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Abiturprüfung 2009

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Name: _______________________<br />

Aufgabenstellung:<br />

<strong>Abiturprüfung</strong> <strong>2009</strong><br />

Biologie, Grundkurs<br />

Thema: Parasiten als Indikatoren der Primaten-Evolution<br />

Nur für den Dienstgebrauch!<br />

BI GK HT 1<br />

Seite 1 von 5<br />

I.1 Begründen Sie, warum der Vergleich von Aminosäure-Sequenzen und Basen-Sequenzen<br />

Erkenntnisse zur Abstammung liefert. Beschreiben Sie die darauf basierenden Ergebnisse<br />

für die Abstammung der Hominoiden (Material A) sowie für die Abstammung der<br />

Parasitengattungen Pediculus und Phthirus (Material C). (16 Punkte)<br />

I.2 Vergleichen Sie den Stammbaum der Läuse mit dem ihrer Wirte in Bezug auf den<br />

Zeitpunkt der Trennung der jeweiligen Linien und deuten Sie Ihre Ergebnisse<br />

(Material A, Material C). (18 Punkte)<br />

I.3 Vergleichen und erläutern Sie die Angepasstheiten der Kleiderlaus und der Kopflaus<br />

(Material B). Beurteilen Sie, inwieweit die Daten zur DNA-Sequenzanalyse der Kopf-<br />

und Kleiderläuse sowie die beschriebenen Angepasstheiten die Hypothese stützen,<br />

dass der Ursprung von Homo sapiens in Afrika liegt, von wo aus er sich vor etwa<br />

100.000 Jahren über die Welt verbreitet hat (Material B und D). (20 Punkte)<br />

Zugelassene Hilfsmittel:<br />

• Wörterbuch zur deutschen Rechtschreibung


Name: _______________________<br />

Material A: Molekularer Stammbaum der Hominoidea<br />

Nur für den Dienstgebrauch!<br />

BI GK HT 1<br />

Seite 2 von 5<br />

Die folgende Grafik zeigt die Verwandtschaftsbeziehungen zwischen Menschen und<br />

Menschenaffen, basierend auf Berechnungen, die auf der Bestimmung der Aminosäure-<br />

Sequenzen von 69 Proteinen, dem Sequenzvergleich und der Auswertung dieser Daten<br />

durch geeignete Computerprogramme beruhen:<br />

Millionen Jahre<br />

Orang-Utan Gorilla Schimpanse Mensch<br />

Abbildung 1: Molekularer Stammbaum der Hominoidea (Ausschnitt), basierend auf vergleichender<br />

Auswertung der Aminosäuresequenzen von 69 Proteinen


Name: _______________________<br />

Nur für den Dienstgebrauch!<br />

BI GK HT 1<br />

Seite 3 von 5<br />

Material B: Parasiten des Menschen: Kopflaus, Kleiderlaus, Filzlaus<br />

Läuse gehören zwar zu den Insekten, besitzen aber weder Flügel noch Facettenaugen. Sie<br />

saugen Blut und benötigen Wärme. Ihre letzten Beinglieder bilden zusammen eine Art<br />

Zange, mit der sie sich an Haaren oder Fasern anklammern. Die Größe dieser Greifzange<br />

entspricht exakt dem Querschnitt der Haare bzw. Gewebefasern, an denen die Läuse leben.<br />

Die Eier der Läuse – „Nissen“ – werden an die Haare bzw. die Fasern der Kleidung geklebt.<br />

Die Larve, die daraus schlüpft, ist nach der dritten Häutung fortpflanzungsfähig. Die Infektion<br />

der Wirte erfolgt durch Körperkontakt, bei Kleiderläusen über die Kleidung.<br />

Kopfläuse und Kleiderläuse sind untereinander kreuzbar, Filzläuse und Kopfläuse bzw. Filzläuse<br />

und Kleiderläuse nicht. Der Wissenschaftler Mark Stoneking vom Max-Planck-Institut<br />

Leipzig nimmt an, dass sich die Kleiderlaus aus der Kopflaus entwickelt hat.<br />

In diesem Zusammenhang steht auch, dass sich Menschen in kälteren Regionen durch<br />

