitbildes<br />
nach <strong>in</strong>nen und nach außen. Es gilt hierbei,<br />
die <strong>in</strong>terne Identifikation und Motivation zu stärken<br />
und somit e<strong>in</strong> „Wir-Gefühl“ zu entwickeln, welches e<strong>in</strong> eigenständiges<br />
Profil bei den Besuchern unterstützt. Das<br />
zweite Element ist die Entwicklung e<strong>in</strong>er „Corporate Communication“,<br />
auf Inhalte und Zielgruppen abgestimmte<br />
Sprachregelungen. Auch hier s<strong>in</strong>d Ziele e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>deutige<br />
Profilbildung für das Haus nach außen sowie e<strong>in</strong>e Identitätsbildung<br />
im Inneren. Das dritte Element schließlich bildet<br />
das „Corporate Design“, die Entwicklung e<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>heitlichen<br />
visuellen Auftretens e<strong>in</strong>es Museums nach<br />
außen, also beispielsweise durch Logo, Farben, Schrifttypen<br />
oder auch die Ausstellungsgestaltung.<br />
Nach e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> den theoretischen Grundansatz<br />
der Corporate Identity werden <strong>in</strong> dem Band methodische<br />
und <strong>in</strong>strumentelle E<strong>in</strong>zelaspekte beleuchtet. So werden<br />
beispielsweise die Sammlungspolitik und der Vermittlungsauftrag<br />
der <strong>Museen</strong> als wesentliche Grundlagen der<br />
CI-Strategie von <strong>Museen</strong> behandelt und die Möglichkeiten<br />
e<strong>in</strong>es Internetauftritts für die Corporate Identity<br />
herausgearbeitet. E<strong>in</strong> weiterer Punkt ist die Frage, wie die<br />
unbed<strong>in</strong>gt notwendige E<strong>in</strong>beziehung der Mitarbeiter<strong>in</strong>nen<br />
und Mitarbeiter <strong>in</strong> den Corporate Identity-Prozess aussehen<br />
kann.<br />
In e<strong>in</strong>em letzten praxisorientierten Teil loten Fallbeispiele<br />
aus der deutschen und schweizerischen Museumslandschaft<br />
Möglichkeiten und Grenzen der Corporate Identity-Strategie<br />
aus. Sie ermuntern dazu, den nicht immer<br />
e<strong>in</strong>fachen Weg zu e<strong>in</strong>em Leitbild bzw. zu e<strong>in</strong>er gesamtheitlichen<br />
Corporate Identity-Strategie zu gehen. Denn,<br />
wie Anja Dauschek <strong>in</strong> ihrem Aufsatz schreibt: „Der vielleicht<br />
größte Vorteil <strong>in</strong> der Entwicklung e<strong>in</strong>er Corporate<br />
Identity liegt für <strong>Museen</strong> im Prozess selbst. Die Ause<strong>in</strong>andersetzung<br />
mit dem <strong>in</strong>stitutionellen Selbstverständnis<br />
und den eigenen Zielen h<strong>in</strong>terfragt Gewohnheiten, sie<br />
regt die Kommunikation zwischen Abteilungen an und<br />
fordert die aktive Ause<strong>in</strong>andersetzung mit dem eigenen<br />
Umfeld.“<br />
Dieser Prozess der Entwicklung e<strong>in</strong>er Corporate Identity<br />
ist allerd<strong>in</strong>gs ke<strong>in</strong> e<strong>in</strong>maliger Akt. Von den Autoren wird<br />
BERICHTE/AKTUELLES<br />
hervorgehoben, dass auch, nachdem die ersten Schritte<br />
ausgeführt s<strong>in</strong>d, ke<strong>in</strong> Stillstand e<strong>in</strong>treten sollte. Die jeweilige<br />
Institution muss angesichts gesellschaftlicher Veränderungen<br />
ihre Werte und Ziele sowie die Instrumente, diese<br />
zu erreichen, immer wieder h<strong>in</strong>terfragen.<br />
Der Tagungsband erschien zeitgleich zu der im Freilichtmuseum<br />
am Kiekeberg veranstalteten Tagung „Corporate<br />
Identity“ des Arbeitskreises Museumsmanagement. Bei<br />
dieser wurde deutlich, wie wohltuend es für den Teilnehmer<br />
ist, wenn die Vortragenden schon im Voraus gezwungen<br />
s<strong>in</strong>d, ihre Beiträge <strong>in</strong> schriftliche Form zu br<strong>in</strong>gen.<br />
Dies führte dazu, dass die Tagungsbeiträge zeitlich<br />
straff und <strong>in</strong>haltlich eng am Thema gehalten waren.<br />
Insgesamt bildet der Tagungsband somit e<strong>in</strong>e überaus<br />
empfehlenswerte Grundlage für alle, die sich mit dem<br />
Thema „Corporate Identity“ als e<strong>in</strong>em Ansatz des Museumsmanagements<br />
beschäftigen wollen. Er bietet e<strong>in</strong>e<br />
Vielzahl von Informationen und Erfahrungen, die ganz<br />
oder teilweise von jedem e<strong>in</strong>zelnen Museum genutzt werden<br />
können.<br />
Monika Dreykorn<br />
Matthias Dreyer/Rolf Wiese (Hrsg.): Mit gestärkter Identität<br />
zum Erfolg. Corporate Identity für <strong>Museen</strong> (=Schriften<br />
des Freilichtmuseums am Kiekeberg 40), Ehestorf 2002,<br />
ISBN 3-935096-05-4
BERICHTE/AKTUELLES 71<br />
MUSEUMSERÖFFNUNGEN IN BAYERN<br />
Amerang/Obb.<br />
Am 22.3.2002 wurde das neue E<strong>in</strong>gangs- und Verwaltungsgebäude<br />
des Freilichtmuseums Amerang des<br />
Bezirks Oberbayern e<strong>in</strong>geweiht. Damit fanden jahrelange<br />
Planungs- und Ausführungsarbeiten ihren Abschluss.<br />
Mit dem neuen E<strong>in</strong>gangsgebäude erhält das Museum<br />
e<strong>in</strong>e neue Kassensituation und e<strong>in</strong>en besser strukturierten<br />
Museumsladen sowie Depotflächen, und die Verwaltung<br />
ausreichende Büro-, Bibliotheks- und Archivräume.<br />
Das ursprüngliche Konzept, Grundlage auch für e<strong>in</strong>en<br />
Architektenwettbewerb, sah noch die Integration von<br />
größeren Sonderausstellungsflächen vor, die jetzt mittelfristig<br />
an anderer Stelle geschaffen werden sollen. Architekt<br />
des ausgeführten Baus ist H. Lüps.<br />
Die Schwierigkeiten, die die Planungsgeschichte widerspiegelt,<br />
lagen unter anderem dar<strong>in</strong>, dass e<strong>in</strong> Großteil der<br />
Bevölkerung die Modernität der Entwürfe, auch wenn<br />
diese das Material Holz zugrundelegten, nicht akzeptierte.<br />
Das jetzt eröffnete E<strong>in</strong>gangsgebäude, e<strong>in</strong> schlichter Satteldachbau<br />
<strong>in</strong> Leichtkonstruktion aus Holz, geprägt durch<br />
dunkelgefasste Verlattungen und e<strong>in</strong>e Glasverdachung<br />
des E<strong>in</strong>gangsweges, besticht vor allem durch se<strong>in</strong>e Situierung<br />
als Brückenbauwerk.<br />
Anschrift:<br />
Bauernhausmuseum Amerang des Bezirks Oberbayern,<br />
Im Hopfgarten, 83123 Amerang,<br />
Tel. 08035/91509-0, Fax -30<br />
Öffnungszeiten:<br />
Mitte März bis Mitte November Dienstag bis<br />
Sonntag 9-18 Uhr<br />
Bergen/Obb.<br />
Seit dem 4. Mai 2002 besitzt die Verwaltungsgeme<strong>in</strong>schafft<br />
Bergen e<strong>in</strong> Museum <strong>in</strong> der ehemaligen Maximilianshütte.<br />
<strong>Bayern</strong> erhielt damit e<strong>in</strong> weiteres wichtiges<br />
technik-, <strong>in</strong>dustrie- und wirtschaftsgeschichtliches Museum.<br />
Dieses ist <strong>in</strong> temperierten Räumen hervorragend<br />
didaktisch präsentiert und weist Sonderausstellungsflächen<br />
sowie e<strong>in</strong>en Medien- und museumspädagogischen<br />
Raum auf.<br />
Die Maximilianshütte wurde im 16. Jh. als Privatunternehmen<br />
gegründet und war im 17. Jh. halbstaatlich geworden,<br />
bis sie 1808 ganz <strong>in</strong> Staatsbesitz überg<strong>in</strong>g. Zeitweise<br />
war sie bayernweit <strong>in</strong> ihrem Produktionssegment<br />
führend.<br />
Das Museum wurde im Drehereigebäude e<strong>in</strong>gerichtet, das<br />
sich als Teil der <strong>in</strong> der 1. Hälfte des 19. Jh. weitgehend neu<br />
erbauten Anlage erhalten hat. Das jetzige Museumsgebäude<br />
wurde <strong>in</strong> den letzten Jahren qualitätvoll restauriert,<br />
so dass es se<strong>in</strong>e Bedeutung als Zeugnis der frühen<br />
Industriearchitektur des 19. Jahrhunderts bewahrte. Da<br />
die für die Verhüttung wichtigsten Gebäude, Hochofen<br />
und Gießerei, bereits 1969-1970 abgerissen worden waren,<br />
standen für die Ausstellung nur wenige Teile der orig<strong>in</strong>alen<br />
Ausstattung zur Verfügung. Das Museumsprojekt<br />
wurde von den Ergebnissen e<strong>in</strong>er <strong>in</strong> zwei Jahren erstellten<br />
Machbarkeitsstudie, die auch die Erforschung der Geschichte<br />
der Maxhütte be<strong>in</strong>haltete, abhängig gemacht; es<br />
zeigte sich, dass e<strong>in</strong>e ausreichend große Sammlung <strong>in</strong> relativ<br />
kurzer Zeit aufgebaut werden konnte.<br />
Das Konzept, das vornehmlich von Frau Annette Späth<br />
M. A. erarbeitet und von Dr. Josef Paukner redigiert und<br />
umgesetzt wurde, geht auf die Geschichte und Bedeutung<br />
der Hütte, auf Produktion und Produkte sowie auf<br />
sozialgeschichtliche Themen e<strong>in</strong>. Die Leitung der exemplarischen<br />
Eisenkonservierungsarbeiten lag bei Manfred<br />
Wunderskircher, die <strong>in</strong>nenarchitektonische Planung bei<br />
Werner Maerz.<br />
Das Museum fügt sich <strong>in</strong> ausgezeichneter Weise <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />
Reihe von <strong>Museen</strong> e<strong>in</strong>, die südlich und östlich des<br />
Chiemsees mit den dort kaum trennbaren Themen Salz<br />
und Eisen verbunden s<strong>in</strong>d: so z. B. die Salzmuseen <strong>in</strong><br />
Berchtesgaden und Bad Reichenhall, das Museum<br />
Klaushäusl <strong>in</strong> Grassau, das Holzknechtmuseum und die<br />
Glockenschmiede <strong>in</strong> Ruhpold<strong>in</strong>g, das Bergbaumuseum<br />
Achthal und das Moor- und Torfmuseum <strong>in</strong> Rottau. E<strong>in</strong>e<br />
<strong>in</strong>tensive Zusammenarbeit mit diesen <strong>Museen</strong> ist beabsichtigt.<br />
Anschrift:<br />
Museum Maxhütte Bergen, Maxhüttenstr. 10,<br />
83346 Bergen, Tel. 08662/8321<br />
(Tourist Information Bergen), Fax -5855,<br />
E-mail: Verkehrsamt-Bergen@t-onl<strong>in</strong>e.de,<br />
Internet: http://www.bergen-chiemgau.de/museum/<strong>in</strong>dex.html<br />
Öffnungszeiten.<br />
Mai bis Oktober Dienstag bis Sonntag 10-16 Uhr<br />
Deggendorf/Ndb.<br />
Im Rahmen der Vorbereitung der 1000-Jahr-Feier der<br />
Stadterhebung im Jahre 2002 plante das Stadtmuseum<br />
u. a. die Neukonzeption und Erweiterung der Mittelalterabteilung<br />
zur Stadtgeschichte. Diese Erneuerung war
72<br />
zudem <strong>in</strong>folge zahlreicher Neufunde und Forschungsergebnisse<br />
der Stadtarchäologie nötig geworden.<br />
Unter den Schlagworten „Siedler – Nonnen – Bürger“ wird<br />
den frühen Siedlungsnachweisen im Bereich des Donauübergangs,<br />
den frühen Besitzungen der Stiftsdamen von Niedermünster<br />
<strong>in</strong> Regensburg und den Zeugnissen spätmittelalterlichen<br />
Bürgerlebens nachgespürt. Den Abschluss bildet<br />
e<strong>in</strong>e Multimediastation für Deggendorfer Geschichte(n).<br />
Die neue Abteilung wurde am 22.2.2002 eröffnet. Zum<br />
Thema erschien e<strong>in</strong> eigenes, 160-seitiges Begleitheft als<br />
Katalog der <strong>Museen</strong> der Stadt Deggendorf 18.<br />
Anschrift:<br />
Stadtmuseum Deggendorf, Östlicher Stadtgraben 28,<br />
94469 Deggendorf, Tel. 0991/4084 u. 4088, Fax 340321,<br />
E-Mail museen@deggendorf.de,<br />
Internet www.deggendorf.de<br />
Öffnungszeiten:<br />
Dienstag bis Samstag 10-16, Sonntag 10-17 Uhr<br />
Ebersberg/Obb.<br />
Der bekannte Ebersberger Kunstschmied Manfred Bergmeister<br />
hat seit se<strong>in</strong>er Ausbildung schmiedeeiserne<br />
Grabkreuze gesammelt und konnte e<strong>in</strong>en Teil der<br />
berühmten Sammlung Sixtus Schmied (Umfang ca. 1800<br />
Exemplare) erwerben. Jetzt hat er se<strong>in</strong>e Sammlung mit<br />
Beispielen aus dem 17. bis Anfang des 20. Jahrhunderts,<br />
ergänzt um e<strong>in</strong>zelne eigene Arbeiten, <strong>in</strong> der alten Kunstschmiedehalle<br />
am südlichen Rand der Stadt aufgestellt<br />
und am 18.4.2002 <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em feierlichen Akt eröffnet. Die<br />
Studiensammlung ist auf Anfrage zu besichtigen, Gruppen<br />
und Schulklassen werden geführt.<br />
Anschrift:<br />
Museum für Grabkreuze <strong>in</strong> der alten Kunstschmiede<br />
Manfred Bergmeister, August-Birkmeier-Weg 2,<br />
85560 Ebersberg, Tel. 08092/24034 u. 22031,<br />
Fax 08092/24036<br />
Öffnungszeiten:<br />
auf Anfrage<br />
Erlangen/Mfr.<br />
Mit der Eröffnung der beiden Abteilungen „Vorgeschichte<br />
im Raum Erlangen“ und „Die Altstadt Erlangen 1002-<br />
1706“ am 15. März 2002 ist die mehrjährige Umgestal-<br />
