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Vorstoß der Schnellen Truppen im Mai 1940 von der Maas zum Kanal

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Geschichte<br />

72<br />

„<strong>Vorstoß</strong> <strong>der</strong> <strong>Schnellen</strong> <strong>Truppen</strong> <strong>im</strong><br />

<strong>Mai</strong> <strong>1940</strong> <strong>von</strong> <strong>der</strong> <strong>Maas</strong> <strong>zum</strong> <strong>Kanal</strong>“<br />

Autor: Karl-Theo Schleicher<br />

und Dr. Heinrich Walle<br />

„<strong>Vorstoß</strong> <strong>der</strong> <strong>Schnellen</strong> <strong>Truppen</strong> <strong>im</strong><br />

<strong>Mai</strong> <strong>1940</strong> <strong>von</strong> <strong>der</strong> <strong>Maas</strong> <strong>zum</strong> <strong>Kanal</strong>“<br />

Neben interessanten kriegsgeschichtlichen<br />

Darbietungen in BELGIEN und NORD-<br />

FRANKREICH erlebten 46 Mitglie<strong>der</strong><br />

und Gäste unseres Freundeskreises vom<br />

13. -16. Oktober mit <strong>der</strong> Besichtigung<br />

<strong>der</strong> Kathedrale <strong>von</strong> LAON auch einen anspruchsvollen<br />

kulturellen Anteil.<br />

Referent war Fregattenkapitän a.D. Dr.<br />

Heinrich Walle, uns <strong>von</strong> <strong>der</strong> Exkursion<br />

2008 „Kämpfe um die Vogesen <strong>im</strong> Ersten<br />

Weltkrieg“ wohlbekannt. Für die Organisation<br />

<strong>der</strong> Exkursion war wie<strong>der</strong> unser<br />

Beauftragter für Militärgeschichtliche Exkursionen,<br />

Oberst a.D. K.-T. Schleicher,<br />

verantwortlich.<br />

In zwei abendlichen Einführungsvorträgen<br />

am Donnerstag und am Freitag ging <strong>der</strong><br />

Referent auf die Große Lage und die Fortsetzung<br />

des Angriffs <strong>der</strong> Wehrmacht ab<br />

Überschreiten <strong>der</strong> MAAS bis zur KANAL-<br />

Küste ein. Den Vorträgen folgten am Freitag,<br />

Samstag und Sonntag – bzw. gingen<br />

am Donnerstag bereits voran – Geländebe-<br />

sprechungen an elf Punkten, auf denen die<br />

Leitung auf den Ablauf <strong>der</strong> einzelnen Phasen<br />

näher einging (Details s. 1., 2., 3. und<br />

4. Tag). Das sonnige herbstliche Wetter ließ<br />

<strong>von</strong> unseren diversen Besprechungspunkten<br />

einen weiten Blick in das Gelände des<br />

Kampfgeschehens <strong>von</strong> <strong>1940</strong> zu.<br />

1. Tag (Donnerstag)<br />

Nach Aufnahme <strong>der</strong> Teilnehmer am<br />

Donnerstagmorgen in Erftstadt und<br />

am Hauptbahnhof Köln erfolgte die Anfahrt<br />

über die Autobahn A4 - E40 - E411<br />

nach DINANT. Der Anreisetag wurde bereits<br />

für Geländebesprechungen genutzt.<br />

Ab DINANT folgte man dem Angriff <strong>der</strong><br />

7. Panzerdivision Rommels über die MAAS<br />

nach Westen. Im Bus wurde <strong>der</strong> Flussübergang<br />

und die Bildung eines Brückenkopfes<br />

westlich da<strong>von</strong> geschil<strong>der</strong>t. Bemerkenswert wie<br />

die deutschen <strong>Truppen</strong> die den Übergang<br />

“Kriegsgeschichtliche Exkursion vom 13.-16. Oktober 2011<br />

über die MAAS in dem steilen, an einen<br />

Canyon erinnernden Taleinschnitt den<br />

Übergang am 12. <strong>Mai</strong> <strong>1940</strong> handstreichartig<br />

erzwangen.<br />

Weiter ging es dann aus dem Brückenkopf<br />

heraus über das Gefechtsfeld <strong>der</strong> Panzerkämpfe<br />

<strong>von</strong> FLAVION und PHILIPPE-<br />

VILLE vom 15. <strong>Mai</strong> <strong>1940</strong> über die Grenze<br />

BELGIENS nach FRANKREICH hinein.<br />

Am frühen Nachmittag erreichten wir unseren<br />

ersten Besprechungspunkt, Bespr.-Pkt. A1<br />

westlich CLAIRFAYTS. Dort erläuterte <strong>der</strong><br />

Referent den Durchbruch <strong>der</strong> 7. PD durch die<br />

Dr. Karl-Heinz Frieser, Blitzkrieglegende, S. 334)<br />

verlängerte MAGINOT- Linie am 16. <strong>Mai</strong><br />

<strong>1940</strong> abends. Außer einigen wenigen Bunkern<br />

ist <strong>im</strong> Gelände heute nichts mehr <strong>von</strong><br />

<strong>der</strong> einst bis zu 2 km tiefgestaffelten Befestigungsanlage<br />

– aus Betonbunkern, Minen-<br />

fel<strong>der</strong>n, Panzergräben, Stacheldrahtverhauen<br />

etc. bestehend – zu sehen. Umso mehr war<br />

Fantasie gefragt, sich nach den Schil<strong>der</strong>ungen<br />

<strong>der</strong> Leitung eine Vorstellung da<strong>von</strong> zu machen,<br />

was sich den deutschen <strong>Truppen</strong> damals als<br />

Hin<strong>der</strong>nis entgegenstellte.<br />

Entgegen <strong>der</strong> Armeeweisung „Kein Durchbruch“<br />

nutzte Rommel das Überraschungsmoment<br />

<strong>zum</strong> Handstreich. Ein Novum in<br />

Dr. Walle an <strong>der</strong> Maginot-Linie westlich Clairfyts<br />

(Foto Si)<br />

Das Schwarze Barett Nr. 46


<strong>der</strong> Militärgeschichte: ein massiver Panzerangriff<br />

bei Nacht gegen eine gut ausgebaute<br />

Stellung. Und dies ohne Vorbereitung aus<br />

<strong>der</strong> Bewegung heraus. Pioniere setzten<br />

Betonbunker mit geballten Ladungen<br />

und Flammenwerfern außer Gefecht und<br />

sprengten Lücken in die Sperrgürtel.<br />

Durch die Bresche stießen die Panzer –<br />

gefolgt <strong>von</strong> Kradschützen – nach beiden<br />

Seiten feuernd in die Tiefe <strong>der</strong> Befestigungslinie<br />

vor und durchstießen sie bei<br />

SOLRE-LE-CHATEAU.<br />

Auf <strong>der</strong> Fahrt über AVESNES zur<br />

SAMBRE-Brücke bei LANDRECIES ging<br />

Dr. Walle dann auf die wohl spektakulärste<br />

Einzelaktion des Westfeldzuges, Rommels<br />

nächtlichen Angriff vom 16.-17. <strong>Mai</strong> <strong>1940</strong><br />

entlang dieser Straße durch die Bereit-<br />

stellungsräume mehrerer französischer Divisionen,<br />

ein. Die deutschen Panzer rasten<br />

mitten durch die wie Zielscheiben aufgereihten<br />

Fahrzeuge hindurch, wobei sie<br />

auf Rommels Befehl „Breitseiten aus allen<br />

Rohren“ feuerten. Ein Unternehmen, das<br />

<strong>der</strong> 7. PD den französischen Beinamen<br />

„la division fantome“ (Gespensterdivision)<br />

einbrachte.<br />

In LANDRECIES, Bespr.-Pkt A2 wurde<br />

den Teilnehmern die Bedeutung <strong>der</strong><br />

wie<strong>der</strong>um handstreichartigen Wegnahme<br />

<strong>der</strong> SAMBRE-Brücke am 17. <strong>Mai</strong> <strong>1940</strong>,<br />

