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Leidenschaft und Begierde Isabella und Pascal

„Ich würde es gern länger, ganz lange genie­ßen. Verstehst du? Ich möchte unsere Liebe auch körperlich endlos spüren können.“ erläuter­te Isa­bella und lächelte schel­misch. „Sag mal, Pascal, findest du mich eigent­lich schön und begehrenswert?“ fragte Isabella plötzlich und Pascal bog sich vor Lachen. „Ja, das stimmt, Isa­bella, man müsste sich das ei­gentlich auch sa­gen, nur jetzt? Und wie sollte ich es denn formulieren: „Du bist so schön Isa­bella, ich be­gehre dich.“?“ überlegte Pascal. Dafür bekam er einen Boxhieb. „Ein unstill­bares Verlangen nach der Schönheit deines Kör­pers durchwogt all mein Begeh­ren.“ wäre das poetischer?“ erkundig­te er sich bei Isabella. „Pascal, du bist böse und machst dich über mich lustig.“ meinte Isabella mit nicht erns­ter Schmollmimik. „Meine Liebste, du weißt doch, dass ich dich für die Frau mit dem schönste Po der Welt halte, die Isabella kallipy­gos, und dein Gesicht ist meine Sonne, sie bringt alles zum Strahlen und durchwärmt mein Herz. Kannst du mein Begehren auch ein­fach so spüren, ohne dass ich öfter mal Brunft­schreie ausstoße?“ reagierte Pas­cal. „Ja, für Frauen, die meis­ten wenigstens, ist es schon bedeutsam, be­gehrt zu werden, während Männer mit der Einstel­lung ge­boren werden, dass es bei ih­nen per se der Fall sein muss.“ erklärte Isa­bella. „Natürlich, sie schmücken sich ja auch mit modi­scher Klei­dung und an­deren Accessoires, weil beim Menschen die Weibchen die akti­ve Rolle im Balz­verhalten haben.“ erläu­terte Pascal. „Aha, und wie war die Balz deines Weib­chens? War sie bei dir erfolgreich, ja?“ fragte Isabella und fügte dem hin­zu: „Dann darfst du aber jetzt auch nicht nur träu­men und schmusen wol­len, mein Liebs­ter, dafür habe ich doch den ganzen Auf­wand der Balz nicht betrieben.“

„Ich würde es gern länger, ganz lange genie­ßen. Verstehst du? Ich möchte unsere Liebe auch körperlich endlos spüren können.“ erläuter­te Isa­bella und lächelte schel­misch. „Sag mal, Pascal, findest du mich eigent­lich schön und begehrenswert?“ fragte Isabella plötzlich und Pascal bog sich vor Lachen. „Ja, das stimmt, Isa­bella, man müsste sich das ei­gentlich auch sa­gen, nur jetzt? Und wie sollte ich es denn formulieren: „Du bist so schön Isa­bella, ich be­gehre dich.“?“ überlegte Pascal. Dafür bekam er einen Boxhieb. „Ein unstill­bares Verlangen nach der Schönheit deines Kör­pers durchwogt all mein Begeh­ren.“ wäre das poetischer?“ erkundig­te er sich bei Isabella. „Pascal, du bist böse und machst dich über mich lustig.“ meinte Isabella mit nicht erns­ter Schmollmimik. „Meine Liebste, du weißt doch, dass ich dich für die Frau mit dem schönste Po der Welt halte, die Isabella kallipy­gos, und dein Gesicht ist meine Sonne, sie bringt alles zum Strahlen und durchwärmt mein Herz. Kannst du mein Begehren auch ein­fach so spüren, ohne dass ich öfter mal Brunft­schreie ausstoße?“ reagierte Pas­cal. „Ja, für Frauen, die meis­ten wenigstens, ist es schon bedeutsam, be­gehrt zu werden, während Männer mit der Einstel­lung ge­boren werden, dass es bei ih­nen per se der Fall sein muss.“ erklärte Isa­bella. „Natürlich, sie schmücken sich ja auch mit modi­scher Klei­dung und an­deren Accessoires, weil beim Menschen die Weibchen die akti­ve Rolle im Balz­verhalten haben.“ erläu­terte Pascal. „Aha, und wie war die Balz deines Weib­chens? War sie bei dir erfolgreich, ja?“ fragte Isabella und fügte dem hin­zu: „Dann darfst du aber jetzt auch nicht nur träu­men und schmusen wol­len, mein Liebs­ter, dafür habe ich doch den ganzen Auf­wand der Balz nicht betrieben.“

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Carmen Sevilla<br />

<strong>Leidenschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Begierde</strong><br />

<strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong><br />

Verlangen wider Willen<br />

Erzählung<br />

La raison peut nous avertir de ce qu'il faut éviter,<br />

le coeur seul nous dit ce qu'il faut faire. " J. Joubert<br />

„Ich würde es gern länger, ganz lange genießen. Verstehst du? Ich<br />

möchte unsere Liebe auch körperlich endlos spüren können.“ erläuterte<br />

<strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> lächelte schelmisch. „Sag mal, <strong>Pascal</strong>, findest du mich<br />

eigentlich schön <strong>und</strong> begehrenswert?“ fragte <strong>Isabella</strong> plötzlich <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong><br />

bog sich vor Lachen. „Ja, das stimmt, <strong>Isabella</strong>, man müsste sich das eigentlich<br />

auch sagen, nur jetzt? Und wie sollte ich es denn formulieren:<br />

„Du bist so schön <strong>Isabella</strong>, ich begehre dich.“?“ überlegte <strong>Pascal</strong>. Dafür<br />

bekam er einen Boxhieb. „Ein unstillbares Verlangen nach der Schönheit<br />

deines Körpers durchwogt all mein Begehren.“ wäre das poetischer?“<br />

erk<strong>und</strong>igte er sich bei <strong>Isabella</strong>. „<strong>Pascal</strong>, du bist böse <strong>und</strong> machst dich<br />

über mich lustig.“ meinte <strong>Isabella</strong> mit nicht ernster Schmollmimik.<br />

„Meine Liebste, du weißt doch, dass ich dich für die Frau mit dem<br />

schönste Po der Welt halte, die <strong>Isabella</strong> kallipygos, <strong>und</strong> dein Gesicht ist<br />

meine Sonne, sie bringt alles zum Strahlen <strong>und</strong> durchwärmt mein Herz.<br />

Kannst du mein Begehren auch einfach so spüren, ohne dass ich öfter<br />

mal Brunftschreie ausstoße?“ reagierte <strong>Pascal</strong>. „Ja, für Frauen, die meisten<br />

wenigstens, ist es schon bedeutsam, begehrt zu werden, während<br />

Männer mit der Einstellung geboren werden, dass es bei ihnen per se der<br />

Fall sein muss.“ erklärte <strong>Isabella</strong>. „Natürlich, sie schmücken sich ja auch<br />

mit modischer Kleidung <strong>und</strong> anderen Accessoires, weil beim Menschen<br />

die Weibchen die aktive Rolle im Balzverhalten haben.“ erläuterte <strong>Pascal</strong>.<br />

„Aha, <strong>und</strong> wie war die Balz deines Weibchens? War sie bei dir erfolgreich,<br />

ja?“ fragte <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> fügte dem hinzu: „Dann darfst du aber jetzt auch<br />

nicht nur träumen <strong>und</strong> schmusen wollen, mein Liebster, dafür habe ich<br />

doch den ganzen Aufwand der Balz nicht betrieben.“<br />

<strong>Leidenschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Begierde</strong> <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> – Seite 1 von 43


<strong>Leidenschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Begierde</strong> <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong>–<br />

Inhalt<br />

<strong>Leidenschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Begierde</strong> <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong>..............................4<br />

Germanistikseminar <strong>und</strong> Gelüste....................................................4<br />

Leider war er ein Mann................................................................... 7<br />

Walden........................................................................................... 8<br />

Vielleicht in <strong>Pascal</strong> verliebt?........................................................... 9<br />

<strong>Pascal</strong> wollte es nicht................................................................... 10<br />

<strong>Pascal</strong>s Wänglein streicheln.........................................................11<br />

Völlig durchgeknallt......................................................................12<br />

Frühlingsgefühle...........................................................................13<br />

<strong>Pascal</strong> wir müssen uns trennen.................................................... 14<br />

Spanien........................................................................................ 16<br />

Aktives Leben führen....................................................................18<br />

Hallo <strong>Pascal</strong>, hallo <strong>Isabella</strong>........................................................... 19<br />

Florians Schlafzimmer.................................................................. 19<br />

Schönes Wochenende................................................................... 22<br />

Zwei neue Sterne..........................................................................24<br />

<strong>Pascal</strong> im Kopf.............................................................................. 26<br />

Mahlers Adagietto.........................................................................28<br />

Nackter Mann............................................................................... 29<br />

Es ist so <strong>und</strong> es wird sich nicht ändern......................................... 30<br />

Pias Geheimnis............................................................................. 31<br />

Zukunftspläne...............................................................................32<br />

Bunte Nächte................................................................................ 34<br />

Wohnungen.................................................................................. 35<br />

<strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> Anett........................................................................ 35<br />

Ménage à trois.............................................................................. 37<br />

Anett zu Besuch............................................................................39<br />

Mit Fabienne ins Klavierkonzert....................................................42<br />

<strong>Leidenschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Begierde</strong> <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> – Seite 2 von 43


<strong>Leidenschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Begierde</strong> <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong><br />

Germanistikseminar <strong>und</strong> Gelüste<br />

Er wollte einen Blick erhaschen, wollte diesem mürrischen, nein, angewiderten<br />

auch nicht, diesem gelangweilten Gesicht ein Lächeln schenken. Klar, die Thematik<br />

förderte beim Durchschnittsgermanisten nicht gerade schärfstes Interesse<br />

<strong>und</strong> erweckte Lustgefühle. Die Frau drehte auch ihren Kopf zu ihm <strong>und</strong> <strong>und</strong><br />

gab ihrer Mimik fre<strong>und</strong>liche Züge. Einige Sek<strong>und</strong>en später erklärte sie: „Mich<br />

widert das hier an. Ich mag sie ja, auch die Lyrik der Romantik. Wenn ich ein<br />

Gedicht von Eichendorff lese, dann weiß ich was er sagen, was er rüberbringen<br />

will. Ich verstehe ihn <strong>und</strong> bin fasziniert davon, wie er's gemacht hat. Mir gefallen<br />

seine Formulierungen <strong>und</strong> seine Ausdrucksweise. Wenn er in der Mondnacht<br />

den Himmel die Erde küssen <strong>und</strong> die Seele ihre Fügel ausbreiten lässt,<br />

dann ist das warm, milde <strong>und</strong> sanft <strong>und</strong> weckt beim Leser Assoziationen ans<br />

eigene Empfinden der Liebe. Mehr hat Eichendorff nicht gewollt, <strong>und</strong> mehr will<br />

der Leser nicht wissen. Keiner von ihnen kannte oder kennt aus dem großen<br />

Katalog der lyrischen Stilmittel die sprachwissenschaftlich zu bestimmenden<br />

Details, die hier zur Anwendung kommen. Was interessierte es Eichendorff, ob<br />

er hier eine Synkope verwendet hatte oder nicht, <strong>und</strong> mich interessiert es genauso<br />

wenig.“ Der junge Mann musste lachen. „Na ja,“ meinte er, weiter lächelnd,<br />

„die Germanistik untersucht Sprache eben nicht nur auf Schönheit.“<br />

„Sollte sie aber.“ reagierte die junge Frau. „Die meisten Texte sind abstoßend,<br />

Missbrauch von Sprache, sogar manche Referate hier in den Seminaren. Was<br />

will man denn mehr von einer Sprache, als die Möglichkeiten ihrer Schönheit<br />

zu finden <strong>und</strong> herauszustellen?“ Der Professor kam herein, das Seminar begann.<br />

Der junge Mann lachte immer noch stumm vor sich hin. Eine lustige<br />

Sicht, auf so etwas war er noch nie gekommen. Die beiden saßen in einem Seminar<br />

zur Lyrik von drei Dichtern der Romantik. Zum Schluss des Seminars<br />

schien die Frau besser gelaunt. Sie blickte ihren Nachbarn mit breit grinsenden<br />

Lippen an. „War's doch besser, als du erwartet hattest?“ fragte der Mann.<br />

„Nein, wieso?“ die Frau. „Du bist anscheinend doch besser drauf jetzt.“ der<br />

Mann. „Ach wo, ich war doch vorher nicht schlecht drauf. Es ist nur dieses ganze<br />

vermaledeite Studium.“ meinte die Frau. „Das verstehe ich nicht.“ der Mann<br />

darauf. „Aber wir müssen hier auch raus. Hast du Lust <strong>und</strong> Zeit, es mir bei<br />

'nem Kaffee zu erklären?“<br />

Als sie in der kleinen Kaffeebar des Instituts Platz nahmen, stellten sie sich erst<br />

mal vor. <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> hießen sie. „Ich dachte, ich liebte Germanistik, die<br />

Beschäftigung mit der deutschen Sprache. Ich las viel <strong>und</strong> gern, hab' nicht nur<br />

alles verschlungen, meine Bücher waren mein zu Hause. Ich führte ein umfängliches<br />

Tagebuch mit oft essayhaften Texten <strong>und</strong> war die einzige in der Klasse,<br />

die gerne Aufsätze schrieb. Die Germanistik hier hat damit aber überhaupt<br />

nichts zu tun. Hier wird die Sprache mit ähnlichen Methoden wie in den Naturwissenschaften<br />

seziert. Mir kommt es so vor, als ob es unausgesprochen Ziel<br />

<strong>Leidenschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Begierde</strong> <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> – Seite 3 von 43


des Studiums sei, den künftigen Germanisten die Lust an der Sprache ein für<br />

allemal gründlich auszutreiben. Ernst <strong>und</strong> wichtig ist die deutsche Sprache. Alles<br />

andere ist irrelevant.“ stellte es <strong>Isabella</strong> dar. Es war bestimmt nicht der Inhalt<br />

ihrer Worte allein, der <strong>Pascal</strong>s Zwerchfell anregte, es waren auch ihre Diktion<br />

<strong>und</strong> vor allem wie sie sprach, ihr Rhythmus, ihre Sprachmelodie aber auch<br />

das Timbre in ihrer Stimme, die <strong>Pascal</strong> eine lustige Spannung verspüren ließen.<br />

Er lachte nicht über <strong>Isabella</strong>. Ihre Sprache gefiel ihm <strong>und</strong> erfreute ihn, er<br />

lauschte ihr gern <strong>und</strong> hätte ihr einfach immer weiter zuhören können. Grinsend<br />

schaute er <strong>Isabella</strong> an. „Aber du willst mir doch nicht erzählen, du hättest gedacht,<br />

Germanistik bestünde darin, dass man ein paar schöne Bücher lesen<br />

<strong>und</strong> gemeinsam drüber sprechen würde.“ meinte <strong>Pascal</strong>. Sie schauten sich mit<br />

Blicken an, die noch ernst sein wollten, doch dann lachten beide los. „Aber<br />

dass ich Gedichte lieber lese, als sie sprachwissenschaftlich zu zerpflücken, das<br />

stimmt schon.“ stellte <strong>Isabella</strong> immer noch lachend trotzig klar. Kurze Zeit war<br />

es still. Dann meinte <strong>Pascal</strong>: „Du solltest auch Dramaturgie oder Rhetorik, nein<br />

Theaterwissenschaften studieren.“ „Ich mache doch noch Philosophie. Da fühle<br />

ich mich wohl. Das ist ein weites, buntes Universum <strong>und</strong> nicht so ein sprachwissenschaftlicher<br />

Kleinschiss wie hier oft. Da brauchst du so theatralische Satiren<br />

nicht. Obwohl in der Linguistik haben sie ja enge Beziehungen.“ erklärte<br />

<strong>Isabella</strong>. <strong>Pascal</strong> hätte sie immer anschauen können. Sympathisch fand er <strong>Isabella</strong><br />

sicher, aber was es da auch noch gab, das von Anfang an schon da war,<br />

bevor sie den ganzen Fake mit ihrem Germanistikstudium inszeniert hatte,<br />

konnte er nicht benennen. Wie sie ihn mit dem Gesicht anschaute, das aus gelangweilt<br />

ein fre<strong>und</strong>liches Lächeln entwickelte, hatte er nicht nur wahr genommen.<br />

Es sprach ihn an <strong>und</strong> musste wohl direkt etwas in ihm bewegt haben.<br />

Dieses Gesicht sah er immer, wenn sie ihn anschaute oder mit ihm sprach. Ob<br />

<strong>Isabella</strong> attraktiv war? Das vielleicht auch, aber was sollte so eine Frage jetzt?<br />

Was konnte es nur sein, das sie für <strong>Pascal</strong> anziehend wirken ließ. Er mochte<br />

sie, obwohl er sie überhaupt nicht kannte.<br />

„Und was hat dich zu den Germanisten getrieben?“ wollte <strong>Isabella</strong> von <strong>Pascal</strong><br />

wissen. „Ach, das ist genauso kurios nur auf eine andere Art <strong>und</strong> Weise. Ich<br />

war ein Jahr in den USA. Da bist du sprachlich ziemlich gut drauf, <strong>und</strong> wenn ich<br />

Bücher im Original las, die ich auf Deutsch kannte, kam mir das oft wie zwei<br />

verschiedene Bücher vor. So wird das wahrscheinlich, wenn du wörtlich übersetzt<br />

ohne das amerikanische Buch richtig zu verstehen <strong>und</strong> dich einfühlen zu<br />

können, weil dir die Hintergründe <strong>und</strong> Zusammenhänge fehlen. Es gibt auch einige<br />

hervorragende Übersetzungen, <strong>und</strong> so etwas wollte ich eigentlich später<br />

mal machen. Das ist dann mehr als übersetzen. Du setzt nicht nur für die amerikanischen<br />

Wörter die deutschen ein. Du bist selber kreativ, <strong>und</strong> versuchst<br />

zum Beispiel die Stimmung des amerikanischen Buches auf deutsch zu vermitteln.<br />

Transponieren würde meiner Ansicht nach besser passen, wie du Musik<br />

für ein anderes Instrument umschreibst <strong>und</strong> doch den gleichen Eindruck beibehältst.<br />

Du bist kein Übersetzer, sondern deine Übertragung für deutsche Leser<br />

enthält vielfältige eigene Komponenten. Dazu studiert man am besten Anglistik<br />

<strong>und</strong> Germanistik, habe ich gedacht. Ist auch vielleicht ganz richtig. Nur normalerweise<br />

reicht dafür aber das Übersetzerkolleg schon.“ erläuterte <strong>Pascal</strong>. „Du<br />

Armer, da musst du dich mit den Strukturen romantischer Lyrik rumquälen.“<br />

<strong>Leidenschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Begierde</strong> <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> – Seite 4 von 43


edauerte ihn <strong>Isabella</strong>. „Es gibt ja sehr berühmte amerikanische Romantiker<br />

wie Thoreau, Poe <strong>und</strong> Melville zum Beispiel. Vielleicht müsste ja davon mal etwas<br />

neu übersetzt werden. Aber die sind sicher schon gut übersetz. „Walden“<br />

ist bestimmt schon zehn mal übersetzt worden.“ meinte <strong>Pascal</strong>. „Ich verstehe<br />

nichts. Wer sind Walden <strong>und</strong> Thoreau?“ erk<strong>und</strong>igte sich <strong>Isabella</strong>. „'Walden,<br />

oder das Leben in den Wäldern' ist ein Buch von Thoreau. Sein Essay über zivilen<br />

Ungehorsam ist übrigens auch äußerst lesenswert. Es beeinflusste sogar<br />

Mahatma Gandhi <strong>und</strong> Martin Luther King.“ erläuterte <strong>Pascal</strong>. „Also erfahre ich<br />

doch etwas von interessanten neuen Büchern, durch nette Kommilitonen.<br />

Wahrscheinlich kann man von ihnen am meisten lernen. Ich hab' von Edgar Ellen<br />

Poe mehreres gelesen. Hat mich zum Teil fasziniert, aber auf den Gedanken,<br />

sich mal um amerikanische Romantik zu kümmern, während ich ein Seminar<br />

zur Romantik besuche, komme ich Trottel natürlich nicht. Aus der französischen<br />

Romantik kennt man doch einige Schriftsteller von Madame de Staël bis<br />

Victor Hugo. Aber wovon handelt dieses 'Walden' denn eigentlich?“ wollte <strong>Isabella</strong><br />

wissen. „Vom richtigen Leben. Du musst es unbedingt lesen. Viel Philosophisches<br />

übrigens. In der Hippie Bewegung war es ein Kultbuch.“ erläuterte<br />

<strong>Pascal</strong>. <strong>Isabella</strong> fixierte <strong>Pascal</strong>, als ob sie so ergründen könne, wer dieser junge<br />

Mann wirklich sei, <strong>und</strong> aus welcher Welt er stammte. <strong>Pascal</strong> lächelte. „Was ist,<br />

<strong>Isabella</strong>? Warum starrst du mich an?“ fragte er. „Ich versuche mir vorzustellen,<br />

was du außer Germanistik- <strong>und</strong> Anglistikveranstaltungen zu besuchen <strong>und</strong> dafür<br />

zu arbeiten sonst noch wohl machen würdest.“ antwortete sie. „Und, was<br />

hast du bislang rausgef<strong>und</strong>en?“ wollte <strong>Pascal</strong> wissen. „Fußball glotzen <strong>und</strong> Bier<br />

saufen, oder stimmt das nicht?“ reagierte <strong>Isabella</strong>. <strong>Pascal</strong> versuchte sich so<br />

vorzustellen <strong>und</strong> lachte stakkatohaft vor sich hin. „Ja, ich denke schon, dass<br />

diese Triebimpulse meines Es vorhanden sein könnten. Ich habe sie wahrscheinlich<br />

nur unbewusst als unerwünscht abgewehrt. Meine zugelassenen<br />

Triebimpulse bringen mich dazu, einzukaufen, die Treppe zu putzen <strong>und</strong> den<br />

Müll zu entsorgen.“ meinte <strong>Pascal</strong> dazu. „Willst du so etwas nicht auch lieber<br />

abwehren? Schön ist das doch nicht.“ kommentierte <strong>Isabella</strong> es mit krauser Mimik<br />

„Lässt du bei dir denn gar keine schönen Triebe zu?“ meinte sie an <strong>Pascal</strong><br />

gerichtet. „Du bist blöd, meine Liebe. Aber im Ernst, ich lese auch gerne wie<br />

du, höre gern klassische Musik, versuche mich immer wieder erfolglos am Klavier<br />

<strong>und</strong> gehe gern raus. Oper, Konzert, Theater, aber da sind die Karten ja<br />

trotz Studentenermäßigung nicht gerade billig. Und die anderen Triebe gefallen<br />

mir auch.“ antwortete <strong>Pascal</strong>. „Und welche Gelüste außer Lesen <strong>und</strong> Tagebuch<br />

schreiben treiben dich in deiner Freizeit?“ wollte er von <strong>Isabella</strong> wissen. <strong>Isabella</strong><br />

lachte <strong>und</strong> meinte: „Ich bin voller Gelüste, ein Konglomerat aus Gelüsten.<br />

Mal wollen sie Schokolade, mal lieber Pudding <strong>und</strong> mal Kartoffelbrei. Immer etwas<br />

Neues. Nein ich mache sonst fast nix. Doch Musik höre ich auch gerne.<br />

Nur schade, ich kann nicht beides zusammen machen. Nicht dass sie mich<br />

beim lesen stören würde, nur Musik muss ich richtig hören oder gar nicht. Ich<br />

konzentriere mich automatisch darauf <strong>und</strong> muss mich voll auf sie einlassen<br />

können. Ich kann auch nichts anderes dabei machen. Sie erfasst mich voll. Ich<br />

erlebe sie, das ist schön aber auch schade. Ah ja, ich gehe auch sehr gern spazieren.<br />

Da kannst du deine Assoziationen <strong>und</strong> Gedanken frei fliegen lassen,<br />

während du deinen Körper rhythmisch bewegst, <strong>und</strong> die Natur dir unbegrenzt<br />

neue Anregungen <strong>und</strong> Motive bietet. Von den anderen Trieben erzähle ich nix,<br />

<strong>Leidenschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Begierde</strong> <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> – Seite 5 von 43


das geht dich nichts an, aber doch, leckeres Essen mag ich gern. Außerhalb<br />

essen gehen, aber noch schöner ist es, wenn man gemeinsam gekocht hat.<br />

Nur mein Fre<strong>und</strong> hat immer keine Lust dazu.“ erläuterte <strong>Isabella</strong> ihre<br />

Freizeitaktivitäten. Sie besprachen noch kurz gemeinsam ihre Referate <strong>und</strong><br />

gingen dann, <strong>Pascal</strong> in eine Vorlesung <strong>und</strong> <strong>Isabella</strong> nach Hause.<br />

Leider war er ein Mann<br />

Zu Hause hatte <strong>Isabella</strong> mehrere gute Fre<strong>und</strong>innen gehabt. Sich mit ihnen zu<br />

treffen, war für sie <strong>und</strong> ihren Gefühlshaushalt sehr wichtig. Allein schon eine<br />

geliebte Fre<strong>und</strong>in zu sehen, mit ihr zusammen zu sein, war Balsam für die Seele.<br />

Dass sich immer interessante <strong>und</strong> wichtige Gespräche entwickelten, ergab<br />

sich von selbst. Das alles gab es nicht mehr seit sie studierte. Sie schrieben<br />

sich nur noch per E-Mail oder telefonierten auch mal. Hier hatte sie bislang nur<br />

zwei bessere Bekannte kennengelernt. Das bei ihren Fre<strong>und</strong>innen vorhandene<br />

Vertrauen hatte sich noch nicht entwickelt, <strong>und</strong> <strong>Isabella</strong> war skeptisch, ob es<br />

überhaupt dazu kommen würde. Da müsse sich gleich von Anfang an etwas<br />

anders gestalten, meinte sie. Heute bei <strong>Pascal</strong> hatte es sich ganz anders gestaltet.<br />

Leider war er ein Mann. Aber es schien von Anfang an ein Draht zueinander<br />

vorhanden zu sein. Der Jux mit dem Germanistikstudium war aus ihrer<br />

Laune entstanden, aber bei jedem hätte sie das ja nicht gemacht. Hatte sie gespürt,<br />

das <strong>Pascal</strong> sich darauf einlassen, <strong>und</strong> es verstehen würde? Ihre Augen<br />

schienen mehr zu verstehen, als sie ihrem Bewusstsein mitteilten. Sie hatte direkt<br />

Lust, mit ihm zu reden. Warum eigentlich? Fragte <strong>Isabella</strong> sich. Er war locker,<br />

konnte sie zum Lachen bringen, erzählte interessant, aber sie meinte<br />

auch, dass es wohl damit zusammenhängen müsse, dass sie ihn einfach irgendwie<br />

zu mögen schien. Ihre Mutter hatte sie mal gefragt, warum sie ihren<br />

Teddy liebe. Sie wusste es nicht <strong>und</strong> hatte gesagt weil er sich so gut anfühle.<br />