tung und Neukonzeption des Erlanger Stadtmuseums<br />
zum 1000jährigen Stadtjubiläum 2002 nahezu abgeschlossen.<br />
Beide Abteilungen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> drei langgestreckten<br />
Kellergewölben unter dem Mart<strong>in</strong>-Luther-Platz untergebracht.<br />
Um den architektonischen Charakter und den<br />
Raume<strong>in</strong>druck dieser historischen Gewölbe zu bewahren,<br />
wurden die Vitr<strong>in</strong>en entlang der Längsseiten montiert.<br />
Schwerpunktmäßig gezeigt werden jungste<strong>in</strong>zeitliche<br />
Funde aus dem Schwabachtal sowie bronze- und hallstattzeitliche<br />
Funde aus Gräbern im Erlanger Stadtgebiet.<br />
Die Abteilung Mittelalter/frühe Neuzeit widmet sich der<br />
Geschichte der Altstadt Erlangen seit der ersten urkundlichen<br />
Erwähnung im Jahre 1002. Zur Eröffnung der<br />
Abteilung Vorgeschichte erschien e<strong>in</strong> Führer durch die<br />
vorgeschichtliche Sammlung des Stadtmuseums (Vorgeschichte<br />
im Erlanger Raum, Begleitheft zur Dauerausstellung,<br />
Hg. Stadtmuseum Erlangen, Erlangen 2002).<br />
Anschrift:<br />
Stadtmuseum Erlangen, Mart<strong>in</strong>-Luther-Platz 9,<br />
91054 Erlangen, Tel. 09131/862-300 u. -408,<br />
Fax 862-876 u. 863226,<br />
E-Mail stadtmuseum@stadt.erlangen.de<br />
Öffnungszeiten:<br />
Dienstag bis Freitag 9-13, Dienstag und Mittwoch auch<br />
14-17, Samstag und Sonntag 11-17 Uhr<br />
Fladungen/Ufr.<br />
BERICHTE/AKTUELLES<br />
Am 25.4.2002 wurde zusammen mit dem fertiggestellten<br />
neuen Architekturexponat, dem Hof von Rügheim, die<br />
Dauerausstellung „Armut, Hunger, Bomben und Vertreibung“<br />
eröffnet.<br />
Der Dreiseithof des späten 19. Jh. dokumentiert zunächst<br />
die Baukultur dieser Zeit. Die historischen und sozialkundlichen<br />
Forschungsergebnisse führten zu e<strong>in</strong>er Ausstellung,<br />
die das Haupthaus mit allen Wohnräumen mit<br />
e<strong>in</strong>schließt. Anhand der orig<strong>in</strong>alen Fassungen der Architektur,<br />
des Mobiliars und von Er<strong>in</strong>nerungsstücken werden<br />
die besondere Lebenssituation der Mieter, nämlich von<br />
Heimatvertriebenen und Evakuierten, vor allem <strong>in</strong> der Zeit<br />
nach dem 2. Weltkrieg geschildert. Es gelang e<strong>in</strong>e sehr<br />
dichte und bemerkenswerte Präsentation von beklemmender<br />
Aussagekraft, die bisher als s<strong>in</strong>gulär <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> zu<br />
bezeichnen ist und von den Verantwortlichen auch als e<strong>in</strong><br />
Beitrag zur Friedenssicherung verstanden werden will.<br />
Anschrift:<br />
Fränkisches Freilandmuseum, Bahnhofstr. 19,<br />
97650 Fladungen, Tel. 09778/9123-0, Fax -45
BERICHTE/AKTUELLES 73<br />
Öffnungszeiten:<br />
April bis November 9-18 Uhr<br />
Füssen/Schw.<br />
Mit der Neue<strong>in</strong>richtung stadtgeschichtlicher Räume<br />
zum Thema „Strukturen e<strong>in</strong>er alten Stadt“ (Verkehrswege,<br />
Gewerbe, Lebensweisen) und der erweiternden Umgestaltung<br />
des Schwerpunktes „Lauten und Geigen“<br />
konnte der 15jährige Neuaufbau des Museums der Stadt<br />
Füssen zu e<strong>in</strong>em guten Ende gebracht werden. In dem<br />
Gesamtrundgang s<strong>in</strong>d nunmehr zwei Flügel des wieder<br />
ausgegrabenen Kreuzganges, die Annakapelle mit Füssener<br />
Totentanz von 1602, barocke Repräsentationsräume<br />
des ehemaligen Klosters und die Abteilungen<br />
des eigentlichen Museums e<strong>in</strong>geschlossen. Erweiterungen<br />
im Anschluss an den Kreuzgang s<strong>in</strong>d gleichwohl<br />
geplant.<br />
Die Eröffnungsfeier der neuen Räume fand am 18. April<br />
2002 statt.<br />
Anschrift:<br />
Museum der Stadt Füssen, Lechhalde 3, 87629 Füssen,<br />
Telefon 08362/903-145 u. –143, Fax 903201,<br />
E-Mail t.riedmiller@fuessen.de,<br />
Internet www.fuessen.de<br />
Öffnungszeiten:<br />
April bis Oktober Dienstag bis Sonntag 11-16,<br />
November bis März Dienstag bis Sonntag 14-16 Uhr<br />
Garmisch-Partenkirchen/Obb.<br />
Das Werdenfelder Museum mit se<strong>in</strong>er bedeutenden<br />
Sammlung zur Geschichte und Kultur des Werdenfelser<br />
Landes hat sich seit se<strong>in</strong>er Verlegung und Neuaufstellung<br />
1973 sehr gut weiterentwickelt. Das Ergebnis ist nun<br />
allerd<strong>in</strong>gs – wie so oft – <strong>in</strong> den letzten Jahren spürbare<br />
Raumnot. Neben e<strong>in</strong>er Intensivierung des museumspädagogischen<br />
Angebots soll <strong>in</strong> dem aktiven Museum<br />
künftig zusätzlich auch das Thema „Landkreis“ deutlicher<br />
zum Tragen kommen. Nach Erarbeitung alternativer<br />
Rahmenkonzeptionen wurden nun als erstes Ergebnis der<br />
neugestaltete E<strong>in</strong>gangsraum und e<strong>in</strong> anschließender<br />
neuer Multifunktionsraum am 19.2.2001 der Öffentlichkeit<br />
vorgestellt.<br />
Anschrift:<br />
Werdenfelder Museum, Ludwigstr. 47,<br />
82467 Garmisch-Partenkirchen, Tel. 08821/6212<br />
Öffnungszeiten:<br />
Dezember bis Oktober Dienstag bis Freitag 10-13 und<br />
15-18 Uhr, Samstag und Sonntag 10-13 Uhr<br />
Marktbreit/Ufr.<br />
Am 20. April 2002 eröffnete das Museum im malerischen<br />
Malerw<strong>in</strong>kelhaus <strong>in</strong> Marktbreit e<strong>in</strong>en Teil se<strong>in</strong>er neuen<br />
Dauerausstellung. Die Hausgeschichte des Gebäudes<br />
sowie die Themenkreise zu K<strong>in</strong>dheit und Jugend im Rahmen<br />
der Dauerausstellung „Frauen-Zimmer“ zur Sozialgeschichte<br />
der Frau s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>formativ aufbereitet und durch<br />
e<strong>in</strong>e Fülle von Objekten, Dokumenten und Fotografien<br />
ergänzt. E<strong>in</strong> Begleitband („Himmel und Hölle – K<strong>in</strong>dheit<br />
und Jugend <strong>in</strong> bewegter Zeit“) mit Zeitzeugenberichten<br />
bietet E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> K<strong>in</strong>dheit und Jugend zwischen 1901 und<br />
1926.<br />
Anschrift:<br />
Museum im Malerw<strong>in</strong>kelhaus, Bachgasse 2,<br />
97340 Marktbreit, Tel. 09332/405-46, Fax -44,<br />
E-Mail tourist<strong>in</strong>fo@marktbreit.de,<br />
Internet www.marktbreit.de<br />
Öffnungszeiten:<br />
Montag bis Freitag 10-12 Uhr,<br />
Dienstag und Freitag auch 14-16 Uhr,<br />
Samstag, Sonn- und Feiertag 14-17 Uhr;<br />
15. Juli-14. September geschlossen<br />
Marktoberdorf/Schw.<br />
1989 eröffnete die Stadt im sogenannten Geiger-Haus die<br />
Städtische Galerie, e<strong>in</strong>e Sammlung von Gemälden, Graphiken<br />
und Plastiken schwäbischer Künstler mit dem<br />
Schwerpunkt der zeitgenössischen Kunst. Qualifizierte<br />
Sammlungserweiterung, der Wunsch nach besucherorientierter<br />
Aktivität und Neukonzeption sowie vorbildhaftes<br />
Mäzenatentum ermöglichten nun e<strong>in</strong>en großzügigen, eigenwilligen<br />
und <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Funktionalität klar gegliederten<br />
Erweiterungsbau. Das weit über die Region h<strong>in</strong>aus beachtete<br />
und diskutierte Projekt konnte mit der Eröffnung<br />
am 13.7.2001 abgeschlossen werden.<br />
Anschrift:<br />
Künstlerhaus Marktoberdorf, Kemptener Str. 5,<br />
87616 Marktoberdorf, Tel. 08342/918337,<br />
E-Mail kh-mod@t-onl<strong>in</strong>e.de<br />
Öffnungszeiten:<br />
Dienstag bis Samstag 15-18 Uhr, Sonntag 13-18 Uhr
74<br />
Markt Schwaben/Obb.<br />
Nach der Eröffnung des ersten E<strong>in</strong>richtungsabschnittes<br />
mit der Abteilung „Schwabener Porzellan“ im Januar<br />
2001 nahm sich die ehrenamtlich tätige Arbeitsgruppe<br />
des Heimatmuseums Markt Schwaben e. V. den<br />
Raum „Archäologie“ vor. Dieser konnte am 2.2.2002<br />
der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Angereichert um<br />
Leihgaben und Abgüsse, deren Orig<strong>in</strong>ale bei der Archäologischen<br />
Staatssammlung München liegen, gibt<br />
die neue Abteilung e<strong>in</strong>en straffen, gut geordneten<br />
Überblick über 5.000 Jahre Kulturgeschichte im Schwabener<br />
Raum.<br />
Weitere E<strong>in</strong>heiten zu Burg- und Schlossgeschichte sowie<br />
zur Neuzeit werden folgen.<br />
Anschrift:<br />
Heimatmuseum Markt Schwaben, Bahnhofstr. 28,<br />
85570 Markt Schwaben, Tel. 08121/3420<br />
Öffnungszeiten:<br />
für Gruppen nach Vere<strong>in</strong>barung<br />
Mühldorf a. Inn/Obb.<br />
Das kulturgeschichtliche Museum im Lodronhaus mit se<strong>in</strong>en<br />
reichen, z. T. bedeutenden Beständen konnte durch<br />
neue große Ausstellungsräume im benachbarten Haberkasten<br />
bereits 1996 deutlich erweitert werden. Nun<br />
gelang es, auch im Lodronhaus e<strong>in</strong>ige Räume dazu zu<br />
gew<strong>in</strong>nen.<br />
Im Zuge e<strong>in</strong>er Gebäudesanierung wurde das Konzept der<br />
Aufstellung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Teilen geändert und verbessert.<br />
Neben e<strong>in</strong>em Medienraum ist der entscheidende Gew<strong>in</strong>n<br />
e<strong>in</strong>e adäquate Präsentation der z. T. <strong>in</strong> den letzten Jahren<br />
neu erworbenen religiösen Skulpturen. Die bereits frühzeitig<br />
erstellte dichte Dokumentation für die Zeit des<br />
„Dritten Reichs“ soll <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em weiteren Arbeitsschritt mit<br />
überarbeiteter Konzeption im Haberkasten neu aufgestellt<br />
werden. Die Wiedereröffnung des Lodronhauses<br />
fand am 9.10.2001 statt.<br />
Anschrift:<br />
Kreismuseum im Lodronhaus, Tuchmacherstr. 7,<br />
84453 Mühldorf a. Inn, Tel. 08631/2351 u. 2610,<br />
Fax 987642<br />
Öffnungszeiten:<br />
Dienstag 14-19, Mittwoch bis Donnerstag 14-16,<br />
Sonntag 10-12 und 14-16 Uhr<br />
Neusath-Perschen/Opf.<br />
Als neues Architekturexponat wurde am 15.3.2002 die<br />
Schmiede aus Klardorf-Zielheim (Stadt Schwandorf) im<br />
Oberpfälzer Freilandmuseum Neusath-Perschen eröffnet.<br />
Aufgebaut <strong>in</strong> der Baugruppe „Mittlere Oberpfalz“ zwischen<br />
der Raiffeisenhalle und dem „Schallerhof“, ergänzt<br />
sie Objekte, die sich dem Thema „Ländliches Handwerk“<br />
widmen.<br />
Das Haupthaus mit Wohnung, Schmiedewerkstatt und<br />
Stube ist e<strong>in</strong> wertvolles Beispiel für den Massivbau der<br />
mittleren Oberpfalz. Das Gebäude wurde <strong>in</strong> großen Teilen<br />
transferiert, was e<strong>in</strong>e besondere technische Meisterleistung<br />
darstellt. Nur auf diese Weise konnte größtmögliche<br />
Authentizität erreicht werden, was auch an orig<strong>in</strong>alen<br />
Oberflächen ablesbar ist.<br />
E<strong>in</strong>e M<strong>in</strong>imaltemperierung schaffte e<strong>in</strong> Raumklima, wodurch<br />
das Gebäude selbst, aber auch die weitgehend<br />
orig<strong>in</strong>ale E<strong>in</strong>richtung auf lange Zeit erhalten werden können.<br />
Die Werkstattausstattung mit ihren vielen Eisenteilen<br />
wurde von erfahrenen Metallrestauratoren konserviert<br />
und gesichert. Durch Abbildungen und Texte wird die<br />
Schmiede dem Publikum erschlossen.<br />
Anschrift:<br />
Oberpfälzer Freilandmuseum Neusath-Perschen,<br />
Neusath 200, 92507 Nabburg, Tel. 09433/2442-0,<br />
Fax -222, E-Mail freilandmuseum@bezirk-oberpfalz.de,<br />
Internet www.freilandmuseum.org<br />
Öffnungszeiten:<br />
April bis Oktober (Bauernmuseum Perschen ganzjährig)<br />
Dienstag bis Sonntag 9-18 Uhr<br />
Neustadt b. Coburg/Ofr.<br />
BERICHTE/AKTUELLES<br />
Im Obergeschoss e<strong>in</strong>es neu errichteten Gebäudes, der<br />
sogenannten „Alten Weihnachtsfabrik“, hat der Vere<strong>in</strong><br />
„Pflege des weihnachtlichen Brauchtums“ am 3.10.2001<br />
e<strong>in</strong> ganzjährig zugängliches Weihnachtsmuseum eröffnet.<br />
Langfristig steht dem Vere<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e umfangreiche<br />
Spezialsammlung für die differenzierte Darstellung des<br />
Themas mit dem Schwerpunkt des im fränkischen und<br />
vor allem im Thür<strong>in</strong>ger Raum produzierten gläsernen<br />
Christbaumschmucks zur Verfügung. Damit gibt es nun<br />
<strong>in</strong> Neustadt b. Coburg, dem Zentrum der Spielwarenund<br />
Neustadt b. Coburg, dem Zentrum der Spielwarenund<br />
Weseum der Deutschen Spielzeug<strong>in</strong>dustrie mit<br />
Trachtenpuppensammlung e<strong>in</strong>en neuen Anziehungspunkt.