06.00 Uhr für den weiteren Angriff <strong>der</strong><br />

Division klar vor Augen geführt. Rommel<br />

jagte wie besessen weiter vorwärts und ließ<br />

erst anhalten als die Spitze <strong>der</strong> Vorausabteilung<br />

gegen 06.30 Uhr das Hügelgelände<br />

ostwärts LE CATEAU erreicht hatte.<br />

Auf dem Bespr.-Pkt A3 ostw. LE CATEAU<br />

ging die Leitung auf die Igelstellung <strong>der</strong><br />

Das Schwarze Barett Nr. 46<br />

SAMBRE <strong>Kanal</strong> Westrand Avesnes (Si)<br />

Blick in das Gelände <strong>der</strong> Igelstellung <strong>der</strong> 7. PzDiv. ostw. LE CATEAU (Si)<br />

Vorausabteilung auf dem Höhengelände<br />

zwischen POMMEREUIL und Le CATEAU<br />

ein. Angesichts <strong>der</strong> Versorgungsengpässe<br />

musste selbst ein Rommel erkennen, dass<br />

nun anstehende Versorgungsmaßnahmen<br />

Vorrang vor einem weiteren Vorwärtsdrang<br />

hatten. Außerdem bemerkte er erst jetzt,<br />

dass ihm bei seinem Angriff <strong>zum</strong> Schluss<br />

nur noch zwei Panzerabteilungen und einige<br />

Kradschützenzüge gefolgt waren. Er hatte<br />

den <strong>Vorstoß</strong> über 50 km allein mit <strong>der</strong><br />

Vorausabteilung geführt. Die dritte Panzer-<br />

abteilung und die Masse <strong>der</strong> Aufklärungsabteilung<br />

waren unterwegs steckengeblieben<br />

und in Kämpfe mit zunächst überrollten<br />

französischen <strong>Truppen</strong> verwickelt. Die<br />

Masse seiner Division, darunter die beiden<br />

Schützenreg<strong>im</strong>enter, befand sich noch auf<br />

belgischem Gebiet. Auf rätselhafte Weise<br />

war nämlich die Funkverbindung zu<br />

Rommels Führungsstaffel abgebrochen.<br />

Eine fatale Situation, auf die <strong>der</strong> Referent<br />

näher einging. Dabei schil<strong>der</strong>te er mehrere<br />

MilEx<br />

Anekdoten, in denen Rommel durch Bluffs<br />

zwar Erfolg hatte, aber sich gleichzeitig in<br />

große Lebensgefahr brachte.<br />

Für die Nacht vom 13. - 14.Oktober bezogen<br />

wir Quartier <strong>im</strong> Campanile in LAON,<br />

ca. 70 km südlich <strong>von</strong> LE CATEAU.<br />

Nach dem Abendessen führte uns Dr. Walle<br />

in einem ca. 60-minütigen eindrucksvollen<br />

Vortrag in die Große Lage des Westfeldzuges<br />

und des Themas <strong>der</strong> Exkursion ein.<br />

Als Westfeldzug wird die Eroberung <strong>der</strong><br />

NIEDERLANDE, BELGIENS, LUXEM-<br />

BURGS und NORD- FRAMKREICHS<br />

(Fall GELB) und ZENTRALFRANK-<br />

REICHS (Fall Rot) durch die deutsche<br />

Wehrmacht während des Zweiten Welt-<br />

krieges vom 10. <strong>Mai</strong> bis 25. Juni <strong>1940</strong> bezeichnet.<br />

Er erläuterte das Ringen um den „Sichelschnitt-Plan“<br />

und die daraus abgeleiteten<br />

Aufmarschweisungen 1 bis 4 für den Fall<br />

„Gelb“. Dabei bezog er Beispiele aus <strong>der</strong><br />

Militärgeschichte bis hin zur Kesselschlacht<br />

bei Cannae 216 v. Chr. ein. Mansteins<br />

Alternativplan und die 4. Aufmarschan-<br />

weisung setzten sich letztlich durch. Im<br />

Grunde genommen war <strong>der</strong> Mannsteinsche<br />

Sichelschnittplan nichts an<strong>der</strong>es als eine<br />

spiegelverkehrte Variante des deutschen<br />

Vormarsches <strong>von</strong> 1914.<br />

In einer Art „Sichelschnitt“ drangen die<br />

Kommandeure deutscher Panzergroßverbände,<br />

teils eigenmächtig handelnd, binnen<br />

weniger Tage „blitzkriegartig“ durch die<br />

ARDENNEN bis zur KANAL-Küste vor<br />

und zwangen die britischen <strong>Truppen</strong>, sich<br />

<strong>von</strong> DÜNKIRCHEN aus nach GROSS-<br />

BRITANNIEN zurückzuziehen.<br />

Mit „Blitzkrieg“ hatte die britische Berichterstattung<br />

die deutschen Operationen bezeichnet<br />

und seither wurde dieser Ausdruck<br />

<strong>im</strong>mer wie<strong>der</strong> verwendet.<br />

73


Geschichte<br />

Die Nie<strong>der</strong>lage <strong>der</strong> französischen Armee<br />

und des britischen Expeditionskorps war<br />

das Ergebnis einer völlig verfehlten Strategie<br />

und großer Defizite auf <strong>der</strong> Führungsebene.<br />

Auf die Nachricht vom deutschen Angriff<br />

hin ließ General Maurice Gamelin – in Ab-<br />

sprache mit General Lord Gort, dem Chef<br />

74<br />

Bil<strong>der</strong> links:<br />

General Gu<strong>der</strong>ian<br />

oben, General<br />

Rommel unten<br />

s.Frieser S. 120;<br />

Grafik Panzervorstoss:<br />

Frieser S.<br />

342; Glie<strong>der</strong>ung<br />

Heeresgruppe A.<br />

Frieser S. 118<br />

Auf-<br />

marschanweisung<br />

Fall „Gelb“<br />

24.02.<strong>1940</strong><br />

(Frieser S.73)<br />

des britischen Expeditionskorps – am<br />

10. <strong>Mai</strong> seine <strong>Truppen</strong> in BELGIEN einmarschieren,<br />