Ihre Mutter hatte den Kopf geschüttelt <strong>und</strong> erklärt, sie möge ihn so gern, weil<br />

er einen Platz in ihrer Seele habe, wo sie nicht hinschauen könne. Seitdem hatte<br />

für <strong>Isabella</strong> alles, das sie gern mochte, aber nicht genau wusste warum,<br />

einen Platz an diesem uneinsehbaren Ort in ihrer Seele. Ob <strong>Pascal</strong> sich da auch<br />

vielleicht schon eingenistet hatte? Sie konnte es ja nicht wissen.<br />

<strong>Pascal</strong> konnte sich in der Vorlesung nicht konzentrieren. Immer wieder ging<br />

ihm das Gespräch mit dieser fremden Frau durch den Kopf. Normal war das<br />

keineswegs. Man hätte automatisch eine viel größere Distanz gehabt, wenn<br />

man sich unbekannt wäre. Langsam hätte man sich an den anderen heranzutasten<br />

versucht. Zurückhaltend <strong>und</strong> viel reservierter wäre man gewesen. Der<br />

andere wäre einem persönlich sehr fern vorgekommen. Warum hatte es diese<br />

Distanziertheit zwischen <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> ihm nicht gegeben? Sie hatte sich gleich<br />

von Anfang an sehr offen geäußert <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> hatte es aufgegriffen? Da musste<br />

etwas anderes <strong>und</strong> mehr vorhanden sein. Vielleicht hatte mann gleich gespürt,<br />

dass - wie man sagt – die Chemie zwischen ihnen stimmte, dass sie auf<br />

der gleichen Wellenlänge segelten. <strong>Pascal</strong> vermutete so etwas. Wie hätte es<br />

sonst dazu kommen können, dass man ähnlich zwei guten Bekannten vertraut<br />

miteinander redete <strong>und</strong> scherzte, obwohl man sich vorher noch nie begegnet<br />

<strong>Leidenschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Begierde</strong> <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> – Seite 6 von 43


war. Sollte man sich etwa aus einem früheren Leben schon kennen, erwog <strong>Pascal</strong><br />

schmunzelnd. Ob <strong>Isabella</strong> ihn auch mochte? Das musste sie, wie hätte sie<br />

sonst Lust daran haben sollen, ihn scherzhaft zu provozieren <strong>und</strong> mit ihm Unsinn<br />

zu reden. Immer wieder ließ er sein Gedächtnis die Szenen von vorhin abspielen,<br />

als ob er sie sich fest einprägen <strong>und</strong> nie wieder vergessen wolle. Und<br />

immer wieder diese Stimme, die erzählte <strong>und</strong> diese Augen, die ihn anblickten.<br />

<strong>Pascal</strong> wusste nicht, ob er sich für verwirrt halten, oder es wie einen erlebten<br />

Schatz ansehen sollte.<br />

Walden<br />

Bei der nächsten Seminarsitzung gingen sie fre<strong>und</strong>lich lächelnd aufeinander zu<br />

<strong>und</strong> begrüßten sich wie zwei alte Bekannte mit einem Handschlag auf den<br />

Oberarm. Als sie im Seminarraum saßen, zeigte <strong>Pascal</strong> <strong>Isabella</strong> sein Buch 'Walden',<br />

das er für sie mitgebracht hatte. „Das ist wahrscheinlich nicht die neueste<br />

Übersetzung. Bei Diogenes gibt es, glaube ich, eine neuere.“ meinte <strong>Pascal</strong><br />

dazu. „Danke, ganz herzlichen Dank <strong>Pascal</strong>. Das ist sehr lieb von dir.“ <strong>und</strong> ihre<br />

Augen, die <strong>Pascal</strong> fre<strong>und</strong>lich lächelnd anblickten, sagten das gleiche. „Aber<br />

wenn du mich auf etwas so scharf machst, kann ich natürlich nicht untätig bleiben.<br />

Es tut mir leid <strong>Pascal</strong>.“ erklärte <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> zog die neue Ausgabe aus der<br />

Tasche. „<strong>Isabella</strong>, das stört mich doch nicht. Es freut mich vielmehr, dass meine<br />

Worte so ein großes Gewicht für dich haben. Hast du schon etwas davon gelesen?“<br />

<strong>Pascal</strong> dazu. „Ich habe es noch nicht ganz durch.“ antwortete <strong>Isabella</strong>,<br />

„Bis 'Nachbar Tier' bin ich gekommen. Jetzt kommt 'Der Kamin'. Ich bin mal<br />

gespannt, ob er mich davon überzeugt, dass <strong>und</strong> warum Mensch so etwas unbedingt<br />

braucht. Zu Hause haben wir einen, aber mit Feuer habe den noch nie<br />

erlebt. Das Buch finde ich jedenfalls faszinierend. Es begeistert mich heute,<br />

auch wenn es w<strong>und</strong>ervolle, absolut schärfste Romantik ist. Da hätten sich einige<br />

unserer romantischen Schwafelhelden mal etwas von abschneiden sollen.<br />

Nur Thoreau konnten sie ja noch gar nicht kennen. Das war ja später. Ich danke<br />

dir <strong>Pascal</strong>, dass du mich darauf aufmerksam gemacht hast. Es bereichert<br />

mein Leben. Wenn dir mal wieder irgendetwas für mich einfallen sollte, lass es<br />

mich unbedingt wissen.“ erklärte <strong>Isabella</strong>.<br />

Im Seminar war ein Gedicht in einem Referat behandelt worden, <strong>und</strong> man diskutierte<br />

darüber. „Sagen sie mal? Gefällt ihnen das Gedicht eigentlich?“ platzte<br />

<strong>Isabella</strong> mitten im Seminar fragend an den Professor. Der lachte stumm vor<br />

sich hin <strong>und</strong> <strong>Isabella</strong> fügte hinzu: „Ja, sie haben davon noch nichts erwähnt.“<br />

Die anderen Studenten fanden die Situation auch wohl sehr komisch. Sie grinsten<br />

<strong>und</strong> tuschelten untereinander. „Sie haben völlig Recht, Frau …?“ „Falkenberg“<br />

half <strong>Isabella</strong> ihm. „Es ist ja die Intention jedes Dichters, den Leser mit<br />

seinem Werk betroffen zu machen. Ein sehr wichtiger Aspekt, den wir nicht unerwähnt<br />

lassen sollten. Ja das Gedicht gefällt mir sehr, ich finde es w<strong>und</strong>ervoll.<br />

Es hat mich bewegt. Warum genau, das sollten wir vielleicht besser in die Interpretation<br />

einbeziehen.“ antwortete der Prof. Ob jetzt alle Studis in ihren Referaten<br />

auch wohl dazu Stellung nehmen würden, wie es ihnen persönlich gefallen<br />

habe? <strong>Isabella</strong> musste bei dem Gedanken schmunzeln. „Du würdest es<br />

<strong>Leidenschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Begierde</strong> <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> – Seite 7 von 43


doch noch schaffen, aus dem 'Institut für Germanistik' das 'Institut für schöne<br />

deutsche Sprache' zu machen. Du müsstest nur lange genug studieren.“ meinte<br />

<strong>Pascal</strong> beim anschließenden Kaffee. „Da gibt es aber härtere Brocken als die<br />

Romantiker“ erwog <strong>Isabella</strong>. Welchen Gr<strong>und</strong> es dafür gab, dass man jetzt auch<br />

wieder anschließend einen Kaffee trinken ging? Keinen. Aber beide waren ohne<br />

den anderen zu fragen, selbstverständlich zur Kaffeebar gegangen.<br />

Bei ihren Gesprächen gaben sie sich auch gegenseitig Tips <strong>und</strong> Informationen<br />

zum Studium, aber wichtiger war, dass der andere erfuhr, welche Bücher <strong>und</strong><br />

Romane man absolut klasse <strong>und</strong> wichtig fand, <strong>und</strong> von denen man meinte,<br />

dass der andere sie unbedingt gelesen haben müsse. Das hielt man nicht nur<br />

für wichtig <strong>und</strong> erzählte begeistert davon, es war auch immer ein kleiner<br />

Schatz für den Zuhörer, ein Schatz des Erzählers, in dem er sich öffnete <strong>und</strong><br />

tiefe Einblicke in seine Persönlichkeit gewährte. Die beiden diskutierten aber<br />

ebenso viel über gemeinsam Bekanntes. Die Gespräche über Walden zum Beispiel<br />

hatten fast Seminarumfang. <strong>Isabella</strong> fiel auf, dass sie so etwas sonst nicht<br />

kannte. Mit Fre<strong>und</strong>innen zu Hause hatte sie früher schon mal sporadisch über<br />

ein Thema, das sie betraf, ausführlicher diskutiert. Selbstverständlich w<strong>und</strong>ervoll<br />

waren die inhaltlichen Gespräche mit <strong>Pascal</strong> über 'Das richtige Leben“ wie<br />

Thoreau es sah, <strong>und</strong> wie es sich aus ihrer Sicht darstellte. Das konnte sie sogar<br />

zu weiterführenden Themen <strong>und</strong> gemeinsamer Lektüre bringen. Solche Diskussionen<br />

brauche ein Mensch doch, meinte <strong>Isabella</strong>, <strong>und</strong> w<strong>und</strong>erte sich, dass sie<br />

vorher keinen Mangel empf<strong>und</strong>en hatte. Die Diskussion über das Thema war<br />

sicher bedeutsam, nicht weniger bedeutsam war es jedoch, dass die Diskussion<br />

mit <strong>Pascal</strong> stattfand, doch das übersah <strong>Isabella</strong> geflissentlich. Aber neben derartigen<br />

Gesprächen besaßen auch Mitteilungen darüber, wie sie die Semesterferien<br />

zu verbringen gedächten, hohen Informationswert. Im Gr<strong>und</strong>e hatte den<br />

alles. Sie konnten sprechen, worüber sie wollten, der andere sah zu <strong>und</strong><br />

lauschte dem interessiert <strong>und</strong> gespannt, als ob er es aufsaugen wolle. Jedes<br />

mal ging man nach dem Seminar einen Kaffee trinken, <strong>und</strong> wenn <strong>Pascal</strong> nicht<br />

anschließend zu einer Vorlesung gemusst hätte, wäre nicht abzusehen gewesen,<br />

wann sie ihr Kaffeegespräch beendet hätten. Sie wussten mittlerweile alles<br />

nur Denkbare voneinander, aber verstanden den anderen nicht nur deshalb<br />

besser, sondern vor allem dadurch, dass sie dem oder der anderen beim Gespräch<br />

genau zuschauten, sie oder ihn intensiv betrachteten. Sie hatten dadurch<br />

beide das Empfinden, sehr viel von der Psyche, der Persönlichkeit des<br />

anderen erkannt zu haben, sie immer besser zu verstehen <strong>und</strong> zu sehen, was<br />

den anderen in seinem tiefsten Wesen ausmachte. Sehr nahe gekommen waren<br />

sich <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong>. Dass sie sich bei Begrüßung <strong>und</strong> Abschied umarmten,<br />

war selbstverständlich. Sie berührten sich auch, streichelten zum Beispiel<br />

dem anderen über den Handrücken oder gaben ihm einen Nasenstups.<br />

Sie seien dadurch dass sie sich jede Woche sähen, sehr vertraut miteinander,<br />

wie gute Fre<strong>und</strong>e eben. Das andere durften sie nicht wissen, <strong>und</strong> auch dass<br />

der anschließende gemeinsame Kaffee viel wichtiger war als das Seminar<br />

selbst, wussten nur ihre Emotionen, aber ihr Bewusstsein durfte so etwas nicht<br />

erfahren. Da hatten sie beide massive Barrieren aufgebaut gegen alles, was<br />

ihre Lage, wie sie sie sehen wollten, hätte beeinträchtigen oder stören können.<br />

<strong>Leidenschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Begierde</strong> <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> – Seite 8 von 43


Vielleicht in <strong>Pascal</strong> verliebt?<br />

Zu Hause hatte <strong>Isabella</strong> seit ihrem ersten Treffen häufiger an <strong>Pascal</strong> gedacht.<br />

Es gefiel ihr, sich an Szenen <strong>und</strong> Eindrücke zu erinnern. Unbedeutend war es ja<br />

auch nicht, was sie besprochen hatten <strong>und</strong> <strong>Isabella</strong> musste oft zu Hause weiter<br />

darüber nachdenken. Aber häufig sah sie auch nur das Bild von <strong>Pascal</strong> selbst.<br />

Sie fühlte sich wohl, wenn sie an <strong>Pascal</strong> dachte. Ob sie es absichtlich tat, weil<br />

es sie eben warm <strong>und</strong> fre<strong>und</strong>lich stimmte, oder ob es von selbst geschah, dass<br />

sie sich immer häufiger mit <strong>Pascal</strong> beschäftigte, war <strong>Isabella</strong> nicht klar. Jetzt<br />

wollte <strong>Pascal</strong> jedoch ständig zugegen sein, ließ <strong>Isabella</strong> permanent an ihn denken,<br />

es verwirrte <strong>und</strong> irritierte sie massiv. Ja, sie mochte ihn, ohne Zweifel,<br />

aber das wusste sie ja schon lange. Nur jetzt musste sie eben immer an ihn<br />

denken, spielte Vergangenes vor ihren inneren Augen wieder ab, oder sie stellte<br />

sich in allen Situationen vor, <strong>Pascal</strong> sei jetzt anwesend. Sie wollte das nicht,<br />

aber sie konnte sich nicht dagegen wehren. Es gefiel ihr ja auch irgendwie. Es<br />

machte eben ein freudig lustiges Gefühl, sich vorzustellen, <strong>Pascal</strong> würde beim<br />

Einräumen der Spülmaschine helfen. Sie hätte schon Lust, ihn dabei zu sehen,<br />

ihn zu ärgern <strong>und</strong> zu necken. Hatte sie sich vielleicht in <strong>Pascal</strong> verliebt? Fragte<br />

sich <strong>Isabella</strong>. Sie versuchte sich vorzustellen, wie sie ihn liebte, sie ihn küsste,<br />

wie sie sich küssten, wie er sie umarmte <strong>und</strong> sie streichelte. Was sie dabei<br />

empfand, wollte sie vor sich selbst nicht verbalisieren, aber abends im Bett kamen<br />

diese Vorstellungen wieder. Sie schmuste <strong>und</strong> küsste <strong>und</strong> streichelte sich<br />

zärtlich mit <strong>Pascal</strong>, bis sie langsam ins Träumen kam <strong>und</strong> in den Schlaf hinüber<br />

glit. Was sollte das? Sie hatte einen Fre<strong>und</strong> <strong>und</strong> war glücklich mit ihm. Sie waren<br />

schon in der Schule ein Paar gewesen. Mit Benni, so hieß ihr Fre<strong>und</strong>, war<br />

sie sehr vertraut. Schließlich war Benni ihre erste Liebe, <strong>und</strong> das war er immer<br />

noch. Sie war zwar vorher auch schon mit einem Jungen zusammen gewesen,<br />

den sie als ihren Fre<strong>und</strong> bezeichnete, aber mit Benni hatte sie zum ersten mal<br />

dieses unbekannte Empfinden erlebt, dass sie <strong>und</strong> auch Benni allein aus ihrer<br />

Gemeinsamkeit Glücksgefühle entwickeln lies, dass sie Sehnsucht nach dem<br />

anderen verspüren konnten, <strong>und</strong> das war immer noch mit Benni verb<strong>und</strong>en.<br />

Jetzt störte <strong>Pascal</strong>. Woher kam das, warum empfand sie so, fragte sich <strong>Isabella</strong>.<br />

Könnte man Benni <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> vergleichen. Unsinn. Mit Benni war alles bekannt<br />

<strong>und</strong> vertraut, <strong>Pascal</strong> hatte den Reiz des Unbekannten, Neuen, Spannenden.<br />

Aber das wäre doch idiotisch. Sollte sie sich alle drei Jahre einen neuen<br />

Mann suchen, der im Gegensatz zu dem Bekannten beim jetzigen etwas neues<br />

Aufregendes an sich hatte. Aber das war es ja nicht bei <strong>Pascal</strong>. Sie spürte ja<br />

kein Verlangen nach ihm, weil er etwas aufregend Neues versprach. Sie konnte<br />

es nicht tiefer ergründen, <strong>und</strong> ihre Überlegungen blieben an der Oberfläche.<br />

Sie mochte einfach beide. Vielleicht war an dem geheimen Ort in ihrer Seele ja<br />

Platz für zwei Männer, nur die beiden würden sich da nicht vertragen.<br />

<strong>Pascal</strong> wollte es nicht<br />

<strong>Pascal</strong> freute sich darauf, nach Hause zukommen. Meistens war seine Fre<strong>und</strong>in,<br />

Anett, schon da <strong>und</strong> begrüßte ihn. Sie umarmten <strong>und</strong> küssten sich. Man mach-<br />

<strong>Leidenschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Begierde</strong> <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> – Seite 9 von 43


te Scherzchen <strong>und</strong> jeder wusste etwas zu erzählen. Den Treffen mit <strong>Isabella</strong> jedoch<br />

fieberte er entgegen, nicht selten schon am Abend vorher. Dann freute er<br />

sich nicht nur, dann erreichten seine Emotionen ihre höchste Erregungsstufe<br />

<strong>und</strong> sein Gehirn schien Glückshormone im Übermaß auszuschütten. Er sorgte<br />

sich <strong>und</strong> war damit keineswegs zufrieden. <strong>Pascal</strong> hatte Anett erst vor einigen<br />

Monaten kennengelernt. Anett war eine intelligente, lebendige junge Frau, die<br />

sehr lustig aber auch anschmiegsam <strong>und</strong> zärtlich sein konnte. Sie mochten sich<br />

gern <strong>und</strong> waren sehr verliebt ineinander. Verklungen war das nicht. Dass ihre<br />

Liebe durch irgendetwas beeinträchtigt werden könnte, schien unvorstellbar.<br />

Jetzt war da <strong>Isabella</strong>, ohne sich um Anett zu scheren. Und <strong>Pascal</strong> liebte <strong>Isabella</strong>.<br />

Es müsse so sein, dass er sie liebe, anders sei seine Einstellung zu <strong>Isabella</strong><br />

<strong>und</strong> sein Empfinden für sie nicht zu erklären. Sie erweckten bei den Kaffeegesprächen<br />

immer den Anschein von zwei guten Bekannten, aber an ihrem<br />

Sprachstil <strong>und</strong> der Art <strong>und</strong> Weise miteinander umzugehen, konnte jeder außer<br />

ihnen selbst deutlich erkennen, dass hier zwei Verliebte miteinander beim Kaffee<br />

saßen. Es war zwar beglückend, aber rational wollte <strong>Pascal</strong> es nicht. Es hatte<br />

keine Perspektive. Er würde Anett nicht verlassen, <strong>und</strong> <strong>Isabella</strong> würde es<br />

auch bestimmt nicht wollen. Sie hatte ja ebenfalls einen festen Partner. Wie ihr<br />

Verhältnis zu ihm war, darüber wusste er nichts. Es gab nichts, worüber sie<br />

nicht gesprochen hätten, nur über ihre Partner war kaum ein Wort gefallen. Als<br />

ob es eine stillschweigende Vereinbarung gegeben hätte, dieses Thema auszuklammern.<br />

<strong>Pascal</strong>s Wänglein streicheln<br />

Als sie beim nächsten Mal im Seminar Platz nahmen, bekam <strong>Pascal</strong> einen Blick<br />

zugeworfen, der ihn irritierte, <strong>und</strong> den er nicht verstand. Er lächelte leicht verlegen,<br />

fre<strong>und</strong>lich. Was hatte das denn zu bedeuten? In <strong>Isabella</strong>s Blick lag etwas<br />

Verwegenes, leicht Verruchtes, der Vamp, der sagen wollte: „Junge, ich<br />

durchschau dich genau. Ich weiß doch was du willst.“ <strong>Pascal</strong> musste über seine<br />

eigene Interpretation lachen. „<strong>Isabella</strong>, fühlst du dich wohl?“ fragte <strong>Pascal</strong> sie.<br />

„Ja, sehr wohl sogar.“ erklang die sandige Burbon Stimme in einer Sprechweise,<br />

mit der <strong>Isabella</strong> antwortete <strong>und</strong> die genau zu ihrem Blick passte. <strong>Pascal</strong><br />

lachte los <strong>und</strong> <strong>Isabella</strong> lachte auch. „Was ist in dich gefahren, <strong>Isabella</strong>?“ wollte<br />

<strong>Pascal</strong> wissen. „Ich wollte mal ausprobieren, ob ich dich ins Séparée locken<br />

könnte. Nein, Quatsch, ich bin einfach nur ein bisschen übermütig.“ erläuterte<br />

<strong>Isabella</strong>. Tatsächlich hatte sie vom ersten Moment an, als sie <strong>Pascal</strong> erblickte,<br />

das Bild vom Schmusen <strong>und</strong> Liebkosen mit ihm vor Augen. <strong>Isabella</strong> fand es<br />

lustig, aber es löste ebenso das Empfinden einer gewissen Hochstimmung aus.<br />

Auch während des Seminars wandte sie sich öfter zu ihm <strong>und</strong> sah sich selig<br />

sein Wänglein streicheln <strong>und</strong> es küssen. So ein Schwachsinn, aber heute kam<br />

sich <strong>Isabella</strong> ein wenig überdreht vor. Beim Kaffee konnte sie es nicht mehr ertragen.<br />

Sie wollte dieses verrückte Bild verdrängen <strong>und</strong> sich ernsthaft unterhalten.<br />

„Du hast gesagt, du hörst sehr gern klassische Musik, aber mir überhaupt<br />

noch nicht verraten, was du denn gerne hörst.“ stellte sie fragend fest.<br />

„Ja, natürlich Opern. Die Sopranistinnen bringen mich in ihren Arien immer<br />

zum schmelzen. Ich höre bestimmt sehr kitschig oder sentimental, nur ich<br />

<strong>Leidenschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Begierde</strong> <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> – Seite 10 von 43


kann doch nichts daran machen, das sich mein Musik <strong>und</strong> Harmonie Empfinden<br />

so sozialisiert hat. Ich versteh das ja alles mit der modernen Musik, nur meine<br />

Ohren wollen sie trotzdem nicht hören. Die verlangen nach diesen w<strong>und</strong>erbaren<br />

Frauenstimmen, die mich immer zum Weinen bringen können. Nicht nur<br />

bei Arien ist das so. In jedem Konzert gibt es bestimmt irgendeine oder mehrere<br />

Stellen, die mir die Kehle zuschnüren. Bei Musik, wenn's nicht gerade<br />

Marschmusik ist, können mir immer sehr leicht die Tränen kommen, in Filmen<br />

nie, da bin ich stets mehr oder weniger außen vor. Aber ich mag auch andere<br />

Musik, vor allem Jazzgesang <strong>und</strong> Songs aus anderen Ländern, wenn sie schön<br />

melancholisch, träumerisch sind <strong>und</strong> von schönen Frauenstimmen gesungen<br />

werden. Jeder Mensch ist ja gr<strong>und</strong>sätzlich sehr offen für Musik, aber dass Frauenstimmen<br />

so w<strong>und</strong>erbar klingen können, hat sich bei mir bestimmt schon früh<br />

ins Gehirn eingegraben. Meine Mami hat mir immer etwas vorgesungen, wenn<br />

sie mich ins Bettchen brachte. Für mich waren das reine Glücksmomente. Womöglich<br />

werde ich das, wenn ich Frauen singen höre, heute <strong>und</strong> mein Leben<br />

lang assoziieren.“ erläuterte <strong>Pascal</strong> seine Musikvorlieben. „Wie sieht es bei dir<br />

aus. Was sind deine Favoriten? Das hast du auch noch nicht erzählt.“ fragte<br />

<strong>Pascal</strong>. „Also Opern auf CD hören, ist nicht so mein Ding. Die schau ich mir lieber<br />

an. Ansonsten ist das alles sehr unterschiedlich bei mir. Mahler würde ich<br />

vielleicht noch einen bevorzugten Platz einräumen, ja <strong>und</strong> Beethoven natürlich<br />

auch. Sonst ist alles absolut gemischt. Einzelne Stücke von Vivaldi bis Strawinsky,<br />

na ja, die Klavierkonzerte von Rachmaninow zum Beispiel, aber da ist<br />

auch noch so vieles andere. Im Gr<strong>und</strong>e höre ich fast alles gern, weil's eben<br />

Musik ist, <strong>und</strong> Musik ist nun mal prinzipiell schön, sogar Mozart, man kommt ja<br />

nicht umhin, auch wenn ich ihn im Gr<strong>und</strong>e hasse. Was nicht schön ist, ist<br />

Klangsuppe oder Lärm. Das findest du doch auch, nicht wahr?“ <strong>Pascal</strong> antwortete<br />

nicht, sondern lachte nur. „Ich höre Musik sehr intensiv, lass mich voll erfassen,<br />

dass du dabei nicht außen vor bleiben kannst wie bei Filmen, verstehe<br />

ich sehr gut, nur muss ich meine Gefühle nicht gleich heulend äußern. Die Violinkonzerte<br />

sind sind ja großartig, aber bestimmt zum Teil ganz gezielt auf das<br />

Erzeugen von Sentiments angelegt. Überall kommen doch diese schmusenden,<br />

traurigen oder lieblichen Violinpassagen vor. Wie will man Mendelssohns D-Dur<br />

Konzert denn sonst hören? Da kommen einem ja fast zwangsläufig die Tränen.“<br />

erläuterte <strong>Isabella</strong> ihre Musikvorlieben. Als <strong>Pascal</strong> aufstand, blickte sie ihn mit<br />

breiten Grinselippen <strong>und</strong> lustigen Augen an. „Lass dich nicht ärgern. Pass<br />

schön auf dich auf, mein Süßer.“ meinte sie zum Abschied, <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> bekam<br />

einen Kuss auf die Wange.<br />

Völlig durchgeknallt<br />

„Mein Süßer?“ Na, so was, <strong>Pascal</strong> hatte es ja gewusst. „Mein Geliebter“ hieß<br />

das doch. Endlich hatte <strong>Isabella</strong> mal etwas in der Richtung gesagt. Auch wenn<br />

du es weißt, trotzdem klingt es w<strong>und</strong>erschön, wenn du es hörst. Hatte sie das<br />

nicht gewollt? War ihr das rausgerutscht? Nein, das war schon in Ordnung.<br />

Heute konnte <strong>Isabella</strong> es sich nicht verbieten, <strong>Pascal</strong> ein liebes Wort zu sagen.<br />

Wenn er abends so gern süße Frauenstimmen hörte, ob sie ihm dann im Bett<br />

immer etwas vorsingen sollte? <strong>Isabella</strong> fragte sich, wo sie lebe? Mehr als ein<br />

