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Kopfdarm (Mund- und Schlundkopfhöhle) - Schattauer

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302<br />

7 Verdauungsapparat (Apparatus digestorius)<br />

Encephalon<br />

Conchae<br />

ethmoidales<br />

Ostium pharyngeum<br />

tubae<br />

auditivae<br />

Diverticulum<br />

tubae<br />

auditivae<br />

Epiglottis<br />

Velum<br />

palatinum<br />

Cavum<br />

laryngis<br />

Basihyoideum<br />

Abb. 7-2. Längsschnitt durch den Kopf eines Pferdes.<br />

<strong>Kopfdarm</strong><br />

(<strong>M<strong>und</strong></strong>- <strong>und</strong> Schl<strong>und</strong>kopfhöhle)<br />

<strong>M<strong>und</strong></strong>höhle (Cavum oris)<br />

Die <strong>M<strong>und</strong></strong>höhle schließt verschiedene Hilfs ein richtungen wie Zähne,<br />

Zunge <strong>und</strong> Speicheldrüsen ein, die zur Aufnahme, Zerkleinerung<br />

<strong>und</strong> Ein speiche lung der Nahrung dienen. Die Größe der <strong>M<strong>und</strong></strong> -<br />

öffnung hängt von der Ernährungsweise der Tiere ab. Bei Spezies,<br />

die ihre Zähne zum Erfassen der Beute oder im Kampf benützen, ist<br />

die <strong>M<strong>und</strong></strong> öffnung groß, bei Pflanzenfressern <strong>und</strong> Nagern hingegen<br />

relativ klein. Man unterscheidet an der <strong>M<strong>und</strong></strong>höhle die eigentliche<br />

<strong>M<strong>und</strong></strong>höhle (Cavum oris proprium) <strong>und</strong> den Vorhof (Vestibulum<br />

oris), der von dieser durch die Zahnreihen des Ober- <strong>und</strong> des<br />

Unterkiefers getrennt wird.<br />

Unter der eigentlichen <strong>M<strong>und</strong></strong>höhle versteht man den Raum<br />

innerhalb des oberen <strong>und</strong> unteren Zahnbogens. Er wird dorsal<br />

vom Gaumen abgedeckt, lateral liegen die Zähne, den Boden<br />

bilden die Zunge <strong>und</strong> der <strong>M<strong>und</strong></strong> höhlenboden (Abb. 7-2, 3 u. 13).<br />

Am Vorhof der <strong>M<strong>und</strong></strong>höhle lassen sich ein Vestibulum labiale<br />

zu den Lippen <strong>und</strong> ein Vestibulum buccale zu den Backen abgrenzen<br />

(Abb. 7-3). Das Vestibulum oris steht mit dem Cavum oris proprium<br />

bei geschlossener <strong>M<strong>und</strong></strong>höhle über Lücken (Diastema,<br />

Margo interalveolaris) zwischen den Schneide- <strong>und</strong> Backenzähnen<br />

sowie hinter den letzten Backen zähnen in Verbindung.<br />

Die <strong>M<strong>und</strong></strong>höhle ist von einer Schleimhaut ausgekleidet, deren<br />

Epithelium mucosae aus einem mehrschichtigen, teilweise verhornten<br />

Plattenepithel besteht. Diese Schleimhaut wird meist<br />

von einer bindegewebigen Tela submucosa mit vorzugsweise<br />

gemischten Drüsen unterlagert. Im Bereich der Alveolarfortsätze<br />

des Ober- bzw. des Unterkiefers ist die <strong>M<strong>und</strong></strong>schleimhaut zum<br />

Zahnfleisch (Gingiva) modifiziert.<br />

Concha<br />

nasalis dorsalis<br />

Naris<br />

Labium<br />

superius<br />

Septum nasi<br />

Cavum oris<br />

proprium<br />

Lingua<br />

Dens incisivus<br />

Labium inferius<br />

Vestibulum<br />

labiale<br />

Die Lippen (Labia oris) dienen als Saug-, Greif- <strong>und</strong> Tastorgan.<br />

