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Hey John! Wie geht‘s Dir?<br />

Mir geht‘s richtig gut, die Sonne scheint, es ist tierisch heiß hier in<br />

Schweden...<br />

Argh! Was läuft denn da bitteschön gerade falsch? Wir haben neun<br />

Grad und Regen.<br />

Ja, das sollte eigentlich andersherum sein. Hehe. Aber ich will mich da<br />

mal nicht beschweren...<br />

Schon klar. Naja, lenken wir uns mal ein bißchen mit Deiner neuen<br />

Scheibe ab. :-) Im Vergleich zu den Vorgängern ist sie ein wenig<br />

blueslastiger ausgefallen...<br />

Das stimmt. Ich hab vor Jahren einen Track zu einem „Frank Marion“-<br />

Tribute-Album aufgenommen, an den Titel erinnere ich mich nicht mehr,<br />

das muß irgend etwas mit „Smoke“ was auch immer gewesen sein. Das<br />

hat mir damals richtig viel Spaß gemacht und dabei ist mir auch der<br />

Gedanke gekommen, ein bluesigeres Album aufzunehmen. In der Form<br />

habe ich das zuvor ja auch noch nicht gemacht. Es war einfach an der<br />

Zeit, einmal etwas anderes zu probieren. Mit Europe decke ich ja die Hard<br />

Rock-Schiene ab, weshalb es keinen besonderen Sinn macht, das Gleiche<br />

auf meinem Soloalbum zu spielen. Ich mochte den Blues schon immer,<br />

also hab ich das Experiment gewagt.<br />

Ein Experiment, das Dir wirklich gut gelungen ist. Aus meiner Sicht<br />

ist es eine Kombination Deiner früheren Produktionen und den<br />

Blues-Songs geworden. Denn es nden sich schon noch ein paar<br />

Nummer im klassischen John Norum-Stil auf der Scheibe.<br />

Das sehe ich genauso. Ich habe die Range erweitert. Mal sehen, ob ich<br />

damit auch ein breiteres Publikum erreichen kann. Es halt also nicht viel<br />

mit dem alten Chicago-Blues zu tun. Ich ho e, die Platte unterstützt Dich<br />

nicht beim Einschlafen...<br />

Nein, das macht sie eigentlich nicht...<br />

Gut!<br />

Wenn man nun die letzten Verö entlichungsdaten Revue passieren<br />

läßt, stellt man fest, daß immer auf ein Europe-Album ein Solo-Album<br />

im Jahr darauf folgte. Da liegt die Vermutung natürlich nahe,<br />

daß Du am Ende der Europe-Sessions einfach noch ein bißchen länger<br />

im Studio verweilst, um Deine Soloscheibe einzuspielen.<br />

Stimmt, der Verdacht drängt sich auf. Tatsächlich war es jedoch so, daß<br />

ich aufgrund eines schweren Schicksalsschlages innerhalb meiner Familie<br />

erst einmal nicht in der Lage war, Musik für meine Solo-Scheiben zu<br />

schreiben. Das war alles eine Zeit lang auf Eis gelegt. Mittlerweile plane<br />

ich aber schon die nächste Solo-Platte. Im Sommer stehen jetzt erstmal<br />

die Festival-Shows mit Europe an. Danach werden wir im Herbst bereits<br />

mit dem Schreiben des neuen Albums beginnen, welches dann in 2011<br />

eingespielt werden soll. In etwa zur selben Zeit möchte ich auch meinen<br />

nächsten Alleingang aufnehmen. Huh - da ist ja wirklich ein Muster erkennbar.<br />