da er erwartetet, dass sich<br />

<strong>der</strong> deutsche Vormarsch am Schema <strong>von</strong><br />

1914 orientieren würde. Weit vor <strong>der</strong><br />

französischen Grenze sollten die besten<br />

und schnellsten alliierten Verbände die<br />

Wehrmacht stoppen. Als jedoch drei Tage<br />

später, am 14. <strong>Mai</strong> <strong>1940</strong>, in ihrem Rücken<br />

das Panzerkorps des Generals Heinz<br />

Gu<strong>der</strong>ian bei SEDAN die MAAS über-<br />

querte, waren ihm die Hände gebunden.<br />

Eine Umkehr des eigenen Vormarsches, um<br />

den <strong>Vorstoß</strong> <strong>der</strong> Deutschen <strong>zum</strong> KANAL zu<br />

stoppen, war ausgeschlossen und Reserven<br />

standen nicht zur Verfügung.<br />

Nach dem für die Alliierten überraschenden<br />

<strong>Vorstoß</strong> durch die ARDENNEN erreichten<br />

die Panzerdivisionen <strong>der</strong> Heeresgruppe A am<br />

17. <strong>Mai</strong> <strong>1940</strong> das Gebiet <strong>der</strong> Schlachtfel<strong>der</strong><br />

des Ersten Weltkrieges an <strong>der</strong> SOMME.<br />

Zur gleichen Zeit setzte die Heeresgruppe B<br />

<strong>im</strong> NORDEN ihren Vormarsch durch<br />

BELGIEN unaufhaltsam fort. Hitler und<br />

die Generäle <strong>der</strong> Wehrmacht waren <strong>von</strong> <strong>der</strong><br />

Schnelligkeit des deutschen Vormarsches<br />

überrascht. Ängstliche, aber wegen <strong>der</strong><br />

Flankenbedrohung auch durchaus verständliche<br />

Reaktionen (Haltebefehle) wirkten<br />

sich auf den Vormarsch hemmend aus.<br />

Wegen des Verschiebens des Schwerpunktes<br />

<strong>von</strong> <strong>der</strong> Heersgruppe B <strong>im</strong> Norden hin zur<br />

Kräftevergleich am 10. <strong>Mai</strong> <strong>1940</strong> (Frieser S. 65)<br />

Das Schwarze Barett Nr. 46


panzerstarken Heeresgruppe A in <strong>der</strong><br />

Mitte ging <strong>der</strong> Referent beson<strong>der</strong>s auf<br />

<strong>der</strong>en Glie<strong>der</strong>ung ein. Bei <strong>der</strong> Vorstellung<br />

<strong>der</strong> Glie<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> 1. und 7. PD wurde<br />

uns vor Augen geführt, dass es keine einheitliche<br />

Glie<strong>der</strong>ung bei den 10 dt. Panzerdivisionen<br />

gab und auch <strong>der</strong>en Ausstattung<br />

mit Panzern (Pz I-IV und Pz 38 t) und<br />

Panzerzahl mit ca. 220 bis 250 sehr unterschiedlich<br />

war.<br />

Danach zog er einen Kräftevergleich, <strong>der</strong><br />

auswies, dass die Alliierten <strong>der</strong> Deutschen<br />

Wehrmacht kräftemäßig keines falls<br />

unterlegen waren. Lediglich bei <strong>der</strong><br />

Das Schwarze Barett Nr. 46<br />

Der Halt-Befehl <strong>von</strong> Montcornet (Frieser S. 317)<br />

Ausstattung mit Funkgeräten waren die<br />

deutschen Panzer <strong>im</strong> Vorteil.<br />

2.Tag (Freitag).<br />

Am Vormittag standen drei Besprechungspunkte<br />

auf <strong>der</strong> Agenda.<br />

Vom Bespr.-Pkt. B1 auf <strong>der</strong> Nordseite <strong>der</strong><br />

Kathedralen-Höhe <strong>von</strong> LAON blickte<br />

man in das weite Vormarschgelände <strong>der</strong><br />

1. und 2. PD des Korps Gu<strong>der</strong>ian am<br />

16. <strong>Mai</strong> <strong>1940</strong> nachmittags. Das herrliche<br />

Wetter ließ einen Blick auf ca. 25 km in<br />

das panzergünstige Gelände zwischen<br />

Blick nach Westen in das Angriffsgelände des Korps Gu<strong>der</strong>ian (Si)<br />

Französischer Präsident Lebrun<br />

und De Gaulle<br />

MilEx<br />

MONTCORNET und ST. QUENTIN<br />

zu. Oberst Schleicher erläuterte das Vorgehen<br />

<strong>der</strong> gepanzerten Verbände in Gefechtsglie<strong>der</strong>ung.<br />

Mit etwas – o<strong>der</strong> auch mit viel<br />

– Vorstellungskraft konnte man die Staubfahnen<br />

<strong>der</strong> Panzerkolonnen in <strong>der</strong> vor uns<br />

liegenden Ebene erahnen.<br />

Auf dem Bespr.-Pkt. B2 ndostw. BUCY-LÈS-<br />

PIERREPONT erläuterte die Leitung den<br />

Ansatz des Angriffs <strong>der</strong> 4. frz. PzDiv (De<br />

Gaulle) am 17. <strong>Mai</strong> auf MONTCORNET<br />

nach Durchfahren des Sumpfgeländes zw.<br />

LAON und CHIVRES. De Gaulle, einer<br />

<strong>der</strong> Panzervisionäre <strong>der</strong> frz. Armee, hatte<br />

die 4. frz. PD erst am 11. <strong>Mai</strong> über-<br />

nommen. Mit „Los, de Gaulle! Für Sie, <strong>der</strong><br />

Sie schon so lange die Methoden vertreten,<br />

die <strong>der</strong> Gegner anwendet, bietet sich jetzt<br />

die Gelegenheit <strong>zum</strong> Handeln“ schickte<br />

General Georges ihn ins Gefecht. Seine<br />

Aufgabe bestand darin, den Aufbau einer<br />

neuen Verteidigungslinie <strong>im</strong> Raum LAON<br />

an <strong>der</strong> AISNE zu decken. Dazu wollte<br />

er den nördlich LAON vorrückenden<br />

deutschen Panzerverbänden in den<br />

Rücken stoßen und durch Nehmen des<br />

Straßenknotenpunktes MONTCORNET<br />

ihre rückwärtigen Linien unterbrechen.<br />

Auf dem Bespr.-Pkt B3 auf <strong>der</strong> Höhe<br />

189 nördlich MONTCORNET mussten<br />

methodisch drei Punkte behandelt werden,<br />

die zu unterschiedlichen Zeiten abliefen.<br />

Zunächst schil<strong>der</strong>te uns die Leitung das<br />

Vorgehen <strong>der</strong> 1. und 2. PD des Korps<br />

Gu<strong>der</strong>ian und <strong>der</strong> 6. PD des Korps<br />

Hoth am 16. <strong>Mai</strong> <strong>1940</strong> mittags, die in<br />

MONTCORNET in einan<strong>der</strong> fuhren und<br />

<strong>von</strong> den Kommandeuren entzerrt werden<br />

und auf neue Vormarschstraßen verteilt<br />

werden mussten.<br />

Ein weiterer Besprechungspunkt war <strong>der</strong><br />

„Halt-Befehl <strong>von</strong> MONTCORNET“ für<br />

den 17. <strong>Mai</strong> sowie die zeitweise Ablösung<br />

Gu<strong>der</strong>ians <strong>von</strong> seinem Kommando <strong>im</strong><br />