Bei der Katze, die die Nahrung mit den Zähnen oder mit<br />

der Zunge zu sich nimmt, sind die Lippen dünn <strong>und</strong> wenig beweg -<br />

lich. Beim H<strong>und</strong> werden die Lippen nur im Falle von Droh -<br />

gebärden von den Zähnen weggezogen, zweckgerichtete Bewegungen<br />

zum Ergreifen der Nahrung fehlen. Beim Rind sind sie<br />

verdickt (Flotzmaul). Beim Pferd werden sie zum Ergreifen der<br />

Nahrung <strong>und</strong> zu ihrer Beförderung in die <strong>M<strong>und</strong></strong>höhle verwendet,<br />

sind also dementsprechend empfindlich <strong>und</strong> beweglich. Die<br />

Oberlippe weist bei Fleischfressern <strong>und</strong> kleinen Wiederkäuern<br />

eine mediane Lippenfurche (Philtrum) auf. Beim Schwein ist<br />

sie zur Rüsselscheibe umgestaltet.<br />

Die Lippen bestehen von außen nach innen aus der Haut,<br />

Muskeln (M. orbicularis oris, Mm. incisivi u.a.), Drüsen <strong>und</strong><br />

der <strong>M<strong>und</strong></strong>schleimhaut. Die Lippenmuskeln sind Teile der mimischen<br />

Musku latur <strong>und</strong> werden folglich vom VII. Gehirn nerv,<br />

dem N. facialis, innerviert.<br />

Die relative Unempfindlichkeit der Lippen in Ver bindung<br />

mit den kaudal gerichteten mechanischen Zun gen papillen (z.B.<br />

den Papillae conicae, s.u.) bedingt, dass beim Rind kaum eine<br />

strukturelle Selek tion der Nahrung vorgenommen wird. So werden<br />

auch Fremdkörper, die in die <strong>M<strong>und</strong></strong>höhle gelangen, von hier<br />

aufgr<strong>und</strong> der Richtung der Papillen kaudal befördert <strong>und</strong> abgeschluckt.<br />

Die Backen (Buccae) bestehen aus den gleichen Wand -<br />

schichten wie die Lippen <strong>und</strong> enthalten die Backendrüsen<br />

(Glandulae buccales). Letztere lagern sich bei Katze <strong>und</strong> H<strong>und</strong><br />

zur Glandula zygomatica zusammen (s. S. 308). Die Backenschleim<br />

haut trägt eine kleine Papille, auf der sich der Ausführungs<br />

gang der Ohr speicheldrüse öffnet. Bei den Wiederkäuern<br />

ist die Schleimhaut der Backen mit größeren, kaudal gerichteten,<br />

s pit zen konischen Papillen besetzt (Abb. 7-9).


Gaumen (Palatum)<br />

Vestibulum oris<br />

Vestibulum labiale<br />

Vestibulum buccale<br />

Bucca<br />

Cavum oris proprium<br />

Tonsilla palatina<br />

M. hyoepiglotticus <strong>und</strong><br />

Cartilago epiglottica<br />

Cartilago thyroidea<br />

Cartilago cricoidea<br />

Oesophagus<br />

Trachea<br />

Der rostrale Abschnitt des Gaumens wird als harter Gaumen<br />

(Palatum durum) bezeichnet. Er besitzt als knöcherne Gr<strong>und</strong>lage<br />

die Gaumenfortsätze des Os incisivum <strong>und</strong> der Maxilla sowie die<br />

Lamina horizontalis des Os palatinum. <strong>M<strong>und</strong></strong>höhlenwärts wird der<br />

harte Gaumen von einer dicken, mehr oder weniger verhornten<br />

Schleim haut bedeckt, die quer verlaufende leistenförmige Gaumenstaffeln<br />

(Rugae palatinae) trägt. Bei den Wiederkäuern sind diese<br />

mit kaudal gerichteten Papillen besetzt, die die Nahrung pharynx -<br />

wärts leiten. Median treffen die Gaumenstaffeln in der Gaumen -<br />

naht (Raphe palati) aufeinander (Abb. 7-3 u. 6).<br />

Hinter den mittleren Schneidezähnen liegt eine unpaarige Verdickung,<br />

die Papilla incisiva (Abb. 7-3 u. 6), die jeweils lateral von<br />

der Öffnung des paarigen Ductus incisivus flankiert wird. Die beiden<br />

Ductus incisivi verbinden, außer beim Pferd, bei dem sie m<strong>und</strong> -<br />

höhlen seitig geschlossen sind, die <strong>M<strong>und</strong></strong>höhle mit der Nasenhöhle.<br />