BERICHTE/AKTUELLES 75<br />
Anschrift:<br />
Das Historische Weihnachtsmuseum, Sternenweg 2,<br />
96465 Neustadt b. Coburg, Tel. 09568/857-0<br />
Öffnungszeiten:<br />
Montag bis Freitag 10.30-17.30,<br />
Samstag 10.30-15.30 Uhr<br />
Neu-Ulm-Pfuhl/Schw.<br />
Am 21.10.2001 wurde der sogenannte „Museumsstadel“<br />
<strong>in</strong> Neu-Ulm-Pfuhl feierlich eröffnet. Die drei Ebenen des<br />
Gebäudes, das an das bestehende Heimatmuseum baulich<br />
anschließt, bieten <strong>in</strong>sgesamt etwa 400 m 2 Ausstellungsfläche.<br />
Das Erdgeschoss bleibt Wechselausstellungen und Veranstaltungen<br />
vorbehalten, während <strong>in</strong> den beiden oberen<br />
Stockwerken thematische Dauerpräsentationen aus eigenen<br />
Beständen und e<strong>in</strong>em großen Anteil Leihgaben e<strong>in</strong>gerichtet<br />
wurden: Im ersten Obergeschoss hat die Pfuhler<br />
Handwerkerschaft unter Führung von Herrn G. Hillmann<br />
und Mithilfe der Städtischen Sammlungen 13 Berufsgruppen<br />
aus dem historischen dörflichen Handwerk <strong>in</strong><br />
kojenähnlichen Abteilungen aufbereitet. Das Thema „Vom<br />
Flachs zum Le<strong>in</strong>en“, erarbeitet von den Städtischen<br />
Sammlungen, wird auf der zweiten oberen Ebene ausgebreitet.<br />
Auch hier hat man auf e<strong>in</strong>e Darstellung der spezifisch<br />
lokalen Verhältnisse h<strong>in</strong>gearbeitet.<br />
Anschrift:<br />
Heimatmuseum Pfuhl, Hauptstr. 73,<br />
89233 Neu-Ulm-Pfuhl, Tel. 0731/9726318,<br />
Fax 9709527<br />
Öffnungszeiten:<br />
Sonntag 14-17 Uhr und nach Vere<strong>in</strong>barung<br />
Nürnberg/Mfr.<br />
Rechtzeitig zur Spielwarenmesse 2002 ist das Spielzeugmuseum<br />
um e<strong>in</strong>e Attraktion reicher: In e<strong>in</strong>er völlig neu<br />
gestalteten Museumsabteilung präsentiert sich die spannende<br />
Geschichte der traditionsreichen Firma Ernst Paul<br />
Lehmann Patentwerk. „Aha“ oder „Oho“ wird <strong>in</strong> der<br />
neuen Abteilung oft zu hören se<strong>in</strong>, nicht nur weil dies die<br />
Namen alter Lehmann-Autos s<strong>in</strong>d. Auf etwa 100 m 2<br />
Fläche ist hier mit weit über 300 Exponaten die weltweit<br />
bedeutendste Sammlung des berühmten Lehmann-<br />
Blechspielzeugs ausgebreitet. Sie wurde dem Spielzeugmuseum<br />
von den Firmen<strong>in</strong>habern als Dauerleihgabe zur<br />
Verfügung gestellt. Das Unternehmen hat sich außerdem<br />
mit e<strong>in</strong>em namhaften Betrag an der E<strong>in</strong>richtung der neuen<br />
Abteilung beteiligt.<br />
Erstmals widmet damit das Museum e<strong>in</strong>en ganzen Raum<br />
e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>zigen Spielzeugfirma. Nicht nur die hohe Qualität<br />
der Sammlung, sondern auch die bewegte 121-jährige<br />
Geschichte des Unternehmens gaben den Anstoß zu dieser<br />
thematisch wie gestalterisch neuen Präsentationsform.<br />
Anschrift:<br />
Spielzeugmuseum (Museum Lydia Bayer),<br />
Karlstraße 13-15, 90403 Nürnberg, Tel. 0911/231-3260<br />
(Verwaltung), -3164 (Museum), Fax -5495,<br />
E-Mail spielzeugmuseum@stadt.nuernberg.de,<br />
Internet www.spielzeugmuseum-nuernberg.de<br />
Öffnungszeiten:<br />
Dienstag bis Sonntag 10-17, Mittwoch 10-21 Uhr<br />
Passau/Ndb.<br />
Im Zuge der Generalsanierung und Neukonzeption des<br />
Oberhausmuseums konnte am 3.5.2002 der letzte große<br />
Abschnitt der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.<br />
Der Komplex „Mittelalter“ <strong>in</strong> weltlicher und geistlich/<br />
kirchlicher H<strong>in</strong>sicht – unter E<strong>in</strong>schluss der bedeutenden<br />
Sammlung der Diözese Passau an Tafelbildern und<br />
Gemälden – erstreckt sich auf ca. 1.800 m 2 und wurde<br />
unter dem Motto „Irdisches Leben und himmlisches Streben“<br />
zunächst als Sonderausstellung präsentiert.<br />
Bis auf die noch anstehende Integration der umfangreichen<br />
Vertriebenensammlung („Böhmerwaldmuseum“)<br />
und e<strong>in</strong>iger weiterer Sammlungsteile blickt das Oberhausmuseum<br />
nun se<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>stweiligen Fertigstellung entgegen.<br />
In den beiden neuen Ausstellungsbestandteilen ersche<strong>in</strong>en<br />
Kataloge. Jener zum sakral-kirchlichen Bereich ist<br />
bereits ausgeliefert.<br />
Anschrift:<br />
Oberhausmuseum, Oberhaus 125, 94034 Passau,<br />
Tel. 0851/49335-0 u. -12,<br />
E-Mail oberhausmuseum@passau.de,<br />
Internet www.Oberhausmuseum.de<br />
Öffnungszeiten:<br />
März bis Dezember Montag bis Freitag 9-17,<br />
Samstag, Sonntag, Feiertage 11-18 Uhr
76<br />
Poll<strong>in</strong>g/Obb.<br />
Wie das Beispiel des Museums Poll<strong>in</strong>g zeigt, ist es nicht<br />
gerade e<strong>in</strong>fach, die Kle<strong>in</strong>teiligkeit e<strong>in</strong>er Museumsentwicklung<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong> großes Ganzes zu überführen. Vor allem<br />
bedeutete das für Geme<strong>in</strong>de, Vere<strong>in</strong> und ehrenamtliche<br />
Leitung doch e<strong>in</strong>e erhebliche Belastung, zeitlich wie<br />
f<strong>in</strong>anziell. In Poll<strong>in</strong>g hat man <strong>in</strong> den letzten Jahren den<br />
Sammlungsbestand mit e<strong>in</strong>er Konzentration auf Schwerpunkte<br />
h<strong>in</strong> neu geordnet und <strong>in</strong> wesentlichen Teilen neu<br />
aufgestellt. Geologie, der für die regionale Architektur<br />
wichtige Poll<strong>in</strong>ger Tuff, Frühgeschichte, Klostergeschichte,<br />
religiöse Kunst mit Volksfrömmigkeit und besonders<br />
die Wallfahrtsgeschichte bis h<strong>in</strong> zu e<strong>in</strong>er kle<strong>in</strong>en Gemäldegalerie<br />
können seit dem 13.10.2001 wieder besichtigt<br />
werden.<br />
Anschrift:<br />
Museum Poll<strong>in</strong>g, Kirchplatz 11, 82398 Poll<strong>in</strong>g,<br />
Tel. 0881/5778 u. 1001 (Geme<strong>in</strong>deverwaltung)<br />
Öffnungszeiten:<br />
Sonntag 9.30-12 Uhr und nach Vere<strong>in</strong>barung<br />
Rottach-Egern/Obb.<br />
Nach etwa zehn Jahren Vorlaufzeit, <strong>in</strong> der verhandelt und<br />
schließlich von der Geme<strong>in</strong>de e<strong>in</strong>e wichtige, umfangreiche<br />
Privatsammlung erworben wurde, <strong>in</strong> der qualifiziert<br />
konserviert und restauriert, e<strong>in</strong> geeignetes Gebäude, der<br />
sogenannte Gsotthaber Hof, saniert und großzügig erweitert<br />
wurde, gelang es, mit großem Engagement der Geme<strong>in</strong>de<br />
e<strong>in</strong> neues Spezialmuseum e<strong>in</strong>zurichten. Dieses<br />
neue Museum, eröffnet am 3.10.2001, fügt sich gut <strong>in</strong><br />
lokale Traditionen e<strong>in</strong>. Schließlich s<strong>in</strong>d seit längerem<br />
Rosstag und Pferdeschlittenrennen <strong>in</strong> Rottach-Egern<br />
Anziehungspunkte mit e<strong>in</strong>em Bekanntheitsgrad weit über<br />
die Grenzen <strong>Bayern</strong>s h<strong>in</strong>aus.<br />
Anschrift:<br />
Kutschen-, Wagen- und Schlittenmuseum, Feldstr. 16,<br />
83700 Rottach-Egern, Tel. 08022/6713-41, Fax -47<br />
Öffnungszeiten:<br />
Dienstag bis Sonntag 14-17 Uhr<br />
Segnitz/Ufr.<br />
Am 12. April 2002 wurde im ersten Stock des alten Schulhauses<br />
<strong>in</strong> Segnitz, Lkr. Kitz<strong>in</strong>gen, die Archäologische<br />
Sammlung eröffnet. Die von der Ausstellungsgruppe Seg-<br />
nitz erarbeitete museale Präsentation lehnt sich konzeptionell<br />
stark an e<strong>in</strong>e Sonderausstellung des Jahres 1997<br />
an. Gezeigt werden auf etwa 60 m 2 Ausstellungsfläche<br />
Funde (hauptsächlich Keramik) aus e<strong>in</strong>em hallstattzeitlichen<br />
Gräberfeld <strong>in</strong> Segnitz-Frickenhausen. Neben seltenen<br />
Formen wie e<strong>in</strong>er vogelförmigen Klapper oder e<strong>in</strong>em<br />
Drill<strong>in</strong>gsgefäß wird auch e<strong>in</strong> reiches bronzezeitliches<br />
Frauengrab mit Goldr<strong>in</strong>gen und e<strong>in</strong>em Bernste<strong>in</strong>kollier<br />
präsentiert.<br />
Anschrift:<br />
Archäologische Sammlung Segnitz, Altes Schulhaus,<br />
Sulzfelder Straße, 97340 Segnitz, Tel. 09332/405-0<br />
(Verwaltungsgeme<strong>in</strong>schaft Marktbreit), Fax -42<br />
Öffnungszeiten:<br />
nach Vere<strong>in</strong>barung (Tel. 09332/9458)<br />
Seßlach/Ofr.<br />
Am 13.8.2001 wurde das Heimatmuseum der Stadt<br />
Seßlach nach umfangreichen Sanierungsarbeiten im ehemaligen<br />
fürstbischöflichen Kastenboden wieder eröffnet.<br />
Die neu konzipierte Ausstellung führt auf 200 m 2 Fläche<br />
durch die Geschichte Seßlachs, von der ersten Erwähnung<br />
im 9. Jahrhundert bis zur Stadtsanierung Ende des<br />
20. Jahrhunderts.<br />
Anschrift:<br />
Heimatmuseum Seßlach, Luitpoldstr. 7, 96145 Seßlach,<br />
Tel. 09569/922540<br />
Öffnungszeiten:<br />
Sonn- und Feiertage 14-16 Uhr<br />
Tiefenbach/Opf.<br />
BERICHTE/AKTUELLES<br />
In Tiefenbach, im Grenzland zu Böhmen gelegen, gründete<br />
der bayerische Staat 1907 e<strong>in</strong>e Klöppelschule, <strong>in</strong> der<br />
die Frauen und Mädchen der Region die Handklöppelei<br />
erlernen und sich so e<strong>in</strong>e Möglichkeit zum Nebenerwerb<br />
verschaffen konnten. Neben Spitzen aus Schönsee und<br />
Stadlern machten sich Tiefenbacher Klöppelspitzen als<br />
Produkt regionalen Kunsthandwerks e<strong>in</strong>en Namen. Oberpfälzer<br />
Klöppelspitzen wurden sogar auf Weltausstellungen<br />
präsentiert.<br />
Im Saal der ehemaligen Klöppelschule, heute Rathaus,<br />
werden Entwürfe, Musterzeichnungen, Musterbriefe und<br />
Klöppelspitzen aus Tiefenbach ausgestellt. Die Geme<strong>in</strong>de<br />
Tiefenbach eröffnete das Museum, das von der Landes-
BERICHTE/AKTUELLES 77<br />
stelle gefördert und h<strong>in</strong>sichtlich se<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>richtung maßgeblich<br />
mitgestaltet wurde, am 15.3.2002.<br />
Anschrift:<br />
Museum ehem. Klöppelschule Tiefenbach, Hauptstr. 33,<br />
93464 Tiefenbach, Tel. 09673/922110,<br />
E-Mail poststelle@tiefenbach-opf.de,<br />
Internet www.tiefenbach-opf.de<br />
Öffnungszeiten:<br />
Montag bis Freitag 8-12, Montag bis Donnerstag auch<br />
13-17, Sonntag 14-16 Uhr sowie nach Vere<strong>in</strong>barung<br />
Vilsbiburg/Ndb.<br />
Das 1909 gegründete und 1973 im ehemaligen Spitalgebäude<br />
letztmals neu e<strong>in</strong>gerichtete Heimatmuseum des<br />
„Historischen Vere<strong>in</strong>s für den Landkreis Vilsbiburg e. V.“<br />
(Träger) konnte nach Ankauf des Nachbargebäudes <strong>in</strong><br />
den letzten 10 Jahren neu konzipiert und gestaltet werden.<br />
Als erster Neue<strong>in</strong>richtungsabschnitt ist seit März<br />
1995 der Bereich Handwerk und Gewerbe zu sehen (vgl.<br />
Museum heute 10/1995, S. 53).<br />
Nunmehr wurde am 20. April 2002 der weitaus größte Teil<br />
mit sanierter Spitalkirche (Zeugnisse der Volksfrömmigkeit),<br />
Stadtgeschichte und der überregional bedeutenden<br />
Abteilung „Krön<strong>in</strong>ger Hafnerei“ vorgestellt. Zwar verraten<br />
die übervollen, dekorativ e<strong>in</strong>gerichteten Vitr<strong>in</strong>en <strong>in</strong> erster<br />
L<strong>in</strong>ie den Sammlerstolz aus 30 Jahren Arbeit, doch werden<br />
die verschiedenen Themen von e<strong>in</strong>gängigen Texten<br />
und Bilddokumenten begleitet.<br />
Die Bearbeitung e<strong>in</strong>er letzten Abteilung zu Ziegelei und<br />
Landwirtschaft steht noch bevor.<br />
Anschrift:<br />
Heimatmuseum, Stadtplatz 40, 84137 Vilsbiburg,<br />
Tel. 08741/3821<br />
Öffnungszeiten:<br />
Sonntag 10-11.30, Mittwoch und jedes erste Wochenende<br />
im Monat auch Samstag und Sonntag 14-16 Uhr<br />
PERSONALIA<br />
Fladungen. Neuer ehrenamtlicher Leiter des Rhönmuseums<br />
Fladungen ist He<strong>in</strong>rich Hacker M. A. vom Fränkischen<br />
Freilandmuseum am selben Ort. Bei der Weiterentwicklung<br />