<strong>Leidenschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Begierde</strong> <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> – Seite 11 von 43


wenig durcheinander war schon alles bei ihr heute. Konnte sie sich das denn<br />

überhaupt vorstellen, mit <strong>Pascal</strong> ins Bett zu gehen? Sehr feinfühlig, einfühlsam<br />

<strong>und</strong> zärtlich würde er bestimmt sein. Wie er wohl aussehen würde, nackt im<br />

Bett? Na ja, sie musste sich ja nur die Kleider wegdenken. Sie formte ein Bild.<br />

Vorstellen würde es sich <strong>Isabella</strong> schon können, gut vorstellen, sehr gut vorstellen<br />

konnte sie es sich. Bei den Überlegungen zur konkreten Ausführung<br />

dieser Vorstellung schlief sie am Abend selig schlummernd ein. Am anderen<br />

Morgen machte sie sich Vorwürfe. Sie sei völlig durchgeknallt, jetzt träume sie<br />

schon davon, mit <strong>Pascal</strong> ins Bett zu gehen. Aber obwohl sie es sich verbat,<br />

blieb die Vorstellung existent. Was sollte sie denn tun? Es so weiterlaufen lassen<br />

<strong>und</strong> abwarten, was sich entwickelte? Sie liebte Benni <strong>und</strong> wollte <strong>Pascal</strong>.<br />

Beides zusammen ging nicht. Um eine Entscheidung käme sie nicht herum.<br />

Beides täte weh. Sie würde <strong>Pascal</strong> ja nicht vergessen können. Könnte er zu einer<br />

w<strong>und</strong>erschönen Erinnerung werden? Das ließ <strong>Isabella</strong> zweifelnd die Augenbrauen<br />

heben. Aber Benni verlassen <strong>und</strong> spekulativ mit <strong>Pascal</strong> zu rechnen, das<br />

wäre keine Alternative. <strong>Pascal</strong> war ein Traum, ein herrlicher Traum, aber ihr<br />

Partner war Benni, mit ihm fand ihr Leben statt, <strong>und</strong> daran gab es nichts auszusetzen.<br />

Warum hätte sie das für einen riskanten Traum zerstören <strong>und</strong> aufgeben<br />

sollen? Es gab keine Wahl. Selbstverständlich würde sie mit Benni zusammen<br />

bleiben. Und dann weiterhin immer <strong>Pascal</strong> treffen? Benni war ihre erste<br />

Liebe, aber <strong>Pascal</strong> war ihr Fieber. Sie würde den Kontakt zu <strong>Pascal</strong> beenden<br />

müssen, sonst funktionierte es nicht. Am besten anderswo studieren. Germanistik<br />

ginge ja überall, aber Benni hätte nach Aachen oder München oder sonst<br />

wohin gemusst. Zürich wäre für Benni auch gegangen. Oh ja, in die Schweiz,<br />

aber so volle Lust darauf, mit Benni in die Schweiz zu gehen, konnte <strong>Isabella</strong><br />

im Moment gar nicht entwickeln. Das Empfinden von Lust, schien derzeit nur<br />

an die Person von <strong>Pascal</strong> geb<strong>und</strong>en möglich. Alles Zirkus. War sie nicht eine<br />

starke Frau? Sie würde es <strong>Pascal</strong> erklären, dass sie es nicht mehr wolle, <strong>und</strong><br />

sie sich demnächst möglichst aus dem Wege gehen sollten.<br />

Frühlingsgefühle<br />

<strong>Pascal</strong> träumte zwar nicht davon, mit <strong>Isabella</strong> ins Bett zu gehen, aber der Gedanke<br />

an ihre Liebe, konnte ihm jeden Moment versüßen. Die bedeutsamen<br />

Dinge das Alltags verloren ihr Gewicht, <strong>und</strong> auch ihm selbst verlieh es ein<br />

Empfinden von Leichtigkeit. Dass Glücksempfindungen, vor allem in der Liebe,<br />

häufig mit dem Verb 'schweben' assoziiert wurden, konnte er gut nachvollziehen.<br />

Alle ließen sie ja bei Frühlings- oder Liebesgefühlen ihre Seelen schweben,<br />

ließen sie ihre Flügel ausbreiten oder befanden sich auf irgendwelchen Wolken.<br />

<strong>Pascal</strong> schwebte nur über den kleinen Dingen des Alltags, auf die er sich sonst<br />

oft intensiv konzentriert hatte. Jetzt sah er sie als unbedeutend geringfügig<br />

<strong>und</strong> von ganz weit oben. Warum war nicht dafür gesorgt worden, dass nur<br />

Menschen mit einem genetisch bedingten Hochgefühl sich evolutionär durchgesetzt<br />

hatten. Ebenbild Gottes sollte der Mensch doch sein. War Gott etwa nicht<br />

glücklich, sondern griesgrämig, mürrisch <strong>und</strong> zänkisch? Was für eine Welt<br />

könnten wir haben, wenn alle Menschen immer <strong>Pascal</strong>s Stimmung als dauerhaftes<br />

Lebensgefühl hätten, sinnierte <strong>Pascal</strong>. Bei der augenblicklichen evolutio-<br />

<strong>Leidenschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Begierde</strong> <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> – Seite 12 von 43


nären Disposition müssten sie dazu alle verliebt sein. Offensichtlich waren das<br />

aber sehr viele nicht. Anett konnte ja nicht wissen, dass es an <strong>Isabella</strong> lag,<br />

aber <strong>Pascal</strong>s dauerhaft gute Laune fiel ihr schon auf. Sie hatte ihn gefragt, ob<br />

er irgendwo erfolgreich gewesen sei, <strong>und</strong> er hatte gemeint, dass Freude über<br />

einen Erfolg schnell verblasse. Es sei einfach dies Empfinden des Frühlings, der<br />

sich langsam auf den Sommer zubewege, was alle Menschen fre<strong>und</strong>licher <strong>und</strong><br />

offener stimme. Dass <strong>Pascal</strong> Frühlingsgefühle hatte, war bestimmt berechtigt,<br />

aber ob <strong>und</strong> wie der Sommer eintreffen würde, darüber mochte er sich keine<br />

Gedanken machen.<br />

<strong>Pascal</strong> wir müssen uns trennen<br />

Das nächste Seminar war das letzte. Dann gab es Semesterferien. <strong>Isabella</strong> fuhr<br />

wie in jedem Jahr wieder in ein kleines 'wirkliches' Dorf in der Nähe von Malaga.<br />

Ihre Eltern hatten dort vor vielen Jahren ein altes Haus gekauft. Es wurde<br />

vom Tourismus nicht berührt <strong>und</strong> war auch von der Entwicklung der Obst- <strong>und</strong><br />

Gemüseindustrie verschont geblieben. Sie hatte dort viele Fre<strong>und</strong>e, die sie zum<br />

Teil schon als kleines Kind kennengelernt hatten. <strong>Isabella</strong> kannte jeden Bewohner<br />

des Dorfes, es war für sie ein anderes ,zweites Zuhause. Zu den überfüllten<br />

Touristenstränden fuhr sie nur äußerst selten. <strong>Pascal</strong> hatte schon wieder<br />

Termine mit 'seinem' Café abgesprochen, wann er für Kellnerinnen, die in Urlaub<br />

waren, Bedienungsaushilfe machen konnte. In <strong>Isabella</strong>s Mimik lag etwas<br />

Fragendes, aber sie wollte nichts von <strong>Pascal</strong> wissen. Sie war nicht glücklich mit<br />

dem, was sie bewegte. Was wird aus mir? Wo bleibe ich damit? Meinte sie sich<br />

zu fragen. In <strong>Isabella</strong>s Selbstbild existierte kein Ort für die Ereignisse mit <strong>Pascal</strong>.<br />

Es war mit ihr geschehen. Sie erlebte es emotional so stark wie sonst<br />

nichts, aber ihr Einfluss war, wenn überhaupt, nur minimal. Auch wenn ihr Entschluss<br />

feststand, war sie sich doch höchst unsicher. Es gab niemanden, der ihr<br />

so viel bedeutete, <strong>und</strong> sie wollte ihn in Zukunft nicht mehr kennen. Sie sah<br />

sich zärtlich liebend mit <strong>Pascal</strong> im Bett <strong>und</strong> wollte ihn gleichzeitig aus ihrem Leben<br />

streichen. Natürlich hatte sie ihre gegenseitige Liebe bei den Kaffeegesprächen<br />

genossen, aber danach, sie auch körperlich zu erfahren, konnte sie sich<br />

nur sehnen. In der Realität hatte sie es nicht erlebt <strong>und</strong> würde es nicht mehr<br />

erleben. Auch im Seminar schon blickte sie oft zu ihm hinüber. Dann schaute<br />

sie eher wehmütig, sah <strong>Pascal</strong> <strong>und</strong> empfand die Zärtlichkeiten, die sie untereinander<br />

austauschten, wozu es aber nie kommen würde. Beim Kaffee scherzten<br />

sie, ob <strong>und</strong> wie sie wohl die lange Zeit der Trennung in den Semesterferien<br />

überleben würden. <strong>Pascal</strong> wollte überlegen, was sie im nächsten Semester gemeinsam<br />

belegen könnten. <strong>Isabella</strong> antwortete mit Ausflüchten. <strong>Pascal</strong> blickte<br />

fragend <strong>und</strong> verstört. Sie musste es ihm ja doch sagen, wann denn, wenn nicht<br />

jetzt, auch wenn es ihr äußerst schwer fiel. „<strong>Pascal</strong>, wir sagen immer, wir sind<br />

gute Fre<strong>und</strong>e, wir mögen uns gern, so ein Stuss, nicht wahr? Wir wissen doch<br />

beide, dass wir leidenschaftlich ineinander verliebt sind. Oder empfindest du<br />

das etwa nicht so? Nur wir spielen immer die guten Bekannten, <strong>und</strong> alles was<br />

man tut, wenn man sich liebt, versagen wir uns. Küss mich doch erst mal endlich.“<br />

erklärte <strong>Isabella</strong>. In den Kuss schienen sie alle <strong>Leidenschaft</strong> hineinlegen<br />

zu müssen, die sie sich das ganze Semester über versagt hatten zu äußern.<br />

<strong>Leidenschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Begierde</strong> <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> – Seite 13 von 43


Bei <strong>Isabella</strong> rief es das heute immer leicht präsente Bild vom miteinander<br />

schlafen wach, was sie auf der Stelle getan hätte, wenn ein Bett in der Nähe<br />

gewesen wäre. „<strong>Pascal</strong>, ich bin verrückt nach dir. Ich weiß nicht, wie es für dich<br />

ist. Alles einfach weiter plätschern lassen, das wird es nicht geben. Ich habe<br />

mich gefragt, ob ich das andere will. Ich will meine Beziehung mit Benni behalten.<br />

Die möchte ich nicht aufgeben. Dafür habe ich mich entschieden. Wenn<br />

wir weiter etwas zusammen machen, wird es nicht dabei bleiben, dass wir nett<br />

miteinander reden. Ich träume ja jetzt schon davon, mit dir ins Bett zu gehen.<br />

<strong>Pascal</strong>, ich musste mich entscheiden. Für mich war es eine Entscheidung zwischen<br />

Benni <strong>und</strong> uns. Keinesfalls bedeutet mir unsere Liebe weniger, sie ist anders,<br />

<strong>und</strong> du kannst dir denken, wie stark ich sie empfinde. Ich habe mich rational<br />

entschieden, vor allem wegen der Perspektive. <strong>Pascal</strong> wir können es<br />

nicht weiter so laufen lassen, wir werden uns trennen müssen. Eine andere Lösung<br />

sehe ich nicht, <strong>und</strong> es kann sie nicht geben.“ erläuterte es <strong>Isabella</strong>. Eigentlich<br />

hätten ihr die Tränen kommen müssen, bei dem was sie gerade verkündet<br />

hatte, aber sie handelte, als ob es ein Geschäftsvorgang sei. <strong>Pascal</strong><br />

konnte im Moment nicht darauf antworten. Sie schauten sich nur lange stumm<br />

an. „Ja, so ist es, <strong>Pascal</strong>, leider.“ jetzt bekam <strong>Isabella</strong>s Stimme doch einen weinerlichen<br />

Tonfall. <strong>Pascal</strong> schaute traurig, nachdenklich. Als ob jemand die Freude<br />

aus seinem Leben verbannen wolle, dachte er sich. Andererseits wusste er<br />

ja auch nicht, wie es weitergehen sollte. Das sah er genauso wie <strong>Isabella</strong>, dass<br />

Liebe immer mehr will. Und womit sollte er Anett seine gute Laune an tristen<br />

Novembertagen erklären? Darüber schmunzelte <strong>Pascal</strong>. „<strong>Isabella</strong>, ich weiß<br />

nicht, ob <strong>und</strong> wie ich das ertragen kann, oder ob ich vor Liebeskummer verwelken<br />

werde.“ meinte <strong>Pascal</strong>. „Es zu hören, ist schon schmerzlich, <strong>und</strong> ich kann<br />

mir nicht vorstellen, dass es in Zukunft nicht mehr weh tun sollte, aber du versagst<br />

mir ja nicht deine Liebe. Das wird es erleichtern. Ich würde dir ja auch<br />

zustimmen, dass es so für uns beide am vernünftigsten ist. Nur nimmt es<br />

nichts davon, dass es mir ungeheuer schwer fallen wird. Meine Liebe wird<br />

trotzdem nicht vergehen oder geringer werden, <strong>und</strong> genauso wird meine Sehnsucht<br />

bleiben. <strong>Isabella</strong>, unsere Beziehung ist doch kein Liebesabenteuer, das<br />

man beenden könnte, weil man's aus irgendwelchen Gründen gerade mal für<br />

richtiger hält. Wie sollte es denn in Zukunft für uns aussehen. Werden wir uns<br />

nicht mehr kennen? Kein Wort mehr miteinander wechseln oder wie? Obwohl<br />

wir wissen, dass wir uns beide gegenseitig lieben?“ wollte <strong>Pascal</strong> wissen. „Ich<br />

verstehe dich sehr, sehr gut, <strong>Pascal</strong>. Mir wird es sicher auch entsetzlich schwer<br />

fallen, keine Berührung mehr mit dir zu haben. Ich dachte nur, du hast doch<br />

auch ein glückliches Leben gehabt, bevor du <strong>Pascal</strong> kennenlerntest. Warum<br />

sollte das denn nicht jetzt auch wieder möglich sein?“ meinte <strong>Isabella</strong>. <strong>Pascal</strong><br />

blickte skeptisch. Einfach eine historische Situationen aus seiner Persönlichkeitsentwicklung<br />

wiederzubeleben <strong>und</strong> das danach Geschehene auszublenden,<br />

hielt er nicht für möglich. Vielleicht konnte es ja helfen, die neue Situation zu<br />

bewältigen, wenn man es sich wie ein Mantra immer wieder vorsagte, dass<br />

man damals doch auch so glücklich gewesen sei. Die Blicke mit denen sie sich<br />

anschauten, drückten nicht Traurigkeit aus, sondern eher verb<strong>und</strong>ene Übereinstimmung,<br />

dass man dem, was gerade vereinbart worden war, so nicht sicher<br />

trauen könne. Wie hatten sie es sich denn real vorzustellen. Der andere war<br />

doch kein Bekannter, den man jetzt nicht mehr treffen würde, er war doch in-<br />

<strong>Leidenschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Begierde</strong> <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> – Seite 14 von 43


tegraler Bestandteil des eigenen Lebens. Bestimmt hatte eine innere Stimme<br />

ihnen zugeflüstert, dass es bei ihnen etwas gebe, das stärker sei als ihre rational<br />

konstruierten Beschlüsse. Bei der Verabschiedung wollten sie offensichtlich<br />

dauerhaft umarmt bleiben, denn auf den Gedanken, sich wieder voneinander<br />

zu lösen, schien niemand zu kommen. <strong>Pascal</strong> leckte ständig <strong>Isabella</strong>s Wangen,<br />

auch wenn schon gar keine salzigen Tränen mehr kamen. „Alles Gelernte<br />

kannst du vergessen, <strong>Pascal</strong>, aber unsere Liebe existiert ja nicht in deinem Gedächtnis,<br />

sie hat einen Platz in deiner Seele oder deinem Herzen, <strong>und</strong> den wird<br />

sie behalten.“ brachte <strong>Isabella</strong> während der Verabschiedungszeremonie ein. Es<br />

war ja nicht nur ihre Abschiedsumarmung, sie hielten sich ja auch zum ersten<br />

mal so liebend umschlungen in den Armen. <strong>Isabella</strong> hatte wieder zu weinen<br />

begonnen, einfach so. Es war so rührend <strong>und</strong> angespannt, sie war glücklich<br />

<strong>und</strong> küsste <strong>Pascal</strong> ständig. Die beiden hatten ihre Körper fest aneinander gepresst,<br />

<strong>und</strong> bei der dünnen Sommerbekleidung konnten sie sich sehr gut spüren.<br />

Dazu <strong>Pascal</strong>s Hände auf <strong>Isabella</strong>s Rücken <strong>und</strong> Po riefen in ihr wieder Assoziationen<br />

ans gemeinsame Bett wach, <strong>Pascal</strong> so <strong>und</strong> ohne Bekleidung zu erfahren,<br />

sah <strong>und</strong> empfand sie auf ihren inneren Bildern. Abschließend gab es noch<br />

Küsse auf Stirn <strong>und</strong> Wangen, dann trennten sie sich.<br />

Die rührselige Stimmung der Verabschiedungszeremonie war schnell verklungen.<br />

Stumpfsinnig setzte sich <strong>Isabella</strong> an ihren Schreibtisch <strong>und</strong> starrte auf die<br />

gegenüberliegende Wand. Starrte ihre Paula an, Paula Becker mit den roten<br />

Bäckchen. Das Modersohn, das offiziell auch noch zu ihrem Namen gehörte,<br />

existierte für <strong>Isabella</strong> nicht. Sie mochte ihn nicht <strong>und</strong> war der Überzeugung, er<br />

habe Paula psychisch destruiert. <strong>Isabella</strong> sah es so, dass sie im Begriff sei, das<br />

gleiche jetzt mit sich selbst zu tun. Wenn sie auch vorher noch Unsicherheiten<br />

verspürt hatte, jetzt kam es ihr vor, als ob sie in einem naiven Rausch oder<br />

dümmlich panisch gehandelt hätte. Sie wusste, dass sie nichts von <strong>Pascal</strong> abbringen<br />

könnte <strong>und</strong> hatte Angst, Benni dadurch zu verlieren. Da musste man<br />

sich eben von einem trennen. Überall auf der Welt trennten sich Paare, nur von<br />

denen, die sich gerade im Hochgefühl gegenseitiger Liebe befanden, dürften<br />

nicht viele darunter sein. Worauf basierte ihre Entscheidung eigentlich? <strong>Isabella</strong><br />

meinte, über gutes Einfühlungsvermögen zu verfügen, bei anderen, nur für<br />

sie selbst schienen da nicht einmal Rudimente vorhanden zu sein. Was sie getan<br />

hatte, schien ihr dumm. Nur es zu ändern, es rückgängig zu machen, dazu<br />

hätte sie eine vernünftigere, intelligentere Lösung kennen müssen, <strong>und</strong> die sah<br />

sie nicht. Sie hatte Angst vor der möglichen Entwicklung gehabt. Sie wollte<br />

Benni nicht verlieren, <strong>und</strong> in der Beziehung zu <strong>Pascal</strong> hatte sie gelernt, sich<br />

selbst für unberechenbar zu halten.<br />

Spanien<br />

In Spanien war <strong>Isabella</strong> immer allein mit ihren Eltern. Das störte sie nicht.<br />

Benni hatten sie einmal mitgenommen, aber es war ihm zu langweilig <strong>und</strong> zu<br />

heiß. Er hatte immer nur gemeckert. Das hatte gestört. Jetzt rief ihre Fre<strong>und</strong>in<br />

Carole an. Sie sei in Spanien <strong>und</strong> wolle sie besuchen kommen. „Oh, Carole,<br />

von Barcelona aus ist das ja eine Weltreise. Wenn du trotzdem kommen möch-<br />

<strong>Leidenschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Begierde</strong> <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> – Seite 15 von 43


test, was mich natürlich außerordentlich freuen würde, musst du unbedingt<br />

fliegen.“ meinte <strong>Isabella</strong> am Telefon. Egal, Carole wollte es machen. Carole<br />

konnte auch nicht verstehen, was <strong>Isabella</strong> an diesem trostlosen Nest so faszinierte.<br />

„Auch wenn du in der hässlichsten Stadt aufwächst, wird sie zu deiner<br />

Heimat, die du liebst. Ich bin hier schon als Baby gewesen. Nichts ist mir<br />

fremd. Hier gehört mir alles, alles gehört zu mir. Es ist wie eine zweite Heimat,<br />

in der ich nicht nur die Gebäude sehe, sondern die Menschen kenne. Das ist<br />

es, was mich fasziniert.“ reagierte <strong>Isabella</strong>. Carole berichtete, dass sie sich von<br />

ihrem Fre<strong>und</strong>, den sie erst zu Semesterbeginn kennengelernt habe, wieder getrennt<br />

hätte. Frustrierend sei es natürlich schon, aber nein, schmerzlich seien<br />

nur die ganzen sinnlosen Querelen gewesen, <strong>und</strong> dass sie sich so in ihm geirrt<br />

habe. <strong>Isabella</strong> erzählte auch, dass sie sich von ihrem Fre<strong>und</strong>, den sie zu Semesterbeginn<br />

kennengelernt habe, wieder getrennt hätte. „Von Benni?“ fragte<br />

Carole, „Aber mit dem warst du doch auf der Schule schon zusammen.“ Dann<br />

erzählte <strong>Isabella</strong> von <strong>Pascal</strong>. Zum ersten mal. Sie hatte auch ihren Fre<strong>und</strong>innen<br />

in den E-Mails nichts davon geschrieben. Wie sollte sie ihnen von etwas schreiben,<br />

das für sie selbst gar nicht existierte <strong>und</strong> ihre verworrene Gefühlslage war<br />

für sie auch zu persönlich. „Oh, <strong>Isabella</strong>, das ist ja ein absolutes Liebesdrama.<br />

Richtig einschätzen kann ich das wahrscheinlich nicht, weil ich mit so einer Liebe<br />

noch nicht konfrontiert worden bin. Aber meinst du denn, das ginge einfach<br />

so wieder weg, <strong>und</strong> du könntest es als schöne Erinnerung ablegen? Das glaube<br />

ich eher nicht. Ich könnte mir gut vorstellen, dass es dich nicht loslassen wird.<br />

So macht die große Liebe das im Allgemeinen.“ war Caroles Ansicht. „Ja, Carrole,<br />

das glaube ich auch eher. Es ist ja jetzt schon so. Obwohl wir Schluss gemacht<br />

haben, alles zu Ende <strong>und</strong> vorbei sein soll, muss ich ständig daran denken.<br />

An <strong>Pascal</strong>, an Benni nie.“ <strong>Isabella</strong> dazu. „Wenn dein Begehren <strong>und</strong> deine<br />

Sehnsucht an <strong>Pascal</strong> hängen, wie willst du das denn ändern? Etwa indem du es<br />

dir selbst verbietest? Das wird nichts nutzen. Du richtest höchstens Schaden<br />

an deiner eigenen Psyche damit an.“ schätzte Carole es ein. „Du warst noch<br />

nie so richtig massiv verliebt?“ fragte <strong>Isabella</strong>. „Doch in meinen Opa.“ meinte<br />

Carole, <strong>und</strong> beide lachten. „Ja, wirklich, wir fuhren ihn immer Sonntags besuchen,<br />

<strong>und</strong> wenn das mal aus welchen Gründen auch immer nicht ging, bekam<br />

ich Tobsuchtsanfälle <strong>und</strong> war nur durch das Versprechen zu beruhigen, dass einer<br />

von meinen Eltern an einem anderen Tag mit mir zu ihm fahren würde.“<br />

berichtete Carole <strong>und</strong> fuhr fort: „Das muss schon etwas Sonderbares sein mit<br />

der Liebe, dass sie dich als kleines Kind schon so erfassen kann, dass du ihretwegen<br />

durchdrehst. Wir kennen alle irgendwelche Liebesmelodramen, aber<br />

welche Bedeutung sie im Alltag für jeden Menschen hat, berücksichtigen wir<br />

überhaupt nicht. Ich hatte ja deine Telefonnummer <strong>und</strong> wusste nur, dass du<br />

immer in Spanien warst. Dann meinte ich die zwei Flüge seien doch ein bisschen<br />

viel Geld, bis ich wach wurde <strong>und</strong> mich gefragt habe, wie viel Geld unsere<br />

Fre<strong>und</strong>schaft denn wohl wert sei. Dir blase ich wahrscheinlich die Ohren voll,<br />

<strong>Isabella</strong>, wenn ich dir sage, dass es nichts Wertvolleres gibt als Liebe <strong>und</strong> Zuneigung<br />

zu erfahren <strong>und</strong> geben zu können. Wenn ich mich mal intensiv in<br />

einen Mann verlieben sollte, wird das bestimmt ein älterer sein müssen. Ich<br />

glaube, ich nehme die Jungs in meinem Alter gar nicht richtig für voll. Sie wirken<br />

auf mich oft psychisch so unreif. Ich habe die Gelassenheit <strong>und</strong> Weisheit<br />

des Alters zu erkennen <strong>und</strong> schätzen gelernt. Wahrscheinlich hat mein Opa<br />

<strong>Leidenschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Begierde</strong> <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> – Seite 16 von 43


mich erkennen lassen, welche Männer die richtigen für mich sein sollten.“<br />

schloss Carole lachend. Beim Erzählen war <strong>Isabella</strong> alles noch einmal bewusst<br />

geworden. Sie sah es ja jetzt aus der nachträglichen Perspektive, <strong>und</strong> jedes<br />

Kaffeegespräch hatte dabei einen goldigen Glanz bekommen. Alles war viel<br />

schöner <strong>und</strong> wertvoller als sie es damals live empf<strong>und</strong>en hatte. Als ob sie es<br />

jetzt erst richtig bewerten <strong>und</strong> in seinen Feinheiten voll erkennen könne, meinte<br />

sie. Am liebsten würde sie jetzt alles noch einmal neu erleben. Das Gespräch<br />

mit Carole hatte allem in ihrer Erinnerung einen noch wesentlich gewichtigeren<br />