Sie setzen sich kaudal mit einem blind endenden Kanal, dem Organum<br />

vomeronasale (Jacobson-Organ) fort. Dieses ist von Riech -<br />

schleimhaut ausgekleidet <strong>und</strong> fungiert als Witterungsorgan.<br />

Auffällig ist bei den Wiederkäuern die Dental platte, die die<br />

oberen Schneidezähne ersetzt (Abb. 7-6). Sie bildet während der<br />

Futteraufnahme das Gegenlager für die Schneidezähne des Unter -<br />

kiefers. Das unter ihrem Epithel gelegene Binde gewebe ist fest<br />

<strong>Kopfdarm</strong> (<strong>M<strong>und</strong></strong>- <strong>und</strong> Schl<strong>und</strong>kopfhöhle) 303<br />

Philtrum<br />

Labium oris<br />

Papilla incisiva<br />

Diastema<br />

Raphe palati<br />

Palatum durum<br />

mit Rugae palatinae<br />

Plica pterygomandibularis<br />

<strong>und</strong> Arcus palatoglossus<br />

Ramus mandibulae<br />

Velum palatinum bzw. Palatum molle<br />

Arcus palatopharyngeus<br />

Ostium intrapharyngeum<br />

Pars oesophagea pharyngis<br />

Limen pharyngo-oesophageum<br />

Abb. 7-3. Schematische Darstellung der <strong>M<strong>und</strong></strong>- <strong>und</strong> Rachenhöhle des H<strong>und</strong>es mit eröffneter Kehlkopfhöhle, Luftröhre geteilt <strong>und</strong> zur Seite<br />

verlagert, nach Dyce, Sack <strong>und</strong> Wensing, 2002.<br />

<strong>und</strong> unverschieblich mit dem Periost verb<strong>und</strong>en. Darin verlaufen<br />

ausgedehnte Venenplexus.<br />

Die Gaumenschleimhaut setzt sich im Bereich der Zähne<br />

mit dem drüsenlosen Zahnfleisch (Gingiva) fort. Dieses ist<br />

bindegewebig in der Lamina propria mucosae einerseits fest<br />

im Periost der Knochen, andererseits im Zement der Zähne<br />

verankert.<br />

Kaudal geht der harte Gaumen in das Gaumen segel (Velum<br />

palatinum) über. Dieses, auch weicher Gaumen (Palatum<br />

molle) genannt (Abb. 7-3), grenzt den Atmungsrachen vom<br />

<strong>M<strong>und</strong></strong>rachen ab. Es stellt eine Falte dar, deren nasale Oberfläche<br />

von Atmungs schleimhaut <strong>und</strong> deren ventrale von einer mehr -<br />

schichtigen <strong>M<strong>und</strong></strong>schleimhaut bedeckt ist. Sein kaudaler Rand,<br />

der Arcus veli palatini, hilft das Ostium intrapharyngeum zu<br />

begrenzen.<br />

Das Gaumensegel kann durch Muskeln aktiv bewegt werden.<br />

Dabei wird es vom M. palatinus verkürzt, durch den M. tensor<br />

veli palatini gespannt <strong>und</strong> vom M. levator veli palatini angehoben.<br />

Während der M. tensor veli palatini von einem Ast des N.<br />

mandibularis versorgt wird, erhalten die anderen beiden Muskeln<br />

ihre Innervation von einem Nervenplexus, der aus Ästen<br />

des N. vagus <strong>und</strong> des N. glossopharyngeus hervorgeht.


304<br />

7 Verdauungsapparat (Apparatus digestorius)<br />

Oesophagus<br />

(geteilt <strong>und</strong><br />

aufgeklappt)<br />

Processus<br />

corniculatus<br />

Epiglottis<br />

Tonsilla palatina<br />

Radix linguae<br />

Corpus linguae<br />

Sulcus medianus<br />

linguae<br />

Apex linguae<br />

Zunge (Lingua, Glossa)<br />

Die Zunge ist ein muskulöses Organ. Sie füllt bei geschlossener<br />

<strong>M<strong>und</strong></strong>höhle das Cavum oris proprium vollständig aus. Ihre Funktionen<br />

bestehen im Ergreifen der Nahrung, dem Belecken, der Wasser-<br />

Processus<br />

corniculatus<br />

Recessus piriformis<br />

Plica aryepiglottica<br />

Epiglottis<br />

Tonsilla palatina<br />

Radix linguae<br />

Corpus linguae<br />

Apex linguae<br />

Abb. 7-4. Zunge mit Kehlkopf eines H<strong>und</strong>es (Dorsalansicht). Abb. 7-5. Zunge mit Kehlkopf einer Katze (Dorsalansicht), König,<br />