des Museums ist die verstärkte Konzeptabstimmung<br />
zwischen den beiden Häusern vorgesehen.<br />
Kaufbeuren. Die Münchner Volkskundler<strong>in</strong> Dr. Astrid Pellengahr<br />
hat zum 1.1.2002 die hauptamtliche Leitung des<br />
Stadtmuseums Kaufbeuren angetreten. Mit dem Ausscheiden<br />
des langjährigen ehrenamtlichen Museumsleiters,<br />
Wolfgang Sauter, hatte die Stadt dort e<strong>in</strong>e zunächst<br />
auf 20 Stunden beschränkte wissenschaftliche Stelle geschaffen.<br />
Schwerpunktaufgabe wird e<strong>in</strong>e umfassende<br />
Gebäudesanierung, Neukonzeption und Neugestaltung<br />
der bedeutenden Sammlungsbestände se<strong>in</strong>. Frau Pellengahr<br />
hatte <strong>in</strong> den Jahren 1997-1999 beim Aufbau des Allgäu-Museums<br />
Kempten verschiedene Werkverträge ausgeführt<br />
und war dann beim Kunsthaus Kaufbeuren als<br />
Assistent<strong>in</strong> für Öffentlichkeitsarbeit, Sponsor<strong>in</strong>g und Ausstellungsorganisation<br />
zuständig.<br />
Kempten. Der bisherige Leiter der <strong>Museen</strong> der Stadt<br />
Kempten, Dr. Re<strong>in</strong>hard Riepert<strong>in</strong>ger, wechselte zum<br />
1. November 2001 zum Haus der Bayerischen Geschichte<br />
nach Augsburg und übernahm dort die Leitung des Referates<br />
Ausstellungen, Bildarchiv und Zeitzeugen. Bereits<br />
vor se<strong>in</strong>er Kemptener Zeit (1991-1996) arbeitete Dr. Riepert<strong>in</strong>ger<br />
beim Haus der Bayerischen Geschichte als<br />
Ausstellungsmacher. In Kempten war es se<strong>in</strong>e vorrangige<br />
Aufgabe, die Neukonzeption und Neuaufstellung des Allgäu-Museums<br />
e<strong>in</strong>schließlich des „Kunstgewölbes“ zu<br />
betreiben. Als e<strong>in</strong> weiteres Produkt se<strong>in</strong>er Tätigkeit <strong>in</strong><br />
Kempten darf die Veranstaltung der 1. Kemptener Museumsnacht<br />
im September 2000 gelten (vgl. dazu Museum<br />
heute 20, S. 60-68).<br />
Kitz<strong>in</strong>gen. Die Orientalist<strong>in</strong> und langjährige Leiter<strong>in</strong> von<br />
Museum und Stadtarchiv der Stadt Kitz<strong>in</strong>gen, Frau Dr.<br />
Helga Walter, ist zum 1.10.2001 <strong>in</strong> den Ruhestand getreten.<br />
Bereits kurz vor ihrer Promotion übernahm Frau Walter<br />
im Oktober 1981 die Halbtagsstelle der Archiv- und<br />
Museumsleiter<strong>in</strong> – erst 1995 wurde e<strong>in</strong>e Ganztagesstelle<br />
geschaffen. Sie fühlte sich – neben ihrem Interesse an<br />
vorderasiatischer Sprache und Kultur – während ihrer<br />
20jährigen Tätigkeit immer mit ihrer Heimatstadt verbunden.<br />
Dies kommt <strong>in</strong> zahlreichen Ausstellungen und Publikationen<br />
rund um Geschichte und Kultur von Kitz<strong>in</strong>gen<br />
zum Ausdruck. Hervorgehoben seien e<strong>in</strong>ige wenige Projekte,<br />
so 1990 die Organisation und Konzeption der<br />
„Richard-Rother-Ausstellung“ anlässlich des 100. Geburtstages<br />
des großen Kitz<strong>in</strong>ger Künstlers. Nach diesem<br />
Erfolg wird die umfangreiche Richard-Rother-Sammlung,<br />
bestehend aus Holzschnitten, Zeichnungen, Reliefs und
78<br />
Skulpturen, <strong>in</strong> eigenen Räumen an der Alten Ma<strong>in</strong>brücke<br />
über dem Fremdenverkehrsamt neu auf- und ausgestellt.<br />
1992 wird im ausgebauten Dachgeschoss des<br />
Kitz<strong>in</strong>ger Stadtmuseums das „Geschwister-Buchner-<br />
Stüble“ der Maler<strong>in</strong> Berta Kaiser und des Heimatdichters<br />
und Zeichners Alfred Buchner eröffnet. Im Festjahr zum<br />
1250jährigen Stadtjubiläum 1995 führte Frau Walter vier<br />
große Ausstellungen <strong>in</strong> der Rathaushalle durch. Sie<br />
gab seit 1989 die Reihe „Schriften des Stadtarchivs<br />
Kitz<strong>in</strong>gen“, z. T. mit eigenen Beiträgen, heraus und begründete<br />
2000 die neue Schriftenreihe „Kitz<strong>in</strong>ger<br />
Museumsschriften“.<br />
Frau Walter war trotz ihrer Ausstellungserfolge, Schriften<br />
und Vorträge e<strong>in</strong>e bescheidene, sich nie <strong>in</strong> den Vordergrund<br />
drängende Wissenschaftler<strong>in</strong>. Sie kämpfte beim<br />
Kitz<strong>in</strong>ger Stadtrat jahrlang um e<strong>in</strong>e Verbesserung der Museumssituation<br />
und um mehr öffentliche Wahrnehmung.<br />
Gegenwärtig bef<strong>in</strong>den sich Museum und Archiv <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />
grundlegenden Umstrukturierungs- und Neuaufstellungsprozess.<br />
München. Die Landesstelle für die nichtstaatlichen <strong>Museen</strong><br />
hat seit dem 17. Juni 2002 e<strong>in</strong>e neue Referent<strong>in</strong> für<br />
den Bereich Innenarchitektur. Eva-Maria Fleckenste<strong>in</strong>,<br />
Dipl. Ing. (FH) Innenarchitektur, tritt die Nachfolge von<br />
Herrn Rudolf Werner an, der nach langjähriger Tätigkeit <strong>in</strong><br />
den Vorruhestand getreten ist.<br />
Frau Fleckenste<strong>in</strong> war zuvor <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Architekturbüro <strong>in</strong><br />
Bremen beschäftigt, dessen Arbeitsfeld ausschließlich im<br />
Bereich der Museums- und Ausstellungsgestaltung liegt.<br />
Für das Deutsche Museum übernahm sie als freiberufliche<br />
Mitarbeiter<strong>in</strong> graphische und <strong>in</strong>nenarchitektonische<br />
Gestaltungsaufgaben.<br />
BERICHTE/AKTUELLES<br />
SONDERAUSSTELLUNGEN BAYERISCHER MUSEEN<br />
Ständig aktualisierte H<strong>in</strong>weise auf Sonderausstellungen<br />
bayerischer <strong>Museen</strong> f<strong>in</strong>den Sie im Internet auf den <strong>Seiten</strong><br />
der Landesstelle (www.museen-<strong>in</strong>-bayern.de). Dabei s<strong>in</strong>d<br />
wir auf Ihre Hilfe angewiesen: Wir bitten alle <strong>Museen</strong>, uns<br />
möglichst rechtzeitig ihr Ausstellungsprogramm zukommen<br />
zu lassen. Gerne verweisen wir dann <strong>in</strong> Internet und<br />
Museum heute auf Ihre Ausstellungen!<br />
Abenberg, Haus fränkischer Geschichte auf Burg Abenberg:<br />
Fotoausstellung Leben und Feiern <strong>in</strong> Franken,<br />
12.5.-25.8.2002<br />
Amerang, Bauernhausmuseum Amerang des Bezirks<br />
Oberbayern: Die ältesten Wassermühlen <strong>in</strong> Schwaben,<br />
15.7.-10.11.2002<br />
Augsburg, Architekturmuseum Schwaben: „Little America“<br />
<strong>in</strong> Augsburg, 13.6.-11.8.2002; Von der Garnison zur<br />
Konversion, Nutzung und Umnutzung der Augsburger<br />
Militärflächen, 13.6.-11.8.2002; 50 Jahre BDIA <strong>in</strong><br />
Deutschland, 5.9.-6.10.2002<br />
Augsburg, Diözesanmuseum St. Afra: Kunst baut<br />
Brücken, Sammlung moderner religiöser Kunst aus den<br />
Vatikanischen <strong>Museen</strong>, 16.4.-11.8.2002<br />
Augsburg, Römisches Museum: PATAVIUM, Das römische<br />
Padua, 14.6.-15.9.2002; Transparenz und Farbenspiel,<br />
1.3.-28.7.2002<br />
Bad W<strong>in</strong>dsheim, Fränkisches Freilandmuseum mit<br />
Archäologie-Museum: Fremde auf dem Land. Wer s<strong>in</strong>d<br />
die Fremden auf dem Land und wie zeigt sich ihre Fremdheit?,<br />
11.5.-13.10.2002<br />
Bamberg, Neue Residenz: Von Athen nach Bamberg –<br />
König Otto von Griechenland, 21.6.-3.11.2002<br />
Bayreuth, Kunstmuseum Bayreuth mit Tabakhistorischer<br />
Sammlung: Emil Schumacher, ...und immer wieder male<br />
ich me<strong>in</strong> Bild, 30.6.- 6.10.2002; Klasse Johannes Brus,<br />
Gegenüber – An der Wand/ Auf dem Boden, 12.6.-<br />
12.7.2002<br />
Bergnersreuth, Volkskundliches Gerätemuseum: Auf der<br />
Pirsch, 30.6.-3.11.2002<br />
Burghausen, Haus der Fotografie/ Dr. Robert-Gerlich-<br />
Museum: Ferd<strong>in</strong>and Joesten – e<strong>in</strong> meister des fotografischen<br />
„objet trouvé“, fotografien auf videobasis, 16.5.-<br />
16.6.2002; Dr. Robert-Gerlich-Gedenkausstellung, E<strong>in</strong><br />
Leben für die Menschen und die Fotografie, 23.6.-<br />
10.8.2002
BERICHTE/AKTUELLES 79<br />
Burghausen, Historisches Stadtmuseum: Herzog<strong>in</strong> Hedwig<br />
(1457-1502), Ihr Leben <strong>in</strong> Burghausen nach der<br />
Landshuter Hochzeit, 15.6.-29.9.2002<br />
Burglengenfeld, Oberpfälzer Volkskundemuseum: Zirkus,<br />
Zirkus, 150 Jahre und vier Generationen der Artistenfamilie<br />
Kremo aus Berl<strong>in</strong>, 23.6.-25.8.2002<br />
Dachau, Bezirksmuseum Dachau: Wege und Straßen,<br />
27.4.-8.9.2002<br />
Dachau, Dachauer Gemäldegalerie: Wege und Straßen,<br />
27.4.-8.9.2002<br />
Deggendorf, Handwerksmuseum: Auf dem Weg <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />
neue Zeit, Frühe Industrien im Bayerischen Wald, 2.5.-<br />
30.6.2002; Made <strong>in</strong> Deggendorf, Kunsthandwerk und<br />
Design aus Deggendorf, 11.7.-15.9.2002<br />
Deggendorf, Stadtmuseum: Heiliges Theater, 8.11.2001-<br />
8.9.2002; Barockes Kaleidoskop, 8.1.-26.7.2002; Made <strong>in</strong><br />
Deggendorf, Kunsthandwerk und Design aus Deggendorf,<br />
11.7.-15.9.2002; Die großformatige Zeichnung, Ausstellung<br />
zum <strong>in</strong>ternationalen Kunstsymposium <strong>in</strong> Sieghart<strong>in</strong>g,<br />
19.9.-27.10.2002<br />
Ebern, Heimatmuseum: Süß! Unterfrankens süße Industriegeschichte,<br />
28.7.-8.9.2002<br />
Eichstätt, Diözesanmuseum: Sebastian Mutzl, Priester,<br />
Künstler und Sammler <strong>in</strong> der Diözese Eichstätt, 24.4.-<br />
4.8.2002<br />
Eichstätt, Jura-Museum: Eule und Mensch, 16.3.-<br />
25.8.2002<br />
Erlangen, Stadtmuseum: 1002, Die Ersterwähnung Erlangens<br />
<strong>in</strong> der Urkunde He<strong>in</strong>richs II., 30.6.-31.7.2002<br />
Falkenste<strong>in</strong>, Museum auf Burg Falkenste<strong>in</strong> – Jagd und<br />
Wild: Bergfried, Weiberwehr & Ritterspiel, Geschichte(n)<br />
von Burg Falkenste<strong>in</strong>, 26.6.-31.10.2002<br />
Fl<strong>in</strong>tsbach, Ziegel und Kalk Museum: Leben an der Donau,<br />
E<strong>in</strong>blick <strong>in</strong> das Leben der W<strong>in</strong>zerer an der Donau<br />
gestern und heute, 5.5.-4.8.2002<br />
Frauenaurach, Museum im Amtshausschüpfla: Bewahrt<br />
das Feuer und das Licht, 9.8.-31.10.2002<br />
Freis<strong>in</strong>g, Diözesanmuseum: Mark Harr<strong>in</strong>gton – Marco<br />
Neri – Malerei, Junge Kunst im Diözesanmuseum Freis<strong>in</strong>g,<br />
1.7.-15.9.2002<br />
Friedberg, Heimatmuseum der Stadt Friedberg: Bemalte<br />
Bauernmöbel und irdenes Geschirr aus dem Lkr.<br />
Aichach-Friedberg, 5.5.-20.10.2002<br />
Fronberg, Oberpfälzer Künstlerhaus: Tango mortale,<br />
Dieter O. Klama, 9.6.-21.7.2002<br />
Fürstenfeldbruck, Stadtmuseum Fürstenfeldbruck: Sommerfrische<br />
– W<strong>in</strong>terfreuden, 27.4.-8.9.2002; Dienst-<br />
Reisen, Fotografen unterwegs, 17.5.-13.10.2002<br />
Hammelburg, Stadtmuseum Herrenmühle: Schäferei<br />
heute – Wunschbild und Wirklichkeit, 13.7.-1.9.2002<br />
Hersbruck, Deutsches Hirtenmuseum: Jahraus – Jahre<strong>in</strong>.<br />
Die Arbeit des Schäfers, Fotografien von Jürgen Stäudtner,<br />
3.5.-7.7.2002<br />
Hillstett, Oberpfälzer Handwerksmuseum: Fotografien<br />
aus der Oberpfalz 1900-1960, 11.7.-27.10.2002<br />
Hof, Museum Bayerisches Vogtland: Die Pflanzenwelt<br />
des Bayerischen Vogtlandes, 5.5.-20.9.2002; 4 mal<br />
11 Jahre KG Narrhalla Hof, 11.11.-29.11.2002<br />
Hofstetten, Jura-Bauernhof-Museum: Puppen und Puppenzubehör<br />
um die Jahrhundertwende, 6.7.-20.10.2002<br />
Hohenberg a.d.Eger, Deutsches Porzellanmuseum: Zauber<br />
und Natur, Die Porzellanplastik des Gunther R. Granget,<br />
6.4.-6.10.2002; (new generation), Essritus oder Fastfoodkultur,<br />
27.4.-5.8.2002; Ungarns Stolz zu Preisen...,<br />
175 Jahre Porzellanmanufaktur Herend, 27.4.- 5.8.2002<br />
Hollfeld, Kunst & Museum: 24. Internationale Hollfelder<br />
Kunstausstellung, 11.7.-28.7.2002; Vorbild Mensch –<br />
Gespräche – Figuren, Malerei – Bronze – Holz, 11.7.-<br />
6.10.2002<br />