Haha.<br />

Das ist auf jeden Fall eine sehr e ziente Arbeitsweise.<br />

Das stimmt. Bei Europe ist das Ganze ziemlich gut strukturiert. Wir haben<br />

Deadlines, die Maschinerie kommt langsam wieder ins Rollen. Die<br />

Solo-Sachen sind dann doch wesentlich entspannter. Ich kann ins Studio<br />

gehen, wann immer ich möchte. Das ist der große Fun-Faktor dabei:<br />

Einfach ohne jeden Druck komponieren und aufnehmen zu können. Hm<br />

- wann immer die Sonne im richtigen Punkt steht... Hehe<br />

Gesetzt den Fall, Ihr habt Sonne zu dem Zeitpunkt...<br />

Stimmt. Wenn ich‘s mir recht überlege, dürfte es dann sogar eher dunkel<br />

in Schweden sein. Sehr dunkel.<br />

Weshalb Du im Winter auch in L.A. wohnst.<br />

Das mache ich seit Jahren so. :-)<br />

Wer ist eigentlich der kleine Junge, der auf dem Cover mit der Mini-<br />

E-Gitarre an Deiner Seite spielt?<br />

Verscherze es Dir nicht mit den Wikingern!<br />

Europe sind zurück und aktiver denn je. Dennoch scheint Saitenvirtuose John Norum noch immer nicht voll ausgelastet zu sein, denn<br />

im Europe-Album-Recording, -Promo- und Tourstreß fand er noch Zeit, seine mittlerweile achte Soloscheibe „Playing Backyard Blues“<br />

einzutüten. Wir hatten Gelegenheit, an einem (wie die Wochen zuvor auch) arschkalten, verregneten Tag, ein sehr entspanntes TelefoTelefonat mit dem wie immer sehr angenehmen Gesprächspartner zu führen.<br />

Das ist mein Sohn. Er ist ein toller Gitarrist und das schon mit seinen 5<br />

1/2 Jahren. Er hat schon eine kleine Auswahl an Gitarren, mit denen er<br />

es liebt zu üben. Sein absoluter Favorit ist aber die Mini-Les-Paul, die<br />

er auch auf dem Foto spielt. Ich habe die Gitarre auf Tour in Japan von<br />

einem Fan bekommen und ihm weiter gegeben. Er ist davon total begeistert<br />

und gibt sie kaum noch aus der Hand. Er hat die Musik einfach<br />

im Blut, von seiner Mom und seinem Daddy. Ich ho e, er bleibt am Ball.<br />

Die Mini-Gitarre funktioniert tatsächlich?<br />

Na klar! Sie klingt toll. Wenn Du genau hinsiehst, kannst Du das kleine<br />

schwarze Ding am Hals erkennen, wo normalerweise ein Pickup sitzt.<br />

Das ist ein kleiner Lautsprecher, der mit Batterien betrieben wird. Man<br />

kann sie auch an einen echten Verstärker anschließen und sie klingt<br />

wirklich nicht schlecht. Doch wenn er im Haus irgendwo unterwegs ist<br />

und spielen möchte, drückt er einfach einen Knopf und kann sich völlig<br />

frei bewegen.<br />

Wenn das Cover schon sehr persönlich ausgefallen ist, dann kann<br />

ich davon ausgehen, daß es die Texte des Albums ebenfalls sein<br />

werden, oder?<br />

Ja, das sind sie in der Tat. Es geht viel um Beziehungen, die auseinanderbrechen.<br />