1992.<br />

Dentalplatte<br />

Papilla incisiva<br />

Palatum durum mit<br />

Rugae palatinae<br />

Raphe palati<br />

Abb. 7-6. <strong>M<strong>und</strong></strong>höhlendach eines Rindes (Ausschnitt).<br />

aufnahme <strong>und</strong> der Bewegung der Nahrung während des Kau vor -<br />

gangs, sie ist auch an der Lautbildung beteiligt.<br />

Die Zunge leitet auch den Schluckakt ein <strong>und</strong> fungiert als geschmacks-,<br />

tast-, schmerz- <strong>und</strong> temperaturempfindliches Organ. Sie<br />

wird beim H<strong>und</strong> darüber hinaus zur Hitzeableitung beim Hecheln<br />

benutzt. Durch eine intensive Blutversorgung der Zunge <strong>und</strong> durch<br />

zahlreiche arteriovenöse Anastomosen wird diese physiologische<br />

Wärmeabgabe über die Verdunstung von Flüssigkeit gewährleistet.<br />

Maßgeblich an der Kühlung beteiligt ist aber auch die Totraumventilation<br />

der Atmungswege (Kehlkopf, Luftröhre, größere Bronchien)<br />

mit der Verdunstung von Flüssigkeit.<br />

Man unterscheidet die Zungenspitze (Apex linguae), den Zungenkörper<br />

(Corpus linguae) <strong>und</strong> den Zungengr<strong>und</strong> (Radix linguae).<br />

Die Spitze ist mit dem <strong>M<strong>und</strong></strong>höhlenboden durch das Zungen<br />

bändchen (Frenulum linguae) verb<strong>und</strong>en. Die Zunge des<br />

H<strong>und</strong>es besitzt dorsal in der Medianen einen markanten Sulcus medianus<br />

(Abb. 7-4 u. 7).<br />

Die Zunge der Wiederkäuer trägt am Zungen rücken (Dorsum<br />

linguae) den Zungenwulst (Torus linguae), vor dem sich das sog.<br />

Futterloch (Fossa linguae) einsenkt. In diese Vertiefung dringen<br />

gelegentlich Grannen oder andere feste Futterteile ein, die zu Beschwerden<br />

führen können. Im Zungenrücken des Pferdes ist der<br />

Zungenrücken knorpel (Cartilago dorsi linguae) eingelagert<br />

(Abb. 7-13).<br />

Beim H<strong>und</strong> <strong>und</strong> bei der Katze verläuft in der Tela submucosa,<br />

ventral in der Zungenmuskulatur, der »Tollwurm« (Lyssa). Es handelt<br />

sich dabei um einen bindegewebigen, mit Fettgewebe gefüllten<br />

schlauchförmigen Strang, in den auch Muskel fasern <strong>und</strong> Knorpel -<br />

inseln eingelagert sind. Die Lyssa beginnt median einige Millimeter<br />

vom Vorderrand der Zunge entfernt, läuft kaudal <strong>und</strong> endet in einem<br />

feinen Faden, ohne das Zungen bein zu erreichen. Der Name »Toll-


Oesophagus<br />

Aditus laryngis<br />

Tonsilla palatina<br />

Papilla foliata<br />

Papilla vallata<br />

Corpus linguae<br />

Papillae<br />

fungiformes<br />

Apex linguae<br />

Papillae<br />

fungiformes<br />

Schwein Rind Pferd<br />

wurm« ist auf den irrigen Glauben zurückzuführen, die Lyssa hätte<br />

etwas mit der Tollwut zu tun.<br />

Die Zungenschleimhaut ist an der Dorsalfläche <strong>und</strong> an den<br />

Rändern widerstandsfähig <strong>und</strong> unverschieblich. Auf der Ventralfläche<br />

wird diese sehr viel weicher <strong>und</strong> ist etwas lockerer mit dem<br />

untergelagerten Bindegewebe verb<strong>und</strong>en.<br />

Zu den besonderen Aufgaben der Zunge ist die Futter auf nahme<br />

<strong>und</strong> die sensorische Prüfung der Nahrung zu rechnen. Hierfür sind<br />

auf der Zungen oberfläche Schleimhauterhebungen in Form von<br />

Zungenpapillen (Papillae linguales) ausgebildet, die sich tierartlich<br />

in Größe, Anzahl <strong>und</strong> Verteilung unterscheiden (Abb. 7-8ff.).<br />