Laufe des 17. <strong>Mai</strong>. Der Richtungskampf<br />

innerhalb <strong>der</strong> dt. Generalität kulminierte<br />

in <strong>der</strong> Kontroverse zwischen Gu<strong>der</strong>ian und<br />

75


Geschichte<br />

Kleist schon seit dem 13. <strong>Mai</strong>. Bei dem<br />

eher vorsichtigen General v. Kleist, <strong>der</strong> sich<br />

zwischenzeitlich <strong>von</strong> <strong>der</strong> allgemeinen Sieges-<br />

zuversicht anstecken ließ, machte sich <strong>im</strong>mer<br />

wie<strong>der</strong> die Sorge um die offene linke Flanke<br />

bemerkbar. Gu<strong>der</strong>ian dagegen drängte auf<br />

die Fortsetzung des Angriffes und warf dem<br />

ihm vorgesetzten Kleist vor, durch seine<br />

Anordnungen würde „<strong>der</strong> Sieg verschenkt“<br />

werden. Am 15. <strong>Mai</strong> wie<strong>der</strong>holte sich die<br />

Prozedur, denn Kleist wollte die Panzer erneut<br />

stoppen. Durch eine energische Intervention<br />

erreichte Gu<strong>der</strong>ian noch einmal die<br />

Freigabe <strong>der</strong> Bewegungen um 24 Stunden,<br />

worauf er seinen Soldaten „Rücksichtslos<br />

vorwärts“ befahl. Es gab nichts mehr, was<br />

die dt. Panzer hätte aufhalten können – es<br />

sei denn die eigene Führung. Da erhielt<br />

Gu<strong>der</strong>ian am frühen Morgen des 17. <strong>Mai</strong><br />

den Befehl <strong>von</strong> <strong>der</strong> Panzergruppe Kleist,<br />

sofort den Angriff zu stoppen. Auf dem<br />

Feldflugplatz bei MONTCORNET gerieten<br />

die beiden aneinan<strong>der</strong>. Gu<strong>der</strong>ian bat um<br />

Enthebung <strong>von</strong> seinem Kommando. Kleist<br />

st<strong>im</strong>mte dem zu. Die „Führungskrise“<br />

schlug Wellen bis hin zu den höchsten<br />

Kommandobehörden. Generaloberst List,<br />

<strong>der</strong> OB <strong>der</strong> 12. Armee glättete die Wogen<br />

und Gu<strong>der</strong>ian wurde am Abend wie<strong>der</strong> in<br />

sein Kommando eingesetzt.<br />

Dann folgte die Erläuterung des Angriffs<br />

<strong>von</strong> De Gaulle am 17. <strong>Mai</strong> mittags auf<br />

76<br />

Kathedrale <strong>von</strong> Leon (M.Ha)<br />

MONTCORNET, <strong>der</strong> genau in die Zeit<br />

<strong>der</strong> Ablösung Gu<strong>der</strong>ians fiel, und dessen<br />

endgültige Abwehr am Nachmittag.<br />

Der Angriff De Gaulles begann erfolgversprechend,<br />

denn die südliche Flanke des<br />

dt. Durchbruchkorridors war nach dem<br />

weiteren <strong>Vorstoß</strong> <strong>der</strong> 1. und 2. PD nach<br />

Westen nur durch vereinzelte Sicherungen<br />

geschützt. Als die frz. Panzer sich schließlich<br />

MONTCORNET näherten, schien<br />

die Lage für die Deutschen recht kritisch<br />

zu werden. Der erste dt.<br />

Offizier, <strong>der</strong> dies bemerkte,<br />

war Hauptmann i. G. Graf<br />

<strong>von</strong> Kielmansegg, <strong>der</strong> Ib<br />

<strong>der</strong> 1. PD. Durch Pioniere<br />

ließ er sofort eine Minensperre<br />

anlegen und <strong>im</strong>provisierte<br />

mit zusammengewürfelten<br />

<strong>Truppen</strong> eine<br />

Verteidigungslinie. Auch<br />

einige dt. Panzer, die<br />

gerade aus <strong>der</strong> Instandsetzung<br />

kamen, warf er<br />

ins Gefecht. Am Nachmittag<br />

erschienen Stukas<br />

vom VIII. Fliegerkorps<br />

und stürzten sich auf<br />

die frz. Verbände. Da<br />

inzwischen auch die<br />

<strong>zum</strong> Korps Gu<strong>der</strong>ian ge-<br />

hörende 10. PD aus den<br />

Kämpfen <strong>von</strong> STONNE<br />

herausgelöst und in den<br />

Raum MONTCORNET<br />

nachgeführt worden war,<br />

musste De Gaulle sich<br />

aufgrund <strong>der</strong> Bedrohung<br />

seiner rechten Flanke zurückziehen.<br />

Blick auf MONTCORNET (M.Ha)<br />

Nach einer Mittagspause in LAON führte<br />

uns unser kultureller Anteil zur Kathedrale<br />

<strong>von</strong> LAON. Unser Kunsthistoriker Dr.<br />

Walle führte uns mit einem sachkundigen<br />

Vortrag vor <strong>der</strong> Kathedrale in dieselbe ein,<br />

bevor wir sie auch <strong>im</strong> Inneren betrachteten.<br />

Die Bauzeit dauerte <strong>von</strong> 1155 bis 1235.<br />

Der Bauherr war Bischof Gauthier de<br />

Montagne. Mit einer Länge <strong>von</strong> 110,50<br />

m, einer Breite <strong>von</strong> 56 m (Querschiff) und<br />

bis zu 60 m hohen Türmen ist die früh-<br />

gotische, <strong>von</strong> zisterziensischem Einfluss geprägte<br />

Kathedrale ein <strong>im</strong>posantes Bauwerk.<br />

Interessant war es auch zu erfahren, dass die<br />

Kathedrale <strong>von</strong> LAON zahlreichen Kathedralen<br />

als Modell diente, so CHARTRES,<br />

REIMS, MAGDEBURG, LIMBURG<br />

(DEUTSCHLAND), LAUSANNE,<br />

NOTRE-DAME DE DIJON.<br />

Vorbei an den Schlachtfel<strong>der</strong> des Ersten<br />

Weltkrieges, so bei ST. QUENTIN<br />

und CAMBRAI, ging unsere Fahrt <strong>zum</strong><br />

nächsten Quartier nach SAINT OMER. In<br />

einem zweiten Vortrag am Abend st<strong>im</strong>mte<br />

uns dann <strong>der</strong> Referent auf den Fortgang des<br />

Feldzuges bis zur <strong>Kanal</strong>küste ein.<br />

Danach hatten die Teilnehmer Gelegenheit,<br />

die französische Küche und den Rotwein in<br />

diversen Lokalen zu genießen.<br />

3. Tag (Samstag).<br />

Der Tag begann mit dem sehr beindruckenden<br />

Besuch des deutschen<br />

