Fahrgast Zeitung - FAHRGAST Steiermark
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Erfolgsmodell<br />
Auf der deutsch-polnischen Ostseeinsel Usedom verkehrt<br />
eine äußerst erfolgreiche Regionalbahn<br />
Nach wechselvoller Geschichte und drohendem Niedergang hat<br />
sich die Usedomer Bäderbahn zu einem beispielgebenden Bahnunternehmen<br />
entwickelt.<br />
Usedom ist Deutschlands<br />
zweitgrößte Insel,<br />
ganz im Nordosten<br />
des Landes gelegen.<br />
Ursprünglich lebten die Bewohner<br />
von Fischerei und karger<br />
Landwirtschaft, ehe sich<br />
ab 1820 der Badetourismus<br />
entwickelte – selbst der deutsche<br />
Kaiser besuchte öfters<br />
Usedom. Noch heute ist der<br />
Tourismus die Haupteinnahmequelle<br />
auf Deutschlands<br />
sonnenreichster Insel.<br />
Entwicklung der Bahn<br />
Die erste Bahnstrecke auf<br />
Usedom wurde 1876 eröffnet.<br />
Es handelte sich dabei um die<br />
2<br />
Inhalt<br />
Erfolgsmodell<br />
Erfolgreiche Regionalbahn auf<br />
der deutschen Ostseeinsel<br />
Usedom 2<br />
Endlich<br />
Grazer Südosten erhält das<br />
lange ersehnte Buskonzept 4<br />
Tarifideen<br />
Vorschläge für Verbesserungen<br />
des steirischen Verbundtarifs 6<br />
Gute Karten?<br />
Österreichcard und Vorteilscard:<br />
Versprechen einlösen,<br />
Weiterentwicklung forcieren 8<br />
Kurzmeldungen 10<br />
Impressum 12<br />
Linie von Ducherow (an der<br />
Strecke Berlin–Stralsund gelegen)<br />
nach Swinemünde. Der<br />
Peenestrom, der die Insel vom<br />
Festland trennt, wurde an einer<br />
500 Meter breiten Stelle<br />
bei Karnin mithilfe eines<br />
Dammes und einer Drehbrücke<br />
überwunden. Die Drehbrücke<br />
wurde später durch eine<br />
Hubbrücke ersetzt, die heute<br />
– mittlerweile funktionslos<br />
– ein technisches Denkmal<br />
darstellt. 1894 folgte die Verlängerung<br />
der Strecke von<br />
Swinemünde über Ahlbeck<br />
bis Heringsdorf, 1911 schließlich<br />
der weitere Abschnitt<br />
über Zinnowitz bis Wolgaster<br />
Fähre, wo lange Zeit eine<br />
Fährverbindung zum Festland<br />
bestand, bevor 1934 an dieser<br />
Stelle eine Straßenbrücke errichtet<br />
wurde. Auf dem Festland<br />
befand sich schon seit<br />
1863 der Bahnhof Wolgast<br />
Hafen, Endpunkt der Bahnlinie<br />
aus Züssow (wie Ducherow<br />
an der Strecke Berlin–<br />
Stralsund).<br />
Zuletzt wurde 1937 eine<br />
vom Bahnhof Zinnowitz ausgehende<br />
Anschlussbahn in<br />
den Inselnorden nach Peenemünde<br />
eröffnet. Dieses Gebiet<br />
war kurz zuvor zum militärischen<br />
Sperrgebiet erklärt<br />
worden und es entstand zu jener<br />
Zeit ein gewaltiges Forschungslabor,<br />
in dem Nazi-<br />
Wissenschaftler Raketen und<br />
Waffen entwickelten – übrigens<br />
unter der Leitung von<br />
Wernher von Braun, der spä-<br />
International<br />
ter für die USA jene Raketen<br />
mitentwickelte, mit denen die<br />
NASA ihre Mondmissionen<br />
durchführte. Zwischen diversen<br />
Werkhallen, Startrampen,<br />
Kraftwerken und einem<br />
Kriegsgefangenenlager entwickelte<br />
sich eine fast 100 km<br />
lange Werkbahn. Das Schienennetz<br />
auf Usedom hatte damit<br />
seine größte Ausdehnung<br />
erreicht. Heute erinnert ein<br />
historisch-technisches Informationszentrum<br />
an die zwiespältigen<br />
Errungenschaften,<br />
die hier erreicht wurden.<br />
Niedergang als Inselbahn<br />
In den letzten Kriegstagen<br />
des 2. Weltkriegs sprengten<br />
deutsche Truppen Teile der<br />
Karniner Hubbrücke. Fortan<br />
war das Gleisnetz auf der Insel<br />
vom Festland abgeschnitten.<br />
Erste Pläne nach Kriegsende<br />
zur Wiederherstellung der<br />
Brücke wurden verworfen, als<br />
der genaue Verlauf der neuen<br />
deutsch-polnischen Grenze,<br />
festgelegt auf der Potsdamer<br />
Konferenz am 1. August<br />
1945, bekannt geworden<br />
war: Diese verläuft nun unmittelbar<br />
westlich von Swinemünde<br />
und durchschnitt damit<br />
zwei Mal die Bahnstrecke.<br />
Die Stadt Swinemünde selbst<br />
kam zu Polen und heißt seither<br />
Świnoujście. Das Ende des<br />
Streckenabschnitts von Karnin<br />
über Swinemünde bis Ahlbeck<br />
war damit besiegelt. Zwischen<br />
1946 und 1948 wurden<br />
die Gleisanlagen abgetragen.<br />
Der Bahnverkehr auf die<br />
Insel wurde fortan über Wolgast<br />
abgewickelt, wo zunächst<br />
ein Fährschiff über den Peenestrom<br />
pendelte. Ab 1950<br />
war in Wolgast wieder eine<br />
Straßenbrücke benutzbar –<br />
für die Reisenden bedeutete<br />
dies einen etwa einen Kilometer<br />
langen Fußmarsch mit Gepäck<br />
zwischen den Bahnhöfen<br />
Wolgast Hafen (am Festland)<br />
und Wolgaster Fähre<br />
(auf Usedom). Trotz dieser<br />
umständlichen Anreise nutzten<br />
zahlreiche Fahrgäste die<br />
Bahn – in der DDR war das eigene<br />
Auto für viele ein kaum<br />
erreichbarer Luxus. Als nach<br />
der deutschen Wiedervereinigung<br />
1990 der eigene Pkw<br />
auch in ostdeutschen Haushalten<br />
gang und gäbe wurde, brachen<br />
die <strong>Fahrgast</strong>zahlen rapide<br />
ein. Heruntergewirtschaftet<br />
und schwach frequentiert<br />
wäre 1992 beinahe das Ende<br />
der Bahn auf der Insel Usedom<br />
gekommen.<br />
Rettung als „Usedomer Bäderbahn“<br />
In dieser Zeit entstand<br />
an der Hochschule für Verkehrswesen<br />
in Dresden eine<br />
Diplomarbeit, die anhand<br />
vieler Fakten der Inselbahn<br />
ein großes Potenzial zubilligte.<br />
Ihr Verfasser Jörgen<br />
Boße, heute Geschäftsführer<br />
der UBB, konnte den damaligen<br />
deutschen Bahnchef<br />
Dürr von dem Konzept überzeugen.<br />
Vom Bahnvorstand<br />
wurde das Modellprojekt ab-<br />
Moderner Triebwagen der UBB. Fahrzeuge dieses Typs haben auch die Steiermärki-<br />
schen Landesbahnen bestellt.<br />
<strong>FAHRGAST</strong> 1/2010