Entsprechend ihrer Funktionen unterscheidet man:<br />

Am zahlreichsten sind mechanische Papillen (Papillae mechanicae)<br />

anzutreffen, die in der Mehrzahl fadenförmige Papillen (Papillae filiformes)<br />

darstellen. Zu dieser Gruppe gehören ebenfalls die etwas<br />

größeren konischen Papillen (Papillae conicae). Sie sind vor allem<br />

beim Rind an der Zun gen basis <strong>und</strong> bei der Katze verhornt auf der<br />

ganzen Dorsalfläche anzutreffen. Sie verleihen der Rinder- <strong>und</strong> der<br />

Kat zenzunge ihren typisch rauen, raspelartigen Cha rak ter. Zungen-<br />

<strong>Kopfdarm</strong> (<strong>M<strong>und</strong></strong>- <strong>und</strong> Schl<strong>und</strong>kopfhöhle) 305<br />

Abb. 7-7. Schematische Darstellung von Zunge (Dorsalansicht), Rachenhöhle <strong>und</strong> Speiseröhre (dorsal eröffnet).<br />

● mechanische Papillen (Papillae mechanicae):<br />

– fadenförmige Papillen (Papillae filiformes),<br />

– konische Papillen (Papillae conicae),<br />

– randständige Papillen (Papillae marginales) <strong>und</strong><br />

● Geschmackspapillen (Papillae gustatoriae):<br />

– pilzförmige Papillen (Papillae fungiformes),<br />

– wallförmige Papillen (Papillae vallatae),<br />

– Blattpapillen (Papillae foliatae).<br />

Radix<br />

linguae<br />

Papillae<br />

vallatae<br />

Torus<br />

linguae<br />

Fossa<br />

linguae<br />

Aditus laryngis<br />

Processus corniculatus<br />

Plica aryepiglottica<br />

Epiglottis<br />

Tonsilla palatina<br />

Papilla foliata<br />

Papilla vallata<br />

Corpus linguae<br />

Dorsum linguae mit<br />

Cartilago dorsi linguae<br />

Papillae fungiformes<br />

Sulcus medianus linguae<br />

Apex linguae<br />

randpapillen (Papillae marginales) sind bei neugeborenen Carnivo -<br />

ren <strong>und</strong> Ferkeln entwickelt, diese bilden einen seitlichen Abschluss<br />

der Zunge <strong>und</strong> unterstützen das Saugen der Jungtiere (Abb. 7-8).<br />

Die übrigen Papillen der Zunge enthalten Ge schmacks -<br />

papillen (Papillae gustatoriae). Sie werden nach ihrer Form als<br />

pilzförmige Papillen (Papil lae fungiformes), umwallte Papillen<br />

(Papil lae vallatae) oder blattförmige Papillen (Papillae foliatae)<br />

bezeichnet. Geschmacks papillen sind ebenso wie die mechanischen<br />

Papillen Schleimhautmodifikationen. Sie schließen als<br />

Charakteristikum in ihrem Epithel Geschmacks knospen zur<br />

Rezeption sensorischer Reize ein. In unmittelbarer Nähe der<br />

Geschmacks papillen finden sich seröse Spüldrüsen (Ebner-<br />

Spüldrüsen), die es ermöglichen, die in der Speichelflüssigkeit<br />

gelösten Nahrungsstoffe von der Zungenoberfläche zu entfernen,<br />

um neue Sinnes eindrücke aufzunehmen. (Näheres siehe Lehrbücher<br />

der Histo logie.)<br />

Die Zunge zeichnet sich durch eine besondere Anordnung der<br />

Muskulatur aus, die diesem Organ die bekannte hohe Motilität<br />

verleiht. Die Zungen muskeln setzen sich aus dem Binnen muskel,<br />

dem intralingualen System, <strong>und</strong> den Außenmuskeln, dem extralingualen<br />

System, zusammen.<br />

Der Binnenmuskel (M. lingualis proprius) besteht aus einer<br />

Vielzahl von Fasern, die in den drei Richtungen des Raumes verlaufen,<br />

ohne an einem der umliegenden Knochen anzusetzen (Abb.<br />

7-13). Entsprechend ihrem Faserverlauf unterscheidet man:<br />

● Fibrae longitudinales superficiales et prof<strong>und</strong>ae,<br />

● Fibrae transversae,<br />

● Fibrae perpendiculares.