Höchstädt a. d. Donau, Schloß Höchstädt: Lebensbilder,<br />
Geschichte und Kunst <strong>in</strong> Bildnissen aus Schwaben,<br />
30.4.-13.10.2002<br />
Illerbeuren, Schwäbisches Bauernhofmuseum: Künstlicher<br />
Regen, E<strong>in</strong>e Annäherung an die Gießkanne, 28.7.-<br />
8.9.2002<br />
Ingolstadt, Stadtmuseum: HADZAPI, Geschichte und<br />
Archäologie e<strong>in</strong>er ostafrikanischen Menschengruppe,<br />
14.6.- 29.9.2002<br />
Ingolstadt-Hundszell, Bauerngerätemuseum des Stadtmuseums:<br />
Stärker als 10 Pferde, Die Motorisierung der
80<br />
Landwirtschaft im Raum Ingolstadt, 23.6.-29.9.2002; Die<br />
Bavaria-Buche, Abschied vom Jahrtausend-Baum, 1.9.-<br />
13.10.2002<br />
Isman<strong>in</strong>g, Kallmann-Museum <strong>in</strong> der Orangerie: Vom fe<strong>in</strong>en<br />
Leben auf dem Lande, 27.4.-8.9.2002<br />
Schöngeis<strong>in</strong>g, Bauernhofmuseum Jexhof des Landkreises<br />
Fürstenfeldbruck: Im Wald da s<strong>in</strong>d die Räuber..,<br />
Kneißl, Hiasl & Co., Räuberromantik und Realität, 22.2.-<br />
31.10.2002; SensationsLust, 26.4.-31.10.2002; Jäger am<br />
Jexhof, 12.7.-31.10.2002<br />
Kaufbeuren, kunsthaus kaufbeuren: In Szene gesetzt. Architektur<br />
<strong>in</strong> der Fotografie der Gegenwart, 5.7.-29.9.2002<br />
Kelheim, Archäologisches Museum der Stadt Kelheim:<br />
„Spirale“ (Kunstausstellung), 7.6.-7.7.2002; Ötzi – Der<br />
Mann aus dem Gletscher (<strong>in</strong> Zusammenarbeit mit GEO),<br />
26.7.-20.10.2002<br />
Kempten, Allgäu-Museum und Kunstgewölbe: Konrädler,<br />
Fotografien von Re<strong>in</strong>er Metzger, 17.5.-30.6.2002<br />
Kempten, Archäologischer Park Cambodunum (APC):<br />
Heroische Landschaften, Antike Stätten an der türkischen<br />
Mittelmeerküste, 8.5.-30.6.2002; Schwarzarbeit, Bilder von<br />
Klaus Schwarz, vertont von Michael Front, 26.7.-1.9.2002<br />
Kle<strong>in</strong>ochsenfurt, Trias-Museum: Ausgrabungen zur Frühgeschichte,<br />
12.5.-23.6.2002<br />
Krumbach, Mittelschwäbisches Heimatmuseum Krumbach:<br />
Konrad Huber – Die Porträts, „...welcher als Künstler<br />
im Leben so berühmet“, 14.6.-22.9.2002<br />
Künz<strong>in</strong>g, Museum Qu<strong>in</strong>tana – Archäologie <strong>in</strong> Künz<strong>in</strong>g:<br />
150 Jahre Feuerwehr <strong>in</strong> Forsthart – Künz<strong>in</strong>g, 30.5.-<br />
7.7.2002<br />
Landsberg a. Lech, Neues Stadtmuseum: Samuel Bak –<br />
e<strong>in</strong>st und jetzt, then and now, 4.5.-28.7.2002; Kalkutta,<br />
Ste<strong>in</strong>, Schiwa, Fotos von Thomas Zacharias, 9.8.-<br />
8.9.2002<br />
Maih<strong>in</strong>gen, Rieser Bauernmuseum: Bader, Hebammen<br />
und Ärzte, Über die Heilkunde im Ries, 8.5.-3.11.2002<br />
Marktbreit, Museum Malerw<strong>in</strong>kelhaus: Große Kunst aus<br />
kle<strong>in</strong>en Händen, 12.5.-14.7.2002<br />
Marktoberdorf, Stadtmuseum im Mart<strong>in</strong>sheim: Ludwig II.<br />
König von <strong>Bayern</strong> – Se<strong>in</strong> Leben und Wirken auf Medaillen<br />
BERICHTE/AKTUELLES<br />
und Münzen, 23.3.-25.8.2002; Sonderausstellung des<br />
Riesengebirgsmuseums, 15.9.-27.10.2002<br />
Mass<strong>in</strong>g, Freilichtmuseum: E<strong>in</strong> Bauernhofmuseum für<br />
Niederbayern, 33 Jahre Freilichtmuseum Mass<strong>in</strong>g, 8.5.-<br />
30.11.2002<br />
Miltach, Weltkunstmuseum Schloss Altrandsberg: Aus<br />
Ch<strong>in</strong>a: Alltagsgrafik auf Zündholzetiketten, 12.5.-<br />
22.9.2002<br />
M<strong>in</strong>delheim, Heimatmuseum: Rast-Klan Toros, Skulpturen,<br />
5.7.-12.7.2002<br />
M<strong>in</strong>delheim, Südschwäbisches Vorgeschichtsmuseum im<br />
Jesuitenkolleg: Antike F<strong>in</strong>gerr<strong>in</strong>ge, Die Sammlung Ala<strong>in</strong><br />
Ollivier, 18.4.-28.7.2002<br />
Murnau a.Staffelsee, Schlossmuseum des Marktes Murnau:<br />
Marianne von Werefk<strong>in</strong> <strong>in</strong> Murnau, Kunst und Theorie,<br />
Vorbilder und Künstlerfreunde, 12.7.-10.11.2002<br />
Mühldorf a. Inn, Kreismuseum im Lodronhaus: Mühldorf<br />
<strong>in</strong> Ansichten der Altstadt um 1940, 12.5.-1.10.2002<br />
München, Alp<strong>in</strong>es Museum des Deutschen Alpenvere<strong>in</strong>s:<br />
Der Aufstieg der L<strong>in</strong>ken, E<strong>in</strong>e politische Expedition von<br />
Münchner und Dresdner Bergsteigern im Jahr 1932,<br />
25.4.2002-22.9.2002<br />
München, Botanischer Garten: Dialog mit Düften, 10.6.-<br />
16.6.2002; Olaf Nicolai: E<strong>in</strong> zeitgenössisches Bienenhaus,<br />
19.6.-29.9.2002; X. Rosenschau, Die Rose, die<br />
Rose, sie duftet so hold, 28.6.-2.7.2002; Holz und Baum,<br />
24.7.-15.9.2002<br />
München, Deutsches Museum: Das zweite Gesicht,<br />
Metamorphosen des fotografischen Porträts, 8.5.-<br />
11.8.2002; Die Brücke über den Großen Belt, 15.5.-<br />
28.7.2002<br />
München, Erw<strong>in</strong> von Kreibig-Museum: Nymphenburger<br />
Kunstausstellung 2002, Zeitgenössische Kunst <strong>in</strong> Nymphenburg,<br />
25.6.-20.7.2002<br />
München, Jüdisches Museum: Where I Was, E<strong>in</strong>e Fotoausstellung<br />
von Erich Hartmann, 23.5.-12.9.2002<br />
München, Museum Villa Stuck: Werke aus der Sammlung<br />
Goetz, 30.5.-18.8.2002<br />
München, Münchner Stadtmuseum – Fotomuseum:<br />
Jürgen Teller, Märchenstüberl, 21.6.-29.9.2002
BERICHTE/AKTUELLES 81<br />
München, Münchner Stadtmuseum – Modemuseum:<br />
Tragbare Kunst: Michael Ody, 19.7.-20.10.2002<br />
München, Münchner Stadtmuseum – Musik<strong>in</strong>strumentenmuseum:<br />
Peter Vogel, „Klang<strong>in</strong>stallationen“, 14.6.-<br />
14.7.2002<br />
München, Münchner Stadtmuseum – Puppentheatermuseum<br />
mit Abteilung Schaustellerei: Neuerwerbungen des<br />
Puppentheatermuseums, 26.1.-29.9.2002<br />
München, Sammlung Goetz: Rosemarie Trockel, 27.5.-<br />
26.10.2002<br />
München, SiemensForum: Computerwelten, Vom Abakus<br />
zum Avatar, 16.5.-15.9.2002<br />
München, Staatliches Museum Ägyptischer Kunst: Im<br />
Schatten De<strong>in</strong>er Flügel, 21.4.-20.10.2002<br />
München, Städtische Galerie im Lenbachhaus und<br />
Kunstbau: James Coleman, Kunstpreis der SSK München,<br />
13.4.-4.8.2002; Thomas Ruff, 27.4.-14.7.2002;<br />
Kathar<strong>in</strong>a Grosse, 27.7.-15.9.2002<br />
Münnerstadt, Henneberg-Museum: Orient trifft Okzident,<br />
Friedensreich Hundertwasser – Shoichi Hasegawa, 18.7.-<br />
15.9.2002<br />
Naichen, Hammerschmiede Naichen: Nützliche Kälte,<br />
Kühl- und Gefriertechnik auf dem Land, 26.5.-<br />
17.11.2002; Mittelschwäbische Landschaften, Die Künstlerfamilie<br />
Haid, 22.7.-18.11.2002<br />
Neu-Ulm, Edw<strong>in</strong> Scharff Museum: He<strong>in</strong>rich Zille, Chronist<br />
der Moderne, Zeichnungen, Photograpie, Druckgraphik,<br />
16.6.-8.9.2002; Vukovar – Symbol für Hass und Zerstörung,<br />
aber auch für Versöhnung, 8.7.-25.8.2002<br />
Neunkirchen a. Brand, Felix-Müller-Museum im Zehntspeicher:<br />
Herm<strong>in</strong>e Gold, Zu Gast bei Felix Müller, 4.6.-<br />
4.8.2002<br />
Neusath-Perschen, Oberpfälzer Freilandmuseum Neusath-Perschen:<br />
Gut für Zoigl, Hopfenanbau <strong>in</strong> der Oberpfalz,<br />
27.4.-3.11.2002<br />
Neustadt b.Coburg, Museum der Deutschen Spielzeug<strong>in</strong>dustrie<br />
mit Trachtenpuppensammlung: „KörperKunst“,<br />
Der Mensch <strong>in</strong> Bewegung, 3.5.-31.7.2002<br />
Nürnberg, Albrecht-Dürer-Haus: Konrad Celtis. Quattuor<br />
Libri Amorum, 10.8.-1.9.2002<br />
Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum: Quasi Centrum<br />
Europae, Europa kauft <strong>in</strong> Nürnberg, 1400-1800,<br />
20.6.-6.10.2002<br />
Nürnberg, Museum Industriekultur: Maus-Oleum, Ausstellung<br />
zur Sendung mit der Maus, 7.3.-31.8.2002; Spuren<br />
der Macht, Verwandlung des Menschen durch das<br />
Amt – Fotoausstellung von Herl<strong>in</strong>de Koelbl, 11.7.-<br />
1.9.2002; Parade der Postfahrzeuge – Von der Kutsche<br />
bis zum Käfer, 12.9.-17.11.2002; Frauenobjektiv, Fotograf<strong>in</strong>nen<br />
der Nachkriegsjahre, Fotoausstellung des Hauses<br />
der Geschichte <strong>in</strong> Bonn, 26.9.-27.10.2002<br />
Nürnberg, Naturhistorisches Museum: Fasz<strong>in</strong>ation<br />
Mensch, Das spektakuläre Schauspiel über den Ursprung<br />
der menschlichen Kultur, 1.6.-15.9.2002<br />
Nürnberg, Spielzeugmuseum Museum Lydia Bayer: K<strong>in</strong>derbuch-Illustratoren,<br />
Geme<strong>in</strong>schaftsausstellung mit dem<br />
Stadtmuseum Fembohaus, 4.5.-25.8.2002<br />
Nürnberg, Stadtmuseum Fembohaus: K<strong>in</strong>derbuch-Illustratoren,<br />
Geme<strong>in</strong>schafts-Ausstellung mit dem Spielzeugmuseum,<br />
4.5.-25.8.2002; Konrad Celtis, Quattuor Libri<br />
Amorum, 10.8.-1.9.2002; Auserlesene und allerneueste<br />
Landkarten, Der Hännische Verlag <strong>in</strong> Nürnberg 1702-<br />
1848, 19.9.-24.11.2002<br />
Oberfahlheim, Museum für bildende Kunst im Landkreis<br />
Neu-Ulm: Sven Erik Kle<strong>in</strong> – Landschaften, Kolonien des<br />
Menschen, 5.6.-8.9.2002<br />
Oberschönenfeld, Schwäbisches Volkskundemuseum:<br />
Vielfalt im Wald, Naturpark-Haus, 27.4.-29.9.2002; Maibaum<br />
und Klopferstag, Bilder aus dem Dorfleben von Otto<br />
Schorer, 5.5.-30.6.2002; Ste<strong>in</strong>zeug und Porzellan –<br />
e<strong>in</strong>e Passion, Keramiken von Gisela Scholz, 5.7.-<br />
8.9.2002; Congregation – Skulpturen von Terence Carr,<br />
20.9.-3.11.2002;<br />
Oett<strong>in</strong>gen i. Bay., Heimatmuseum Oett<strong>in</strong>gen: Zur letzten<br />
Ruh, Schritt aus dem Leben, 28.4.-24.11.2002<br />
Passau, Museum Moderner Kunst – Stiftung Wörlen:<br />
Amerikanische Fotografie, Leihgaben aus der Sammlung<br />
der DZ-BANK, 15.6.-1.9.2002; James Sullivan (*1952<br />
Evanston), Skulpturen (ergänzt durch Lithographien,<br />
Zeichnungen, Gouachen), 15.6.-18.8.2002; Rudolf Klaffenböck,<br />
Stage and Backstage, 15.6.-1.9.2002; Young Art<br />
from New York, Philip Smith (*1952 Miami/Florida) und<br />
Loren Munk (*1951 Salt Lake City/Utah) – Malerei, 15.6.-<br />
18.8.2002; Ren Rong – Pflanzenmenschen, Papierschnitt<br />
– Holzschnitt – Installation, 7.9.-6.10.2002
82<br />
Passau, Oberhausmuseum Passau: „Fasz<strong>in</strong>ation Mittelalter<br />
– Irdisches Leben und Himmlisches Streben“, 4.5.-3.11.2002<br />
Passau, Passauer Glasmuseum: Die Gläser der Grafen<br />
von Buquoy <strong>in</strong> Böhmen 1620-1851, 21.6.-29.9.2002<br />
Penzberg, Stadtmuseum: He<strong>in</strong>rich Campendock, 21.6.-<br />
18.8.2002<br />
Regen, Niederbayerisches Landwirtschaftsmuseum: Alphorn<br />
und Hirtenhorn <strong>in</strong> Europa, 11.5.-29.9.2002<br />
Regensburg, Domschatzmuseum Regensburg: Albertus<br />
Magnus der große Neugierige, Bischof Bundschuh, 16.5.-<br />
6.10.2002<br />
Regensburg, Historisches Museum: Wirtshauskultur,<br />
27.6.-15.9.2002; Arche im Raum, Sommerausstellung V,<br />
M<strong>in</strong>oritenkirche, 27.7.-31.10.2002<br />
Regensburg, Kepler-Gedächtnishaus: Albertus Magnus<br />
der große Neugierige, Kosmos, Raum und Astronomie,<br />
16.5.-6.10.2002<br />
Regensburg, Museum Ostdeutsche Galerie: Jürgen<br />
Schönleber, Very Important Pa<strong>in</strong>t<strong>in</strong>gs, 7.5.-25.9.2002;<br />
Daniel Spoerri, 2.5.-18.8.2002; Deutsche Architekten <strong>in</strong><br />
Mährisch-Ostrau, 26.5.-4.8.2002<br />
Regensburg, Naturkundemuseum Ostbayern: Frydl<br />
Zuleeg, Pflanzendrucke, Collagen & Radierungen, 14.4.-<br />
28.7.2002; Albertus Magnus der große Neugierige, Naturforschung<br />
– auf den Spuren Alberts, 16.5.-6.10.2002<br />
Regensburg, Städtische Galerie Leerer Beutel: Jürgen<br />
Schönleber, Very Important Pa<strong>in</strong>t<strong>in</strong>gs, 5.7.-29.9.2002;<br />
Blickpunkt Menschenbild. Gemälde und Graphik des<br />
19./20. Jahrhunderts aus den Sammlungen der <strong>Museen</strong><br />
der Stadt Regensburg, 19.7.-29.9.2002<br />