Soldatenfriedhofes in NEUVILLE – ST.<br />

VAAST nördlich <strong>von</strong> ARRAS. Dort liegen<br />

44.833 gefallene deutsche Soldaten aus<br />

dem Ersten Weltkrieg. In den Jahren 1919<br />

bis 1923 wurde er <strong>von</strong> den französischen<br />

Das Schwarze Barett Nr. 46


Militärbehörden als Sammelfriedhof für<br />

deutsche Kriegstote aus dem Raum nördlich<br />

und ostwärts ARRAS angelegt. Er ist<br />

die größte deutsche Anlage des Ersten<br />

Weltkrieges in Frankreich. Der Volksbund<br />

deutscher Kriegsgräberfürsorge hat ihn in<br />

den Jahren 1975 bis 1983 neu gestaltet.<br />

Ein dort angebrachter Mahnspruch lautet:<br />

„Die Soldatengräber sind die größten<br />

Prediger des Friedens“. Am Ehrenmal<br />

legten wir ein Kranzgebinde nie<strong>der</strong>.<br />

Generalleutnant a.D. Wolfgang Odendahl<br />

hielt eine kurze Ansprache, in <strong>der</strong> er<br />

<strong>der</strong> Leistung und des Leids aller Soldaten<br />

Rede<br />

Generalleutnant a.D. Wolfgang Odendahl<br />

am 15.10.2011<br />

auf dem deutschen Soldatenfriedhof<br />

Neuville – St. Vaast nahe Arras<br />

Nach einer historischen Geländebesprechung<br />

ist eine Stunde <strong>der</strong> Besinnung auf<br />

einem Soldatenfriedhof in meinen Augen<br />

nicht nur ein guter Brauch, son<strong>der</strong>n sogar<br />

eine zwingende moralische Verpflichtung.<br />

Denn sie bringt uns in die harte Wirklichkeit<br />

unseres Berufes zurück. Ohne dieses<br />

Gedenken an die Gefallenen besteht die Gefahr,<br />

daß wir unsere militärgeschichtlichen<br />

Exkursionen als Gedankenspiele betrachten,<br />

daß wir die Kriegführung, wenn wir Noten<br />

vergeben für gute und schlechte Entschlüsse<br />

o<strong>der</strong> Befehle, zu einem Schachspiel degradieren<br />

zwischen zwei Feldherren. Das<br />

ist nicht <strong>der</strong> Fall. Wir müssen uns <strong>im</strong>mer<br />

wie<strong>der</strong> bewußt werden in unserem Beruf,<br />

daß auch zweckmäßige Befehle und richtige<br />

Entschlüsse <strong>im</strong>mer Menschenleben kosten,<br />

je nach Führungsebene ein paar Dutzend,<br />

Das Schwarze Barett Nr. 46<br />

des Ersten Weltkrieges, aber auch an<strong>der</strong>er<br />

Kriege gedachte (s. Rede GenLt a.D.<br />

Odendahl).<br />

Dr. Walle ging am Grabe zweier deutscher<br />

Soldaten christlichen und jüdischen<br />

Glaubens auf die Einsätze <strong>im</strong> Ersten<br />

Weltkrieg <strong>im</strong> Raum ARRAS, insbeson<strong>der</strong>e<br />

auf die Kämpfe um die LORETTE-Höhen<br />

ein.<br />

Am Bespr.-Pkt C1 westlich MONCHY-LE-<br />

PREUX erläuterte die Leitung den Ansatz<br />

<strong>der</strong> 7. PD zur südlichen Umgehung <strong>von</strong><br />

ein paar Hun<strong>der</strong>t o<strong>der</strong> mehrere Tausend.<br />

Dessen müssen wir uns <strong>im</strong>mer wie<strong>der</strong> bei<br />

unseren Gedanken über die Operations-<br />

führung bewußt werden. Ohne das wäre es<br />

eine gedankenlose Spielerei.<br />

Der zweite Gedanke, <strong>der</strong> sich mir <strong>im</strong>mer<br />

aufdrängt, wenn ich auf diesen Soldatenfriedhöfen<br />

stehe, die vom Nordkap bis nach<br />

Afrika durch ganz Europa und die westliche<br />

Welt reichen, ist, dass in diesen Kriegs-<br />

gräbern 7 Millionen deutsche Gefallene,<br />

Angehörige <strong>der</strong> beiden tragischsten Soldatengeneration<br />

<strong>der</strong> deutschen Kriegsgeschichte<br />

liegen. Die vielleicht beste Armee,<br />

die wir je hatten, <strong>der</strong> gerade <strong>von</strong> ihren<br />

Gegnern höchste Anerkennung gezollt<br />

wird, ist <strong>von</strong> einem verbrecherischen<br />

Reg<strong>im</strong>e ausgenutzt worden und diese<br />

Generation ist diesem gefolgt bis <strong>zum</strong><br />

Ende. Wir wissen alle, daß viele unserer<br />

Vorgänger sich schuldig gemacht, auch persönlich<br />

schuldig gemacht haben, aber nicht<br />

alle. Und diese Generation hat es nicht<br />

verdient, daß ihre Enkel, die sich auf ihre<br />

MilEx<br />

ARRAS und <strong>zum</strong> <strong>Vorstoß</strong> zu den<br />

SCARPE-Brücken nordwestlich <strong>von</strong><br />

ARRAS.<br />

Rommel war nach seinem stürmischen<br />

Vormarsch bis LE CATEAU zunächst <strong>von</strong><br />

seinen Vorgesetzten gestoppt worden.<br />

Nach Freigabe <strong>der</strong> Bewegungen stieß er<br />

über CAMBRAI bis in den Raum südlich<br />

ARRAS vor. Für den 21. <strong>Mai</strong> erhielt die 7.<br />

PD den Auftrag, in einer Drehbewegung<br />

westlich um ARRAS herum Richtung Norden<br />

anzugreifen und die Übergänge bei<br />

ACQ zu nehmen. Diese halbkreisförmige<br />

Bewegung – <strong>im</strong> Uhrzeigersinn – stellte ein<br />

Gräber deutscher Soldaten jüdischen und<br />

christlichen Glaubens. (Sch)<br />

Toleranz und ihren Gerechtigkeitssinn<br />

so viel zugute halten, sie pauschal als Ver-<br />

brecher diskr<strong>im</strong>iniert. Diese Generation<br />

hat uns, die Soldaten <strong>der</strong> Bundeswehr, aus-<br />

gebildet und umso größer ist unsere Verpflichtung,<br />

dieser Generation, die dieses<br />

tragische Schicksal erlitten hat, <strong>der</strong> man ihre<br />

Jugend geraubt hat, sie über die Schlacht-<br />

fel<strong>der</strong> ganz Europas gejagt hat, nicht, wie<br />

sie glaubten, um das Vaterland zu verteidigen,<br />

son<strong>der</strong>n um ein Reg<strong>im</strong>e <strong>der</strong> Tyrannei<br />