Das klingt jetzt vielleicht etwas kitschig, doch ich hatte eine<br />

wirklich harte Zeit, die ich in den letzten Jahren privat durchmachen<br />

mußte. Natürlich kommen auch andere Themen zum Tragen, doch es ist<br />

immer eine gewisse Aufarbeitung von Dingen, die mir widerfahren sind.<br />

Bei bedeutungsschwangeren Texten über harte Zeiten ist der Blues<br />

sicher die richtige akustische Wahl gewesen.<br />

Ja, damit kann man sich wirklich gut ausdrücken. Der zweite Song „Red<br />

Lights Green Heights“ zum Beispiel dreht sich um den Rotlichtbereich<br />

in Amsterdam und wie dich beides, Rotlicht und Co eeshops, langsam<br />

aber sicher runterziehen können. Es geht im Prinzip um eine Reise von<br />

Schweden nach Amsterdam, die nicht so gut ausgeht...<br />

Reisen ist ein gutes Stichwort. Wenn Du mit der Europe-Reise fertig<br />

bist, stehen dann evtl. ein paar Solo-Shows auf dem Plan?<br />

Geplant ist noch nichts, aber ich würde schon gern ein paar Gigs spielen.<br />

Wir haben allein in Schweden zehn Festivals zu spielen. Danach Norwegen,<br />

UK, Dänemark, Finnland...<br />

Aber noch keine Termine im Rest von Europa...<br />

Wir sind noch nicht komplett durchgebucht. Es kommen immer noch<br />

Termine rein und wir ho en schon, auch bei einigen Festivals in Deutschland<br />

vorbei zu schauen.<br />

Im vergangenen Jahr habt Ihr beim Masters Of Rock ja ziemlich<br />

eingeschlagen.<br />

Das war ein wirklich großartiger Abend, einer dieser seltenen Momente,<br />

wo wirklich alles perfekt war. Wir waren glücklich, die Fans waren unglaublich,<br />

die ganze Organisation war super. Die Chemie in der Band hat<br />

an dem Tag super gestimmt - das ist nicht immer so, aber da war einfach<br />

alles harmonisch! Wer ist da eigentlich dieses Jahr Headliner?<br />

Manowar, Queensryche...<br />

Oh Gott - Manowar. Das ist ja mittlerweile nichts anderes mehr, als Spinal<br />

Tap. Hahaha. Aber Queensryche sind wirklich gut, die Jungs haben<br />

echte Klasse. Ich mag die intelligente Art des Rock und Metal, wie ihn<br />

Queensryche spielen. Mit „Stupid Rock“ kann ich dagegen gar nichts<br />

anfangen - haha.<br />

Gehen wir ein paar Schritte zurück in der Zeit: Als Du Europe 1986<br />

verlassen hattest, bist Du nach sieben Jahren harter Arbeit und drei<br />

Alben in dem Moment gegangen, als die Rakete komplett durch die<br />

Decke ging. Was hat Dich da eigentlich geritten??<br />

Zu dem Zeitpunkt war mir der Sound einfach zu keyboardlastig und<br />

kitschig. Ich war sehr zufrieden mit den ersten beiden Alben in musikalischer<br />

