Hamminkeln Ruft, Ausgabe Nr. 52 - Dezember ... - HVV Hamminkeln
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Kriegserinnerungen eines 15Jährigen an <strong>Hamminkeln</strong><br />
von Januar bis Juni 1945<br />
Hans-Josef (Hajo) Ossmann<br />
Fast jeden Freitagnachmittag<br />
besuchen meine Frau Christa<br />
und ich den Bauernmarkt in<br />
Loikum. Nachdem alle Einkäufe<br />
erledigt sind begeben wir<br />
uns in das Landfrauencafe und<br />
lassen uns dort vom herrlichen<br />
Kuchen verwöhnen.<br />
Bei einer solchen Gelegenheit<br />
trafen wir Herrn Heinz Breuer,<br />
Redakteur der Heimatzeit-<br />
Hajo Ossmann<br />
schrift „<strong>Hamminkeln</strong> <strong>Ruft</strong>“. In<br />
einem anregenden Gespräch schilderte ich ihm meine Erlebnisse<br />
als 15-Jähriger in den letzten Monaten des Krieges<br />
1945 in <strong>Hamminkeln</strong>.<br />
Herr Breuer zeigte sich sehr interessiert an den Schilderungen<br />
und bat mich, die spannenden Geschichten für die<br />
Heimatzeitschrift niederzuschreiben. Und so ist der folgende<br />
Bericht entstanden.<br />
Es war Anfang 1945<br />
Mein Vater Josef Ossmann war als Beamter beim Landratsamt<br />
des Kreises Rees in Wesel tätig. Anfang 1945 erging<br />
die Weisung, dass Abteilungen des Landratsamtes<br />
wegen der Kriegswirren ausgelagert werden mussten. Die<br />
Abteilung meines Vaters wurde auf „Gut Weißenstein“ untergebracht.<br />
Direkt neben diesem<br />
Gutshof von Landrichter<br />
Fritz Küster lag der Bauernhof<br />
Rahmann. Er wurde geführt<br />
und bewirtschaftet vom Bauern<br />
Ernst Rahmann und seinen<br />
Schwestern Cläre und Elsa<br />
Rahmann.<br />
Auf diesem Bauernhof wurde<br />
meine Familie, Vater Josef, Mutter<br />
Christel, Schwester Christa<br />
und ich untergebracht.<br />
Landrichter und Ehrenbürmeister<br />
von <strong>Hamminkeln</strong><br />
Fritz Küster (*27.10.<br />
1869 - †11.04.1947) in<br />
den 1930er Jahren<br />
Mein Vater war so immer in<br />
unmittelbarer Nähe seiner Abteilung<br />
und erreichbar. Die<br />
Grundlage meiner <strong>Hamminkeln</strong>er<br />
Erlebnisse war gelegt. Auf<br />
dem Hof arbeiteten ein<br />
Holländer namens Lambert Prent und zwei italienische<br />
Kriegsgefangene. Sie hießen Gino und Guiseppe. Lambert<br />
war als Schweizer zuständig für die Kühe, Gino und Guiseppe<br />
erledigten alle anderen anfallenden Arbeiten in der<br />
Landwirtschaft.<br />
Der Schulbetrieb des Staatl. Gymnasiums in Wesel war<br />
38 <strong>Hamminkeln</strong> <strong>Ruft</strong> · <strong>Ausgabe</strong> <strong>52</strong> · <strong>Dezember</strong> 2009<br />
Gut Weißenstein Anfang der 1930er Jahre<br />
Foto: Helmut Scholz<br />
Der Landwirt und begeisterte Jäger und Hundeführer Ernst Rahmann (*15.04.1902 -<br />
†05.07.1986), Mitte der 1960er Jahre.<br />
zu dieser Zeit eingestellt. Ich half den Italienern bei den<br />
landwirtschaftlichen Arbeiten. In dieser ländlichen Idylle<br />
erinnerte nichts an den Krieg, obwohl die alliierten Truppen<br />
die deutsche Westgrenze längst überschritten hatten<br />
und sich langsam dem Rhein näherten.<br />
Diese Idylle fand eine jähe Unterbrechung durch einen<br />
ersten Luftangriff am 16. Februar 1945. Die Stadt Wesel<br />
ging in Rauch und Trümmern unter.<br />
Am 19. Februar 1945 folgte der zweite und letzte<br />
Großangriff der alliierten Bomber. Die beiden Luftangriffe<br />
habe ich vom 5 km entfernten <strong>Hamminkeln</strong> beobachtet.<br />
Nach dem ersten Bombenangriff am 16. Februar 1945<br />
bin ich sofort mit dem Fahrrad nach Wesel gefahren um<br />
festzustellen, ob unser Haus noch steht. Auf der Johann-Sigismund-Straße<br />
sah ich Bewohner, die über Trümmerfelder<br />
kletterten und zu retten versuchten, was noch zu retten<br />
war. Auf dem Breiten Weg habe ich einige Leichen und ein<br />
totes Pferd gesehen.<br />
Unser Haus stand noch. Eine Bombe war in den angrenzenden<br />
Hühnerstall eingeschlagen. Die gesetzlich zugelassenen<br />
Hühner - pro Familienmitglied ein Huhn - waren<br />
tot. Der Hahn hatte überlebt. Ich habe ihn mit nach <strong>Hamminkeln</strong><br />
genommen. Er stand unter Schock und griff Menschen<br />
an, so mussten wir ihn töten.<br />
Auf Bitte meiner Eltern stellte uns Herr Rahmann nach<br />
dem zweiten Bombenangriff auf Wesel einen großen Bauernwagen<br />
mit Pferd<br />
und den beiden Italienern<br />
zur Verfügung.<br />
Gino, Guiseppe und ich<br />
konnten so einen<br />
großen Teil der Möbel<br />
retten, da das Haus nur<br />
leicht zerstört war.<br />
Diese Möbel wurden<br />
im Hofgebäude von<br />
Ernst Rahmann untergebracht.