Roggenburg, Klostermuseum: Der Weißenhorner Maler<br />
Konrad Huber (1752-1830), Jubiläumsausstellung zu<br />
se<strong>in</strong>em 250. Geburtstag, 14.6.-22.9.2002<br />
Rosenheim, Holztechnisches Museum: Seltenes Holzhandwerk,<br />
30.4.-28.9.2002<br />
Rosenheim, Inn-Museum: 100 Jahre staatliche Wildbachverbauung<br />
<strong>in</strong> <strong>Bayern</strong> – Sektion für Wildbachverbauung<br />
Rosenheim, 1.4.-31.10.2002<br />
Rosenheim, Städtische Galerie: E<strong>in</strong>e Reise <strong>in</strong>s 19. Jahrhundert,<br />
Die Gemäldesammlung des Münchner Hofrats<br />
BERICHTE/AKTUELLES<br />
Joseph Benz<strong>in</strong>o, 17.5.-14.7.2002; Jahresausstellung,<br />
Kunstvere<strong>in</strong> Rosenheim, 27.07.-15.9.2002; Maßnahmen<br />
zur Kunst, Ute Lechner und Hans Thurner, 27.9.-<br />
24.11.2002<br />
Rosenheim, Städtisches Museum: Oswald Hopp, Tiroler<br />
Impressionen, 5.7.-8.9.2002<br />
Ruhpold<strong>in</strong>g-Laubau, Holzknechtmuseum: Peter Müllritter,<br />
Bergsteiger und Photograph, 9.5.-31.10.2002; 250 Jahre<br />
Bayerische Staatsforstverwaltung, 20.7.-31.10.2002<br />
Schwabach, Stadtmuseum: Schwabacher Drucke 1972-<br />
2002, 9.6.-29.9.2002<br />
Schwandorf, Stadtmuseum: Elektrizität im Kochgerät, Historische<br />
Elektrogeräte <strong>in</strong> Küche und Haushalt, 1.5.-<br />
30.6.2002; Die kle<strong>in</strong>sten Säugetiere der Welt, 11.7.-<br />
6.10.2002<br />
Schwe<strong>in</strong>furt, Galerie Alte Reichsvogtei: Oskar Koller –<br />
Menschen, Blumen, Stillleben, 21.6.-15.9.2002<br />
Schwe<strong>in</strong>furt, Kulturgeschichte im Gunnar-Wester-Haus:<br />
Der Bär ist los – der Löwe brüllt, Der Tierpark <strong>in</strong> Schwe<strong>in</strong>furt<br />
1879-1944, 11.7.-22.9.2002<br />
Schwe<strong>in</strong>furt, Museum Georg Schäfer: Carl Spitzweg,<br />
Gemälde und Zeichnungen im Museum Georg Schäfer,<br />
5.5.-6.10.2002<br />
Seebruck, Römermuseum Bedaium: Scherben br<strong>in</strong>gen<br />
Glück, Römische Töpfer und Ziegler im Alpenvorland,<br />
10.5.-15.9.2002<br />
Sendelbach, Städtisches Schulmuseum: Gottesfurcht<br />
und treue Deutsche, Die Volksschule und ihre Lehrer<br />
1850-1900, 26.8.2001-11.8.2002<br />
Starnberg, Heimatmuseum Stadt Starnberg: Ausflügler –<br />
Sommerfrischler – Neubürger, 27.4.-8.9.2002<br />
Straub<strong>in</strong>g, Gäubodenmuseum: Straub<strong>in</strong>ger Brauereien<br />
und Wirtshäuser, 10.7.-13.10.2002<br />
Sulzbach-Rosenberg, Literaturarchiv Sulzbach-Rosenberg:<br />
In die Enge geht alles, Marieluise Fleißers Schreiben<br />
<strong>in</strong> schwierigen Zeiten, 14.5.-26.6.2002; Ingeborg Bachmann,<br />
Ausstellung zu Leben und Werk, 5.7.-18.10.2002<br />
Sulzbach-Rosenberg, Stadtmuseum: Abglanz Se<strong>in</strong>er<br />
Herrlichkeit, Kunst und Musik im Dienst der Liturgie, 8.5.-<br />
6.10.2002
BERICHTE/AKTUELLES 83<br />
Thierhaupten, Klostermühlenmuseum: reißen – schneiden<br />
– mahlen, alles was zerkle<strong>in</strong>ert, 29.4.-15.10.2002<br />
Thurnau, Töpfermuseum: F<strong>in</strong>gerhüte aus aller Welt, Margarete<br />
Schneider, 22.3.-21.7.2002; Batik und Keramik,<br />
Susanne Doelker und Jutta Lamprecht, 27.7.-27.10.2002<br />
Tüchersfeld, Fränkische Schweiz-Museum: Unterwegs<br />
zur Heimat mit Skizzenbuch und Radierplatte, Malerei<br />
und Druckgrafik von Harald Hubl, 3.5.-2.6.2002; Ötzi –<br />
se<strong>in</strong> Leben, se<strong>in</strong>e Zeit, Oberfranken am Ende der Jungste<strong>in</strong>zeit,<br />
28.6.-3.11.2002<br />
Ursberg, Klostermuseum Ursberg: Der Weißenhorner Maler<br />
Konrad Huber (1752-1830), Jubiläumsausstellung zu<br />
se<strong>in</strong>em 250. Geburtstag, 14.6.- 22.9.2002<br />
Walderbach, Kreismuseum Walderbach: Heiße Eisen –<br />
Historische Bügelgeräte der Sammlung Kagerer, 31.3.-<br />
30.10.2002<br />
Weißenhorn, Weißenhorner Heimatmuseum: Der Weißenhorner<br />
Maler Konrad Huber (1752-1830), Jubiläumsausstellung<br />
zu se<strong>in</strong>em 250. Geburtstag, 14.6.-22.9.2002;<br />
Mode-Reigen durch fünf Jahrhunderte, Figur<strong>in</strong>en von Ilse<br />
Wolf, 28.9.-17.11.2002<br />
Wörth-Hofdorf, Nostalgie-Museum: Photographie von<br />
den Anfängen bis heute, 1.6.-28.7.2002; Alles Hauptsachen,<br />
Kopfbedeckungen im Wandel der Zeit, 3.8.-<br />
3.10.2002<br />
Wunsiedel, Fichtelgebirgsmuseum: Bogolan, Stoffmalerei<br />
mit Lehm aus Mali und Burk<strong>in</strong>a-Faso, 26.7.-3.11.2002<br />
Würzburg, M<strong>in</strong>eralogisches Museum der Universität<br />
Würzburg: Schätze von fern und nah, Edelste<strong>in</strong>e aus<br />
Brasilien und Idar-Oberste<strong>in</strong>, 16.6.-14.7.2002<br />
Würzburg, Museum im Kulturspeicher Würzburg: Drehen,<br />
Kreisen, Rotieren, Kunst <strong>in</strong> Bewegung, 14.6.-1.9.2002<br />
Würzburg-Zellerau, Siebold-Museum: Japanische Farbholzschnitte<br />
aus der Zeit der Siebolds, Leihgaben der<br />
Sammlung Brass, 14.5.-4.8.2002; Manyoshu, Traditionelle<br />
Japanische Malerei und Keramik von Yasumasa und<br />
Seiran SUZUKI aus Otsu/Shiga, 16.8.-29.8.2002; Sumi-e<br />
– Japanische Tuschemalerei, 8.9.-3.11.2002<br />
Zirndorf, Städtisches Museum Zirndorf: Pack die Badehose<br />
e<strong>in</strong>..., 5.7.-8.9.2002<br />
VARIA<br />
FREIER EINTRITT FÜR MUSEUMSKOLLEGEN?<br />
JA BITTE!<br />
Im Urlaub ist es vielen Museumskolleg<strong>in</strong>nen und -kollegen,<br />
die <strong>in</strong> <strong>Museen</strong> <strong>in</strong> fernen Landen stolz ihren ICOM-<br />
Ausweis zückten und auf e<strong>in</strong>e Freikarte oder zum<strong>in</strong>dest<br />
e<strong>in</strong>en reduzierten Tarif hofften, schon passiert: Die Karte<br />
wird oft e<strong>in</strong>gehend gedreht und geprüft und dann bedauernd<br />
oder achselzuckend zurückgegeben, teilweise auch<br />
mit sichtbarer Verachtung, wie es dem Verfasser dieses<br />
Aufrufs <strong>in</strong> der Verbotenen Stadt <strong>in</strong> Pek<strong>in</strong>g erg<strong>in</strong>g (Kommentar<br />
der ch<strong>in</strong>esischen Kassenkraft: „Only Mastel-Cald<br />
ol Visa-Cald, no ICOM-Cald!!!“).<br />
Aber auch <strong>in</strong> der näheren Umgebung ist es ke<strong>in</strong>eswegs<br />
selbstverständlich, dass e<strong>in</strong>em durch Vorzeigen der<br />
ICOM-Karte oder e<strong>in</strong>es anderen Ausweises, der belegt,<br />
dass es sich bei dem Besucher um e<strong>in</strong>en Kollegen handelt,<br />
der E<strong>in</strong>tritt erlassen wird. So bedarf es oft der<br />
ganzen Überredungskraft oder dem Aufbieten der letzten<br />
Reserven an Charme, um das Herz manch gradl<strong>in</strong>iger<br />
Museumsbediensteter zu erwärmen und e<strong>in</strong>en kostenfreien<br />
Blick <strong>in</strong> die Sammlungen zu erhalten.<br />
Das soll beileibe ke<strong>in</strong>e Anklage der Kassenkräfte se<strong>in</strong>: Sie<br />
haben ihre Vorgaben und s<strong>in</strong>d meist nicht befugt, aus<br />
eigenem Ermessen davon abzurücken. Insofern sei hier<br />
die Bitte an alle Museumsleiter<strong>in</strong>nen und -leiter formuliert:<br />
Instruieren Sie bitte – sofern nicht unumstößliche Vorgaben<br />
des Museumsträgers dagegen stehen – ihre Kassenkräfte,<br />
dass Personen freien E<strong>in</strong>tritt erhalten, die sich<br />
glaubhaft als Kollegen aus anderen <strong>Museen</strong>, gleich ob<br />
aus dem In- oder Ausland, zu erkennen geben. Die Ausfälle<br />
an E<strong>in</strong>nahmen werden sich <strong>in</strong> den meisten Häusern<br />
<strong>in</strong> überschaubarem Rahmen halten. Bedenken Sie dabei,<br />
dass auch Sie von e<strong>in</strong>er solchen Regelung profitieren,<br />
wenn Sie andere <strong>Museen</strong> besuchen, um sich gestalterische<br />
Lösungen <strong>in</strong> der Dauerausstellung, <strong>in</strong>teressante<br />
Sonderausstellungen oder was auch immer anzusehen.<br />
H<strong>in</strong>gewiesen sei <strong>in</strong> diesem Zusammenhang besonders<br />
auch auf die Mitglieder der Assoziation der tschechischen<br />
<strong>Museen</strong> und Galerien (AMG), deren Ausweis auf<br />
der nächsten Seite abgedruckt ist. Für die Kollegen der<br />
Partnerorganisation der Landesstelle im Nachbarland ist<br />
es aufgrund der ger<strong>in</strong>geren Wirtschaftkraft Tschechiens<br />
und der damit verbundenen unterschiedlichen E<strong>in</strong>kommenssituation<br />
besonders teuer, bayerische oder andere<br />
deutsche <strong>Museen</strong> zu besuchen. Daher unsere Bitte: Gewähren<br />
Sie Besitzern des Ausweises des AMG genauso<br />
freien E<strong>in</strong>tritt wie <strong>in</strong>ländischen Museumskollegen oder<br />
Besitzern der ICOM-Card, die <strong>in</strong> den Osteuropäischen<br />
Ländern aufgrund der hohen Mitgliedsbeiträge bei E<strong>in</strong>zel-
84<br />
Mitgliedskarte der tschechischen AMG<br />
personen aber nur wenig verbreitet ist. Viele, für beide<br />
<strong>Seiten</strong> ertragreiche Partnerschaften von <strong>Museen</strong> haben<br />
kle<strong>in</strong> begonnen – und wenn es nur der problemlose Besuch<br />
im anderen Haus war!<br />
Wolfgang Stäbler<br />
MUSEUMSBESUCHE – TENDENZ STEIGEND<br />
Die Zahl der Museumsbesuche <strong>in</strong> Deutschland steigt weiter.<br />
Nachdem Mitte der 1990er Jahre die <strong>Museen</strong> rückläufige<br />
Besucherzahlen registrieren mussten, kann das<br />
Institut für Museumskunde <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> für 2000 – wie schon<br />
<strong>in</strong> den Vorjahren – wieder positive Zahlen vermelden.<br />
5.827 <strong>Museen</strong> wurden 2000 <strong>in</strong> die Erhebung e<strong>in</strong>bezogen,<br />
4.523 <strong>Museen</strong> <strong>in</strong> den alten Bundesländern, 1.304 <strong>Museen</strong><br />
<strong>in</strong> den fünf neuen Bundesländern und im ehemaligen Ost-<br />
Berl<strong>in</strong>. Die Rücklaufquote betrug 88,9 %. Von den 5.182<br />
Museumse<strong>in</strong>richtungen, die geantwortet haben, meldeten<br />
4.716 Besuchszahlen (80,9 %). Diese Zahlen ergeben<br />
addiert 99.560.001 Besuche. Im Vergleich zu 1999 ist die<br />
Besuchszahl <strong>in</strong>sgesamt um 3.369.627 Besuche (3,5 %)<br />
gestiegen (1999: 96.190.374 Besuche, 1995 91.062.176).<br />
Die Besuche <strong>in</strong> den <strong>Museen</strong> der alten Bundesländer s<strong>in</strong>d<br />
kräftig um 3.111.547 (4,4 %) auf 74.193.362 angewachsen<br />
(Besuchszahl 1999: 71.081.815). Die <strong>Museen</strong> <strong>in</strong> den neuen<br />
Bundesländern hatten zusammen e<strong>in</strong>en Anstieg um<br />
258.080 (1,0 %) auf 25.366.639 zu verzeichnen (Besuchszahl<br />
1999: 25.108.559). In <strong>Bayern</strong> kletterten die Besucherzahlen<br />
von 18.169.078 (1999) auf 18.968.789 (2000).<br />
In den alten Bundesländern begründeten die <strong>Museen</strong> die<br />
Zunahme am häufigsten mit großen Sonderausstellungen<br />
und weiteren thematischen und temporären Angeboten<br />
und Aktivitäten. In den neuen Bundesländern wurde wieder<br />
als wesentlichster Grund die erweiterte Öffentlichkeitsarbeit<br />
und Museumspädagogik angegeben.<br />
Das gesamte Zahlenwerk liegt als Band 54 der Materialien<br />
aus dem Institut für Museumskunde, Berl<strong>in</strong> 2001, ISSN<br />
0931-7961 vor.<br />
TAGUNGEN<br />
Museum und Region<br />
11. Bayerisch-böhmisch-sächsische Museumsfachtagung,<br />
Cesky Krumlov 18.-20.9.2002<br />
Seit 1991 treffen sich im jährlichen Turnus Museumsleiter<br />
und -mitarbeiter aus der Tschechischen Republik, aus<br />
Sachsen und <strong>Bayern</strong>, um Schwerpunktthemen der Museumsarbeit<br />
zu erörtern und die grenzüberschreitende<br />
Zusammenarbeit weiter auszubauen. Nach materialbezogenen<br />
Themen – Glas, Textilien, Papier, Möbel – sowie<br />
Tagungen zur musealen Darstellung der Zeitgeschichte,<br />
zu Inventarisation und Didaktik befasst sich die diesjährige<br />