Hinsicht. Die Produktion der ersten war furchtbar, weil wir ja<br />

auch keine Ahnung hatte, wie man ein Album produziert. Die zweite war<br />

klanglich eigentlich ok. Musikalisch war das eher meine Richtung,<br />

John Norum<br />

Interview<br />

weil es noch Gitarren-orientierter war. Mit „Final Countdown“ kamen<br />

die Keyboards dann zu sehr zum Tragen und wir mutierten zu einer Bon<br />

Jovi-artigen Band, was ich ganz fürchterlich fand. Wir waren so eine<br />

Teenager-Kaugummi-Band, die auf den Covers von Bravo & Co zu nden<br />

waren. Das war nun absolut nicht mein Ding - allein schon das ganze<br />

Haarspray. Fürchterlich!<br />

Dann kamst Du zurück und Europe klingen, als wäre alles ab „Final<br />

Countdown“ nie geschehen. In meinen Augen ist „Start From The<br />

Dark“ der legitime Nachfolger von „Wings Of Tomorrow“.<br />

Ja, das sehe ich exakt genau so! Wir haben es irgendwie gescha t,<br />

unsere Wurzeln zu nden, die Keyboards weitgehend zurück zu fahren<br />

und dennoch einen ziemlich modernen Approach zu erzielen. Die Platte<br />

ist sehr düster ausgefallen und de nitiv unser bislang härtestes Album<br />

geworden.<br />

War das nicht riskant? Der sichere Weg wäre gewesen, „The Final<br />

Countdown Pt. 2“ aufzunehmen, dann aber wahrscheinlich ohne<br />

Dich...<br />

Ganz sicher wäre ich da nicht mit aufgesprungen! Das wäre auch wirklich<br />

dumm gewesen, so etwas zu wiederholen. Wir wollten einfach wieder<br />

sehr viel Rock-orientierter klingen. Das war letztendlich auch der Grund,<br />

weshalb ich wieder eingestiegen bin.<br />

Wie war es eigentlich, wieder komplett klein anzufangen? Ich stelle<br />

es mir sehr schwer vor, wenn man sieht, vor welchen Kulissen Ihr<br />

in den 80ern spielen konntet, dann jetzt in Clubs mit 900 Leuten<br />

zu spielen…<br />

Nein, gar nicht. Ich denke über so etwas überhaupt nicht nach und es<br />

ist mir völlig egal, ob ich vor 900 oder 90.000 Leuten spiele. Ich spiele<br />

auch gern in einer Bar, das kann auch eine Menge Spaß machen. Ich<br />

mache mir über Zuschauerzahlen absolut keine Gedanken. Wir waren ja<br />

im Frühjahr hier in Deutschland zusammen mit Gotthard unterwegs. Da<br />

sind wir dann in größeren Hallen aufgetreten. Wir haben uns an die Tour<br />

gehängt, weil wir endlich wieder in Deutschland einem größeren Publikum<br />

au allen wollten. Wir wollten zeigen, daß wir wirklich voll und<br />

ganz zurück sind und nicht so eine kurzfristige Comeback-Sache sind.<br />

Die Fans scheinen heutzutage ein wenig langsamer zu schalten, als in<br />

den 80ern. Es prasselt die ganze Zeit über so viel auf einen ein, die ganzen<br />

Trends kommen und gehen, da ist es sehr schwer, aufzufallen. Man<br />

muß heute als Band etwas härter arbeiten. Es hat uns allein fünf Jahre<br />

gekostet, um in unserer Heimat Schweden überhaupt wieder wahrgenommen<br />

zu werden! Die Leute kommen immer noch und sagen „Was,<br />

Ihr seid endlich wieder zusammen?“ Da frage ich mich schon, wozu wir<br />

hunderte Gigs allein dort gespielt haben. :-) Inzwischen sind wir aber<br />

angekommen, waren mit „Last Look At Eden“ auf Platz 1 in den Charts<br />

und haben eine goldene Schallplatte erhalten. Nun müssen wir sehen,<br />

daß wir den Rest der Welt auch überzeugen können.<br />

Wie war die Tour mit Gotthard eigentlich an sich für Euch? Ich hätte<br />

mir schon gewünscht, daß sie Euch in Fürth ein paar Minuten mehr<br />

Zeit gegeben hätten.<br />

Die Zeit hatten wir zu Beginn der Tour auch. Ich mag die Band wirklich,<br />

sehr nette Jungs und eine tolle Band, trotzdem haben wir sie jede Nacht<br />

an die Wand gespielt. Das hat ihnen wohl ein wenig Angst gemacht und<br />

wir mußten den Set von einer Stunde auf 45 Minuten kürzen. Naja - so<br />

läuft es halt. :-) Wir waren in den letzten Jahren mit einer Menge cooler<br />

Bands unterwegs, ZZ Top, Whitesnake, Deep Purple - aber irgendwie haben<br />

wir sie mit unserer Energie wohl alle etwas verschreckt. Für unser<br />

Alter sind wir noch ganz t und haben eine Menge Spaß auf der Bühne.<br />

Das liegt sicher daran, daß wir alles Wikinger sind. Verscherze es dir nicht<br />

mit den Wikingern! Hehehe.<br />

Das würde ich niemals tun. Was wäre nun die beste Reaktion? Soll<br />

ich vielleicht „Odin“ brüllen?<br />

Ja, das wäre angemessen. Bitte.<br />

Oooodiiin....!!!<br />

Ja, danke! Das war sehr schön...<br />

Band-Homepage: www.johnnorum.se<br />

Interview & Text: Ingo<br />

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