Kleidung schützen.<br />

Tabelle 1: Außenparasiten des Menschen: Läuse<br />

Skizze<br />

Unterart: Pediculus<br />

humanus capitis<br />

Kopflaus<br />

Lebensraum feine Kopfhaare<br />

nahe der Kopfhaut<br />

Art: Pediculus humanus Art: Phthirus pubis<br />

Unterart: Pediculus<br />

humanus humanus<br />

Kleiderlaus<br />

körpernahe Falten der<br />

Kleidung, aber keine<br />

Tierhäute (Leder),<br />

keine Tierfelle<br />

Filzlaus<br />

Augenbrauen,<br />

Wimpern,<br />

Achselhaare,<br />

Schamhaare<br />

Körperlänge 2 – 3,5 mm 3 – 4,5 mm 1 – 1,5 mm<br />

Klauen sehr fein kräftig grob, kräftig<br />

Blutsaugen pro Tag 6- bis 12-mal zweimal einmal<br />

Eizahl je Weibchen 150 – 270 300 – 400 25<br />

Anheften der Nissen Kopfhaare Fasern der Kleiderstoffe Augenbrauen, Wimpern,<br />

Achselhaare, Schamhaare<br />

Überleben ohne Wirt 55 h bis zu 4 Tage 24 h


Name: _______________________<br />

Material C: Stammbaum der Primaten-Läuse<br />

Nur für den Dienstgebrauch!<br />

BI GK HT 1<br />

Seite 4 von 5<br />

Verwandte Tierarten haben häufig verwandte Parasiten: die Stammesgeschichte der Parasiten<br />

entspricht der Stammensgeschichte ihrer Wirte – und umgekehrt.<br />

Vor mindestens 25 Millionen Jahren begann die Evolution parasitischer Läuse. Läuse besitzen<br />

eine hohe Wirtsspezifität, d. h., sie sind in aller Regel stark auf ihre Wirtsart spezialisiert.<br />

Heute ist der Mensch Wirt für drei unterschiedliche Vertreter: Kopflaus, Kleiderlaus und<br />

Filzlaus. Die übrigen Hominoiden werden nur von einer einzigen Art besiedelt; der Orang-<br />

Utan beherbergt überhaupt keine Läuse.<br />

David Reed von der Universität Florida sammelte unterschiedliche Läuse – von Menschen,<br />

Gorillas und Schimpansen. Er analysierte die DNA der Laus-Gene Cox1 und EF-1α. Aus<br />

dem Vergleich der Basensequenzen berechnete er den phylogenetischen Stammbaum der<br />

Läuse; dabei wies er nach, dass die Gattungen Phthirus und Pediculus einen gemeinsamen<br />

Ursprung besitzen.<br />

Parasiten: Kopflaus Filzlaus<br />

weitere Pediculus Pediculus Phthirus Phthirus<br />

Pediculus-Arten humanus schaeffi gorillae pubis<br />

capitis<br />

Millionen Jahre Wirte: Altweltaffen Mensch Schimpanse Gorilla Mensch<br />

Abbildung 2: Verwandtschaftsverhältnisse der Hominoiden-Läuse, die auf der Grundlage der Ergebnisse der<br />

Sequenzanalyse der Gene Cox1 und EF-1α ermittelt wurden (Ausschnitt)


Name: _______________________<br />

Nur für den Dienstgebrauch!<br />

BI GK HT 1<br />

Seite 5 von 5<br />

Material D: Sequenzanalyse der DNA von Kopf- und Kleiderläusen<br />

Mark Stoneking, ein Genetiker des Max-Planck-Instituts Leipzig für evolutionäre Anthropologie,<br />

und seine Kollegen ermittelten die DNA-Unterschiede für die Gene der Mitochondrien<br />

(mtDNA) aus den Zellen von Kopfläusen und Kleiderläusen, die in Afrika und in 12<br />

nichtafrikanischen Ländern in unterschiedlichen Regionen der Welt gesammelt wurden.<br />

Tabelle 2: Basenunterschiede in % bei Kopf- und Kleiderläusen (angegeben werden die<br />

Durchschnittswerte)<br />

Vergleich der<br />

mtDNA …<br />

… afrikanischer<br />

Kopfläuse<br />

untereinander<br />

... nicht-afrikanischer ... aller Kopfläuse<br />

Kopfläuse aus 12 untereinander<br />

Ländern untereinander<br />

... aller Kleiderläuse<br />

untereinander<br />

% % % %<br />

Basenunterschiede 3,31 1,76 3,42 0,19<br />

Auf der Basis dieser mtDNA-Ergebnisse und der DNA-Analyse von zwei weiteren Kern-<br />

Genen der Kleiderlaus berechnete Stoneking, dass die Kleiderlaus sich vor etwa 100.000<br />

Jahren aus der Kopflaus entwickelt hat.

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