Zusammenkunft mit der E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung des Museums <strong>in</strong><br />
den regionalen Kontext: mit se<strong>in</strong>er Bedeutung für das<br />
regionale Kulturleben und die sich daraus ergebenden<br />
Wechselbeziehungen, mit Fragen der F<strong>in</strong>anzierung und<br />
Trägerschaft, aber auch mit überregionalen Aktivitäten.<br />
Programm:<br />
Mittwoch, 18.9.2002<br />
14.00 Begrüßung<br />
BERICHTE/AKTUELLES<br />
Dr. Jiri Zalman, Kulturm<strong>in</strong>isterium der Tschechischen<br />
Republik<br />
Dr. York Langenste<strong>in</strong>, Leiter der Landesstelle für die<br />
nichtstaatlichen <strong>Museen</strong> <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong><br />
Dr. Joachim Voigtmann, Direktor der Sächsischen<br />
Landesstelle für Museumswesen<br />
Dr. Eva Dittertova, Assoziation der <strong>Museen</strong> und Galerien<br />
der Tschechischen Republik<br />
14.30 Die kulturpolitische Bedeutung von <strong>Museen</strong> für die<br />
Region<br />
Die kulturpolitische Bedeutung von <strong>Museen</strong> für die<br />
Region <strong>in</strong> der Tschechischen Republik<br />
Dr. Jiri Zalman, Kulturm<strong>in</strong>isterium der Tschechischen<br />
Republik
BERICHTE/AKTUELLES 85<br />
Museum – Raumwirksamkeit und regionale Bezüge<br />
Prof. Dr. Hans Frei, Museumsdirektion des Bezirks<br />
Schwaben<br />
E<strong>in</strong> Museum – e<strong>in</strong> Schloss – e<strong>in</strong>e Stadt<br />
Katja Altmann, Museum Schloss Klippenste<strong>in</strong><br />
16.00 Diskussion<br />
19.00 Begrüßung der Teilnehmer durch den Bürgermeister<br />
der Stadt Krumau im historischen Rathaus,<br />
anschl. gemütliches Beisammense<strong>in</strong> im Motorradmuseum<br />
Krumau<br />
Donnerstag, 19.9.2002<br />
9.00 Trägerschaft – F<strong>in</strong>anzierung – Recht<br />
Der Kulturbetrieb e<strong>in</strong>es Landkreises als Träger<br />
e<strong>in</strong>es bedeutenden Industriemuseums<br />
Andrea Riedel, Bergbaumuseum Oelsnitz<br />
Trägerschaft und F<strong>in</strong>anzierung des Westböhmischen<br />
Museums <strong>in</strong> Pilsen<br />
Dr. Frantisek Fryda, Westböhmisches Museum<br />
Pilsen<br />
Der Vere<strong>in</strong> als Museumsträger – Chancen und<br />
Risiken<br />
Arndt Schaffner, Deutsch-Deutsches Museum<br />
Mödlareuth<br />
11.00 Kulturarbeit der <strong>Museen</strong> im regionalen Kontext<br />
Museumspolitik <strong>in</strong> der Stadt Usti nad Labem<br />
Vaclav Houfek, Stadtmuseum Usti nad Labem/<br />
Aussig<br />
Region im Museum: Das Beispiel der <strong>Museen</strong> der<br />
Stadt Regensburg<br />
Dr. Mart<strong>in</strong> Angerer, <strong>Museen</strong> der Stadt Regensburg<br />
Das Stadtmuseum Pirna und se<strong>in</strong>e Verantwortung<br />
für die museale Bewahrung des Kulturerbes der<br />
Region<br />
Manfred Hickmann, Stadtmuseum Pirna<br />
Diskussion, anschließend Mittagspause<br />
Besuch Krumauer <strong>Museen</strong> und Galerien, Stadtführung,<br />
Führung durch das Krumauer Schloss<br />
(alternativ)<br />
Freitag, 20.9.2002<br />
Museum: regionale Identität – überregionale Aktivität<br />
9.00 <strong>Museen</strong> im Landkreis Haßberge: „Da fühle ich mich<br />
wie daheim“ – Chancen und Grenzen der Kulturarbeit<br />
im ländlichen Raum<br />
Sibylle Kneuer M. A., Kulturbeauftragte des Landkreises<br />
Haßberge<br />
E<strong>in</strong> Internationales Schmucksymposion<br />
Dr. Miroslav Cogan, Museum Eskeho raje, Turnau/<br />
Turnov<br />
E<strong>in</strong>e Galerie schafft Identität<br />
Dr. Günter Groß, Lohgerber-, Stadt- und Kreismuseum<br />
Dippoldiswalde<br />
11.00 Das Museum – e<strong>in</strong> Ort der Begegnung<br />
Dr. Eva Dittertova, Chebske muzeum, Cheb/Eger<br />
Internationale Zusammenarbeit für e<strong>in</strong>e regionale<br />
Identität<br />
Dr. Ralf Heimrath, Oberpfälzer Freilandmuseum<br />
Neusath-Perschen<br />
12.00 Diskussion und Ausblick<br />
Die Tagung soll <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie den fachlichen Dialog von<br />
Museumsleitern und -mitarbeitern der beteiligten Länder<br />
fördern, sie steht aber auch allen anderen Interessierten<br />
offen. Die Teilnahme ist kostenlos, lediglich für die<br />
Getränke <strong>in</strong> den Pausen usw. wird im Tagungsbüro obligatorisch<br />
e<strong>in</strong>e Kostenbeteiligung von E 10.- erhoben. Die<br />
Tagung wird <strong>in</strong> deutscher und tschechischer Sprache<br />
(Simultanübersetzung) durchgeführt.<br />
Informationen: Landesstelle für die nichtstaatlichen <strong>Museen</strong><br />
<strong>in</strong> <strong>Bayern</strong>, Tel. 089/210140-0<br />
The Museum and Change, Prag 16.-18.10.2002<br />
In Zusammenarbeit der tschechischen Vere<strong>in</strong>igung der<br />
<strong>Museen</strong> und Galerien, von ICOM Tschechien, dem tschechischen<br />
Kulturm<strong>in</strong>isterium, dem Tschechischen Nationalmuseum<br />
und den Universitäten <strong>in</strong> Brünn und Oppeln<br />
f<strong>in</strong>det im Oktober 2002 <strong>in</strong> Prag e<strong>in</strong>e Tagung statt, welche<br />
sich mit dem aktuellen Wandel der Museumsarbeit –<br />
Stichworte u. a.: Wandel ökonomischer und organisatorischer<br />
Bed<strong>in</strong>gungen, Erwerb und Aussonderung, Wandel<br />
der Beziehungen zwischen Museum und Öffentlichkeit –<br />
beschäftigt. Zielgruppe s<strong>in</strong>d sowohl Museumsleute als<br />
auch Studenten der Museologie aus der tschechischen
86<br />
und slowakischen Republik, aus Polen, Ungarn, Kroatien<br />
und aus den EU-Staaten.<br />
Informationen: www.cz-museums.cz/maz/<br />
Museums-Fördervere<strong>in</strong>e, Großweil 8.11.2002<br />
Der Freundeskreis Freilichtmuseum Südbayern feiert<br />
2002 se<strong>in</strong> 30jähriges Bestehen. Aus diesem Anlass laden<br />
der Freundeskreis und das Freilichtmuseum des Bezirks<br />
Oberbayern zu e<strong>in</strong>em Symposion zum Thema „Nothelfer<br />
oder Mäzen? Aufgabe, Wirkungsweise und Bedeutung<br />
von Museums-Fördervere<strong>in</strong>en“ am 8.11.2002 auf die<br />
Glentleiten e<strong>in</strong>.<br />
Informationen: Vanessa.Voit@glentleiten.de<br />
Archäologie und Computer, Wien 20.-22.11.2002<br />
Die Forschungsgeme<strong>in</strong>schaft Wiener Stadtarchäologie<br />
veranstaltet vom 20.-22.11.2002 ihren siebten Workshop,<br />
der sich mit 26 Beiträgen von Referenten aus EU-Ländern,<br />
daneben auch aus den USA, Tschechien und Jordanien<br />
mit unterschiedlichsten E<strong>in</strong>satzmöglichkeiten digitaler<br />
Techniken rund um die Archäologie, von Vermessung<br />
und Kartographie über Rekonstruktionen und<br />
Kunstkataster bis h<strong>in</strong> zu virtuellen <strong>Museen</strong> beschäftigt.<br />
Informationen: www.archaeologie-wien.at<br />
MIT DER SCHULKLASSE INS MUSEUM – EIN MODELL-<br />
VERSUCH DES DEUTSCHEN MUSEUMS MÜNCHEN<br />
Schulklassen s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e der beliebtesten Zielgruppen der<br />
bayerischen <strong>Museen</strong>, wie e<strong>in</strong>e Umfrage der Landesstelle<br />
für die nichtstaatlichen <strong>Museen</strong> aus dem Jahre 1999 ergab.<br />
An erster Stelle werden Schüler<strong>in</strong>nen und Schüler<br />
genannt, denen man <strong>in</strong> den Stadt- und Heimatmuseen, <strong>in</strong><br />
den Freilicht- und Spezialmuseen besondere Vermittlungsangebote<br />
präsentieren möchte. Solche Angebote<br />
werden von Lehrern und Lehrer<strong>in</strong>nen im Allgeme<strong>in</strong>en gerne<br />
angenommen, doch manchmal fehlt die erwünschte<br />
und erhoffte Resonanz.<br />
Das Deutsche Museum München hat sich nun e<strong>in</strong> Projekt<br />
„Schulmitgliedschaft“ überlegt. In e<strong>in</strong>er dreijährigen Testphase<br />
sollen Schulen bis zum Jahr 2003 zu speziellen<br />
Konditionen enger an die Bildungse<strong>in</strong>richtung „Museum“<br />
gebunden werden.<br />
Schulen, die das museumspädagogische Angebot (Ausstellungen,<br />
Führungen, Vorträge, Sonderprogramme und<br />
Arbeitsmaterialien) stärker ausschöpfen und das Museum<br />
BERICHTE/AKTUELLES<br />
häufiger als außerschulischen Lernort nutzen wollen, erhalten<br />
drei Ausweise, die die begleitende Lehrkraft legitimiert,<br />
e<strong>in</strong>e Klasse, e<strong>in</strong>e Schülergruppe oder auch mehrere<br />
Klassen jederzeit kostenlos <strong>in</strong>s Deutsche Museum zu<br />
führen. Bei Abteilungsführungen und Sonderprogrammen<br />
für Schulklassen entfällt für Mitgliedsschulen die Gebühr<br />
von derzeit E 15.-. Außerdem erhält die Schule zwei<br />
Abonnements der Zeitschrift „Kultur&Technik“, die vom<br />
Museum herausgegeben wird, sowie zwei Exemplare des<br />
Führers durch das Deutsche Museum und die Flugwerft<br />
Schleißheim.<br />
Der Mitgliedsbeitrag errechnet sich aus der Schülerzahl<br />
der Schule und beträgt pro Schüler und Kalenderjahr<br />
33 Cent. Der Beitrag ist jährlich zu entrichten und die<br />
Schule verpflichtet sich, das Museum über Veränderungen<br />
zu <strong>in</strong>formieren.<br />
Hannelore Kunz-Ott<br />
Nähere Informationen über diesen Modellversuch, der<br />
auch für das e<strong>in</strong>e oder andere größere Regionalmuseum<br />
von Interesse se<strong>in</strong> kann: Deutsches Museum, Dr. Thomas<br />
Brandlmeier, Tel. 089/2179-203, -324.<br />
„DIE ELFTE MUSE IST MÄNNLICH“<br />
Museums-Service der Stadt Schwe<strong>in</strong>furt<br />
Am 10. April 2002 wurde unter Anwesenheit der von<br />
Schwe<strong>in</strong>furter Oberbürgermeister<strong>in</strong> Gudrun Grieser und<br />
des Bezirkstagspräsidenten von Unterfranken, Albrecht<br />
Graf von Ingelheim, sowie zahlreicher örtlicher Museumskollegen<br />
und -kolleg<strong>in</strong>nen der Schwe<strong>in</strong>furter Museums-<br />
Service, kurz MuSe genannt, der Presse vorgestellt.<br />
Diese zentrale Dienstleistungse<strong>in</strong>richtung wird von den<br />
Städtischen Sammlungen Schwe<strong>in</strong>furt und der Bibliothek<br />
Otto Schäfer getragen. Friederice Koutouć, langjährige<br />
und erfolgreiche Museumspädagog<strong>in</strong> an den Städtischen<br />
Sammlungen, leitet diese neue Institution. Tatkräftige<br />
Hilfe erhält sie durch ihre ständige Mitarbeiter<strong>in</strong> Bland<strong>in</strong>a<br />
Hock und durch zahlreiche freie Honorarkräfte.<br />
Auf vier Eckpfeilern basieren die Aufgaben der neuen<br />
E<strong>in</strong>richtung:<br />
– Vermittlung von musealen Inhalten,<br />
– Koord<strong>in</strong>ierung und Organisation der Vermittlungsangebote,<br />
– gezielte kompetente Information und Werbung und<br />
– zielgruppenorientierte Beratung.<br />
Bei der Presseveranstaltung präsentierten die beiden<br />
Damen der Servicestelle anschaulich und sehr lebendig<br />
die Methodenvielfalt und fachlichen Grundlagen ihrer
BERICHTE/AKTUELLES 87<br />
Programme. E<strong>in</strong>ige statistische Zahlen aus dem Jahre<br />
2001 zeigen die hohe Nachfrage <strong>in</strong> den Schwe<strong>in</strong>furter<br />
<strong>Museen</strong> und kulturellen E<strong>in</strong>richtungen: Insgesamt 440<br />
Veranstaltungen für fast 8.000 Besucher organisierte bisher<br />
die Museumspädagog<strong>in</strong> mit ihren freien Mitarbeitern.<br />
Durch die Ausweitung auf das Arbeitsfeld der Bibliothek<br />
Otto Schäfer stellen sich nun neue Anforderung an die<br />
Vermittlungsarbeit vor Ort. Daher ist es für die MuSe von<br />
elementarer Bedeutung, auch mit anderen örtlichen und<br />
regionalen kulturellen und Bildungse<strong>in</strong>richtungen zusammenzuarbeiten.<br />
F<strong>in</strong>anziell wurde diese neue Service-E<strong>in</strong>richtung ermöglicht<br />
durch den Träger der <strong>Museen</strong>, die Stadt Schwe<strong>in</strong>furt,<br />
durch das örtliche Arbeitsamt sowie durch f<strong>in</strong>anzielle Unterstützung<br />