<strong>und</strong> höheren Stellenwert zugewiesen. <strong>Isabella</strong> wollte auch unbedingt<br />

mit ihren Eltern darüber reden.<br />

„Mami, ich muss immer an <strong>Pascal</strong> denken, <strong>und</strong> ich ich weiß nicht, was ich dagegen<br />

machen soll?“ begann <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> ihre Mutter lachte, aber sie wollte es<br />

natürlich erläutert haben. „Oh, Thomas, wie schön, nicht war?“ kommentierte<br />

sie öfter an ihren Mann gerichtet anrührende Passagen aus dem, was <strong>Isabella</strong><br />

erzählte. Sie befand sich ja nicht in <strong>Isabella</strong>s damaliger Position, sondern sah<br />

jetzt die süßen Auswüchse der vor sich selbst verheimlichten Verliebtheit. „Meine<br />

arme Maus,“ das brachte sie immer noch, wenn sie besonders liebevoll zu<br />

<strong>Isabella</strong> sein wollte, „Ich kann dir dazu gar nichts raten. Alles was du tust,<br />

musst du völlig aus dir selber tun, sonst wird es sowieso nur Mist. Aber du hast<br />

ja etwas getan, ob das nicht auch vielleicht schon Mist war, wage ich nicht zu<br />

beurteilen. Wie willst du denn von Benni jemals so schwärmen, wie du es von<br />

<strong>Pascal</strong> getan hast. Mir kam es vor, als ob du <strong>Pascal</strong> so empfindest, dass er exakt<br />

dein Leben trifft, wie ein Puzzleteil, das genau <strong>und</strong> nur zu dir passt. Benni<br />

ist sicher sehr nett <strong>und</strong> du empfindest viel Zuneigung für ihn, aber in der Hinsicht<br />

bleibt er außen vor, wird immer in gewisser weise fremder sein. Seinem<br />

Herzen folgen? Sicher schlägt dein Herz auch für Benni, nur <strong>Pascal</strong> scheint es<br />

voll erfasst zu haben.“ Hatte sie alles falsch gemacht? Hätte sie vorher ihre<br />

Mutter fragen sollen? Das tat sie ja sonst auch. Nur <strong>Pascal</strong> hatte sie wohl als<br />

ihre persönlich intimste Privatangelegenheit betrachtet. Jetzt konnte sie darüber<br />

reden, aber sie hatte es auch so empf<strong>und</strong>en, dass ihre Beziehung zu <strong>Pascal</strong><br />

etwas in ihr getroffen hatte, was sie nicht genau erklären konnte, aber als<br />

sehr tief <strong>und</strong> intim empfand, <strong>und</strong> worüber sie nicht gerne sprach. Und damals<br />

zu erzählen, wie sie sich einbildete, von <strong>Pascal</strong> gestreichelt zu werden, wäre ihr<br />

sehr peinlich gewesen. Carole <strong>und</strong> ihre Eltern hatten <strong>Isabella</strong> in ihren Empfindungen<br />

bestärkt, nur wie sie damit umgehen sollte, wusste sie deshalb nicht.<br />

Faktisch hatte sie sich mit der Trennung von <strong>Pascal</strong> entschieden aber emotional<br />

war alles noch völlig offen, <strong>und</strong> an der Richtigkeit ihrer Entscheidung waren<br />

ihre Zweifel. Noch weiter verstärkt worden Sie wollte sich aber jetzt keine weiteren<br />

Gedanken darüber machen <strong>und</strong> sich ständig damit quälen. Wenn ihr danach<br />

war, träumte sie eben von <strong>Pascal</strong>, <strong>und</strong> sonst gab es das Dorfleben sowie<br />

Exkursionen mit ihren Eltern.<br />

Aktives Leben führen<br />

Im Café war es trotz der Sommermonate häufig recht voll. Dann war <strong>Pascal</strong><br />

stark beschäftigt. Zu Träumen, auch von <strong>Isabella</strong>, war da keine Zeit. Aber ver-<br />

<strong>Leidenschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Begierde</strong> <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> – Seite 17 von 43


gessen, das ging nicht. Sie war immer präsent. Jetzt begann <strong>Pascal</strong> auch, sich<br />

vorzustellen, wie er <strong>Isabella</strong>s Haut streichelte. Er legte Mahlers fünfte auf <strong>und</strong><br />

träumte sich <strong>Isabella</strong> zu dem Adagietto für den Austausch sanfter, liebevoller<br />

Zärtlichkeiten ins Bett. Außer bei der Abschiedsumarmung hatte er ja noch nie<br />

etwas von ihrem Körper gespürt oder gesehen. <strong>Isabella</strong>s Po gefiel <strong>Pascal</strong> allerdings<br />

schon, auch mit Hose. Darüber hatten sie schon ziemlich zu Beginn ihrer<br />

Bekanntschaft gescherzt, <strong>und</strong> <strong>Isabella</strong> versuchte ihn öfter damit zu necken. Er<br />

versuchte sich vorzustellen, wie <strong>Isabella</strong>s Haut sich wohl anfühle, was er dabei<br />

wohl empfinde, aber in Wirklichkeit würde es bestimmt ganz anders sein, eine<br />

neue Empfindung. Seine Vorstellungen konnte er ja nur aus seinem bestehenden<br />

F<strong>und</strong>us zusammen fügen. <strong>Isabella</strong> einmal spüren dürfen, davon träumte<br />

<strong>Pascal</strong>. Er hielt es für falsch, was er machte. Er ließ sich gehen <strong>und</strong> gab sich<br />

Träumen hin, die keine Erfüllung finden würden. Die Arbeit im Café hielt in davon<br />

ab. Er sollte nicht versuchen, seine Träume zu unterdrücken, sondern ein<br />

aktives, volles Leben führen, in dem kein Platz für Träume war. Er wollte mehr<br />

arbeiten <strong>und</strong> auch seine Beziehung zu Anett bedurfte unbedingt einer Rekultivierung.<br />

Er wollte wieder so wie zu Beginn ihrer Liebe für sie empfinden. Das<br />

war <strong>Pascal</strong>s Plan, nur in der Praxis entwickelte es sich nicht so. Es war kein<br />

Plan, es war <strong>Pascal</strong>s Wunsch. Auch ein Traum. Bei der Arbeit störte <strong>Isabella</strong><br />

ständig <strong>und</strong> auch bei anderen Aktivitäten war der Gedanke an sie stets zugegen.<br />

Nichts funktionierte. <strong>Pascal</strong> war häufiger mürrisch <strong>und</strong> empfand eine innere<br />

Leere, als ob ihm etwas Unbestimmtes fehlen würde. Seine Beziehung zu<br />

Anett intensivieren? Wie denn? Er hätte glücklich sein <strong>und</strong> Lust auf sie haben<br />

müssen. Lustempfindungen <strong>und</strong> Glücksgefühle konnten bei <strong>Pascal</strong> jedoch zur<br />

Zeit nur Träume von <strong>Isabella</strong> entwickeln. Anett sah er dagegen eher häufiger<br />

aus kritischem Blickwinkel.<br />

Hallo <strong>Pascal</strong>, hallo <strong>Isabella</strong><br />

Bei Semesterbeginn war <strong>Pascal</strong> erstaunt, dass <strong>Isabella</strong> in keinem Seminar <strong>und</strong><br />

in keiner Übung war, die er auch besuchte. Sie musste die Listen überprüft haben<br />

<strong>und</strong> tatsächlich bei einer Übung zu der er sich relativ spät gemeldet hatte,<br />

war ihr Name, der da schon gestanden hatte, wieder durchgestrichen. Für ein<br />

Semester konnte das sicher funktionieren, aber für's ganze Studium wäre das<br />

schon ein Kunststück. Bei Vorlesungen ließ es sich ja überhaupt nicht durchführen,<br />

<strong>und</strong> so sahen sie sich auch öfter. Hallo <strong>Pascal</strong>, hallo <strong>Isabella</strong>, begrüßten<br />

sie sich, als ob sie sich schon mal irgendwo begegnet wären. Bis <strong>Isabella</strong> <strong>Pascal</strong><br />

irgendwann anhielt. „<strong>Pascal</strong>, wenn wir vielleicht auch etwas falsch gemacht<br />

haben, nur jetzt spielen wir die absolut bescheuerten Kinder. Wir haben uns<br />

getrennt <strong>und</strong> wollen unsere Beziehung nicht weiter entwickeln, o. k., aber weg<br />

ist mein Empfinden, meine Zuneigung, meine Liebe für dich doch deshalb<br />

nicht, <strong>und</strong> ich kann mir kaum vorstellen, dass du es vergessen haben solltest.<br />

Lass uns doch nicht so einen lächerlichen Zirkus veranstalten <strong>und</strong> tun, als ob<br />

es das alles nicht gäbe. Umarmen <strong>und</strong> küssen wir uns. Was denn sonst?“<br />

schlug <strong>Isabella</strong> vor <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> war glücklich. So hielten sie es jetzt immer,<br />

wenn sie sich trafen.<br />

<strong>Leidenschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Begierde</strong> <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> – Seite 18 von 43


Florians Schlafzimmer<br />

<strong>Pascal</strong> hatte Florian, einem Fre<strong>und</strong>, von seiner Liebe <strong>und</strong> der schwierigen Lage,<br />

in der er sich sah, erzählt. „Es geht einfach nicht. Vorher war alles goldig, <strong>und</strong><br />

jetzt ist es nicht wie früher, sondern alles ist grau. Ich leide unter Liebesentzugserscheinungen,<br />

obwohl sie mich ja immer noch genauso liebt. Wie die beiden<br />

Königskinder, nur das tiefe Wasser haben wir uns selbst gegraben.“ „Ihr<br />

seid total verrückt nacheinander, habt aber per Beschluss alles beendet <strong>und</strong><br />

von heute auf morgen nichts mehr miteinander zu tun?“ erk<strong>und</strong>igte sich Florian,<br />

der es gar nicht fassen konnte, erstaunt. „Es gibt also nichts mehr, <strong>und</strong><br />

miteinander ins Bett geht ihr dann natürlich auch nicht mehr?“ <strong>Pascal</strong> lachte<br />

auf „Nicht mehr ist gut. Wir waren noch nie zusammen im Bett. Alles nur platonisch<br />

außer einigen Küssen <strong>und</strong> Umarmungen. <strong>Isabella</strong> hat mir schon im letzten<br />

Semester gesagt, dass sie davon träumt <strong>und</strong> bei mir ist es nicht anders.“<br />

erklärte <strong>Pascal</strong>. „Und warum tut ihrs dann nicht?“ wollte Florian wissen. „Wo<br />

denn, wie denn? Oder soll ich Anett am Wochenende zu ihrer Mama schicken,<br />

<strong>und</strong> währenddessen mit <strong>Isabella</strong> das Bett benutzen? Und wenn Anett zurückkommt,<br />

merkt sie, dass ihr Platz noch warm ist. Ich weiß nicht, so etwas<br />

möchte ich <strong>und</strong> kann ich nicht. Und zum Ficken ins Hotel gehen, mag ich erst<br />

recht nicht.“ erklärte <strong>Pascal</strong>. Florian überlegte <strong>und</strong> erklärte dann: „Also meinetwegen<br />

könntet ihr euch gern bei mir treffen <strong>und</strong> mein Schlafzimmer benutzen,<br />

das gebrauche ich ja nur nachts. Und wenn ich weiß, dass ihr euch heute schon<br />

darin geliebt habt, schlafe ich bestimmt doppelt so gut <strong>und</strong> werde nur die süßesten<br />

Träume haben“ Sie lachten, aber es war ein überraschender Gedanke.<br />

Vielleicht keine schlechte Idee, nur <strong>Isabella</strong> würde es jetzt auf keinen Fall mehr<br />

wollen. Allerdings wenn ihre Träume noch wie früher existierten, gehörte das ja<br />

auch dazu. Nur wie sollte er es <strong>Isabella</strong> jetzt vermitteln, wenn sie schon den<br />

gemeinsamen Kontakt in Seminaren mied. Sie wollten es nicht weiter betreiben,<br />

<strong>und</strong> <strong>Isabella</strong> hatte sich für ihren Fre<strong>und</strong> Benni entschieden. Das würde sie<br />

doch nicht für einen Nachmittag ausblenden können <strong>und</strong> wollen. Die Initiative<br />

zur Trennung war doch von ihr ausgegangen, sie hatte es doch für unvermeidlich<br />

gehalten.<br />

Für <strong>Isabella</strong> schien auch nicht alles einfach so glatt zu laufen wie früher. Häufig<br />

missfiel ihr irgendetwas. Unbedeutende Kleinigkeiten meistens, das sah sie<br />

aber nicht so, sondern ärgerte sich darüber. Über die dümmsten Lappalien<br />

konnte sie sich aufregen. Ein Topf stand nicht an dem Platz im Schrank, an<br />

dem er sonst gewöhnlich stand. Das störte <strong>Isabella</strong>. Vor allem stand er nicht<br />

einfach an einem falschen Ort, es war ja Benni, der ihn dort hingestellt hatte.<br />

Benni konnte so vieles falsch machen. Knatschige <strong>und</strong> zickige Züge zeigte sie<br />

manchmal, was weder sie selbst noch andere von ihr kannten. <strong>Isabella</strong> erweckte<br />

in der Regel keinesfalls den Eindruck, zufrieden zu sein. Deshalb schliefen<br />

sie <strong>und</strong> Benni auch nur noch selten miteinander. Anstatt Lust auf Benni zu haben,<br />

träumte sie lieber vom „Richtigen Leben“. Wie oft hatten <strong>Pascal</strong> <strong>und</strong> sie<br />

darüber geredet. Mit Thoreaus 'Walden' hatte es begonnen, später hatten sie<br />

lang <strong>und</strong> intensiv über Agnes Hellers 'Theorie der Gefühle' diskutiert. All die<br />

Gespräche erinnerte sie gern <strong>und</strong> empfand sich dabei warm umhüllt. Dass sie<br />

<strong>Leidenschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Begierde</strong> <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> – Seite 19 von 43


sicher sein konnte, mit <strong>Pascal</strong> das 'Richtige Leben' zu finden, dessen konnte sie<br />

sich ja nicht absolut gewiss sein, aber darüber reden zu können <strong>und</strong> Lust daran<br />

zu haben, das war schon ein Schritt auf dem richtigen Wege. Den fand sie mit<br />

<strong>Pascal</strong>, nicht aber mit Benni. Ja natürlich liebte <strong>Isabella</strong> Benni, aber von der<br />

Liebe war vieles Erinnerung, das Wissen darüber, wie sie in der Vergangenheit<br />

empf<strong>und</strong>en hatte. Es war ihr wertvoll <strong>und</strong> bedeutsam, aber es war auch ganz<br />

anders, <strong>und</strong> vor allem basierte es nicht auf ihrer aktuellen Gefühlslage. Die sah<br />

ihr Glück, obwohl sie es sich verboten hatte, stärker denn je in der Beziehung<br />

zu <strong>Pascal</strong>. Ein glückliches Leben führen, wie es früher war, bevor sie <strong>Pascal</strong><br />

kennengelernt hatte? Das ließ <strong>Isabella</strong> nur schmunzeln. Sie wollte das auch<br />

keinesfalls. Auch wenn sie ihre Liebe nicht Leben konnten, würde ihre Begegnung<br />

mit <strong>Pascal</strong> immer ein aktueller, wertvoller Schatz für sie bleiben. Benni<br />

würde es nicht bemerkt haben, aber die Begegnung mit <strong>Pascal</strong> hatte ihr Leben<br />

verändert, hatte sie eine andere werden lassen. Eine andere, zu der auch die<br />

Möglichkeit der Kommunikation mit <strong>Pascal</strong> gehörte. <strong>Pascal</strong> war ein Teil der Welt<br />

ihrer veränderten Persönlichkeit.<br />

Bei ihrer gegenseitigen Begrüßung wechselten sie auch immer ein paar Worte.<br />

Meist Scherzhaftes, oder leicht Provokantes man sah den anderen eben gerne<br />

lachen <strong>und</strong> glücklich. „Träumst du immer noch von mir?“ fragte <strong>Pascal</strong> unvermittelt.<br />

<strong>Isabella</strong> stutzte. „Nein, du Naseweis, natürlich nicht. Ich träume jetzt<br />

nur noch von Benni.“ antwortete <strong>Isabella</strong>. Kurz hielten sie inne, dann platzten<br />

beide los. „Du kannst aber auch dämliche Fragen stellen. Was denn sonst, <strong>und</strong><br />

ich erwarte schärfstens, dass es bei dir kein bisschen anders ist.“ meinte <strong>Isabella</strong>.<br />

„Du hast damals auch gesagt, du seist verrückt nach mir <strong>und</strong> würdest<br />

gern mit mir ins Bett gehen. Ist das auch immer noch so für dich?“ fragte <strong>Pascal</strong>.<br />

Was hatte das denn jetzt zu bedeuten? <strong>Isabella</strong> schaute ihn skeptisch grinsend<br />

an. Worauf würde das hinauslaufen. Ein dringendes Bedürfnis verspürte<br />

sie zwar im Moment nur selten. Sie hatte es aus dem Katalog des möglicherweise<br />

Realisierbaren gestrichen <strong>und</strong> dachte nicht mehr so häufig daran wie damals,<br />

aber gr<strong>und</strong>sätzlich gehörte es schon noch zu ihren Träumen. „Aber wir<br />

haben doch Schluss gemacht.“ erklärte <strong>Isabella</strong> eher halbherzig als energisch.<br />

„Aber <strong>Isabella</strong>, warum müssen wir uns denn immer nur quälen. Alles Schöne<br />

versagen wir uns. Wenn unsere Liebe noch da ist, hat sie ein Recht darauf,<br />

auch einmal Glückliches zu erfahren. Haben wir uns nicht schon mehr als genug<br />

an Freude <strong>und</strong> Glück verboten?“ fragte <strong>Pascal</strong>. „<strong>Pascal</strong>, du Schlingel, wir<br />

haben uns getrennt, aber sollen unsere Liebe weiter fördern? Ach, <strong>Pascal</strong>, was<br />

hast du vor?“ wollte <strong>Isabella</strong> wissen, <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> berichtete davon, dass sie bei<br />

seinem Fre<strong>und</strong> das Schlafzimmer benutzen könnten. Das war jetzt sehr überraschend.<br />

Warum lehnte sie es nicht direkt strikt ab? <strong>Isabella</strong> schaute <strong>Pascal</strong> fragend<br />

an, als ob er ihr mit einem Blick antworten <strong>und</strong> sagen könne, was sie tun<br />

solle. Sie war sich sehr unschlüssig. Alles ging ihr wieder durch den Kopf. Wie<br />

verrückt hatte sie damals die Vorstellung gemacht, nur daran zu denken. Jetzt<br />

bestünde die Möglichkeit, es einmal zu erleben. Einmal? Dabei würde es bleiben?<br />

Das konnte sie sich selber nicht glauben. Sie hatte sich dafür entschieden,<br />

mit Benni zu leben <strong>und</strong> würde mit <strong>Pascal</strong> ins Bett gehen? Das wäre verrückt.<br />

Aber <strong>Pascal</strong> stand ihr gegenüber. Sie sah ihn nicht nur, sie spürte ihn<br />

wieder, ihr Verlangen, ihn begehrte sie. Sie würde seine Haut berühren <strong>und</strong><br />

<strong>Leidenschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Begierde</strong> <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> – Seite 20 von 43


überall küssen können <strong>und</strong> er würde sie zärtlich nackt in seinen Armen halten.<br />

Sie träumte weiter <strong>und</strong> erklärte sich mit <strong>Pascal</strong>s Vorschlag einverstanden.<br />

Als sie bei Florian das Schlafzimmer betreten hatten, blieb <strong>Isabella</strong> stehen.<br />

„<strong>Pascal</strong>, ich kann das nicht. Nein ich kann nicht.“ erklärte sie erregt mit halb<br />

weinerlicher Stimme. „Es tut mir leid, lass uns gehen. Lass uns sofort wieder<br />

gehen.“ Draußen meinte sie: „Es tut mir schrecklich leid, <strong>Pascal</strong>. Ich weiß auch<br />

nicht genau woran es liegt, aber ich bin bestimmt zu empfindlich. Ich bin eben<br />

nicht so eine rattige Elster, die unbedingt ficken will <strong>und</strong> sonst nichts wahrnimmt.“<br />

beide grinsten, <strong>und</strong> <strong>Isabella</strong> fuhr fort, „Ich weiß nicht, was mich direkt<br />

gestört haben könnte. Das Zimmer war ja ganz o. k.. Vielleicht ist es ja die Situation<br />

insgesamt, <strong>und</strong> es kommt mir vor, dass so etwas nicht zu unserer Liebe<br />

passt. Ich möchte immer noch gern mit dir ins Bett, da hat sich nichts geändert,<br />

aber in Liebe <strong>und</strong> nicht anderswo hingehen, an einen fremden Ort, um<br />

Sex haben zu können. Bestimmt muss die Umgebung dazu vertrauter sein,<br />

vielleicht geht es ja nur bei mir im Bett.“ meinte <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> lachte wieder.<br />

„Den Benni schmeiß ich sowieso bald raus. Der geht mir ständig auf den<br />

Geist.“ erklärte sie übermütig <strong>und</strong> lachte erneut.<br />

Schönes Wochenende<br />

„Ach, Mami, es ist schlimmer als je zuvor.“ erklärte <strong>Isabella</strong> auf die Frage ihrer<br />

Mutter, wie es sich mit <strong>Pascal</strong> entwickelt habe. „Damals haben wir nur davon<br />

geträumt, <strong>und</strong> jetzt nach dem Ende unserer Beziehung versuchen wir es zu<br />

realisieren.“ meinte <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> erzählte von ihrem gescheiterten Versuch.<br />

„Kinder seid ihr schon ein bisschen, oder“ sah es <strong>Isabella</strong>s Mutter <strong>und</strong> fügte<br />

dem hinzu, „aber traurig süß ist es auch“. <strong>Isabella</strong> berichtete von ihren Problemen<br />

mit Benni <strong>und</strong> dass sie von einem anderen Leben mit <strong>Pascal</strong> träume. Sie<br />

hätten so viel darüber geredet. Wie bei uns im Alltag sich eine Entfremdung<br />

der Gefühle vollzöge, <strong>und</strong> dass eine gefühlsreiche Persönlichkeit als Leitvorstellung<br />

dienen müsse. „Und was tue ich? Ich träume davon <strong>und</strong> will mir meine<br />

stärksten Gefühle verbieten. Es ist alles pervers, Mami. Mein Leben basiert in<br />

zentralen Bereichen auf Widersprüchen. Ich will das nicht mehr so weiter laufen<br />

lassen. Das muss sich ändern, nur im Moment traue ich mich noch nicht.“<br />

versicherte <strong>Isabella</strong>. „Hast du schon mal daran gedacht, dass ihr beide euch<br />

hier ein schönes Wochenende machen könntet?“ fragte <strong>Isabella</strong>s Mutter. <strong>Isabella</strong><br />

lachte. Sie wusste nicht genau warum, ob ihr die simple, ausgezeichnete<br />

Idee gefiel, auf die sie selbst noch nicht gekommen war, ob sie sich freute,<br />

dass ihre Mutter sie dazu einlud, wie auch immer. „Im Kinderbett?“ fragte sie<br />

provokativ lachend. „Aber Maus, das können wir doch von heute auf Morgen<br />

ändern. Wenn ich morgens zu Roggenkamp gehe, habe ich nachmittags das<br />

Bett hier stehen.“ meinte ihre Mutter. Was sie sich wohl vorstellte, welche Assoziationen<br />

ihr wohl kamen, jedenfalls hatte <strong>Isabella</strong> eine freudige Spannung,<br />

die sie erstmal durch Umarmen <strong>und</strong> intensives Drücken ihrer Mutter entladen<br />

musste.<br />

Sie berichtete <strong>Pascal</strong> davon, dass ihre Mutter sie <strong>und</strong> auch ihn für ein gemein-<br />

<strong>Leidenschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Begierde</strong> <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> – Seite 21 von 43


sames Wochenende eingeladen habe. Aber der schien sich zu zieren. Es war<br />

ihm unangenehm, <strong>Isabella</strong>s Eltern zu besuchen, um mit ihrer Tochter ins Bett<br />

gehen zu können. „<strong>Pascal</strong>!“ drohte <strong>Isabella</strong>, „Ich hau dich. Bei dir würde ich ja<br />

die dümmsten Gedanken dulden, aber das geht zu weit. Was kann uns denn<br />

Besseres passieren. Du wirst glücklich sein, mit allem <strong>und</strong> vielleicht auch mit<br />

mir.“ <strong>Pascal</strong> lachte. „Das ist mein Geliebter.“ stellte <strong>Isabella</strong> <strong>Pascal</strong> ihren Eltern<br />

am Freitagnachmittag vor. „Und das ist meine Geliebte.“ regierte <strong>Pascal</strong>e<br />

scherzhaft. „Sollen wir erst mal Kaffee trinken, oder habt ihr etwas anderes<br />

vor?“ fragte Frau Falkenberg. „Ich muss zuerst das Bett sehen <strong>und</strong> dann Kaffee,<br />

ja?“ schaute sie nach Bestätigung zu <strong>Pascal</strong>. „Ach du liebe Zeit.“ staunte<br />

<strong>Isabella</strong>, als sie das Bett sah. „Hat Mami extra für uns gekauft.“ erklärte sie .<br />

„Was das wohl gekostet hat <strong>und</strong> dann alles noch Satinbezüge, die spinnt, aber<br />

schön ist es ja schon, nicht wahr?“ „Wenn ich als Übersetzer so viel verdiene,<br />

dass ich mir solche Möbel leisten kann, dann habe ich es endgültig geschafft.“<br />

meinte <strong>Pascal</strong> <strong>und</strong> lachte. Die Gespräche am Kaffeetisch waren ziemlich launig,<br />

<strong>und</strong> hier konnten <strong>Pascal</strong> <strong>und</strong> <strong>Isabella</strong> auch kindisch die Verliebten spielen, da<br />

waren sie bislang noch nie drauf gekommen. Sie fütterten sich mit Kuchen,<br />

schmierten dem anderen Sahne auf die Nasenspitze <strong>und</strong> dergleichen mehr. „Ihr<br />

habt wahrscheinlich viel nachzuholen.“ meinte Frau Falkenberg scherzend. „Unbedingt,“<br />

bestätigte sie <strong>Pascal</strong>, „wir haben ja bislang nichts anderes gemacht<br />

als miteinander zu reden <strong>und</strong> uns anzuglotzen. Aber da kann man auch viel erleben.<br />

Warum haben sie ihre Tochter eigentlich nicht zur Schauspielschule geschickt?“<br />

fiel <strong>Pascal</strong> plötzlich ein. „Hätten wir sollen?“ fragte Frau Falkenberg<br />

launig. „Ja, natürlich, haben sie denn ihr ausgeprägtes Talent nicht erkannt?<br />