306<br />

7 Verdauungsapparat (Apparatus digestorius)<br />

Papillae fungiformes<br />

Papillae marginales<br />

Papillae marginales<br />

Abb. 7-8. Papillen an der Zungenoberfläche eines Ferkels (Korrosions -<br />

präparat).<br />

Papilla vallata<br />

Papilla vallata<br />

Papillae conicae<br />

Abb. 7-10. Papillen am Zungengr<strong>und</strong> eines Rindes.<br />

Die Außenmuskeln (Skelettzungen muskeln) besitzen knöchernen<br />

Ursprung <strong>und</strong> strahlen von hier in die Zunge ein (Abb. 7-13).<br />

Es handelt sich um symmetrische Muskeln, die entsprechend<br />

ihrem Ursprung am Zungenbein bzw. am Kinnwinkel bezeichnet<br />

werden als:<br />

● M. styloglossus,<br />

● M. hyoglossus,<br />

● M. genioglossus.<br />

Papillae conicae<br />

Abb. 7-9. Papillae conicae eines Rindes als Beispiel für mechanische<br />

Papillen.<br />

<strong>M<strong>und</strong></strong>schleimhaut<br />

Geschmacksknospen<br />

Drüsenschläuche<br />

seröse Spüldrüsen<br />

Zungenmuskulatur<br />

Abb. 7-11. Histologischer Schnitt durch die Zunge einer Ziege mit<br />

einer Papilla vallata.<br />

Die Zunge wird außerdem vom M. mylohyoideus gestützt, der sie<br />

zwischen den Unterkieferkörpern aufhängt <strong>und</strong> eine wichtige Rolle<br />

beim Einleiten des Schluckaktes spielt. Der M. geniohyoideus wird<br />

von manchen Autoren auch zur Zungenmuskulatur gezählt, er bewegt<br />

das Hyoid <strong>und</strong> damit auch die Zunge rostral (Abb. 7-13).<br />

Die Blutgefäße der Zunge, die A. lingualis <strong>und</strong> die A. sublingualis,<br />

entstammen dem Truncus linguofacialis. Sie entlassen<br />

zahlreiche, zur Dorsalfläche der Zunge verlaufende Äste,<br />

die sich in der Lamina propria mucosae des Bindegewebes der<br />

Zunge verzweigen. Von den Venen erlangt die V. sublingualis


praktische Bedeutung. Sie ist an der Ventralfläche der Zunge deutlich<br />

sichtbar <strong>und</strong> eignet sich vor allem beim H<strong>und</strong> <strong>und</strong> bei der<br />

Katze zur Punktion.<br />

Die Innervation der Zunge erfolgt vegetativ, sensibel, sensorisch<br />

<strong>und</strong> motorisch über fünf Gehirnnervenpaare:<br />

Die vorderen beiden Drittel der Zunge werden vom N. lingualis,<br />

einem Ast des V. Gehirn nervs (N. trigeminus, V 3), sensibel innerviert.<br />

Zum N. lingualis gesellt sich die Chorda tympani, ein Ast des<br />

VII. Gehirnnervs (N. facialis), der sensible <strong>und</strong> parasympathische<br />

Faserqualitäten enthält. Letztere gehen im Ganglion mandibulare<br />

Synapsen ein. Das kaudale Zungendrittel wird vom Ramus lingualis<br />

des IX. Gehirnnervs (N. glossopharyngeus) innerviert, während an<br />

die Radix linguae auch Äste des X. Gehirnnervs (N. vagus) herantreten<br />

(s. auch Kap. 14 »Nervensystem«).<br />

Die motorische Innervation übernimmt allein der XII. Gehirn<br />

nerv, der N. hypoglossus. Eine Schädigung dieses Nervs<br />

führt zum Heraus hängen der Zunge. Dieses Symptom wird im<br />

Zusam men hang mit der mastikatorischen Gesichtslähmung<br />

(bedingt durch Schädigung des V. Gehirnnervs) bei Tieren nach<br />

<strong>Kopfdarm</strong> (<strong>M<strong>und</strong></strong>- <strong>und</strong> Schl<strong>und</strong>kopfhöhle) 307<br />