über ganz Europa zu errichten.<br />

Aber sie müssen in unseren Augen auf-<br />

rechte, ehrliche Soldaten bleiben, und wir,<br />

die Generation, die <strong>von</strong> diesen ausgebildet<br />

ist, haben die Verpflichtung, dieser<br />

Generation die Ehre zu erweisen, die ihr<br />

gebührt. Das wollen wir nicht vergessen.<br />

Danke.<br />

Nachsatz dazu <strong>im</strong> persönlichen Gespräch:<br />

Gerade <strong>der</strong> Soldatengeneration <strong>der</strong> Bundeswehr,<br />

<strong>der</strong> es vergönnt war, ihren Auftrag<br />

<strong>zum</strong> Schutz des Staates ohne Blutvergießen<br />

zu erfüllen, ist es umso mehr Verpflichtung,<br />

auch unseren Vätern und Großvätern<br />

Gerechtigkeit wi<strong>der</strong>fahren zu lassen.<br />

77


Geschichte<br />

erhebliches Risiko dar, da während des gesamten<br />

langwierigen Schwenkmanövers die<br />

rechte Flanke aufgrund des Nachhängens<br />

<strong>der</strong> rechts <strong>der</strong> 7. PD eingeplanten 5. PD die<br />

rechte Flanke zur Stadt hin offen war.<br />

In einer ausgedehnten Mittagspause in<br />

ARRAS gab es die Gelegenheit, sich die<br />

Stadt näher anzuschauen.<br />

Auf dem Bespr.-Pkt C2 bei BAC DU<br />

NORD ca. 5 km südwestlich <strong>von</strong> ARRAS<br />

stand dann <strong>der</strong> britische Gegenangriff vom<br />

Nachmittag des 21. <strong>Mai</strong> <strong>1940</strong> und erste<br />

Abwehrmaßnahmen <strong>im</strong> Zentrum. Mit<br />

Blick ins Gelände schil<strong>der</strong>te die Leitung die<br />

Ereignisse.<br />

Rommel hatte sich entschlossen, mit dem<br />

PzRgt 25 einen Vorausangriff auf die mehr<br />

als 10 km entfernten SCARPE-Brücken<br />

bei ACQ zu unternehmen. Die beiden<br />

Schützenreg<strong>im</strong>enter sollten später folgen.<br />

Das Risiko wurde dadurch erhöht, dass die<br />

Masse <strong>der</strong> Division ohne einen einzigen<br />

Panzer zurückblieb.<br />

Während Rommel bislang in erstaunlicher<br />

Weise vom Glück begünstigt gewesen<br />

war, brach nun das Verhängnis über seine<br />

Division herein. Der Zufall wollte es, dass <strong>der</strong><br />

<strong>von</strong> den Briten ohne vorherige Aufklärung<br />

vorgetragene Panzerangriff exakt <strong>zum</strong> ungünstigsten<br />

Zeitpunkt an <strong>der</strong> ungünstigsten<br />

Stelle voll in die ungeschützte Flanke <strong>der</strong> dt.<br />

Infanteriekolonnen hineinstieß.<br />

Rommel war zunächst seinen rasch da<strong>von</strong><br />

preschenden Panzern gefolgt. Als jedoch die<br />

Infanterie nicht nachkam, fuhr er wie<strong>der</strong><br />

zurück und erlebte gegen 16.00 Uhr den<br />

Angriff <strong>von</strong> ca. 40 brit. Panzern auf das II.<br />

Btl des SchtzRgt 7. Daraufhin eilte er auf<br />

die Höhe 111 (Rommel-Höhe) 1 km ndw.<br />

WAILLY, wo mehrere dt. Geschütze in<br />

Stellung gegangen waren. Einige brit. Panzer<br />

vom Typ Mark I wurden abgeschossen.<br />

Die Situation schien nicht allzu dramatisch<br />

bis auch einige schwerfällige Panzerkolosse<br />

– Infanteriepanzer Mark II (Matilda) –<br />

auftauchten, an denen alle Geschosse<br />

wirkungslos abprallten. An manchen<br />

Stellen brach Panik aus, aber nicht da, wo<br />

<strong>der</strong> DivKdr sich mitten unter seinen Sol-<br />

daten befand. Es bewährte sich das Prinzip<br />

des „Führens <strong>von</strong> vorne“. In vor<strong>der</strong>ster<br />

Linie konnte Rommel blitzschnell die<br />

Situation erfassen und sofort reagieren.<br />

Er organisierte persönlich eine vor<strong>der</strong>e<br />

Auffanglinie aus Paks und leichten Flak-<br />

Geschützen. Dadurch konnte man zwar<br />

nicht die Matilda-Panzer, dafür aber etliche<br />

leichte Panzer stoppen.<br />

Auf dem Bespr.-Pkt C3 am Nordrand <strong>von</strong><br />

MERCATEL erläuterte die Leitung – ergänzt<br />

78<br />

durch Details des „Fachmannes“ <strong>der</strong> Geschichte<br />

<strong>der</strong> 7. PD, OTL a.D. Karl-Heinz<br />

Thönissen – dann den endgültigen Zu-<br />

sammenbruch des brit. Gegenangriffs.<br />

Rommel hatte per Funk an seinen Divi-<br />

sionsstab eine zweite Auffanglinie aus<br />

Artillerie- und Flak-Geschützen – darunter<br />

die legendäre 8,8 – in <strong>der</strong> Tiefe befohlen.<br />

Mittagspause auf dem Rathausplatz in ARRAS (Si)<br />

Blick in das Gelände des britischen Gegenangriffs. Baumgruppe am rechten<br />

Bildrand wird „Rommelhöhe“ genannt. (M.Ha)<br />

Frieser S. 345<br />

Das Schwarze Barett Nr. 46


Als die Briten <strong>im</strong> offenen Gelände zwischen<br />

MER CATEL und TILLOY frontal gegen<br />

diese Stellungen anrennen wollten, ver-<br />

loren sie in wenigen Minuten zwei Duzend<br />

Panzer. Kurz nach 18.00 Uhr, als <strong>der</strong> brit.<br />

Angriff bereits abgeschlagen war, stürzten<br />

sich dt. Flugzeuge des I. und VIII. Flieger-<br />

korps auf die zurückweichenden Feind-<br />

panzer. Die sog. „Panzerschlacht <strong>von</strong><br />

ARRAS“ war längst entschieden als zurückbeor<strong>der</strong>te<br />

dt. Panzer <strong>der</strong> 7. PD das Gefechtsfeld<br />

erreichten.<br />

Abschlussabend<br />

Um 19:00 Uhr fand dann <strong>der</strong> Abschlussabend<br />

statt, <strong>der</strong> mit einem<br />

Toast auf unser deutsches Vaterland eröffnet<br />

wurde. Zwischen dem Hauptgang<br />

und <strong>der</strong> Nachspeise zog <strong>der</strong> Beauftragte für<br />

