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Hamminkeln Ruft, Ausgabe Nr. 52 - Dezember ... - HVV Hamminkeln

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geeignet für den Transport kleinerer Fahrzeuge (Jeeps)<br />

oder Kanonen.<br />

Die amerikanischen Segler hatten einen leichten Rohrrahmen<br />

mit Tuchbespannung. Nach meiner Meinung konnten<br />

sie nur Soldaten transportieren. Als die kämpfenden<br />

Truppen nach einigen Tagen weiterzogen, wurde der Hof<br />

von Nachschubeinheiten belegt. Diese Soldaten waren<br />

daran interessiert, bestimmte Gegenstände zu requirieren,<br />

die sie möglicherweise gebrauchen konnten. Drei Soldaten<br />

durchsuchten auch das Zimmer, welches wir mit vier Personen<br />

bewohnten. Der leitende Offizier fand einen Rosenkranz<br />

in einer Schublade und fragte meine Mutter nach<br />

ihrer Religion. Sie antwortete: „Wir Rom - Papst !“<br />

Daraufhin wurde auf Befehl das Requirieren eingestellt<br />

und die Soldaten zogen ab. Andere Soldaten fanden die<br />

Kasse der Zahlmeisterei. Sie übergaben meiner Schwester<br />

70.000 Reichsmark. Auf Weisung meines Vaters hat meine<br />

Schwester das Geld der Familie Rahmann übergeben. Ich<br />

persönlich hatte einen besonderen Verlust zu beklagen,<br />

den ich bis heute den Amerikanern übel nehme. Mein<br />

Vater hatte mir einige Monate vorher ein Motorrad Marke<br />

„Tornax 125“ geschenkt. Dieses Motorrad haben mir die<br />

Amis geklaut, obwohl auf Grund des bunten Anstrichs klar<br />

zu erkennen war, dass es sich um ein ziviles Fahrzeug handelte.<br />

Es war April 1945<br />

Die leicht gebauten amerikanischen Lastensegler wurden<br />

wieder abgeholt. Zwei englische Segler waren bei der Landung<br />

leicht verunfallt und wurden jetzt zertrümmert.<br />

Gino, Guiseppe und ich beobachteten an einigen Tagen<br />

den Abtransport der amerikanischen Lastensegler. Zu diesem<br />

Zweck wurde der Segler von Hand in die richtige<br />

Startposition manövriert, von einem Piloten besetzt und<br />

dann das Schleppseil über zwei ca. 8 - 10 Meter hohe Stangen<br />

gespannt. Dann näherte sich ein zweimotoriges Flugzeug,<br />

das unterhalb des Rumpfes eine ca. 5 Meter lange<br />

Stange mit Haken hatte. Diese Auffang- bzw. Abschleppvorrichtung<br />

wurde durch die zwei aufgestellten Stangen gezogen<br />

und schon hing der Lastensegler am Haken. Ab ging<br />

der Tansport in westlicher Richtung.<br />

Zu dieser Zeit beobachtete ich auch den Nachschub der<br />

Alliierten. Auf der <strong>Hamminkeln</strong>er Landstraße fuhren Lastwagenkolonnen,<br />

Stunde um Stunde, Stoßstange an Stoßstange.<br />

Alle Lastwagen waren vom gleichen Typ, in ordentliichem<br />

und sauberen Zustand und man konnte auch als<br />

15jähriger die übergroße materielle Überlegenheit der alliierten<br />

Truppen erkennen.<br />

Als Hitlerjunge war man über Jahre in der Überlegenheit<br />

Deutschlands gegenüber anderen Ländern erzogen worden.<br />

Gegen Ende des Krieges wurde die deutsche Wunderwaffe<br />

propagandistisch aufgebaut und der Endsieg in<br />

Aussicht gestellt.<br />

Als ich jetzt diese materielle Überlegenheit auf der Landstraße<br />

sah, die Überlegenheit der amerikanischen Luftwaffe<br />

täglich feststellte, war für mich klar, dass wir den Krieg<br />

verloren hatten.<br />

Aber zurück zu meinen Erlebnissen auf Rahmanns Hof.<br />

Nach dem Abtransport der Lastensegler wurden plötzlich<br />

auf den großen Weiden des Hofes große Zeltlager auf-<br />

40 <strong>Hamminkeln</strong> <strong>Ruft</strong> · <strong>Ausgabe</strong> <strong>52</strong> · <strong>Dezember</strong> 2009<br />

gebaut. Hier wurden jetzt unter englischer Militäraufsicht<br />

alle verschleppten Ausländer aus der Umgebung, im wesentlichen<br />

Russen und Polen bis zum Abtransport in ihre<br />

Heimatländer, untergebracht.<br />

Nach meiner Schätzung waren es einige Tausend Männer<br />

und Frauen und befreite Kriegsgefangene. Meine Aufgabe<br />

war jetzt, die Kühe zu hüten, da die Frechtungen zu einem<br />

großen Teil zerstört waren. Lief eine Kuh in das Lager, habe<br />

ich sie schnell herausgetrieben und jeden Kontakt zu den<br />

Verschleppten gemieden.<br />

Von Rahmanns Hof war der Holländer schon bald nach<br />

der Luftlandung der alliierten Truppen nach Holland<br />

zurückgekehrt. Die beiden Italiener waren noch da und<br />

warteten auf einen Sondertransport nach Italien. Vorerst<br />

halfen sie uns auch noch bei der landwirtschaftlichen Arbeit.<br />

Die verschleppten Russen und Polen holten sich auf dem<br />

Hof jeden Tag Milch. Dieses führte oft zu Streitigkeiten mit<br />

dem Bauer, wenn keine Milch mehr vorhanden war.<br />

Eines Tages mussten wir alle, d.h. der Bauer mit seinen<br />

zwei Schwestern, meine Eltern, meine Schwester und ich<br />

Zum Weißenstein nach Wesel<br />

Das Russenlager<br />

ehem. Hof<br />

Rahmann<br />

ehem. Gutshaus<br />

Weißenstein<br />

Deutsche Grundkarte 1:5000 verkleinert.<br />

Kartenergänzung: Heinz Breuer<br />

Das Russenlager in <strong>Hamminkeln</strong> im Jahre 1945 bestand aus Zelten<br />

und Baracken mit Wasserleitung, elektrischem Licht, Konzerthaus<br />

usw. Es fasste ca. 8000 Insassen.

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