Papilla marginalis eines Ferkels Papillae filiformes eines Rindes Papillae filiformes eines Pferdes<br />

Papilla fungiformis eines Schweines Papilla vallata eines Pferdes Papilla foliata eines Kaninchens<br />

Abb. 7-12. Schematische Darstellung von Zungenpapillen, Liebich, 2010.<br />

● N. mandibularis (N. trigeminus, V 3),<br />

● N. facialis (VII),<br />

● N. glossopharyngeus (IX),<br />

● N. vagus (X) <strong>und</strong><br />

● N. hypoglossus (XII).<br />

Traumata im Kopfbereich beobachtet. Luftsackentzündungen<br />

oder unsachgemäße Manipu lationen am Luftsack beim Pferd<br />

können sich ebenfalls auf den N. hypoglossus (XII) <strong>und</strong> den N.<br />

glossopharyngeus (IX) auswirken, da diese Nerven in einer Falte<br />

der Luftsackschleimhaut verlaufen. Auch dadurch können Lähmungen<br />

der Zungenmuskulatur auftreten (s. auch Kap. 14 »Nervensystem«<br />

u. Kap. 19 »Topographisch-klinische Anatomie«).<br />

<strong>M<strong>und</strong></strong>höhlenboden<br />

Der <strong>M<strong>und</strong></strong>höhlenboden gliedert sich in den rostral vom Zungen -<br />

bänd chen (Frenulum) gelegenen präfrenulären Abschnitt <strong>und</strong><br />

dessen beidseits zwischen Zunge <strong>und</strong> Unterkiefer verlaufenden<br />

Fortsetzungen, den Recessus sublinguales laterales. Vor dem Frenulum<br />

liegen ebenfalls beidseits die sog. Hungerwarzen (Carun -<br />

culae sublinguales), die die Öffnungen des Aus führungsgangs der<br />

Unterkieferdrüse, den Ductus mandibularis, <strong>und</strong> der Unterzungendrüse,<br />

den Ductus sublingualis major (fehlt beim Pferd), enthalten.<br />

Die Hungerwarzen können beim Schwein gelegentlich fehlen,<br />

sind bei H<strong>und</strong> <strong>und</strong> Katze unscheinbar, beim Pferd gut entwickelt<br />

<strong>und</strong> bei den Wiederkäuern verhältnismäßig groß. Beim Rind sind<br />

sie breitflächig <strong>und</strong> besitzen einen gezackten freien Rand. In der<br />

Nähe der Hungerwarzen findet sich beim Pferd <strong>und</strong> bei der Ziege<br />

eine kleine <strong>M<strong>und</strong></strong>höhlenboden drüse (Glandula paracaruncularis).<br />

Außerdem kann hier bei allen Tierarten lymphoretikuläres Gewebe<br />

vorkommen.


308<br />

7 Verdauungsapparat (Apparatus digestorius)<br />

M. styloglossus<br />

Buca<br />

M. hyoglossus<br />

M. genioglossus<br />

M. masseter<br />

M. mylohyoideus<br />

M. geniohyoideus<br />

M. digastricus<br />

Tunica mucosa<br />

M. lingualis proprius<br />

Abb. 7-13. Schematische Darstellung des <strong>M<strong>und</strong></strong>höhlenbodens <strong>und</strong> der Zunge des Pferdes (Querschnitt).<br />

Kaudal der mittleren Schneidezähne liegt im sublingualen<br />

<strong>M<strong>und</strong></strong>höhlenboden das paarige Organum orobasale (Ackerknecht-Organ).<br />