Exkursionen ein Resümee des Ablaufs <strong>der</strong><br />

Exkursion 2011. Dabei gab er einleitend<br />

einen kurzen Überblick über die in den<br />

letzten 12 Jahren durchgeführten Kriegsgeschichtlichen<br />

Exkursionen. Bei diesen sei<br />

man meist in <strong>der</strong> Defensive gelegen. Mit<br />

<strong>der</strong> Exkursion „Schnelle <strong>Truppen</strong> <strong>1940</strong>“ sei<br />

er dem Wunsch vieler Teilnehmer nachgekommen,<br />

auch einmal auf <strong>der</strong> Siegerstraße<br />

zu sein.<br />

Dann dankte er dem Referenten Dr. Walle<br />

für seine informativen und interessanten<br />

Darlegungen an den beiden Vortragsabenden<br />

und <strong>im</strong> Gelände. Walle habe es sehr<br />

gut verstanden, den Teilnehmern die Große<br />

Lage, die Planung des Frankreichfeldzuges,<br />

die Zusammenhänge <strong>der</strong> Operationen <strong>der</strong><br />

Heeresgruppen, Armeen und Korps darzustellen.<br />

Dabei habe er deutlich gemacht, dass<br />

– <strong>der</strong> Gegner materiell und personell<br />

keinesfalls unterlegen war,<br />

– die deutsche Führung mit <strong>der</strong> Inkaufnahme<br />

offener Flanken hohe Risiken einging,<br />

– es in <strong>der</strong> deutschen Generalität erhebliche<br />

Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich<br />

des Einsatzes <strong>der</strong> gepanzerten<br />

Großverbände gab.<br />

Zu Letzterem könne man sagen, dass es<br />

wohl zwei Auseinan<strong>der</strong>setzungen gab: eine<br />

auf dem Schlachtfeld und eine innerhalb<br />

<strong>der</strong> Generalität. Der Umschwung <strong>von</strong> einer<br />

mehr linearen zu einer nunmehr nicht<br />

linearen Operationsführung und <strong>der</strong><br />

Stoß in die Tiefe unter Inkaufnahme<br />

<strong>der</strong> Risiken – offene Flanken und große<br />

Lücken – musste erst verkraftet werden.<br />

Der For<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> „alten Schule“, den<br />

Vormarsch <strong>der</strong> Panzer verlangsamen, um<br />

die größtenteils noch nicht motorisierte<br />

Das Schwarze Barett Nr. 46<br />

Infanterie aufschließen zu lassen, stand – so<br />

unser Referent – die For<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> „Progressiven“<br />

(z.B. Gu<strong>der</strong>ian und Rommel)<br />

nach Ausnutzen <strong>der</strong> Anfangserfolge <strong>der</strong><br />

mechanisierten <strong>Truppen</strong> entgegen. Zitat<br />

Gu<strong>der</strong>ians: „Solange man selbst in Be-<br />

wegung ist, solange hält man auch den<br />

Feind in Bewegung und hin<strong>der</strong>t ihn daran,<br />

sich festzusetzen.“<br />

Durch die an den elf ausgewählten Be-<br />

sprechungspunkte gegebenen Erläuterungen<br />

<strong>im</strong> Gelände habe man einen umfassen-<br />

den Überblick über das Gesamtgeschehen<br />

des <strong>Vorstoß</strong>es <strong>der</strong> <strong>Schnellen</strong> <strong>Truppen</strong> <strong>von</strong><br />

<strong>der</strong> MAAS bis <strong>zum</strong> KANAL sowie einen<br />

nachhaltigen Eindruck <strong>von</strong> den an die<br />

Führer unterschiedlicher Ebenen gestellten<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen, aber auch <strong>von</strong> <strong>der</strong><br />

Leistung <strong>der</strong> <strong>von</strong> diesen geführten Soldaten<br />

gewonnen.<br />

Sein Dank galt auch Dr. Walles kunsthistorischem<br />

Vortrag zur Kathedrale <strong>von</strong> LAON.<br />

Schleicher überreichte dem Waffensammler<br />

Dr. Walle unter großem Beifall aller<br />

MilEx<br />

Teilnehmer als äußeres Zeichen <strong>der</strong> Anerkennung<br />

eine Rarität aus dem Jahre 1905<br />

„Die Entwicklung <strong>der</strong> Handfeuerwaffen“.<br />

Schleicher drückte auch seine Freude darüber<br />

aus, dass wie<strong>der</strong>um neue Teilnehmer<br />

<strong>zum</strong> Kreis <strong>der</strong> an kriegsgeschichtlichen<br />

Exkursionen Interessierten gestoßen seien.<br />

Sein Dank galt auch den zwei Damen, die<br />

sich in die Männergemeinschaft so gut<br />

eingefügt haben. Die Teilnahme mehrerer<br />

jüngerer Herren mache Hoffnung, auch aus<br />

dieser Generation ständige Exkursionsteilnehmer<br />

zu gewinnen. Auch ein Dank an<br />

den stets sicheren und fürsorglichen Busfahrer<br />

durfte nicht fehlen.<br />

Im Namen aller Teilnehmer dankte Brigade-<br />

general Erich Becker Oberst a.D. Schleicher<br />

für die Planung sowie die organisatorische<br />

Vorbereitung und Durchführung <strong>der</strong> Exkursion<br />

2011.<br />

Schleicher ging dann noch auf die Durchführung<br />

<strong>der</strong> Exkursionen in den nächsten<br />

Jahre ein. (s. „Planung für die nächsten zwei<br />

Jahre“).<br />

Intonierung des Panzerliedes <strong>von</strong> Halfpap „Ob`s stürmt o<strong>der</strong> schneit....<br />

doch froh ist unser Sinn....<br />

Oberst a.D. Schleicher dankt dem Referenten<br />

Fregattenkapitän a.D. Dr.Walle.( Foto M.Ha).<br />

79


Geschichte<br />

Zum Abschluss des offiziellen Teils sangen<br />

wir das „Panzerlied“, wie <strong>im</strong>mer st<strong>im</strong>mgewaltig<br />

intoniert <strong>von</strong> . Peter Halfpap.<br />

In gemütlicher Runde, Pflege <strong>der</strong> Kameradschaft<br />

sowie interessanten Gesprächen<br />

klang <strong>der</strong> Abend aus.<br />

4. Tag (Sonntag)<br />

Am Morgen nach <strong>der</strong> Gepäckverladung<br />

startete wir zur letzten Phase<br />

„Dünkirchen, <strong>Mai</strong> - Juni <strong>1940</strong>“<br />

Von ST. OMER fuhren wir entlang des<br />

AA-<strong>Kanal</strong>, <strong>der</strong> sich bis zur Küste fortsetzt,<br />