des Bezirks Unterfranken und der Landesstelle<br />
für die nichtstaatlichen <strong>Museen</strong>.<br />
Die Teilnehmer an der Informationsveranstaltung waren<br />
bee<strong>in</strong>druckt von den vielfältigen Angeboten, die sich die<br />
MuSe für die kommende Zeit vorgenommen hat, z. B.<br />
Puzzles, Rollenspiele, E<strong>in</strong>beziehung von literarischen<br />
Texten oder jeweils zeitgenössischer Musik, Künstlergespräche,<br />
„Museum im Koffer“, Mediene<strong>in</strong>satz und thematische<br />
Führungen – e<strong>in</strong> Programm also, das alle S<strong>in</strong>ne<br />
beim Besucher, ob jung oder alt, ansprechen möchte.<br />
Hannelore Kunz-Ott<br />
Nähere Informationen: Schwe<strong>in</strong>furter Museums-Service<br />
MuSe, Obere Straße 11-13, 97447 Schwe<strong>in</strong>furt, Tel.<br />
09721/51215, Fax 51320<br />
200 JAHRE SÄKULARISATION IN BAYERN<br />
Im Jahr 2003 jährt sich zum 200. Mal die Säkularisation <strong>in</strong><br />
<strong>Bayern</strong>, die e<strong>in</strong>erseits e<strong>in</strong>en gewichtigen Schritt <strong>in</strong> Richtung<br />
des modernen bayerischen Staatswesens darstellte,<br />
andererseits mit ihren bilderstürmerischen Auswüchsen<br />
e<strong>in</strong>en großflächigen kulturellen Kahlschlag bedeutete.<br />
Aus diesem Anlass s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> mehreren bayerischen Städten<br />
Ausstellungen und Veranstaltungen geplant, so <strong>in</strong> Freis<strong>in</strong>g,<br />
Regensburg und Bamberg.<br />
Das Haus der Bayerischen Geschichte hat die Koord<strong>in</strong>ation<br />
der Initiativen übernommen und wird sie u. a. auf<br />
ihren Internetseiten zusammenstellen und bekannt machen.<br />
Wir bitten alle <strong>Museen</strong>, die zum Thema „200 Jahre<br />
Säkularisation“ Ausstellungen oder ähnliche Aktivitäten<br />
planen, die Landesstelle oder direkt das Haus der Bayerischen<br />
Geschichte, Postfach 101751, 86007 Augsburg zu<br />
<strong>in</strong>formieren.<br />
GRÜNDUNG EINER ARBEITSGEMEINSCHAFT<br />
„ARCHÄOLOGIE IM MUSEUM“<br />
Im Zuge der Jahrestagung des West- und Süddeutschen<br />
Verbandes für Altertumskunde <strong>in</strong> Trier 2001 wurde die<br />
Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft „Archäologie im Museum“ gegründet.<br />
Sie möchte e<strong>in</strong> Netzwerk für alle <strong>Museen</strong> bilden, die<br />
sich ganz oder mit eigenen Abteilungen vor- und frühgeschichtlichen<br />
Themen widmen. Es soll e<strong>in</strong> Forum für alle<br />
Fragen rund um die Arbeit archäologischer <strong>Museen</strong> bzw.<br />
von <strong>Museen</strong> mit archäologischen Sammlungen entstehen.<br />
Die Entwicklung didaktischer Ansätze und Instrumentarien<br />
s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> wichtiger Schwerpunkt der Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft.<br />
Da sich die AG, die e<strong>in</strong> bundesweites Forum<br />
für die archäologischen <strong>Museen</strong> werden möchte, noch im<br />
Aufbau bef<strong>in</strong>det, können sich Interessierte gerne anschließen.<br />
Die erste Tagung der Arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft fand im Rahmen<br />
des 4. Deutschen Archäologenkongresses am<br />
21.5.2002 <strong>in</strong> Hamburg statt.<br />
Weitere Informationen und Meldungen:<br />
www.archaeologie-im-museum.de oder Ulrike Braun,<br />
Archäologisches Zentrum Hitzacker, Hitzacker-See,<br />
29456 Hitzacker, Tel. 05862/6794, Fax 985988<br />
INNOVATIONSPREIS DER REGION NÜRNBERG<br />
FÜR DAS DOKUMENTATIONSZENTRUM<br />
REICHSPARTEITAGSGELÄNDE<br />
Unter dem Titel „Museumspädagogik, die sich sehen lassen<br />
kann“ veröffentlichte die Nürnberger Zeitung vom<br />
6.12.2001 e<strong>in</strong>en Bericht über die Verleihung des Innovationspreises<br />
der Region Nürnberg an das Studienforum<br />
des Dokumentationszentrums auf dem „Reichsparteitagsgelände“<br />
<strong>in</strong> Nürnberg. Zum ersten Mal <strong>in</strong> der fünfjährigen<br />
Geschichte dieses Preises, der mit ca. 15.000 €<br />
dotiert ist, wurde e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelnes Projekt ausgezeichnet, an<br />
dem mehrere Partner beteiligt s<strong>in</strong>d.<br />
Bereits im Vorfeld der Neue<strong>in</strong>richtung des Dokumentationszentrums<br />
hatten sich unterschiedliche Bildungse<strong>in</strong>richtungen<br />
getroffen, um e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames Programm für<br />
K<strong>in</strong>der und Jugendliche zu erstellen. Der Vere<strong>in</strong> „Geschichte<br />
für alle“, die CPH-Jugendakademie, der Kreisjugendr<strong>in</strong>g<br />
Nürnberg-Stadt, das Kunst- und Kulturpädagogische<br />
Zentrum der <strong>Museen</strong> <strong>in</strong> Nürnberg und das<br />
Menschenrechtsbüro der Stadt bieten seit der Eröffnung<br />
im Studienforum Nachgespräche zur Ausstellung sowie<br />
Studientage oder mehrtägige Sem<strong>in</strong>are für <strong>in</strong>teressierte<br />
Gruppen an.
88<br />
Nicht nur <strong>in</strong>nerhalb der bayerischen Museumslandschaft<br />
ist diese Art der Kooperation verschiedener Vere<strong>in</strong>e und<br />
Institutionen bereits vor e<strong>in</strong>er Ausstellungseröffnung e<strong>in</strong>zigartig.<br />
Dies gab den wesentlichen Ausschlag für die<br />
Verleihung des Preises. Oskar Schneider, Sprecher des<br />
Kuratoriums des Dokumentationszentrums, würdigte <strong>in</strong><br />
se<strong>in</strong>er Laudatio das vielfältige Programm der Kooperationspartner,<br />
das <strong>in</strong> geeigneter Weise das Konzept der<br />
Historiker weiterentwickle.<br />
Auch das Publikum schließt sich dieser Ansicht an, denn<br />
das Studienforum ist über Wochen im voraus ausgebucht<br />
und Interessenten müssen sich rechtzeitig anmelden, um<br />
den gewünschten Kurs belegen zu können.<br />
Hannelore Kunz-Ott<br />
AND THE WINNER IS... GEBURTSHAUS LEVI STRAUSS<br />
– MUSEUM JEANS UND KULT!<br />
Das Levi Strauss Museum <strong>in</strong> Buttenheim (vgl. Museum<br />
heute 21, S. 17 ff.) wurde Ende Oktober 2001 mit dem<br />
„red dot“, dem roten Punkt für höchste Designqualität <strong>in</strong><br />
der Sparte Kommunikationsdesign ausgezeichnet. Der<br />
„red dot award“ gehört zu den 10 wichtigsten Designwettbewerben<br />
der Welt. Insgesamt 2.512 E<strong>in</strong>sendungen<br />
aus 22 Ländern haben sich um den Designpreis 2001 beworben,<br />
doch nur weniger als sieben Prozent der Arbeiten<br />
erhielten den begehrten roten Punkt.<br />
Preisträger ist die Designagentur Atelier & Friends GmbH<br />
<strong>in</strong> München. Das Museum wurde von ihr nicht nur <strong>in</strong><br />
puncto Grafikdesign und Innenarchitektur betreut. Auch<br />
das wissenschaftlichen Konzept, die Beschaffung von<br />
fehlenden Exponaten sowie die Entwicklung der Bild- und<br />
Tonmedien lag <strong>in</strong> Händen des Teams aus Wissenschaftlern<br />
und Designern.<br />
BERICHTE/AKTUELLES<br />
E<strong>in</strong>e virtuelle Führung durch das ausgezeichnete Museumsprojekt<br />
gibt es im Internet unter www.levi-strauss-museum.com.<br />
Wer die Geschichte des Jeans-Erf<strong>in</strong>ders lieber<br />
live erfahren möchte, sollte e<strong>in</strong>e Reise zu dessen Geburtshaus<br />
nach Buttenheim bei Bamberg nicht scheuen. E<strong>in</strong><br />
Film <strong>in</strong> der Reihe „<strong>Museen</strong> <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong>“ ist als Coproduktion<br />
von Bayerischem Rundfunk, Museum und Landesstelle für<br />
die nichtstaatlichen <strong>Museen</strong> <strong>in</strong> Produktion.<br />
EUROPÄISCHES MUSEUMSBRANCHENBUCH<br />
Seit se<strong>in</strong>em ersten Ersche<strong>in</strong>en 1997 hat sich das<br />
Europäische Museumsbranchenbuch als Nachschlagewerkwerk<br />
für Dienstleiter und Firmen des Museumsumfeldes<br />
etabliert. Es ist im diesjährigen Band auf über<br />
3.300 E<strong>in</strong>träge angewachsen und hierarchisch nach<br />
Branchen, Ländern und Postleitzahlen geordnet, bietet<br />
aber mit e<strong>in</strong>em alphabetischen Firmenregister noch e<strong>in</strong>e<br />
zweite Zugriffsmöglichkeit. Im Unterschied zu ähnlichen<br />
Werken s<strong>in</strong>d die E<strong>in</strong>träge im Europäischen Museumsbranchenbuch<br />
nicht von Anzeigenschaltungen abhängig<br />
oder national begrenzt. Letzteres ist vor allem von<br />
Bedeutung, wenn Projekte europaweit ausgeschrieben<br />
werden müssen. Europaweit s<strong>in</strong>d auch Überblicke zu<br />
Zeitschriften, Verlagen und zu Weiterbildungs<strong>in</strong>stitutionen<br />
zu f<strong>in</strong>den.<br />
Das Europäische Museumsbranchenbuch ist <strong>in</strong> gedruckter<br />
Form beim Verlag zu erwerben, E<strong>in</strong>zelabfragen können<br />
jedoch auch kostenlos unter www.webmuseen.de/<br />
firms gestartet werden. Wer e<strong>in</strong>schlägige Firmen kennt,<br />
die im Europäischen Museumsbranchenbuch noch fehlen,<br />
sollte den Verlag darauf aufmerksam machen.<br />
Weitere Informationen und Bezug:<br />
Verlag Dr. C. Müller-Straten, Kunzweg 23,<br />
81243 München, E-Mail VERLAGCMS@t-onl<strong>in</strong>e.de
DIE AUTOREN DIESES HEFTS<br />
Manus Br<strong>in</strong>kman, Generalsekretär des International Council<br />
of Museums (ICOM), Paris<br />
Monika Dreykorn, Landesstelle für die nichtstaatlichen<br />
<strong>Museen</strong> <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong><br />
Dr. Christof Flügel, Landesstelle für die nichtstaatlichen<br />
<strong>Museen</strong> <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong><br />
Prof. Dr. Hans Frei, Museumsdirektion des Bezirks<br />
Schwaben, Oberschönenfeld<br />
Dr. Albrecht A. Gribl, Landesstelle für die nichtstaatlichen<br />
<strong>Museen</strong> <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong><br />
Anita Heft, Museumspädagog<strong>in</strong>, Marklkofen<br />
Dr. Markus Hundemer, Landesstelle für die nichtstaatlichen<br />
<strong>Museen</strong> <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong><br />
Dr. Hannelore Kunz-Ott, Landesstelle für die nichtstaatlichen<br />
<strong>Museen</strong> <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong><br />
Dr. Marlene Lauter, Museum im Kulturspeicher, Würzburg<br />
Dr. Stephan Pahs, Westfälisches Freilichtmuseum, Detmold<br />
Dr. Beate Reese, Museum im Kulturspeicher, Würzburg<br />
Sebastian Roser, Restaurator, Regensburg<br />
Dr. Wolfgang Stäbler, Landesstelle für die nichtstaatlichen<br />
<strong>Museen</strong> <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong><br />
Marion Vorbeck, Kulturjournalist<strong>in</strong> und PR-Fachwirt<strong>in</strong>,<br />
München<br />
Umschlagentwurf:<br />
Erich Hackel, München<br />
Abbildungsnachweise:<br />
Deutsches Historisches Museum Berl<strong>in</strong> S. 43-44<br />
Hubert Ettl, Viechtach S. 67<br />
Elmar Hahn, Veitshöchheim, S. 6<br />
Anita Heft, Marklkofen, S. 30-31<br />
Kreissparkasse Hannover/Ahlers-He<strong>in</strong>el Werbeagentur<br />
S. 27<br />
Landesstelle für die nichtstaatlichen <strong>Museen</strong> <strong>in</strong> <strong>Bayern</strong>,<br />
Archiv für Hausforschung/Repro Markus Hundemer<br />
S. 37-40, Markus Hundemer S. 33-35, 66, 78, Kilian<br />
Kreil<strong>in</strong>ger S. 11, 13, Wolfgang Stäbler S. 62<br />
Museum im Kulturspeicher Würzburg, Titel, S. 3-5, 8-9<br />
Museum Wald und Umwelt, Ebersberg, S. 68-69<br />
Sebastian Roser, Regensburg, S. 15-17<br />
Museumsdirektion Schwaben, Oberschönenfeld, S. 64-65<br />
Westfälisches Freilichtmuseum Detmold, S. 53, H. Galle<br />
S. 54, G. Wilpers S. 55-57
LANDESSTELLE<br />
FÜR DIE<br />
NICHTSTAATLICHEN<br />
MUSEEN<br />
WAGMÜLLERSTRASSE 20<br />
80538 MÜNCHEN<br />
TELEFON 089/210140-0<br />
TELEFAX 089/210140-40<br />
ISSN 0944-8497