Sie wäre bestimmt eine große Tragödin geworden.“ vermutete <strong>Pascal</strong>. Er erzählte,<br />

wie sie sich kennengelernt hatten, <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> kam ins Schwärmen. „Ich<br />

könnte ihnen sagen, was für eine herrliche Frau ihre Tochter ist, <strong>und</strong> was ich<br />

alles an ihr bew<strong>und</strong>ere, was ich liebe <strong>und</strong> was mich fasziniert, nur das macht<br />

es im Kern gar nicht aus, das ist nicht das Wesentliche. Das Endscheidende ist,<br />

was sie mir gibt, was sie mir schenkt. Es ist diese absolute Nähe, die sie mir<br />

vermittelt <strong>und</strong> mich spüren lässt. Es ist nicht einfach so, dass sie da ist, mich<br />

wahrnimmt, mich sieht oder hört, ich empfinde, dass sie mich tiefstens versteht<br />

<strong>und</strong> mir bedingungslose Anerkennung schenkt, dass sie mit mir lebt,<br />

wenn wir zusammen sind. Und das ist das W<strong>und</strong>erbarste Empfinden des Anderen,<br />

das es für einen Menschen geben kann.“ sagte <strong>Pascal</strong> zu ihrer Beziehung,<br />

<strong>und</strong> <strong>Isabella</strong> küsste ihn dafür. Ansonsten war es für einen Moment fast andächtig<br />

still geworden. „<strong>Pascal</strong>, das hört sich sehr gut an. Empfindest du auch so für<br />

dich, meine Liebe?“ fragte Frau Falkenberg <strong>Isabella</strong>. „Ich empfinde noch viel<br />

eher <strong>und</strong> viel stärker, weil ich nämlich die gefühlsreichere Persönlichkeit habe.“<br />

meinte <strong>Isabella</strong> dazu <strong>und</strong> brachte so alle wieder zum Schmunzeln. „Und, was<br />

haltet ihr von meinem Liebhaber?“ fragte <strong>Isabella</strong> unvermittelt ihre Eltern am<br />

Kaffeetisch. Jetzt lachten alle, <strong>und</strong> ihre Mutter erklärte: „Meinst du, dass man<br />

so etwas so schnell beurteilen kann <strong>und</strong> dass man das sollte? Wir kennen <strong>Pascal</strong><br />

ja kaum.“ „Ich hab' das fast beim ersten Blick erkannt, Mami. Du müsstest<br />

vielleicht mal genauer hinschauen. Das kann sehr spannend sein. Er wird dir<br />

viel mehr über sich erzählen, als was er bisher gesagt hat.“ meinte <strong>Isabella</strong>.<br />

„Du hast schon Recht, meine Liebe, man macht sich immer direkt ein Bild, das<br />

nachträglich kaum wieder zu ändern ist. Warum du ihn so siehst, das weißt du<br />

<strong>Leidenschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Begierde</strong> <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> – Seite 22 von 43


gar nicht. Trotzdem ist das Bild fast direkt beim Anblick da, <strong>und</strong> du teilst die<br />

Leute sofort nach mehr oder weniger sympathisch beziehungsweise unsympathisch<br />

ein. Und du bist ganz weit auf der sympathischen Seite bei mir gelandet,<br />

<strong>Pascal</strong>.“ sagte Frau Falkenberg <strong>und</strong> strich <strong>Pascal</strong> lächelnd über den Arm. Zu<br />

Hause schien <strong>Isabella</strong> sich zu verändern. Einerseits gefiel es ihr, die lustige, kecke<br />

Kleine zu spielen <strong>und</strong> andererseits markierte sie eher die dominante<br />

Chefin, wenn sie <strong>Pascal</strong> alles im Haus <strong>und</strong> im Garten zeigte. „Im Gr<strong>und</strong>e habe<br />

ich das noch nicht verw<strong>und</strong>en, <strong>Pascal</strong>, dass ich hier ausziehen musste. Es<br />

kommt mir vor, als ob hier immer die Sonne geschienen hätte. Durch dich hat<br />

sich da etwas verändert. Du hast einen anderern Horizont eröffnet, an dem<br />

auch immer die Sonne scheinen könnte. Ich glaube, da ist viel dran, dass mich<br />

meine Liebe zu dir ein neues Zuhause empfinden lässt. Kannst du das irgendwie<br />

verstehen?“ fragte <strong>Isabella</strong>. „Ich glaube schon. Wenn du von Heimat oder<br />

Zuhause sprichst, meinst du ja meistens einen Ort in all seinen Erscheinungsformen<br />

<strong>und</strong> Bedingungen mit denen du vertraut bist, die du magst <strong>und</strong> die zu<br />

dir gehören. Ich denke, so etwas kann es ja für deine vielschichtige Psyche,<br />

deine Seele auch geben. Dazu musst du nicht mit dem anderen aufgewachsen<br />

sein <strong>und</strong> dich langsam an alles gewöhnt haben, sondern du erkennst sehr bald,<br />

dass er es ist, der genau zu dir passt, zu dir gehört, der deiner Seele einen Ort<br />

bietet, den du als dein Zuhause empfinden kannst. Ja, ich denke schon, dass<br />

ich so empfinde, dass ich mich mit dir zu Hause fühle.“ meinte <strong>Pascal</strong> dazu.<br />

Nach dem Abendbrot saßen sie noch kurz bei einem Glas Wein zusammen im<br />

Wohnzimmer, bis <strong>Isabella</strong> <strong>Pascal</strong> plötzlich mit der Aufforderung: „Komm, ich<br />

will dich.“ an die Hand nahm <strong>und</strong> ihn in ihr Zimmer zog.<br />

Zwei neue Sterne<br />

Nur von <strong>Isabella</strong>s heißem Verlangen war nicht viel zu spüren, als sie ausgezogen<br />

voreinander im Schneidersitz auf dem Bett saßen. Zwei Engelchen nicht<br />

unähnlich, sie streichelten sich mal, beugten sich vor, um sich zu küssen, aber<br />

sonst redeten <strong>und</strong> lachten sie nur. Ihre Stimmen hatten dabei schon einen<br />

Zärtlichkeitsso<strong>und</strong>, <strong>und</strong> was sie sich sagten, kam einem flirtenden Liebesgezwitscher<br />

am nächsten, aber sie saßen nur da <strong>und</strong> freuten sich darüber, so nah<br />

mit ihren nackten Körpern beieinander zu sein <strong>und</strong> sich gegenseitig betrachten<br />

zu können. Sie sahen eben nicht eine nackte Frau oder einen nackten Mann,<br />

sondern den Körper, den sie begehrten, nach dem sie sich so lange gesehnt<br />

hatten. Das allein schien ihnen sehr gut zu gefallen <strong>und</strong> zu reichen <strong>und</strong> stimmte<br />

sie freudig erregt. Warum sollten sie es nicht fortführen, <strong>und</strong> sie hätten es<br />

bestimmt die ganze Nacht getan, wenn <strong>Pascal</strong> nicht plötzlich eingefallen wäre,<br />

dass <strong>Isabella</strong> doch auch davon geträumt hatte, von ihm gestreichelt zu werden.<br />

Mit breit grinsender Schnute kam <strong>Isabella</strong> auf <strong>Pascal</strong> zu. Sie umarmten<br />

sich, ließen sich aufs Bett fallen <strong>und</strong> lösten sich gar nicht wieder aus ihrer<br />

streichelnden Umarmung. So hatte immer ihre Vorstellung ausgesehen, davon<br />

hatte sie geträumt, nackt mit <strong>Pascal</strong> im Bett liegen, dass seine Haut an ihrer<br />

lag <strong>und</strong> sie in seinen Armen gehalten wurde. Ihre zärtlich glänzenden Augen<br />

blickten <strong>Pascal</strong> an, wenn sie sie nicht gerade vor Wonne geschlossen hatte.<br />

„<strong>Pascal</strong>, so wollen wir uns immer halten, nicht wahr? Zu unserer Gr<strong>und</strong>haltung<br />

<strong>Leidenschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Begierde</strong> <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> – Seite 23 von 43


erklären wir das, <strong>und</strong> immer, wenn wir uns umarmen, stellen wir uns vor, dass<br />

wir dabei nackt im Bett lägen, so wie jetzt.“ schlug <strong>Isabella</strong> vor. <strong>Pascal</strong> lachte,<br />

<strong>Isabella</strong> ebenso. „Ja, <strong>Pascal</strong>, das habe ich mir gewünscht, davon habe ich geträumt,<br />

habe mir vorzustellen versucht, was ich empfinden würde. Es machte<br />

mich selig, aber es war auch aufregend <strong>und</strong> verlangend. Danach war ich verrückt<br />

<strong>und</strong> konnte immer daran denken. Unsere Liebe war das, wie sie nicht nur<br />

unser Empfinden erfasst hatte, sondern auch das Verlangen meines Körpers.<br />

Bestimmt war es immer schon da. Du warst nie wie eine liebe Fre<strong>und</strong>in, aber<br />

gewusst habe ich es erst spät. Jetzt ist es eine <strong>Leidenschaft</strong>, <strong>und</strong> ich weiß<br />

nicht, ob sie nicht stärker ist als ich selber. Es hat mich absolut f<strong>und</strong>amental<br />

erfasst, in Bereichen von denen ich nicht wusste, dass ich darüber verfügte.<br />

Vielleicht sind sie neu, mit dir neu entstanden. Ich bin schon eine andere geworden,<br />

mein Empfinden, die Wahrnehmung meiner Empfindungen hat sich<br />

verändert, als ob ich tiefer oder reifer empfinden würde. <strong>Pascal</strong>, noch nie hat<br />

mich etwas innerlich so bewegt <strong>und</strong> ergriffen wie unsere Liebe. Und das bist<br />

du.“ sprach <strong>Isabella</strong> sanft. „Komm, mein Liebster, streichle mich, ganz sanft.“<br />

meinte sie, womit sie sich auf den Bauch legte. <strong>Pascal</strong> ließ seine Fingerspitzen<br />

zart über <strong>Isabella</strong>s Rücken, ihre Beine ihren Po gleiten <strong>und</strong> bedeckte sie mit<br />

Küssen. „<strong>Pascal</strong>, ganz, ganz vorsichtig. Ich bin so empfindlich heute.“ stoppte<br />

ihn <strong>Isabella</strong> lachend. „Ich glaube, es wäre besser, wenn du mich zuerst mal<br />

vorne streicheln würdest.“ Aber <strong>Pascal</strong>s Berührungen schienen sie so gut wie<br />

überall zu erregen. Sie meinte, seine Finger bis in die Zehen zu spüren „Ach,<br />

<strong>Pascal</strong>, es hat keinen Zweck. Ich weiß nicht, was mit mir los ist. Ob ich heute<br />

so sensibel, empfindlich oder high bin, deine Finger, mein Liebster, erregen<br />

mich überall, wo ich sie auch spüre. Ich kann es nicht einfach als zärtliches<br />

Streicheln genießen. An deinen Fingern wird es liegen. Sie sind bestimmt mit<br />

kosmischen Energien geladen <strong>und</strong> jede Berührung durchdringt meinen ganzen<br />

Körper. Ich hatte es mir doch so schön schmuselig gewünscht, aber das scheint<br />

heute nicht zu funktionieren. Komm, wir umarmen uns liebevoll, <strong>und</strong> dann lassen<br />

wir es einfach laufen, schauen, wie es sich entwickelt, oder möchtest du<br />

etwas Bestimmtes?“ beklagte sich <strong>Isabella</strong>. „Wir haben doch Zeit, <strong>Isabella</strong>. Wir<br />

können doch tun <strong>und</strong> lassen was wir wollen, was uns gerade einfällt, <strong>und</strong> wo<br />

wir im Moment Lust zu haben. Wir müssen doch nichts. Wir müssen auch nicht<br />

miteinander schlafen. Vorstellungen, dass <strong>und</strong> wie sich Sex jetzt zwischen uns<br />

abspielen müsste, interessieren mich nicht. Unsere Liebe möchte ich erleben.<br />

Ich empfinde mich auch von ihr so stark erfasst, wie sonst noch nie etwas in<br />

meinem Leben. Für mich ist es einfach schon w<strong>und</strong>erschön, dir ganz nahe zu<br />

sein, hier bei dir zu liegen, dich zu betrachten <strong>und</strong> deine Haut zu spüren. So<br />

habe ich auch von dir geträumt, es war mein unerfüllbarer Wunschtraum. Dass<br />

es jetzt so ist, kann ich kaum fassen, es macht mich sehr glücklich“ erklärte<br />

<strong>Pascal</strong>. „Du bist lieb, ganz, ganz lieb <strong>Pascal</strong>. Ich wünsche mir schon viel Zärtlichkeit,<br />

das ist sanft <strong>und</strong> gefällt mir gut, <strong>und</strong> dass du glücklich bist ebenso,<br />

aber auch Frauen wollen mehr als Zärtlichkeiten <strong>und</strong> Liebkosungen, <strong>Pascal</strong>.“<br />

<strong>Isabella</strong> lächelte schelmisch <strong>und</strong> fuhr fort, „Du weckst sie in mir, diese weitergehenden<br />

Bedürfnisse, das gefällt mir nicht nur gut. Du hast es immer schon<br />

getan, <strong>und</strong> hast mich damit verrückt gemacht. Ich möchte schon, dass wir uns<br />

lieben, <strong>und</strong> ich kann mir bei dem, wie ich dich spüre, kaum vorstellen, dass es<br />

bei dir nicht so sein sollte. Alles Weibliche in mir will dich, dich körperlich voll<br />

<strong>Leidenschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Begierde</strong> <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> – Seite 24 von 43


erleben als Frau <strong>und</strong> nicht nur eine Nacht der Zärtlichkeiten mit dir verbringen.<br />

Bloß ich komme mir heute viel zu leicht <strong>und</strong> zu schnell erregbar vor. Ich würde<br />

es gern länger, ganz lange genießen. Verstehst du? Ich möchte unsere Liebe<br />

auch körperlich endlos spüren können.“ erläuterte <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> lächelte schelmisch.<br />

„Sag mal, <strong>Pascal</strong>, findest du mich eigentlich schön <strong>und</strong> begehrenswert?“<br />

fragte <strong>Isabella</strong> plötzlich <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> bog sich vor Lachen. „Ja, das stimmt, <strong>Isabella</strong>,<br />

man müsste sich das eigentlich auch sagen, nur jetzt? Und wie sollte ich<br />

es denn formulieren: „Du bist so schön <strong>Isabella</strong>, ich begehre dich.“?“ überlegte<br />

<strong>Pascal</strong>. Dafür bekam er einen Boxhieb. „Ein unstillbares Verlangen nach der<br />

Schönheit deines Körpers durchwogt all mein Begehren.“ wäre das<br />

poetischer?“ erk<strong>und</strong>igte er sich bei <strong>Isabella</strong>. „<strong>Pascal</strong>, du bist böse <strong>und</strong> machst<br />

dich über mich lustig.“ meinte <strong>Isabella</strong> mit nicht ernster Schmollmimik. „Meine<br />

Liebste, du weißt doch, dass ich dich für die Frau mit dem schönste Po der Welt<br />

halte, die <strong>Isabella</strong> kallipygos, <strong>und</strong> dein Gesicht ist meine Sonne, sie bringt alles<br />

zum Strahlen <strong>und</strong> durchwärmt mein Herz. Kannst du mein Begehren auch einfach<br />

so spüren, ohne dass ich öfter mal Brunftschreie ausstoße?“ reagierte <strong>Pascal</strong>.<br />

„Ja, für Frauen, die meisten wenigstens, ist es schon bedeutsam, begehrt<br />

zu werden, während Männer mit der Einstellung geboren werden, das es bei ihnen<br />

per se der Fall sein muss.“ erklärte <strong>Isabella</strong>. „Natürlich, sie schmücken sich<br />

ja auch mit modischer Kleidung <strong>und</strong> anderen Accessoires, weil beim Menschen<br />

die Weibchen die aktive Rolle im Balzverhalten haben.“ erläuterte <strong>Pascal</strong>. „Aha,<br />

<strong>und</strong> wie war die Balz deines Weibchens? War sie bei dir erfolgreich, ja?“ fragte<br />

<strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> fügte dem hinzu: „Dann darfst du aber jetzt auch nicht nur träumen<br />

<strong>und</strong> schmusen wollen, mein Liebster, dafür habe ich doch den ganzen Aufwand<br />

der Balz nicht betrieben.“ „Langsam, ganz langsam, <strong>Pascal</strong>.“ mahnte <strong>Isabella</strong><br />

zwischendurch, „Ich will es ganz genau spüren, alles langsam fühlen. Es<br />

ist doch unser erstes mal. Da darf ich doch nichts vergessen. Das muss ich alles<br />

gut erinnern können. Und so wild? So bist du eben, mein Süßer, nicht<br />

wahr?“ <strong>und</strong> <strong>Isabella</strong> platzte los. „<strong>Isabella</strong>,“ lachte <strong>Pascal</strong>, „muss das immer sein<br />

mit dem Blödsinn.“ Davon hatte <strong>Isabella</strong> nicht im Detail geträumt. Wie hätte<br />

sie denn auch? Sie kenne ja nur ihren Flachlandsex, wie sie meinte. Damit hatte<br />

alles was zwischen ihr <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> heut Abend geschah nichts zu tun. Es<br />

musste ja auch anders sein. <strong>Pascal</strong> war ja nicht einfach anderer Mann. In einer<br />

völlig anderen Szenerie spielte es sich ab. Es kam ihr vor, als ob sie etwas<br />

gänzlich Neues erlebe. Ob das wohl jedes mal unterschiedlich werden würde?<br />

Physiologisch war es ja im Prinzip immer das gleiche, aber würde sie es immer<br />

wieder neu empfinden können, so wie es ihr heute auch als völlig neue Erfahrung<br />

vorkam? So oder ähnlich <strong>und</strong> nur so wollte sie es jetzt immer erleben, als<br />

intensive körperliche Erfahrung ihrer Liebe. „Ich glaube, jetzt bin ich eine Butterblume.<br />

Meine Blüte strahlt goldiges Glück, <strong>und</strong> breit bin ich wie fast geschmolzene<br />

Butter.“ empfand sich <strong>Isabella</strong> nachher. Komm auf mich oder ganz<br />

nah an mich, mein aller, aller, aller Liebster. Nein, das ist blöd, nicht wahr. Mein<br />

Stern? Du Stern meines neuen Lebens? Oder noch besser: Stern am Horizont<br />

der neuen Heimat meiner Seele. Wäre das gut?“ fragte <strong>Isabella</strong>. „Unseres neuen<br />

Lebens oder unserer neuen Heimat, aber da gehört mein Stern auch dazu.“<br />

korrigierte sie <strong>Pascal</strong>. „Also, die beiden Sterne am Horizont der neuen Heimat<br />

unserer Seelen. Richtig so?“ fasste <strong>Isabella</strong> es zusammen <strong>und</strong> meinte: „<strong>Pascal</strong>,<br />

wir könnten uns bestimmt ganz viel sagen, aber im Moment käme es mir vor,<br />

<strong>Leidenschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Begierde</strong> <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> – Seite 25 von 43


als ob jedes Wort alles nur zerreden würde, mein Glück nur stören. Lass uns<br />

schweigen. Im Übrigen wäre deiner Butterblume jetzt sehr danach, unter unseren<br />

beiden neuen Sternen liegend ein wenig schmusend zu träumen <strong>und</strong> dabei<br />

langsam in den Schlaf hinüber zu gleiten.“ Anstatt zu antworten, küsste <strong>Pascal</strong><br />

sie, <strong>und</strong> sie sanken halb an <strong>und</strong> halb aufeinander liegend langsam in den<br />

Schlaf.<br />

<strong>Pascal</strong> im Kopf<br />

„Wehe“ drohte <strong>Isabella</strong> ihrer Mutter mit schwenkendem Zeigefinger am Morgen,<br />

als sie in die Küche kam, <strong>und</strong> die sie fragend anschaute. Sie hatte verstanden,<br />

dass sie nicht fragen sollte, wie's war. „Ich glaube, ich bin für so etwas<br />

gar nicht geeignet.“ meinte <strong>Isabella</strong> „Ich bin sofort high. Wie ein Mimöschen,<br />

die leichteste Berührung geht mir völlig durch“ „Ist das denn nicht<br />

schön? Geht dir das immer schon so?“ wollte ihre Mutter wissen. „Nein, nur<br />

heute Nacht. Stimmt, an <strong>Pascal</strong> wird es liegen. Es liegt gar nicht an mir. Aber<br />

etwas Besonderes hat er doch gar nicht gemacht.“ staunte <strong>Isabella</strong>. „Es wird<br />

der <strong>Pascal</strong> in deinem Kopf gewesen sein, der dein Empfinden beeinflusst hat.<br />

Wie du etwas sexuell empfindest, entscheidet sich immer in deinem Kopf. Und<br />

wenn dein Kopf weiß, dass du zum ersten mal die Fingerspitzen deines Allerliebsten<br />

spürst, dann wird er dich schon anders empfinden <strong>und</strong> vielleicht ein<br />

wenig verrückt spielen lassen. Der macht vieles sowieso absolut selbständig,<br />

ohne sich deine Zustimmung einzuholen oder dich überhaupt zu informieren.“<br />

meinte <strong>Isabella</strong>s Mutter. <strong>Isabella</strong> sinnierte. Das konnte sie gut nachvollziehen.<br />

Schon in der Vergangenheit hatte <strong>Pascal</strong> ja weitgehend eigenmächtig in ihrem<br />

Kopf agiert. Hatte er sie etwa gefragt, ob sie ständig an ihn denken wolle? Er<br />

hatte sich einfach ihres Kopfes bemächtigt. Liebe muss ein Pirat sein, der in<br />

deinen Gedankengängen segelt <strong>und</strong> dein Wertvollstes kapern will. Dass aus<br />

<strong>Pascal</strong> über Nacht „mein Stern“ geworden war, konnte niemandem am Frühstückstisch<br />

verborgen bleiben. Aber auch nach sonstigen Veränderungen durch<br />

die Nacht suchte <strong>Isabella</strong>s Mutter neugierig, doch sie musste sich eingestehen,<br />

das alles im Spekulativen blieb. Die neue Sprache, worüber die Blicke, die <strong>Isabella</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> wechselten, jetzt verfügte, blieb Frau Falkenberg natürlich<br />

verborgen. „Wir werden jetzt jeden Abend zum Schlafen herkommen. Es hat<br />

uns in der letzten Nacht sehr gut gefallen in dem tollen, neuen Bett. Das kann<br />

man doch nicht einfach ungenutzt lassen. Sogar gut schlafen kann man darin.“<br />

begründete <strong>Isabella</strong> es schmunzelnd <strong>und</strong> dankte ihren Eltern nochmal.<br />

<strong>Isabella</strong> fragte <strong>Pascal</strong>, ob er lieber spazieren gehen oder Frau Falkenberg in der<br />

Küche beim Essen kochen helfen wolle. Für Küche entschied man sich. Jeder<br />

wusste beim Kochen irgendwelche Tips, über die sich die anderen lustig machten<br />

oder gab etwas Kurioses aus seinen Kocherfahrungen zum Besten. <strong>Pascal</strong><br />

erzählte, dass seine Mutter beim Kochen immer sang, aber noch lieber hätte<br />

sie sich von seiner Schwester oder ihm dabei etwas vorlesen lassen. „Oh tempora,<br />

oh mores,“ eröffnete Frau Falkenberg ihr Wehklagen, „diese kaputten<br />

Menschen. Früher hat man überall bei der Arbeit gesungen. Nicht nur in der<br />

Küche, auch auf den Feldern haben die Frauen gesungen. Singen ist der seeli-<br />

<strong>Leidenschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Begierde</strong> <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> – Seite 26 von 43


sche Ausdruck eines kultivierten Menschen. Er bringt seine innere Harmonie<br />

zum Ausdruck <strong>und</strong> pflegt sie. Das wusste man schon vor mehreren tausend<br />

Jahren. Die Kultur im Alltag wird heute zunehmend verschrottet.“ „Ja, <strong>und</strong> vorgelesen<br />

wird auch nur noch in Zigarrenfabriken.“ verstand es <strong>Isabella</strong> dem beizupflichten<br />

<strong>und</strong> gleichzeitig die Zwerchfelle anzuregen. Man scherzte, lachte<br />

gemeinsam <strong>und</strong> übereinander. Das Kochen selbst wurde zweitrangig. Im Vordergr<strong>und</strong><br />

schien das grenzenlose Gaudium zu stehen. Frau Falkenberg mochte<br />

<strong>Pascal</strong> offensichtlich auch gut leiden. Ihn sprach sie immer an oder bezog ihn<br />

ein bei irgendwelchen Scherzen. Als er mal kurz raus war, meinte <strong>Isabella</strong>s<br />

Mutter: „Also, ich will mich ja kein bisschen einmischen, aber deine Zweifel<br />

kann ich überhaupt nicht verstehen. Wenn du ihn nicht willst, nehme ich ihn.“<br />

„Mami, lass es, dräng mich nicht. Es hat ja auch mit <strong>Pascal</strong> nichts zu tun.“ reagierte<br />

<strong>Isabella</strong> lachend.<br />

Mahlers Adagietto<br />

Am Nachmittag lagen sie auf dem neuen Bett <strong>und</strong> hörten Musik. <strong>Pascal</strong> wollte<br />

<strong>Isabella</strong> zeigen, wobei er geträumt hatte, dass <strong>Isabella</strong> jetzt zu ihm ins Bett<br />

käme. „Ja, w<strong>und</strong>erschön, nicht wahr? Da breitet die Seele noch viel mehr als<br />

ihre Flügel aus, da öffnet sie sich ganz. So hätte ich es gerne gehabt, aber ich<br />

war gestern Abend einfach zu kribbelig, zu angespannt, zu aufgeregt. Bestimmt<br />

legt sich das, wenn du mich mal öfter gestreichelt hast.“ „Aufgeregt<br />

war ich schon auch. Na ja, es war ja für uns beide nichts Alltägliches. Also, gelassen<br />

<strong>und</strong> relaxed war ich bestimmt nicht. Ich kam mir eher wie ein kleiner<br />

Junge vor, der keinesfalls bei dir etwas falsch machen wollte. War denn etwas<br />

falsch?“ fragte <strong>Pascal</strong> provozierend. „Ja, Schweinkram hast du gemacht, nur<br />

Schweinkram. So etwas tut man nicht bei einer anständigen Frau.“ reagierte<br />

<strong>Isabella</strong>. „Sollte ich das in Zukunft lieber bleiben lassen?“ erk<strong>und</strong>igte sich <strong>Pascal</strong>.<br />

„Bloß nicht, anständige Frauen lieben das.“ lautete <strong>Isabella</strong>s Antwort. <strong>Isabella</strong><br />

hatte ihren Kopf auf <strong>Pascal</strong>s Bauch gelegt, <strong>und</strong> die Finger einer Hand hatten<br />

sie ineinander verhakt. Plötzlich fuhr <strong>Isabella</strong> hoch. „Sag mal, <strong>Pascal</strong>, was<br />

meinst du, sollte ich mich von Benni trennen?“ fragte sie ihn. <strong>Pascal</strong> lachte auf.<br />

