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Replik - im Freiheitswerk

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<strong>Replik</strong> zur „Kritik an der Freiwirtschaft nach Silvio Gesell“ durch Rah<strong>im</strong> Taghizadegan vom Wiener „Institut für Wertewirtschaft“<br />

Gleich ob das erste „Geld“ Rind, Muschel, Schmuckstück, Perle, Salz, Tee oder eine andere<br />

Ware war – oder auch mehrere, die als Platzhalter fungierten –, so ist dies für die<br />

Veranschaulichung der Gesetze des heutigen Geldes nur bedingt aufschlussreich. Was<br />

interessant ist, ist nicht in jedem Kontext auch wichtig! Und so stilisiert Taghizadegan Gesells<br />

Betrachtungen der Vorläufer des „modernen“ Tauschmittels „folgerichtig“ zu einem<br />

Denkfehler Gesells. Leider folgerichtig falsch!<br />

Gesell liefert mit seiner Geldtheorie überhaupt erst die Grundlage dafür, die Geldentstehung<br />

historisch betrachten zu können, ohne Gefahr zu laufen, sich in der Vielfalt ihrer Formen zu<br />

verlieren oder zu verirren. Dass sich Waren als Geldvorläufer fanden, dass Waren die Rolle<br />

des Geldes zu erfüllen versuchten, bewies nicht ihre uneingeschränkte, dauerhafte, kaum<br />

mehr zu verbessernde Funktion als Tauschmittel. Gesell weist nach, dass diese Warenformen<br />

des Geldes notwendigerweise überwunden werden wollten – und dass deren Überwindung<br />

einen Fortschritt darstellte. „Ahistorisch“ sieht anders aus!<br />

Sein Denkfehler wird deutlich, wenn er zugeben muss, dass sich an verschiedenen Orten und<br />

zu verschiedenen Zeiten die unterschiedlichsten Waren als Geld bewiesen. Dies wischt er mit<br />

der Bemerkung beiseite, dies sei „bloßer Tauschhandel“. Dabei tut er wider besseres Wissen<br />

so, als würden in diesen Fällen etwa das Salz oder der Tee so häufig getauscht, weil die<br />

Menschen plötzlich so gerne salzig äßen oder Tee tränken. Er verkennt, dass genau hier die<br />

pr<strong>im</strong>äre Funktion realen Geldes liegt: Das allgemein akzeptierte Tauschmittel zu sein. Jede<br />

Ware, die auf allgemeine Akzeptanz stößt, kann indirekten Tausch ermöglichen – so dass<br />

z.B. in vielen Gefängnissen auch die Nichtraucher anfangen, Zigaretten nachzufragen.<br />

Letzteres geschieht ganz in Übereinst<strong>im</strong>mung mit dem grundlegenden volkswirtschaftlichen<br />

Satz, dass der Handel „auf der gegenseitigen Ausbeutung der Verlegenheiten“ der jeweils<br />

anderen beruht. Ob die <strong>im</strong> Gefängnis auf „Zigaretten als Geld“ zurückgeworfenen Raucher<br />

dann ihr Geld (oder Teile davon) aufrauchen, oder sich lieber das Rauchen abgewöhnen, um<br />

nicht ohne Geld dazustehen, bleibt ziemlich ungewiss. Halten wir fest, dass sogar in einer so<br />

relativ „abgeschlossenen Einheit“ – wie sie ein Gefängnis darstellt –, der direkte Tausch<br />

<strong>im</strong>mer noch einen Konkurrenten hat. So elementar ist offensichtlich das Bedürfnis, sich für<br />

den Tausch eines Mittels zu bedienen, dass selbst dort, wo es noch Zeit und Übersicht für<br />

den direkten Tausch gäbe, Dinge zum Tauschmittel erhoben werden.<br />

Taghizadegan ist davon überzeugt, dass sich die „unterschiedlichsten Waren“ an<br />

verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten „als Geld bewiesen“. An anderer Stelle<br />

stellt er unbekümmert fest, dass die pr<strong>im</strong>äre Funktion des realen Geldes darin liege, „das<br />

allgemein akzeptierte Tauschmittel zu sein.“ Ein Widerspruch kann das für ihn nicht sein.<br />

„Unterschiedlichste Waren“ waren „allgemein anerkannt“. Natürlich nicht alle gleichzeitig und<br />

nicht überall. Aber allgemein.<br />

Ein allgemein akzeptiertes Tauschmittel überdauert auch mal „unterschiedliche Zeiten“ und<br />

breitet sich auch mal räumlich über „unterschiedliche Orte“ aus, so wie es das Metallgeld<br />

geschafft hat – ob aus Eisen, Kupfer, Nickel, Silber oder Gold. Über verschiedene Tee- oder<br />

Salzsorten hätten wir bei „allgemeiner Akzeptanz“ wohl auch kein Wort verloren… und so<br />

verliert Taghizadegan kein Wort darüber, warum wir Tee, Salz, Perlen oder Muscheln nicht<br />

oder nicht mehr als Geld ansehen, wenn doch bewiesen ist, dass sie Geld sein können.<br />

Warum hatten sich Menschen darauf geeinigt, dass diese Waren die Rolle des Tauschmittels<br />

übernehmen sollten – und warum haben sie es <strong>im</strong>mer wieder mit neuem Geld, also mit<br />

anderen Waren versucht? Plausible Antworten auf diese Fragen bekommt man ausnahmslos<br />

bei Gesell. Nicht nur damals!<br />

Jens Frank Kasten (jfk) - 22 - CTS <strong>Freiheitswerk</strong>, 2011

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