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Stellungnahme zur Versorgungssituation hirngeschädigter Pa… - GNP

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Unterversorgung betrifft nicht nur die stationäre und die wohnortnahe ambulante Versorgung<br />

im Allgemeinen, sondern - aus unserer Sicht - vor allem auch die postakute Versorgung der<br />

betroffenen Patienten mit neuropsychologischen und sprachtherapeutischen<br />

Behandlungsangeboten (Herrmann et al., 1997a,b; Kasten et al., 1997; Wallesch et al.,<br />

1995).<br />

Ein Großteil der verfügbaren Behandlungsprogramme beschränkt sich auf die Bereitstellung<br />

und Durchführung von Therapiemaßnahmen, die auf die motorischen Defizite der Patienten<br />

ausgerichtet ist (Mieck et al., 1997; Mieck et al., 1998). Motorische Störungen stellen zwar,<br />

gerade in der Anfangsphase der Erkrankung, einen zentralen Aspekt dar, sind aber nicht die<br />

einzigen Konsequenzen einer cerebrovaskulären Erkrankung. Motorische Störungen sind<br />

auch nicht allein verantwortlich für Einschränkungen bei der Haushaltsführung, der<br />

Arbeitsfähigkeit oder anderen Aktivitäten des täglichen Lebens (Hajek, Gagnon, &<br />

Ruderman, 1997; Paolucci, et al., 1999).<br />

Kognitive Störungen (inkl. Störungen des Affekts und der Motivation) stellen neben den<br />

motorischen Störungen eine weitere zentrale Störungsgruppe dar und betreffen ganz<br />

unterschiedliche Bereiche menschlichen Denkens, Fühlens und Handelns (Hostenbach et<br />

al., 1998). Gerade diese Störungen sind langfristig für die große psychische und physische<br />

Belastung von pflegenden Angehörigen, aber auch von medizinischen Fachkräften<br />

verantwortlich (Paolucci et al., 1999; Pohjasvaara et al., 1998). Diese Störungen<br />

beeinflussen auch maßgeblich den Erfolg bei der beruflichen, sozialen und familiären<br />

Reintegration.<br />

Bei der Entwicklung einer flächendeckenden Verfügbarkeit der Rehabilitation muss deshalb<br />

auch darauf geachtet werden, dass bei der Diskussion um Versorgungsstrukturen nicht nur<br />

die Akutversorgung in den Mittelpunkt gestellt wird, sondern auch die post-akute<br />

Rehabilitation und Langzeitversorgung der Betroffenen und die notwendigen psychosozialen<br />

Maßnahmen (siehe hierzu allgemein das Lehrbuch der Klinischen Neuropsychologie, Sturm,<br />

Herrmann & Wallesch, 2000). Dies ist beispielsweise in den Empfehlungen einer Konsensus-<br />

Runde in den USA erfolgt (Gresham et al., 1995). Die sehr ausführliche <strong>Stellungnahme</strong> des<br />

Sachverständigenrates <strong>zur</strong> „Stroke Unit“ spiegelt dagegen momentan eher eine eingeengte<br />

Sichtweise bei der Diskussion um angemessene Versorgungsstrukturen wider.<br />

Die Erweiterung des Blickfeldes verbunden mit der Entwicklung neuer<br />

Rehabilitationskonzepte und –programme (z.B. „home-based“ Rehabilitation, Case-<br />

Management, Pflegemanagement) trägt auch dem komplexen und chronischen<br />

Störungsmuster der Schlaganfall-Patienten Rechnung (Schott et al., 1996). Die Erweiterung<br />

des Blickfeldes könnte auch dazu führen, dass bei anderen Krankheitsgruppen (z.B.<br />

Patienten mit Schädel-Hirn-Trauma) bereits erprobte und als effizient erwiesene<br />

Rehabilitations- und Behandlungskonzepte Eingang in die post-akute Versorgung von<br />

Patienten mit cerebrovaskulären Erkrankungen haben (Braverman et al., 1999; Prigatano et<br />

al., 1994).<br />

ad 3. Intensivierung übergreifender Forschungsbemühungen<br />

Jeder Versuch einer Optimierung einer Gesundheitsversorgung ist auf eine möglichst breite<br />

und produktive Forschungslandschaft angewiesen. Nur auf der Basis einer interdisziplinären<br />

wissenschaftlichen Fundierung und einer kontinuierlichen Überprüfung vorhandener<br />

Versorgungsstrukturen kann zuverlässig zwischen Versorgungsalternativen entschieden<br />

werden (Clancy & Eisenberg, 1998).<br />

Die Notwendigkeit einer besseren wissenschaftlichen Fundierung der Rehabilitation in<br />

Deutschland wird nicht nur vom Sachverständigenrat an verschiedenen Stellen seiner<br />

<strong>Stellungnahme</strong> thematisiert, sondern auch von zahlreichen Wissenschaftsinstitutionen und -<br />

verbänden. Dies hat u.a. 1997/1998 zu der Einrichtung von Reha-Forschungsverbünden<br />

geführt, die vom Verband der Rentenversicherungsträger und dem Bundesministerium für<br />

Bildung und Forschung finanziert werden. Psychologen sind in vielen dieser<br />

Forschungsverbünde mit theoretischen Modellen und methodischer Kompetenz an<br />

prominenter Stelle beteiligt (Bengel & Koch, 2001).<br />

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