„<strong>Isabella</strong>, was soll ich dir denn dazu sagen? Ja, verlasse ihn sofort <strong>und</strong> komm<br />

zu mir. Dann habe ich zwei Fre<strong>und</strong>innen. Je mehr, umso besser?“ <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong><br />

lachte wieder. „<strong>Isabella</strong>, das ist bei mir doch genauso verworren wie bei dir.<br />

Meine Heimat ist bei dir, aber soll ich Anett einfach fortschicken. Sie hat mir<br />

doch nichts getan, <strong>und</strong> wir waren vor nicht langer Zeit noch sehr verliebt. Sie<br />

ist es mit Sicherheit immer noch.“ fügte <strong>Pascal</strong> hinzu. Jetzt redeten sie zum<br />

ersten mal intensiv über ihre Beziehungen. Sie sprachen auch über ihre Liebe,<br />

die sie für den Partner empfanden. Sowohl für <strong>Isabella</strong> als auch für <strong>Pascal</strong><br />

spielte sie sich aber auf einer anderen Ebene ab. Sie sahen es aus der Metaperspektive<br />

ihrer eigenen Liebe, die über allem schwebte. „Benni ist meine erste<br />

Liebe. Durch ihn habe ich überhaupt erst erfahren, was Liebe sein kann. Das<br />

wird für mich immer bedeutsam bleiben.“ erklärte <strong>Isabella</strong>. „Eine ähnliche Liebe<br />

war es bei dir nicht. Dann hätte es sie nicht gegeben. Auf den Gedanken,<br />

dass ich in dich verliebt sein könnte, kam ich erst, als ich anfing zu spinnen.<br />

Ich hatte immer nur ein fanatisches Bedürfnis, in deiner Nähe sein zu wollen.<br />

<strong>Leidenschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Begierde</strong> <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> – Seite 27 von 43


Dich sprechen zu hören <strong>und</strong> zu sehen, dich zu erleben, war wie eine Gier.<br />

Deine Worte lassen mich hören <strong>und</strong> sehen, wer du bist. Sie sind voll Harmonie.<br />

Ich höre ihren lyrischen Rhythmus, deine Worte sind ein Gedicht. Ein Gedicht<br />

für mich mit der Melodie deiner Sprache. Deine Worte sind ein Lied, ein<br />

Liebeslied. Du schenkst es mir. Du schenkst mir dich, immer wieder. Mit Liebe,<br />

wie ich sie kannte <strong>und</strong> <strong>und</strong> erlebte, hatte das nichts zu tun. Als erwachsene<br />

Frau sah ich mich, mit dir <strong>und</strong> durch dich. Und du warst kein netter Junge<br />

sondern ein erwachsener Mann. Aber es ist ja nicht nur dies Verlangen, <strong>Pascal</strong>.<br />

Ich mag dich total gut leiden. Als ob mir alles an dir gefiele, alles w<strong>und</strong>ervoll<br />

wäre. Unsinn, nicht wahr? Aber ich verstehe dich eben zu gut. Niemals war ich<br />

einem anderen Menschen so nahe wie dir. Je tiefer ich dich erkennen konnte,<br />

umso großartiger kamst du mir vor. Ich sah immer mehr von dem, was den<br />

Menschen in dir ausmachte, <strong>und</strong> das ist das eigentlich Großartige. Alle<br />

Äußerlichkeiten werden immer unbedeutender, <strong>und</strong> das W<strong>und</strong>er Mensch, das<br />

ich in dir sehe, immer größer. Noch nie ist mir das so bewusst geworden. Jede<br />

<strong>und</strong> jeder wird dieses W<strong>und</strong>er in sich tragen, nur niemand ist da, der es<br />

erkennen will <strong>und</strong> kann. Weißt du, <strong>Pascal</strong>, dieser Jesus in der Bibel hat doch<br />

gesagt: „Liebet eure Feinde.“, das kann ich jetzt verstehen <strong>und</strong> die Mütter, die<br />

ihre Kinder lieben, obwohl sie zu Verbrechern geworden sind, auch. Das<br />

machst du aber nicht, <strong>Pascal</strong>, nicht wahr? Du bleibst immer schön brav, ja?“<br />

anders konnte <strong>Isabella</strong> auch ernsthafte Überlegungen nicht beschließen.<br />

„Durch dich hat sich vieles andere für mich relativiert, auch meine Beziehung<br />

zu Benni.“ stellte sich <strong>Isabella</strong> dar. „Wenn du mich verlassen, <strong>und</strong> anderswo<br />

studiert hättest, würde ich vielleicht mit Anett glücklich sein. Vielleicht würden<br />

wir Kinder haben, wenn sie es wollte, aber die Sehnsucht nach dir bliebe<br />

immer unverändert“ stellte <strong>Pascal</strong> sein Empfinden dar. „Jeden Tag würde ich<br />

hoffen, dich irgendwann wiederzusehen. Das bleibt so <strong>Isabella</strong>. Das ist wie eine<br />

Sucht,ist ganz tief in mir, <strong>und</strong> verschwinden wird es nie wieder.“ erklärte<br />

<strong>Pascal</strong>. <strong>Isabella</strong> sagte nichts. Sie übertrug es auf ihre Situation <strong>und</strong> versuchte<br />

sich ihre Sehnsucht nach <strong>Pascal</strong> vorzustellen. <strong>Isabella</strong> betrachtete <strong>Pascal</strong><br />

stumm, ihre Mimik hatte ernste Züge. Dann nickte sie langsam, <strong>und</strong> als Zeichen<br />

ihres gleichen Empfindens, fiel sie <strong>Pascal</strong> um den Hals. „Das Hauptproblem<br />

ist doch deutlich.“ meinte sie, „Benni <strong>und</strong> Anett behindern das uneingeschränkte<br />

Verhältnis zwischen dir <strong>und</strong> mir. Sie behindern die umfassende <strong>und</strong><br />

frei Ausübung unserer Liebe. Das darf doch kein Mensch, oder?“ fragte sie,<br />

während ein schelmisches Lächeln ihren M<strong>und</strong> umspielte.<br />

Nackter Mann<br />

„Sag mal, <strong>Pascal</strong>, findest du eigentlich, dass ich auch ein W<strong>und</strong>erwerk bin?“<br />

wollte <strong>Isabella</strong> mit spezifischem, nicht ganz ernstem Unterton wissen. <strong>Pascal</strong><br />

bog sich <strong>und</strong> lachte stumm. „Also, ich denke, dass es dir manchmal noch an<br />

der notwendigen Explosivkraft mangelt, aber sonst finde ich, das du eher ein<br />

Feuerwerk bist, so feurig <strong>und</strong> in all dieser funkelnden Pracht ...“ <strong>Isabella</strong> ließ<br />

<strong>Pascal</strong> nicht zu Ende reden, sondern überfiel ihn, als ob sie ihn für seine boshafte<br />

Bemerkung niederkämpfen wolle. Nur sie lagen ja beide schon. Es blieb<br />

ihnen also nichts als ein wenig herumwälzen <strong>und</strong> dabei zu lachen. Sie lagen<br />

<strong>Leidenschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Begierde</strong> <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> – Seite 28 von 43


wieder in der von <strong>Isabella</strong> als Gr<strong>und</strong>haltung bezeichneten Umarmung, <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong><br />

streichelte ihr über den Rücken. Er fuhr mit seiner Hand unter <strong>Isabella</strong>s T-<br />

Shirt, <strong>und</strong> sie zog es aus. <strong>Pascal</strong> ließ seine Hand über <strong>Isabella</strong>s Rücken gleiten.<br />

„Fühlt sich das gut an für dich?“ fragte <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> nickte nur. „Für dich<br />

auch?“ erk<strong>und</strong>igte er sich. „Mhm.“ stimmte <strong>Isabella</strong> zu, „aber vorne nicht. Meine<br />

Haut will deine Haut spüren <strong>und</strong> nicht dein Oberhemd. Meine Brüste sind<br />

nicht Cotton fetischistisch.“ Sie half ihm beim Ausziehen. „Zieh das auch aus.“<br />

befahl <strong>Isabella</strong>, womit sie <strong>Pascal</strong>s Hose meinte, „Und das auch.“ <strong>Pascal</strong> sollte<br />

auch seinen Slip ausziehen, monierte aber: „<strong>Isabella</strong>, was tun wir? Wenn gleich<br />

mal deine Mutter rein kommt.“ „Mein Vater könnte auch kommen <strong>und</strong> uns zum<br />

Kaffee rufen. Wir werden ihnen sagen, wie es ist, dass wir für unsere Gr<strong>und</strong>haltung<br />

üben.“ meinte <strong>Isabella</strong> dazu. „Und was hast du in Hosen mit einem<br />

nackten Mann vor?“ erk<strong>und</strong>igte sich <strong>Pascal</strong> weiter. „Anschauen, anfassen, aber<br />

es geht ja nicht um einen nackten Mann, es geht ja um dich.“ <strong>Isabella</strong> darauf.<br />

Sie befühlte <strong>Pascal</strong>, beugte sich vor <strong>und</strong> ließ ihre Brüste über seine Haut gleiten.<br />

„Du, hast es gern, wenn die Frau deinen Penis in den M<strong>und</strong> nimmt, nicht<br />

wahr?“ fragte <strong>Isabella</strong>. <strong>Pascal</strong> lacht auf: „Nein, <strong>Isabella</strong>, du tust mir keinen Gefallen<br />

damit.“ Die schaute ihn fragend an <strong>und</strong> meinte: „Das kann ich nicht<br />

glauben. Alle Männer mögen das.“ „Mir fehlen aber die entsprechenden Gene.“<br />

meinte <strong>Pascal</strong>, „Das sind Männervorlieben, die sich kulturell verbreitet haben.<br />

Bei mir ist da noch nix angekommen. Ich habe noch viel von dem ursprünglichen<br />

Mann aus den Wäldern. Legst du denn Wert darauf?“ wollte er von <strong>Isabella</strong><br />

wissen. „Um Himmels Willen,“ reagierte die, „im Prinzip kann eine Frau das<br />

gar nicht wollen. Sie hat nichts davon. Es können nur Spinnereien in ihrem<br />

Kopf sein.“ Und dann dozierte <strong>und</strong> ereiferte sie sich über den Unsinn von Fellatiovorlieben<br />

bei Frauen. <strong>Pascal</strong> hatte schon mal bemerkt, dass es ihn doch<br />

überhaupt nicht interessiere, aber darauf hatte <strong>Isabella</strong> gar nicht reagiert. Jetzt<br />

rief er sie, wobei das 'e' in ihrem Namen wie ein ganz lang gezogenes 'ä' klang.<br />

„<strong>Isabella</strong>, warum sollen wir uns damit beschäftigen, wenn es uns beide nicht<br />

betrifft, weil wir beide die gleiche Auffassung haben?“ meinte <strong>Pascal</strong>. „Das haben<br />

wir auch bestimmt schon unbewusst gleich beim ersten Blick erkannt.“<br />

vermutete <strong>Isabella</strong> zur Erheiterung <strong>Pascal</strong>s, der von ihr wissen wollte, worin<br />

sich so etwas denn offenbare. Für <strong>Isabella</strong> war das Anlass zu einer erneuten<br />

Balgerei, während Frau Falkenberg gerade beschlossen hatte, die beiden zum<br />

Kaffee zu rufen. Ohne ein Wort zu sagen, schloss sie sofort wieder die Tür. <strong>Isabella</strong><br />

sprang auf, lief ihr mit bloßem Oberkörper nach <strong>und</strong> meinte „Mami, es ist<br />

nix. Wir kommen, fangt noch nicht an.“<br />

Es ist so <strong>und</strong> es wird sich nicht ändern<br />

Beim nächsten Besuch bei <strong>Isabella</strong>s Eltern machte sie eine ernste, strenge<br />

Mine. So hatte <strong>Pascal</strong> <strong>Isabella</strong> noch nie gesehen. Als er sie fragte, erklärte sie<br />

energisch: „Ich mach das nicht mehr. Ich komm' mir idiotisch vor. Es gibt doch<br />

gar keine Alternative. Vor wem müssen wir denn warum was verheimlichen<br />

oder verstecken? Kann ich nicht dazu stehen, wie es ist? Etwa vor Benni nicht?<br />

Es ist so, <strong>und</strong> es wird sich nicht ändern. Das steht für uns beide fest. Das ist<br />

die Realität. Da hab' ich es nicht nötig, Benni etwas vorzugaukeln. Das ist kin-<br />

<strong>Leidenschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Begierde</strong> <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> – Seite 29 von 43


disch <strong>und</strong> unwürdig, auch Benni selbst gegenüber.“ <strong>Pascal</strong> stimmte dem zu, nur<br />

bei sich? Da konnte er das nicht so einfach sagen. Die Beziehung zwischen Anett<br />

<strong>und</strong> ihm war anders strukturiert. Er war für Anett jemand anders als Benni<br />

für <strong>Isabella</strong>. Er liebte Anett schon, aber sie bew<strong>und</strong>erte ihn. Ihm wurde erst<br />

jetzt einiges über sein Verhältnis zu Anett klar. Dass er der dominante Mann<br />

war, hätte er eigentlich immer schon erkennen können, bewusst geworden war<br />

es ihm aber noch nie. Anett hatte es ihn noch nie spüren lassen. Ob sie vielleicht<br />

so ein Verhältnis auch suchte, sie den Mann haben wollte, zu dem sie<br />

aufblicken konnte, weshalb auch immer? Bei ihrem Intellekt <strong>und</strong> ihrer Position<br />

in feministischen Fragen, hätte er es auch nie vermutet. Vielleicht hatte er etwas<br />

von der Funktion ihrer zwei Jahre älteren Schwester, die ihr sehr viel bedeutete.<br />

Es musste sich ziemlich subtil abgespielt haben, weil für <strong>Pascal</strong> im<br />

Gr<strong>und</strong>e nur eine Beziehung auf gleicher Ebene in Frage kam, wie er sie jetzt zu<br />

<strong>Isabella</strong> hatte. Er konnte Anett nicht einfach die Realität mitteilen, auch wenn<br />

er sie betrog, überwog sein Bedürfnis, sie davor zu schützen, dass sie es erfuhr.<br />

<strong>Isabella</strong> fuhr ihn an: „Was für ein Macho bist du denn, dass du dir anmaßt,<br />

darüber entscheiden zu können, was für Anett gut zu wissen ist, oder<br />

nicht. Bist du Anetts Zensurbehörde oder ihr Sklavenhalter? <strong>Pascal</strong>, das ist<br />

ganz widerlich. Anett ist eine selbständige, erwachsene Person, die für sich<br />

entscheiden kann, <strong>und</strong> das solltest du jederzeit allerschärfstens respektieren.“<br />

„<strong>Isabella</strong>, ich will Anett doch keineswegs bevorm<strong>und</strong>en, nur ich habe auch keine<br />

Lust daran, sie zu verletzen. Das werde ich mit Sicherheit tun, nur ich kann<br />

überhaupt nicht abschätzen, wie stark es sie treffen <strong>und</strong> wie sie damit umgehen<br />

wird. Und davor habe ich Angst. Es gibt doch die schlimmsten Beispiele<br />

dafür, wie es Menschen getroffen hat, wenn sie plötzlich verlassen wurden. Es<br />

bei Anett einfach darauf ankommen lassen, das kann ich nicht. Ja, <strong>Isabella</strong>, ich<br />

liebe sie, zwar nicht so wie wir uns, aber ich empfinde sehr viel für sie.“ erklärte<br />

<strong>Pascal</strong> dazu. „Oh, <strong>Pascal</strong>, alles muss man dir vorsagen. Dir scheint es an<br />

jeglichen kreativen Impulsen zu mangeln. Sie hat doch zum Beispiel sicher<br />

Fre<strong>und</strong>innen, die sie auffangen können, wenn es zu schlimm wird, oder mit denen<br />

du sonst etwas aushecken kannst. Ihre Eltern, könntest du die vielleicht<br />

ansprechen? Lass dir doch mal etwas einfallen. Du starrst nur wie das Kaninchen<br />

auf die Schlange „Sagen oder Nicht-Sagen“.<br />

Pias Geheimnis<br />

<strong>Isabella</strong> hatte es Benni gesagt. Sie hatten lange darüber geredet. „Ich weiß es<br />

doch Benni. Es war sehr schön, <strong>und</strong> vergessen werde ich es niemals, gleichgültig<br />

ob wir zusammen sind oder nicht, nur das war alles gestern, ist Geschichte,<br />

Erinnerung, bedeutsame Erinnerung, aber heute ist das nicht.“ hatte <strong>Isabella</strong><br />

ihm gesagt, wenn er immer wieder an gemeinsame Erlebnisse <strong>und</strong> Erfahrungen<br />

erinnerte. „Ich liebe dich auch heute noch, Benni, nur ich bin auch eine<br />

andere geworden, <strong>und</strong> es gibt eine Liebe, die mich heute trifft. Diese Liebe ist<br />

anders, <strong>und</strong> ich will sie unbedingt, <strong>und</strong> von ihr wird mich nichts <strong>und</strong> niemand<br />

abbringen können. Das ist so, <strong>und</strong> das lässt sich nicht ändern. Ich kann nicht<br />

verlangen, dass du mich verstehst <strong>und</strong> es akzeptierst, aber vielleicht stimmst<br />

du dem zu, dass es etwas geben kann, dass stärker ist als alles andere, das<br />

<strong>Leidenschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Begierde</strong> <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> – Seite 30 von 43


dein bisheriges Empfinden übersteigt. So ist es für mich, Benni, <strong>und</strong> du wirst<br />

nicht umhinkommen, es zu akzeptieren. Es wird dir weh tun, das weiß ich. Ich<br />

will dir keinesfalls wehtun, aber wie sollte ich es denn verhindern, dass es für<br />

dich schmerzlich ist?“ hatte sie es Benni zu erklären versucht. Sie habe den<br />

Eindruck gehabt, dass Benni es sehr gefasst aufgenommen habe, aber man<br />

wisse ja nie, wie es wirke. <strong>Pascal</strong> hatte sich mit Pia, Anetts bester Fre<strong>und</strong>in getroffen.<br />

<strong>Pascal</strong> mochte Pia auch gut leiden. Sie war immer sehr lustig <strong>und</strong><br />

neckisch. „Boah, was macht ihr denn für Sachen?“ stöhnte sie , als <strong>Pascal</strong> kurz<br />

berichtet hatte. Dann erk<strong>und</strong>igte sie sich immer näher nach den Einzelheiten<br />

von <strong>Pascal</strong>s <strong>und</strong> <strong>Isabella</strong>s Liebe. „Du liebst sie <strong>und</strong> hast gewusst, dass sie dich<br />

auch liebt <strong>und</strong> umgekehrt genauso? Ihr habt aber kein Sterbenswörtchen davon<br />

gesagt, sondern habt immer fleißig zusammen Kaffee getrunken, als ob<br />

nichts wäre.“ Pia ließ sich aufs Bett fallen <strong>und</strong> lachte sich tot. „Das ist ja total<br />

crazy. So etwas habe ich noch nie gehört.“ meinte sie. „Ja, es ist einfach so gekommen.<br />

Ich habe mir ja selber immer etwas vorgemacht, dachte ich fänd' sie<br />

ganz nett, bis ich mir eingestehen musste, dass ich süchtig nach ihr war. Aber<br />

wir wollten es doch beide nicht, ich wegen Anett nicht <strong>und</strong> <strong>Isabella</strong> hatte auch<br />

einen festen Fre<strong>und</strong>. Als wir es vor uns selbst nicht mehr verheimlichen konnten,<br />

haben wir sogar richtig offiziell Schluss gemacht, aber Liebe arbeitet nicht<br />

mit dir <strong>und</strong> deinen Beschlüssen zusammen. Sie akzeptiert nur ihre eigenen Methoden.“<br />

erläuterte <strong>Pascal</strong>. „Ich versteh dich gut, <strong>Pascal</strong>. Damit du das weißt.“<br />

meinte Pia, „Und was soll ich dabei tun? Es Anett schonend beibringen?“<br />

„Müsste ich das nicht eigentlich selber tun? Ich weiß nur überhaupt nicht, wie<br />

sie es auffassen wird, <strong>und</strong> was es ihr ausmacht. Vielleicht könntest du ihr dabei<br />

ein wenig helfen, dass es für sie erträglicher wird.“ „Na klar,“ meinte Pia, „ich<br />

werde vorher <strong>und</strong> nachher mit ihr reden.“ <strong>Pascal</strong> hatte mit Anett etwas Ernstes<br />

zu besprechen. Es sei nicht angenehm. Sie müsse sehr gefasst <strong>und</strong> ganz stark<br />

sein. Anett schien das nicht sonderlich zu tangieren. Ihre Mimik zeigte fre<strong>und</strong>liche<br />

Gelassenheit. Dann hatte <strong>Pascal</strong> angefangen, von ihrer großen Liebe zu erzählen.<br />

Anett grinste immer nur <strong>und</strong> meinte schließlich: „Aber jetzt hast'e ne<br />

neue Fre<strong>und</strong>in.“ <strong>Pascal</strong>s große, erstaunte Augen starrten Anett an. Nach seinem<br />

Schock fragte er Anett, woher sie es wisse. „Von Pia natürlich, aber sie<br />

wollte es nicht verraten <strong>und</strong> hat mir verboten es zu wissen. Ich sollte ganz<br />

traurig sein, hat sie mir befohlen. Im Gr<strong>und</strong>e bin ich das ja schon, <strong>Pascal</strong>, natürlich<br />

wäre ich lieber mit dir zusammen geblieben, aber wenn das stimmt, was<br />

Pia gesagt hat, <strong>und</strong> das glaube ich schon, muss ich mich eigentlich bei dir bedanken,<br />

auch wenn du mich verlässt. Damit fing es ja an, dass Pia so von dir<br />

geschwärmt hat. Ich verstand das nicht <strong>und</strong> habe sie gefragt, ob sie sich in<br />

dich verliebt habe. Nein, meinte sie, es sei nur wichtig, dass ich das wisse.<br />

Jede weitergehende Frage, die sie beantwortete, machte alles nur noch obskurer.<br />

Bis ich ihr gesagt habe, sie wisse etwas, was sie mich nicht wissen lassen<br />

wolle, sie solle es erzählen. Nach langwierigem, weiteren Hin <strong>und</strong> Her <strong>und</strong> Zusicherungen,<br />

hat sie es mir dann erzählt. Mein Lieber, hast du so für mich gelitten.<br />

Ich liebe dich, glaube ich, noch viel mehr als vorher.“ erläuterte Anett.<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich könne sie so etwas mit der großen <strong>Leidenschaft</strong>, gegen die man<br />

machtlos sei, schon verstehen. „Ihr seid ja schließlich nicht die ersten, die davon<br />

befallen wurden. Die Geschichte ist voll von derartigen Lovestories <strong>und</strong> bestimmt<br />

ist es ein Traum von vielen, dass ihnen selbst so etwas widerfahren<br />

<strong>Leidenschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Begierde</strong> <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> – Seite 31 von 43


möge. Ich mache dir <strong>und</strong> deiner Fre<strong>und</strong>in überhaupt keine Vorwürfe, <strong>und</strong> du<br />

tätest mir einen Gefallen damit, wenn ich <strong>Isabella</strong> mal kennenlernen könnte.“<br />

äußerte sich Anett.<br />

Zukunftspläne<br />

<strong>Isabella</strong> hatte ihrer Mutter am Telefon schon alles erzählt. „Aber deine Fre<strong>und</strong>in<br />

muss ja eine wirklich starke Frau sein, nicht wahr?“ meinte Frau Falkenberg zu<br />

<strong>Pascal</strong>. „Tscha, allem Anschein nach. Das habe ich bei ihr erst jetzt erkannt. Es<br />

muss doch wohl so sein, dass auch Männer, die sich für ziemlich feinfühlig halten,<br />

im Bereich des Sozialen ein wenig tumb sein können.“ antwortete <strong>Pascal</strong>.<br />

„Nein, mein Liebster, mach dir keine Vorwürfe. Du bist genau passend zart <strong>und</strong><br />

sensibel, ein Mimöschen willst du doch nicht sein, oder?“ äußerte sich <strong>Isabella</strong><br />

mit einem verschmitzten Lächeln dazu <strong>und</strong> überlegte weiter, „Vielleicht hat Anett<br />

ihre innere Stärke ja bewusst verborgen gehalten, um dich im passenden<br />

Moment damit zu schockieren. Wie will ein Mann denn so etwas spüren, selbst<br />

wenn er so feinfühlig ist wie du?“ „Und heute Abend gibt’s Champagner?“ wollte<br />

Frau Falkenberg wissen. <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> warfen sich fragende Blicke zu.<br />

„Also, das ist ja ein wenig gemischt. Ich möchte auf keinen Fall feiern, dass wir<br />

Benni <strong>und</strong> Anett jetzt endlich los sind, aber dass wir jetzt alle Freiheiten für<br />

uns haben, darauf könnte man schon einen Champagner trinken, nicht wahr<br />

<strong>Pascal</strong>? Wir haben uns ja auch riesig gefreut darüber <strong>und</strong> sind uns glücklich um<br />

den Hals gefallen.“ meinte <strong>Isabella</strong>.<br />

„Mami, wir werden aber weiterhin kommen, oder <strong>Pascal</strong>? Es hat uns zu gut gefallen.<br />

Das ist ein schönes Bett, unser Liebesbett, außerdem ist es w<strong>und</strong>ervoll,<br />

mit euch zusammen zu sein, <strong>und</strong> mit dir, Mami, Sonntagmorgens zu kochen.<br />

Wie sollte man darauf verzichten können? Es ist immer wie ein kleiner Urlaub<br />

hier, oder empfindest du das anders <strong>Pascal</strong>?“ wollte sie wissen. „Du hast noch<br />

die Kirschtorte <strong>und</strong> den Pflaumenkuchen am Freitagnachmittag vergessen. So<br />

etwas gäbe es bei uns nie.“ fügte <strong>Pascal</strong> hinzu. Am Abend überlegten sie, wie<br />

die Zukunft sich für sie gestalten würde. „Benni wird auf jeden Fall ausziehen.<br />

Er sucht schon eifrig <strong>und</strong> hat sich schon einiges angeschaut. Allein dort wohnen<br />

bleiben? Man könnte natürlich die Auffassung vertreten, dass man, um ein<br />

eigenständiges Leben führen zu können, lieber allein leben solle, <strong>und</strong> sich mit<br />

seinem Partner treffen könne, wenn man Lust dazu habe. Nicht wenige tun das<br />

ja auch <strong>und</strong> sind glücklich damit. Ich kann das rational gut nachvollziehen. Nur<br />

der Mensch ist seine Kommunikation <strong>und</strong> ich besonders. Ich bin kein Puma<br />

Weibchen, das sich mit seinem Partner nur irgendwann mal zur Kopulation<br />

trifft. Eine evolutionär bedingte Veranlagung zum Eremitentum <strong>und</strong> isoliertem<br />