nach WATTEN. Der Blick auf den ca.<br />

40 m breiten <strong>Kanal</strong> führte uns die Bedeutung<br />

<strong>von</strong> AA und AA-<strong>Kanal</strong> für den<br />

80<br />

Grafik: H.A. Jakobsen<br />

Frieser S.364<br />

Schutz <strong>der</strong> rechten Flanke <strong>der</strong> Alliierten<br />

vor Augen. Auf <strong>der</strong> Weiterfahrt nach<br />

CASSEL ging <strong>der</strong> Referent kurz auf die<br />

Einnahme des MÜHLEN-Berges ostwärts<br />

des AA-<strong>Kanal</strong>s durch die Leibstandarte<br />

Adolf Hitler (LAH) unter Sepp Dietrich<br />

ein, die <strong>der</strong> Haltbefehl eigentlich nicht<br />

zuließ.<br />

Vom Bespr.-Pkt D1, Höhe 159 in CAS-<br />

SEL, hatten wir unter den Augen des frz.<br />

Marschall Foch aus dem Ersten Weltkrieg,<br />

<strong>der</strong> auf einem Denkmal dort thront, einen<br />

weiten Blick nach Norden in das Gelände<br />

des sich zwischen dem 27. <strong>Mai</strong> und 4. Juni<br />

laufend verengenden Kessels <strong>von</strong> DÜN-<br />

KIRCHEN.<br />

Am 22. <strong>Mai</strong> hatten die Panzer Gu<strong>der</strong>ians<br />

den Angriff in Richtung CALAIS gestartet<br />

und waren am 24. <strong>Mai</strong> nur 18 km <strong>von</strong><br />

DÜNKIRCHEN entfernt. Unerwarteterweise<br />

ließ <strong>von</strong> Rundstedt, bestätigt durch<br />

Hitler, die Panzer anhalten. Derartige Haltbefehle<br />

hatte es <strong>im</strong> Verlauf schon mehrfach,<br />

zuletzt am 17. <strong>Mai</strong>, gegeben.<br />

U. a. wollte man die Panzer für die bevorstehende<br />

Schlacht in Frankreich schonen.<br />

Hermann Göring kündigte außerdem an,<br />

die alliierten <strong>Truppen</strong> durch Luftangriffe<br />

zu vernichten. Lord Gort und die 1. frz.<br />

Armee unter General Blanchard hatten nun<br />

vom 24. bis 27. <strong>Mai</strong> die Möglichkeit, einen<br />

Verteidigungsring um DÜNKIRCHEN zu<br />

errichten. Das schlechter werdende Wetter<br />

erschwerte zudem den Einsatz <strong>der</strong> dt. Luftwaffe.<br />

Erst am 27. <strong>Mai</strong> wurden die dt.<br />

Panzer vor DÜNKIRCHEN wie<strong>der</strong> eilig in<br />

Bewegung gesetzt. Kostbare Zeit war ver-<br />

loren gegangen. Der Ansatz <strong>der</strong> dt. Großverbände<br />

gegen den Kessel <strong>von</strong> Dünkirchen<br />

wird aus dem Kartenausschnitt „Der Haltbefehl<br />

<strong>von</strong> DÜNKIRCHEN“ deutlich.<br />

Der Referent beschränkte sich in seinen<br />

Darstellungen auf den Angriff <strong>der</strong> LAH<br />

gegen WORMHOUDT, links flankiert<br />

vom Reg<strong>im</strong>ent „Großdeutschland“, sowie<br />

den Angriff <strong>der</strong> 2. PD gegen BERGUES.<br />

Auf <strong>der</strong> Fahrt <strong>von</strong> CASSEL-WORM-<br />

HOUDT-BERGUES-DÜNKIRCHEN<br />

überquerten wir laufend Bäche und Kanäle,<br />

die <strong>1940</strong> den Alliierten <strong>im</strong>mer wie<strong>der</strong> die<br />

Möglichkeit <strong>zum</strong> Aufbau neuer Abwehr-<br />

linien gegen die dt. Angriffe boten.<br />

Unser letzter Bespr.-Pkt D2 am Strand <strong>von</strong><br />

DÜNKIRCHEN unweit des Digue des<br />

Allies, des Denkmals zur Erinnerung an die<br />

Operation Dynamo, ist heute ein beliebter<br />

Badesstrand.<br />

Unser Referent ging noch einmal kurz<br />

auf die Kämpfe um den <strong>im</strong>mer enger<br />

werdenden Kessel ein, bevor er dann die<br />

Einschiffung <strong>der</strong> Alliierten (Operation<br />

Dynamo) näher erläuterte.<br />

Vom 27. <strong>Mai</strong> bis 4. Juni bestiegen die<br />

alliierten Soldaten Seefahrzeuge aller Art.<br />

338.226 Soldaten, darunter 110.000 Franzosen,<br />

wurden mit etwa 900 Schiffen nach<br />

England gebracht. Dabei verloren die Briten<br />

200 Schiffe, 177 Flugzeuge und 90 Piloten.<br />

Die dt. Luftwaffe hatte den Verlust <strong>von</strong><br />

132 Maschinen zu beklagen. Im Laufe des<br />

4. Juni eroberte das Inf-Rgt. 54 unter Oberst<br />

Hermann Recknagel DÜNKIRCHEN.<br />

Ca. 40.000 alliierte Soldaten, überwiegend<br />

Franzosen gingen in Gefangenschaft.<br />

50.000 Fahrzeuge aller Art und an<strong>der</strong>es<br />

schweres Kriegsgerät wurden erbeutet.<br />

Das Schwarze Barett Nr. 46


Oberst a.D. Jobst <strong>von</strong> Wagner ergänzte<br />

den Vortrag um die Kämpfe des Kessels<br />

durch einen Kurzbericht über den Einsatz<br />

seines Vaters Major Klaus <strong>von</strong> Wagner als<br />

Kommandeur des 2. Bataillons des 398.<br />

Inf-Rgt am Nordrand des Kessels bei<br />

FURNES ca. 15 km ostw. DÜNKIRCHEN.<br />

Dr. Walle betonte dann am Ende <strong>der</strong><br />

Exkursion, dass trotz des <strong>von</strong> vielen Zeitgenossen<br />

damals unerwarteten aber gewaltigen<br />

Sieges <strong>der</strong> Feldzug gegen Frankreich<br />

zwar gewonnen, <strong>der</strong> Krieg jedoch verloren<br />

war. Großbritannien wollte die Nie<strong>der</strong>lage<br />

nicht hinnehmen und verfügte mit seinem<br />

Empire und zusammen mit den übrigen<br />

Alliierten über Materialressourcen, die<br />

denen des Deutschen Reiches weit über-<br />

legen waren.<br />

Oberst Schleicher schloss die Exkursion mit<br />

einem nochmaligen Dank an Dr. Walle,<br />

vornehmlich für den 4. Tag, ab.<br />

Ca. 12.30 Uhr traten wir die He<strong>im</strong>fahrt<br />

an. Blick <strong>von</strong> Höhe 159 auf Wormhoudt <strong>im</strong> Kessel Dünkirchen (M.Ha)<br />

MilEx

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