Es soll sich hierbei um Rudimente einer bei Reptilien<br />

vorkommenden vorderen Unterzungendrüse handeln.<br />

Im Recessus sublingualis lateralis (Abb. 7-13) öffnen sich<br />

auf einer mehr oder weniger deutlichen Längsfalte (Plica sublingualis)<br />

die Ausführungsgänge der Glandula sublingualis minor<br />

oder polystomatica (s. unten). Ihre Öffnungen sind beim Rind auf<br />

den Spitzen einer Reihe von Papillae conicae zu finden. Beim<br />

Pferd wölbt die Glandula sublingualis polystomatica die Schleimhaut<br />

zu einem typischen Längswulst vor.<br />

Anhangsdrüsen der <strong>M<strong>und</strong></strong>höhle:<br />

Speicheldrüsen (Glandulae salivariae)<br />

Die Speicheldrüsen, auch Kopfdrüsen genannt, sondern ihr Sekret<br />

in die <strong>M<strong>und</strong></strong>höhle ab (Abb. 7-14ff.). Sie sind paarig angelegt. Der<br />

Speichel (Saliva) wird der Nahrung während des Kauvorganges<br />

beigemischt, sodass diese abgeschluckt werden kann. Man unter<br />

scheidet:<br />

● kleine Speicheldrüsen (Glandulae salivariae minores),<br />

● größere Speicheldrüsen (Glandulae salivariae majores).<br />

Kleine Speicheldrüsen finden sich in großer Zahl in der Schleimhaut<br />

der Lippen, der Backen, der Zunge, des Gaumens <strong>und</strong> des<br />

präfrenulären <strong>M<strong>und</strong></strong> höhlenbodens. Diese sezernieren vorzugsweise<br />

ein muköses Sekret. Die Backendrüsen (Glandulae buccales) kommen<br />

als dorsales <strong>und</strong> ventrales Drüsenpaket vor. Bei den Wieder-<br />

Cartilago dorsi linguae<br />

Septum linguae<br />

molarer Zahn (M2)<br />

Glandula buccalis ventralis<br />

Recessus sublingualis lateralis<br />

Mandibula<br />

Ductus mandibularis<br />

Glandula sublingualis minor<br />

Lnn. mandibulares<br />

käuern findet sich zusätzlich eine mittlere Gruppe. Seiner Lage wegen<br />

wird das relativ kompakte dorsale Paket der Backendrüsen bei<br />

H<strong>und</strong> <strong>und</strong> Katze als Glandula zygomatica bezeichnet (Abb. 7-15).<br />

Die Hauptmenge des Speichels stammt aus größeren Drüsen,<br />

die verlängerte Ausführungsgänge in die Münd höhle besitzen.<br />

Sie geben vorwiegend einen dünnflüssigen, sog. »serösen«<br />

Speichel ab, aber auch gemischt seromuköse Sekrete. Der Speichel<br />

ent hält, vor allem beim Schwein, ein Ferment, das Ptyalin,<br />

das bereits im <strong>M<strong>und</strong></strong> die Stärkever dauung einleitet. Der Speichelfluss<br />

ist kontinuierlich.<br />

Beim Pferd werden täglich ca. 40 l, beim Rind 110–180 l<br />

Speichel produziert. Beim Schwein beträgt die Menge ca. 15 l. Der<br />

Speichel enthält außer Muzin <strong>und</strong> geringen Mengen Ptyalin<br />

auch Salze, vor allem Natriumhydrogenkarbonat.<br />

Die Speicheldrüsen werden vegetativ innerviert. Parasympathische<br />

Fasern der V., VII. <strong>und</strong> IX. Gehirn nerven stimulieren die<br />

Sekretion. Der Speichelfluss nimmt zu, wenn essbare Substanzen in<br />

den <strong>M<strong>und</strong></strong> gelangen oder wenn der Geruch von solchen wahrgenommen<br />

wird (parasympathische Stimulation). Gleichzeitig<br />

kommt es zur Blutgefäßerweiterung. Die sympathische Innervation<br />

sämtlicher Speichel drüsen erfolgt vom Ganglion cervicale<br />

craniale. Hier werden die Sympathikus fasern von den präauf<br />

die postsynaptischen Fasern umgeschaltet. Der Sympathikusnerv,<br />

dessen Innervation vor allem während Stresssituationen<br />

<strong>und</strong> bei Aufregung <strong>und</strong> Furcht vor herrscht, bewirkt eine<br />

Verringerung des Speichelflusses mit gleichzeitiger Gefäßverengung.<br />

Die postganglionären Fasern aus dem Ganglion cervicale<br />

craniale laufen meist in der Tunica adventitia der Arterien.<br />

Der Speichel dient neben der positiven Beeinflussung der<br />

Verdauung <strong>und</strong> der Pufferung der aufgenommenen Nahrung

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