Leben gibt es beim Menschen nicht. Oder hast du solche Gene, <strong>Pascal</strong>, <strong>und</strong><br />

möchtest ihnen gern folgen?“ fragte <strong>Isabella</strong>. „Nein, nein, keineswegs, nur wir<br />

haben uns immer schrecklich darauf gefreut, den anderen nach dieser unendlich<br />

langen Woche wiederzusehen. So etwas wird es dann natürlich nicht mehr<br />

geben. Die Sehnsucht ist vorbei. Das Bedürfnis ist dauerhaft befriedigt.“ meinte<br />

<strong>Pascal</strong> dazu. „Thomas, hast du etwa keine Sehnsucht mehr nach mir?“ fragte<br />

Frau Falkenberg streng ihren Mann. „Natürlich, Charlotte,“ meinte der, „du<br />

<strong>Leidenschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Begierde</strong> <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> – Seite 32 von 43


weißt doch, wie oft ich dich anrufe <strong>und</strong> frage, ob du mal eben kommen könntest.“<br />

Dafür bekam er einen Knuff in die Rippen. „Die könnten zum Beispiel<br />

auch nicht für sich allein leben. Wie sollten sie denn dann ihre kleinen Neckereien<br />

anbringen, die endlos verliebten Hasen.“ hatte <strong>Isabella</strong> zwar an <strong>Pascal</strong><br />

gerichtet aber ließ Herrn <strong>und</strong> Frau Falkenberg trotzdem lächelnd grinsen. „<strong>Pascal</strong>,<br />

junger Mann, die Sehnsucht in der Liebe ist doch nicht daran geb<strong>und</strong>en,<br />

dass man sich eine Woche lang nicht sieht. Du brauchst keine Angst zu haben,<br />

du kannst sie auch empfinden, wenn <strong>Isabella</strong> neben dir in der Küche steht. Er<br />

wird doch noch viel von dir lernen müssen, <strong>Isabella</strong>.“ machte Frau Falkenberg<br />

deutlich. „Aber, Mami, ich weiß sicher vieles über Küche, nur mit der Sehnsucht<br />

kenn' ich mich da auch nicht aus.“ so die angesprochene <strong>Isabella</strong> dazu. „Ja, ist<br />

das so, Charlotte, dass die sich bei dir immer in der Küche entwickelt?“ mischte<br />

sich der meistens sehr zurückhaltende Herr Falkenberg ein, während seine<br />

Charlotte die Augen nur halb geöffnet hatte, ihre Lippen grinsend zusammenkniff<br />

<strong>und</strong> dadurch zum Ausdruck brachte, dass man von ihr kein Wörtchen<br />

mehr dazu hören würde. „Über die zukünftige Wohnsituation von Anett <strong>und</strong> mir<br />

haben wir noch nicht gesprochen.“ erklärte <strong>Pascal</strong>, „Ich könnte mir nur vorstellen,<br />

dass Anett gern wohnen bleiben würde. Ihr gefällt es dort <strong>und</strong> sie fühlt<br />

sich wohl, nur allein kann sie die Wohnung nicht finanzieren. Vielleicht würde<br />

sie gern mit einer Fre<strong>und</strong>in zusammen leben, dann hätten sie schon eine Wohnung.“<br />

Bunte Nächte<br />

Die Nächte waren bunt, <strong>und</strong> keine Nacht war wie andere war. Ihre liebestrunkene<br />

Lebensfreude, ihre Kreativität <strong>und</strong> ihr reichhaltiges Wissen, brachten ihnen<br />

unerschöpflich neue Einfälle <strong>und</strong> Ideen. Wenn man zwischen Tag <strong>und</strong><br />

Nacht, zwischen Arbeit, Freizeit <strong>und</strong> Schlaf unterscheiden konnte, dann war da<br />

für <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> noch eine andere Zeit. Sie war nicht die längste, aber<br />

für ihr emotionales Wohlbefinden, ihr Glück, ihrSeelenleben die bedeutendst.<br />

Es war die Zeit, die man gemeinsam wach im Bett erlebte. Die Zeit, in der sie<br />

sich gegenseitig <strong>und</strong> ihre gemeinsame Liebe voll genießen konnten. In der jeder<br />

ausschließlich für den anderen <strong>und</strong> ihr gemeinsames Glück existierte. Sich<br />

st<strong>und</strong>enlang anstarren hatte es nur am ersten Abend gegeben, <strong>und</strong> dass <strong>Isabella</strong><br />

so nervös <strong>und</strong> überempfindlich regiert hatte, war längst vergessen. Wenn<br />

sie miteinander schliefen, empfanden sie es als großartiges körperliches Sinnbild<br />

<strong>und</strong> lustvolle allumfassende Erfahrung ihrer Liebe zueinander. <strong>Pascal</strong> konnte<br />

w<strong>und</strong>erschön Geschichten aus allen möglichen Bereichen <strong>und</strong> von seinen<br />

vielfältigen Erlebnissen erzählen. Meistens lauschte sie aufmerksam, fast andächtig,<br />

aber oft wurde auch ein albernes Gespräch daraus, wenn <strong>Isabella</strong> kuriose<br />

Nachfragen stellte. <strong>Pascal</strong> hätte manchmal gern im Hintergr<strong>und</strong> Musik gehört.<br />

Das ging natürlich nicht. Aber manchmal hörten sie gemeinsam intensiv<br />

zu. Für beide eine w<strong>und</strong>ervolle Form neuen, gemeinsamen Musikerlebens <strong>und</strong><br />

-genießens. Den Jungen musste ja abends im Bett eine süße Frauenstimme<br />

singend umgarnen. Leider war <strong>Isabella</strong> es auch nicht gewohnt, in der Küche<br />

<strong>und</strong> auf den Feldern zu singen. Ihr Repertoire war daher äußerst dünn. Die Kirchenlieder<br />

kannte sie alle noch aus ihrer Kindheit, aber ob es <strong>Pascal</strong> nach<br />

<strong>Leidenschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Begierde</strong> <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> – Seite 33 von 43


„Großer Gott wir loben dich.“ gelüstete, wagte <strong>Isabella</strong> zu bezweifeln. Sie war<br />

dabei, fleißig Brecht Lieder zu üben. Die fand sie alle so toll, aber von den Texten<br />

konnte sie immer nur Bruchstücke. Das einzige, das sie ohne Lücken kannte,<br />

war „Das Lied von der Moldau“. Als sie die „Ballade von der Hanna Cash“<br />

konnte <strong>und</strong> sie <strong>Pascal</strong> abends im Bett vorsang, kamen ihm die Tränen. „<strong>Isabella</strong>,<br />

das ist nicht die Hanna Cash, das bist du. Ich kenne das Lied ja, <strong>und</strong> hab's<br />

auch schon öfter gehört, aber du singst es ganz anders. W<strong>und</strong>ervoll. Deine<br />

Stimme singt es nicht nur, sie lebt es, du lebst es für mich. Als ob du mein<br />

Empfinden dabei spürtest, meine geliebte Diseuse. Kannst du noch mehr?“<br />

fragte <strong>Pascal</strong>. Na klar, generös konnte <strong>Isabella</strong> aus ihrem reichhaltigen F<strong>und</strong>us<br />

noch „Das Lied von der Moldau“ anbieten. <strong>Pascal</strong> war ganz stumm. Er strich<br />

<strong>Isabella</strong> mit seiner rechten Hand über ihr Gesicht, das leicht über ihn gebeugt<br />

war. „Es trifft schon zu, <strong>Isabella</strong>, dass du ein Stern bist, der Stern an meinem<br />

Horizont. Wer hat das nicht alles gesungen, nicht schlecht, sehr schön, aber<br />

wenn ich es von dir höre, verstehe ich es am besten, als ob du genau wüsstest,<br />

wie du mich direkt triffst.“ äußerte <strong>Pascal</strong> sein Empfinden <strong>und</strong> meinte,<br />

<strong>Isabella</strong> könne für ihn singen, was sie wolle, es würde immer ein Genuss für<br />

ihn sein. <strong>Isabella</strong> erzählte ihm, dass sie mehr Brecht Lieder lernen wolle. Zur<br />

Zeit übe sie gerade an der „Erinnerung an die Marie A.“. <strong>Pascal</strong> wollte es unbedingt<br />

hören, trotz <strong>Isabella</strong>s Warnungen. <strong>Pascal</strong> war sowieso schon von <strong>Isabella</strong>s<br />

Stimme entzückt, auch als sie ihm noch nie etwas vorgesungen hatte. Sie<br />

hatte als kleines Mädchen im Schulchor gesungen, aber das Glockenhelle würde<br />

sie heute nicht mehr bringen können. Ihre Stimme hatte sich stark verändert.<br />

Heute passte sie eher in die Seemannsbar bei Hanna Cash. Vielleicht hatte<br />

der wüste <strong>Pascal</strong> sie ja auch deshalb mit sich gehen lassen.<br />

Wohnungen<br />

„<strong>Isabella</strong>, mit meiner Wohnung das würde ich am liebsten mit Anett <strong>und</strong> dir gemeinsam<br />

besprechen. Sie wollte dich ja sowieso gern kennenlernen. Das wäre<br />

doch ein Anlass.“ meinte <strong>Pascal</strong>. „Ja, gern, nur du solltest dir auch erst mal<br />

meine Wohnung anschauen.“ meinte <strong>Isabella</strong>. <strong>Pascal</strong> gefiel seine Wohnung<br />

auch. Sie war wohl früher mal ein kleines Handelskontor gewesen, mit den Büros<br />

auf der einen Seite, das waren jetzt die Zimmer <strong>und</strong> das Bad, <strong>und</strong> dem Lagerraum<br />

auf der gegenüberliegenden Seite. Hier gingen jetzt Küche, Wohnraum<br />

<strong>und</strong> Schlafbereich ineinander über. Es gefiel <strong>Pascal</strong> nicht nur wegen der<br />

Aufteilung, sie hatten es sich auch sehr ansprechend <strong>und</strong> gemütlich eingerichtet.<br />

<strong>Pascal</strong> lebte gern hier <strong>und</strong> hatte mit Anett schon viele glückliche St<strong>und</strong>en<br />

erlebt. Aber <strong>Isabella</strong>s Wohnung gehörte zu einer anderen Liga. Sie war zweifellos<br />

formidabel. Entweder hatte Benni auch begüterte Eltern, oder <strong>Isabella</strong> zahlte<br />

den weitaus überwiegenden Teil. Fünf Zimmer, Küche, Bad mit Parkett <strong>und</strong><br />

Stuck in einem alten Bürgerhaus. Wozu brauchten sie denn so etwas? „Na ja,“<br />

meinte <strong>Isabella</strong>, „durch den Platz, die hohen Räume <strong>und</strong> die großen Fenster<br />

hat man wenigstens ein bisschen das Gefühl von Freiheit. Ich kann hier endlos<br />

durch die Räume tanzen. Du kannst so viele einladen, wie willst <strong>und</strong> für die<br />

Nacht unterbringen kannst du auch mehrere. Hab' ich nur alles hier noch nicht<br />

gebraucht. Ich kenn' ja niemanden außer dir.“ erklärte <strong>Isabella</strong> mit Totensonn-<br />

<strong>Leidenschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Begierde</strong> <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> – Seite 34 von 43


tagsmine. „Ich weiß es nicht, vielleicht vermitteln so kleine Nischen ja auch ein<br />

spezielles Feeling, nur das kenne ich nicht, <strong>und</strong> ausprobieren möchte ich es lieber<br />

auch nicht.“ „<strong>Isabella</strong>, wenn ich hier zu dir ziehe, dann machen wir eine<br />

ganz große Fète. Da müssen sie dann alle kommen, deine Fre<strong>und</strong>innen, unsere<br />

Eltern <strong>und</strong> Geschwister. Das ist dann keine kleine Geburtstagsfeier, da beginnt<br />

ja ein neuer Lebensabschnitt für uns.“ meinte <strong>Pascal</strong>. „So, dadurch dass du<br />

hier einziehst?“ <strong>Isabella</strong> zweifelnd, „Das ist sehr schön, wenn du bei mir<br />

wohnst, aber meinen neuen Lebensabschnitt den lebe ich schon längst, <strong>und</strong><br />

dafür habe ich keine Zuschauer einer Fète gebraucht, nur dich, sonst nix.“<br />

„Und als symbolischen Ausdruck könnte man es auch nicht gelten lassen. Wäre<br />

ein Umzug dafür ein zu banales Zeichen?“ fragte <strong>Pascal</strong> nach. „Den Umzug fände<br />

ich trivial, aber dass wir ganz nah beieinander sind, unsere Sehnsucht nur<br />

noch kürzeste Wege braucht, der neue Lebensabschnitt so wesentlich praktischer<br />

<strong>und</strong> rapider gestaltet wird. So könnte man es doch symbolisch sehen,<br />

oder?“ meinte <strong>Isabella</strong>. “Mit Sehnsuchtskurzstreckenfète?“ erk<strong>und</strong>igte sich <strong>Pascal</strong><br />

noch.<br />

<strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> Anett<br />

Als <strong>Isabella</strong> kam, umarmten sich Anett <strong>und</strong> sie gleich zur Begrüßung. <strong>Pascal</strong><br />

staunte. Vielleicht ein Friedenssignal oder Ausdruck der jederzeit existenten<br />

Frauensolidarität? Man schaute sich die Wohnung an, <strong>und</strong> <strong>Isabella</strong> fand sie<br />

auch klasse. Dann sprachen sie über Anetts konkrete Aussichten. „Zwei Fre<strong>und</strong>innen<br />

wären mir sehr lieb, aber die wollen aus ihrer jetzigen WG nicht raus.“<br />

meinte Anett, „Und von den anderen bin ich nicht so überzeugt. Am besten<br />

suchte ich mir ganz schnell 'nen neuen Fre<strong>und</strong>.“ erklärte sie <strong>und</strong> lachte. „Nimm<br />

doch den Benni.“ schlug <strong>Isabella</strong> vor, „Der hat keine Wohnung, keine Fre<strong>und</strong>in<br />

<strong>und</strong> ganz lieb ist er auch.“ die beiden lachten sich schief. „Ja, ich könnte euch<br />

doch verkuppeln, aber der wird nicht mehr auf mich hören. Ich glaube, der ist<br />

böse auf mich. Bist du auch böse mit <strong>Pascal</strong>?“ fragte sie. „Ach, <strong>Isabella</strong>, ich<br />

dachte du würd'st ihn kennen, wie soll man dem denn böse sein?“ fragte Anett.<br />

<strong>Isabella</strong> fixierte sie kurz grinsend. „Ich finde das ja absolut scharf, Anett, aber<br />

irgendwie kann ich dich auch nicht verstehen. Wenn du ihn liebst, dann weißt<br />

du das doch nicht nur rational <strong>und</strong> kannst das jetzt ändern, dann sitzt das doch<br />

in deinen Emotionen, in deiner Seele. Das kannst du doch nicht einfach ausstreichen.<br />

Du verlierst doch etwas. Das ist doch schmerzlich <strong>und</strong> tut weh.“<br />

meinte <strong>Isabella</strong>. „Ja, natürlich. Ich hätte ihn ja schon lieber behalten, aber er<br />

ist ja nicht gestorben <strong>und</strong> ganz verloren haben wir uns ja auch nicht. Ihr habt<br />

euch doch auch geliebt, ohne miteinander ins Bett zu gehen, mit meiner Mutter<br />

gehe ich auch nicht ins Bett, <strong>und</strong> trotzdem lieben wir uns. Ich denke, dass das<br />

für deine Seele entscheidender ist, <strong>und</strong> Liebe nicht von gemeinsamem Sex abhängig<br />

ist <strong>und</strong> auch nicht davon, dass ich die einzige bin, die ihn liebt <strong>und</strong> von<br />

ihm geliebt wird. Ich werde <strong>Pascal</strong> auch weiterhin lieben <strong>und</strong> ich denke, er<br />

mich auch. Es hat sich ja nichts verändert an ihm. Er ist ja genauso liebenswert<br />

geblieben. In deiner Seele oder deinem Herzen ist doch nicht nur für eine<br />

Liebe Platz. Meine Fre<strong>und</strong>in Pia sitzt da genauso gut, wie meine Mutter <strong>und</strong> da<br />

ist <strong>Pascal</strong> in bester Gesellschaft.“ sagte Anett, <strong>und</strong> die beiden schmunzelten.<br />

<strong>Leidenschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Begierde</strong> <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> – Seite 35 von 43


„Du bist w<strong>und</strong>erbar, Anett, aber ich könnte so etwas wahrscheinlich trotzdem<br />

nicht.“ meinte <strong>Isabella</strong>. „Bist du härter? Nein ich denke nicht, aber du hast eine<br />

Schwester, nicht wahr? Ich bin als alleiniges Goldstück aufgewachsen. Vielleicht<br />

macht das doch einen großen Unterschied in der sozialen Komplexität.“ Die<br />

beiden unterhielten sich noch weiter über Liebe. <strong>Pascal</strong> saß als unbeteiligter<br />

Zuschauer daneben <strong>und</strong> wurde nicht beachtet. Als sie auf Platons Diotima zu<br />

sprechen kamen, gingen sie in Anetts Zimmer, denn Anett hatte es ausgedruckt<br />

<strong>und</strong> wollte es <strong>Isabella</strong> mitgeben.<br />

Wieder zurück kamen sie jedoch nicht. <strong>Pascal</strong> wollte nachschauen. „<strong>Pascal</strong>,<br />

kannst du uns noch ein wenig allein lassen?“ meinte <strong>Isabella</strong>. Als <strong>Pascal</strong> schon<br />

fast wieder draußen war, fingen die beiden an, laut zu lachen. Einer von beiden<br />

hatte wohl irgendeine Bemerkung gemacht, nur <strong>Pascal</strong> hatte sie nicht mitbekommen.<br />

„Jetzt gibt es erst mal Abendbrot. Ihr könnt ja anschließend eure Geheimverhandlungen<br />

weiterführen.“ erklärte <strong>Pascal</strong>, als er sie zum Essen rief.<br />

„Jetzt hat er Angst bekommen, der Arme.“ meinte <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> Anett fügte<br />

hinzu: „Wir werden doch nichts Böses über dich reden, <strong>Pascal</strong>, höchstens etwas<br />

Gutes, Nettes, Fre<strong>und</strong>liches. Wir lieben dich doch beide, aber wir haben gar<br />

nicht über dich gesprochen. Wahrscheinlich bist du es nicht gewohnt, dass man<br />

nicht über dich spricht, aber wir haben leider nur über uns selber gesprochen.“<br />

<strong>Isabella</strong> lachte stumm. „Und was habt ihr über euch selbst herausgef<strong>und</strong>en?“<br />

erk<strong>und</strong>igte sich <strong>Pascal</strong> mehr scherzhaft. „Dass wir Fre<strong>und</strong>innen sind.“ antwortete<br />

<strong>Isabella</strong> knapp. Auf <strong>Pascal</strong>s fragenden Blick hin erläuterte sie es näher:<br />

„Anett meinte, dass wir bestimmt sehr gute Fre<strong>und</strong>innen sein könnten, wenn<br />

du nicht wärest. Das sah ich überhaupt nicht so, dass du über eine Fre<strong>und</strong>schaft<br />

zwischen mir <strong>und</strong> Anett verfügen könntest. Also sind wir jetzt Fre<strong>und</strong>innen.<br />

Was dagegen?“ „Nein, nein, nein, überhaupt nicht, eher das Gegenteil.“<br />

erklärte <strong>Pascal</strong> <strong>und</strong> lachte.<br />

Beim Abendbrot unterhielten sich die beiden wieder untereinander. Sie studierten<br />

beide Philosophie, aber darüber sprachen sie gar nicht, zumindest nicht<br />

mehr. Sie redeten über Literatur <strong>und</strong> Kochrezepte, aber eben nur unter sich.<br />

Anett stieß <strong>Isabella</strong> an <strong>und</strong> deutete mit dem Kopf in <strong>Pascal</strong>s Richtung. „<strong>Pascal</strong>,<br />

was hat dir denn eigentlich bei Mami am besten geschmeckt?“ fragte <strong>Isabella</strong><br />

<strong>und</strong> alle platzten los vor Lachen. „<strong>Pascal</strong>, wir wollen dich doch nicht ausschließen,<br />

aber wir beide gefallen uns eben so gut untereinander, dass wir automatisch<br />

immer miteinander tuscheln. Ich seh' das jetzt in einem völlig anderen<br />

Licht. Ich habe mir wohl so ein pauschales Bild gemacht, aber ich konnte ja<br />

auch nicht ahnen, was für eine tolle Frau Anett ist. Und <strong>Isabella</strong> lobte <strong>und</strong> pries<br />

Anett. Die meinte: „Hör' auf <strong>Isabella</strong>, das tut ja weh.“ Zwei Minuten redete sie<br />

gewöhnlich weiter <strong>und</strong> nicht von Anett, dann begann sie wieder, ihre Vorzüge<br />

heraus zu stellen. „<strong>Isabella</strong>, was willst du? Die Person von der du sprichst ist<br />

mir sehr gut bekannt. Willst du uns wieder verkuppeln, oder meinst du, Anett<br />

sei doch die richtige Frau für mich <strong>und</strong> nicht du?“ fragte <strong>Pascal</strong>. „Ach, mein<br />

Liebster,“ hob <strong>Isabella</strong> an, während sie zu <strong>Pascal</strong> ging, sich bei ihm auf den<br />

Schoß setzte <strong>und</strong> ihre Arme um seinen Hals schlang. „Du hast immer nur gesagt:<br />

„Meine Fre<strong>und</strong>in, meine Fre<strong>und</strong>in, meine Fre<strong>und</strong>in.“ Ich konnte mir doch<br />

gar kein Bild davon machen, was Anett für eine fantastische Frau ist, <strong>und</strong> jetzt<br />

<strong>Leidenschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Begierde</strong> <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> – Seite 36 von 43


in ich einfach überwältigt. Ich finde, ich kann eure Liebe sehr gut nachvollziehen.<br />

Ach, lassen wir das.“ erklärte <strong>Isabella</strong>.<br />

„Mit den Wohnungen, das machen wir ganz unkompliziert. So lange Anett<br />

nichts gef<strong>und</strong>en hat, zahlst du hier offiziell weiter <strong>und</strong> ich wohne eben meinen<br />

Eltern gegenüber allein. Die paar Kröten von Benni werden sie sicher auch<br />

noch verkraften.“ schlug <strong>Isabella</strong> vor. „Nein, nein,“ meinte Anett, „für eine<br />

Übergangszeit werden meine Eltern das schon zahlen, nur auf Dauer brauche<br />

ich ja nicht so eine große Wohnung. Ich könnte den Raum ja vermieten, aber<br />

unter den Bedingungen?“ „Das wäre doch was. Du suchst dir 'nen Netten aus<br />

<strong>und</strong> verliebst dich dann in ihn.“ schlug <strong>Isabella</strong> vor. Man lachte <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong><br />

meinte: „Es gibt doch bestimmt nette Frauen, die einen Platz in einer WG suchen.<br />

Du solltest wirklich mal in der TAZ annoncieren.“<br />

Ménage à trois<br />

„<strong>Isabella</strong>, bleib doch, dann können wir noch ein Glas Wein trinken. Wir müssen<br />

ja schließlich auch auf die neue Fre<strong>und</strong>schaft anstoßen.“ wünschte sich Anett.<br />

<strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> schauten sich fragend an. „Und wie soll das gehen?“ fragte<br />

<strong>Pascal</strong>, „Soll <strong>Isabella</strong> etwa in meinem Zimmer auf der Couch schlafen?“ „Nein,<br />

ihr könnt gerne das Bett benutzen. Das macht mir nichts. Ich weiß ja, dass ihr<br />

sonst auch miteinander schlaft <strong>und</strong> es in Zukunft immer tun werdet, das ist<br />

doch natürlich, was wollt ihr denn sonst machen?“ meinte Anett. „Also, ich mit<br />

<strong>Pascal</strong> in deinem Bett, <strong>und</strong> du schläfst allein auf der Couch? Nein, Anett, das<br />

mache ich nicht.“ erklärte <strong>Isabella</strong>. Die beiden gingen erst mal raus, um sich<br />

zu beraten. Aber geklärt hatte sich nur, das jede meinte, die andere solle doch<br />

mit <strong>Pascal</strong> ins Bett gehen, selber habe man überhaupt nichts dagegen. „Schau<br />

mal, Anett ist so eine süße junge Frau, die freut sich auch über Zärtlichkeiten.“<br />

meinte <strong>Isabella</strong>. So oder ähnlich priesen sie <strong>Pascal</strong> die jeweils andere an <strong>und</strong><br />

lachten sich immer wieder schief dabei. „Ihr seid beide durchgeknallt.“ konstatierte<br />

<strong>Pascal</strong>, „Ich werde überhaupt nicht hier schlafen, sondern anderswo.“<br />

„<strong>Pascal</strong>, das kannst du doch nicht machen. Wo willst du in dieser unbehausten<br />

Welt denn hin?“ meinte Anett, „Hier hast du zwei Frauen, die dich lieben, andere<br />

haben gar keine.“ <strong>und</strong> die beiden lachten wieder. „Aber wirklich, <strong>Pascal</strong>, ich<br />

fände das auch nicht gerade gut, wenn du einfach flüchten würdest.“ fügte <strong>Isabella</strong><br />

dem hinzu. „Es könnte ja noch eine mögliche Lösung geben.“ begann<br />

<strong>Pascal</strong>. „Ihr beide schlaft zusammen in dem großen Bett <strong>und</strong> ich auf der Couch,<br />

oder wir schlafen alle drei in dem großen Bett, <strong>und</strong> ich verspreche, keine von<br />

euch beiden anzurühren, nur reden.“ Anett <strong>und</strong> <strong>Isabella</strong> schauten sich an <strong>und</strong><br />

gaben sich Zeichen, mimisch <strong>und</strong> mit Fingern. Die Dreierlösung wurde bevorzugt.<br />

Später im Bett wurde es lustig. Sie hatten auch vorher schon viel gelacht,<br />

aber die kuriose Situation schien es besonders herauszufordern. Sie<br />

scherzten, witzelten <strong>und</strong> lachten nur, wobei Witzigem über Männer <strong>und</strong> ihre<br />

Sexualität, der Vorzug gehörte. Dass Männer gr<strong>und</strong>sätzlich auch so empfinden<br />

könnten wie Frauen, meinten beide schon. Sie müssten nur massiv auf die Testosteronbremse<br />

treten. Ob Männer sich Strickzeug zulegen würden, wenn sie<br />

nur minimal Testosteron produzierten? Solche <strong>und</strong> ähnliche Fragen wollten An-<br />

<strong>Leidenschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Begierde</strong> <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> – Seite 37 von 43


ett <strong>und</strong> <strong>Isabella</strong> geklärt haben. Die zukünftige Wohnsituation wollten sie klären,<br />

als <strong>Isabella</strong> kam. Jetzt lagen sie alle drei zusammen im Bett.<br />

