Stellungnahme zur Versorgungssituation hirngeschädigter Pa… - GNP
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Bei jedem dieser drei vom Sachverständigenrat thematisierten Problembereiche können<br />
psychologische Erkenntnisse und Methoden einen substantiellen Beitrag <strong>zur</strong> Optimierung<br />
und Weiterentwicklung der Versorgungsstrukturen leisten. Ziel der nachfolgenden<br />
Ausführungen ist es, diese Beiträge kurz zu skizzieren.<br />
ad 1. Schnittstellenproblematik in der Versorgungskette<br />
Die von dem Sachverständigenrat thematisierte Schnittstellenproblematik in der<br />
Versorgungskette beinhaltet die Abstimmung zwischen präklinischen Leistungserbringern,<br />
der stationären Akutversorgung und den stationären oder ambulanten<br />
Rehabilitationsangeboten. Sie schließt nach Ansicht des Sachverständigenrates auch das<br />
Problem mit ein, dass es aufgrund von Wissensdefiziten bei präklinischen<br />
Leistungserbringern und mangelnder Aufklärung bei den Betroffenen häufig zu einer<br />
verzögerten Einweisung betroffener Patienten kommt.<br />
Die effiziente Etablierung von Präventionsmaßnahmen erfordert eine genaue Kenntnis der<br />
psychosozialen und kognitiven Prozesse, die für die Ausführung von Risikoverhalten und für<br />
die Aufnahme einer gesunden Lebensweise verantwortlich sind (Weitkunat, Haisch &<br />
Kessler, 1997; Friedman, 2002). Hierzu zählen u.a. Faktoren wie Einstellungen, subjektive<br />
und soziale Normen, Überzeugungen, Erwartungen, Wahrnehmung von Bedrohung und<br />
sozialer Rückhalt (Schwarzer, 1996).<br />
Genauso spielen psychologische Faktoren beim Wissenserwerb und bei der Entwicklung von<br />
patientengerechten Umwelten, aber auch bei der medizinischen Entscheidungsfindung<br />
(Patel, Arocha & Kaufmann, 1999) eine wichtige Rolle (Norman, 1998). Nur bei<br />
angemessener Berücksichtigung dieser Faktoren lassen sich aus unserer Sicht effektive<br />
Präventions- und Weiterbildungsmaßnahmen entwickeln und etablieren.<br />
Zentral für die Entwicklung angemessener Einweisungsstrategien <strong>zur</strong> Optimierung der in<br />
Deutschland vorhandenen ambulanten, stationären und rehabilitativen Sektoren ist eine<br />
genaue Dokumentation der bei den Betroffenen vorhandenen Impairments und<br />
Aktivitätseinschränkungen (WHO, 2001). Allein mit der Diagnose "Schlaganfall" ist eine<br />
patientengerechte Zuweisung zu Rehabilitationsangeboten wenig sinnvoll, da aus der<br />
Diagnose „Schlaganfall“ nicht ersichtlich wird, welche Bedürfnisse seitens der Betroffenen<br />
vorliegen und welche Anforderungen an die Versorgung und Rehabilitation gestellt werden<br />
(Bates & Stineman, 2000; Lincoln et al., 1998). Nur aufgrund der Kenntnis der vorhandenen<br />
motorischen und kognitiven Impairments und Aktivitätseinschränkungen, aber auch aufgrund<br />
der Kenntnis der psychosozialen Rahmenbedingungen kann ein effizienter und<br />
kostengünstiger Zuweisungsplan zu entsprechenden Rehabilitationsprogrammen (stationär,<br />
ambulant, zuhause) erfolgen (siehe z.B. Anderson et al., 2000a,b; Roderick et al., 2001).<br />
Bei der Entwicklung dieser Zuweisungsstrategien muss aber auch der Einfluss von<br />
Umweltfaktoren (soziale Unterstützung) auf das Krankheitsgeschehen nach der Akutphase<br />
berücksichtigt werden (siehe WHO, 2001, „literature review on environmental factors“).<br />
Genauso muss das Anforderungs- und Leistungsprofil der vorhandenen<br />
Rehabilitationseinrichtungen präzisiert werden. Die alleinige abstrakte Aufzählung von an<br />
dem Rehabilitationsprozess beteiligten Berufsgruppen reicht für eine Beurteilung der<br />
Versorgungsqualität nicht aus (Gauggel, 2000; Hoenig et al., 1999).<br />
In der <strong>Stellungnahme</strong> des Sachverständigenrates wird der Komplexität und Vielfalt der bei<br />
der Optimierung zu berücksichtigenden Faktoren nicht Rechnung getragen. Es dominiert ein<br />
medizinisches Verständnis des Krankheitsgeschehens und der sich daraus ergebenden<br />
Versorgungsstrukturen.<br />
ad 2. Unterversorgung hinsichtlich einer angemessenen flächendeckenden<br />
Verfügbarkeit der Rehabilitation<br />
Der Sachverständigenrat weist in seinem Bericht auf eine Unterversorgung hinsichtlich einer<br />
angemessenen flächendeckenden Verfügbarkeit der Rehabilitation hin. Diese<br />
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