Mit „Ist es dir schwer gefallen, mein Stern?“ empfing <strong>Isabella</strong> <strong>Pascal</strong> am Morgen,<br />

als er die Küche betrat. <strong>Pascal</strong> hob die Augenbrauen <strong>und</strong> meinte: „Nein,<br />

überhaupt nicht. Ich habe vorm Zubettgehen schnell eine mentale Geschlechtsumwandlung<br />

zu einem Neutrum vollzogen. Da hätte ich mit keiner<br />

von euch beiden etwas anzufangen gewusst. <strong>Isabella</strong>, soll ich etwa für eine<br />

Nacht meine Empfindungen abschalten können? Wenn nicht, wie wäre mir<br />

dann denn wohl in dieser perversen Situation gewesen, wenn ich zwischen<br />

euch beiden im Bett liege? Kannst du dir da vielleicht schemenhaft ein Bild von<br />

machen?“ „Ja, sonderbar war das schon. Sonst schlafen wir zusammen, <strong>und</strong><br />

jetzt darf ich dich nicht einmal berühren. Für Anett war es sicher ebenso kurios.“<br />

meinte <strong>Isabella</strong>, <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> ergänzte: „Ihr redet über Sexualität, ich liege<br />

zwischen zwei Frauen, mit denen ich Sex habe <strong>und</strong> muss meine Finger an meinen<br />

eigenen Körper gepresst halten, damit sie sich nicht irgendwo hinbewegen,<br />

wohin sie nicht dürfen.“ Beim Frühstück fragte <strong>Isabella</strong>: „In einer Ménage à<br />

trois gehen immer alle drei zusammen ins Bett <strong>und</strong> haben Sex miteinander,<br />

nicht wahr?“ <strong>Pascal</strong>e hob die Augenbrauen, während Anett bestätigend meinte:<br />

„Ich glaube schon. So etwas könnte ich aber nicht <strong>und</strong> wollte es auch nicht.“<br />

„Ich auch nicht, auf keinen Fall.“ pflichtete ihr <strong>Isabella</strong> bei. „Nein, nein,“ meinte<br />

<strong>Pascal</strong>, „Vorschriften für Beziehungen gibt es ja nicht. Soweit ich weiß, bezeichnet<br />

man es immer so, wenn drei Leute Beziehungen untereinander haben. Ein<br />

Dreiecksverhältnis, wie man es konkret lebt, liegt eben an den Beteiligten selber.“<br />

<strong>Isabella</strong> sinnierte. „Also, mich würde es nicht stören, wenn du auch mal<br />

mit Anett ins Bett gingst. Eifersüchtig machte es mich nicht. Ich wusste ja vorher<br />

auch, dass es immer so war, <strong>und</strong> jetzt ist sie zudem noch meine gute<br />

Fre<strong>und</strong>in.“ erklärte <strong>Isabella</strong>. Anetts Mimik zeigte ein Grinsen, <strong>und</strong> sie blickte<br />

<strong>Pascal</strong> an. „<strong>Isabella</strong>, eigentlich finde ich sehr nett, was du sagst, aber ich<br />

möchte das nicht. Keinesfalls, weil ich Anett nicht mehr lieben würde, aber ich<br />

möchte mit Anett oder mit dir leben <strong>und</strong> nicht an einem Tag mit der einen <strong>und</strong><br />

am nächsten Tag mal mit der anderen, auch wenn das Bett nicht das Leben ist.<br />

Mich würde es stören. Ich habe mich für dich entschieden, du bist mein Leben,<br />

wie sagst du? „Der Stern am Horizont der neuen Heimat meiner Seele“, <strong>und</strong> da<br />

möchte ich nicht ab <strong>und</strong> an mal mit Anett ins Bett gehen, so eine 'rattige Elster'<br />

bin ich auch nicht.“ erklärte <strong>Pascal</strong>, lächelte, bekam von <strong>Isabella</strong> einen<br />

Kuss, <strong>und</strong> Anett war auch aufgestanden, um <strong>Pascal</strong> für seine ehrenwerte Haltung<br />

zu umarmen <strong>und</strong> zu küssen. Dass es sich aber zur Zeit genau so verhielt,<br />

<strong>Pascal</strong> sogar öfter mit Anett schlief, übersah man geflissentlich. Das verdrängten<br />

alle drei. Es gab ja eine simple Erklärung dafür. Mit der Wohnungssituation<br />

hing es zusammen.<br />

Anett träumte. Sie mochte <strong>Pascal</strong> immer mehr. Seit er sie verlassen wollte,<br />

hatte sie Wesenszüge von ihm kennengelernt, die ihr bislang verborgen<br />

geblieben waren. Es machte ihr schon das Herz warm, <strong>Pascal</strong> einfach nur<br />

anzuschauen. Bestimmt empfand so ähnlich auch manche Mutter für ihren<br />

Sohn oder ihre Tochter. Einfach nur in ihrer Nähe sein, <strong>und</strong> ihren Augen das<br />

Bild von ihnen schenken können, das erwärmte ihr Herz. <strong>Pascal</strong> war ein wun-<br />

<strong>Leidenschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Begierde</strong> <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> – Seite 38 von 43


dervoller Mann, <strong>und</strong> Anett musste sich hüten, ihr Bild von ihm zu idealisieren.<br />

Sie konnte sich ja jetzt schon nicht vorstellen, einen auch nur annähernd<br />

gleichwertigen Fre<strong>und</strong> wieder zu finden. Aber das sei wohl immer so, wenn die<br />

Liebe noch so stark sei, tröstete sie sich. Sie müsse erst mal ihre Witwenzeit<br />

überwinden, dann würde der Schleier '<strong>Pascal</strong>' sicher angehoben, ihre Trauer<br />

lege sich, <strong>und</strong> sie könne auch wieder etwas anderes sehen, dachte sie schmunzelnd.<br />

Anett zu Besuch<br />

Anett war eingeladen, fürs ganze Wochenende. Der Besuch bei Falkenbergs<br />

wurde abgesagt <strong>und</strong> schlafen sollten alle drei in getrennten Räumen. Obwohl<br />

<strong>Pascal</strong>, seit er bei <strong>Isabella</strong> wohnte, nie mehr mit Anett ins Bett gegangen war.<br />

Vielleicht eine Reminiszenz an das schreckliche Dreierbett. Natürlich wurde gemeinsam<br />

gekocht, immer wurde gekocht, mittags, abends <strong>und</strong> zum Frühstück<br />

auch schon. <strong>Pascal</strong> fand das ja auch amüsant, aber <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> Anett schien<br />

etwas danach zu drängen, gemeinsam am Herd zu stehen. Ob, wie die Pflege<br />

der Feuerstelle beim Mann die Zubereitung des Essens bei den Frauen wohl<br />

auch evolutionäre Verankerungen habe, sinnierte <strong>Pascal</strong>. Sicherlich, dass überall<br />

auf der Welt die Frauen das Essen kochten, konnte doch kein Zufall sein.<br />

Anett schien glücklich, wie <strong>Pascal</strong> meinte, sie schon lange nicht mehr erlebt zu<br />

haben. Es gefiel ihr offensichtlich bei <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong>. Natürlich hätte sie es<br />

lieber gesehen, wenn <strong>Pascal</strong> bei ihr geblieben wäre, <strong>und</strong> ihn einfach nur an<br />

eine fremde Frau verlieren, wäre gewiss mit häufiger Trauer <strong>und</strong> viel Schmerz<br />

verb<strong>und</strong>en gewesen. Das empfand sie jetzt gar nicht. Hier sah sie sich als eine<br />

von dreien, die sich alle untereinander mochten <strong>und</strong> liebten. Sicher zu sein,<br />

dass sie von <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> Anerkennung, Zuneigung <strong>und</strong> Liebe erfuhr,<br />

machte ihre Welt offen <strong>und</strong> weit, <strong>und</strong> vermittelte ihr ein Empfinden von Freiheit<br />

<strong>und</strong> Glück. <strong>Isabella</strong> hatte ihr alles gezeigt auch ihre umfängliche Sammlung an<br />

Tagebüchern. „Das ist nicht umsonst.“ meinte Anett, „Die Texte sind ja zum<br />

Teil druck- oder sendereif. Die Gedanken über die Vorstellung, deine Mutter<br />

hätte dich in zerfetzten Leichenteilen wiederbekommen, wie die Mutter ihren<br />

gleichaltrigen Sohn aus Afghanistan ist doch umwerfend stark. Jede Zeitung<br />

hätte das gedruckt. Du wirst eine hervorragende Journalistin oder Redakteurin<br />

werden. Da bin ich mir absolut sicher.“ behauptete Anett. „Und wenn das alle<br />

gelesen hätten, würde man die ganze B<strong>und</strong>eswehr auflösen.“ ergänzte <strong>Pascal</strong>.<br />

„Ja, wieso eigentlich nicht. Wegen des kalten Krieges hat man sie damals gegründet.<br />

Es war heiß umstritten. Der kalte Krieg ist längst vorbei, aber die<br />

B<strong>und</strong>eswehr gibt’s immer noch. Im Prinzip gibt's ja nichts für sie zu tun. 'Bella<br />

gerunt alii'.“ meinte Anett. „Da fehlt aber noch was, meine Süße.“ machte sie<br />

<strong>Isabella</strong> aufmerksam. „Ja, tu felix Germania nube.“ ergänzte Anett, die beiden<br />

lachten sich krumm. „Willst du eigentlich mal heiraten, Anett?“ fragte <strong>Isabella</strong>.<br />

Jetzt lachte Anett so stark <strong>und</strong> anhaltend, dass sie die anderen ansteckte. „Wie<br />

kommst du denn darauf? Seh' ich etwa wie eine fette Braut aus?“ wollte Anett<br />

wissen. Sie brauchten nicht übers Heiraten zu reden. Sie wussten, dass sie auf<br />

der gleichen Welle schwammen.<br />

<strong>Leidenschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Begierde</strong> <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> – Seite 39 von 43


Am Abend äußerte Anett ihr Wohlbefinden <strong>und</strong> meinte, sich gut vorstellen zu<br />

können, hier dauerhaft zu leben <strong>und</strong> glücklich zu sein. „Nur keiner von uns<br />

wird einen Beruf haben, in dem er sich so etwas leisten kann.“ erklärte sie.<br />

„Meine Eltern sind auch beide Philologen. Sie finanzieren dies, unterhalten selber<br />

ihr dickes Haus <strong>und</strong> haben noch ein kleines in Spanien. Was sie sonst noch<br />

an Knete haben, weiß ich gar nicht“ <strong>Isabella</strong> darauf. „Ja, Glück kannst du nicht<br />

studieren. Ich hab' ja auch nicht <strong>Pascal</strong> studiert. Mein Vater hat gedacht, es<br />

wäre nur für kurze Zeit. Die kleine Klitsche würde pleite machen. Er hat sie nur<br />

übernommen, weil er seinem Vater einen Gefallen tun wollte, <strong>und</strong> sein Bruder<br />

es schon abgelehnt hatte. Dass sie sich zu so einem florierenden Import-Export-Laden<br />

entwickeln würde, konnte ja niemand ahnen. Mami hat auch bestimmt<br />

massiven Anteil daran. Sie war Lehrerin für Englisch <strong>und</strong> Französisch,<br />

na, <strong>und</strong> in spanisch ist sie ja schließlich auch perfekt. Italienisch geht mittlerweile<br />

auch so ein wenig. Mit den Korrespondentinnen gab's immer wieder Probleme,<br />

<strong>und</strong> Mami sollte es überprüfen. Da konnte sie's ja gleich besser selber<br />

machen. Heute wickelt sie viele Geschäfte völlig selbständig ab. Manche wollen<br />

das nur mit ihr, weil viel mehr über Telefon <strong>und</strong> schnelle Internetbestätigung<br />

läuft. So wie sie das Bett gekauft hat, könnte sie heute etwas in Verona bestellen,<br />

das morgen in Osnabrück ankommen soll. Und bei solchen Dingen ist sie<br />

wohl sehr versiert.“ erläuterte <strong>Isabella</strong>. Ob sie das denn mal übernehmen wolle,<br />

fragte Anett. <strong>Isabella</strong> zog eine krause Schnute <strong>und</strong> schüttelte den Kopf. Sie<br />

habe überhaupt keinen Draht dazu, meinte sie. „Wir werden es alle drei machen<br />

<strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> wird den USA Handel aufbauen mit einer Oversea Trade<br />

Group. Dann könnten wir uns h<strong>und</strong>ert solcher Wohnungen leisten.“ schlug Anett<br />

vor <strong>und</strong> lachte. „Ja, siehst du, Anett, du hast schon den richtigen Riecher.<br />

Eine arme Kirchenmaus wirst du nicht bleiben, da bin ich mir sicher.“ meinte<br />

<strong>Isabella</strong>.<br />

„Ach, das ist nur gesponnenes Geplapper. In Wirklichkeit ist mir das alles genauso<br />

fremd wie dir. Wir sind eben verdorben, <strong>Isabella</strong>, für die realen Aufgaben<br />

dieser Welt verdorben. Wir beglücken uns an unseren eigenen <strong>und</strong> den<br />

Gedanken anderer, lieben es in den Eindrücken <strong>und</strong> Assoziationen unserer<br />

Wahrnehmungen zu schwelgen <strong>und</strong> suhlen uns in dem, was unsere Emotionen<br />

uns zu bieten haben. Unsere Welt besteht aus dem, was uns ästhetisch, hochgeistig<br />

<strong>und</strong> sonst kulturell emotional bewegt, das reale Movement dieser Welt<br />

spielt sich aber in den Companies, den mit ihnen zusammenhängenden Institutionen<br />

<strong>und</strong> den daraus resultierenden Einrichtungen ab. Machtbefriedigung ist<br />

ihr zentrales Moment <strong>und</strong> nicht die Lust an emotionalen, ästhetischen <strong>und</strong> sozialen<br />

Genüsse .Unsere Welt ist ihr Zierrat.“ erläuterte Anett ihre tatsächliche<br />

Sicht. „Das sehe ich überhaupt nicht so, sondern gr<strong>und</strong>sätzlich völlig anders,<br />

Anett. Deine Welt, was du bist <strong>und</strong> wie du dich deutest, ist das Zentrale <strong>und</strong> Eigentliche,<br />

was den Menschen ausmacht. Nicht die Arbeit im Betrieb, wo er ein<br />

Adjuvans der Maschine ist oder das Leben in Büros, Verwaltungen <strong>und</strong> Finanzbereich,<br />

wo er seinen Intellekt für dem Menschen wesensfremde Aufgaben zu<br />

verwenden gelernt hat. Wir beide haben uns noch vieles von dem einheitlichen<br />

Wesen, das wir als Menschen sind, bewahrt. Das wird ein Gr<strong>und</strong> dafür sein,<br />

warum wir uns so gut verstehen <strong>und</strong> uns gegenseitig mögen. Wir sollten das<br />

hoch schätzen, keineswegs als geringwertig wahrnehmen <strong>und</strong> uns so viel wie<br />

<strong>Leidenschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Begierde</strong> <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> – Seite 40 von 43


möglich davon zu erhalten suchen.“ erläuterte <strong>Isabella</strong> ihre Sicht <strong>und</strong> ergänzte:<br />

„Wir können noch <strong>Leidenschaft</strong>en entwickeln <strong>und</strong> ihnen folgen. Und die andere<br />

versteht es, kann es nachvollziehen <strong>und</strong> würdigt es. Das ist fantastisch, <strong>und</strong> du<br />

bist da viel bew<strong>und</strong>ernswerter als ich. Wir sind nicht Zierrat dieser Welt. Wir<br />

sind die Welt <strong>und</strong> das andere ist gerade keine Zierde, sondern will uns entfremden<br />

<strong>und</strong> in die Irre treiben, uns einreden, dass anderes, Geschäfte <strong>und</strong> finanziellen<br />

Gewinn Versprechendes wichtiger seien. Dass wir noch nicht idiotisch<br />

geworden sind, uns vieles von dem bewahrt haben, was den Menschen im<br />

Zentralen ausmacht, sollten wir als Gr<strong>und</strong>stimmung unseres Lebensgefühls sehen,<br />

stolz sein <strong>und</strong> uns darüber freuen.“ Anett sinnierte, fixierte <strong>Pascal</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Isabella</strong>, <strong>und</strong> ihre Mimik verriete, dass sie sich freute <strong>und</strong> sich als glücklich<br />

empfand. „Sollen wir nicht mal ein bisschen Tanzen?“ fragte sie unvermittelt<br />

<strong>und</strong> löste bei <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> damit überraschtes Lächeln aus. „Ja, es ist<br />

doch so, dass vom meisten, was dich erreicht, nicht nur Ohren, Augen <strong>und</strong> Gehirn<br />

betroffen sind, sondern dass es deinen ganzen Körper erfasst. Gebremst<br />

<strong>und</strong> abgeschwächt bringst du das Empfinden deines Körpers ja auch immer in<br />

Gestik, Mimik <strong>und</strong> Körpersprache ein. Sich glücklich zu empfinden, dies seinen<br />

gesamten Körper spüren <strong>und</strong> zum Ausdruck bringen zu lassen, ist für mich ein<br />

starkes Bedürfnis <strong>und</strong> lustvolles Empfinden. Es fördert die Verstärkung meines<br />

Glücks. Ja, in meinem Glück bewegen, das Glück tanzen.“ erläuterte Anett.<br />

„Nach welcher Musik würde dein Körper denn jetzt ein Verlangen spüren?“<br />

fragte <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> wollte eine CD auflegen. Folglich war jetzt Disco-Time, nur<br />

<strong>Pascal</strong> musste auch noch seinen Schmusejazz hören. Lieb hatte man sich ja allemal,<br />

das gehörte selbstverständlich zum Glück, <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> empfand es als<br />

Ausdruck höchsten Wohlbefindens.<br />

Mit Fabienne ins Klavierkonzert<br />

<strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> Anett telefonierten häufiger, aber über einiges musste man doch<br />

in direktem persönlichen Gespräch reden. „Es ist w<strong>und</strong>ervoll.“ berichtete Anett<br />

einige Wochen später von ihrer neuen Mitbewohnerin, Fabienne. „Sie verfügt<br />

über all das, woran es bei mir hapert, <strong>und</strong> wovon ich mir mehr wünsche. Sie ist<br />

politisch aktiv, feministisch sehr versiert <strong>und</strong> hat ein Faible für bildende Kunst,<br />

für alles, von Fotographie bis Bildhauerei. Ich bin zum Model geworden, so viele<br />

Fotos hat sie schon von mir gemacht. Ich mag mich jetzt noch viel lieber leiden.<br />

Ich wusste gar nicht, dass ich so schön bin.“ <strong>und</strong> Anett lachte. „Aber Anett,<br />

hat <strong>Pascal</strong> dir das denn nie gesagt?“ gab sich <strong>Isabella</strong> erstaunt, „Aber der<br />

schaut bei Frauen ja nur auf den Po. Ob das Gesicht schön ist, kann er wahrscheinlich<br />

überhaupt nicht erkennen. Selbst wenn er's erkennen sollte, hält er<br />

es nicht für nötig, es dir zu sagen.“ „Was für ein Schwachsinn.“ versuchte <strong>Pascal</strong><br />

sich zu wehren, „Ich bin doch kein Gesäßfetischist. Außer bei dir habe ich<br />

noch nie einer Frau bewusst auf den Hintern geschaut. Und außerdem bin ich<br />

doch nicht in die ästhetische Symmetrie deiner Gesichtszüge verliebt, endscheidend<br />

ist doch was das Gesicht mir über dich sagt.“ „Aha, <strong>und</strong> wie ist es<br />

beim Po?“ wollte <strong>Isabella</strong> auch noch wissen. „Da kommt es eben auch darauf<br />

an, was er in mir anspricht.“ <strong>Pascal</strong> dazu. „Deine Geilheit nach der Symmetrie<br />

ästhetischer R<strong>und</strong>ungen des weiblichen Körpers spricht er in dir an. Purer Ge-<br />

<strong>Leidenschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Begierde</strong> <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> – Seite 41 von 43


schlechtstrieb, mit Liebe <strong>und</strong> Zuneigung hat das nichts zu tun, mein Süßer.“<br />

wusste <strong>Isabella</strong> es zu deuten. „Ach je, er macht es ja ganz gern, <strong>und</strong> ich habe<br />

immer gedacht, er liebt mich dabei.“ Anett dazu mit todernster Kleinmädchen<br />

Mine. Nachdem sie ausgelacht hatten, tröstete <strong>Isabella</strong> Anett: „Weißt du, Anett,<br />

bei ihm ist das gemischt, alles zusammen in einem Topf, verrührt zu einem<br />

großen Pudding. Was da gerade wie zum Tragen kommt <strong>und</strong> überwiegt, weiß er<br />

dann selber nicht. Es ist eben immer ein Mischung. Aber die Melange ist nicht<br />

schlecht, oder?“ „Fabienne bemüht sich fleißig, das libidinöse immer stärker zu<br />

sublimieren. Nicht schlecht, aber so völlig möchte ich das auch gar nicht. Wir<br />

haben uns schon gemeinsam zwei Ausstellungen angeschaut. Ja, mit Fabienne<br />

ist neues Leben, ein anderes Leben in die WG eingezogen. Über feministische<br />

Fragen zum Beispiel können wir endlos diskutieren. Meist fängt es mit einem<br />

simplen Artikel oder Buch an <strong>und</strong> wir kommen sehr schnell zu gr<strong>und</strong>legenden,<br />

philosophischen Fragen. Epistemologisch bin ich ja schließlich auch ganz gut<br />

drauf, <strong>und</strong> da nimmt es kein Ende. Es ist für uns beide gegenseitig äußerst bereichernd.<br />

Sie ist so eine tolle Frau, ein Juwel, ihr Fre<strong>und</strong> muss ein unendlicher<br />

Stiesel gewesen sein. Jetzt will sie von Männern gr<strong>und</strong>sätzlich erst mal nichts<br />

mehr wissen, sondern sich klarer darüber werden, wer sie selbst als Frau ist.<br />

Für mich ist sie, - wie hast du gesagt? - der Stern ...“ „Hör auf zu schwärmen<br />

Anett. Du drehst noch durch. Ich freue mich jedenfalls ungemein für dich.“<br />

meinte <strong>Pascal</strong>. <strong>Isabella</strong> umarmte sie. „Bring sie mit.“ schlug sie vor. „Oder lass<br />

dir etwas einfallen, was wir zusammen machen könnten.“ meinte <strong>Pascal</strong>. „Ich<br />

würde ganz gern in dieses Klavierkonzert mit Werken von Brahms, Liszt <strong>und</strong><br />

Chopin gehen. Ist ja alles sehr gefällig. Wenn sie so etwas mag. Hier ist der<br />

Prospekt davon.“ schlug <strong>Pascal</strong> vor. „Ihre Musikinteressen kenne ich überhaupt<br />

nicht, sonderbar.“ meinte Anett <strong>und</strong> w<strong>und</strong>erte sich, dass sie darüber noch nie<br />

gesprochen hatten. „Ich höre manchmal etwas, das muss Indie Rock sein oder<br />

so, aber auch Arien habe ich schon mal gehört. Hätte die Netrebko sein können.<br />

Warum habe ich eigentlich nicht gefragt? Ich muss doch sonst alles von<br />

ihr wissen.“ Aber Fabienne mochte auch Klaviermusik <strong>und</strong> Liszt besonders. Sie<br />

hatte früher selber mal Klavierunterricht gehabt, aber sie mochte den Flohwalzer<br />

<strong>und</strong> den 'Fröhlichen Landmann' zu sehr. Warum sollte sie da noch kompliziertes<br />

Neues lernen. Im Konzert musste Anett ihr erklären, warum <strong>Pascal</strong> sich<br />

bei der 'Ungarischen Rhapsodie Nummer 2 von Franz Liszt' immer die Augen<br />

rieb. Die drei Frauen blickten sich an <strong>und</strong> schmunzelten.<br />

FIN<br />

<strong>Leidenschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Begierde</strong> <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> – Seite 42 von 43


La raison peut nous avertir de ce qu'il faut éviter,le coeur<br />

seul nous dit ce qu'il faut faire. "<br />

J. Joubert<br />

„Ich würde es gern länger, ganz lange genießen. Verstehst du? Ich<br />

möchte unsere Liebe auch körperlich endlos spüren können.“ erläuterte<br />

<strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> lächelte schelmisch. „Sag mal, <strong>Pascal</strong>, findest du mich<br />

eigentlich schön <strong>und</strong> begehrenswert?“ fragte <strong>Isabella</strong> plötzlich <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong><br />

bog sich vor Lachen. „Ja, das stimmt, <strong>Isabella</strong>, man müsste sich das eigentlich<br />

auch sagen, nur jetzt? Und wie sollte ich es denn formulieren:<br />

„Du bist so schön <strong>Isabella</strong>, ich begehre dich.“?“ überlegte <strong>Pascal</strong>. Dafür<br />

bekam er einen Boxhieb. „Ein unstillbares Verlangen nach der Schönheit<br />

deines Körpers durchwogt all mein Begehren.“ wäre das poetischer?“<br />

erk<strong>und</strong>igte er sich bei <strong>Isabella</strong>. „<strong>Pascal</strong>, du bist böse <strong>und</strong> machst dich<br />

über mich lustig.“ meinte <strong>Isabella</strong> mit nicht ernster Schmollmimik.<br />

„Meine Liebste, du weißt doch, dass ich dich für die Frau mit dem<br />

schönste Po der Welt halte, die <strong>Isabella</strong> kallipygos, <strong>und</strong> dein Gesicht ist<br />

meine Sonne, sie bringt alles zum Strahlen <strong>und</strong> durchwärmt mein Herz.<br />

Kannst du mein Begehren auch einfach so spüren, ohne dass ich öfter<br />

mal Brunftschreie ausstoße?“ reagierte <strong>Pascal</strong>. „Ja, für Frauen, die meisten<br />

wenigstens, ist es schon bedeutsam, begehrt zu werden, während<br />

Männer mit der Einstellung geboren werden, dass es bei ihnen per se der<br />

Fall sein muss.“ erklärte <strong>Isabella</strong>. „Natürlich, sie schmücken sich ja auch<br />

mit modischer Kleidung <strong>und</strong> anderen Accessoires, weil beim Menschen<br />

die Weibchen die aktive Rolle im Balzverhalten haben.“ erläuterte <strong>Pascal</strong>.<br />

„Aha, <strong>und</strong> wie war die Balz deines Weibchens? War sie bei dir erfolgreich,<br />

ja?“ fragte <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> fügte dem hinzu: „Dann darfst du aber jetzt auch<br />

nicht nur träumen <strong>und</strong> schmusen wollen, mein Liebster, dafür habe ich<br />

doch den ganzen Aufwand der Balz nicht betrieben.“<br />

<strong>Leidenschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Begierde</strong> <strong>Isabella</strong> <strong>und</strong> <strong>Pascal</strong> – Seite 43 von 43

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